(Leseprobe) Der Staub der Ahnen | (Reading Excerpt) The Dust of the Ancestors

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Für meine Familie

Der Staub der Ahnen Felix Pestemer 1. Auflage 2011 ISBN: 978-3-939080-61-9 © Felix Pestemer 2011 © avant-verlag 2011 für die deutsche Ausgabe Korrekturen: Maximilian Lenz Lettering: Tinet Elmgren Herausgeber: Johann Ulrich avant-verlag | Rodenbergstr. 9 | 10439 Berlin info@avant-verlag.de Mehr Informationen und die Möglichkeit unsere Bücher zu bestellen finden Sie online: www.avant-verlag.de Felix Pestemer im Netz: www.puttbill.com


Felix Pestemer

Der Staub der Ahnen

avant-verlag


Der Europäer, für den der Gedanke an den Tod ein Alptraum ist, der es nicht liebt, an die Vergänglichkeit des Daseins erinnert zu werden, steht einer Welt gegenüber, die frei zu sein scheint von dieser Angst, die mit dem Tode spielt, sich über ihn lustig macht ... Seltsame Welt, rätselhafte Einstellung! Das alte Mexiko kannte nicht den Begriff der Hölle. Vielleicht lebt im Bewusstsein der Massen, vor allem der Indios, noch eine dunkle Erinnerung an ein Jenseits, das auch dem armen Sünder nicht verschlossen war. Die Auffassung vom Tod ist eine andere, das Bild vom Sensenmann mit der ablaufenden Sanduhr ist in Mexiko Import. Paul Westheim, “La Calavera – Der Tod in Mexiko”

Der Tod ist ein Spiegel, der das eitle Gebärdenspiel des Lebens zurückwirft. All dieses kunterbunte Treiben, diese Unterlassungen, Zerknirschtheiten, Versuche des Daseins – Träume sind Schäume – finden im Tod, wenn nicht eine Erklärung, so doch ein Ende. Vor seinen Augen spielt sich unser Leben ab und erstarrt. Bevor es zerfällt und im Nichts versinkt, findet es seine feste, unveränderliche Form, die wir im Sterben ablegen. Octavio Paz, “Das Labyrinth der Einsamkeit”

Denn Staub bist du, und zum Staube wirst du zurückkehren! Genesis 3,19


VORWORT ‚Der Staub der Ahnen‘ basiert auf dem Bildband ‚Polvo - Tag der Toten‘, der 2005/06 mit Feldstudien im Zuge eines DAAD-Stipendiums in Mexiko seinen Ausgangspunkt nahm und 2009 in einer limitierten Auflage im Selbstverlag erschien. Polvo war als eine teils dokumentarische, teils fiktive Bildergeschichte konzipiert, die auch ohne Text „gelesen“ werden konnte. 2010/11 entstand daraus in Zusammenarbeit mit Editions de l‘An 2 und dem Avant Verlag die narrativ zur Graphic Novel erweiterte Fassung unter dem jetzigen Titel. Da vielen Betrachtern Mexiko, seine Geschichte, die opulente Bilderwelt und die zahlreichen Bräuche am ‚Día de los Muertos‘ fremd sind, ist am Ende des Buches ein Glossar angehängt, das Hintergrundinformationen und Auskunft über die Herkunft der Bilder gibt. Außerdem ist dort eine Literaturliste von Büchern zu finden, die mich bei der Recherche begleitet haben und/oder mir bei der Realisierung von ‚Der Staub der Ahnen‘ hilfreich waren. „Denn Staub bist du, und zum Staube wirst Du zurückkehren!“ Das Bibelzitat aus der Genesis-Zitat schmückt auf Mexikos Friedhöfen so manchen Panteón. In der Tat ist die Vergänglichkeit eine Tatsache, die wir gerne verdrängen - ob in Mexiko oder in Europa. Was aber den Verbleib der Seele anbelangt, gibt es besonders in der „säkularisierten“ Welt Klärungsbedarf: Wie kann etwas nicht sein, wenn es erinnert werden kann? Anhand pseudo-rationaler und biologistischer Paradigmen lässt sich das nicht erklären. Spätestens in dem Moment, wo etwas erinnert wird, fängt es auch wieder an zu sein. In Lateinamerika wimmelt es nur so an untoten Wesen und Geistern verstorbener Urahnen. Ohne sie wäre die Literatur des Magischen Realismus undenkbar. Im Abendland begegnen uns solche Toten häufiger in Horrorfilmen, wollen uns Böses und müssen ein ums andere mal vernichtet oder ausgetrieben werden. Sterben an sich spielt sich oft im Krankenhaus oder Altenheim ab, losgelöst vom großen Rest des Lebens. Etwas Unreines haftet ihm an, fremd und bedrohlich, dass wir aus dem Alltag verbannt wissen wollen. Und genauso kommt dem Tod im Leben eine untergeordnete Rolle zu, so dass er uns am Ende „unvorbereitet“ trifft.

