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Mai 2012

Das Magazin über Menschen unD iMMobilien

U E N No 1 AndorA Back to Berlin CHInA The Big Bamboo HelsInkI Designhauptstadt 2012

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OVER THE TOP


JAHRHUNDERTEREIGNIS. Atemberaubende Begeisterung – die Wirkung einer Sonnenfinsternis lässt sich mit dem Auftritt des neuen BMW 6er Gran Coupé vergleichen. Das erste 4-türige Coupé von BMW besticht gleichermaßen durch die fließenden Linien des Exterieurs und die pure Exklusivität im Interieur. Steigen Sie ein und erleben Sie die perfekte Kombination aus Eleganz und Dynamik. Mehr unter www.bmw.de/6erGranCoupe

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Das neue BMW 6er Gran Coupé

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Inhalt Ob jexts No. 1 / Ma i 2 012

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INHALT Snack mit Ausblick

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Leafhouse

54

Geisterstadt New Ordos

124

Australische Bäckerei

22

Das weisse Hemd

58

Andora-Back to Berlin

134

Verwobene Traditionen

24

Nouvel Louvre Abu Dhabi

64

Designhauptstadt Helsinki

142

In Beton gegossen

30

Ein Fall für Visionäre

72

Milano, pas de deux

154

Frisch gepoolt

32

Karim Rashid

80

Ruins of Detroit

162

Starker Auftritt

36

The Big Bamboo

88

Zauberhafte Welt der Emery

170

Mister Universum

42

Hochstapler

96

Fly Fly Home

180

Tabaktresor

44

Sexy House

102

Philharmonie auf dem Sofa

190

Göttlich

48

Wüstenhotels

110

MIPIM & Immobilienticker

196

Luftschlösser

52

Thai Cong

118

Foscarini

200

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Editorial Ob jexts No. 1 / Ma i 2 012

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ir vermelden voller Stolz die Geburt von Objexts, der direkten Schwester unseres geliebten Lifestyle Magazins Quality! So, oder so ähnlich, könnte die Ankündigung zur Erstausgabe von Objexts lauten, denn im ureigensten Sinne ist die Herkunft und der familiäre Gedanke eine wichtige Basis für einen starken Auftritt. Die Familie gibt Kraft und Inspiration, sie vermittelt ihr gelebtes Wissen an das neue Familienmitglied. Genau so halten wir es mit Objexts: Unser geballtes Wissen im Bereich Lifestyle, Design und Fotografie, sowie die Qualität unserer Stories, ist das Fundament auf dem wir Objexts realisiert haben. In Objexts können Sie wie in der Quality auf Endteckungsreise gehen, durch eine Welt noch nicht gesehener Fotos und unerzählter Geschichten. Die wichtigste Frage ist jedoch noch offen: Wenn Objexts keine Zwillingsschwester von Quality ist, was ist es dann? Immer wieder stellten wir bei der Recherche zu den einzelnen Quality-Themen fest, dass es viel zu erzählen gibt über interessante Architektur, Design und noch mehr über die Menschen, die unsere direkte Umwelt so elementar gestalten und ihre Visionen realisieren. Die Plattform in Quality war uns nicht groß genug, daher haben wir uns

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entschieden, eine neue Plattform zu kreieren, die im deutschsprachigen Segment in dieser Form noch nicht existiert. Unsere Welt ist global und die der Immobilienwelt erst recht. So ist es uns ein Bedürfnis, positive aber auch kritische internationale Projekte vorzustellen, neuartige Materialien, oder Trends in Kunst und Design. Vision oder Manufaktur, Interieur oder Städteplanung, Schmuckobjekt oder Wohnobjekt, Interview oder recherchierte Story – alles ist in unserem Fokus, alles findet seinen Raum. In dieser Erstausgabe erwarten Sie zahlreiche spannende und auch amüsante Themen. Unsere Autoren haben für diese Erstausgabe die ganze Welt bereist und sind mit einer wahren „Schatzkiste“ voller Geschichten zurückgekommen. Sei es der neue Louvre in Abu Dhabi, die Geisterstadt New Ordos in China, die Fly-in Community in Miami, oder die Designhauptstadt Helsinki ... Was ist am Spannendsten, was am Skurrilsten, was am Schönsten? Entscheiden Sie selbst und genießen Sie dieses ganz eigewillige Magazin.


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Verbrauchs- und Emissionswerte: Kraftstoffverbrauch in l/100 km: außerorts 6,9–4,5; Innerorts 11,9–5,9; kombiniert 8,7–4,9; CO2 -Emission in g/km: 199–129; CO2-Effizienzklasse E,C-A. Alle Angaben wurden nach dem Messverfahren RL 80/1268/EWG ermittelt.


Impressum Ob jexts No. 1 / Ma i 2 012

Chefredakteurin Susanne Filter

Director Online Andreas Schüssler

Art Director Dipl.-Des. Elke Rohleder

stellv. Art Director Katharina Heyden Barbara Schork

Art Director Online Johannes van Ponto Frank Fabel

Redaktion Martina Caetano Elisa von Hof

Grafik Sylvia Woelki Margret Hügemann

Textredaktion Kathleen Wünscher

Foto Editor Viviane Offenwanger

Schlussredaktion Heide Frey

Architektur & Design Norman Kietzmann

Kultur Sarah Kirsten

Motion Matthias Arens

Onlineredaktion Christian Wank

Sales Eberhard Kirchhoff

Real Estate Volker de Boer

Autoren Norman Kietzmann, Karen Bofinger, Hannah Bauhoff, Petra Dietz, Shirley Apthorp, Janine Dudenhöffer Helge Sobik, Anna Weber

Kontributoren Yves Marchant & Romain Meffre Matthew Niederhauser, Karen Bofinger, Norman Kietzmann, Markus Meuthen, Olff Appold, Matthias Groppe, Dirk Messner

Fotografen Matthew Niederhauser, Olff Appold, Markus Meuthen, Dirk Messner, Yves Marchant & Romain Meffre, Markus Altmann, Matthias Groppe

Vertrieb Axel Springer Vertriebsservice GmbH Süderstraße 77 D-20097 Hamburg Telefon: + 49 40 34724012

Verlag Koller Holding AG Klotenerstraße 20 CH-8303 Basserdorf

Corporate Manager Matthias Arens Telefon: + 49 30 257607-340 Fax: + 49 30 257607-344 arens@objexts-magazine.ch

Objexts Abo-Service Nithackstr. 7 – Kontorhaus, 10585 Berlin Telefon: + 49 30 257607-340 Fax: + 49 30 257607-344 abo@objexts-magazine.ch

Redaktion Deutschland Nithackstr. 7 – Kontorhaus, 10585 Berlin Telefon: + 49 30 257607-340 Fax: + 49 30 257607-344 info@objexts-magazine.ch

Director Marketing & Sales Matthias Arens Telefon: +49 30 257607-340 Fax: + 49 30 257607-344 sales@objexts-magazine.ch

Druck & Produktion X Media International GmbH, Berlin

Cover-Credits „Passing Cloud“, concept by Tiago Barros The Passing Cloud is an innovative and environmentally friendly method of transportation that doesn’t require expensive steel tracks or concrete highways. It is made of a series of spherical balloons that form the shape of a cloud. Its inner stainless steel structure is covered with heavy weight tensile nylon fabric. During the journey, it moves according to prevailing winds speed and direction at the time of travel. Since it moves with the wind, no wind is ever felt during the trip, offering the passengers a full „floating sensation“.

objexts-magazine.ch Verantwortlich für den redaktionellen Inhalt im Sinne des Presserechts: Susanne Filter. Alle Rechte vorbehalten. Die Zeitschrift sowie alle darin enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Der Export von Objexts und der Vertrieb im Ausland sind nur mit vorheriger Genehmigung statthaft. Für unverlangt eingesandtes Text- und Bildmaterial wird keine Haftung übernommmen.

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Kontributoren Ob jexts No. 1 / Ma i 2 012

Matthias grOPPe Für Matthias Groppe machen die verschiedenen Facetten der Fotografie seinen Beruf immer wieder aufs neue spannend. Nachdem er ein Stipendium der renommierten Magnum Photo Agency in New York erhielt, arbeitet er nun seit mehr als fünfzehn Jahren als Freelancer und wird durch “The Visual Art House” Hamburg vertreten. Für uns hat der kunstaffine Paderborner den berühmtesten deutschen PopArt Künstler Andora in seinem Atelier abgelichtet.

Matthew OLFF niederhauser aPPOLd Je nach Laune ist Matthew Niederhauser Fotojournalist, Künstler, Schriftsteller oder Filmemacher. Nach seinem Studium an der Columbia University und mehreren Reisen zog der asienaffine Philantrop nach China. Er hat schon für die New York Times und National Geographic gearbeitet und behauptet gern von sich er habe ein Auge für das Absurde. In der aktuellen Ausgabe bringt er uns die chinesische Geisterstadt ‘New Ordos’ näher.

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Der Hamburger Fotodesigner ist bekannt dafür, seinen Fotos eine besondere Note zu verleihen. Er entwickelt und gestaltet redaktionelle Beiträge, sowie Produktpräsentationen in der Werbung für starke Marken mit internationalem Anspruch. Für Objexts hat Olff Appold sich sehr gern mit luftigen und duftigen weißen Hemden beschäftigt, die sich ausdrucksstark durch Licht und Raum bewegen. Sein spielerischer Umgang mit Themen ist eine Möglichkeit für ihn neue merkfähige Bilder zu erfinden, die den Betrachter überraschen.

nOrMan KietZMann Norman Kietzmann schreibt seit 2003 als freiberuflicher Journalist über die Themen Architektur, Design und Mode für Publikationen wie BauNetz und die Neue Züricher Zeitung. Er lebt und arbeitet in Mailand. Mit dem renommierten “CORPreis Wohnen und Design” für Nachwuchstalente ausgestattet schreibt er für Objexts über die Geisterstadt New Ordos in China, aber auch über spektakuläre Bauten auf der Mailänder Messe und die traditionsreiche Rosshaarmanufaktur von Daniel Heer.


YVes MarChant & rOMain MeFFre Das pariser Fotografen-Duo hat sich ganz der Ablichtung von Ruinen aus aller Welt verschrieben. Die Magie dieser verfallenen Häuser zu entdecken und deren Zustand zu beobachten bereitet Yves Marchand und Romain Meffre größte Freude. International renommierte Magazine wie die New York Times und Aussteller sind bereits auf sie aufmerksam geworden. Im aktuellen Heft nehmen sie uns mit auf Reisen in die ‘Ruins of Detroit’ und lassen uns an dessen atemberaubender Mystik teilhaben.

MarKus Meuthen Er ist Still Life Fotograf in Hamburg und Düsseldorf und hat bereits Kampagnen für Porsche und Daimler geschossen. Seine Stärke ist der außerordentliche Blick für Lichtsetzung und Positionierung. Für unsere erste Ausgabe hat er faszinierende Landschaften aus Papier gebaut und edlen Schmuck meisterlich in Szene gesetzt. Besonders erwähnenswert ist seine eigene, sowohl gekonnte wie kreative Bildbearbeitung, die er über die Jahre beeindruckend perfektioniert hat.

Karen BOFinger Zu dem Themenrepertoire der freien Journalistin und Autorin aus Berlin gehören Design und Kunst, Reisen und Lifestyle. Sie ist Textchefin der Designzeitschrift “Form - the Making of Design” in Basel gewesen und schreibt unter anderem für die Frankfurter Allgemeine Zeitung und National Geographics Deutschland. Letztes Jahr hat sie das Buch “Wicked! Design on the Edge of Bad Taste” herausgegeben. Im aktuellen Heft berichtet sie für uns über die Zigarrenbank in Genf und den faszinierenden Werkstoff Bambus.

heLge sOBiK 1967 in Lübeck geboren, schreibt seit über zwanzig Jahren vorwiegend Auslandsreportagen aus aller Welt. Seine Beiträge erscheinen u.a. in der Welt am Sonntag, dem Standard in Wien und der SonntagsZeitung in Zürich. Als Autor arbeitet er für Magazine wie Vogue und Icon –und schrieb ebenso für Vanity Fair wie für Park Avenue. Sobik ist für seine Arbeit mehrfach ausgezeichnet worden. Für uns hat er über das Nouvel Louvre in Abu Dhabi berichtet.

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Ne uigkeite n Ob jexts No. 1 / Ma i 2 012

Knallrotes Gummiboot Dieses erstklassige, formvollendete Schlauchboot gibt dem Schlagersong „Er hat ein knallrotes Gummiboot“ eine völlig neue Bedeutung. Es verleiht ihm gar ungeahnte Eleganz, denn das „Sacs – 695 Abarth Tributo Ferrari“ ist ein Flitzer der nicht auf die Straße, sondern ins Wasser gehört. Der sportliche Charakter der Ferrari-Schwester Abarth und das hohe Qualitätsniveau des Mailänder Schlauchbootherstellers Sacs ergaben ein Produkt mit einzigartigem Design und Klasse. Konzipiert ist dieses 104 PS starke Gefährt für jeden, der bezüglich seines Transportmittels zwischen Küste und Yacht weder in Bezug auf Stil noch auf Sportlichkeit Kompromisse eingehen möchte.

Purer Scharfsinn 16

Höchste Präzision begleitet ein Damaststahlmesser aus dem Haus Güde: 300 Lagen eines weichen, elastischen sowie eines extrem harten Stahls werden für die Herstellung der Klinge verwendet. Weitere 50 manuelle Arbeitsgänge folgen, bis der scharfe Kochhelfer einsatzbereit ist. Einmal in der Küche angekommen, bleibt er dort ein Leben lang.


Kunstvoll aufgetaucht

“Nido” nennt sich der federleichte Hocker, für den die Hamburger Designerin Eva Marguerre ein eigenes Produktionsverfahren schuf. In speziell entwickelter Art und Weise werden Glasfasern gewickelt und verbunden und sorgen auf diese Art trotz ihres geringen Gewichtes für Stabilität. Die Leichtgewichte sind durch eine Beschichtung aus Harz lichtund wetterbeständig – und dadurch sind sie

Das Schweizer Traditionsunternehmen Tudor stellte auf der Baselworld 2012 ein neues Uhrenmodell vor: Die Tudor Heritage Black Bay ist von einem 1954 erstmals erschienenen Taucheruhrmodell inspiriert und erfüllt dennoch die stilistischen Ansprüche der heutigen Zeit. Ein leicht gewölbtes Ziffernblatt und Zeiger in Roségold sind eine Hommage an deren Nostalgieaspekte. Das schwarze Ziffernblatt bietet sehr gute Lesbarkeit dank großer Indizes. Die Lünette ist ein Original von Tudor und besticht in der Oberfläche durch mattes Bordeaux. Auch in Bezug auf die Armbänder hat sich Tudor etwas einfallen lassen: Die Heritage Black Bay ist mit einem Armband aus Edelstahl, schwarzem Textil oder gealtertem Leder erhältlich.

Schief gewickelt vielfältig im In- und Outdoorbereich einsetzbar. Für die Stilwerk limited edition design gallery in Hamburg, die ausgewählte Objekte erfolgreicher Designer und Künstler ausstellt, hat Eva Marguerre vier neue Farben entwickelt, die in einer Auflage von 100 Exemplaren pro Farbe dort zu erwerben sind.

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R e s t a u r a n t /A r c h i t e k t u r Ob jexts No. 1 / Ma i 2 012

SNACK MIT AUSBLICK

Europas höchste Steilwand, die Trollwand in Norwegen, versetzt waghalsige Base-Jumper regelmäßig in einen Rausch. Weniger abenteuerlustige Wanderer können in dem erst kürzlich eröffneten „Troll Wall Restaurant“ am Fuße des Felsens den atemberaubenden Panoramablick bei Kaffee und Kuchen genießen. von Yvonne Schippke

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s heißt, wenn man nur genau hinschaut, könne man hier auch verwunschene Trolle beobachten. Im fjordreichen Westen Norwegens befindet sich zwischen dramatischen Felsmassiven und tiefen Schluchten Europas höchste Steilwand. Bis zu 1800 Meter ragt die sogenannte Trollwand (Trollveggen) in die Höhe und gehört zu den gefährlichsten Felsgebilden der Welt. Wahre Adrenalinjunkies lassen sich davon jedoch nicht abschrecken und wagen trotz des gesetzlichen Verbots immer wieder einen Fallschirmsprung in die Tiefe oder testen sich als Kletterer. Das einmalige Naturspektakel lässt sich aber auch ganz ungefährlich genießen. Im östlichen Tal des Gebirgsmassives, dem Romsdal-Tal, haben die Osloer Architekten von Reiulf Ramstad Architekter ein kleines, aber feines Restaurant- und Informationsgebäude errichtet. Die Architekten gewannen 2009 mit ihren Entwürfen, in denen sie auf das Spannungsfeld zwischen Natur und Architektur setzten, den ersten Preis bei der Ausschreibung für das Trollveggen Service-Center. Dank seiner expressiven Formensprache fügt sich das mittlerweile fertiggestellte, moderne Bauwerk harmonisch in die Dramatik der Umgebung ein und ist längst selbst zu einer Sehenswürdigkeit der touristischen Route geworden. Das 700 Quadratmeter große Gebäude besteht aus einem markanten Baukörper, der einfach gehalten ist und in seiner zackigen Dachform die Spitze des Felspanoramas spiegelt. Verkohlte Holzbalken verkleiden die Fassade und erinnern an die traditionelle norwegische Bauweise. Der futuristische gläserne Teil ragt wie ein Kristall in den Himmel und öffnet den Blick zur Trollwand. Entspanntes Ausruhen und Staunen ist hier vorprogrammiert. Beim Anblick der imposanten Trollwand wird der Besucher schnell zum Zuschauer eines faszinierenden Naturschau-

spiels, das man im Sommer auch draußen genießen kann. Denn steigen die Temperaturen über die 10-Grad-Marke, so lockt die vorgelagerte Terrasse zusätzlich mit kleinen Snacktischen. Ähnlich dem kulinarischen Angebot, das vom klassischen Fastfood über einen einfachen Mittagstisch bis hin zu Kaffee und Kuchen reicht, ist auch die Inneneinrichtung des Bistros gehalten. Sachlich und schlicht. Nichts soll von der eigentlichen Attraktion, dem spektakulären Ausblick, ablenken. Moderne Aussichtsplattformen, die im Einklang mit ihrer Umwelt stehen, sind in Norwegen zu einem richtigen Trend geworden. Sie lassen das Land zu einem gelungenen Zusammenspiel aus Natur und Design werden. Und das ist gut so. Mythische Geisterwesen, wie die für Norwegen bekannten Trolle, fühlen sich so schließlich immer noch am wohlsten. visit-trollveggen.com

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Innovation Ob jexts No. 1 / Ma i 2 012

Fake it easy Der „Best Faking It Award“ gehört wohl zu den ungewöhnlichsten Preisen, die man in der Designbranche erlangen kann. Der Preis wurde dieses Jahr schon zum achten Mal an die Cremè de la Cremè des „Fakings“ verliehen. Die fröhlichen Fälschereien beziehen sich jedoch keinesfalls auf Plagiate, sondern auf die Natur. Der „Best Faking It Award“ ist eine der Kategorien, die bei den Wallpaper Design Awards ausgezeichnet werden. Zu den diesjährigen Gewinnern gehören Cerruti Baleri und Tal Lancman mit dem Sparta Chair, einem Marmorsessel ohne Marmor, und dem Tattoo Cactus, einem Sitzkissen, das aber nicht sticht. www.cerrutibaleri.com

Spieglein, Spieglein

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Falls Sie schon immer davon geträumt haben, eine naturgetreue Replik ihres Gesichts in 3D zu besitzen, dann ist jetzt die Zeit dafür gekommen. Die japanische Firma REAL-f druckt 3D-Kopien menschlicher Gesichter auf Masken oder Plastikköpfe und das Ergebnis ist derart präzise, dass man das Gefühl hat, man blickt in einen Spiegel. Was bleibt, ist die Tatsache, dass sowohl Iris als auch Blutgefäße unbehaart sind, also nicht in doppeltem Sinne haargenau abgebildet werden können. www real-f.jp


Haushalt der Zukunft Mit „Microbial Home“ haben die Designer von Philips ein häusliches Ökosystem für das private Umfeld geschaffen. Mehrere miteinander verbundene Kompostierstationen filtern und prozessieren die Abfälle des Menschen und verarbeiten sie zu fast allem, was wir existentiell brauchen: Licht, Brennstoff und Nahrung. Was diese Küche alles kann, lässt das futuristische, von RetroElementen inspirierte Design nicht erahnen. Doch in diesen wohlgeformten Küchenmöbeln steckt mehr. „Microbial Home“ heißt das Projekt von „Design Probes“, eine Art Spielplatz für die Designer und Kreativen der Elektronikmarke Philips. Denn hier sind den Ideen und Konzeptionen zum Thema Ressourcenknappheit und Nachhaltigkeit keine Grenzen gesetzt. Mit insgesamt sieben Entwürfen zeigen die Designer, wie sich zuhause Rohstoffkreisläufe sinnvoll realisieren lassen. Das Herz der modernen Küche ist auch hier die Kücheninsel.

Sie fungiert allerdings als kleines Bio-Kraftwerk und ist zugleich der Dreh- und Angelpunkt der einzelnen Systeme. Durch entstehende Bio-Abfälle wie Obst und Gemüse wird Methan-Gas erzeugt, welches wiederum in Strom zur Eigennutzung umgewandelt wird. Ein weiteres Highlight ist der Esstisch, der gleichzeitig als Speisekammer fungiert und frische Lebensmittel durch ein natürliches Lagerverfahren länger haltbar macht. Der Clou und fast Zauberei: Der formschöne Paternoster, der eher wie ein dekoratives Schränkchen aussieht, verwandelt Kunststoffabfälle unter Einwirkung von Licht und Sauerstoff in schmackhafte Pilze. Wenn Wohnen in der Zukunft so umweltschonend ist und dabei auch noch so unverschämt gut aussieht, wollen wir mehr davon. Ökotechnik, die so wenig öko aussieht, wird auch designaffine Köche begeistern. www.design.philips.com

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Shop-Architektur Ob jexts No. 1 / Ma i 2 012

Backstube mit Wellengang In Melbourne hat das australische Architekturbüro March Studio eine kleine Bäckerei zum gestalterischen Hot-Spot der Stadt gemacht. Der Grund: Wie ein mäandernder Schlund setzt die „Baker D. Chirico“ auf dynamischen Schwung. von Norman Kietzmann 22


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in Brot muss schon einiges über sich ergehen lassen. Erst wird sein Teig geknetet, gerollt, geschlagen und bei brütender Hitze im Ofen gebacken. Auch dem fertigen Brot wird keine Pause gegönnt und sogleich ein Platz hinter der Ladentheke eingeräumt. Mit Zacken besetzte Messer tun ihr Übriges und zerschneiden die frischen Laibe in grobe Stücke und feine Scheiben, bis sie mit den Zähnen voran verschlungen werden. Mit anderen Worten: Ein Brot ist ständig in Veränderung und darf nur selten in der Form verharren, in der es sich gerade ausbreitet. Am anderen Ende der Welt erzählt eine Bäckerei in Melbourne von eben jenem transformatorischen Prozess, den das Brot seit jeher durchlebt. Wie im geöffneten Schlund eines Walfischs spannen sich hölzerne Rippen hinter der lang gestreckten Theke der „Baker D Chirico“ bis zur Decke hinauf. Anstatt die frisch gebackenen Laibe in ein Raster rechtwinkliger Regale einzupferchen und damit ihre Gestalt für unverrückbar zu erklären, wurden die Ablagen mit dynamischem Wellenschlag optisch in Bewegung versetzt. Wie in einem mäandernden Setzkasten werden Brote, Brötchen, Baguettes und feine Gebäcksorten nach ihrer Größe in den unterschiedlich dimensionierten Ablagen einsortiert. Die Farbe des Sperrholzes, das von computergesteuerten CNC-Maschinen in sei-

ne fließenden Konturen geschnitten wurde, korrespondiert mit der Oberfläche der Brote und erzeugt einen warmen, fast intimen Raumeindruck. Entworfen wurde die Bäckerei vom jungen Architekturbüro March Studio aus Melbourne, das sich vor allem mit seinen innovativen Shopkonzepten für die australische Kosmetikmarke Aesop international einen Namen gemacht hat. Selbst die Theke dient mehr als der reinen Präsentation der Backwaren und setzt mit ihrer kubischen Gestalt einen wohltuenden Ruhepol gegenüber der rhythmisch tanzenden Rückwand. Mit ihrer holzbeplankten Oberfläche, in die eine elektronische Waage, eine Kasse sowie Krümelbleche und Messerhalter integriert wurden, fungiert sie als ein übergroßes Schneidebrett. Dass diesem durch die Klingen dauerhaft zugesetzt wird, ist Teil des Konzepts. Die Theke vermag auf diese Weise nicht nur eine würdevolle Patina anzunehmen, sondern ebenso ihre klaren Kanten zugunsten zunehmend weicherer Konturen eintauschen. 23


Design Ob jexts No. 1 / Ma i 2 012

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war in der Zauberschule des Designs nicht nur erlaubt. Es wurde sogar mit eiserner Disziplin verlangt. Nur wenige Monate nach ihrem Abschluss sorgte sie mit ihrem „Kiki Carpet“ 2001 für Aufsehen. In einer selbst entwickelten Technik wurde das Motiv einer roten Rose auf einen Teppich übertragen, der an eine stark vergrößerte Stickerei erinnerte. Die grobe Auflösung der Rose erweckte Assoziationen an digitale Pixel und kontrastierte mit ihrer betont handwerklichen Herstellung. „Mein Respekt gilt alter Ikonografie und Qualität, die ich mit einer starken persönlichen Note neu gestalte“, erklärt die 33-jährige Designerin, die traditionelle Herstellungsmethoden mit ihren Arbeiten in die Gegenwart übersetzt. Dem Prozess des Webens und Knüpfens ist Kiki van Eijk auch weiterhin treu geblieben und macht dabei selbst vor Möbeln und anderen Dingen des Alltags nicht halt. „Floating Frames“ heißt die Kollektion, für die sie 2010 eine Leuchte, einen Kerzenhalter und eine „Großmutteruhr“ aus golden glänzenden Messingdrähten formte. Statt die Gestalt historischer Vorbilder zu imitieren, griff sie lediglich deren Konturen auf und wickelte sie aus Draht. Ihre Objekte wirken auf diese Weise nicht nur leicht und filigran. Sie sind ebenso von einer Weichheit, als würden sie jeden Moment zu einem Wollknäuel in sich zusammen sinken. In der Mailänder Galerie Plus Design stellte Kiki van Eijk Mitte Februar die Teppichkollektion „Wallhangings“ vor, die – der Name deutet es bereits an – nicht am Boden, sondern an der Wand betrachtet werden. In einer speziellen Knüpftechnik wurden Bananen-, Bambus-, Seiden- und Leinenfasern zu großformatigen Blumen und abstrahierten Darstellungen von Wohnhäusern verbunden. Für Kiki van Eijk liegt darin zugleich der rote Faden in ihrer Arbeit: Das Zuhause in eine andere Welt zu transformieren, deren Namen sie ihrer eigenen Homepage bereits gegeben hat: „Kikiworld“. ie niederländische Designerin Kiki van Eijk hat nicht nur der Gestaltung von Teppichen wieder frischen Wind verpasst. Den Prozess des Webens und Knüpfens übersetzt die 33-Jährige ebenso in phantasievolle Möbel und Objekte des Alltags. Kiki van Eijk lebt in ihrer eigenen Welt. Kein Wunder, könnte man meinen, schließlich bezeichnet die niederländische Designerin noch immer „Alice im Wunderland“ als ihr Lieblingsbuch. Doch anstatt sich in die Literatur zu flüchten, wie sie es als Kind nur allzu oft getan hat, geht sie heute den umgekehrten Weg. Mit ihren verspielten, farbenfrohen Entwürfen, die sie aus dem Hut zaubert, wie ein Magier sein weißes Kaninchen, macht sie die Welt zu ihrer Welt – Kikis Welt. Dass die Grenze zwischen Fantasie und Wirklichkeit in ihrer Arbeit verschwimmt, kommt nicht von ungefähr. Schließlich absolvierte Kiki van Eijk ihr Studium an der Design Academy Eindhoven, die unter der Leitung der Trendexpertin Li Edelkoort in den neunziger Jahren zur Kaderschmiede für limitierte Editionen wurde. Träumen


Verwobene Traditionen


Au sstel l u n ge n Ob jexts No. 1 / Ma i 2 012

Liebeserklärung an einen Künstler

Zu Ehren von Gerhard Richter zeigen die neue Nationalgalerie Berlin und der „me Collectors Room“ zu seinem 80. Geburtstag zwei große Ausstellungen. Die Retrospektive „Gerhard Richter: Panorama“ und „Editionen 1965–2011“ geben bis zum 13. Mai Einblicke in das für Richters Schaffen typische Zwiegespräch zwischen Abstraktion und Figuration. Die Gemälde, die etappenweise sein Lebenswerk porträtieren und einen umfassenden Einblick in die große Bandbreite seiner Kunst bieten, wurden in Zusammenarbeit mit dem Künstler ausgewählt. Der sehr medienscheue Richter gilt als einer der bedeutendsten und einflussreichsten Künstler der Gegenwart. Mehr als 100.000 Besucher haben seine Ausstellung schon besucht, daher wurden nun auch die Öffnungszeiten verlängert.

