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Gebrauchsanleitung für dieses Buch
Die 12 Hauptthemen
Hier die Themen, zu denen ich für dich Schreibimpulse formuliert und Imaginationen aufgesprochen habe:
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ALLES AUF ANFANG Welche Lebensphase beginnt? Was will ich wirklich? Wie starte ich zuversichtlich und mit Plan? Welche Ausrüstung brauche ich?
ZURÜCK ZU MIR Wie lerne ich, mich selbst mit allen Stärken und Schwächen anzunehmen und zu lieben?
IN VERBINDUNG SEIN Wie führe ich gute Beziehungen? Was brauche ich von anderen Menschen? Und was will ich geben?
KREATIV WERDEN Was steckt noch in mir? Was möchte ich erschaffen? Welche Seite neu entdecken?
IM JETZT LEBEN Wie geht Achtsamkeit? Wo finde ich Geborgenheit? Was passiert, wenn ich das moderne Hamsterrad verlasse?
ERFOLG HABEN Was ist Erfolg für mich? Schöner scheitern – wie geht das? Wie verkrafte ich Konkurrenz? Wie lerne ich, mich selbst zu feiern?
DAS LEBEN LEICHTNEHMEN Wie kann ich den Alltag spielerischer gestalten? Was, wenn etwas schmerzt oder schwerfällt?
DEN ROTEN FADEN FINDEN Wie würdige ich meine Wurzeln? Wie lautet meine Geschichte und wie habe ich gelernt sie anzunehmen?
MUTIG SEIN Wie stehe ich für mich ein? Was ist für mich Mut?
GESUND SEIN Wie wirkt Wohlschreiben auf den Körper? Was heilt mich?
ABSCHIED NEHMEN Wie beende ich Abschnitte auf gute Weise? Wie geht Abschied? Wie geht trauern?
ÜBERGÄNGE GESTALTEN Wie kann ich mich wandeln und mir treu bleiben?
Wie oft und wie lang soll ich schreiben?
Wenn ich auf diese Frage aus Überzeugung antworte, dass jede das für sich selbst erkunden muss, sind manche enttäuscht. Offensichtlich ist das Bedürfnis nach Weggeleit auf der Reise zu sich selbst groß und darum habe ich hier Vorschläge erfahrener Schreibdozent:innen für dich zusammengetragen:
Schreib in Maßen aber regelmäßig Zwei bis dreimal pro Woche schreiben, fünf bis zwanzig Minuten, hat heilsame, stärkende, klärende, entlastende Wirkung, sagt Kathleen Adams, die seit über 30 Jahren Kurse gibt und Therapeut:innen im Journal Schreiben ausbildet.
Pausieren erlaubt Auch Tage, Wochen oder Monate dürfen zwischen Einträgen verstreichen. James W. Pennebaker, der Erfinder des Expressiven Schreibens, das sogar Traumata lindern kann, hat mir in einem Interview versichert: „Es käme mir nicht in den Sinn täglich zu schreiben. Es sei denn, ich sei in einer akuten Krise.“
Täglich eine halbe Stunde schreiben „Stippe täglich deine Seele auf Papier und fege deine Seele mit den Morgenseiten sauber“, schreibt Julia Cameron.
Immer Stift und Papier bereit haben „Leben, Schreiben, Atmen“, meint Doris Dörrie und spielt darauf an, dass Schreiben sich ins Leben schlängelt und einfach dazugehört, täglich.
Und meine Erfahrung? Ich habe alle Tipps ausprobiert und meine: Schreiben ist wie das Meer. Es folgt Ebbe und Flut. Mal habe ich wenig Lust, wenig Zeit, keine Themen, und dann wieder könnte ich schreiben, bis die Tasten glühen. Ich habe gelernt, den Gezeiten des Schreibens wie einer besten Freundin zu vertrauen.
Wie Journal Schreiben zum Wohlschreiben wird
Wenn wir von der Wirkung eines Medikaments überzeugt sind, hilft es in der Regel besser. Darum erlaube mir noch ein paar Worte zur Entstehung des Wohlschreibens. Es beginnt mit James W. Pennebaker. Der Psychologieprofessor aus Austin, Texas, hat als erster belegt, dass „expressives“ oder tiefes Schreiben Traumata und eine Reihe von körperlichen Leiden, darunter Rheuma und Arthritis, lindern kann. Tiefes Schreiben heißt, dass du deine Gedanken, Bewertungen und Fakten ebenso offen und ehrlich schilderst wie deine Gefühle.
Diese Methode ist unter allen Schreibmethoden mit Abstand am besten erforscht. Man nimmt an, dass sie so effektiv ist, weil sie unseren Denk- und Gefühlsapparat entlastet, chronischen Stress mildert und positiv auf das Immun- und Herz-Kreislauf-System wirkt.
