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Brunecker Krebsgespräche: Ganze Berge von Gefühlen“

„Ganze Berge von wilden Gefühlen“

Es war schon so etwas wie eine kleine Tradition. Anfang Februar kamen Interessierte, Betroffene und Experten im Rahmen der Brunecker Krebsgespräche im Ufo Jugend- und Kulturzentrum zusammen, um sich über eine Krankheit zu informieren, die sehr viele Menschen betrifft. Doch in Zeiten einer Pandemie ist Austausch in Präsenz kaum oder nur eingeschränkt möglich. Was bewegt Betroffene im Moment? Warum brauchen auch die Angehörigen Unterstützung? Hat sich die Anzahl an Neudiagnosen signifikant verändert? Verena Duregger hat sich im Netzwerk der Brunecker Krebsgespräche umgehört.

Stellen Sie sich vor: Die Welt steckt mitten in einer Pandemie – und Sie sind Krebspatient…

Es braucht nicht viel Phantasie, um zu verstehen, dass es Menschen gibt, die die Auswirkungen von Corona mehr treffen als andere. Umso erfreulicher ist die Tatsache, dass sämtliche nicht aufschiebbaren onkologischen Behandlungen in Südtirol jetzt in dieser Krisenzeit durchgeführt werden können. Und trotzdem: „Es ist noch zu früh, um genau sagen zu können, inwieweit sich die Pandemie auf Inzidenz und Tumorsterblichkeit ausgewirkt hat”, sagt Guido Mazzoleni, Primar der Abteilung für Pathologie am Bozner Krankenhaus und Direktor des Südtiroler Tumorregisters. In Italien, so die Zahlen, sind Operationen von Brust- und Darmkrebs in der Phase der Pandemie zurückgegangen. Ein anderes Bild zeigt sich hierzulande. „Das Südtiroler Gesundheitswesen war in der Lage, die Anzahl der Operationen sei es für Darm- als auch für Brustkrebs zu erhöhen und hat damit eine hervorragende Leistung trotz des Pandemiegeschehens gezeigt.” In einem Jahr, so Guido Mazzoleni, wird sich abschließend beurteilen lassen, welchen Einfluss die Pandemie auf die Tumorentwicklung im Land genommen hat. Ein Blick in die Zahlen der vergangenen Jahre verdeutlicht, dass in Südtirol weiterhin Brustkrebs, gefolgt von Darmkrebs, die häufigste Tumorart bei Frauen ist. Bei Männern nimmt mit über 400 Neuerkrankungen Prostatakrebs den ersten Platz ein, vor Tumoren an Darm, Blase und Lunge. Betrachtet man die neu auftretenden Fälle pro 100.000 Einwohner pro Jahr so sinkt die Gesamtinzidenz. Soweit die Zahlen.

Und dann sind da die Menschen dahinter. Betroffene, Angehörige, Experten. Wir haben neun von ihnen eine Frage gestellt.

1) 2021 erzählten Sie in einem Film von ihrer Erkrankung. Was hat das für Sie verändert? Sehr viel. Offen über meine Situation und meine Gefühle zu reden hat mir gezeigt, wie viele andere Menschen auch ein Päckchen oder sogar einen schweren Rucksack mit sich tragen, weil sie sich mir gegenüber und ihrem Umfeld geöffnet haben. Das freut mich umso mehr. Denn genau in diesen schwierigen Zeiten fühlt man sich durch das einfache Austauschen von Gedanken und Gefühlen sehr viel besser. Wenn ich angesprochen werde oder mir jemand schreibt, dass er durch mich den Mut finden konnte, über seine Probleme zu sprechen und dadurch Hilfe gefunden hat, dann ist das ein tolles Gefühl. Als der Film gedreht wurde, steckte ich noch mitten in der Behandlung. Nun bin ich schon seit einem Jahr in Remission und genieße das Leben. Die Zeit läuft so schnell… Es hat sich sehr viel verändert. Heute nehme ich mir Zeit für Mutig: Evelyn Tasser bei Filmaufnahmen. Dinge, die mir Spaß machen. Ich nehme alles mit mehr Humor, gönne mir meine Pausen und höre viel mehr auf meinen Körper. Das vergisst man im Alltag ansonsten gerne. Ende letzten Jahres habe ich ein Fernstudium in Ernährungspädagogik begonnen, und ich habe mich beruflich weiterentwickelt. Ja, die Diagnose hat mich sehr verändert, und was ich nie gedacht hätte: Sie bringt mich jetzt auch weiter. Ich nutze Chancen, die ich sonst gar nicht wahrgenommen oder auf später verschoben hätte. Denn es gibt ja immer so viel zu tun. Wenn du einmal vor Augen hast, dass es kein später mehr geben könnte, was würdest du machen? Na klar, leben und genießen! Evelyn Tasser, Angestellte und zweifache Mama

2) Müssen wir, wenn wir von Krebserkrankten sprechen, auch die Angehörigen mitdenken? Ja, unbedingt. Die Reaktionen der Angehörigen sind oft nicht weniger dramatisch als die der Betroffenen selbst. Am Anfang rennen häufig alle zusammen, versuchen zu helfen und übernehmen sich dabei selbst. Deshalb brauchen auch die Angehörigen psychoonkologische Unterstützung, um handlungsfähig zu werden. Es geht darum, die Balance zu finden, um Tage, Wochen, Monate gestalten zu können, den betroffenen Familienangehörigen zu unterstützen und dennoch selbst Kraft zu tanken.