FENStER ZuR SEELE

„Die Betrachtung eines Gemädels ist wie ein Blick aus dem Fenster“ schrieb Leon Battista Alberti schon im Jahr 1435. Seit Jahrhunderten gehört das Fenster zu den besonders beliebten Motiven der Kunst. Es kennzeichnet die Schwelle zwischen Innen- und Außenwelt und wird durch unsere mediale Fixierung mehr und mehr in den Hintergrund gedrängt – durch Bildschirme ersetzt. Die Ausstellung „Fresh Widow. Fensterbilder seit Matisse und Duchamp“soll diesen Aspekt in Erinnerung rufen und stellvertretend die Vielfalt und Verschiedenartigkeit von Fenstern aufzeigen. Vom 31.3. bis zum 12.8. sind Einblicke und Ausblicke in der Kunsthalle in Düsseldorf zu sehen. Die Ausstellung umfasst ca. 100 spannende Gemälde, Zeichnungen, Objekte, Skulpturen, Fotografien und Projektionen von Magritte bis Olafur Eliasson. 26


Framework „Framework“ so nennt sich die Ausstellung der Deutsch-Iranerin Bettina Pousttchi, die ab dem 19. April in der Schirn zu besichtigen ist. Die Künstlerin hat eigens für die Fassade der Kunsthalle ein Konzept realisiert, welches die Fassaden zweier Fachwerkhäuser vom nahegelegenen „Römer“ aus dem ursprünglichen Zusammenhang heraus nimmt und als rhythmisches Ornament an der Schirn-Fassade in neuem Kontext erlebbar gemacht. Die einen Quadratmeter messenden Module ermöglichen eine enorme Vielfalt in der ornamentalen Neukombination. Pousttchi setzt sich in ihren Arbeiten mit Architektur sowie deren historischem und urbanem Umfeld auseinander. Ihre monumentalen Fotoinstallationen sollen das traditionelle Verständnis von Fotografie erweitern und die Frage nach dem Umgang mit dem urbanen Raum thematisieren. Erinnerung und zeitliche Dimension von Architektur sind dabei ein wichtiger Teilaspekt.

Traumwelt unter Wasser Moderne Fotografie kann von nun an nicht nur in Galerien in aller Welt bestaunt werden, sondern auch an wahrlich unerwarteten Orten – wie unter See. Inspiriert zu dieser einzigartigen Idee wurde Andreas Frank, Profifotograf und passionierter Taucher, durch einen Tauchgang im Florida Keys National Marine Sanctuary. Fasziniert von der versenkten Vandenberg hatte er die Eingebung, die leere Bühne des Schiffes mit surrealen Szenen zu beleben. Um die außergewöhnliche Ausstellung namens „The Vandenberg: Life Below The Surface“ besichtigen zu können, müssen Besucher 28 m tief tauchen. Die zwölf digital bearbeiten Fotografien, welche Alltagsszenen auf das Schiffwrack verlegen, ergeben zusammen mit der Unterwasserwelt eine Symbiose von Wahrheit und Unwirklichkeit. Die Besucher werden in eine völlig andere, Ihnen bisher unbekannte Welt entführt. Weitere Informationen unter www.the-vandenberg.com 2

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März 2OI2

No 22

Die LANGE ZEITWERK verlieh der mechanischen Uhr ein neues Gesicht. Das kann man jetzt auch hören.

Das Magazin über Menschen und Marken

TOKIO Der Big in Japan

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LANGE ZEITWERK STRIKING TIME – sind sie noch einen Schritt weiter gegangen. Denn diese Uhr lässt die Zeit auch hörbar verstreichen. Zu jeder Viertelstunde erzeugt ihr Schlagwerk einen hellen und zu jeder vollen Stunde einen tieferen Ton. Ihre Tonfedern haben die Meister von Lange exakt im Abstand einer großen Terz gestimmt.

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März 20i 2

Mit der LANGE ZEITWERK haben sich die Meisteruhrmacher von A. Lange & Söhne einer besonderen Herausforderung gestellt. Nie zuvor gab es eine mechanische Armbanduhr mit patentiertem Nachspannwerk, die Stunden und Minuten über eine exakt schaltende, digitale Anzeige präsentierte. Bei ihrem jüngsten Entwurf – der

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01.02.2012 14:52:35 Uhr

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Motion Ob jexts No. 1 / Ma i 2 012

Lancia

Thema sich Festplatten- Satellitennavigationssystem und Zweizonenklimaanlage bequem steuern. Der „Thema“ überzeugt zudem durch einen Durchschnittsverbrauch von 9,4 Litern sowie einer höchstgeschwindigkeit von 240 km/h und beschleunigt in 7,7 Sekunden aus dem Stand auf ein Tempo von 100 km/h. auch Sicherheit wird bei dem neuen italienischen Lancia modell groß geschrieben: Bi-Xenon Scheinwerfer mit SmartBeam-Funktion schalten abhängig von Verkehr und Umgebungslicht automatisch von Fernlicht auf abblendlicht, eine Rückfahrkamera projeziert den Bereich hinter dem Fahrzeug auf einen 21,3 Zentimeter großen Bildschirm auf dem amaturenbrett und das Bremssystem ist so fein programmiert, dass es schon beim Loslassen des Gaspedals in Bereitschaft versetzt wird und die Bremsbeläge bei nasser Fahrbahn leicht an die Bremsscheiben legt. eine Limousine bei der Preis und Leistung stimmen.

Go Fast

Der neue Lancia „Thema“, eine klassische Limousine, ist das Flagschiff der italienischen avantgardemarke. ausgestattet mit einem Sechszylindermotor, ZF-automatikgetriebe mit acht Gängen sowie hinterradantrieb ist der „Thema“ eine Neuauflage seines Vorgängermodells aus dem Jahr 1984. Gemeinsam mit Chrysler entwickelt, vereint diese Limousine amerikanische Funktionalität mit italienischem Stil. Der Lancia „Thema“ bietet außerdem edlen Komfort im Innenraum und wartet mit der Verarbeitung exklusiver materialien, wie Leder und einer mittelkonsole in Naturholzoptik auf. ein besonderes highlight sind jedoch die Sitze, welche mit neuem aufbau über eine eigene Federung und eine vierstufige Lendenwirbelstütze verfügen. Die Insassen werden durch geräuschdämmende elemente, Zweifachverglasung und dreifach ausgeführten Türdichtungen mit einem hohen akkustikkomfort verwöhnt. Über einen 8.4 Zoll großen Touchscreen-Bildschirm lassen

Schnell, schneller, e-Bike. Die durch kleine motoren unterstützten Bikes sind derzeit die Renner der Fahrradbranche. Selbst untrainierte Radfahrer machen eine sportliche Figur und das bei jeder Geschwindigkeit und Distanz. Der US-amerikanische hersteller Specialized stellte vor Kurzem seine neueste high-tech Revolution mit dem bezeichnenden Namen „Turbo“ vor. ein Bike, das dank des integrierten bürstenlosen elektromotors eine höchstgeschwindigkeit von 45km/h erreichen kann. auch wenn dieses rasante Gefährt in seinem Produktionsland nicht erlaubt ist, verspricht es auf dem deutschen markt ein großer erfolg zu werden. turbo.specialized.com 29


Material Ob jexts No. 1 / Ma i 2 012

Durchblick

Wenn man vom Werkstoff Beton spricht, denkt man zwangsläufig an ein Gemisch aus Zement und Gestein in Kombination mit Wasser, das zu einem steinharten Material erstarrt. Lichtbeton ist ein neues Material das zur Zeit die Baustoffbranche revolutioniert und das Gegenteil beweisen möchte. Dass Feinbeton nun lichtdurchlässig und gleichzeitig wasserundurchlässig ist, ist dem österreichischen Unternehmen “LUCCON” zu verdanken. Nicht Löcher sondern sogenannte Lichtwellenreiter werden schichtweise in die Feinbetonblöcke eingearbeitet und bewirken Zauberhaftes. Lichtbeton ist in allen erdenklichen Formen, Dichten, Größen und Farben erhältlich und setzt somit der Phantasie kaum noch Grenzen. Neben architektonischen Elementen für den Innen- und Außenreich beeindruckt Lichtbeton außerdem als Kunstwerk.

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In Beton gegossen Die Zeiten trister Spaziergänge durch den Regen sind gezählt. Denn Susanne Happle kam die Idee zu ‘Solid Poetry’ bei eben solchem, als sie auf einer nassen Fahrbahn Blätter sah die weggeblasen wurden und ein Muster hinterließen. ‘Solid Poetry’ bezeichnet einen Beton der bei trockenem Wetter in trostlosem grau wie ein normaler Boden erscheint, bei Berührung mit Wasser jedoch ein verborgenes Muster offenbart und einen monotonen Gehweg in einen ornamentalen Teppich verwandelt. Der Baustoff kann für große und kleine Installationen verwendet werden, wie einem Badezimmer oder dem Vorplatz der Design Academy in Eindhoven. Das Studio Molen arbeitet derzeit auch an einem neuen Projekt namens ‘Concrete Lab’ in dem eine Reihe von Objekten für den Garten realisiert werden sollen. Der Werkstoff Beton hat wohl nicht nur eine funktionale sondern auch eine poetische Zukunft.

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Kunst Ob jexts No. 1 / Ma i 2 012

Frisch gepoolt

Dass Swimmingpools nicht nur zum Schwimmen da sind, zeigten in den letzten Monaten gleich zwei Kunstprojekte

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Artist + Concept: D*Face; Filming + Editing: Peter King; Photography: MRZ; Skaters: Steve Alba, Ozzie Ausband, Kevin Burke, Dave Ruel, Triatain Rennie

D

ie Skateboardcrew um Graffitikünstler D*Face und die holländischen Künstler Miktor & Molf verwandelten zwei Pools in Pipelines. Der englische Graffitisprayer D*Face suchte nach einer Möglichkeit, seine beiden großen Leidenschaften, Skateboarden und Sprayen, zu kombinieren. Inspiration zu diesem Projekt erhielt er im Vorfeld von Skateboardern, die während des Skatens mit Fackeln Leuchtspuren hinter sich herzogen und ihre Skatepfade so sichtbar werden ließen. D*Face jedoch hatte mehr im Sinn: Die Wege der Skater sollten für die Ewigkeit auf ein Objekt gebrannt werden. Um dieses Projekt zu realisieren, erfand er eine spezielle, besonders robuste Spraydosen-

halterung, welche unter das Skateboard montiert wurde und über die mit Hilfe eines Schalters die Farbabgabe geregelt werden konnte. Als Pipeline für das Graffitiprojekt diente ein leerer Swimmingpool, in dem die Skateboarder ihre farbigen Bahnen zogen. So wurden Skateboarder zu Künstlern und schufen eine Skulptur, welche zum Sinnbild für die beim Skaten entstehende Energie wurde. Auch die holländischen Künstler und leidenschaftlichen Skater Miktor & Molf hatten den Traum eines Skateboardpools. Mittels Crowdfunding finanzierten sie den Bau ihres bohnenförmigen Pools und schufen ein Statement für die schwule Öffentlichkeit Hollands. www.dface.co.uk

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Interior Ob jexts No. 1 / Ma i 2 012

Überfliegender Teppich

Ob in arabischen Königshäusern, im New Yorker Penthouse von Rupert Murdoch, in der Villa von Rockstar Anthony Kiedis, den privaten Suiten des Four Seasons in Kairo oder in den Showrooms bedeutender Pariser Modelabels – überall sind die Arbeiten von Jan Kath zu finden. Der vielfach ausgezeichnete Teppichdesigner selbst bleibt jedoch auf dem Teppich und sagt: „Man kann auch cool sein, ohne kalte Füße zu haben!.“ Ohne jegliche Berührungsängste modifiziert er den klassischen Perserteppich und haucht ihm durch zeitgenössisches, minimalistisches Design neues Leben ein. Als Nachfahre dritter Generation einer TeppichhändlerFamilie hat er schon als kleiner Junge mit seinem Vater die Teppichmanufakturen der ganzen Welt bereist. Diese Reisen bildeten die Grundlage seiner innovativen Entwürfe und seiner unverkennbaren Handschrift. Jan Kaths Teppiche sind eini-Tüpfelchen, dass in coolem Interieur wahre Wunder wirkt. Selbst hochpolierte Betonböden in klinisch durchgestylten Wohnungen wirken mit Kaths Teppichen absolut wohnlich.

Ein Hoch auf die Nachbarschaft 34


Barlas Baylar, Chefdesigner des renommierten Möbelhauses „Hudson Furniture Collection“ und das Haus Alexander McQueen haben gezeigt wie man gebührend auf gute Nachbarschaft anstößt. Sie feiern eine ungewöhnliche Art der kreativen Zusammenarbeit, indem sie ihre Kreationen gemeinsam in kunstvollem Ambiente präsentieren. Im angesagten Meatpacking District in New York werden die innovativen Kollektionen beider Talente in derartig inszenierter Harmonie gezeigt, dass insbesondere das Zusammenspiel z.B. eines Couture Kleides von McQueen, neben den skulpturalen Möbelkreationen Barlas Bayars, eine neue Bildhaftigkeit entwickelt.

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Kunst Ob jexts No. 1 / Ma i 2 012

Starker Auftritt Heike Weber verwischt die Grenzen zwischen Malerei, Zeichnung und Skulptur – und kreiiert eine virtuelle Realität

Kunstwerk Kilim aus Silikon

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D

ie deutsche Künstlerin Heike Weber kreiert ornamentale Bodenarbeiten aus Silikon und expansive Wand- und Bodenzeichnungen, mit denen sie feste Raumstrukturen auflöst und scheinbare Widersprüche verknüpft. Die 1962 in Siegen geborene Künstlerin war bereits vielfach in Einzel- und Gruppenausstellungen präsent und erhielt zahlreiche Kunststipendien und Auszeichnungen. Mit ihren Wand- und Bodenmalereien durchbricht Heike Weber die Grenzen zwischen Realität und Illusion und versetzt den Betrachter in einen Schwebezustand, entzieht ihm quasi den Boden unter den Füßen. Auf diese Weise wird der Besucher direkt in das Kunstwerk mit eingebunden und erfährt durch die schwankenden Böden seine eigenen Präsenz auf eine neue Art. Die Wirkung der imposanten Zeichnung hängt von Bewegung und Perspektive des Betrachters ab, variiert daher individuell und lässt Zeit sowie Bewegung physisch und mental erfahrbar werden. Mit Hilfe von Permanentmakern überträgt die Künstlerin ihre Zeichnungen großflächig auf Fußböden und Wände. Zu se-

Illusionskunst: Utopia

hen waren ihre raumfüllenden Gemälde bereits in der Gerisch-Stiftung in Neumünster, im Kunstraum München und in der Rasche Ripken Gallerie in Berlin. Auch mit ihren Silikonbodenarbeiten verwischt Heike Weber die Grenzen zwischen Malerei, Zeichnung und Skulptur. Sie verwendet bei der Herstellung ihrer “Silikon-Teppiche” handelsübliches Silikon, ein günstiges Industriematerial, und richtet jedes Detail ihrer Arbeiten einzeln aus. Durch ornamentale Verschlingungen und florale Motive entsteht eine kostbare, edle Wirkung. Der Betrachter wird eingeladen, in das SilikonLabyrinth einzutauchen und sich in deren zarter Zerbrechlichkeit zu verlieren. Der besondere Reiz dieser Objekte entsteht durch starke Kontraste. Weißes Silikon trifft auf schwarze Untergründe. Günstiges, simples Silikon lässt den Eindruck hochwertiger Teppiche real werden. Auch wenn die Silikonmalereien Teppichen ähneln, betreten können Besucher die originellen Bodenskulpturen leider nicht. Kunstinteressierte konnten Heike Webers Silikonkunstwerke bereits in der CAP Cologne, im Lehmbruckmusuem Duisburg und in der Gerisch Stiftung in Neumünster bewundern.

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Design Ob jexts No. 1 / Ma i 2 012

Stil ikone

tischlein deck dich Der Name „Piet Hein Eek“ steht für Originalität und Exklusivität, seine Kreationen sind oft nur in geringer Stückzahl erhältlich und waren schon im MoMA in New York zu sehen. Für Kunstliebhaber auf der Suche nach einem Original ist ein Stück von Piet Hein Eek unumgänglich. Die Untertassen aus weißem Keramik sind eines der Highlights seiner Geschirrlinie und verleihen einer schön gedeckten Tafel einzigartige Ästhetik.

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Die Leuchte „Twiggy“ aus dem Traditionshaus Foscarini überzeugt durch ihr schlichtes, elegantes Design. Die raffinierte Gestaltung und die starke Flexibilität ihrer Linien erzeugen eine starke Strahlkraft, die der Lampe Leichtigkeit und Anmut verleiht. „Twiggy“wurde von dem Designer Marc Sadler entworfen und trägt nicht nur den Namen einer der größten Stilikonen der 60er Jahre, sondern erinnert auch mit ihrem Design an die Individualität dieses Jahrzehnts.


mit allen Wassern gewaschen Der erste Entwurf des barock anmutenden Sessels „Magis Proust“ stammt aus der Feder des Designers Allessandro Mendini aus dem Jahr 1978. Die Firma Magis hat den Sessel nun zusammen mit dem Designer re-designed und bietet ihn in allerlei Farbvarianten an. Das Besondere dieses Sessels: Er besteht aus dem ungewöhnlichen Material Polyäthylen und ist wetterfest, sodass er auch auf der Terrasse und im Garten platziert werden kann.

Vitamin bomber Die Obstschale aus weißem Edelstahl des italienischen Designunternehmens Alessi ist ein zarter Frühlingsbote auf jedem Tisch. Durch ihr florales Muster versprüht sie vorsommerlichen Charme und bereitet Lust auf höhere Temperaturen und Sonnenschein.

Under my Umbrella

Der Sonnenschirm “Shanghai” spendet nicht nur Schatten, sondern schützt auch vor plötzlichem Sommerregen. Das Aluminiummodell des Schirmherstellers “Doppler” verleiht jedem Garten asiatisches Flair und ist mit einer praktischen Kurbel ausgestattet, mit welcher er sich schnell auf und zu spannen lässt. Die Firma “Doppler” produziert bereits seit 1947 Qualitätsschirme aller Art und legt mit ihrer Sonnenschirmserie besonderen Wert auf den Schutz vor intensiver UV-Strahlung. 39


Design Ob jexts No. 1 / Ma i 2 012

alles nur Fassade T

apeten geben jedem Raum einen individuellen Touch. Und vor allem gef端llte B端cherregale haben einen besonderen Charme. Dieser Tatsachen waren sich auch die Designer des britischen Studios Young & Battaglia bewusst und haben f端r Mineheart eine Tapete kreiert, die beides kann. Die Tapeten, die eine Br端cke zwischen Kunst und Massenware bilden, werden in kleinen Chargen in britischen Manufakturen hergestellt und auf feinstem matten Papier gedruckt.

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Betten Kommoden Raumtrenner Regalsysteme Schr채nke

bookless www.interluebke.com

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Real Estate Development Ob jexts No. 1 / Ma i 2 012

Mr. Universum

Es gibt Real Estate Projekte, die werden größer als ihre Vision; und Männer, die das Selbstvertrauen haben, diese zu verwirklichen.

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Renderings/Architektur Langhof Berlin

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as macht einen Mann aus, der ganze Städte projektiert? Dominique Bouillon ist einer dieser Männer. Mittlerweile über 60 Jahre alt, kommt die Idee sich zur Ruhe zu setzen, in seinem Gedankengut gar nicht vor. Der innere Motor, Energie und Esprit, das lässt sich nicht erlernen. Interessant wird es immer dann, wenn erlerntes Wissen auf geballte Energie und Mut trifft. Dominique wurde in Frankreich geboren und erlernte auf Initiative des Vaters, durch dessen befreundeten Russischlehrer die russische Sprache. Sprachen interessierten ihn schon immer und das nicht zu seinem Nachteil. Denn nach seinem Bauingenieurs- und Architekturstudium entwickelte er sehr rasch enge Kontakte durch seine sprachliche Qualifikation und erbaute bereits im Alter von 28 bis 32 Jahren Hotels und Projekte mit gigantischen Ausmaßen. Danach folgten zahlreiche Großprojekte, von denen die meisten das alltägliche Umfeld vieler Menschen intensiv geprägt haben. Aktuell projektiert der Stararchitekt Dominique Bouillon „The Prussian Village“ in Kaleningrad. Die Geschichte dieses Projekts wurde 2006/2007 durch Putin angestoßen. Das überplante Areal sprengt viele Dimensionen und inspirierte Dominique gleichermaßen zu großen Visionen. Aber auch Visionäre brauchen Menschen, die ihre Ideen umsetzen. Bei diesem Projekt ist es das bekannte Berliner Architekturbüro Langhof. „Real Estate Development macht man nicht um des Geldes Willen,“ so der erfolgreiche Projektierer, „die eigentliche Motivation ist die Neuerschaffung städtischen Lebensraums mit großem Potenzial zur positiven Veränderung für viele Menschen“. „The Prussian Village“ ist Bouillons größtes Projekt und scheint alles in sich zu vereinen, um erfolgreich realisiert werden zu können. Die Lage der „Amber Coast“, nur 35 km entfernt von Kaleningrad, dem früheren Königsberg, mit weißen Traumstränden, dem größten Bernsteinvorkommen und zwei Mineralwasserquellen sind aber nicht die einzigen „Goldfaktoren“. Ein Spa von 17.000 m2 Größe mit angeschlossener Klinik, mehreren Hotels mit über 2.000 Zimmern sowie einem Amphitheater mit 5.000 Plätzen, lassen uns die unglaublichen Dimensionen dieser Vision erahnen. Auch das Einkaufszentrum wird mit 40.000 Quadratmetern nahezu 4 Mal so groß sein, wie das bereits in Kaliningrad Existierende. Dominique Bouillon erkannte diese exzellenten Standortfaktoren und entschloss sich mit großem Unternehmermut das Grundstück, oder sollte man sagen den Landstrich, zu erwerben. Nicht weit vom „Prussian Village“ besitzt Putin eine Residenz, was die Attraktivität, bzw. den Augenmerk der russischen Regierung auf dieses Mega Projekt eher schärft. Das Augenmerk der Regierung ist für derartige Projekte von großer Bedeutung, da eine gute Infrastruktur wie z.B. der 15 min entfernte Flughafen nur vom Staat gewährleistet werden kann. Wer denkt, dieses Projekt sei ausschließlich für Millionäre, der irrt. Angesprochen wird in erster Linie die russische Mittelschicht aber auch ausländische Interessenten. Ebenso spricht für den erfolgreichen Ausbau, dass die „Amber Coast“ eine Destination für Zocker und Glücksritter sein wird, da nur 4 Regionen in ganz Russland eine Legitimation zum Glücksspiel besitzen. Kaleningrad ist eine aus dem Quartett. Zur Fußball WM 2018 wird direkt neben dem „Prussian Village“ ein großes Stadion mit urbanem Umfeld gebaut. Den Auftrag für dieses Stadion, ebenso wie den neu zu erbauenden Seehafen erhielt kein anderer, als Dominique Bouillon.