dass ihm nicht nur das größte und wichtigste Fest des Jahres gewidmet ist, sondern er auch einen festen Platz im Alltag innehat. Besucher wird das immer ein Stück weit befremden, selbst wenn ihnen die Traditionen an Allerheiligen bekannt sind: Die Errichtung der Heimaltäre mit Totenbrot und Totenschädeln aus Zuckerguss, die Straßenumzüge und Maskentänze, und nicht zuletzt die Feste auf dem Friedhof. Wer sich auf den Märkten, im Museum oder auch nur auf der Straße auf die Suche macht, wird bald fündig: Skelette, Totenköpfe und Todessymbolik allenthalben. José Guadalupe Posadas Catrina, die dekadente Skelettdame mit Blumenhut, ist heute sogar so weit in der Volkskunst aufgegangen, dass viele nicht einmal mehr ihren Urheber kennen. Insofern schien es mir naheliegend, die Verstorbenen als „lebendige“ Skelette auferstehen zu lassen und für sie eine parallele Welt der Toten zu schaffen. Dort können sie ganz die Alten sein (vom Äußeren abgesehen) und so lange im Jenseits weiter existieren, bis sie von den Lebenden vergessen sind. Zu Beginn meiner Arbeit hätte ich nicht für möglich gehalten, dass Mexikaner diese Geschichte für schräg oder exotisch halten könnten. Schließlich benutzte ich doch ihre Bildersprache! Zugegebenermaßen habe ich recht frei historische Fakten, Orte, Bräuche und Artefakte aus verschiedenen Epochen und Regionen Mexikos in eine fiktive Geschichte eingebaut. Doch weder die Darstellungen des Todes in Form von Skeletten, noch die traditionellen Masken konnten eigentlich große Überraschungen bieten. Befremdlich war wohl eher die Verbindung beider Welten. Denn die symbolische Darstellung des Todes und das Totengedenken am ‚Tag der Toten‘, bei dem die Seelen bzw. Geister der Verstorbenen angerufen werden, sind zwei verschiedene Dinge. Beide übten aber eine solche Faszination auf mich aus, dass ich ihnen gemeinsam Raum in einer Geschichte geben wollte. Felix Pestemer

Das war nicht immer so. Offenbar wurde bei der Eroberung der Neuen Welt das von Pest und Hungersnöten geprägte Memento Mori des Spätmittelalters von den christlichen Missionaren nach Lateinamerika exportiert. Bei den prähispanischen Völkern stieß es auf fruchtbaren Boden. Während in Europa Aufklärung und Moderne die dunkle und morbide Zeit des Mittelalters bald in weite Ferne rücken ließen, kam der materialistische Totenkult im Synkretismus Mexikos zu neuer Blüte. Dieser Kult hat sich bis heute gehalten. Der Tod hat in Mexiko eine solche Präsenz,

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Eusebio Ramirez, Wärter des Maskenmuseums und alter Freund der Familie Rojas Benito (†), der älteste Sohn der Familie Rojas Consuelo Rojas Maguey, Mutter Benitos Dolores und Candelario Rojas (†), Benitos Großeltern Victor und Esperanza (†), der ältere Bruder Consuelos und seine Frau Angeles (†), Schwester von Dolores El Negro (†), Revolutionsheld und Großvater von Candelario José Guadalupe Reyes (†), Maskenschnitzer

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PS: Eine Geschichte bleibt noch zu erzählen, auch wenn sie diesmal nicht die Familie Rojas betrifft.