Wenn wir von Angehörigen sprechen, müssen wir unterscheiden: Eltern, Eltern eines kranken Kindes, Geschwister, Partner – die Konstellationen und damit verbundenen Bedürfnisse sind ganz unterschiedlich. Erkranken Kinder, müssen Eltern beispielsweise extrem funktionieren und leiden oft mehr als das Kind selbst. Auch eine Partnerschaft kann durch eine Erkrankung sehr belastet sein. Oder betroffene Eltern, die sich fragen: Wie soll ich meinem Kind sagen, dass ich einen Rückfall habe? Jugendliche müssen ja erst oft lernen, ihre Gefühle zu regulieren. Wenn ein Elternteil in der Zeit erkrankt, ist das problematisch, weil die emotionale Stabilität manchmal fehlt. Deshalb ist es besonders wichtig, dass die Strategien, mit der jeder einzelne durch die Situation kommt, in der psychoonkologischen Begleitung abgeglichen werden. Es hört sich vielleicht schwierig an, aber wir versuchen auch aufzuzeigen, wie wichtig Ablenkung ist. Betroffene und Angehörige sollen Dinge tun, die sie im normalen Alltag sonst auch machen würden und eben nicht den ganzen Tag über Krebs reden. In der Umsetzung ist das ein Prozess und ein Weg, den man immer neu beschreiten muss. Das fällt leichter, wenn die Prognose gut ist. Aber auch wenn sie schlecht ist, geht es um die Frage: Was lässt mich diesen Tag halbwegs gut erleben?

Anton Huber, Psychoonkologe und Koordinator des Bereichs Krankenhauspsychologie, Bruneck

3) Was tut sich in der Palliativversorgung im Pustertal? Was ist Palliativmedizin eigentlich genau? „Es geht nicht darum, dem Leben mehr Tage zu geben, sondern den Tagen mehr Leben.“ Das Zitat der englischen Ärztin Cicely Saunders, Begründerin der modernen Palliativmedizin, ist wegweisend für das Konzept einer aktiven, ganzheitlichen Krankheitsbegleitung von Patientinnen und Patienten mit einer fortschreitenden Erkrankung und einer begrenzten Lebenserwartung. Im Vordergrund steht dabei die Linderung belastender Symptome wie Schmerz, Schwäche, Atemnot, Angst und anderer Beschwerden. Palliativmedizin bejaht das Leben und akzeptiert das Sterben als normalen Prozess. Als Teil eines palliativen Netzwerkes entsteht in nächster Zukunft am Krankenhaus Bruneck eine Palliativstation mit fünf Betten. Aufgrund des ganzheitlichen Ansatzes kümmert sich ein Team von Spezialisten aus unterschiedlichen Disziplinen um den Patienten: Ärzte, Krankenpfleger und Pflegekräfte, Physiotherapeuten, Psychologen, aber auch Seelsorger und Sozialarbeiter. Neben den körperlichen Symptomen durch die Erkrankung sollen auch psychische, soziale und spirituell-existentielle Bedürfnisse Berücksichtigung finden. Wir versuchen darüber hinaus, bei der Lösung häuslicher Versorgungsprobleme und aller anderen Fragen, die in Zusammenhang mit der Erkrankung stehen, behilflich zu sein. Im Zentrum steht der Patient, aber auch seine Zu- und Angehörigen. Weiters besteht aktuell die Möglichkeit einer fachspezifischen ärztlichen Visite und Beratung für ambulante Patienten durch das Palliativteam. Das Angebot ersetzt nicht die gewohnte Betreuung durch den Hausarzt und vorhandenen Pflegedienst, sondern ergänzt diese bei der häuslichen Betreuung der Patienten auch in schwierigen medizinischen Situationen. Monika Hilber, Internistin und Palliativmedizinerin, Krankenhaus Bruneck

4)

Wie erleben Betroffene die Krebsbehandlung mitten in der nächsten Coronawelle?

Aus anderen Regionen hört man, dass Behandlungen verschoben werden – das ist bei uns zum Glück nicht so. Mein Eindruck ist, dass die Patienten trotz erneuter Coronawelle gut versorgt werden. Bestrahlungen, Chemotherapien, nichts davon wurde ausgesetzt. Vorsorgeuntersuchungen, die nicht dringend sind, werden hingegen schon verschoben. Hier hofft man natürlich, dass dies keine großen Auswirkungen haben wird. Was die medizinische Versorgung betrifft, ist die Situation also positiv zu bewerten. Etwas anderes ist natürlich die menschliche Komponente. Kontaktbeschränkungen treffen Krebspatienten besonders. Sie verzichten wegen ihrer Vorerkrankung aus Sorge vor einer Ansteckung oftmals auf soziale Kontakte. Und sie können während laufender Behandlung nicht so gut betreut werden, weil Besuche im Krankenhaus oder auch daheim kaum oder gar nicht möglich sind. Einfach unbeschwert Zeit miteinander verbringen – das fehlt uns von der Krebshilfe auch. Ob und was wir von unserem Programm anbieten können, wissen wir in diesen Zeiten nicht. Auch das Zusammenkommen im Rahmen der Krebsgespräche fehlt uns, da hat jeder viel für sich mitgenommen. Man darf nicht vergessen: Schon die Krankheit Krebs kann isolieren und die Pandemie tut ihr übriges dazu. Ida Schacher, Präsidentin Südtiroler Krebshilfe

5)

Wie blickt man Jahre nach der Genesung auf die Erfahrung Krebs zurück?

Will jemanden wissen, wie ich die vergangenen sieben Chaos-Jahre meines Lebens zusammenfasse? 2015 das Erdbeben in Nepal, das wir in den Bergen des Himalaja nur mit reichlich Glück überlebten. 2017 Diagnose Krebs. Mit zwei herausfordernden Operationen. Erst Darm, dann Leber. Jeweils danach zwei harte Chemotherapien. Und dann das: 2020 Corona. Ohne Erkrankung bis jetzt. Zum Glück. Danke all jenen, die geholfen haben, die Risikogruppen zu schützen. Ja, so war das. Doch was ist geblieben aus dieser Zeit? Gefühle. Ganze Berge von Gefühlen. Und ich liebe Berge. Das darf man als Alpinist, Steinhaufen lieben. Dankbarkeit steht wohl zuvorderst bei diesen Gefühlen. Dankbarkeit für die zweite Chance auf Leben, verbunden mit der Gewissheit, den wohl denkbar größten aller Fehler gemacht zu haben, als ich die vielen Angebote zur Krebsvorsorge ausschlug. Ich Dummkopf. Dankbarkeit auch, weil die stärkste Seilschaft meines Lebens, mit den Chirurgen um Primar Günther Sitzmann, den Onkologen um Christoph Leitner und dem wirklich unglaublichen Pflegepersonal im Krankenhaus Bruneck, mich ins Leben zurückgeleitet hat. Eine Seilschaft, die in meiner schwersten Wand sicher hielt. Dann natürlich reichlich Demut. Das Leben ist nicht mehr so, wie es war. Nichts ist mehr so, wie es mal gewesen ist. Alles ist heute ein wenig langsamer. Gewollt und ungewollt. Doch das Leben pulsiert spürbar. Das war mal selbstverständlich. Heute ist es ein Geschenk. Und natürlich ist da auch Angst. Die Furcht vor der Wiederkehr des Schreckens. Doch dafür gibt es gute Mechanismen. Das Gefühl, in diesem engmaschigen Netz medizinischer Überwachung geborgen zu sein, ist das momentan wohl beste Gefühl. Meine Güte, das waren sieben Jahre. Walther Lücker, Journalist und Autor