Foto von Matthias Groppe

„Ich mache mit meinen Konzepten nur Angebote, es gibt keine Fremdbestimmung. Eine Stadt entwickelt sich durch ihre Bewohner, und das ist gut so.“ Dominique Bouillon

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L i festyl e Ob jexts No. 1 / Ma i 2 012

Tabaktresor

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Viele Prominente und Liebhaber des blauen Dunstes gönnen sich gelegentlich den Genuss einer Zigarre

würde man es mit „Produkte für den Mund“ übersetzen. Gemeint sind Gaumenfreuden wie Champagner, Foie Gras, Kaviar oder Wein. Und wie Wein werden auch manche Zigarren mit dem Alter immer besser, reifen und erhalten ein ausgewogeneres Aroma. Die milden haben dabei ein geringeres Reifepotenzial als kräftigere Zigarren: Während Experten zufolge etwa eine dominikanische Casa Blanca Corona ihr Aroma nach 3 Jahren Lagerzeit verloren hat, fängt das einer Partagas Serie D Nr. 4 dann erst richtig an, sich zu entwickeln – aber eben nur bei perfekter Lagerung. In den 750 Fächern von Gérards Zigarrenbank herrschen optimale 18 Grad Celsius und eine Luftfeuchtigkeit von 70 Prozent, stetig kontrolliert von Die Feinde der Zigarre sind zahlreich. Mal ganz abgesehen von Nichtrauchern – Schimmel, Milben, Tabakkäfer können sie befallen, und selbst jenseits solcher Schrecken gilt: Das gerühmte Aroma ist bei falscher Lagerung schnell perdu. Ist diese etwa zu trocken, werden die Zigarren brüchig, bitter und brennen zu schnell ab. Laien können also viel falsch machen, und so echte Werte vernichten – kosten gute Zigarren doch durchaus einmal 60 Euro pro Stück. Aficionados, die sich nicht selbst mit komplexen Fragen rund um Humidore und Echthaarhygrometer auseinandersetzen wollen, lassen ihre Zigarren daher einfach in der Obhut von Gérard Père et Fils in Genf. Seit knapp zwölf Jahren bietet der renommierte Zigarrenhändler seinen Kunden einen einzigartigen Service: Die „Private Bank of Cigars“, einen Tresor für den Genuss. Innovativ war man hier schon immer: Bei seiner Gründung 1960 war der Laden der einzige weltweit, der sich auf handgemachte Zigarren spezialisiert hatte. Heute residiert er im Erdgeschoss des Grand Hotel Kempinski, Quai du Mont Blanc 19, direkt am Ufer des Genfer Sees. Inhaber Vahe Gérard – der „fils“ im Firmennamen – zählt die Zigarre zu den „produits du bouche“, was auf Französisch viel wahrer und wertvoller klingt, als

Gérard glänzt nicht nur durch Qualität, sondern auch durch außergewöhnlich schöne Verpackungen

Spezialisten. Hier sind die Rauchwaren sicher, Lieblingsjahrgänge können gehortet werden und Vintage-Zigarren reifen in Ruhe. Der Service ist kostenlos, und verspürt der Connaisseur Lust, eine oder zwei zu rauchen, werden ihm seine Schätze innerhalb von 24 Stunden zugestellt. Kunden weltweit wissen das zu schätzen, für die Fächer existiert sogar eine Warteliste. Gerüchte, dass auch Arnold Schwarzenegger hier seine Lieblingszigarren lagere, werden von Gérard übrigens nicht kommentiert. Verschwiegenheit ist eben oberstes Gebot bei Schweizer Banken. www.gerard-pere-et-fils.com 45


Bücher Ob jexts No. 1 / Ma i 2 012

Future Cities

Forscher prognostizieren, dass im Jahr 2050 die Weltbevölkerung auf neun Milliarden Menschen angewachsen sein wird, von denen etwa 60 bis 70 Prozent in Städten leben werden. Diese Zahlen sind die Fundamente der Betrachtungsweise der Planer von „Futuristic – Visions of Future Living“ und zeigen, wie sich Architekten die Städte von morgen vorstellen. Die Entwürfe der 53 Architekturbüros, die hier präsentiert werden, zeigen Städte, die mal auf der Erde verankert, mal schwimmend im Meer oder gar fliegend in der Luft liegen. Auch Hochhäuser, die wie Pflanzen wachsen und Photosynthese betreiben, sind Zukunftsvisionen einiger Architekten. Alles in allem ist dieses Coffeetable-Book ein wirklich gelungener Architektur-Band mit fantastischen Bildern und außergewöhnlichen, architektonischen Visionen. Caroline Klein: „Futuristic – Visions of Future Living“, Daab Verlag, 272 Seiten

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Baukastensystem Wohnen im Container, das klingt zunächst abschreckend, nahezu asozial. Der „Container Atlas“ widerlegt unsere Vorurteile und zeigt Architektur gebaut aus Überseecontainern. Temporäre Bauten und mobile Strukturen wie Pavillons, Büros, Galerien und Bars werden immer häufiger aus Modulen entwickelt und setzen neue funktionale und ästhetische Maßstäbe. Containerbauten sind flexibler, beziehen sich schneller auf Trends und gehen spielerisch mit dem Baukastensystem um. Anspruchsvolle, mondäne Wohnhäuser und Bürogebäude, die im urbanen Raum wie auch in ländlicheren Gegenden provozieren oder inspirieren, können auf diese Art entstehen. Der Atlas zeigt die gesamte Bandbreite aktueller Containerprojekte und bietet darüber hinaus ausführliche Hintergrundinformationen, um dieser interessanten Entwicklung auf den Grund zu gehen. H. Slawik, J. Bergmann, M. Buchmeier, S. Tinney: „Container Atlas“, Die Gestalten Verlag, 256 Seiten

AstronautenLektüre Nicht nur für Raumfahrtbegeisterte! „Apollo Digital“ widmet sich voll und ganz dem Bordcomputer AGC, den man aus dem Film „Apollo 13“ kennt, und geht dabei besonders auf die Geschichte des Projektes ein: angefangen bei den ersten Autopiloten und den Stabilisierungs-Feedbacksystemen in den späten Fünfziger Jahren über die Bordelektronik bis hin zu den damaligen Designphilosophien. Beeindruckend sind auch die Bilder und Illustrationen, welche die von David A. Mindell auf wunderbar einfache Weise erklärten Abläufe der Apollo-Mondlandung noch exakter veranschaulichen. Große und kleine Jungs, die von der Raumfahrt und ihrer Technikgeschichte angetan sind, werden dieses Buch lieben. David A. Mindell: „Digital Apollo: Human and Machine in Spaceflight“, The Mit Press, 456 Seiten 47


Foto: Thomas Mellenthin

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Spirit Ob jexts No. 1 / Ma i 2 012

Einfach göttlich Die Heilandskirche am Port von Sacrow, die südlich des Brandenburger Dorfes Sacrow am Havelufer steht und auf einer Landzunge in den Fluss hineinragt, ist schon aufgrund ihrer Lage und ihres Stils eine außergewöhnliche Kirche. Entworfen wurde sie 1844 als sakrales Gebäude im italienischen Stil von dem „Romantiker auf dem Thron“ König Friedrich Wilhelm IV. Der Architekt des Königs Ludwig Persius erhielt den Auftrag zur Bauplanung. Die verträumte Kirche wurde rund einhundert Meter unterhalb des kleinen Sacrower Schlosses erbaut und ist in den Schlosspark integriert. In den 1990er Jahren wurden Heilandskirche und Schloss restauriert und sind seitdem Teil der Potsdamer Havellandschaft, die mit ihren Schlössern und Gärten als Weltkulturerbe unter dem Schutz der UNESCO steht. Wer romantisch veranlagt ist, sollte sich einen Besuch dieser märchenhaften Kirche nicht entgehen lassen, zumal an der Decke des Portals das hohe Lieder der Liebe aus Korinther 1, Kpt.13, zu lesen ist . www.heilandskirche-sacrow.de

Fotos: Kristof Vrancken/Z33

Mehr Transparenz

Im belgischen Borgloon der Provinz Limburg hat das Architektenduo Pieterjan Gijs und Van Vaerenbergh das Thema „Mehr Transparenz in der Kirche“ sehr ernst genommen. Unter dem Titel „Reading between the Lines“ entwarfen sie eine durchsichtige Kirche. Wie das geht? Das Geheimnis liegt in der Konstruktion. Rund einhundert gestapelte Schichten verwitterter Stahlplatten und zweitausend kleine Stahlstützen wurden so arrangiert, dass eine vibrierende Kirchensilhouette entsteht. Je nach Tageszeit und Standort ändert sich für den Betrachter die Wahrnehmung der Kirche: Mal wirkt sie wie ein massives Gebäude, mal scheint sie sich in der umliegenden Landschaft aufzulösen. Lässt man den Innenraum auf sich wirken, so ist es fast ein meditatives Erlebnis, das immer wechselnde Spiel von Licht und Schatten zu erleben. www.gijsvanvaerenbergh.com 49


Mode Ob jexts No. 1 / Ma i 2 012

Levi’s sattelt auf

Auf dem Teppich Fasziniert von den Ornamenten persischer Teppichkunst, entwickelte Maison Martin Marguiela eine ungewöhnliche und sehr ansprechende Kollektion, die den Orientteppich zum Kultobjekt avancieren lässt. Neben Cape, Sandalen, Handtasche, sowie Rock und Kleid sind insbesondere die Stiefel ein weltweites Must Have vieler Modebegeisterter.

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Levi’s hat die Mode für das Fahrrad neu erfunden und mit Levi’s Commuter, ganz sicher neue Maßstäbe für das modebewusste und funktionale Radfahren gesetzt. Commuter heißt die Kollektion, die sich mit dem Jeansmodell 511, einem der erfolgreichsten Skinny Fit Modelle und zusammen mit dem Trucker Jacket, durch Verwendung vielfältiger Funktionsmaterialien neu erfunden hat. Die Produkte wurden schmutz- und wasserabweisend ausgestattet sowie mit Lüftungsschlitzen und im Kragen versteckten Kapuzen versehen. Ein Schrittkeil und ein erhöhter Bund im Rücken, zur Unterstützung der unteren Rückenmuskulatur, machen mit diesen Hosen jede Fahrt zu einem Erlebnis. Seit April dieses Jahres, pünktlich zum Frühlingsanfang ist Levi’s Commuter im Handel erhältlich.


Chanel In einer ungewöhnlich futuristischen Location, die ein Spaceshuttle zum Vorbild hatte, präsentierte Karl Lagerfeld die Spring Summer Couture Collection 2012 von Chanel. Die Frühlingsfarben des Modezaren demonstrieren blaue Vielfalt. Classic meets Future, so könnte man die neuen Chanel Tweeds benennen, die einen futuristischen Look bekommen haben. Dabei sind unkonventionelle und künstliche Materialien wichtiger Bestandteil des Designs. Die Silhouette wird von geraden Schnitten und U-Bootsausschnitten, sowie kleinen Stehkragen dominiert. Voluminöse Ärmel, Kleider in Knöchellänge mit Eingrifftaschen auf Hüfthöhe sind weitere optische Besonderheiten, die der Genialität Karl Lagerfelds Tribut zollen.

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Design Ob jexts No. 1 / Ma i 2 012

Luftschlösser Ein Spatz auf Wohnungssuche hat es heutzutage nicht leicht. Das Nisten in Gärten oder auf Balkonen wird nicht so gerne gesehen, Dächer sind versiegelt und Bäume beschnitten. Ergebnis: in den Städten herrscht chronischer Nestmangel. Der niederländische Künstler Klaas Kuiken hatte Mitleid und entwickelte eine PenthouseStrategie, um die possierlichen Vögel auf das städtische Dach zu bringen. von Yvonne Schippke

Birdhouse „Mus“ von Estudio estres cerrada

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uxuriöses Einfamilien-Apartment im Dachgeschoss zu vermieten – provisionfrei! Die Idee von Designer Klaas Kuiken ist eigentlich ganz simpel. Da Vögel am liebsten auf Dächern unter Dachziegeln nisten – hier ist es schließlich trocken und sicher vor Katzen – diese jedoch meistens versiegelt sind und keinen Zugang mehr für Vögel bieten, setzt er eben ein Häuschen aufs Haus. Im Immobilienteil der Tageszeitung würde stehen: „Das perfekte Domizil in urbanem Ambiente für Vogelfamilien und welche die es werden wollen“. Und so funktioniert Kuikens Prinzip: Eine standardisierte Dachschindel wird durch einen Nistkasten ergänzt und kann einfach mit verlegt werden oder aber einen beschädigten Ziegel ersetzen. Das Design der angesagten Vogelnester ist bewusst schlicht gehalten, so dass das Gesamtbild eines Daches nicht beeinträchtigt wird. Hausbewohner und fliegende „Mitbewohner“ können friedlich unter einem Dach koexistieren. Et voilà, nach einer monatelangen Optimierungsphase, in der die modernen Spatzen-Immobilien mit diversen WohlfühlFunktionen ausgestattet wurden, gehen sie endlich in Serie und sind hoffentlich schon bald erhältlich (Vorbestellungen nimmt der Künstler unter info@klaaskuiken.nl an). Suiten im Klinkerstein-Design sind ebenfalls angedacht. Diese können dann an Häuserwänden und Mauern angebracht werden. Ein weiterer Clou des niederländischen Designers: ein stylischer Unterschlupf für Fledermäuse. Die nachtaktiven Tierchen brauchen schließlich auch ein Dach über dem Kopf. Nur schlafen sie kopfüber. Für Kuiken selbstverständlich, dass auch das Häuschen über Kopf hängen muss. Das Dach befindet sich auf der unteren Seite, wo sonst der Fußboden ist. Mit robusten Lederriemen lässt sich das hängende Zuhause an jedem Baum sicher anbringen. Bei solch einer rosigen Aussicht auf den luftigen Immobilienmarkt, zwitschern Amsel, Drossel, Fink und Star sicherlich vor Freude um die Wette. Gerade jetzt im Frühling ist die Nachfrage groß. Die Federtiere gehen als Pärchen auf Wohnungssuche um ihren Nachwuchs auf die Welt zu bringen und zu pflegen. Die Vogelnestschindeln „Birdhouse“ sind glücklicherweise aus der Vogelperspektive leicht erkennbar und kommen ihnen gerade recht. Nur fliegen ist schöner!

Vogelhäuser von Klaas Kuiken (oben), Auke Wessemius (oben rechts), Fanny Hofstra (unten)

klaaskuiken.nl

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Architektur Ob jexts No. 1 / Ma i 2 012

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in Traumhaus, in dem Nachhaltigkeit und die Nutzung regenerativer Energien die Basis für ein aussergewöhnliches Design bildet, wurde von dem Architekturbüro Mareines & Patalano realisiert. Besonders überzeugend ist der Einsatz an vielfältigen, natürlichen Materialien in diesem luxöriösem Umfeld.


Natur-Architektur Das „Leaf House“ des brasilianischen Architekturbüros Mareines & Patalano ist ein absolutes Traumhaus für anspruchsvolle Naturliebhaber. Es befindet sich eine Stunde südlich von Rio de Janeiro direkt am Meer und ist perfekt angepasst an das feuchte, heiße Klima Brasiliens. Nach der Idee eines tropischen Strandhauses, das die Interaktion von Mensch und Natur verbessert, ist das Haus in Form eines großen Blattes designt, welches vor der sengenden, brasilianischen Sonne schützt. Die hohen Wände der einzelnen Räume lassen den Wind des Meeres durch das Gebäude wehen und zirkulieren, um so als natürliche Klimaanlage zu fungieren. Die Architekten verzichteten außerdem auf sperrige Flure und entschieden sich für die Installation von gläsernen Schiebetüren, die das Haus mit seiner Umgebung verschmelzen lassen. Rund um das Gebäude schlängelt sich ein Pool und verwandelt sich auf Höhe der Veranda in einen Teich, der Pflanzen und Fische beherbergt. Nachhaltigkeit und die Nutzung regenerativer Energien waren Grundgedanken für die Gestaltung des Hauses: Beispielsweise speichert das Dach Regenwasser, welches für die Bewässerung des Gartens und für die Toilettenspülung wiederverwendet wird. Das außergewöhnliche Design, die Reichhaltigkeit an Details und die Vielfalt an natürlichen Materialien, wie Bambus, Holz und Stein, lassen das „Leaf House“ zu einer harmonischen Symbiose aus Natur und exklusivem Wohnen werden. 55


Interior Ob jexts No. 1 / Ma i 2 012

Summe aller Teile Das Designduo Nipa Doshi und Jonathan Levien verknüpfen mit ihrem Label “Doshi Levien” seit zwölf Jahren cleveres Design, Kreativität und kulturelle Identität zu einer nie da gewesenen Kombination größter Ideenvielfalt.

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ie gründeten ihr Unternehmen im Jahr 2000 in London, begegneten sich allerdings schon einige Jahre früher am Royal College of Art, wo beide Möbeldesign studierten. Die in Bombay geborene Nipa Doshi besuchte das “National Institute of Design” in Indien und entwickelte auf diese Weise nicht nur ihre starke kulturelle Identität mit ihrem Heimatland, sondern ebenso ein besonderes Interesse an indischen Manufakturen und deren Handwerkskunst. Obwohl der Berufswunsch des Designers in Indien lange Zeit als nicht ernstzunehmend galt, erfuhr Nipa Doshi durch ihre Eltern Unterstützung und Rückhalt. 1995 erhielt

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Doshi ein Stipendium für den Besuch des Royal Colleges of Art in London und begegnete dort Jonathan Levien. Dieser wurde 1972 in Elgin, Schottland, geboren und studierte zunächst Design am Bucks College in High Wycombe. Das Designlabel “Doshi Levien” feiert die Kombination verschiedener Stile, fremder Kulturen, innovativer Technologie und traditioneller Handwerkskunst auf eine neue Art. Unter anderem arbeiteten sie bereits für Weltunternehmen wie Intel, Swarowski, Nokia und Moroso und wurden für ihr großes Talent mit diversen Preisen ausgezeichnet. Die Designer begannen ihre Karriere 2000 damit, spezielles Kochgeschirr


für verschiedene Esskulturen zu entwerfen und banden so erstmals kulturelle Einflüsse in ihr Produktdesign ein. Im Jahr 2007 wurden Doshi und Levien vom Arts Council England darin unterstützt, mit dem offiziellen Schuhmacher der englischen Königin, John Lobb, vier Paar Schuhe zu designen, welche zum Sinnbild der Verbindung von Handwerk und Design, Tradition und Moderne werden sollten. Nipa Doshis aufgeweckter, präziser Blick und Jonathan Leviens Zuverlässigkeit als Industrial Designer lassen die Harmonie scheinbarer Gegensätze in ihren Entwürfen Wirklichkeit werden. www.cerrutibaleri.com www.maisonmartinmargiela.com www.maurizio-galante.com

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Charvet

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blanc

BY Olff AppOld

de blanc Ob doppelmanschetten oder Haifischkragen, Button-down oder genähte statt geklebte Krägen – das weiße Hemd ist ein unverzichtbarer Bestandteil der Garderobe eines Mannes.

LagerfeLd

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JiL Sander

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ign. JoSeph

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Styling: Guido Amin Fahim

KarL LagerfeLd

„Der schönste Duft ist für mich der eines frisch gebügelten, weißen Hemdes.“ Karl lagerfeld

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BruneLLo CuCineLLi

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von Helge Sobik


„Es soll nicht einfach nur ein Museum werden. Es wird mehr.“


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uf der insel Saadiyat, kaum mehr als einen Steinwurf von der baustelle des künftigen louvre von Abu Dhabi entfernt, spielte sich an diesem Morgen die generalprobe einer Vision ab. es ging darum, ob die Rechnung von Star-Architekt Jean Nouvel aufgeht, den kreisrunden künftigen louvre von Abu Dhabi einzig durch ornamentale Aussparungen im kuppel-Dach zu beleuchten. es hieß zu klären, ob all das, was in der Theorie möglich war, mit der Wirklichkeit des vorgesehenen bauplatzes und mit den grellen lichtverhältnissen am

Als die Sonne aufging, lagen die Nerven blank. Als ihre Strahlen auf das leicht gewölbte Dach trafen, hatten alle Herzklopfen. Als es hell wurde und sich diese von der natürlichen Beleuchtung erzeugte Aura aus Würde und Geheimnis in dem improvisierten Konstrukt mit den Wellblechwänden ausbreitete und nach und nach seltsam geformte Lichtornamente auf dem Fußboden auftauchten, da fielen sie sich in die Arme: Architekten, Bauleiter und arabische Financiers.

von Helge Sobik

Seitenansicht im Modell: das louvre Abu Dhabi

Persischen golf vereinbar sein würde. Um das herauszufinden, hatte man in Sichtweite der Sheikh khalifa bridge einen kleinen Ausschnitt des gebäudes in originalgröße errichtet – wenn auch mit einfacheren Mitteln und Materialien. Der mit Spannung erwartete Test des „Rain of light building“ verlief zur vollen Zufriedenheit aller beteiligten. „ich wollte ein Dach wie einen Schirm, um darunter einen ort zu schaffen, an den man gerne kommen mag, um zu schauen – oder um einfach nur dort zu sein“, hat Jean Nouvel seine Zielrichtung beschrieben: „es soll nicht einfach nur ein Museum werden. es wird mehr.“ Der bau des originals mit seinen gewaltigen 180 Metern Dachdurchmesser im milliardenteuren kulturdistrikt der bis vor kurzem nur von Sand überzogenen und von Mangroven gesäumten insel Saadiyat hat begonnen – obwohl noch viele kniffelige Aufgaben zu lö-

sen sein werden. Denn was Jean Nouvel sich Museums, Sir Norman Foster das Sheikh ausgedacht hat, ist alles andere als simpel. Zayed National Museum, Zaha Hadid das es bemisst sich an der Aufgabenstel- Center for Performing Arts und Tadao Ando lung der Scheiche: Sie verlangt ein „land- – Pritzker-Preisträger wie alle anderen aus mark building“, ein architektonisches Welt- dieser illustren Fünfer-Runde – das Maritiwunder von hohem ikonographischem Wert me Museum. letzteres soll ebenso wie der – ein gebäude, das eines Tages so sehr für das Hadid-entwurf erst in der zweiten Projektneue Abu Dhabi stehen kann wie die oper phase verwirklicht werden. von Sydney für Australien, wie das empire State building für New York – und mindeslichtspiele unter dem kuppeldach tens so wie das burj al-Arab für den ewigen lokalrivalen Dubai. gleichzeitig stachelten sie geschickt den ehrgeiz der einzelnen Architekten an, denn insgesamt gaben sie fünf solcher gebäude in Auftrag, die eines Tages nur wenige Schritte von einander entfernt entstehen sollen: jedes für sich ein architektonisches Ausrufezeichen im Wüstensand. Sie verpflichteten die größten: Jean Nouvel baut den louvre, Frank o. gehry das guggenheim67


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ehry bekannte in einem interview, mit seinem Zeichenstift te.“ es ist ihm gelungen – fand Scheich Sultan bin Tahnoon alzunächst im Nebel gestochert zu haben: „ich hatte keinen kon- Nahyan, als er die ersten entwürfe sah. Der Funke sprang über. text, mit dem ich spielen konnte. Am bauplatz waren nichts „Da ist etwas großartiges zwischen uns geschehen“, freut sich als Mangroven, und zur orientierung hatte ich nur die Fuß- der Architekt heute im Rückblick über die begegnung mit dem spuren im Sand zur Verfügung.“ er arbeite sich hinein, bereiste Chairman des staatlichen investors TDiC. Der Versuch, sehen zu die islamische Welt, suchte inspiration auch in den großen lernen, die Wünsche der Auftraggeber zu erfühlen und dabei Moscheen istanbuls: „ich kam mir vor wie ein blinder, der sich deren architektonische Traditionen neu zu interpretieren und mit allen anderen Sinnen in eine kultur hineinfinden muss- in die gegenwart zu heben – er ist gelungen.


Die entwürfe sind durchweg spektakulär geraten. Die ausgefeilten Modelle, teils mit beleuchtungseffekten zum leben erweckt und computeranimiert, werden im Ausstellungszentrum „Manarat al Saadiyat“ auf der kulturinsel gezeigt und erfreuen sich großen Andrangs, während drum herum Schaufelbagger unterwegs sind, lastwagen vor Schranken Schlange stehen und kräne kreisen. Draußen entsteht, was drinnen noch Vision ist. Und anders als in Dubai, wo wiederholt ein großbauwerk in Windeseile hochgezogen wurde und erst anschließend die nötige infrastruktur hinzuimprovisiert wurde, ist hier all das bereits vorhanden: bis zu zehnspurige Straßen über die insel, eine Anbindung Richtung Flughafen und Autobahn, die brücke nach Abu Dhabi-Stadt, erste Ferienhotels der edelmarken St. Regis und Park Hyatt entlang des neun kilometer langen Sandstrandes, hunderte Villen und ein golfplatz. Ursprünglich sollte die erschließung Saadiyats 20 Milli-

„Ich hatte keinen Kontext, mit dem ich spielen konnte. Am Bauplatz waren nichts als Mangroven und zur Orientierung hatte ich nur die Fußspuren im Sand zur Verfügung.“ arden Dollar kosten. inzwischen geht man von 27 Milliarden Dollar aus. Allein der kulturdistrikt – das emotionale Herz des gesamtprojekts – schlägt mit rund neun Milliarden Dollar zu buche. Teuer wird auch die Verlegung von Abu Dhabis Handelshafen Port Zayed – obwohl er nicht auf Saadiyat ist. Aber er stört den blick, befand der Familienrat der Herrscherfamilie. erst wenn Port Zayed umgesiedelt ist, hat man freie Sicht vom Zentrum der Hauptstadt auf die neuen Mega-Museen am gegenüberliegenden Ufer auf Saadiyat. Die insel soll einmal 145.000 Menschen ein Zuhause bieten und das edelste und begehrteste Stadtviertel Abu Dhabis werden. Auch Norman Foster – von ihm stammt die kuppel auf dem Reichstag in berlin – gibt unumwunden zu, dass er sich an sein Projekt im kulturdistrikt erst herantasten musste: „Sie müssen zurückschauen, was hier in Abu Dhabi vorher war. Was gebaut wurde, was die Lebensqualität ausmachte. Sie müssen Respekt für die Vergangenheit mitbringen, die zentralen Prinzipien der Bauten der Vorfahren erkennen und in die neue Zeit transferieren“, beschreibt er seine Herangehensweise. „Hier entsteht schließlich kein Shopping-Center, das auch in New Jersey stehen könnte, sondern etwas, das architektonisch genau hier verortet sein muss – und nirgendwo anders.“ Die Wirklichkeit im Wüstensand ist es, die den Architekten durchaus kopfzerbrechen bereitet. Weil die Scheichs keine halben Sachen wollen, sondern Perfektion erwarten, und weil manch kühne berechnung vom Reißbrett herunter erst in der Praxis ihre Funktionsfähigkeit unter beweis stellen muss. Ambitionierte Wunschträume von Planern sollen hier in beton gegossen und mit poliertem Sandstein oder Marmor ausgekleidet werden. Jean Nouvel mit einem seiner Auftraggeber, beide erleichtert über den glücklichen Ausgang des kuppeltests.