Es handelt sich um den Maskenschnitzer José Guadalupe Reyes aus Zacatecas, dessen Nachlass ich seit über 20 Jahren hege und pflege. Sein rätselhafter Tod wirft bis heute viele Fragen auf.

1890 stand José Guadalupe Reyes in der Blüte seines Schaffens. Er hatte gerade für eine stattliche Summe den Großteil seines Werkes verkauft und Aufträge für ein Dutzend weiterer Masken, als er eines Tages spurlos verschwand.


Doch nicht nur Reyes, auch sein geliebter Papagei Pepe …

… und sein Dogge Valiente waren wie vom Erdboden verschluckt.

Hätte der Holzhändler nicht die Werkstatt leer vorgefunden, vielleicht wäre seine Abwesenheit noch Wochen unbemerkt geblieben.

Erst Wochen später fand man die vertrockneten Leichen von Reyes und seiner Dogge in der Wüste.

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Wie war er dort hin gelangt?

Und was hatte er dort gesucht?

Inspiration?

Ausgerechnet in der W端ste ...

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Neben den Leichen von Reyes und seinem Hund Valiente fand man seine AusrĂźstung samt Wertsachen, Proviant und Wasservorrat.

Der Papagei war in der Haut einer Klapperschlange begraben worden.

Daneben lag eine von Reyes‘ schĂśnsten Masken.

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GLOSSAR S. 8-12 Lange Zäune aus den Palisaden von Cereus-Kakteen befinden sich u.a. bei den zapotekischen Ruinen von Mitla, Oaxaca. Das Terrain um die Ausgrabungsstätte hat in dieser Graphic Novel auch für den Fußballplatz der Dorfjugend Pate gestanden. Das Haus der Familie Rojas ist in den ländlichen Regionen des Staates Oaxaca anzusiedeln, in denen Zuckerrohr angebaut wird.

Epilog des Films ‚¡Que Viva México!‘ (1931/1979) von Sergei Eisenstein. S.24 Die Illustration vom Eingangsbereich und das Ambiente des Friedhofs sind inspiriert von Friedhöfen in Ejutla de Crespo und der Sierra Juarez in Oaxaca. Die Grabstelle befindet sich auf dem ‚Panteón de Dolores‘ in Mexico-Stadt. Der Fliesenspiegel mit der Darstellung Christi im Garten Gethsemane (samt Gralserscheinung) ist in dieser Form außergewöhnlich, JesusDarstellungen ansonsten umso häufiger.

S.13 Die Darstellung des Totenaltars wurde Altären in Mitla, Oaxaca nachempfunden. Totenaltäre, die an den lokalen Wettbewerben um den schönsten Altar teilnehmen, stammen oft von wohlhabenden und vielköpfigen Familien. Andernorts wetteifern auch Repräsentanten verschiedener Dörfer in der Hauptstadt der Region darum, wer den schönsten Altar errichtet. Bescheidener fallen die Heimaltäre aus. Doch auch hier sind zahlreiche Elemente fester Bestandteil der Ofrenda (Opfergabe), auch wenn sie regional sehr variieren können: Blumenschmuck (Flor de Muerto oder Xempasúchitl), Totenbrot (Pan de Muerto), Wasser, Speiseopfer, Früchte, Zuckerguss-Totenschädel und andere Süßigkeiten, Cola und Erfrischungsgetränke, Heiligenfiguren (Santos) wie die ‚Jungfrau von Guadalupe‘, Ikonen und Kruzifixe, Kerzen, Weihrauch und Copalharz, Papel Picado (Ornamentale und figurative Scherenschnitte), Bilder der Verstorbenen, sowie Kleidung, Spielzeug, persönliche Gegenstände oder Dinge, die die Toten besonders gerne mochten.