6)

Warum müssen wir im Bereich Cancer Survivorship noch mehr machen?

Weil immer noch zu oft zu kurz gedacht wird. Innovative Krebstherapien haben die Langzeitüberlebenschancen erfreulicherweise so deutlich verbessert, dass gut die Hälfte der Patienten den Status eines „Cancer Survivors“ erreichen. Sie überleben also den kritischen Fünf-Jahres-Zeitraum nach der Diagnose. Leider verursachen jedoch sowohl die Krankheit selbst als auch die verschiedenen Therapien Spätfolgen, mit denen die Krebspatienten, aber auch deren betreuende Hausärzte oft allein gelassen werden. Viele therapiebedingte Erkrankungen oder Symptome können auftreten, die die Lebensqualität des Betroffenen erheblich beeinträchtigen. Es handelt sich dabei zum Beispiel um Herzerkrankungen, Erschöpfungserscheinungen und Fatigue, Schlafstörungen oder psychosoziale Probleme. Cancer Survivors sind häufiger arbeitslos und werden viel öfter frühverrentet als der Rest der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter. Und das darf uns nicht egal sein. Deshalb wollen wir eine sektorenübergreifende Langzeitnachsorge für Krebspatienten auf die Beine stellen, ein Netzwerk an Spezialisten. Christoph Leitner, Leitender Arzt des onkologischen Day Hospitals Bruneck

7)

Stimmt es, dass im Moment viel häufiger Brustkrebs diagnostiziert wird?

Kurz gesagt: nein. Die Inzidenz bleibt mehr oder weniger gleich. Jede achte bis zehnte Frau erkrankt im Laufe des Lebens an Brustkrebs. Im Schnitt werden in Südtirol pro Jahr etwa 400 Neuerkrankungen diagnostiziert; diese Zahl bleibt stabil. Mit 30 Prozent aller Krebsarten ist Brustkrebs der Tumor, der bei Frauen am häufigsten auftritt. Was sich bei uns im Pustertal aber bei gleichbleibender Inzidenz verändert hat, ist die Anzahl der betreuten Patientinnen. Im Jahr 2021 haben wir 93 Patientinnen mit neu aufgetretenem Mammakarzinom behandelt. Das ist ein Drittel mehr als in anderen Jahren. Dies hängt damit zusammen, dass auch auswärtige Patientinnen zu uns gekommen sind zur Vorsorge und Kontrolle, weil die Dienste trotz Pandemiegeschehen gut funktioniert haben. Vorsorgeuntersuchungen wie die Mammographie sind durchgeführt und notwendige onkologische Therapien nicht aufgeschoben worden. Nachsorgevisiten konnten wir aufrechterhalten. Das liegt vor allem an der interdisziplinären Zusammenarbeit mit den verschiedenen Abteilungen, die wir im Schwerpunkt-Krankenhaus Bruneck in Zusammenarbeit mit dem Grundversorgungskrankenhaus Innichen gut organisieren konnten.

Herbert Hanni, Primar Gynäkologie und Geburtsthilfe, Krankenhaus Bruneck und Innichen

8) Wie haben sich die Prognosen der Patientinnnen und Patienten mit hämtologischen Neoplasien, etwa dem

multiplem Myelom, in den letzten Jahren verändert?

In den letzten Jahren hat sich die Prognose vieler Blutkrankheiten mit dem Aufkommen neuer Therapien verändert. Insbesondere die Einführung neuer Medikamente oder die Verwendung bereits bekannter Medikamente mit neuen Dosierungsschemata hat es ermöglicht, das krankheitsfreie Überleben und in einigen Fällen das Gesamtüberleben von Patienten mit chronischen hämatologischen Erkrankungen wie dem Multiplen Myelom, der chronischen lymphatischen Leukämie oder dem indolenten Non-Hodgkin-Lymphom zu verlängern.

Leider sind viele dieser Erkrankungen auch heute noch nicht heilbar. Neue hämatologische Therapien in Verbindung mit einer deutlich verbesserten supportiven Behandlung haben es den Patienten jedoch ermöglicht, länger krankheitsfrei zu überleben (Remission). Zu den therapeutischen Strategien, mit denen dies erreicht werden konnte, gehört der kontinuierliche Einsatz von (nicht chemotherapeutischen) Arzneimitteln über lange Zeiträume hinweg. Diese Behandlungsform setzt voraus, dass sich der Patient verpflichtet, das Behandlungsprogramm über einen langen Zeitraum einzuhalten (ob oral, intravenös oder subkutan und in regelmäßigen Abständen ambulant verabreicht), aber auch, dass die verwendeten Arzneimittel ein gutes Verträglichkeitsprofil aufweisen und dass etwaige Nebenwirkungen gering und mit einer angemessenen unterstützenden Behandlung beherrschbar sind. In den meisten Fällen ermöglichen diese „Erhaltungstherapien“ den Patienten eine sehr gute Lebensqualität ohne übermäßig viele Krankenhausaufenthalte und mit dem eigentlichen Ziel, die Remission so lange wie möglich aufrechtzuerhalten.