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leicht nachvollziehbar, wie groß die erleichterung über das gelungene experiment mit dem Rain of light building gewesen ist. 2015 soll der arabische louvre des französischen Architekten Jean Nouvel als erstes der MegaMuseen auf Saadiyat eröffnen. Und die ornamenthaft unterbrochene kuppel, deren lichteinfall an die althergebrachten Abdeckungen mit Palmwedeln erinnern soll, wird die Fläche von fünf Fußballfeldern überspannen. „Wie früher im Souk soll das werden“, stellt sich Nouvel vor, „wie im basar, wenn Sonnenstrahlen durch die Strohmatten über den gassen hereinbrechen.“ Was im kulturdistrikt entsteht, sind gebäude, die ihre Architekten eines Tages gerne als ihre Denkmäler, als die krönung ihres beruflichen Schaffens sehen möchten. Und es sind keine Wolkenkratzer. es geht nicht um Rekordjagd, sondern um Schönheit und Anspruch. Mit jedem Mal, wenn sich jeder einzelne Projektbeteiligte genau das vor Augen führt, wird die Aufgabe schwieriger. Der ursprüngliche Zeitplan ist bereits hinfällig. Alles hat sich nach hinten verschoben. offiziell heißt es nun: louvre 2015, guggenheim nicht vor 2017, das Center for Performing Arts zwischen 2018 und 2020, Tadao Andos Maritime Museum auch erst dann in der zweiten Projektphase. Mastermodell des louvre Abu Dhabi am Persischen golf


Hinter vorgehaltener Hand werden insbesondere die baulichen Hürden bei gehrys guggenheim – die Fläche ist zwölfmal so groß wie das Stammhaus in New York – als enorm hoch eingeschätzt. Die Statik der vielen miteinander verbundenen und verdrehten Röhren und Würfel, die einmal das futuristische Museum bilden sollen, ist vertrackt. Der 1929 geborene Meister aus Toronto strahlt gleichwohl optimismus aus: „es entsteht hier etwas“, freut er sich, „was die Scheichs bereits lieben und worauf ich stolz bin.“ Nach letztem Stand soll im Jahr 2016, als zweites, das Zayed-Museum eröffnet werden, gewidmet dem langjährigen Herrscher Abu Dhabis. bereits im Januar 2010, Monate vor der öffentlichen Präsentation der Pläne in Abu Dhabi, wurde im beisein von britanniens gerade auf Staatsbesuch weilender königin elizabeth ii., der baugrund vorbereitet. bereits im Juli 2010 waren 1.096 Pfeiler im boden Saadiyats versenkt. Sie sollen einmal das gebäude tragen, dessen Struktur an Falkenfedern erinnern wird. Auch das kuratorische konzept steht bis in die thematische Aufteilung der etagen. ein wesentlicher Teil soll demnach dem leben und Wirken der bei der bevölkerung sehr beliebten Vaterfigur Zayed, geboren 1918, gewidmet sein, er starb 2004. „Derzeit laufen Aufrufe an die einwohner“, erzählt Hend al-otaiba, Tochter des langjährigen Ölministers und heute in konzeption und Marketing der Museen eingebunden, „sich zu melden und eigene erinnerungen beizutragen, geschichten zu erzählen und Puzzlesteine ins gesamtbild einzufügen.“ Zayed gilt als allürenfrei, volksnah und zugänglich. ein anderer bereich soll der geschichte und kultur der Stämme der Region gewidmet sein und zeigen, in welchem kontext Zayed bin Sultan al-Nahyan regierte. 20.000 einwohner hat Saadiyat im Augenblick. es sind leute, die eines Tages wieder wegziehen werden: zurück zu ihren Familien in indien, Pakistan, bangladesh, China und auf den Philippinen. es sind die Arbeitskräfte aus Asien, die die architektonischen großtaten im Morgenland möglich machen. ihr erstes fertiges gebäude ist das „Rain of light building“, das Testgebäude des louvre Jean Nouvels.

Fotos: Jean Nouvel Archives

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Ein Fall Für VisionärE

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rchitekten reiben sich aktuell verzückt die Augen. Bislang wurden sie von Automobilkonzernen nicht sehr hofiert, sondern bekamen von den Fürsten der Vierrädern Handlungsanweisungen diktiert. Sie mussten stets Platz für Millionen Autos zu kreieren. Damit ist jetzt Schluss – vor allem seitdem Audi 2010 in Venedig mit dem „Audi Urban Future Award“ einem neuen internationalen Architekturpreis vorstellte,

Sience Objects

2010 mischte sich mit Audi zum ersten Mal ein Automobilhersteller aktiv in die Stadtplanung ein. Eine eigene Initiative und der Architekturpreis Audi Urban Future Award sind der Anfang einer Art Neuausrichtung des Konzerns, der eine Antwort auf diese Frage sucht: Wie wird die Zukunft des urbanen und mobilen Lebens aussehen und welche neuen Märkte wird es für Autohersteller geben? von Hannah Bauhoff der mit seinen 100.000 Euro Preisgeld sich an die Spitze der Preisgelder katapultierte. Kein Wunder, dass die internationale Architektenzunft im Sommer 2010 nichts anderes zu tun hatte, als an den Canale Grande zu pilgern, um die Visionen der fünf von sechs eingeladenen Architekturbüros zu sichten – und den Gewinner dieses Awards zu begutachten: Alison Brooks aus London, der dänische Shootingstar Bjarke Ingel, Enric Ruiz-Geli und sein interdisziplinäres Architekten namens „Cloud 9“ aus Barcelona sowie der deutsche Architekt Jürgen Mayer H. und das zuweilen provokante junge Pekinger Büro Standardar74

chitecture waren eingeladen, ihr Statement zur urbanen Zukunft abzugeben und damit Szenarien für eine Welt von morgen zu präsentieren. Es gibt Handlungsbedarf, denn das Automobil, mehr als ein Jahrhundert das Symbol für individuelle Mobilität und Unabhängigkeit, hat an kulturellem Wert und ikonischer Kraft verloren. Persönliche Treffen via Facebook, Twitter oder Chat sind unkomplizierter, schneller, günstiger und bei der Jugend populärer. „Demotorisierung“ lautet daher der Trend, der das Geld in die Unterhaltungs- und Kommunikationsbranche fließen

lässt. Wer sich im 21. Jahrhundert unbehelligt von Ort zu Ort bewegen will, greift zu iPhone oder iPad – und nicht länger zum Autoschlüssel. Ein Alptraum, zumindest für Automobilkonzerne, der sich in harten Zahlen und Fakten manifestiert: 2008 haben laut einer Studie des Deutschen Jugendinstituts die 18 bis 24-Jährigen das Auto um zwölf Prozent weniger genutzt als 2002. Und an der Möglichkeit, den Führerschein ab 17 Jahren zu machen, ist nur ein Drittel der Jugendlichen interessiert.


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m Alter ab zehn Jahren aber, steigt die Zahl der Internetnutzer, die fast täglich online sind, stetig. 2011 waren es bereits 76 Prozent, ganze sechs Prozent mehr als 2009. Fazit: Die „Generation Internet“, Soziologen bevorzugen inzwischen den Begriff „Generation Gadget“ für die unter 20-Jährigen – weil junge Menschen ihre Freizeit am liebsten mit Spielkonsolen, Smartphones verbringen – ist alles andere als dem Auto zugetan. Schuld an dem veränderten Konsumverhalten ist auch das wachsende Umweltbewusstsein. Das Auto, gerne auch als stinkende Blechkiste beschimpft, weckt Assoziationen wie Umweltverschmutzung, Lärm,

Platzverbrauch und Ölkatastrophen. Kopenhagens ehemaliger Bürgermeister Klaus Bondam bringt es auf den Punkt: „Die meisten Städte in Europa sind viele hundert Jahre alt – erst in den letzten 40 Jahren ist das Stadtbild mehr und mehr von Autos geprägt worden. Wir dürfen nicht zulassen, dass der Autoverkehr die Städte als Geisel nimmt.“ In den Ohren der Autobauer klingen solche Worte wie eine Kampfansage. Und tatsächlich, die Verkaufszahlen sinken, und selbst die aktuell so propagierten Elektroautos sind alles andere als Kassenschlager. „In der Vergangenheit haben sich Städte dem Auto angepasst“, fasst Peter Schwarzenbauer, Vorstandsmitglied von Audi, zusammen und erklärt: „Wir glauben, dass es in Zukunft andersrum sein wird. Das Auto wird sich an die Stadt anpassen. In Zukunft gestalten wir unsere Produkte als Teil des urbanen Raumes, mit deutlich mehr Funktionen als nur des Transportes von A nach B.“ Das klingt nach einer ungeahnten Offenheit – und nach einer neuen Strategie.

„Wir müssen Kompetenzen aufbauen“, sagt Schwarzenbauer weiter und zeigt sich lernwillig. Schließlich wurden bei allen technischen und ökonomischen Debatten bislang die Lebensumstände der Bürger vergessen – ein Fehler, den der Konzern mit dem Award und der kurz darauf gegründeten „Audi Urban Future Initiative“ wieder gut machen will. Seitdem klopft der Autohersteller an die Tür der Architekten, Stadtplaner und Soziologen. Er lockt mit viel Geld, Forschungsfreiheit, besten Kontakten, internationalem Expertenwissen, technologischer Kompetenz und idealen Präsentationbedingungen. Ein Traum für jeden Kreativen, besonders für Architekten. Endlich haben sie wieder eine Daseinsberechtigung – und einen (finanz)starken Auftraggeber. Schließlich sind die großen Zeiten der Stararchitekten, seit auch jede noch so kleine Stadt ein Museum oder eine Philharmonie von Zaha Hadid, Frank O’ Gehry oder Herzog & deMeuron bauen ließ, vorbei. Jürgen Mayer H., übrigens der Gewinner des ersten Audi Urban Future Awards, reist seit der Preisverleihung 2010 durch die Welt, realisiert ein Projekt nach dem anderen und ist überhaupt ziemlich gut drauf. Kein Wunder. Oder vielleicht doch? Denn Mayers Szenario für die Stadt der Zukunft alles andere als spektakulär. „Marketing-Grille“ lautet der kritische Vorwurf, der Mayer wohl kaum interessiert. Seine Vorstellung: Kommunikationstechnologien verknüpfen sich mit Gebäuden, Bewohnern, die Stadt wird zu einem riesigen Datenstrom dank des technologischen Potenziales des Autos. Das wirkt, als hätte er sich beim Entwerfen ständig den Claim des Konzerns im Kopf gehabt: Vorsprung durch Technik. Vorgesprungen ist Audi in jedem Fall, das gilt zu loben, auch wenn nicht der Award, sondern die Audi Urban Future Initiative eher das Potenzial hat, für nachhaltigen Gesprächsstoff zu sorgen. Das Konzept ist mit seinen drei weiteren Bausteinen klingt gut: Der „Summit“, einem regelmäßig statt findenden Symposium, bietet ein aktives Networking an. Das Forschungsprogramm zum Thema „Experiments in Motion“ will Denkmodelle in der Beziehung zwischen Mobilität und Design entwickeln und testen. Und das „Insight Team“ bietet eine Art Übersetzungshilfe für Autobauer und versucht mit eine konzerninterne Abteilung sämtlichen Input und Austausch von Experten in das Unternehmen zu übertragen. 77


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or allem aber glaubt der Konzern an die Baumeisterzunft. Schließlich galten diese schon bei den alten Griechen als besonders hellsichtig und erscheinen noch immer bei aller Kritik als ideale Partner für die Neukonzeption von Zukunft. Daher sind es auch bei der zweiten Auslobung des Awards wieder die Architekten, die um Visionen gebeten werden. „CRIT“ aus Indien, das interdisziplinäre Büro „Höweler + Yoon Architecture“ aus den USA, die Japaner „Junya Ishigami + Associates“, das chinesische Anti-Büro „NODE Architecture & Urbanism“, das 2006 gegründete Büro „Superpool“ aus Istanbul sowie der brasilianische „Urban-Think Tank“ aus São Paulo sollen Antworten finden: Audi will wissen, wie die Grenzen einer Stadt zukünftig definiert werden. Wie eine Transformation hin zu einer nachhaltigen Mobilität in Städten aussehen kann und wie eine nachhaltige Stadtentwicklung und individuelle Mobilität in Einklang gebracht werden kann. Sie sind übrigens nicht die ersten, die Antworten suchen. Bereits Anfang der 1930er Jahre hat Altmeister Le Corbusier mit seiner »voiture maximum« einen Paradigmenwechsel von großen Karossen zu leichten Minimalautos einleiten wollen. Und auch der Grafiker Otl Aicher hinterfragte schon 1984 in seinem Buch „Kritik am Auto“ nach dem Sinn einer autogerechten Stadt und entwickelte Lösungsvorschläge. Doch sie hatten keinen finanzstarken Konzern als Unterstützer im Nacken. Die Präsentation der Ergebnisse und die Preisverleihung finden übrigens im September 2012 in Istanbul statt. Man darf also gespannt sein, wie die sechs ausgewählten Architekturbüros Themen wie Wachstum von Megacities, Klimawandel und Ressourcenknappheit bearbeiten.

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„Wir dürfen nicht zulassen, dass der Autoverkehr die Städte als Geisel nimmt.“

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Nichts fĂźr schwache Nerven

Design von Karim Rashid

von Janine DudenhĂśffer

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Von Rashid durchkonzipierte Zimmer des nhow-Hotels, Berlin.

arim Rashid ist der Herr der Symbole und ein Mann der Gegenwart. Er gilt als außerordentlich produktiver Industrial-Designer, der in den letzten zehn Jahren rund 100 Produkte jährlich kreierte, von denen einige millionenfach verkauft wurden. Seinen neuesten Coup landete der WahlNewYorker mit der Ottawa-Kollektion für den dänischen Möbelhersteller BoConcept. Wir haben das Ausnahmetalent im BoConcept Store in Berlin getroffen. Abheben würde er trotz all seiner Auszeichnungen nicht – es sei denn, er hätte das passende Flugzeug designt.


Herr Rashid, neben Möbeln und Accessoires entwerfen Sie auch komplette InteriorKonzepte für Prestige-Marken, aber auch für Low-Budget-Hotels und Sexshops. Was haben all diese Projekte gemeinsam? Wonach wählen Sie Ihre Kunden aus? Wissen Sie, ich bin immer, mit all meinem Schaffen, daran interessiert, neue Sprachen zu kreieren. Ob ein Parfumflakon (HUGO) oder ein komplettes Hotel (nhow Hotel by NH), mein tiefer Wunsch ist es, Menschen im Modus unserer technologisierten Zeit leben zu sehen. Ich glaube fest daran, wundervolle Designs zu erschaffen, die in dem Moment zu mir sprechen, in dem wir leben, also zeitgemäß sind. Meine Projekte suche ich nach dem größtmöglichen Outcome aus. Ein treuer Kunde ist enorm wichtig – nicht das Geld oder die Anerkennung. Charles Eames hat einmal gesagt, dass du damit glücklich sein kannst, einen guten Kunden für immer zu haben. Jetzt, nachdem ich mit über 300 Firmen zusammen gearbeitet habe, verstehe ich, was er meint. Ich habe mal nachgezählt und komme auf 20 Langzeitkunden, darf mich also sehr glücklich schätzen. Obwohl ich nicht wirklich an Glück glaube (grinst). Ich glaube daran, dass alles, was du der Welt gibst, früher oder später zu dir zurückkommt. Erzählen Sie von Ihrem ersten Designprojekt. Nun, meine Karriere begann 1993, da war ich 33 und gerade nach New York gezogen. Nachdem ich mit fast 100 Unternehmen gesprochen hatte – von Coca Cola bis Gilette – baute ich mein Büro mit nur einem einzigen Kunden auf, einer kleinen Tischdeko-Firma namens Nambé in Santa Fe. Es sah so aus, als wären die großen Unternehmen vor 20 Jahren noch nicht so sehr an Design interessiert gewesen. Ich entwarf also eine Kollektion von Tabletop-Objekten für Nambé, die sich sehr gut verkaufte. Sie verdienten damit drei Millionen Dollar im Jahr und wurden in Museen und Ausstellungen gezeigt. Diese Beziehung gab mir die Zuversicht, dass ich imstande bin, bedeutsame und erfolgreiche Objekte zu schaffen. Es brauchte noch 10 weitere Jahre und etliche Erfolge, bevor ich mich meiner eigenen Designs sicher fühlte. Solange entwarf ich nützliche Objekte wie Briefkästen, Telefone, Werkzeuge oder Röntgen-Equipment. Beschreiben Sie uns einen Designprozess. So unterschiedlich wie Projekte sind auch Designprozesse. Es beginnt damit, dass ich meine Gedanken und Ideen skizzenhaft zu Papier bringe – und das wöchentlich. Im 83


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elle an 3D-Mod m a e T Materia nn mein einsam m rtigt da e ife g e rf ir io e d Stu ann v rt mit m rozess. D herchie tsktionsp und rec u d n Gesich e ro h P c s n ti e ri d k d r n oder lien un ept unte omische n as Konz o d k eir ö w , nern zialen ion umg wie so eine Vis m e n is is te e b k , n w pu piels ekten hen Asp e ich beis on B ig s n e e d in technisc ich me mentan o lb M a . t h s is e setzt ukte, w ngsprod Reinigu

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Wohnkonzepte aus der Ottawa Kollektion für den dänischen Möbelproduzenten BoConcept.

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ls ich dort ankam fühlte ich mich schlagartig zurückversetzt, Bilder und Ideen schossen wie Blut durch meine Adern. Kairo ist ein phänomenal exotischer Ort, wo die Anfänge unserer Menschheit omnipräsent sind. Aber ich war auch enttäuscht darüber, dass sich Ägypten im 21. Jahrhundert nicht wie Indien oder China entwickelt hat. Manchmal lähmt eine mächtige Geschichte. Darum glaube ich, dass ein Blick in die Vergangenheit müßig wenn nicht gar zwecklos ist.

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In einem Interview, das sich an Marcel Prousts Fragebogen orientierte, haben Sie auf die Frage „der Vogel, den ich bevorzuge“ geantwortet: „Ich mag die Natur nicht.“ Warum dann die Ottawa-Homage an Kanadas und Dänemarks Natur in Form von Stühlen im Blatt-Design? Ich lasse mich von den Formen der Natur inspirieren – ohne darin leben zu müssen. Ein Metzger kann ja schließlich auch ein Vegetarier sein. Und übrigens ist Natur nicht immer begehrenswert und schön, sie kann ebenso brutal und zerstörerisch sein.


Sie verbringen viel Zeit im Flugzeug. Wann wird es den Airbus by Karim Rashid geben? Ich arbeite in der Tat während meiner Flugreisen sehr viel! Und glauben Sie mir, ich habe in dieser Zeit schon jeden Zentimeter einer Boeing 777 redesignt – alles, von den scheußlichen Badezimmern über die unförmigen Sitze bis zu den hässlichen Polstern und Uniformen – alles neu in meinem Kopf. Es kommt nur noch darauf an, ob Airbus oder Boeing mich engagieren! (lächelt) Sie sind sehr am Moment interessiert, an zeitgenössischer Kunst. Wie erklären Sie sich die Leidenschaft für alte Dinge? Das kann ich mir absolut nicht erklären. Die Worte „Vintage“, „Classic“ oder „zeitlos“ existieren in meinem Vokabular nicht. Mein Wunsch ist es, Menschen im Modus der Zeit leben und an der aktuellen Welt teilnehmen

zu sehen. Wir sollten uns von Nostalgie und antiquierten Vorstellungen loseisen. Design heißt, in der Gegenwart zu leben – Stil hat mit Vergangenheit zu tun. Design formt die Zukunft, Stylisten jagen uns mit Geschichte. Ich bin nicht an Geschichte interessiert. Was ist für Sie „das kleine Schwarze“ des Industrie-Designs? Ganz einfach – etwas, das wir alle brauchen, das Designer wieder und wieder neu erfinden und zumindest einmal in ihrer Laufbahn entworfen haben sollten: einen Stuhl! Sie legen mittlerweile seit über 30 Jahren als DJ Kreemy auf, und das auch bei Produktpräsentationen. Was würden Sie sagen, wonach klingt ihr Design? Elektro symbolisiert die unglaublich schnellen, ständig wechselnden Möglichkeiten, die heute existieren. Klänge können wieder und wieder zu neuen Sounds rekom-

poniert werden. Und genauso ist es auch mit Design. Obwohl sich viele Formen wiederholen, ist es doch ihre immer neue Komposition, die unseren „physischen Sound“, unsere emotionalen Erfahrungen prägt und unsere Körperlandschaft formt. (Er deutet auf seine Tattoos, die bedeutende Städte der Welt für ihn symbolisieren.) Sie haben nicht nur selbst ein Buch geschrieben, Sie lesen auch viel. „Tipping Point“ von Malcolm Gladwell ist eines davon. Also, welcher Typ sind Sie: Vermittler, Kenner oder Verkäufer? Kenner! (lacht laut) Herr Rashid, wir danken für das Gespräch.

Die futuristisch anmutende Rezeption des Berliner Prestige-Hotels „nhow“.

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Gras, das in den

Himmel w채chst 88


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Bambus ist einer der vielseitigsten Rohstoffe. Vom Kaffeefilter bis zum Kunstwerk, vom Gerüst bis zum Parkett – man kann alles aus ihm machen.

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ine Rose ist eine Rose ist eine Rose. Bambus aber ist ein Gerüst, eine Mahlzeit, eine Unterhose, ein Kaffeefilter, ein Tee, ein Bodenbelag, ein Fahrrad – Bambus kann tausend Dinge sein, er ist ein Multitool der Natur. „Der Bambus ist mein Bruder“, so lautet ein vietnamesisches Sprichwort – weil er stets da ist, wenn man ihn braucht, für welchen Zweck auch immer. Überhaupt, es gibt in Asien viele Redewendungen über den Bambus, viele Gleichnisse und Geschichten. Im komplexen chinesischen Go-Spiel gilt die Bambus-Verbindung, eine spezielle Konstellation der Steine, als untrennbar und zuweilen als Rettung in letzter Sekunde. Und im Taoismus spricht man von der „Bambus-Mentalität“: Man weicht unter Druck zurück, aber man kommt wieder – so wie sich auch der Bambus nicht von schweren Schneelasten erdrücken lässt, sondern elastisch in seine Ursprungshaltung zurück schwingt. Reißfest wie Stahl, hart wie Eichenholz. Das ist Bambus. Um Missverständnissen gleich vorzubeugen: Bambus ist kein Holz, sondern ein Gras. In Asien, Nord- und Südamerika sowie Australien kommen die Pflanzen von Natur aus vor; im Himalaya wachsen einige Arten bis auf einer Höhe von 3800 Metern. Zudem werden sie als Nutzpflanze großflächig angebaut und als zarte Zierpflanze kultiviert. Auch in Europa ist man längst auf den immergrünen Geschmack gekommen, ob im eigenen Garten oder in großen botanischen Anlagen, wie den berühmten Bambusgärten in den Schlossgärten Arcen bei Venlo, oder dem Bambushain im Botanischen Garten der Universität Wien, mit 230 Quadratmetern einer der größten in Europa. Rund 1400 bekannte Bambusarten gibt es, manche wachsen klein und streichholzdünn, andere erreichen 30 Zentimeter Durchmesser oder wachsen bis zu 40 Metern hoch – und machen so Bäumen Konkurrenz. Ein Gras, das in den Himmel wächst. Und zwar schnell: in der Regel zehn bis dreißig Zentimeter pro Tag, einige Arten gar über einen Meter! Da kommt kein Nadelwald hinterher; genau das macht den Bambus als Rohstoff und Biomassenproduzenten so interessant – und es brachte Menschen auf böse Gedanken. Grausige Geschichten kursieren, wie noch während des Zweiten Weltkrieges amerikanische Soldaten der sogenannten Bambusfolter ausgesetzt worden seien: Im Liegen über einem Bambusspross fixiert, werde der Gefolterte innerhalb von Tagen von dem starken Spross durchbohrt, erleide dabei unermessliche Schmerzen und sterbe schließlich an seinen Verletzungen. Möglich wäre es, wie der US-amerikanische „Discovery Channel“ vor einiger Zeit mithilfe ballistischer Gelatine bewies: Der Glibber, in der Festigkeit menschlichem Fleisch nach-


„Bambus nährt den Leib und spendet der Seele Ruhe.“

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Der Bambuspavillon ist ein Sinnbild für die Flexiblität des Rohstoffes.

empfunden, wurde innerhalb weniger Tage komplett von einem Bambusspross durchbohrt ... Doch Grusel beiseite, denken wir lieber an niedliche, Bambus mampfende Pandabären. Die friedlichen Nutzungen des Bambus überwiegen eindeutig; jeder ist – bewusst oder unbewusst – wohl schon damit in Berührung gekommen. Und das ganz abgesehen von den Bambussprossen im Schweinefleisch süß-sauer beim Chinesen nebenan. Apropos Nahrungsmittel: Recht unbekannt in Europa, aber beliebt in Asien ist übrigens Tee aus Bambusblättern, der sehr reich an Vitamin C und E ist. Bekannter sind da schon Kaffeefilter aus Bambusfasern (etwa von Melitta), ebenso wie Unterwäsche oder T-Shirts aus Bambus, die unzählige Modehersteller mittlerweile anbieten. Aber Achtung: Bei den Textilien handelt es sich tatsächlich um normale, chemisch hergestellte Viskose. Die Fasern des Grases selbst wären nicht zu Fäden verarbeitbar; bei „Bambuswäsche“ wird lediglich der ViskoseGrundstoff Zellulose aus dem günstigen Gras gewonnen. Meist sind die Pflanzen ja schon nach drei, vier Monaten ausgewachsen, wobei die Ernte – je nach Einsatzzweck – 92


„Bambus beugt sich, aber er bricht nicht.“

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zuweilen erst nach drei, vier Jahren erfolgt, wenn die Stängel richtig verholzt sind. Zum Vergleich: Kiefern oder Fichten werden in der Regel erst nach 80 oder gar 100 Jahren geschlagen (geht es nur um die Nutzung zur Verbrennung teils nach zehn Jahren). Interessant für Produktdesigner, Innenarchitekten und Entwickler ist der Bambus zum einen aufgrund seiner ästhetischen Vielfalt – in Grün changierend, gestreift oder gepunktet, braun oder fast schwarz bringt der Bambus per se eine visuelle Vielfalt mit sich, hinzu kommen die unterschiedlichen Dicken. Zum anderen aufgrund seiner technischen Eigenschaften, der Reißfestigkeit, Biegsamkeit und der natürlichen Leichtbauweise. Die Halme sind innen hohl und durch die sogenannten Internodien – einfacher gesagt: Knoten – in Kammern unterteilt (erkennbar ist dies an den typischen, ringförmigen Verdickungen 94

des Bambusrohres). Genutzt hat diese Eigenschaft etwa der berühmte britische Designer Ross Lovegrove: 2009 stellte er sein „Bamboo Bicycle“ vor, das er für Biomega entwickelt hatte (schon vorher gab es Bambusfahrräder als Kleinserien oder Prototypen, nicht jedoch bei großen Herstellern in Serie). Hier ersetzt der Naturwerkstoff Leichtmaterialien wie Aluminium oder Carbon. Er trat den Trend richtig los, inzwischen werden Bambusfahrräder von zahlreichen Firmen weltweit produziert. Unzählige Möbel und Wohnaccessoires gibt es aus Bambus, vom ikonischen „Blow up Table“ der brasilianischen Gebrüder Campana für Alessi, der auf einem Gewirr zarter Stängel ruht, über den aberwitzig verschlungenen Bambusstuhl des niederländischen Ateliers Remy Verhuizen bis hin zu Kleinteilen wie Schalen, Bechern oder Küchenbrettern. Seine Belastbarkeit macht Bambus auch zum idea-

len Rohstoff für Parkettboden, wie ihn etwa der weltgrößte Bambusbodenproduzent Power Dekor Europe in vielen Varianten herstellt. Bambusboden ist härter als Eichenparkett. Das Gras hat den Wohnraum längst erobert. Am spektakulärsten aber sind immer wieder große Bauwerke aus Bambus. Bis Mitte der 1970er überspannte in der chinesischen Provinz Sichuan die sogenannte „Große Brücke“ den rund 300 Meter breiten Min-Fluss auf, gehalten von unzähligen 18 Zentimeter dicken Bambusseilen, mit sieben Stützen im Wasser konstruiert. Und wer hat noch nicht gestaunt und sich insgeheim gefürchtet beim Anblick der halsbrecherisch wirkenden Bambusgerüste an asiatischen Hochhaus-baustellen? Doch sie sind gar nicht unsicherer oder brüchiger als die bei uns gebräuchlichen Stahlgerüste. Der „Bruder Bambus“ hält die Arbeiter sicher,


„Big Bambú: You Can‘t, You Don‘t and You Won‘t Stop“ heißt das Kunstprojekt der Zwillingsbrüder Mike und Doug Starn, welches 2010 für das MMA in New York gebaut wurde.