S.25 Der dargestellte Grabschmuck ist am ‚Día de los Muertos‘ typisch für frische Gräber auf dem Friedhof von Ejutla de Crespo (Oaxaca), in denen im gleichen Jahr ein Verstorbener bestattet wurde. Das gemeinsame Beten, Musizieren, Essen und Feiern auf dem Friedhof unterliegt starken regionalen Unterschieden - selbst kleine Konzerte mit Keyboard, Mikrofon und Verstärker, Elektrogrill und Partybeleuchtung sind keine Seltenheit. In der Nacht vom 31. Oktober zum 1. November wird für gewöhnlich in Andenken an die verstorbenen Kinder das Fest der ‚Angelitos Muertos‘ („Tote Engelchen“) zelebriert, an Allerheiligen und Allerseelen folgen die Feierlichkeiten für die Erwachsenen. Dabei soll das Spektakel - Musik und Knallkörper, die leuchtendfarbigen Blumen und das Verbrennen von Cópal-Harz und Weihrauch - den aus dem Himmel herabsteigenden Seelen die Suche nach ihren Angehörigen erleichtern.

S.22 Xempasúchitl, die orange Totenblume, ist eines der wichtigsten Elemente beim Altar- und Grabschmuck. In der Zeit vor den Feierlichkeiten am ‚Día de los Muertos‘ gibt es viele Marktstände, die Zuckerguss-Totenschädel und zahlreiche andere „makabre Süßigkeiten“ feilbieten (wie z.B. einen Schokoladensarg oder die Catrina - siehe Vorwort - anstelle eines Schokoladen-Weihnachtsmannes). Piñatas (mit Süßigkeiten und Überraschungen gefüllte farbenfrohe Pappmaché-Hohlkörper, oftmals in Form populärer Figuren) gibt es das ganze Jahr über zu kaufen. Manchmal auch als Skelett gestaltet.

S.27 Für die Tradition des ‚Velar la Noche‘, die Nachtwache auf dem Friedhof, ist besonders die Insel Janitzio am Lago Patzcuaro in Michoacán bekannt, wo der Tag der Toten im Vergleich zu den feuchtfröhlichen Festen andernorts kontemplativer ausfällt. Die Besinnung auf alte Traditionen und die deutliche Abgrenzung zum modernen Halloween, das sich vielerorts mit ihnen zu vermischen beginnt, hat dazu geführt, dass Janitzio mit den Jahren zu einer frequentierten Touristen-Attraktion geworden ist.

S.23 Die Ausstattung der Küche samt Fliesen, Gefäßen und Kochstelle ist inspiriert durch Küchen aus der Region Puebla, wie der des ‚Convento de Santa Rosa‘, in der angeblich seinerzeit die berühmte Mole Poblano (Gericht auf der Basis von Chilischoten und Schokolade) erfunden wurde. Die Illustration zeigt u.a. die Herstellung von Tamales (Süß oder herzhaft gefüllte Maisteig-Bällchen, im Mais- oder Bananenblatt gekocht). Das Motiv des kleinen Mädchens, das an einem lebensgroßen Zuckerguss-Totenschädel knabbert, ist ein Bild-Zitat aus dem

S.30-31 Xochimilco ist ein Vorort im Süden von Mexiko-Stadt, an dem noch Teile des prehispanischen Kanalsystems mit seinen „Schwimmenden Gärten“ (Chinampas) erhalten sind. Die aztekische Hauptstadt Tenochtitlan, auf deren Fundamenten im 16. Jahrhundert das Zentrum von Mexiko-Stadt errichtet wurde, lag damals auf einer Insel inmitten des Texcoco-Sees und bezog landwirtschaftliche Erträge aus Xochimilco. Heute ist es ein beliebtes Ausflugsziel für die Hauptstädter geworden ist. Die Ausflugsboote (Trajineras) werden zu diversen Anlässen

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ño de una tarde dominical en la Alameda Central‘ (1948). Ihre kleine Schwester Dolores wird sogar zu einer der Figuren des Gemäldes (S.44 unten). Andere Personen sind so dargestellt, als ob im Vergleich zur eingefrorenen Szene in Riveras Bild nur Sekunden vergangen seien (S.45). Der ‚Parque de la Alameda Central‘ mit dem Brunnen, sowie den angrenzenden Gebäuden des ‚Palacio de Bellas Artes‘ und dem ‚Museo Franz Mayer‘ sind real. Die umwucherte Ruine ist frei erfunden. Diego Rivera hat einen kurzen Auftritt, bei dem er der Schauspielerin Maria Félix den Hof macht, während sich ganz in der Nähe eine Affäre zwischen seiner Frau Frida Kahlo und Leo Trotzki anbahnt (1937). Das Wandgemälde ‚Sueño de una tarde dominical en la Alameda Central‘ wird heute dauerhaft im Museo Mural Diego Rivera am Rande der Alameda ausgestellt.