Silvia Iotti, Hämato-Onkologin, Krankenhaus Bruneck

9) Haben wir in der Coronakrise den richtigen Umgang mit dem Tod? Die Frage wirft unmittelbar andere Fragen auf: Hatten wir vor der Krise den richtigen Umgang? Gibt es einen richtigen Umgang? Ich denke, die Pandemie hat einige Schwachstellen in unserem Umgang nur noch deutlicher gemacht. Laut den Statistiken sind bisher weltweit ca. 5 Millionen Menschen durch Corona gestorben, von 110 Millionen „normalen“ Todesfällen in den letzten zwei Jahren. Aber durch die Pandemie sind alle unterschwelligen und verdrängten Ängste vor dem Tod wie in einem Brennglas nochmals sichtbarer geworden. Plötzlich wurde der Tod als das Unberechenbare, Unerwartete, Unvorhersehbare, Unvorstellbare wahrgenommen, das er immer schon war und hat uns gezeigt, dass wir ihn meist beiseite geschoben haben, bis es nicht mehr möglich war. Die gesellschaftliche, wenn nicht Unfähigkeit, so zumindest Schwäche, den Tod als etwas Besprechbares, uns alle Verbindendes zu sehen, darüber zu sprechen, über die Ängste wie auch die Hoffnungen, die fehlt. Was sehr besonders ist in der Krise: Selten sind so viele Menschen so alleine gestorben, hatten ihre Liebsten so wenig Möglichkeiten zu letzten Worten, Abschied und gemeinsamer Trauer, verhindert durch nicht in jedem Fall sinnvolle Maßnahmen. Es bleibt zu hoffen, dass dieses Unglück sich in dieser Form nie wiederholt, wie gleichzeitig zu hoffen ist, dass der Schreck und die Erkenntnisse uns zu einem anderen Nachdenken und Reden über den Tod bringen, auch noch dann, wenn die Pandemie irgendwann vorbei ist. Denn der Tod als Teil des Lebens wird es nicht sein. Matthias Gockel, Palliativmediziner und Internist, Vivantes Klinikum im Friedrichshain (D)

TIPWORLD VOM 7. BIS 10. MAI 2022

NEUER TERMIN UND MIT PUBLIKUM

EXKLUSIV

Die aktuelle Corona-Seuche hat auch den Terminplan der Tipworld durcheinandergebracht. Eine Abhaltung zum ursprünglich geplanten Termin Anfang April wurde schließlich verworfen, da diese beliebte Fachmesse nur dank der Präsenz der Besucherinnen und Besucher ihre volle Strahlkraft zu entwickeln imstande ist. Doch auch die Ausstellerinnen und Aussteller brauchen Gewissheit. Wie der PZ exklusiv zugetragen wurde, hat der Verwaltungsrat der Tipworld GmbH. daher in Absprache mit den wichtigsten Partnern beschlossen, den Termin der heurigen Auflage auf den 7. bis 10. Mai 2022 zu verlegen.

Diese Verschiebung wird sich nicht nur positiv auf die Organisation, sondern auch auf die Stimmung unter den zahlreichen Messebesuchern auswirken. Die kommenden Wochen werden nun dazu genutzt, zusammen mit allen Partnern, Verbänden, ausstellenden Unternehmen und Zulieferern an der Weiterentwicklung von Zeltstadt, Ausstellung und Eventprogramm zu arbeiten. // rewe

Vor rund 20 Jahren hat es Sympathisanten von Nikolaus Schneider (*1937), der sich selbst als „Schwert-Bischof“ bezeichnet, im Raum Brixen gegeben. In der Folge war nicht mehr bekannt, dass sich in Südtirol Personen an den Lehren von Nikolaus Schneider orientieren. Schneider, der verheiratet war und Vater von vier Kindern ist, gibt an, im Jahre 1977 zum Priester und nur zwei Monate später zum Bischof geweiht worden zu sein. Hinsichtlich dieser Weihe betont Schneider, „ohne Zustimmung der offiziellen Amtskirche geweiht“, sondern einzig von Gott als „persönliches Werkzeug Jesu Christi“ bestellt worden zu sein. Seit 1990 nennt sich seine Gemeinschaft „Neuchristen“ (https://neuchristen.com); seine ehemalige Ehefrau, Paula SchneiderBodenmann, hat 2010 die „Laiengemeinschaft des hl. Josef“ (www. laiengemeinschaft-des-hljosef.com) ins Leben gerufen, und unterstützt damit – so kann man es auf der genannten Internetseite nachlesen – ihren Gatten „in seiner schweren Berufung als Werkzeug Gottes“. Die „Neuchristen“ wollen keine neue Kirche, sondern eine Fortführung der apostolischen Tradition sein; ihr Glaube sei eigenen Angaben zufolge römisch-katholisch und sie geben an, die Kirche Jesu Christi zu verkörpern. Was die Vorkommnisse im Ahrntal betrifft, so bestreitet Schneider damit etwas zu tun zu haben; er hat dazu ein eigenes Video veröffentlicht (https://www.youtube. com/watch?v=wgRc0x-az2w), das zwar zeitlich umfangreich, inhaltlich aber recht dürftig ist. Was die Verbreitung der Neuchristen betrifft, so tappt man auf ihrer Homepage hinsichtlich einiger Angaben zu konkreten Zahlen im Dunkeln – es kann aber bestätigt werden, dass Schneider im deutschen Sprachraum nach wie vor vereinzelt neue Mitglieder um sich schart.