„Ein Leben ohne Bambus ist kein Leben.“ altes Sprichwort aus China

zudem ist er eben günstig, leicht zu recyceln und wirkt im Anbau gar noch der Bodenerosion entgegen: Seine Wurzeln durchziehen als riesige Rhizome den Boden. In Asien wird vielerorts auch auf ausgelaugten Reisanbauflächen Bambus angepflanzt; nach einigen Jahren hat sich der Boden erholt und wieder mit Nährstoffen angereichert. Bambus kann also fast alles, hält fast alles aus. Nur eines nicht: Seine Blüte. Die meisten Bambusarten sind sogenannte „monokarpe Pflanzen“, sie sterben nach der Blüte ab. Das Wundersame dabei: Bambusse blühen (und sterben also) synchron und periodisch, je nach Art alle 12 bis 120 Jahre. Zuweilen wird da den asiatischen Pandas das Essen knapp. Und auch in Europa ist alle paar Jahrzehnte der Aufschrei unter den Gärtnern groß, wenn wieder eine Bambusart fast überall gleichzeitig kaputt geht. Doch zum Glück wächst der neue ja schnell nach.

Bambusschale von Alessi

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Hochstapler BY Markus Meuthen

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Ring Bulgari

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Ringe H.STern

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Armreif/Ring goldScHmiede ScHuBarT

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sexy house

Geliebt, gehasst, bewundert und verflucht – das Korsett. Mit seiner Verdammnis aus dem Alltag gelang nicht nur dem Frauenkörper ein Befreiungsschlag, auch der Geist der Damenwelt fühlte sich frei und endlich in der Lage durchzuatmen. Als Standardkleidungsstück bereits seit dem ersten Weltkrieg von der Bildfläche verschwunden, erfreut sich das Korsett jedoch bis heute einer weltweiten Fangemeinschaft. Die Faszination ist ungebrochen – die Grenzen zum Fetischismus sind fließend. von Anne Weber 102


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1890: die französische Sängerin Polaire trägt eines der berühmten Wespentaillenkorsetts

US-Schauspielerin Ava Gardner

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on der Haute Couture, die das Spiel mit verschieden Stilen und Epochen liebt, zutiefst verehrt, immer mit der Erotik, Schönheit und nackten Haut des in Sze ne gesetzten und doch verhüllten Frauenkörpers spielend, ist das Korsett in der Fashionwelt ein Dauerbrenner. Sei es das Haus Christian Dior, das in Erinnerung an das Debüt seines Altmeisters fast keine Couture Kollektion ohne Korsettentwurf auf den Laufsteg schickt – Thierry Mugler der bei seinen dramatischen, fast an Rüstungen erinnernden Entwürfen, oft auf die Korsettmacherei setzte – Christian Lacroix, der bis zu seiner letzten Haute Couture Kollektion im Jahr 2009 sein Markenzeichen "Le Pouf" den Ballonrock, häufig in Kombination mit Korsettoberteilen präsentierte – John Galliano der 2004 die Korsetts für Kylie Minogue’s "Showgirls" Tour entwarf – Atelier Versace’s aufwendige Abendroben, die ihre sexy Formen immer wieder durch geschnürte und versteifte Mieder erhalten – und nicht zuletzt auch Jean Paul Gaultier, der 1990 die Kostüme für Madonna’s "Blond Ambition"-Tour kreierte und insbesondere durch das lachsrosa Korsett mit den konischen Körbchen weltberühmt wurde. Doch die heutigen Korsetts der Modewelt haben mit den Folterwerkzeugen vergangener Zeiten wenig zu tun. Seit Beginn des 20. Jahrhunderts betreiben nur noch wenige die Taillenverkleinerung bis zur Perfektion. Als Frau mit der schmalsten je dokumentierten Taille gilt die Engländerin Ethel Granger. Die 1974 verstorbene Dame schnürte ihre Taille auf beeindruckende 33 Zentimeter. Die schmalste Taille einer Lebenden gehört Cathie Jung. Die Amerikanerin muss ihr Korsett 24 Stunden am Tag tragen. Alltags gibt sie sich mit einem Taillenumfang von 43 Zentimetern zufrieden. Zu besonderen Anlässen rüstet sie auf 38 Zentimeter um − alles freiwillig und einem selbstgesetzten Schönheitsideal nacheifernd. Die Geschichte des Korsetts ist aber auch eine Leidensgeschichte. Im Laufe der Zeit veränderte es mehrmals seine Form und auch die Versteifungsmethoden wandelten sich mit dem Fortschritt der Technik. Die Renaissance-Epoche machte dem zuvor herrschenden Hang zu üppigen Formen ein Ende. Als das Modeideal ab dem 16. Jahrhundert die Wespentaille vorschrieb, hatte das leider auch oft gesundheitliche Schäden zur Folge. Der Begriff Korsett wurde erst im 19. Jahrhundert gebräuchlich, davor bezeichnete man das durch diverse Einlagen versteifte Kleidungsstück als Mieder, Leibstück, Schnürleib oder Schnürbrust. Das älteste erhaltene Korsettexemplar ist mit Rohr versteift und stammt aus dem Grab der 1562 verstorbenen Eleonora di Toledo. Doch schon davor vermutet man, aufgrund der ab circa 1530 in Gemälden dar-


Coco Chanel, selbstbewusst und 'naturschlank', stellte eine der ersten Modekollektionen vor, die ohne Korsett tragbar waren.

gestellten Formen und Linien der Damenoberkörper, die Existenz von Korsetts. Der Rand der Ausschnitte lag hier noch relativ hoch und drückte die Brust flach und nicht hinauf. In den folgenden Jahre wurde es zum Trend, den Busen besonders zu betonen. Frauen trugen Kleider mit tiefen Dekolletés und zeigten viel nackte Haut. Um ca. 1640 entwickelte sich somit eine neue Korsettform, ebenfalls konisch, aber die Brust betonend und hochhebend. Der Teil darunter allerdings wurde so eng geschnallt, dass die Damen nicht nur Höllenqualen litten, sondern auch zum Teil schwere Deformationen der inneren Organe erlitten. Mit einigen kleinen Veränderungen blieb diese Form bis zur Zeit der Französischen Revolution erhalten. In den darauffolgenden Zeiten des Directoire, Empire und frühen Biedermeier rutschte die Taille höher und saß fast direkt unter der Brust. Erst um 1820 bewegte sich die Position der Taille in der Mode wieder dorthin, wo sie tatsächlich zu finden ist. Nun wurden die Formhilfen wieder notwendig und ganz allgemein als Korsetts und nicht mehr als Schnürbrüste bezeichnet. In den Jahren des Dandytums, von 1820 bis 1850, trugen häufig auch Männer Korsetts. Die Sanduhrform, die heute noch als klassische Korsett-

Damen im Korsett, Skizze aus dem 18. Jahrhundert.

form gilt, entwickelte sich zwischen 1840 und 1870. Es galt als besonders elegant, wenn der Taillenumfang nicht mehr als 43 – 53 cm maß. Je geringer die Taillenweite wurde, desto länger wurden die Korsetts und formten nun auch Hüfte und Bauch, die bei den früheren Formen unter dem Korsettende hervorquollen. Um 1900 entwickelte sich eine neue Korsettform, die eine sehr unnatürliche Haltung erzwang. Bauch und Hüfte wurden so fest zusammengepresst, dass sich Busen und Po extrem nach außen wölbten und ein starkes Hohlkreuz erzeugt wurde. Entsprechend der dadurch entstehenden Profillinie nannte man dieses Modediktat S-Korsett oder S-Linie. Ab 1910 endete das Korsett unterhalb der Brust und nur wenige Jahre später geriet es völlig aus der Mode. Die stärker werdende Frauenbewegung und die damit gewonnene soziale Freiheit brachte auch die Notwendigkeit von Bewegungsfreiheit mit sich. Frauen durften sich nun in ihrer Freizeit sportlich betätigen, aber auch die Berufstätigkeit nahm, vor allem wegen des ersten Weltkrieges, stark zu und erforderte eine natürliche und bequemere Mode. Coco Chanel wird gerne als Befreierin der Damenwelt aus dem Korsett bezeichnet. In Wirklichkeit war sie aber wohl erst die zweite Modeschöpferin, die eine ohne 105



Dem Schönheitsideal den Kampf angesagt: heutige Korsetts ersparen der Trägerin die Höllenqualen, die den Damen der Vergangenheit das Lächeln auf den Lippen gefrieren ließen.


Jean Paul Gaultier mit Dita von Teese, die Muse der Korsettdesigner

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Korsett tragbare Kollektion vorstellte. Der Franzose Paul Poiret, Coco Chanels stärkster Konkurrent, war der erste, der elegante korsettfreie Entwürfe kreierte. Bis zum Ende des Ersten Weltkriegs wegweisend, musste er allerdings nach Kriegsende das Feld für Madame Coco räumen. In der Burlesque aber lebt das Korsett weiter. In London beschrieb dieser Begriff bereits seit dem 19. Jahrhundert nicht mehr, wie ursprünglich eine grob-komische, humorvolle und parodistische Form des Unterhaltungstheaters, sondern bezeichnete eine erotisch aufreizende Show, bei der die Dar-

stellerinnen sich bestimmter Kleidungsstücke entledigten. Andere, allen voran das Korsett, bauten sie als elementar wichtige Requisiten in ihre Darbietung ein. Es ging viel mehr um das Kokettieren mit nur leicht verhüllten Reizen, als um die vollständige Nacktheit. Am Anfang des 20. Jahrhunderts entstand die moderne Burlesque als Bühnenshow. Vor allem die Pariser Varietétheater wie das Moulin Rouge oder Folies Bergère waren die Vorreiter dieser Unterhaltungsshows. Mit dem Beginn des Striptease nach 1930 war es aber mit der Popularität der angedeuteten Nacktheit zunächst vorbei. Doch wenn auch nicht im Fokus der Aufmerksamkeit, existierte die Burlesque in verschiedenen Formen weiter und passte sich dem jeweiligen Zeitgeist an. Im Jahr 1947 machte das Korsett einen kurzen Ausflug zurück in die Modewelt. Christian Dior stellte in diesem Jahr seine erste eigene Modekollektion vor. Seine feminineleganten Entwürfe wurden als New Look oder auch Style Nouveau gefeiert. Er selbst nannte die Kollektion ‚Ligne Corolle’ – Blütenkelch-Linie. Dior wollte der praktischen Mode der Kriegsjahre ein Ende machen. Schmale Taillen, mit Korsetts gestützte Oberteile und weit schwingende Röcke zeichneten seine Kreationen aus. Das Korsett, in einer abgespeckten Variante des Taillenkorsetts, erlebte ein kurzes Fashion-Comeback, aber schon in den 50er Jahren verschwand es wieder. Die Burlesque aber liebäugelte nun mit der aufkommenden Pin-up-Kultur. Die Amerikanerin Bettie Page war eine der bekanntesten Darstellerinnen dieser Zeit. Sie gilt als Wegbereiterin der sexuellen Revolution. Als erstes bekanntes Bondage- und Fetischmodel gilt sie als eine der meist fotografierten Frauen der 50er Jahre. Die Königin des Pin-ups erschütterte die bürgerliche Moral und gewann so nicht nur männliche, sondern auch viele weibliche Fans. Ihre legendäre Ponyfrisur und ihr erotisch-naiver Stil werden heute noch häufig von Pin-up-Models kopiert. Das Sexsymbol war Inspiration für Comicfiguren, Modeschöpfer und den Rockabilly Style. Durch ihre Fotografien und Filme hielten Fetisch und Glamour Einzug in die Burlesque. In den 1960er Jahren verlor das Genre durch die zunehmende Verbreitung von Pornographie und die Frauenbewegung an Bedeutung. Doch seit den 90er Jahren erlebt die Burlesque als sogenannte New Burlesque eine Renaissance. Auch hier geht es nicht um den klassischen Striptease, sondern vielmehr um das Erschaffen einer eigenen künstlichen Identität der Darstellerinnen. Mit Hilfe von Künstlernamen, Kostümen und Accessoires wird mit Erotik kokettiert. Pin-up-Posen und Fetische sind ebenso feste Bestandteile der New Burlesque, wie das Tragen eines Korsetts.


Naomi Campbell, hier in Korsettcréationen von Jean Paul Gaultier

"Jean Paul Gaultier" von Farid Chenoune, Assouline Verlag

Eine moderne Version der Korsage von Atelier Versace

Ein seltenes Stück aus dem Jahr 1883, mit sinnlicher Materialvielfalt und erotischen Kurven

Eine der bekanntesten Künstlerinnen der New Burlesque ist Dita von Teese, die ihr Vorbild Bettie Page als ‚den Wind unter ihren Quasten’ bezeichnet. Neben Handschuhen, Reitgerten und Nahtstrümpfen ist das Korsett eines ihrer wichtigsten Accessoires. Die Besitzerin von mehr als 400 verschiedenen Modellen erinnert sich noch genau an das Gefühl, das erste Mal eingeschnürt gewesen zu sein. Sie empfand es als bizarr, erotisch und wunderschön. Für sie ist das Korsett ein ‚reizendes Paradox’, da es Brüste, Taille und Hüfte betont, aber zugleich den Zugang zum Körper verschließt.

Der wohl bedeutendste Korsettmacher der heutigen Zeit ist der gebürtige Südafrikaner Mark Pullin, besser bekannt als Mr. Pearl. Als Fetisch-Legende, die selbst Korsett trägt, schnürt er seine Taille auf weniger als 45 cm zusammen. Anfang der 90er Jahre verbrachte Mr. Pearl drei Jahre in New York, wo er Thierry Mugler kennenlernte und für Maison Mugler zu arbeiten begann. Mugler war es auch, der ihm Paris näherbrachte, wo er heute lebt und arbeitet. Mr. Pearl ist ein absoluter Perfektionist und behandelt das Handwerk der Korsettmacherei mit einer solchen Ehrfurcht,

dass er sich selbst anfangs nicht zu den wenigen noch existierenden Meistern dieser Zunft zählen wollte. Mittlerweile hat er sich diesen Titel aber wohl unumstritten verdient. Zu seinen Kunden gehören Kylie Minogue, Victoria Beckham, Jerry Hall und auch Dita von Teese. Die Couture Ateliers der Modehäuser Mugler, Lacroix, Galliano und Gaultier wenden sich an ihn, wenn sie einen Meister der Korsettkunst für ihre Laufstegentwürfe brauchen. Ohne Exzentriker wie Mr. Pearl wäre diese Welt doch um einiges langweiliger – Le corset est mort, vive le corset! 109


MODERN TIMES

„Vollkommenheit entsteht offensichtlich nicht dann, wenn man nichts mehr hinzuzufügen hat, sondern wenn man nichts mehr wegnehmen kann.“ Antoine de Saint-Exupéry.

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Schönheit kann einfach sein. In der Ruhe liegt die Kraft.

Das „Hamman“ im Qasr Al Sarab Desert Resort in der legendären Liwa-Wüste lässt dennoch keine Wünsche offen.


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agsüber flimmernde Hitze, nachts bittere Kälte. Nur wer sich anpasst und Entbehrungen in Kauf nimmt, kann hier existieren. Die Wüste ist ein lebensfeindlicher Ort und dennoch von solch magischer Schönheit, dass ihr die Menschen verfallen. Immer wieder zieht es sie in steinige Täler und auf sandige Dünen. Wüstenreisende sind süchtig nach der Einsamkeit, der meditativen Stille und grenzenlosen Weite – ein Verlangen, das zahlreiche Reiseveranstalter zu stillen wissen. Fast alle Wüsten dieser Erde können bereist werden. Jeder Urlaubsanspruch findet seine Erfüllung, von ursprünglich bis unglaublich luxuriös, alles ist möglich. Miriam und Daniel aus Hamburg haben sich für eine traditionelle Wüstentour entschieden. Zwei Wochen lang erleben sie in Marokko die Sahara hautnah und reisen authentisch auf dem Rücken eines Kamels. Ein aufregendes Erlebnis, doch allzu pingelig darf man nicht sein. Der Verzicht auf Komfort ist nicht jedermanns Sache, das Reiten auch nicht. „Irgendwann muss man raus aus dem Sattel und zu Fuß weitergehen. Keiner aus unserer Karawane hält einen ganzen Tag auf dem Kamel aus“, erklärt Daniel, der trotz schmerzender Kehrseite bester Laune ist: „Es ist unsere vierte Wüstenreise und sicher nicht die letzte. Wir lieben diese Reduziertheit, die Einfachheit. Hier lassen wir wirklich alles hinter uns und konzentrieren uns auf die wichtigen Dinges des Lebens. Mehr Erholung geht nicht.“ Miriam verzichtet sogar freiwillig auf die Unterbringung in einem Zelt, schließlich sei der fantastische Sternenhimmel in der Wüste das Schönste, was sie jemals gesehen habe, und das möchte sie jede Nacht genießen. Die fehlende Dusche oder die gemeinschaftliche Chemietoilette sind auch für die Mitreisenden kein Thema. Auf der Suche nach innerer Klarheit meditieren manche im Schatten eines Sonnensegels oder üben Asanas. Auch das ist ein Trend, der vor der Wüste nicht halt macht: Meditations- und Yogareisen. Umgeben von entrückter Schönheit und eindringlicher Kargheit, bietet die Wüste scheinbar die idealen Voraussetzungen, um Körper, Geist und Seele in Einklang zu bringen.

Foto: Dave Morris

„Wer die Wüste nicht kennt und ihren Atem nie gespürt hat, wird ein Leben lang erfüllt sein von Sehnsucht, denn nur hier, wo Allah alles Überflüssige entfernt hat, findet ein Mensch die Unendlichkeit.“ (arabisches Sprichwort) von Petra Dietz

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s fällt leicht, sich ohne Ablenkung auf das „Bahr belà mà“ – das Meer ohne Wasser, so Wesentliche zu konzentrieren, und sich bezeichnen die Araber die Sahara, die wohl Dingen zuzuwenden, die im Alltag berühmteste und mit neun Millionen Qualeicht untergehen. Der 1995 verstor- dratkilometern auch größte geschlossene bene Autor, politischer Aktivist und Trockenwüste der Welt. Flächenmäßig entTuareg Mano Dayak, bringt es in spricht sie der Landmasse der USA und zieht seinem Buch „Geboren mit Sand in sich durch elf afrikanische Länder, unter anden Augen“ poetisch auf den Punkt: derem Ägypten, Tunesien, Algerien, Marokko, „Jedes Mal, wenn ich der Wüste gegen- Sudan und Libyen. Das Meer ohne Wasser überstehe, führt sie mich auf die erre- beherbergt zahlreiche Wüstenarten, die gende Reise in mein eigenes Ich, in dem bekannte und markante Sandwüste macht wehmütige Erinnerungen, Befürchtungen allerdings nur 20 Prozent der Gesamtfläche und Hoffnungen des Lebens miteinander aus, der Rest teilt sich auf in Kies- und Steinstreiten …“ wüste.

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Zauber aus 1001 Nacht – Wüstenhotels sind ein Traum, der Märchen wahr werden lässt.

Foto: Guillaume

Wüste hautnah erleben und dennoch nichts missen müssen: im Qasr Al Sarab Desert Resort mit Klimaanlage, Sat-TV und W-LAN.

Für jede Wüste ist der minimale Niederschlag charakteristisch – für die Sahara in Afrika, die Salzwüste Salar de Uyuni in Bolivien oder die Wüste Gobi in Mittelasien: weniger als 150 Liter pro Quadratmeter jährlich. Maximal fünf Prozent einer Trockenregion sind mit Vegetation bedeckt, nur wenige Pflanzen können unter solch lebensfeindlichen Bedingungen existieren. Ein Fünftel der Erdoberfläche, das sind etwa 30 Millionen Quadratkilometer, wird von Wüstenlandschaften eingenommen. Es gibt sie auf jedem Kontinent, selbst in eisigen Gebieten, so gilt das Wright Valley in der Antarktis als trockenste Region der Erde. Die Wüste ist ein Ort der Extreme und führt Menschen zusammen, die das Extreme suchen, wie die Teilnehmer des „Marathon des Sables“ in Marokko. Innerhalb von sieben Tagen legen unerschrockene Wüstenläufer in sechs Etappen 240 Kilometer zurück. Wer eine weniger anstrengende Fortbewegung bevorzugt, kann mit einem geländetauglichen Vehikel durch endlose Wüstenlandschaften pflügen. Ob in einem Allradfahrzeug oder auf einem Motorrad – zahlreiche Veranstalter bieten Abenteuerhungrigen die Möglichkeit, ihren Übermut im heißen Sand abzukühlen. Abends, am Camp-Lagerfeuer, werden die Erlebnisse ausgetauscht. Dass dabei der eine oder andere aus einer Sanddüne gezogen werden musste, wird zurück in der Heimat aber gerne verschwiegen. Entbehrungen und der Verzicht auf Komfort, schätzen nicht alle Wüstenreisende. Im Schlafsack nächtigen, im Sand gebackenes Brot verspeisen und auf die tägliche Dusche verzichten? Für viele Wüstentouristen undenkbar. Auch sie erfreuen sich an pittoresken Felsformationen und in der Sonne glitzernden Sanddünen – allerdings umgeben von erlesenem Luxus und extravagantem Lifestyle. In exklusiven Lodges, Resorts, Hotels und Camps erlebt man die Wüste vielleicht nicht so intensiv wie auf einer Kamel-Trekkingtour, dafür aber besonders komfortabel – und mit eigenem Badezimmer. Das Qasr Al Sarab Desert Resort by Anantara in der legendären Liwa-Wüste ist solch ein stylisches Refugium der Superlative.

Traditionelles Beduinenzelt: Hier kommen die Männer zusammen zum Teetrinken und Shisha-Rauchen, um sich zu beraten und gemeinsam Entscheidungen zu treffen.

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aum vorstellbar, dass das Fünf-Sterne-Hotel im endlosen Nichts nur eine 30-minütige Autofahrt von Abu Dhabi entfernt ist. Geschickt vereint die edle Herberge mystischen Charme und High-End-Hotelerie. Dass die ockerfarbene Anlage ein Hotel ist, erkennt man erst aus der Nähe. Die Architekten ließen sich von den altertümlichen Festungen der Region inspirieren und schufen Chalets, die sich mit ihrer strengen rechteckigen Struktur, aufgelockert mit Türmchen und Erkern, perfekt in die Landschaft einfügen. Eingebettet zwischen honiggoldenen Dünen können die gut betuchten Resortgäste die Wüste hautnah erleben, Klimaanlage, Sat-TV und W-LAN inklusive. Jedes Zimmer ein orientalischer Traum und wem das nicht reicht, der bucht eine der großzügigen Suiten mit privatem Plunge-Pool. In seinem 1001-NachtQuartier kann man in absoluter Privatsphäre nobel relaxen und mit etwas Glück sogar eine Oryx-Antilope oder Gazelle erspähen.

len gebaut. Wer den unglaublichen Sternenhimmel genießen möchte, rollt einfach die Zeltplanen auf und hat freie Sicht aufs funkelnde Firmament. In der ägyptischen Siwa Oase leben seit rund 12.000 Jahren Menschen, die einen eigenen Baustil, eigene Sitten und sogar eine eigene Sprache entwickelt haben. Hier, am Fuße des mystischen „White Mountain“, liegt das einzigartige Öko-Luxusresort Adrére Amellal, das sich mit traditionellem Design und lokaler Handwerkskunst perfekt dieser ursprünglichen Umgebung anpasst. Seine 40 Eco-Lodges wurden aus Salz, Lehm

und Sand gefertigt. Elektrizität und Telefon gibt es nicht, dafür Kerzenschein, Fackeln und einen Pool, der durch eine natürliche Wasserquelle gespeist wird. Ein geradezu magischer Ort, der sich zu Recht als „a place out of time“ bezeichnet. „Der in die Wüste geht, kommt als ein anderer zurück“, heißt es in einem arabischen Sprichwort. Es trifft auf jeden zu. Ob auf dem Rücken eines Dromedars oder zu Fuß, in einem schlichten Camp oder einem luxuriösen Resort – die Wüste verändert ihre Besucher auf ihre ganz eigene Weise.