gemietet; schwimmende Händler und Mariachis bieten ihre Dienste quasi „im Vorbeifahren“ an. S.31 Pulque wird ein alkoholisches Getränk aus dem gegorenen Saft der Agave genannt. S.32-35 Tepoztlán liegt etwas weiter südlich im Staat Morelos, wobei die Region in Wirklichkeit weniger bergig als in den Illustrationen ist und es auch keine Serpentinen gibt. Tepoztlán war die Winterresidenz vieler aztekischer Herrscher. Die Pyramide von Tepozteco steht an einem Abhang, ist aber nur über einen steilen Fußweg zu erreichen. Eine Straße führt nicht unter ihr entlang.

S.50-52 Die Darstellungen sind Persiflagen auf den spätmittelalterlichen Totentanz, der u.a. von Hans Holbein d.J. (1497/98-1543) illustriert wurde, im Spätmittelalter aber auch zahlreiche Beinhäuser auf europäischen Friedhöfen schmückte. Im Gegensatz zum mittelalterlichen Totentanz, der als Memento Mori mahnen sollte, dass der Tod am Ende unterschiedslos einen jeden vom Bettler bis zum Edelmann zum Tanz bittet, ist der Totentanz in ‚Der Staub der Ahnen‘ vielmehr Ausdruck reiner „Lebensfreude“. In den herkömmlichen Vanitas-Allegorien des Totentanzes mündet der Tanz des Lebens notwendigerweise im Sterben. Da es sich hier um einen Tanz derjenigen handelt, die bereits tot sind, fällt letzteres weg.

S.36-37 Die Illustrationen des Maskenmuseums sind u.a. vom Besuch des Museums ‚Rafael Coronel’ in Zacatecas und dem ‚Museo de Arte Popular‘ in Mexiko-Stadt inspiriert. Die dargestellten Masken zeigen sowohl klassische mexikanische als auch erfundene Exemplare (hervorzuheben: Masken von Adler und Jaguar, die bei den Maya und Azteken von der Kriegerkaste getragen wurden, El Bello Diabolico (aus der Region Zacatecas), sowie die ‚Maske des Lebens und des Todes‘, die den Dualismus beider symbolisierte. Der Name des Maskenschnitzers José Guadalupe Reyes wurde in Anlehnung an den mexikanischen Künstler José Guadalupe Posada (1854-1913) gewählt.

S.53 Der Tod in der Maske des Todes ist ein weiteres Motiv aus Sergei Eisenstein´s „¡Que viva México!“

S.40 ff. Mit der populären Holzschnitt-Serie der Calaveras (Totenschädel) legte José Guadalupe Posada das mittelalterliche Motiv des Skeletts als Todessymbol neu auf. Er setzte jedoch dem furchteinflößenden Sensenmann den grotesken lächerlichen Tod entgegen, indem er klassische Charaktere seiner Zeit in der Maske des Todes karikierte. „Was nützt einem Reichtum, Macht und Ruhm - im Tode sind wir alle gleich!“ (‚Der Totentanz‘). Beim Maskentanz in der Gruft werden außerdem zahlreiche traditionelle Masken aus verschiedenen Regionen zitiert: Der Tigre (‚Danza de Tlacololeros‘, Guerrero), eine Maske vom ‚Danza de los Pescados‘ (Guerrero), der Diablo (Michoacán) und La Muerte (‚Pastorela‘, Puebla). Die Krokodilsmaske, sowie die zweite Jaguarmaske repräsentieren antike Holzmasken aus der Region Guerrero, die beim ‚Danza del Caimán‘ bzw. dem ‚Danza de Tlacololeros‘ (zwei von zahllosen traditionellen Maskentänzen) Verwendung finden.