Kathleen Adams, eine Pionierin des therapeutischen Schreibens, und eine sehr geschätzte Kollegin, hat diese Methode des tiefen Schreibens in ihren pragmatischen und intentionalen Journal Writing-Ansatz aufgenommen, den sie seit über dreißig Jahren vermittelt. Kathleen riet mir zu einer Synthese dieses Ansatzes mit meiner Schreiben zur Selbsthilfe-Methode, bei der unser schöpferischer Spieltrieb im Mittelpunkt steht. Das Ergebnis dieser magischen Melange ist das Wohlschreiben, das Menschen mutiger, selbstreflektierter und liebevoller machen will. Und solche Menschen braucht unsere Welt.
Dein Date mit dir selbst
Wie geht das nun, das Wohlschreiben? Zunächst müssen wir dafür ein Risiko eingehen. Es ist kein großes Risiko, aber es fordert ein wenig Mut, uns selbst offen und ehrlich zu begegnen. Die Lyrikerin Hilde Domin beschreibt es so: „Schreiben … ist ein Training in Wahrhaftigkeit. Hinhören auf die stimmlose Stimme des Herzens, heißt, sich selbst nicht belügen.“ Beim Wohlschreiben bringen wir die Bereitschaft mit, Neues über uns zu erfahren, in die Tiefe zu gehen, überrascht zu werden, vielleicht auch mal traurig, wütend oder himmelhochjauchzend zu sein. Das alles gehört zum Leben dazu und verbindet uns mit anderen Menschen. So können wir „an die Anrufbarkeit des ande-
ren“ (wie es später im Text von Domin noch heißt), sein Mitgefühl, „glauben“. Vor allem aber lernen wir uns selbst mit uns zu versöhnen: Mit unseren Sonnen -und Schattenseiten, so dass wir in unser echtes Leben von ganzem Herzen hineinwachsen, wie es die Sozialforscherin Brené Brown in Die Gaben der Unvollkommenheit mutmachend beschreibt. Ein Wagnis? Ja, aber eines, das lebensverändernd sein kann.
Dein sicherer Schreibraum
Wohlschreiben setzt Mut, aber auch Sicherheit voraus. Dafür kannst du selbst sorgen, wenn du deine persönlichen Texte vor fremden Augen schützt. Du solltest stets selbst entscheiden, ob und was du aus deinen Texten mit anderen teilst. Ein sicherer Ort für dein Journal oder ein Passwort für dein Dokument können dir die Freiheit geben, beim Schreiben tiefer zu schauen und unerwartete Seiten von dir kennenzulernen. Ein sicherer Journalraum schützt dich außerdem davor, immer tiefer in Ärger, Trauer oder deprimierte Stimmung hineinzugeraten. Dem kannst du vorbeugen, indem du deine Schreibzeit begrenzt. Eine andere Möglichkeit ist, deinen Texten bewusst eine Richtung zu geben. Das kann bedeuten, du schreibst ausführlich über deine Trauer und listest auf, was dir Trost spenden kann. Dann kannst du diesen Trost suchen oder ihn dir selbst gewähren.
Die Einladungen in diesem Buch haben stets einen eingebauten Wohlschreibfaktor. Sie helfen dir, wenn nötig direkt in den Schmerz zu blicken, aber auch, daraus sicher wieder aufzutauchen. Außerdem mache ich dir nach jeder Anregung einen Vorschlag für die Schreibdauer. Bist du beim Schreiben eher Sprinter:in, Jogger:in oder Spaziergänger:in? Wir sind alle verschieden, darum lade ich dich ein, mit den Zeiten zu experimentieren. Fühl dich frei, sie zu verlängern oder zu verkürzen, so wie es dir guttut.
Fünf heilsame Wirkstoffe
Schreiben kann uns Kraft und Mut schenken, die zu werden, die wir sind. Dafür sorgen auch die fünf magischen Wirkstoffe, die ich in alle Schreibideen
eingebaut habe. Sie führen dazu, dass Schreiben wohltut, heilt und stärkt.
Ein zentraler Wirkstoff ist das Date mit sich selbst, zu dem ich dich in diesem Buch einlade: Verabrede dich mit dem wichtigsten Menschen in deinem Leben und sei neugierig und offen, wie du Schritte für dein Wohlbefinden tun kannst!
Magisch wird Schreiben auch, wenn wir uns einen „sicheren Raum“ schaffen: Der kann entstehen, wenn du deine Texte vor unbefugten Augen schützt, deine Schreibzeit begrenzt und ausufernden Grübeleien vorbeugst. Auch Schreibgruppen, in denen du und deine Texte mit Wertschätzung und Wohlwollen behandelt werden, können sichere Orte sein.