Wüstenromantik pur: Candle-Light-Dinner luxuriös im Suhail Restaurant des Qasr Al Sarab Desert Resort oder beduinisch bodenständig im Hazeerah-Camp

Wer es eher ursprünglich, ein wenig abenteuerlich und dennoch behaglich mag, ist in der Wolwedans Dunes Lodge in Namibia bestens aufgehoben. Von den privaten Unterkünften eröffnet sich ein grandioser Blick auf die beindruckenden, tiefroten Sanddünen des privaten Naturreservats Namib Rand. Die exklusiven Wüstenchalets sind auf Pfäh116


„Der in die Wüste geht, kommt als ein anderer zurück.“ Foto: Hotel Faena

Das Qasr Al Sarab Desert Resort verlässt man gewiss erholter und entspannter ...

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ThÁi-CÔng Ein Mann räumt ein. von Hannah Bauhoff

Den selbsternannten Hütern des guten Geschmacks dreht sich beim Anblick der von Interiordesigner Thái Công Quach gestalteten Räume der Magen um. Überall stapeln sich Gegenstände verschiedenster Stilrichtungen, es mangelt nicht an Gold, Glamour und Opulenz. Doch nach den ersten Sätzen ist klar: Für Unpraktisches hat Công nichts übrig – erstaunlicherweise.

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Die Schönheit liegt im Auge des Betrachters.

„Meine Intention ist es, Menschen emotional zu bewegen. Das ist der wichtigste Grund bei all meinen Arbeiten.“

Objekt Böhmersweg, Hamburg

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Hauptsache Wohlfühlen: echtes Holz im unechten Kamin – Thái Công privat.

ristallene Lüster, eine mit Rochenhaut bezogene Kommode und edle Seide – der Designer Thái Công Quach liebt es, Innenräume opulent zu gestalten. Statt der sonst propagierten minimalistischen Inneneinrichtung – Vintage-Sofa neben modern-kühler Bauhauslampe vor hellgrauer Sichtbetonwand im fast leeren Loft – kreiert der gebür- kenzeichen des zierlichen 36-Jährigen. Zum Interview ertige Vietnamese aus einem scheinbar wilden Durchein- scheint Công perfekt gekleidet in der Hamburger Hafenander an Stilen, Objekten und Mustern ein Gefühl von city: Nadelstreifenanzug, Einstecktuch, die Haare sitzen eleganter Behaglichkeit. Egal, ob Bad, Salon oder Ein- einwandfrei. Kein Wunder, denkt man sich, schließlich gangsbereich, bei Công gibt es keine Tabus. Hier trifft hat der Wahlhamburger zunächst Modedesign studiert der Stuhl aus den 1920ern auf Sessel im Louis-XVI-Stil. und danach als Stylist und Fotograf gearbeitet. Schwere, dicke, schlammfarbene Teppiche ruhen vor Im Gespräch wird schnell klar: Công ist praktisch goldverzierten Ornamenttapeten. Und dazwischen hän- veranlagt, er ist geradezu pragmatisch. Dieser Mann gen immer wieder großformatige Schwarzweißfotos sei- weiß, was er entwirft. Die kleinen viereckigen Tische in ner Eltern an den Wänden. der Lounge beispielsweise sind eigentlich Einzeltische, Công ist ein Meister der Inszenierung: In seinen ergeben aber aneinander aufgereiht einen edlen, KonfeRaumkonzepten gehört der Stapel Bücher ebenso zum renztisch, der verschiedene Anforderungen erfüllt: man Arrangement wie das Holz im künstlichen Kamin. Trotz kann daran schreiben, das Papier rutscht nicht weg, es der Fülle an Objekten wirken die Wohnungen angenehm ist nicht zu kalt für die Unterarme – und gleichzeitig ist natürlich und unaufdringlich belebt. Gerade so, als wäre er so neutral gehalten, dass man auch jederzeit darauf jemand von einer großen Reise nach Hause gekommen essen kann. Seine Beschreibung löst Erleichterung beim und hätte von überall besondere Souvenirs mitgebracht. Zuhörer aus. Vielleicht liegt es an der Klientel, vielleicht auch am Geldbeutel, dass die Looks sich ähneln. 1000 Euro mindestens kostet es pro Công ist ein Meister der Inszenierung: Quadratmeter, wenn Thái Công die Räume einrichtet. Wladimir Klitschko und Barbara SchöDer Stapel Bücher gehört ebenso zum neberger zählen zu seinen Kunden, der Fußballer Rafael van der Vaart hat sich wenigstens Arrangement wie das Holz im künstlichen beraten lassen. Auch die „Thái Công Lounge“, ein Veranstaltungsraum mit Dachterrasse in Kamin. Trotz der Fülle wirken die der Hafencity, sieht edel aus. Dieser pompöse Stilmix entwickelt sich zusehends zum Mar

Wohnungen angenehm natürlich und unaufdringlich belebt.

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r sieht seine Arbeit als Service für den Menschen. Công würde es nie im Leben einfallen, die Lebensgewohnheiten seiner Kunden nicht zu berücksichtigen. Sein Auftreten ist angenehm. Höflich, zurückhaltend, mit sehr guten Manieren, bewahrt er eine klare Haltung, kein Anbiedern, eher ein prüfendes Abwarten. Er wirkt in der Realität ganz anders als auf all seinen Fotos – weder weltfremd noch arrogant oder gar unnahbar, sondern bodenständig und aufgeschlossen. So sind wohl auch seine Kunden, von denen er erwartet, dass sie offen für Veränderungen sind und Vertrauen in ihn und seine handwerklichen Fähigkeiten haben. Nimmt er einen Auftrag an, wird er zunächst zum genauen Beobachter. Es ist nicht die Neugierde, die ihn treibt, alles über den Kunden und seine Lebensweise herauszufinden. Es ist das professionelle Interesse. „Ich bin ein Maßschneider für Räume. Um einen Raum für den Kunden zu gestalten, muss ich ihn als Menschen verstehen.“ So gelingt es ihm, das passende Interior für seinen Auftraggeber zu kreieren. Für einen Morgenmuffel entwirft er einen Frühstücksraum, wo dieser unangezogen und unrasiert im Morgenmantel in Ruhe Kaffee trinken und die Zeitung lesen kann, ohne gesehen zu werden. Wandeln sich die Lebensumstände durch Kinder oder Haustiere, so passen sich die Innenräume an. Er bleibt diskret, zitiert lieber aus der Sprache der Mode und spricht von „Basics“ als Grundausstattung und „add ons“ – Accessoires, die einem Raum persönlichen Charakter geben. Wenn man einen Raum betritt, sollte man vergessen, wo man ist. Man darf ihn einfach nur spüren. Das ist seine Philosophie. Um sie umzusetzen, beherrscht er die verschiedenen Künste: Setting, Fashion, Photographie und Interiordesign. Dies sei die Königsdisziplin, findet Thái Công, denn hier vereint er alle Disziplinen. Doch im Grunde hat er nur ein Ziel: „Meine Intention ist es, Menschen emotional zu bewegen. Das ist der wichtigste Grund bei all meinen Arbeiten,“ sagt der Designer.

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Es ist egal, ob ich zaubere, fotografiere oder Interiors entwerfe.“ Seine Inspirationen bekommt er auf Reisen, auf die er auch seine Kunden mitnimmt und sie in die verschiedenen Stilwelten einführt. „Ein Kunde beispielsweise wollte sein Haus im britischen Stil einrichten. Dann sind wir zusammen nach London gereist, um vor Ort dieses Lebensgefühl aufzunehmen, um uns englischen Gegenständen und Gewohnheiten zu nähern.“ Bei aller weltmännischen Professionalität flackert doch hin und wieder eine Leidenschaft aus Jugendzeiten durch: as Zaubern. Im Alter von 14 bis 18 Jahren war Công Zauberkünstler, sogar zum Deutschen Meister in dieser Disziplin hat er es gebracht. Aus dieser Zeit stammt sein Logo, das eine Taube symbolisiert. „Magie“, sagt Công und nippt an seinem Tee, „ist alles.“ Er will die Menschen verzaubern, denn die Magie des Lebens findet heute und jetzt statt. Das gelingt tatsächlich. Công hat ein sehr feines Gespür für Stimmungen, Menschen und Situationen. Das Verzaubern gilt auch für die Raumgestaltung. Es ist unwichtig, wie teuer etwas ist, wenn man sich in diesen Raum verliebt hat. Und dann will man als Besucher bestimmte Details einfach nicht wissen – zum Beispiel, dass die dunkelbraunen Sessel mit Ponyfell bezogen sind.

Thái Công liebt und lebt seine Profession: Thái Công privat

Von Fernost über New York nach Hamburg – über Geschmack lässt sich streiten. Thái Công bekommt seine Inspirationen auf Reisen, auf die er auch seine Kunden mitnimmt.


„Magie ist alles.“ sagt Thái Công, der in seiner Jugend Deutscher Meister im Zaubern war ...

Mut zum Muster: Objekt Böhmersweg, Hamburg

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IN DER

MITTE DES

REICHES Immense Rohstoffvorkommen verwandelten einen beschaulichen Ort am Rande der W체ste Gobi in eine der schnellst wachsenden St채dte Chinas. Jedoch hat New Ordos bis heute 95 Prozent Leerstand. von Norman Kietzmann 110

Fotos: Matthew Niederhauser Institute


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olken von rotem Sand ziehen über die Straßen hinweg wie in der Eröffnungssequenz eines Western-Films. Fensterläden sind fest verschlossen, während nur selten Fahrzeuge den Asphalt säumen. Von

Passanten weit und breit keine Spur, obwohl die Häuser dicht an dicht in einer Reihe stehen. Doch die Kulisse, die durchaus für eine Szene aus „Zwölf Uhr Mittags“ herhalten mag, liegt nicht im Wilden Westen, sondern vielmehr im rätselhaften Osten.

New Ordos lautet der Name einer aufstreben Stadt im Norden Chinas, die zu zweifelhafter Berühmtheit gelangte. Der Grund: Es ist menschenleer an diesem Ort, der in den vergangenen elf Jahren im Rekordtempo aus dem Boden schoss. Apartments für mehr als 300.000 Menschen wurden errichtet, von zweigeschossigen Reihenhäusern mit pittoresken Vorgärten bis hin zu jenen vertikalen Wohnsilos, die auch die Stadtbilder von Peking, Shanghai oder Hongkong prägen. Doch während neue Wohnungen dort auf Anhieb von ihren Besitzern in Beschlag genommen werden, stehen sie in New Ordos weiter leer. Kaum mehr als 6000 Bewohner leben und arbeiten in der Stadt vom Reißbrett, die die Verantwortlichen dennoch als Erfolg bewerten.

Was aus westlicher Sicht nur schwer zu verstehen ist, findet seinen Ursprung in der chinesischen Bürokratie. Denn die Kommunen decken seit Ende der achtziger Jahre nur noch einen geringen Teil ihres Haushalts durch Gelder aus Peking. Rund zwei Drittel ihrer Ausgaben für Schulen, Krankenhäuser, Schwimmbäder und sonstige Infrastruktur müssen sie zusätzlich zu ihren Steuereinnahmen auf anderem Wege finanzieren. Die gängige Methode: Da sich sämtlicher Grundbesitz in China in kommunaler Hand befindet, können sie ihre jährlichen Haushalte über die Verpachtung oder den Verkauf von Büros, Wohnungen und Gewerbeeinheiten ausgleichen. Je mehr Immobilien eine Stadt vermietet oder verkauft, desto praller füllt sie ihre Brieftasche.


Die Finanzbeamten von Ordos nahmen ihre Aufgabe sehr ernst und entwickelten einen ehrgeizigen Plan: Etwa 25 Kilometer südlich des historischen Stadtzentrums errichteten sie die Satellitenstadt Kangbashi, besser bekannt unter dem Namen „New Ordos“, und boten deren Wohnungen und Büros zum Verkauf an. In China, wo Grundbesitz nicht besteuert wird und viele Anleger angesichts eines weiterhin boomenden Aktienmarkts nach neuen Investitionsmöglichkeiten suchen, ein durchaus vielversprechendes Konzept.

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Doch warum sollte jemand ausgerechnet inmitten der mongolischen Steppe investieren? Die Ursache für den Boom liegt tief im roten Sand, auf dem die Stadt gebaut wurde. Denn außer den wenigen Händlern, die allein der Kashmir-Wolle wegen die 920-KilometerZugstrecke von Peking auf sich nahmen, kamen früher nur wenige Besucher nach Dongsheng. So hieß die Stadt am Rande der Wüste Gobi, bis Geologen im Jahr 2000 immense Rohstoffvorkommen in ihrem Untergrund ausmachten. Rund ein Drittel des Erdgases und ein Sechstel der Kohle, die bislang in China gefunden wurden, vermuten 114

Experten unter der sandigen Steppe. Ein Sensationsfund, der in der rohstoffgierigen Großmacht für Aufruhr sorgte und die beschauliche 430.000-Einwohner-Stadt mit einem Mal auf den Kopf stellte. Keine zwölf Monate vergingen, bis die Region mit Beginn des chinesischen Neujahrs 2001 zur Sonderwirtschaftszone erklärt wurde. Auch ein neuer Name musste her. Aus Dongsheng wurde Ordos (dem mongolischen Wort für „Paläste“), das fortan nur einen kleiner Stadtteil inmitten eines weitaus größeren Konglomerats bilden sollte. Genau an dieser Stelle schlug die Stunde der Stadtvater. Denn was


tun, mit den Milliarden, die künftig aus ihrem Boden gefördert werden? Um das Geld in der Region zu behalten und nicht in die Hauptstadt oder andere Wirtschaftszentren des Landes abwandern zu lassen, begannen sie mit der Planung von New Ordos. Straßen, Wohnungen, Büros, ein Bahnhof sowie ein Flughafen wurden gebaut, ohne dass zunächst ein erkennbarer Bedarf zu erkennen war. Das musste es auch nicht. Angesichts der sprudelnden Milliarden rückte die wirtschaftliche Vernunft erst einmal in den Hintergrund. 115


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Früher oder später, so die Einschätzung der Beamten, werden sich schon Käufer finden. Und in der Tat: Dank geschickter Vermarktung wurden ihnen die neuen Apartments von Anlegern aus halb China regelrecht aus der Hand gerissen. Das Geld, das zurück in die kommunalen Kassen floss, wurde wiederum in weitere Neubauten investiert und der Bauboom zusätzlich angefacht.

Dabei bemühte sich die Stadt vom Reißbrett erst gar nicht, urbanes Leben zu erzeugen. Wohnen, Arbeiten und Freizeit wurden mit breiten Parkanlagen und vierspurigen Straßen fein säuberlich voneinander getrennt, wie einst in den Städteplanungen der sechziger Jahre. Selbst die Wohnviertel wurden nach der Größe und Anmutung ihrer Gebäude unterteilt, als wären sie ein urbaner Themenpark: westlich von Zentrum liegen geklonte Reihenhaussiedlungen amerikanischer Bauart mit gelben, hölzernen Fassaden und identischen Vorgärten, südlich davon folgen Stadtvillen nach europäischem Vorbild und in Osten gruppiert sich eine Armada von Hochhäusern zu einem undurchdringbaren Wald aus Beton. Dazwischen verläuft eine 1,5 Kilometer lange Monumentalachse von nordöstlicher in südwestlicher Richtung, an der sich die repräsentativen Gebäude wie an einer Perlenschnur aneinanderreihen. Den Auftakt bildet im Süden die große Stadthalle, die sich vor einem künstlich angelegten See erhebt, während im Norden drei gleichförmige Blöcke der Stadtverwaltung ihren Abschluss bilden. In der Mitte liegt ein zentraler Platz, um den sich die vier kulturellen Gebäude und gleichzeitig auch architektonischen Aushängeschilder der Stadt gruppieren: Das postmodern verspielte Kultur- und Kunstzentrum, die wuchtig-steinerne Bibliothek, das dynamisch verdrehte Nationaltheater sowie das metallisch schimmernde Ordos Museum.

„Das Ordus Museum ist kaum mehr als eine leere Hülle.“ 117


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or allem letzteres vermag als organisch geschwungener Blob aus der uniformen und belanglosen Baumasse der Stadt herauszustechen und einen eigenen Ausdruck zu entwickeln. Entworfen wurde der Bau vom Pekinger Architekturbüro MAD Architects, dass längst zu den internationalen Stars der Branche gehört – wenngleich es bislang eher mehr mit spektakulären Renderings als tatsächlich umgesetzten Gebäuden von sich reden machte. Seinen Status als Enfant Terrible stellte Ma Yansong, Gründer von MAD Architects, auch gleich bei der Eröffnung im Herbst 2011 unter Beweis, als er erklärte: „Das Museum ist von reflektierenden Blenden aus Metall umhüllt, die, so hoffen wir, die Hässlichkeit oder was sonst von der Wirklichkeit der Umgebung einwirkt transformiert und reflektiert.“ Wenigstens einer musste es richten, konnte er großspurig behaupten. Dabei ist auch sein Gebäude, das wegen seiner bräunlich schimmernden Fassade im Volksmund den Beinamen „Kuhdung“ erhielt, kaum mehr als eine leere Hülle wie die meisten anderen Gebäude in New Ordos auch. Im Inneren, wo sich weder eine gerade noch aufrechte Wand befindet, geschweige denn einen rechten Winkel, lässt sich Kunst nur schwerlich inszenieren. Ein Umstand, der jedoch nicht allzu sehr ins Gewicht fällt, da bislang auch noch keine Sammlung zur Verfügung steht, mit der das selbstbewusste Museum eines Tages bespielt werden könnte.

Auch in die sportliche Infrastruktur wurde kräftig investiert, um die Eigentümer in ihre Wohnungen zu locken. Neben einer MotorsportRennstrecke, wo die chinesischen Tourenwagen-Meisterschaften sowie im Oktober 2010 mit der „Superleague Formula“ die erste internationale Rennserie ausgetragen wurde, verfügt New Ordos über ein 57.500 Besucher fassendes Stadion. Im August wird in der Arena das Finale der „Miss World 2012“ stattfinden und der Stadt auch medial viel Aufmerksamkeit garantieren. Wenig Glück hatten die Verantwortlichen unterdessen mit der neuen Pferderennbahn. Sechs Monate nach deren Eröffnung brach im Dezember 2010 die Westtribüne des 150-Million-Dollar-Projektes in sich zusammen. Als Ursache wurden Mängel in der Ausführung der Fundamente benannt, die der extremen Winterkälte in der hochgelegenen Region nicht standzuhalten vermochten. 118


Die Menschenleere ist allgegenwärtig: ob in den Shopping-Malls, Supermärkten oder den Straßen von Ordos.

Dennoch zeigten sich die Anleger zögerlich, in ihre Immobilien einzuziehen. Schließlich ging es ihnen vor allem um Spekulation, die anfangs sogar stolze Renditen brachte: 560 Euro kostete ein Quadratmeter Wohnraum im Schnitt im Jahr 2009. 2011 lag der Preis schon bei 900 Euro. Dass noch Spielraum nach oben offen war, offenbarte der Vergleich zu Peking, wo rund 3000 Euro für den Quadratmeter bezahlt wurden. Auch wenn Ordos von hauptstädtischen Dimensionen noch weit entfernt erschien, konnte die Region bereits 2009 mit einem Bruttoinlandsprodukt von 14.000 Euro pro Einwohner das stolze Peking überrunden. Kein Wunder, dass sich sowohl die Behörden als auch die Käufer mit der leeren Stadt zufrieden zeigten. Denn ihre Investition kannte bisher nur eine Wertsteigerung in eine Richtung: nach oben. Doch auch in China wachsen Blasen nicht ewig. Bereits länger hatten Experten damit gerechnet, dass sich das rasante Wirtschaftswachstum des Landes in einer Immobilienkrise entladen könnte. Und die kam schneller als gedacht. Von September bis Dezember 2011 sanken sie Preise in Peking und Shanghai um 20 bis 30 Prozent. In New Ordos brachen sie dagegen um bis zu 65,5 Prozent ein und holten die hochfliegenden Spekulationen auf den Boden der Tatsachen zurück. Die Regierung von Ordos kündigte daraufhin ein Rettungspaket in Höhe von bis zu zehn Milliarden Yuan an (rund 1,6 Milliarden US-Dollar), um seinen angeschlagenen Entwicklern unter die Arme zu greifen.

Doch das allein wird nicht reichen. Denn bislang ist es vor allem staatliches Geld, auf dem New Ordos gebaut wurde. Entscheidend für neues Wachstum werden vor allem Ansiedlungen von privaten Unternehmen sein, die nicht nur Steuern zahlen, sondern auch Menschen in die leere Stadt locken. „Das Jahrzehnt des explosiven Wachstums in der chinesischen Immobilienwirtschaft ist vorbei“, bringt ein Makler einer angesehenen chinesischen Bank auf den Punkt, der nicht namentlich genannt werden möchte. Die Entwickler, so seine Einschätzung, müssten nun vor allem längerfristiger denken und erst einmal einen Preisschnitt von dreißig Prozent in Kauf nehmen. Doch anders als in Dubai, wo das Öl langsam ausgeht, werden die Rohstoffe in Ordos gerade erst erschlossen. 70 Prozent seines Energiebedarfs deckt China zurzeit aus fossilen Brennstoffen und wird diesen Anteil in den kommenden fünf bis zehn Jahren nicht nennenswert senken. Früher oder später, ist man sich in der mongolischen Steppe sicher, werden sie also doch noch kommen: Die neuen Bewohner auf der Suche nach dem Geld, was aus dem sandigen Grund nach oben sprudelt. Schon jetzt, so heißt es, sind zehn Prozent der Einwohner Millionäre – in US-Dollar, nicht Yuan. 119


popich Im Gespr채ch mit Popart-K체nstler Andora Fotos von Matthias Groppe

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Wir treffen Andora in seinem neuen Atelier in Berlin. Er ist das, was man als „echten Typen“ bezeichnen würde. Einer, der kein Blatt vor den Mund nimmt, dessen Augen blitzen und dessen Kreativität vor fast nichts Halt macht.

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an bezeichnet ihn als Meister der deutschen Pop-Art und das zu Recht. Er war einer der ersten, der Kommerz und Kunst in seinen Objekten versöhnt hat und dadurch seine Kunst flächendeckend präsent machen konnte. Sei es die Gestaltung der West-Zigarettenschachtel, der Umschlag des Brockhaus oder die erste und einzige bemalte Rakete im All – all dies ist Andora und noch viel mehr. Am 10. Mai inszeniert Andora in Berlin eine Welturaufführung, der Start in ein neues Oevre. Er hat Zwillingskunstwerke erschaffen, eines positiv, das andere negativ. Das Negative wird spektakulär verbrannt und in eine Urne verbannt, während das Positive als Unikat erhalten bleibt. Dieser Vorgang hat einen starken Symbolcharakter und verleiht den Werken zusätzliche Kraft. Die Entledigung des Ungeliebten, als ein tiefes Bedürfnis aller, ist eine Hommage an Vernunft und Ethik.

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Woher kommt der Name Andora? Ich denke sofort an das spanische Andorra. Nein, nein, obwohl der Tourismusmanager von Andorra 2000 zu mir kam, da meine Domain andora.com täglich von nahezu 200.000 Usern besucht wurde ... Zu Beginn meiner Malerkarriere habe ich mein erstes Bild mit „An Dora“ betitelt, obwohl es in meinem Leben nie eine Frau gab, die Dora hieß. Zu diesem Zeitpunkt habe ich mir überlegt „Andora“ in einem Wort zu schreiben und war begeistert, denn Andora war für mich an die dritte Person gerichtet, eine Verknüpfung vom Künstler zum Betrachter, und wenn dieser zum Käufer wird, ist Andora sozusagen ein Synonym dafür. Andora wo fühlst du dich zu Hause? Immer da wo ich gerade bin. Von 1989 bis 94 habe ich in Hamburg gewohnt, gleichzeitig aber auch schon in Moskau und New York. Ich verstehe mich selbst als Weltbürger. In Hamburg hatte ich zu dem Zeitpunkt ein 600 qm großes Atelier und es war zum Schluss mehr Museum, als gelebtes Atelier. In Hamburg hatte ich viel mit Linde (Udo Lindenberg) zu tun. Er hat die ganze Zeit im Hotel gewohnt, das hat mir gefallen. Ich bin in das Louis Saint Jacob eingezogen und hatte weder mit Einkauf noch Putzfrau etwas zu tun. Ich liebe dieses Hotel. In meinem Innersten bin ich nämlich ein sehr wertkonservativer Mensch.

Wenn man konstant in einem Hotel lebt, hat man dann noch ein Privatleben? Man hat eine selbst gewählte Familie und es vergeht kein Tag, an dem man in der Hotelbar nicht mit irgendwem quatscht. Irgendwann fängt man an, sein Hotelzimmer zu dekorieren. Von Ikea bis Kerzenleuchter, man hat dann alles, was man braucht. Geld spielt dabei keine Rolle. Geld ist nur Mittel zum Zweck. Das Leben im Hotel hat sehr viel mit Bequemlichkeit zu tun. Unterteilst du Dein Leben bewusst in Zeitabschnitte? Ja, absolut. Ich habe in meinem Leben oft einen radikalen Cut gemacht, um Raum für etwas Neues zu schaffen. So habe ich zum Beispiel zu Beginn des 21. Jahrhunderts festgelegt, dass ich mich ein bisschen mit dem Universum gut stellen muss, und habe


Lasst es Dollars regnen; Und seien es die von Andora selbst Bemalten.