S.56-57 In Michoacán und vielen anderen Regionen werden die Blütenblätter der Flor de Muerto auf dem Weg zum Friedhof ausgestreut, um den Toten den Weg zu weisen. Die Seelen der Toten können das leuchtende Orange angeblich besonders gut erkennen. S.58-59 Der vermeintliche Held El Negro durfte de facto nicht mehr miterleben, wie der Bauernführer Emiliano Zapata und der Guerrillero Pancho Villa 1911 unter Revolutionsführer Francisco Madero das Díaz-Regime stürzten. S.59-60 Das (fiktive) Atelier des Fotografen befindet sich unter dem Portal der ‚Mercaderes‘ direkt an der ‚Plaza de la Constitución‘ (Zócalo, dem zentralen Platz) von Mexiko-Stadt. Im Hinter-

S.44-47 Auf der Suche nach einem Versteck „durchquert“ Angeles im wahrsten Sinne des Wortes Diego Riveras Wandgemälde ‚Sue-

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GLOSSAR grund sind der Nationalpalast und die Kathedrale zu sehen, die nach der Eroberung durch die Spanier aus den Trümmern des Haupttempels der aztekischen Hauptstadt Tenochtitlan errichtet wurde. Heute stehen auf dem Zócalo keine Bäume mehr und die Straßenbahn wurde längst durch die U-Bahn ersetzt.

Unterwelt von einem Xolo begleitet. Xolotl war der Gott der Unterwelt und dunkle Zwillingsbruder von Quetzalcoatl, der „gefiederten Schlange“, der in vielen mesoamerikanischen Kulturen als Schöpfergott verehrt wurde und in den steinernen Köpfen auf der Pyramide dargestellt ist.

S.60 Tatsächlich fiel das 100-jährige Jubiläum der Unabhängigkeit Mexikos am 16. September 1910 mit Porfirio Díaz 80. Geburtstag zusammen. Díaz veranstaltete den ganzen September über ein nationales Spektakel mit Umzügen, Empfängen, festlichen Einweihungen und Militärparaden, mit dem er, nach insgesamt mehr als 30 Jahren im Amt, seine Wiederwahl im November des gleichen Jahres zur Formsache machen wollte. Vorsorglich ließ er seinen größten politischen Gegner Francisco Madero wegen revolutionärer Aktivitäten verhaften, der allerdings erst nach Díaz´ „Wiederwahl“ aus dem texanischen Exil die Mexikanische Revolution ausrief. Am 25. Mai 1911 war es schließlich Porfirio Díaz, der nach Frankreich ins Exil fliehen musste. Dort sollte er übrigens Napoleons Schwert überreicht bekommen - die Geschichte von der Rüstung und dem Schwert des Konquistadors Hernán Cortés (1485-1547) ist indes frei erfunden. Díaz starb 1915 im Exil und wurde auf dem Friedhof von Montparnasse in Paris beigesetzt.

S.72-74 Die Azteken pflegten bekanntlich ihren Menschenopfern das Herz bei lebendigem Leib herauszureißen. Die Schädel der Opfer wurden danach sorgfältig auf Holzgestellen, den Tzompantlis, aufgereiht. Die Menge der darauf dargestellten Schädel ist dabei übrigens noch bescheiden im Vergleich zu denen, die die spanischen Eroberer im 16. Jahrhundert vorgefunden haben. S.77 Die ‚Anima Bendita‘ ist eine populäre Darstellung einer Seele, die auf ewig im Fegefeuer gefangen ist. S.78 Die Fassade des Maskenmuseums ist den kolonialen Bauten Pueblas nachempfunden, die bekannt sind für ihre Ornamente aus Klinker und Kacheln.

S.62-63 Die Architektur des ehemaligen Karmeliterklosters im Nationalpark Desierto de los Leones wurde verändert und der Dramaturgie der Geschichte angepasst. S.64-65 Neben den vielen illustren Gestalten in Posadas Welt der Calaveras aus Militär, Adel und Klerus haben auch der Borracho (der Besoffene) und der Zapatista einen festen Platz in der Galerie. Das Museum ‚José Guadalupe Posada‘ befindet sich in Posadas Geburtsstadt Aguascalientes. S.71 J.G. Reyes inszeniert mit Hilfe des Holzhändlers ein eigenes Peyote-Ritual. Der meskalinhaltige Peyote-Kaktus ist in den Wüsten Mexikos beheimatet und spielte bereits in den Kulten prehispanischer Völker eine Rolle als bewusstseinserweiterndes Mittel. Auch der spanische Missionar Bernardino Sahagún berichtete darüber im Codex Florentinus von 1569. S.72 Reyes´ Halluzinationen beginnen mit der Verwandlung seines Hundes Valiente in einen Xoloitzcuintle (kurz Xolo), eine vorkolumbianische Rasse von Nackthunden. Nach der aztekischen Mythologie wurden die Toten auf der Reise durch die