Martin Pezzei

Leiter des Amtes für Dialog der Diözese Bozen-Brixen

Online-Handel hat auch seine Grenzen

Solidaritätsbekundung für Arno

Egal was der Konzern macht, es erregt die Gemüter. Gemeint ist Amazon. Diesmal geht es um sein erstes Modegeschäft, genannt „Style“, das in diesem Jahr in Los Angeles eröffnen wird, berichten viele US-Medien. Im Sortiment des stationären Geschäfts sind Damen- und Herrenbekleidung, Schuhe und Accessoires sowie eine magische Umkleide, wo per Berührungsbildschirm Kleider bestellt werden. Nachdem Amazon bereits Geschäfte mit Waren des täglichen Bedarfs, Lebensmitteln und Snacks sowie Getränken eröffnet hat, geht der Onlinegigant jetzt einen Schritt weiter. Wieso Bekleidung? Mode gehöre zur meistverkauften Kategorie im Amazon-Sortiment. Aber auch vor allem deswegen: Man wolle mehr über den Kunden lernen, heißt es in der Begründung für den stationären Laden. Man wolle ihn sehen, mit ihm reden, ihn persönlich ansprechen.

Tja, trotz aller Digitalisierung: Der Mensch bleibt ein soziales Wesen und vor allem Kunde. Und um diesen besser zu verstehen, braucht es den direkten, persönlichen Kontakt. So wie es die vielen Handels- und Dienstleistungsbetriebe im Pustertal tun!

Mauro Stoffella

Verantwortlicher Kommunikation im hds

Kompatscher und die Alto Adige-Redaktion

Nachdem sowohl Landeshauptmann Arno Kompatscher als auch die Redaktion der italienischen Tageszeitung „Alto Adige“ vor geraumer Zeit Drohbriefe samt Projektilen erhalten haben, spricht die Südtiroler Volkspartei ihnen und all jenen, welche bereits in den vergangenen Wochen Opfer vergleichbarer Drohungen geworden sind, ihre Solidarität aus. Gerade in diesen schwierigen Zeiten darf Gewalt gegen Menschen, welche Verantwortung für Entscheidungen und Berichterstattung übernehmen, niemals toleriert werden. Demokratische Auseinandersetzung ja, Gewalt - in welcher Form auch immer - niemals!

50 agn de Autonomia

Nosta autonomia é gnüda arjunta cun l’impëgn de tröpes ëres y ëi, danter chi ch’i recordun dantadöt Silvius Magnago, a chi ch’al ti va porchël reconescënza y respet. L’autonomia de Südtirol vëgn de fat conscidrada n ejëmpl positif por tröpes mendranzes linguistiches y culturales. Le Statut d’autonomia rapresentëia na basa iuridica solida y de gran importanza por la suraviënza, la conservaziun y le svilup linguistich y cultural di grups linguistics ladin y todësch. L’obietif che la Südtiroler Volkspartei ó arjunje é che Südtirol ciàfes tres de plü competënzes por podëi insciö slarié fora l’autonomia. Por le vizepresidënt ladin Daniel Alfreider é le Secunt Statut d’Autonomia la basa por la convivënza pazifica di trëi grups linguistics dla Provinzia. “Chisc traverc arjunc y i dërc reconesciüs ala jënt ladina dess ester na motivaziun por crësce ciamó deplü sciöche comunité, na sbürla da tigní adöm y jí tla medema direziun, por vire fora deplëgn nosta identité, de chëra che i podun y i messun ester braui”, dij Alfreider. Ara nen va porchël nia ma de conservé ci che é gnü arjunt cina sëgn, mo de lauré inant cun consecuënza y armonia danter i grups linguistics de Südtirol por arjunje n „plü“ de autonomia.

Der FC Südtirol ist der erfolgreichste Fußballverein Südtirols, der ASC St. Georgen der erfolgreichste des Pustertales. Der Bozner Verein führte die Meisterschaftstabelle nach 23 Spielen und einem weniger auf Padova mit sieben Punkten Vorsprung auf die Veneter an. Es deutet also einiges darauf hin, dass die 2009 durch den damals frisch gebackenen Vereinspräsidenten, Dr. Walter Baumgartner, ausgegebene Losung, die Mannschaft innerhalb 2015 in die Serie B zu führen, mit der Spielsaison 2021/22 endlich in Erfüllung gehen könnte. Baumgartner hat die Präsidentschaft im Oktober 2021 im Zuge der Vorstands-Neuwahlen zwar an Gerhard Comper abgegeben, doch ob seiner Beteiligungsrechte ist er nach wie vor aktiv an den Verein gebunden. Baumgartner war ein vielseitig engagierter Präsident. So wurde beispielsweise das Drusus-Stadion noch in seiner Amtszeit rundum erneuert. Außerdem war er es, der das Fundament fürs fußballerische „Ballhaus B“, wenn’s klappt, gegossen hat. Des Hauses Dach zu zimmern, trifft es nun seinen Nachfolger. Bemerkenswertes Detail am Rande: Gründungsvater des FCS war einst der Gsieser Bauunternehmer Hanns Huber, alias H47. Er war es nämlich, der seinerzeit den SV Milland den Turbulenzen entrissen, das Schiff unter die FCS-Flagge gestellt und mit tatkräftiger Unterstützung von Hans Krapf (Duka Hans) aus dem Wellental heraus in ruhigere Gewässer geführt hatte. Hanns Huber, der auch in Gsies zusammen mit Erich Steinmayr (Hotel Quelle) sportlich (z. B. Rodel WM 1994) gar einiges bewegt hatte, ist im August 2020 verstorben. Während also der FCS den Aufstieg in die Serie B, der zweithöchsten Fußballliga Italiens, mit viel Zuversicht verfolgt, will der ASC St. Georgen unbedingt die Rückkehr in die Serie D schaffen. Die schwierige Startphase hat das Team um Präsident Georg Brugger und Trainer Patrizio Morini (Bild a) hinter sich gebracht, ohne dabei das Punktekonto mit Blick auf den Meisterschaftssieg definitiv kompromittiert zu haben. Die Mannschaft hat das Mittelfeld in der Tabelle längst verlassen. Nach 18 Spielern hatte es sich gemeinsam mit Virtus Bozen punktegleich (38) an der Tabellenspitze festgesetzt. Somit hat der Verein die Chancen auf den Wiederaufstieg bisher jedenfalls wahrgenommen. Nun heißt es Durchhalten bis zum Schluss. Die Voraussetzungen, das gesteckte Ziel zu erreichen, stimmen jedenfalls, denn der Motor des ASC St. Georgen (Bild b) läuft wiederum rund. Moto Morini! Nomen est Omen. // wp

SCHRÄGES IN SCHRÄGSCHRIFT

Hinter Thomas Bach, dem IOC-Präsidenten, flatterten die Fahnen aller an den XXIV Olympischen Winterspielen teilnehmenden Länder, etwa 92 an der Zahl, als dieser im Rahmen der Eröffnungsfeier ans Rednerpult trat. Weißrot war nicht darunter.