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entschieden, dass aller Ballast weg muss. Ich habe insgesamt 7,5 Tonnen weggeschmissen. Das war ein Container, wirklich beeindruckend. Es war ein Symbol, die alte Zeit zu beenden. Ein sehr bekanntes Sujet deiner Kunst ist die Verfremdung von Dollarnoten. Dieses Thema wird auch von anderen Künstlern bearbeitet. Wie siehst Du das? Zunächst habe ich mich gewundert, dass die Künstler auf der Art Basel sehr viel mit Dollarnoten gearbeitet haben. Aber dann habe ich mir gesagt: „Mensch Andora, freu dich doch!“ Vor 30 Jahren war ich der Erste und Einzige und habe es auch in Memory of Warhol gemacht, der sicherlich ein Vorbild war, aber so ein Vorbild verblasst mit der eigenen Entwicklung. Außerdem bin ich Maler, er war mehr Grafiker und Illustrator. Er hat immer andere Leute arbeiten lassen. Ich mache „Hand-Made“. Es gibt einige Künstler, die ich sehr bewundere, von denen lasse ich mich inspirieren, aber ich kopiere nie. Dein Atelier in Berlin ist Arbeits- und Ausstellungsraum zugleich und wirkt sehr strukturiert. Sahen Deine Ateliers immer so aus? Ich will einen Arbeitsraum, der nicht mehr so sein soll wie früher, denn ich weiß sehr wohl, was ich an Partys gefeiert habe. Das heißt konkret, Ruhe zu haben, ohne tausend Assistenten, weil ich das nicht leiden kann. Früher habe ich ausgebildet. Das mache ich nicht mehr, denn dann muss ich mich nach dem Praktikanten richten. Beim Malen fließt alles und man denkt nicht. Genau das liebe ich. Deswegen bin ich Maler geworden, ich hasse es, ständig zu denken. In meinem Hamburger Atelier hatte ich allen Komfort – einen maßgeschneiderten Whirlpool, Schlafzimmer mit Kamin und viele Extras. Aber dieses Atelier in Berlin soll für mich echter Arbeitsraum und Galerie sein. 138

Andoras private Denkstube dominiert ein großes Daybed.

Wann hast du Dich dazu entschlossen Maler zu werden? Ich bin 1980 aus der DDR ausgebürgert worden und habe mich zu dieser Zeit als Schriftsteller versucht, habe aber sehr schnell feststellen müssen, dass die Sprache des Westens völlig anders als die des Ostens war. Damit hatte die Schriftstellerei für mich ein Ende. Ich habe drei Jahre gebraucht, um die Sprache zu lernen, um die Inhalte zu verstehen. Das war ein Lernprozess. Anderes Leben, andere Kultur, andere Inhalte. Privat habe ich weiter geschrieben, so poetische Sa

chen, aber meine Partnerin, die Mutter meiner Kinder, hat mich gar nicht wiedererkannt und dann dachte ich mir, jetzt muss ich auch noch über meine Texte diskutieren ... Daraufhin habe ich alles Geschriebene in Müllsäcke gestopft. Ich hatte vorher Bilder gesehen von den Neoexpressionisten Dahn, Baselitz, Lüppertz und Immendorf, der später ein guter Freund geworden ist. Wir haben dieselben Sachen durchlebt. Gleich am nächsten Tag habe ich in einem Künstlerbedarfsladen einen riesigen Rahmen mit Leinwand gekauft. Diesen habe ich in meiner 40-qm-Wohnung zusam-


mengezimmert und dachte, so geht das Ding nicht mehr raus. Aber es war mir total egal. Auf diese Leinwand habe ich ein Actionpainting hingelegt à la Walter Dahn und ich war sicher: Das was die können, kann ich schon lange. Ein Bild für 30.000 DM zu verkaufen ist doch eine super Idee. Aber durch meine Erziehung wurde mir vermittelt, dass ich alles was ich tue, zunächst lernen muss. Daraufhin habe ich gemalt und gemalt. Hast Du Angst vor Kommerz? Nein, warum? Viele Künstler sagen, alles was Kommerz ist, ist keine Kunst mehr. Was Kunst ist, entscheidet sich im Auge des Betrachters. Damit möchte ich mich als Künstler nicht auseinandersetzen. Wo man hin will, sollte man sich vorher überlegen.

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Meine Strategie war von Anfang an, zielorientiert zu arbeiten. Ich habe angefangen Schuhe anzumalen. Kunstwerke an den Füßen, so etwas gab es noch nicht. Was glaubst Du, wie schnell das an die Vogue, Cosmopolitan etc. ging? Alfred Biolek hat das gelesen und mich zu „Mensch Meier“ gebracht. Eineinhalb Stunden habe ich da Theater gemacht und so ist die Industrie überhaupt auf mich aufmerksam geworden. Wie kam es zu dem Entschluss, nach Berlin zurückzukehren? Ich war 30 Jahre auf Welterkundungsreise. Zwar bin ich Urberliner, aber ich habe mich erst vor drei Jahren mit dem Gedanken beschäftigt zurückzukommen. Mein Freund und Manager Roman Kuffert hat letztendlich dafür gesorgt. Für mich ist das ein richtiges „Coming-Home“. Was allerdings nicht heißen soll, dass Berlin der finale Bahnhof ist. Es ist eine Periode. Ich lebe hier in Mitte in einer Straße, die die Amerikaner wohl als „Quality Street“ bezeichnen würden. Patisserien, Whiskyladen, Zigarrenladen. Es gibt alles was man braucht, inklusive einem kleinen Künstlerbedarf. Woher kam die Idee, ein Bild über Muhammad Ali anzufertigen? Das habe ich an seinem Geburtstag gemalt. Es ist aber noch nicht fertig. Den Entwurf dazu habe ich an meine Tochter in New York geschickt und ihr gesagt, sie solle ihrem

Kumpel Muhammad „Alles Gute“ ausrichten. Das war für mich sehr wichtig, da ich alle seine Boxkämpfe gesehen habe. Was ich auf keinen Fall wollte war, ein Bild eines meiner Jugendidole zu malen, wenn er tot ist, sondern unbedingt zu Lebzeiten. Boxen ist ein wichtiges Thema für Dich, warum? Ich habe den Boxring für mich als Symbol, als Icon, entdeckt. Der Ring ist eine so passende Ikone für das, was das Leben ausmacht. Du bist im Ring, du musst kämpfen, du musst dich durchbeißen. Du hast immer Gegner vor dir. Das Leben per se ist schon ein Gegner für die Menschen, denn für das Universum ist der Mensch ein Fliegenschiss. Woher kommt die Lust, eine Bodenvase zu gestalten? In Wien habe ich fast nur Keramik gemacht. Wenn ich eine große Bodenvase habe und für rund 300 € Blumen kaufen muss, da habe ich doch schon keinen Bock mehr auf die Vase. Also muss ich ein adäquates Gegenmittel haben. Ich habe als Kopf eine zweite Vase gemacht, in die nur eine Blume oder eine zweite rein gesteckt wird. Ist Funktionalität immer dabei? Immer! Ich brauche keine Staubfänger. Es gibt aber auch Objekte die ich behalte und schön finde, jenseits jeder Funktion.


Schreibtisch mit geordnetem Chaos

Andora, wie sehen Deine privaten Gemächer aus? In meine Privaträume lasse ich so gut wie niemanden, denn das ist mein ureigenster Kokon, meine Kreativzelle. Ich möchte, dass meine Energie in diesen Räumen erhalten bleibt und meine Skizzen und Sammlungen mit mir kommunizieren. Alle meine Wände sind rundum in Petersburger Hängung mit meinen Objekten gefüllt. Frauen dürfen diese Räume grundsätzlich nicht betreten. (Unser Fotograf Matthias Groppe durfte, daher die Einblicke …) Hast du bisher alles realisiert was du wolltest? Auf jeden Fall! Ich habe aber auch immer noch große Lust ein paar schöne Kunstwerke zu machen, bis der Deckel zugeht, mit 80 oder so. Ich möchte den Mädels ja nicht zur Last fallen. Lieber Andora, wir danken Dir für das sehr persönliche Gespräch. www.andoraworld.com 141



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Anstatt historisierend auf die vielfältige Designgeschichte zurückzublicken, richtet die finnische Hauptstadt stolz den Blick nach vorn. 2012 ist Helsinki World Design Capital – da lohnt sich ein Besuch. Denn in jedem Winkel findet man gute Gestaltung – ganz alltagsnah und wunderbar unverkrampft – und der Altmeister Alvar Aalto grüßt an jeder Ecke. von Hannah Bauhoff

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WOHNEN & HOTELS Ankommen, Gepäck abladen, kurz Luft holen: Am besten geht das im Hotel Fabian, das mitten im Design Viertel der finnischen Hauptstadt liegt. Das kleine Hotel mit seinen 55 großzügigen, hellen Zimmern ist modern und sehr wohnlich eingerichtet. Wer keine Anregungen in den zahlreichen Designbüchern in der Lobby mit Wohnzimmer-Atmosphäre findet, kann das sehr nette Personal fragen, das auch auf dem entzückenden Innenhof mit Terrasse seine Sight-Seeing-Tipps verrät. Hotel Fabian, Fabianinkatu 7, 00130 Helsinki, Tel +358 9 6128 2000,www.hotelfabian.fi Ebenfalls mittendrin liegt das Designhotel Klaus K: Modernes Ambiente in historischem Gebäude samt einer großzügiger Hausbar. Sehr zu empfehlen ist der SPA-Bereich, in dem man direkt die finnische Saunakultur erproben kann. Und dabei stets im Blick: die Öko-Bilanz, die auf einem Monitor in der Lobby minütlich aktualisiert wird. Auch die eigene kann man sich von den engagierten, jungen Hotelmitarbeitern errechnen lassen. Hotel Klaus K, Bulevardi 2-4, 00120 Helsinki, Tel +358 20 770 4700, www.klauskhotel.com

4 1. Hotel Ravintola Nuevo Ebenfalls mittendrin liegt das Designhotel Klaus K: Modernes Ambiente in historischem Gebäude samt einer großzügiger Hausbar. Sehr zu empfehlen ist der SPA-Bereich, in dem man

2. Hotel Ravintola Nuevo Ebenfalls mittendrin liegt das Designhotel Klaus K: Modernes Ambiente in historischem Gebäude samt einer großzügiger Hausbar.

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DESIGN ENTDECKEN Rund um den Diana Park verlaufen insgesamt 25 Straßen, große wie kleine, die zusammen den Design District ergeben. Sie alle gehören zu den wohl schönsten Straßen der Stadt und die Fassaden sind Musterstücke der nationalromantischen Baukunst der Finnen, die wiederum dem Jugendstil entlehnt ist – samt Fackeln und Türmchen. Aber für die Fans der zeitgenössische Gestaltung: Hier sind alle Finnischen Designgrößen mit einem eigenen Showroom vertreten. Wie Marimekko, die wohl farbenfrohste Design- und Textilmarke der Welt, gegründet vor 60 Jahren von Armi Ratia, die damals die besten Designer um sich sammelte. Sie brachte Marimekko den Finnen nach dem 2. Weltkrieg die Lebensfreude in das Alltagsgrau. Die Fröhlichkeit zieht sich seitdem durch die Kollektionen, und mittlerweile haben die unverwechselbaren Stoffe auch ihren Platz in der bunten Modewelt gefunden. Im Design Forum Finnland findet man auch Design zum Mitnehmen. Serienprodukte, Ready Mades und Einzelanfertigungen junger und etablierter Finnischer Designer werden hier in Caféatmosphäre verkauft. Etwas außerhalb befindet sich der Konzeptraum des einzigen finnischen Independant-Labels, das auf den internationalen Laufstegen gefeiert wird. „Wo um alles in

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ADRESSEN Marimekko, Marikulma, Pohjoisesplanadi 33m, 00100Helsinki, Tel: +358 (09) 686 0240, www.marimekko.fi Design Forum Finland, Erottajankatu 7, 00130 Helsinki, TEL +358 9 6220 810, www.designforum.fi Ivana Helsinki Uudenmaankatu 15 00100 Helsinki, Tel. +358 9 622 4422, www.ivanahelsinki.com Korkeavuorenkatu 23, 00120 Helsinki, Tel: +358 (09) 622 0540, www.designmuseo.fi Café Jugend, 19 Pohjoisesplanadi, 00130 Helsinki, Finnland, Tel. +358 (09) 413 2222,www.cafejugend.fi Iittala, Hämeentie 135, 00560 Helsinki, Tel +358 (0)204 39 3507, www.iittala.com

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der Welt ist mein Kapitän geblieben“ heißt die kommende Sommerkollektion von Ivana Helsinki. Maritime Streifen mit wilden Prints und Applikationen sind die Klammer, die sich die beiden Modemacherinnen Paola und Pirjo Suhonen für die aktuelle Arbeit erdacht haben. Über allem: slawische Melancholie und skandinavischer Purismus. Wer die gesamte Designhistorie Finnlands im Blick haben möchte, dem sei ein Besuch im Designmuseum geraten. Seit 1873 beherbergt das repräsentative Haus finnisches Kunsthandwerk. 75.000 Objekte, 40. 000 Zeichnungen und 100.000 Bilder gehören zur ständigen Sammlung. Neben wechselnden Ausstellungen, die Bezug auf die zeitgenössischen Arbeiten nehmen, findet man hier alle Infos zur Designszene der Stadt. Kurze Kaffeepause im Café Jugend mit wunderschöner Jugendstilkuppel in einem ehemaligen Bankgebäude. Die Finnen sind überhaupt die größten Kaffeetrinker der Welt, 5 Tassen am Tag sollen sie angeblich im Durchschnitt konsumieren! Den trinkt man aus Teema-Tassen, jenem Geschirr, das die Glasbläserei Iittala 1952 international erfolgreich machte. Während die Glasbläserei im kleinen Ort Iittala eine Stunde außerhalb liegt, wird in Helsinki die begehrte Porzellanware hergestellt. Ein Besuch in den Produktionshallen zeigt eindrucksvoll, mit welcher Präzision hier zeitloses Design hergestellt wird.

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6 2. Hotel Ravintola Nuevo Ebenfalls mittendrin liegt das Designhotel Klaus K: Modernes Ambiente in historischem Gebäude samt einer großzügiger Hausbar.

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RAST & BESINNUNG Kapelle der Ruhe Während in den meisten Kathedralen reiche Verzierungen imponieren, besticht die Temppeliaukiokirche durch ihre archaische Schlichtheit. Unglaubliche 22 Kilometer Kupferdraht wurden zu einem Rund aufgewickelt, das eine Kuppel bildet, unter der man unbedingt einem Moment verweilen sollte. Gebaut wurde diese besondere Kirche in einen Felsen, der inmitten eines Wohnviertels liegt. Und wer Dunkelheit und Bedrängnis erwartet, wird schnell eines bessern belehrt. Denn die Architekten Timo und Tuomo Suomalainen haben mit dem lichtdurchfluteten Kuppelbau neue Maßstäbe surrealistischer Architektur der 60er Jahre gesetzt. Temppeliaukio Kirkko, Lutherinkatu 3, Tel. +358 (09) 2340 6320, www.toolo.helsinginseurakunnat.fi

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ESSEN & TRINKEN Auf ein Glas mit dem Meister der finnischen Architektur: Unweit der Hafenpromenade fahre man in einem zunächst unscheinbar wirkenden Gebäude namens Ahlstrom hinauf bis in den 8. Stock, auf in das Restaurant „Savoy“. Bereits im Fahrstuhl fallen einige wohlgeformte Details ins Auge: feine Beschläge und fein geschliffene Messingschilder. Hier war einer am Werk, der ein modernistisches Gesamtkunstwerk geschaffen hat: Alvar Aalto, der Meister der finnischen Architektur, hat das 1937 erstmals eröffnete Restaurant zusammen mit seiner Frau Aino gestaltet. Alle Möbel und Leuchten, sogar die Holzvertäfelung und Deckenverkleidung haben die Aaltos eigens für das diesen besonderen Ort entworfen – und sind heute noch genauso zu finden, wie das Gestalterpaar es sich gedacht hat. In der Ecke: die berühmte Vase „Savoy“. Ursprünglich im Rahmen eines Wettbewerbs einer Glasmanufaktur entworfen, sicherte sich das Savoy einige Jahre die Rechte am Entwurf von Alvar Aalto, bevor die mittlerweile weltberühmte Vase von Iitalla serienmäßig in aller Welt vertrieben wird. Hier in Helsinki im Restaurant steht das weltberühmte – und die größte ihrer Art. Berühmtester Stammgast des Restaurants übrigens war der ehemalige finnische Präsident Freiherr Carl Gustaf Emil Mannerheim, der im Savoy seinen eigenen Tisch hatte, der auch heute noch dort steht. Überhaupt ist hier beinahe jedes Detail im Originalzustand erhalten. So wird z.B. auch in der Küche Bezug genommen auf die prominente Historie: Der „Vorschmack“ (eine Vorspeise aus Rind- und Lammfleisch, baltischem Hering, die zwei Tage geschmort wird) soll der beste der Stadt sein. Tipp: Bei einem original Marskin Ryyppy (einem Drink aus Wodka, Aquavit und Wermuth entspannt die Feinheiten finnischer Gestaltung studieren und den fantastischen Panoramablick über Helsinkis Flaniermeile genießen. Ravintola Savoy, Eteläesplanadi 14, 00130 Helsinki, Tel. +358 (9) 6128 5300, www.royalravintolat.com

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1. Vase Savoy Ebenfalls mittendrin liegt das Designhotel Klaus K: Modernes Ambiente in historischem Gebäude samt einer

2. Speisesaal Ebenfalls mittendrin liegt das Designhotel Klaus K: Modernes Ambiente in historischem Gebäude samt einer großzügiger Hausbar.

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Milano

Pas de Deux auf italienisch von Normann Kietzmann

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uf dem früheren Messegelände von Mailand entsteht zurzeit ein ambitioniertes Stadtquartier. Um drei Wolkenkratzer schmiegen sich Apartmentgebäude, Geschäfte und das erste Museum für zeitgenössische Kunst in der lombardischen Metropole. Die Besonderheit des Projektes liegt nicht in der Prominenz ihrer Baumeister. Eingebettet in einen weitläufigen Park, beleben die Bauten den Städtebau der Moderne neu. Mailand ist derzeit in Bewegung – und das bei weitem nicht nur in den Gefilden der Mode und des Designs. Eine beständig wachsende Armada von Baukränen erhebt sich über den Luftraum der Stadt, die momentan den größten Bauboom seit Ende des Zweiten Weltkriegs erlebt. Der Grund: Bis Sommer 2015, wenn Millionen internationale Besucher zur bevorstehenden Weltausstellung erwartet werden, will

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sich die lombardische Hauptstadt in einem rundum erneuerten Gewand präsentieren. Der Wiederbelebung urbaner Brachen haben die Stadtväter besonderen Vorrang eingeräumt und zwei Entwicklungsgebiete herausgehoben: zum einen den Bau eines gesamten Stadtviertels nahe der Bahnstation Porta Garibaldi, wo gleich ein gutes Duzend Hochhäuser inmitten eines geplanten Parks emporwächst und die Skyline der Stadt schon im Rohbau spürbar verändert. Das zweite Großprojekt, dessen Dimensionen es spielend mit dem Potsdamer Platz in

Berlin aufnehmen können, markiert die Revitaliesirung der früheren Mailänder Messe. Den Startschuss für das Projekt gab 2005 die Eröffnung des neuen Messegeländes in Rho-Pero vor den Toren der Stadt, das vom römischen Architekten Massimiliano Fuksas entworfen wurde. Mit einer Ausstellungsfläche von 345.000 Quadratmetern konnte das Großprojekt nicht nur den wachsenden Platzbedarf der Mailänder Möbelmesse tilgen, die alljährlich weit über 400.000 Besucher in die Stadt zieht. Auch das historische


Zusammenschluss aus Generali Properties sowie der Allianz-Gruppe, dessen Vorschlag gleich drei Stararchitekten unter einen Hut brachte: Zaha Hadid, Daniel Libeskind und Arata Isozaki. Den Mittelpunkt des neuen Stadtviertels bildet fortan ein großzügiger Platz, der von drei Türmen umschlossen wird. „Il Dritto“, der Gerade, lautet der Spitzname für den Bau des japanischen Architekten Arata Isozaki, der bei genauerer Betrachtung alles andere als gerade daherkommt. Jeweils sechs Etagen des 50-stöckigen Turms werden zu separaten Segmenten zusammengefasst, deren gläserne Fassaden sich konvex nach außen wölben. Übereinander gereiht, versetzen sie die Fassade des 202 Meter hohen Gebäudes in einen subtilen Wellenschlag. Dynamisch zeigt sich der Turm „Lo StorWohnungen, Geschäften und dem ersten Museum für zeitgenössische Kunst in Mai- to“, der Verdrehte, nach Plänen der Londoner land neu zu strukturieren. Durchsetzten Architektin Zaha Hadid. Mit seinen 44-Etakonnte sich 2004 gegen sieben weitere Mit- gen, die zusammen rund 45.000 Quadratbewerber das Konsortium „CityLife“ – ein meter Bürofläche bieten, schraubt sich der

Messegelände, das anlässlich der Weltausstellung 1906 errichtet wurde, konnte nun zu einem neuen Quartier in unmittelbarer Nähe zum Zentrum transformiert werden. Bereits 2003 wurde von der Stadt ein Wettbewerb ausgeschrieben, das 366.000 Quadratmeter große Gelände mit Büros,

Turm in eine Höhe von 170 Metern hinauf. Der organisch fließende Sockel verleiht dem Gebäude den Eindruck, als würde es direkt aus dem Erdboden herauswachsen und beherbergt ein Einkaufszentrum mit 100 Geschäften. Die ungewöhnlichste Form nimmt jedoch der kleinste der drei Türme ein: „Il Curvo“, der Gewölbte, heißt der 150 Meter hohe Bau des New Yorker Architekten Daniel Libeskind, der sich gefährlich über die zentrale Piazza delle Tre Torri lehnt.

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Ausbalanciert von zwei streng in die Höhe ragenden Treppenhäusern an der Rückseite, wird der 34-etagige Turm mit seiner konkaven, gläsernen Fassade das Leben auf der Piazza auf verzerrte Weise widerspiegeln. Rund zehntausend Menschen werden künftig in

den drei Türmen arbeiten, deren eigenständige, architektonische Sprache einen zusätzlichen Effekt bewirkt: Als Gruppe überlagern sich die Türme aus jeder Himmelsrichtung zu einem anderen Bild und dienen auf diese Weise als überdimensionaler Kompass, der im Stadtbild Orientierung schafft. Blicke über die Dächer von Mailand versprechen nicht nur die Büros, sondern ebenso die Wohnungen im südlichen Teil des neuen Quartiers, die aufgrund ihres niedrigen Energiebedarfs wie alle Bauten des Quartiers bereits im Vorfeld mit dem Umweltsiegel LEED Gold zertifiziert wurden. Auch sie stammen nicht von der Stange, sondern wurden von Zaha Hadid und Daniel Libeskind inmitten eines neuen, innerstädtischen Parks geplant. Mit breiten Balkons und vor- und zurückspringenden Terrassen sind diese zum umliegenden Grün geöffnet und schlängeln sich jeweils von fünf auf 13 Etagen empor. Ungewöhnlich mag hierbei die Materialität erscheinen. Denn es ist das erste Mal, dass sowohl Zaha Hadid als

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auch Daniel Libeskind die fließenden Konturen ihrer Bauten mit Fassadenelementen aus Holz akzentuieren.

Dabei vollzieht das Projekt ganz bewusst einen Paradigmenwechsel städtebaulicher Planung. Statt einer streng geschlossen Blockrandbebauung, wie sie seit den achtzi-

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ger Jahren zum Leitbild innerstädtischer Reparaturen wurde und nicht zuletzt den Wiederaufbau Berlins in den neunziger Jahren bestimmte, brechen die Mailänder Gebäude aus dem Raster der Grundstücke aus. Als Solitäre inmitten eines urbanen Parks knüpfen sie an das städtebauliche Leitbild der Moderne an, wie es Le Corbusier in seiner Charta von Athen definierte. Doch anders als bei den Planungen der Nachkriegszeit, als die urbane Landschaft mit breiten Schnellstraßen durchzogen wurde, werden Autos im neuen Stadtviertel unter die Erde verbannt. Bis zu 7.000 Parkplätze stehen in Tiefgaragen bereit, von denen allein für die Anlieger drei Stellplätze pro Apartment reserviert sind, während ein Tunnel den Verkehr von der Piazzale Giulio Cesa-

re im Süden zur Via Domodossola im Nordosten unterirdisch weiterleitet. Erschlossen wird das Quartier ab 2015 von der im Bau befindlichen U-Bahn-Linie M5, von der eine Station direkt unter der zentralen Piazza delle Tre Torri entsteht. Dass an dieser künftig nicht nur Anlieger, sondern ebenso Kulturinteressierte


aussteigen werden, bewirkt der Bau des ersten Museums für zeitgenössische Kunst in Mailand. Entstehen soll das fünfgeschossige Gebäude nach Plänen von Daniel Libeskind und sich direkt an dessen Turm „Il Curvo“ in nordwestlicher Richtung anschließen. Mit seinem Entwurf versucht der New Yorker Architekt die Quadratur des Kreises zu besiegen und lässt einen Sockel mit quadratischem Grundriss in ein rundes Dach übergehen. Rund 5.000 Quadratmeter Ausstellungsfläche wird das Museum künftig bieten und mit einem 7.000 Quadratmeter großen Skulpturengarten mit dem umliegenden Park verschmelzen, der künftig die drittgrößte Grünfläche der Stadt sein wird. Dabei ist die frühere Nutzung des Quartiers nicht vollends verschwunden. Die

beiden 1997 eröffneten Ausstellungshallen, die sich direkt im Nordwesten an das neue Museum anschließen, werden als „Fiera Milano City“ für kleine Messen auch weiterhin bespielt. Deren Architekt, der Mailänder Gestalter Mario Bellini, realisiert zurzeit ihre spektakuläre Erweiterung: Ein geschwungenes, gläsernes Dach schiebt sich bis Ende 2012 über die südliche Halle hinweg wie ein vom Wind verformter, fliegender Teppich. Darunter entsteht das künftig größte Kongresszentrum Europas, das den Wirtschaftsstandort Mailand nachhaltig stärken soll – auch dann, wenn die Besucher der Expo 2015 die Stadt längst wieder verlassen haben.