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Literatur Paul Westheim, La Calavera - Der Tod in Mexiko (1953) Octavio Paz, Das Labyrinth der Einsamkeit (1950) Juan Rulfo, Pedro Paramo (1955) Malcolm Lowry, Unter dem Vulkan (1947) Philippe Ariès, Geschichte des Todes (1982) Johan Huizinga, Herbst des Mittelalters (1919) Institut für Auslandsbeziehungen [Hrsg.], Der Tod in der Mexikanischen Kultur (1993) Bildmaterial Editorial RM [Hrsg.], Posada Monografia (1991) Michael Nungesser [Hrsg.], Hugo Brehme Fotograf (2004) Lunwerg Editores (Carlos Fuentes u.a.), Juan Rulfo Fotógrafo (2001) Philippe Ariès, Bilder zur Geschichte des Todes (1984) Hans Holbein, Der Totentanz (1530) Dana Salvo, Home Altars of Mexico (1997) El Fondo Editorial [Hrsg.], Lo Efímero y Eterno del Arte Popular Méxicano (1974) Miguel Léon-Portilla [Hrsg.], Flor y Canto del Arte Prehispanico de México (1961) Adalberto Ríos Szalay, México – Visto y Andado (2004) Artes de México, Día de Muertos I & II, Máscaras de Carneval Film Sergei Eisenstein, ¡Que Viva México! (1931/1979) René Castillo, Hasta los Huesos (2001)

Vielen Dank für Unterstützung, Perspektiven, Inspiration! Gordon Heldt, Max von Bock, Antonio Salazar Bañuelos und Omar Lezama Galindo (Académia de San Carlos), Walther Boelsterly (Museo de Arte Popular), die MitarbeiterInnen des DAAD und der Deutschen Botschaft in Mexiko, sowie der Mexikanischen Botschaft in Deutschland, Tim Jansens und die Assoziation Epitaaf / Ateliers Salu, Thierry Groensteen (Editions de L´An 2), Hannes Ulrich (Avant Verlag), Gerold Eppler und das Sepulkralmuseum Kassel, Timo und Mila Hanke, Minerva, Juan Carlos (‚El Negro‘), ‚Catrina‘ Altwein, Ursel und Detlef Pelka, Mutz und Phill Pestemer, Jana Gerlach, Robin Jahnke, Jurek Sehrt, Maria Guitart Ferrer und Bryin Abraham

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Nach über 20 Jahren reist der Museumswärter Eusebio Ramirez wieder in die alte Heimat in der mexikanischen Provinz, um endlich seinen Frieden mit der Familie Rojas zu machen. Von den ehemaligen Freunden aus der Familie ist keiner mehr am Leben. Nur heute, am ‚Tag der Toten‘, kommen sie aus dem Jenseits, um mit den Lebenden zu feiern. Doch die Nachricht vom tragischen Tod des kleinen Benito Rojas weckt Geister der Vergangenheit, die Eusebio bald wieder in die Flucht treiben. In einem Brief versucht er Benitos Mutter Trost zu spenden: Eusebio glaubt fest daran, dass die Toten weiter existieren und erst zu Staub zerfallen, wenn sie in Vergessenheit geraten. In Hommage an die mexikanischen Muralisten sind es in ‚Der Staub der Ahnen’ vor allem die Bilder, die die Geschichte erzählen. Dabei wird ganz nebenbei ein (privater) Einblick in die Bräuche und Traditionen am ‚Tag der Toten‘ gewährt und eine Kultur vorgestellt, in der der Tod kein Tabu ist, sondern einen festen Platz im Alltag innehat, eine Kultur, die den Tod feiert und Skelette zum Tanzen bringt.


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