Das „Land Südtirol“ und seine 28 Athletinnen und Athleten sind in Peking erstaunlicher Weise nicht unter eigener Flagge angetreten, obschon die Autonome Provinz Bozen in ihrer „Landes“-Begriffsdimension schier alle Grenzen sprengt. Wieso? Lies dazu: LandesHauptmann, Landes-Landwirtschaftslandesrat, Landes-Mobilitätslandesrat, Landes-Oberforstrat, Landes-Landwirtschaftsinspektor, Landes-Schützenkommandant, Landes- Feuerwehrpräsident, Landes-Presseamt des Landes Südtirol, Landes-Meteorologe, LandesVeterinär, Landes-Coronaintensivstation, Landes-Rundfunkanstalt, Landes-Bäuerin, Landes-Luis usw. Soviel Land, das hat nur ein Kontinent! // wp

KOHLDAMPF NACH ‚KOHLE‘

Was Olympische Spiele doch so alles bewirken können! Die Infrastruktur für Biathlon in Antholz-Obertal, die für die WM 2020 mit Investitionen in Höhe von sieben Millionen auf Vordermann gebracht und infolgedessen als weltweit dargestelltes Exempel gepriesen worden war, tut es im Hinblick auf Olympia 2026 nun doch nicht mehr; weitere Investitionen von summa summarum 40 Millionen Euro scheinen unumgänglich zu sein. Dabei sind darin die Kosten für die geplante Zufahrt nach Rasen-Antholz im Bereich des Holzhofes (Bild 1a) noch gar nicht berücksichtigt, geschweige denn jene für die Riggertalschleife, für die Dorfumfahrungen von Kiens und Percha sowie der straßenbauliche Aufwand zwecks besserer Anbindung des Toblacher Bahnhofs (Bild 1b) an die SS 49 bzw. die SS 51 (Alemagna) oder die längst fällige Bahnunterführung in Innichen-West (Bild 1c). Es handelt sich dabei um Bauprojekte von

1b.)

hohen und höchsten Ansprüchen, denen - mit Ausnahme einzelner – allerdings keine unmittelbare Olympiabezogenheit anhaftet. Die Vorhaben, die meisten davon sind von langer Hand geplant (Dorfumfahrungen, Bahnunterführung), sollten jedoch allesamt bis zum Beginn der olympischen Winterspiele „Milano - Cortina 2026“ (Antholz ist Austragungsort der Biathlonbewerbe) verwirklicht werden, so zumindest die optimistische Kunde aus dem Machtzentrum der Provinz – dem Palais Widmann. Vier Jahre sind’s noch bis dorthin. Freilich eine verdammt kurze Zeitspanne, um die möglicherweise doch etwas überlasteten Ziele umzusetzen, zumal nicht immer alles nach Machers Vorausstudie läuft. Hierzu ein Beispiel: Die neue Einfahrt ins Gadertal hätte mit Beginn der Wintersaison, also mit Ende November 2021 dem Verkehr übergeben werden sollen. Das geschah nicht. Und bis es so weit sein wird, dürften noch ein paar Monate ins Land ziehen. Ebenso arg im Verzug sind die Instandsetzungsarbeiten an der Bahnlinie bei

der Achmühle in Olang, wo das Schienenbett im November 2019 unterspült und der Hang talseitig weggebrochen war. Nach drei Monaten war sowohl die Böschung als auch das Schienenbett so weit hergerichtet, dass der Zugverkehr zwischen Bruneck und Innichen mit dem Beginn der Biathlon-WM Mitte Februar 2020 wiederum planmäßig aufgenommen werden konnte. Die Baustelle in der Achmühle vermochte man allerdings bis heute nicht zu schließen - und das 26 Monate nach dem Schadensereignis (Bild 1d). Das millionenschwere Investitionsprogramm, alles zusammengenommen von über 200 Millionen Euro, wurde dem Regierungsbeauftragten in Sachen Olympia und Vizeminister für Infrastruktur, Alessandro Morelli, im Rahmen seines

Südtirol-Besuchs und Abstechers nach Antholz zu den diesjährigen WC-Rennen von den zuständigen Verantwortungsträgern der Provinz (Daniel Alfreider/Verkehr, Arno Kompatscher/Sport, Giuliano Vettorato/Umwelt), vom Bürgermeister (Thomas Schuster) sowie vom Präsidenten des Biathlon- Organisationskomitees (Lorenz Leitgeb) schmackhaft gemacht. Ob und inwieweit der Regierungsvertreter den ihm zugeschobenen Teller mit zusätzlichen Millionen aus dem Olympiatopf bzw. dem PNRR (Piano Nazionale di Ripresa e Resilienza) zu garnieren bereit sein wird, das muss sich erst noch herausstellen. // wp

PRÄMIERTER OLYMPIASTART

Dorothea Wierer und Dominik Windisch beim feierlichen Empfang 2019 in Rasen, ihrer angestammten Heimat.