Drittens hilft beim Wohlschreiben eine Prise Poesie, ein Wort, das im Griechischen eigentlich „Erschaffung“ meint. Ich meine damit die Fähigkeit, dem Leben eine neue Dimension abzugewinnen. Du kannst das üben, indem du mit Worten spielst, Metaphern nutzt wie etwa in Lyrik, und deiner Fantasie Auslauf gibst.
Viertens können wir „alle unsere Sinne“ in unsere Texte einfließen lassen und schildern, was wir sehen, fühlen, schmecken, hören, ertasten, erahnen. So wird Schreiben zur Meditation, zum Mindfulness-Training und zum Genuss.
Und fünftens können wir unseren Lebens- und Spielraum wohltuend erweitern, wenn wir beim Schreiben die Perspektive wechseln. Jede Therapie, jedes Coaching, jedes Gespräch mit Freund:innen, das uns weiterbringt, berücksichtigt diesen Wirkstoff, den ich „von einer neuen Warte aus schauen“ nenne.
Last but not least, erzählen wir uns ständig Geschichten, um uns zu verstehen und unseren Platz in der Welt zu finden. Mehr noch: Unsere Identität beruht auf unseren Erzählungen: Wenn wir sie zu Geschichten verknüpfen, schaffen wir einen roten Faden und ernten Erkenntnisse, die uns zu der machen, die wir sind. Das kann sogar Traumata lindern, vor allem, wenn wir beim Schreiben die fünf Wirkstoffe berücksichtigen.
Und nun wünsche ich dir viel Spaß und erinnere an unser Motto, das da lautet, frei nach Shakespeare: „Schreib, wie es dir gefällt!“
Fühl dich frei: Es gibt keine Regeln, nur Vorschläge.
Du hast die Wahl: Widme dich jeden Monat einem neuen Kapitel und folge der Reihenfolge. So kreierst du für dich ein 12-Monatsprojekt.
Oder schreib nach Lust und Laune: Picke dir ein Thema heraus, das gerade brennt oder dich neugierig macht. Vielleicht sehnst du dich nach mehr Lebenslust – dann empfehle ich das Kapitel „Kreativ werden“.
Oder möchtest du Beziehungen intensivieren oder klären? Dann nimm dir die
Anregungen im Abschnitt „In Verbindung sein“ vor.
Nimm dir Zeit für ein Fazit: Nach jedem Eintrag kannst du Erkenntnisse verankern und nachspüren, wie sich das Schreiben auf deine Gefühle und Empfindungen ausgewirkt hat. Außerdem trainierst du, in eine Beobachterrolle zu wechseln.
Lies deinen Text und vervollständige einfach einen oder alle dieser Sätze:
„Wenn ich das lese, stelle ich fest…“ „Wenn ich das lese, spüre ich …“ „Wenn ich das lese, möchte ich …“
Schreibe nur auf die rechte Journalseite: Wenn die linke Seite frei bleibt,
hast du Platz für eine Bonus-Ernte: Nach Tagen, Wochen oder Monaten kannst du deine Einträge noch einmal lesen und wirst wahrscheinlich von deinem Text überrascht. Deine neuen Eindrücke kannst du dann einfach auf der freien Seite notieren. Mehr Ideen für diesen Schritt findest du im Kapitel „Das Beste kommt am Schluss“.
Schreib, womit es dir gefällt: Mit Stift und Papier, in deinem Journal oder Tagebuch oder auch mit Bildschirm und Tastatur. Schreiben per Hand verlangsamt wohltuend. Es kann spannend sein zu beobachten, wie sich unsere Schrift verändert.
Wann wird sie raumgreifend, zierlich, klar, unleserlich oder pikobello? Andererseits: Wer schnell tippen kann, fliegt beim Schreiben mit seinen
Gedanken mit und dem inneren Zensor davon.
Spiele nach Herzenslust: Manchmal fehlen uns die Worte. Und manchmal haben wir keine Lust zum Schreiben. Erlaube dir mit anderen Medien zu spielen: Lass dich von dir überraschen beim Malen, Collagieren, Kleben, Kritzeln, Aquarellieren, Doodlen, Sketchnoting, …
Stimm dich ein: Du tauchst leichter und tiefer in den Schreibfluss ein, wenn du dich fokussierst. Nimm ein paar tiefe Atemzüge oder lausche den kurzen Einstimmungen, die ich für dich aufgesprochen habe (Download-Link).
Schlag es nach: Im Methodenschatz im hinteren Buchteil habe ich für dich meine liebsten Journal-Schreiber-Techniken beschrieben. Passe sie an deine Themen an und finde deine eigenen Favoriten!
schreiben-zur-selbsthilfe.com/wohlschreiben/
Dort findest du von mir aufgenommene Phantasiereisen und Texte, die du für einige der Schreibideen in diesem Buch gebrauchen kannst.
Viel Freude mit den Anregungen!