Seit 4. Februar 2022 sind in China die Winterspiele im Gange. Für Italien kämpfen dort 46 Frauen und 72 Männer, davon 28 Südtirolerinnen und Südtiroler, insgesamt also 118 Sportler. Sie versuchen ihr Glück in 14 von 15 Disziplinen der sieben Sportarten. Wie erfolgreich Italiens bzw. die Vertreter unserer Provinz bis zum Ende sein werden, erfährt man erst dann, wann am Zwanzigsten der Vorhang zu den XXIV Winterspielen zugezogen wird. Und bei Redaktionsschluss stand die Mehrheit der Wettbewerbe ja noch aus. Begonnen haben die Spiele fürs I-Team jedenfalls vielversprechend: drei Medaillen, zweimal Silber im Eisschnelllauf und einmal Bronze im Rodeln durch Dominik Fischnaller gleich zu Beginn der Spiele, stimmen für den weiteren Verlauf zuversichtlich, auch wenn man sich von den Abfahrern Christof Innerhofer (ausgeschieden) und Dominik Paris (6. Rang) eindeutig mehr erwartet hatte. Dasselbe gilt für die Mixstaffel im Biathlon. Während die beiden Frauen, Lisa Vittozzi und Dorothea Wierer, abwechslungsweise die „Silberschleife“ zogen, fielen die beiden Herren, Thomas Bormolini und Lukas Hofer, durch schlechtes Schießen und mäßige Laufzeiten aus dieser heraus und auf den neunten Rang zurück. Bei den vorausgegangenen Winterspielen in Süd-Korea (2018) war Italien mit zehn Medaillen erfolgreich. Dazu beigetragen hatte eben auch das Biathlon mit zweimal Bronze: Dominik Windisch war einmal im Sprint und dann in der Mix-Staffel im Konzert mit Dorothea Wierer, Lukas Hofer und Lisa Vittozzi erfolgreich. Schon in Sotschi (2014), als die Mixstaffel erstmals Teil des olympischen Programms war, fuhr die Mannschaft in der Besetzung: Dorothea Wierer, Karin Oberhofer, Dominik Windisch und Lukas Hofer aufs bronzene Treppchen. In Sotschi hatte übrigens auch Christof Innerhofer die olympische Stunde geschlagen: Mit Silber in der Abfahrt und Bronze in der Kombination kehrte er mit stolzer Brust nach Hause zurück. // wp

ETWAS GENAUER HINSCHAUEN

WARUM FRESSEN HUNDE MANCHMAL KOT?

Für uns als Menschen ein absolut ekliger Anblick, wenn unser Hund Kot frisst. Aber warum macht er dies? Welche Ursachen kann das Fressen von Kot haben?

Das Fressen vom eigenen oder fremden Kot wird Koprophagie genannt. Es kann zum einen eine schlechte Angewohnheit des Hundes sein, zum anderen aber auch ein Hinweis auf eine Erkrankung. Unterscheiden muss man dabei vor allem, ob es sich um Kot von Pflanzenfressern oder Fleischfressern handelt. Das Fressen von Pflanzenfresserkot wie z. B. Hasenkötteln oder Pferdeäpfeln deutet meist nicht auf ein gesundheitliches Probleme oder einen Nährstoffmängel hin. Als Hundehalter muss man sich hier auch keine besonderen Gedanken machen.

DIE ANDERE SEITE DER MEDAILLE

Anders sieht es jedoch aus, wenn der Hund seinen eigenen oder den Kot von Fleischfressern frisst. Der Grund hierfür kann sein, dass der Kot stark nach Lockstoffen riecht, welche meist über das Fertigfutter (Trocken- oder Nassfutter) aufgenommen werden und durch den Kot zum Teil auch wieder ausgeschieden werden. Aber auch gesundheitliche Probleme können hier der Grund sein: • Probleme mit der eigenen Darmflora • Enzymmangel • Parasitenbefall • Stress oder Langeweile

Liegt in der eigenen Darmflora eine Fehlbesiedlung mit Bakterien vor, können die Nährstoffe nicht optimal aufgespalten werden. Der Hund versucht dann durch das Kotfressen diese Bakterien aufzunehmen.

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Man kann auch von einer Selbstmedikation in diesem Fall sprechen, denn vor allem im Hunde- und Katzenkot findet der Hund die passenden Bakterien.

STÖRUNG DER ENZYMATISCHEN VERDAUUNG

Das Verhalten des Kotfressens kann aber auch ein Hinweis auf eine Störung der enzymatischen Verdauung sein. In diesem Fall können, bedingt durch einen Mangel an Verdauungsenzymen aus der Bauchspeicheldrüse, die Nährstoffe nicht optimal verwertet werden (z. B. bei einer Bauchspeicheldrüseninsuffizienz). Aber was kann man gegen dieses „eklige“ Problem machen? Frisst der Vierbeiner den Kot aus Stress oder Langeweile, muss die Ursache dafür behoben werden. Bei einem Problem mit der Darmflora oder einen Enzymmangel, kann durch die Gabe von Verdauungsenzymen oder Synbiotika das Kotfressen meistens abgestellt werden. Geeignet sind Präparate, die Lipase und Proteasen enthalten. Einen Erfolg sollte man bereits innerhalb von 5 – 7 Tagen sehen. Ist dies nicht der Fall, sollte man ein Synbiotikum zusätzlich für mindestens 6-8 Wochen geben. Man sollte auf jeden Fall die Ursache für das Verhalten finden, denn durch das Fressen von Hunde- oder Katzenkot bzw. Kot von Fleischfressern steigt das Risiko einer Infektion mit bestimmten Darmparasiten erheblich. Natürlich sollte man zusätzliche auch die hygienische Aspekte beachten. Es ist nicht sehr appetitlich, wenn der Hund erst Kot frisst und dann kommt und dem Hundehalter oder eventuell auch Kindern in der Familie über die Hände leckt.

Michaela Olbert

Ernährungsberaterin für Hunde und Katzen

ANGST VOR NEUEM (Teil 2)

Ich glaube, ich habe herausgefunden, dass meine größte Angst, die Angst vor „Neuem“ ist. Immer wenn ich vor einer neuen Situation stehe, habe ich ein bedrückendes Gefühl im Bauch gepaart mit Angst. Dies dauert immer so lange, bis ich in der Situation bin und mich etwas an die Situation gewöhnt habe, dann wird der Druck im Bauch langsam weniger. So geht es mir in beinahe allen Situationen, sogar am Sonntag, wenn ich vor der neuen Arbeitswoche stehe. Vermutlich habe ich Angst, dass ich etwas nicht schaffe. Andererseits gibt es Situationen, da muss ich nichts schaffen und spüre diese Angst im Bauch trotzdem. Diese Angst stört mich sehr, weil sie oft auch ohne logischen Zusammenhang auftritt und mir dadurch Schwierigkeiten in vielen Lebenssituationen bereitet. Es ist mir unverständlich, weshalb bei mir diese Angst auftritt – meine jüngere Schwester beispielsweise hat diesbezüglich überhaupt keine Angst. Sie sagt, sie freut sich sogar auf herausfordernde Situationen. Es wäre für mich sehr hilfreich zu verstehen, woher ich diese Angst habe. Ich denke, das würde mir helfen, besser damit umgehen zu können. Vielleicht können Sie mir Dr. Egon Mair diesbezüglich weiterhelfen und wenn möglich auch ein paar Lösungstipps geben. (Frau 37)

In der vorherigen Ausgabe wurde auf Ihre Frage zur Entstehung dieser Angst vor Neuem eingegangen und die potentiellen Ursachen dazu beleuchtet. Nun werde ich Ihren Wunsch nach Tipps zur Lösung aufgreifen.

Der erste Schritt besteht darin, Ihre Angst zu akzeptieren. Sehr häufig wird bei solchen Ängsten, aber auch allgemein bei Angstsymptomatiken, die Angst als Feind erlebt. Da diese übermäßige Angst als unlogisch und unnötig erkannt wird, sie sich jedoch trotzdem immer wieder meldet und sich in den Vordergrund drängt, entwickeln betroffene Personen in der Regel Hilflosigkeit und eine regelrechte Wut auf die Angst. Diese Wut richtet sich letztlich gegen sich selbst und bewirkt, dass sich sowohl die Symptomatik als auch die eigene Unsicherheit eher verschlechtern als verbessern. So wird zusätzlich zur Angst noch ein Kampf gegen sich selbst geführt. Um aus diesem Kampf gegen sich selbst auszusteigen, ist es sinnvoll, sich die Angst als inneren Anteil vorzustellen. Am treffendsten ist es, wenn Sie ihn sich als Kindanteil vorstellen – ein inneres Kind. Dieses Kind hat Angst vor neuen Situationen. Angst, zu versagen, Angst, sich zu schämen oder einfach Angst, sie nicht bewältigen zu können. Wenn Sie diese Angst nun als inneres Kind sehen, das ängstlich ist und es akzeptieren, können Sie einen Weg finden, mit diesem Kind in hilfreicher und konstruktiver Weise umzugehen. Was würde dieses Kind vom erwachsenen „Ich“ benötigen? Wie fühlt sich dieses Kind, wenn ich zornig auf es reagiere? Wie fühlt es sich, wenn ich liebevoll reagiere? Was geschieht, wenn ich mir dieses Kind vorstelle und ihm sage: „Ich sehe, dass du gerade Angst hast, komm in meine Arme – ich bin bei dir und gemeinsam schaffen wird das.“ ? Wenn Sie aufrichtig mit diesem inneren (Kind-)Anteil arbeiten und mit ihm eine neue Beziehung aufbauen, führt dies zu einer völlig anderen Haltung im Umgang mit der Angst. Ein weiterer Tipp bzw. hilfreiche Möglichkeit, besteht darin, die Verbindung zu Ihrer inneren Stimme zu stärken. Jedes Mal, wenn Sie vor einer Angstsituation stehen, sagen bzw. fragen Sie sich das Folgende: Die Angst in mir sagt…, aber was sagt mir meine innere Stimme – kann/ werde ich die Situation XY schaffen? Spüren Sie in sich hinein, was Ihnen Ihre innere Stimme / bzw. Intuition mitteilt. Zusätzlich können Sie sich auch die Frage stellen: Was sagt mir meine Erfahrung? In Vergangenheit als ich auch Angst vor ähnlichen Situationen hatte, wie ist es gelaufen? Die Arbeit mit Ihrer inneren Stimme hilft Ihnen dabei, eine Beziehung zu dieser aufzubauen und schließlich eine innere Instanz zu haben, die Ihnen Rat und Unterstützung gibt. Letztlich wächst dadurch die eigene Selbstsicherheit, da es eine Sicherheit ist, die von innen kommt.

Sollte es zu den Selbsthilfemaßnahmen mehr benötigen, besteht noch die Möglichkeit eine Psychotherapie in Anspruch zu nehmen, um dahinterstehende Traumata zu behandeln, weitere Zusammenhänge zu beleuchten und ein individuelles Bewältigungsprogramm zu erstellen.

Der nächste Schritt besteht darin, sich vor jeder Situation, vor welcher Sie Angst empfinden, bewusst zu machen, was das Schlimmste ist, das geschehen kann. Finden Sie heraus, wovor der Teil in Ihnen letztlich Angst hat. Welches Katastrophenszenario malt er sich aus? Geht es letztlich um die Angst zu versagen, oder sich zu schämen? Möglicherweise gelingt es bereits durch das Einbringen der Vernunft, diese Angst zu relativieren und zu vermindern. In jedem Fall sollten Sie Ihrem Kindanteil versprechen, egal was geschieht und wie die Situation laufen möge, es stets zu lieben. Wenn Sie nicht mehr den Druck haben, die ausgemalte „Katastrophe“ unbedingt zu vermeiden, sondern auch diese Möglichkeit annehmen, verändert sich die gesamte Haltung. Generell ist es hilfreich, alle Angstsituationen möglichst immer zu konfrontieren und möglichst nie zu meiden. Vermeidung verstärkt die Angst oder hält sie aufrecht. Konfrontation trägt dazu bei, sie schrittweise zu reduzieren.

Wenn Sie eine Frage stellen möchten, können Sie diese anonym schriftlich oder telefonisch an unsere Redaktion richten oder Sie deponieren Ihre Frage direkt bei

Dr. Egon Mair

Psychologe - Psychotherapeut - Coach - Supervisor Stadtgasse Nr. 53, 39031 Bruneck; Tel.: 340/4026948 • www.psychologie.it

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