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Hoist that Rag

(„hisst diesen Lumpen“, song by Tom Waits)

The Ruins of Detroit by Yves MaRchanD / RoMain MeffRe


Packard Motors Plant


„Well I learned the trade from Piggy Knowles and Sing Sing Tommy Shay Boys God used me as hammer boys To beat his weary drum today. Hoist that rag. Hoist that rag.“

William Livingstone house

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Ballroom, Lee Plaza hotel


„The sun is up the world is flat Damn good address for a rat The smell of blood The drone of files You know what to do if the baby cries. Hoist that rag. Hoist that rag.“

United artists Theater

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Ballroom, american hotel

„Well we stick our fingers in the ground, heave and turn the world around Smoke is blacking out the sun.“ 167


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vanity Ballroom


„At night I pray and clean my gun The cracked bell rings as the ghost bird sings and the gods go begging here So just open fire when you hit the shore All is fair in love and war. Hoist that rag. Hoist that rag.“

18th floor dentist cabinet, David Broderick Tower

Text aus „hoist that Rag“ (hisst diesen Lumpen) von Tom Waits 169


emery Die zauberhafte Welt der

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Betritt man ihre Türschwelle in Marrakesch, betritt man eine andere Welt – die Welt der Agnès Emery. Sie gleicht einer märchenhaften Fantasiewelt voll charmanter Details und Skurrilitäten. Ihren Stil zu beschreiben fällt ihr selbst schwer, denn sie ist inspiriert von unterschiedlichsten Kulturen und liebt Zitate aus der Vergangenheit. Agnès Emery gibt nur selten Interviews. Ihre Arbeit spricht jedoch für sich: Matte gebrochene Farben, Zierkacheln gemixt mit farbenfrohen gemusterten Stoffen, und Möbel aus aller Welt kreieren die Markenwelt der Agnès Emery. Ihr Stil ist gefragt, denn dessen bohemienhafte Exotik verleiht jedem Interieur Persönlichkeit und wirkt dennoch zeitlos.

hr Haus in Brüssel wirkt wie ein Ort, an dem Vergangenheit und Zukunft kollidieren. Was hat Sie inspiriert? Wichtig ist mir die Bildhaftigkeit meiner Vergangenheit: ein Architekturstudium während der „goldenen Jahre“ des absoluten Modernismus und die Revolte gegen all das. Dadurch habe ich vergangene Stile wiederentdeckt und integriert. Sie sind zu meinem Lieblingsthema geworden. Das war ein großer Freiraum nach der Striktheit des Diktats „Ornamente seien ein Verbrechen“. Aber im Angesicht dessen gibt es leider sehr wenig, was die moderne Strenge überlebt hat. Anstatt einen Schritt zurück zu treten, um in Demut zu erkennen, dass man schlichtweg den Zeiten folgt, nennen wir es einfach den „Stil der Postmoderne“. Woher kommt ihre unübersehbare Vorliebe für fremde Kulturen, speziell für Marokko? Die Wiederentdeckung der vergangenen Stilepochen betrifft nicht nur die Stile selbst, sondern auch die Entdeckung durch Objekte und deren vergangenen Wurzeln aus der Welt des Handwerks. Die Handwerkskunst wurde vor unseren Augen durch die industrielle Produktion ersetzt. In Marokko habe ich ein kleines Unternehmen entdeckt, das zum größten Teil vom Handwerk lebt ohne dabei zu einer „sterbenden Art“ zu gehören. Gibt es einen Kulturkreis der aktuell ihre Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat? Ich habe es nicht geschafft, der drückenden Last des Modernismus zu entkommen, um mich in ein anderes Gefängnis zu begeben! Ich erlaube mir, mich in Kreisen zu bewegen, die mich amüsieren. Öfter entscheidet das auch der Zufall, da ich es liebe, überrascht und sogar ein wenig verängstigt zu werden. 172


„Ich erlaube mir, mich in Kreisen zu bewegen, die mich amüsieren.“ Vor einigen Jahren waren ihre Innenarchitekturkonzepte fernöstlich inspiriert. Ist dieser Einfluss immer noch wichtig für Sie oder trat an diese Stelle die marokkanische Tradition? Vietnam hat zum Beispiel eine unglaubliche Tradition des Handwerks, vor allem in der Keramik. Schon immer hegte ich eine tiefe Leidenschaft für fremde Kulturen. Obwohl ich durch mangelhafte Handwerksleistung oft enttäuscht wurde. Manche meiner Kunden haben Angst vor billigen „Made in China“-Produkten. Ich habe keine Angst nach Asien zurückzukehren, zumal Marokko eine Mode ist und Moden kommen und gehen. Selbst wenn ich mich weit von dieser Art der Fluktuation entfernt fühle, bin ich durch meine Kunden mal ein Opfer von Vietnam, mal die Begünstigte von Marokko.

Ansichten aus Emerys Haus in Marrakesch links und Brüssel oben.

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„Migrant/Migrate“

Agnès Emery privat in Brüssel oben, und in Marrakesch rechts.

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Was bedeutet Ihnen Ihr Wohnsitz in Marrakesch? Mein Haus in Marrakesch repräsentiert die Seite der marokkanischen Lebensweise die mir so sehr gefällt, aber auf meine Art neu interpretiert, anhand meiner Farbwahl beispielsweise. Welche Komponenten sind verantwortlich für Ihren einzigartigen Stil? Könnte es die Interaktion gegensätzlicher Elemente – moderner und antiker – sein? Auch wenn die Mischung aus Vintage und modernen Elementen eine Seite der Medaille sein kann, teile ich diese Charakteristik mit so vielen Menschen, dass es kein Zeichen eines persönlichen Stils sein kann, sondern der einer Epoche. Auf das Bedürfnis hin, mich um jeden Preis klassifizieren zu wollen hat man mich als die „barocke Minimalistin“ beKachelvielfalt à la Emery in Marrakesch. zeichnet. Letzten Endes ist das gar nicht verkehrt, da ich mich ohnehin auf einem schmalen Grat zwischen Fantasie und Strenge, Opulenz und Schlichtheit bewege. Ihr Esszimmer bereitet durch die Spiegelwand mit ihren Lichtreflexionen ein freies, strahlendes Gefühl. Spielte dieses Freiheitsgefühl eine elementare Rolle bei der Gestaltung dieses Raumes? Angefangen hat es mit einem großen Spiegel, den ich während eines Flohmarktbesuchs aus einem Mülleimer zog. Kurz darauf fand ich weitere kleine Spiegel. Ich habe gleich daran gedacht sie gegenüber eines Fensters des kleinen dunklen Salons zu hängen, um das Licht einzufangen. Das hat mir so gut gefallen,

„Ich liebe es, in meinen Inspirationen dem Rhythmus der Natur zu folgen.“

dass ich weiter gesucht habe und auch Freunde mir welche mitgebracht haben. Ich musste an das einsame Leben der Markgräfin von Bayreuth denken und ihre wunderliche Spiegelsammlung, als ich die Wand Stück für Stück mit Spiegeln bedeckte. Trotz Umzug war es ausgeschlossen, ohne einen Spiegelsaal zu leben, da er einen Ort für mich darstellt, an dem ich in eine Art friedvolle, aquatische Traumwelt flüchten kann. 175


indet man in Ihrem Zuhause die Welt der Agnès Emery gespiegelt? Und wenn ja, wie sieht sie aus, diese Welt? Ich habe keine Lust zu wissen, wie es in meinem „Innersten“ aussieht. Abgesehen davon, riskiert man den kreativen Motor zum Stillstand zu bringen, indem man ihn zu genau untersucht. Ihr Heim gleicht einer Oase mitten in Brüssel. Ihre Räume laden zum Verweilen ein. Man sieht viele Grüntöne, wie kommt das? Nachdem ich 20 Jahre meines Lebens auf dem Land verbracht habe, hat die Rückkehr in die Stadt sehr rationelle und praktische Gründe gehabt, die vor allem aus dem Verlangen geboren wurden, dem Schubladendenken zu entkommen. Gleichzeitig hatte ich Angst vor diesem Lebensstil, den ich nicht aus purer Leidenschaft gewählt habe. Was hätte ich aus meinem Landleben in mein Stadthaus mitnehmen können, außer der grünen Farbe, die die Pflanzenwelt widerspiegelt – ein wenig, als ob ich die Landschaft abstrakt mit der grünen Farbe rekonstruiere. Jeder einzelne der Räume repräsentiert eine eigene kleine Welt und doch ergeben sie alle zusammen ein harmonisches Ganzes. Auf welche Art spielt Stilbruch dabei eine Rolle? Gibt es ein Prinzip nach dem Sie arbeiten? Es ist sehr angenehm nach meinen eigenen Maßstäben leben zu können und ver-

schiedene Räume zu gestalten, die jeder für sich eine starke Ausdruckskraft haben. Jedoch ist gleichzeitig Harmonie sehr wichtig, zumal die Erinnerungen der Räume präsent bleiben, wenn man sie verlässt. 176

Grün verwendet Agnès Emery besonders häufig. Die Farbe erinnert sie an die Natur in der sie aufgewachsen ist und schenkt ihr Ruhe.


Schlafzimmer in Marrakesch und kleine Bibliothek in Brüssel.

„Sicher ist, dass ich mich sehr von meiner Umgebung inspirieren lasse.“ Was bedeutet „Emery & Cie“ für Sie? Was ist das Grundgerüst Ihres Berufs? Bei Emery & Cie ist die artisanale Fertigung eine wichtige Konstante – die Anpassung vieler unserer Produkte an diese Maßarbeit eine weitere. Ich versuche Dinge anzubieten, mit denen die Kunden persönlich etwas anfangen können.

Entspricht alles, was Sie Ihren Kunden anbieten, Ihrem eigenen Stil oder wird es auch durch Trends beeinflusst? Trends, die von der Industrie geschaffen werden, interessieren mich nicht, dennoch glaube ich nicht auf einem völlig fremden Planeten zu leben. Sicher ist, dass ich mich sehr von meiner Umgebung inspirieren lasse. 177


ch liebe es, in meinen Inspirationen dem Rhythmus der Natur zu folgen, wenn ich in saisonalen Abständen etwas Neues kreiere. Es ist meine Eigenart, dass ich nichts aus meinem Angebot rausnehme, da ich dies selbst als Kundin hasse, geliebte Produkte nicht wieder finden zu können. Also arbeite ich nach dem Anhäufungsprinzip: logistische Probleme sind durch das Internet lösbar, da unsere Seite eine Art unendlicher Katalog geworden ist. Wie wichtig ist für Sie Nachhaltigkeit? Meine Arbeitsweise funktioniert schlicht und einfach mit dem Prinzip der nachhaltigen Beschaffung, ohne die Verfolgung von Trends und ohne Kompromisse in der Qualität. Das steht im Gegensatz dazu, zu kaufen, was wir sehen. Die Mode ändert sich zu schnell und viele Dinge, die man erwirbt, haben so eine schlechte Qualität, dass sie nicht lange halten. Es ist offensichtlich allein die Entscheidung der Konsumgesellschaft, ob sie Nachhaltigkeit schätzt oder nicht. Darin liegt ein häufiges Missverständnis. Menschen mögen es, ihre individuelle Erfülltheit in ihrem eigenen Stil zum Ausdruck zu bringen. Mode und Innenarchitektur sind die Bereiche, in denen das ausgelebt wird. Bemerken Sie einen Wandel in der Haltung ihrer Kunden? Über die Entwicklung zur Individualität freue ich mich sehr. Es war immer schwer für mich, vom Beruf der Innenarchitektin zu leben, da ich niemandem meinen Geschmack „Verspiegeltes“ Esszimmer in Brüssel aufdrängen wollte. Als Beraterin wünsche ich mir, dass meine Ratschläge die Vorstellungskraft meiner Kunden fördern und sie eine Identität entwickeln, ohne sich darüber Gedanken zu machen, was andere darüber sagen könnten. Aber es wird immer Menschen geben, die es bevorzugen, dass man ihnen sagt, welche Länge ihr Kleid haben soll. Gibt es ein Projekt, das Sie schon immer realisieren wollten, wozu Sie bisher nicht die Gelegenheit hatten? Nein, ich bin so vernünftig, dass ich nie von Projekten träume, die nicht realisierbar sind. Frau Emery, wir danken für das Gespräch. 178


Kacheln „Primula Arborea“ von Emery & Cie oben und Emerys Studio in Brüssel unten

„Ich bewege mich auf einem schmalen Grat zwischen Fantasie und Strenge, Opulenz und Schlichtheit.“ 179


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fly, fly, home ‌ Wo andere ihre Autos parken, stehen in Spruce Creek in Florida Flugzeuge! Fotos Markus Altmann

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Nach Alaska und wieder zurück: Lenny Ohlsson flog mit seiner WACO schon oft weite Strecken, sogar quer durch die Staaten bis nach Alaska. In den hohen Norden zu fliegen, bereitet Lenny besonders viel Freude, denn dort träfe er sehr selten auf Maschinen mit offenem Cockpit. „Einmal verließ bei einem Stopp sogar der Fluglotse den Tower, um Fotos von der WACO zu schießen“, berichtet Lenny nicht ohne einen kleinen Anflug von Stolz. In Spruce Creek kennt er jeden, denn Lenny ist Immobilienmakler. Auch seine Frau fliegt leidenschaftlich gern nicht nur mit – sondern auch mit ihrem eigenen Flugzeug. Der Trend zum Zweitflugzeug ist in Spruce Creek schon längst Realität.

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in kleiner, beschaulicher Ort namens „Spruce Creek“ an der Ostküste Floridas sieht auf den ersten Blick aus wie der Prototyp einer amerikanischen Kleinstadt. Bei genauem Hinsehen erkennt man allerdings, dass dieses Örtchen keineswegs eine gewöhnliche Stadt ist. Spruce Creek ist eine der größten und schönsten Fly-In-Communitys Amerikas, hier ist das Flugzeug so fest in den Alltag integriert wie bei uns das Auto. In den privaten Hangars der 1300 Häuser und Wohnungen schlummern 400 Flugzeuge und warten auf ihren nächsten Flug. Spruce Creek liegt zehn Kilometer südlich des Ortes Daytona Beach im Sunshinestate Florida an der östlichen Antlantikküste. 1943 als Flugplatz vom U.S.-Militär erbaut, befanden sich hier zunächst vier Flugbahnen, ein kleines Haus und ein Tower. Während des zweiten Weltkriegs wurde das Flugörtchen als Trainingsflugplatz der Navy genutzt, nach Kriegsende jedoch wurde das Gelände nicht mehr benötigt und 1957 schließlich an die Stadt Daytona Beach verkauft. Nach einigen Eigentümerwechseln gelangte das Gebiet in die Hände der Firma Thompson Properties, die einen konkreten Entwicklungsplan vorstellte und umsetzte: die Erbauung von Straßen und Rollwegen, das Anlegen eines

18-Loch-Golfplatzes, die Errichtung von Tennisplätzen und die Gründung eines Countryclubs. Seit dieser Zeit entwickelte sich Spruce Creek von einem Flugplatz mit Haus zu einer Kleinstadt mit Landebahn.

Die Fly-in-Community trifft sich gern zum gemeinsamen Fliegen. Dass die Freiheit über den Wolken grenzenlos ist, ist in Spruce Creek nicht nur ein Sprichwort, hier wird Freiheit gelebt. Jeden Samstag um acht Uhr treffen sich die Bewohner mit und ohne Flugzeug „under the tree“, dem fast 100 Jahre alten Baum, der ihnen seit jeher als Dorfmittelpunkt dient. Hier werden Erfahrungen ausgetauscht, Flugzeuge restauriert, neue Einzelteile gewechselt oder man fliegt zusammen in ein nettes Frühstückscafe in eine der benachbarten Städte. Wer kein eigenes Flugzeug besitzt, wird mitgenommen. Der Fliegerclub organisiert im Rhythmus einiger Wochen „Fly-outs“, bei denen ein Ziel bestimmt wird, zum Beispiel eine Sehenswürdigkeit oder ein besonderes Restaurant, welches dann gemeinsam angeflogen wird.

Von der Haustür direkt zur Startbahn ...

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Orval Fairbairn liebt es nicht nur über den Dächern Floridas durch die Lüfte zu segeln, er liebt auch sein Flugzeug: eine rote Johnson Rocket 185 aus dem Jahr 1946. Die restaurierte und voll flugfähige Maschine ist ein sehr seltenes Stück, denn nur 18 Exemplare der Johnson Rocket 185 wurden weltweit angefertigt.

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Die Bewohner Spruce Creeks können nicht nur volle 24 Stunden auf der beleuchteten Flugbahn starten und landen, sie können sich dabei auch sehr sicher fühlen: Security wartet die Flugzeuge regelmäßig und eine Security-Streife überwacht das Gelände.

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Doch auch Nicht-Flieger fühlen sich in dem Städtchen sehr wohl, denn nach eigener Angabe träfen sie selten so viele nette, zufriedene Menschen an einem Ort. Wenn die Einwohner nicht gerade mit ihren Flugzeugen die Lüfte Floridas unsicher machen, fah-

ren sie mit elektrischen Golfautos, dem beliebtesten Fortbewegungsmittel abseits des Flugzeugs, durch ihren Ort.


Picknickstellen, Grillplätze, Joggingrouten, Fahrradwege und Kinderspielplätze machen den Ort sowohl für Familien als auch für Sportbegeisterte attraktiv. Spruce Creek ist nicht irgendein Städtchen, es scheint ein gelebter Traum, ein Ort, an dem sich die Bewoh-

ner einen der ursprünglichsten aller Menschheitsträume erfüllen: den Traum vom Fliegen.

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Breakfast Club: Jeden Samstag treffen sich viele Einwohner von Spruce Creek zum gemeinsamen „Aus-Flug“. Bei den so genannten „Saturday Morning Gaggles“ fliegen meistens 20 bis 30 Flugzeuge in diversen Formationen. An der Spitze dieser Formation fliegt Keith Philipps, der bekannteste Pilot des Ortes: Er ist der Initiator der Frühstücksflüge und fliegt eine rote SX-300, ein Hochleistungs-Sportflugzeug, das er mit Hilfe eines Bausatzes selbst zusammengebaut hat. Warum „Frühstücksflüge“? Ganz einfach: die Gemeinschaft sucht sich jeden Samstag Vormittag einen interessanten Flughafen im erreichbaren Umland und landet dort – zum Frühstücken.

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Mittendrin und doch zuhause Die „Digital Concert Hall“ der legendären Berliner Philharmonie ist nur einen Klick weit entfernt. von Shirley Apthorp / Fotos Monika Rittershaus

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Musik

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ie geräumige und lichtdurchflutete Zentrale der Berlin Phil Media hoch über dem Potsdamer Platz erinnert an einen Science-Fiction-Film. Über dem Hochglanzkonferenztisch hängt ein riesiger Flachbildschirm. Besucher erhalten 3D-Brillen und auf Knopfdruck befinden sie sich mitten unter den Berliner Philharmonikern, in einer Probe zu Igor Strawinskys „Petruschka“. Ein merkwürdiges Erlebnis, zumal das Original nur einen Steinwurf entfernt liegt. Aber es ist ein Blick in die Zukunft. Ein Hauch von Harry Potter umgibt die Digital Concert Hall. Es braucht nur eine Handvoll Zauberpulver, in den Kamin geworfen, tief durchatmen, und schon sitzt man auf einem der besten Plätze der legendären Berliner Philharmonie. Jedenfalls fast. Statt eines Kamins braucht es einen Fernseher mit Internetanschluss, statt des Zauberpulvers ein elektronisches Abonnement, und dann ist es beinahe so weit. Fernsehen kann das Konzert wiedergeben. Ein Livestream auch. Kann die „Digital Concert Hall“ noch mehr? Technisch kann sie das ohne jeden Zweifel. Kein anderes Orchester überträgt jedes seiner Konzerte in HD-Qualität live im Internet. Die Aufgabe der Berlin Phil Media ist es, 192


neueste Hochtechnologie und sowohl Auf- „Das Internet wächst weiter “, erklärt Tobias nahme- als auch Streamingmöglichkeiten Möller, Marketingdirektor und Pressesprezu entwickeln, an die bisher noch niemand cher der Berlin Phil Media. „Die Berliner Philgedacht hat. Ferngesteuerte, extrem licht- harmoniker sollten nicht unbedingt den Beempfindliche HD-Kameras sorgen dafür, dass weis antreten wollen, dass der Besucher des die Musiker nicht durch zusätzliche Schein- klassischen Konzerts überflüssig wird. Es ist werfer gestört werden. Durch die Bild- und also die zweitbeste Sache – für alle diejeniTonaufzeichnungstechnologie ist die Digi- gen, die bei uns in der Philharmonie nicht datal Concert Hall auf dem neuesten Stand der bei sein können.“ Internetentwicklung und bereit für weitere Schon jetzt wollen die Macher der DiInnovationen. Bereits jetzt werden die Kon- gital Concert Hall die Grenzen zwischen der zerte in Surroundtechnik aufgenommen. Die virtuellen und der realen Welt aufweichen. 3D-Aufnahme von Strawinskys „Petrusch- „Die Digital Concert Hall ist eigentlich von ka“ ist Teil eines Pilotprojekts des Fraunhofer- uns als eigener Ort gedacht, als dritter KonInstituts. Es wird noch einige Zeit dauern, bis zertsaal neben dem großen und dem kleidie 3D-Technik via Internet einsatzbereit ist, nen Saal der Philharmonie“, führt Möller aus. aber die Digital Concert Hall wird dabei sein. Auch der Besucher des digitalen Konzertsaals

muss eine Eintrittskarte kaufen oder, falls gewünscht, ein Jahresabonnement. Dann öffnen sich die imposanten Flügeltüren und der Besucher kann die Künstler zu Pausengesprächen und anderen Zusatzangeboten „treffen“. „Langsam wird über die Konzerte eine Nähe zum Orchester hergestellt“, führt Möller weiter aus. „Ob die Berliner Philharmoniker das beste Orchester der Welt sind oder nicht, ganz bestimmt sind sie eines der legendärsten. In der Wahrnehmung ihrer Fans sind die Berliner Philharmoniker keine graue Masse, sondern schillernde Individuen. Diese Individuen stärker einzubinden und vorzustellen, ist ein wichtiger Aspekt.“

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F Musik

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ür Stanley Dodds, Geiger im Orchester und Mitglied des Medienvorstands, ist die Nähe der Zuschauer zu den Musikern in der Digital Concert Hall ein erwünschtes Ziel und eine Herausforderung. „Die Privatsphäre schrumpft, nicht nur für uns Philharmoniker bei der Arbeit, sondern für alle. Die sozialen Netzwerke führen dazu, dass unser Leben öffentlicher wird. Das gilt auch für unser Leben im Orchester. Die Zuschauer können mehr über das Leben des Orchesters jenseits des Konzertpodiums erfahren als jemals zuvor. Wir werden das weiter entwickeln, aber das muss in einzelnen Schritten geschehen. Wir müssen uns erst daran gewöhnen. Jeder, der einen Großteil seines Lebens vor Kameras verbringt, wird wahrscheinlich bestätigen, dass es auch ganz wichtig ist, einige Bereiche kamerafrei zu halten.“ Für Dodds sind die tausende kreischender Fans, die das Orchester in Taiwan begrüßten, ein gutes Beispiel dafür, wie sich ein neues Publikum herausbilden kann. „Die Medienaufmerksam-

Begeisterte Fans in Taiwan begrüßen Sir Simon Rattle und die Berliner Philharmoniker

Kurze Atempause zwischen Jet-Set und Performing ...

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„Die Privatsphäre schrumpft, nicht nur für uns Philharmoniker bei der Arbeit, sondern für alle. Die sozialen Netzwerke führen dazu, dass unser Leben öffentlicher wird.“ keit war vor allem auf unsere Konzerte gerichtet. Ein persönliches Interesse an uns ist nur die natürliche Konsequenz aus der allgemeinen Medienentwicklung. Zehntausende junger Taiwaner finden es jetzt sehr hip, in Orchesterkonzerte zu gehen. Ein Ereignis, das man nicht verpassen darf, ein Ort, an dem man gesehen werden will. Genau das wollen wir erreichen. Die Zuhörer sollen gespannt sein auf das, was wir machen. Sie sollen spüren, wie erregend das auch für uns ist. Wir versuchen, anderen Menschen mit dem zu infizieren, was wir für die aufregendste und sinnvollste Sache halten, die man mit seinem Leben anstellen kann.“ Fast 80 Prozent der Nutzer der Digital Concert Hall kommen aus anderen Ländern. Viele von ihnen leben in Asien und in den USA. Durch die Digital Concert Hall können die Berliner Philharmoniker sein, was sie von jeher sein wollen: Ein Orchester für die ganze Welt. „Die Berliner Philharmoniker sind auch ein Reiseorchester“, ergänzt Möller, „wenige Tage nach ihrer Gründung sind die Musiker schon in Europa auf Tournee gegangen, als andere Orchester noch gar nicht daran gedacht haben. Auch über die Präsenz im Tonträgermarkt sind die Berliner Philharmoniker ein internationales Orchester.“ Während der Jahre unter dem Dirigenten Herbert von Karajan, der das Orchester von 1955 bis 1989 leitete, wurde diese Präsenz konsequent ausgebaut. Die Berliner Philharmoniker nahmen eine weltweit führende Position bei Klassikaufnahmen ein. Auch bei der Einführung der Compact Disc waren die Berliner Philharmoniker federführend: Ihre Aufnahme der „Alpensinfonie“ von Richard Strauss unter Herbert von Karajan war die erste kommerzielle CD. Für Dodds besteht hier eine direkte Verbindung zur Digital Concert Hall: „Dass dieses Orchester die erste CD herausbrachte, war eine Art Qualitätssiegel für das neue Medium. Wir wollen nicht neue Technologien entwickeln, aber in welchem Medium auch immer das Orchester erscheint, es ist ungeheuer wichtig, dass wir mit der höchsten Qualität in Verbindung gebracht werden.“ Es dauerte gut zehn Jahre von der ersten Idee der Digital Concert Hall bis zu ihrer Umsetzung. Die Geschwindigkeit der technischen Entwicklung hat sich seitdem ständig erhöht. Als die Digital Concert Hall vor drei Jahren eröffnet wurde, war noch nicht absehbar, dass Grenzen zwischen Fernsehen

Musik

und Internetübertragung derart verwischen würden. Heute kooperieren die Berliner Philharmoniker mit Sony und Samsung, so dass die Digital-Concert-Hall-App auf jedem neuen Fernseher dieser Firmen bereits vorinstalliert ist. Online registrieren, Karten kaufen, und schon hat jeder Käufer das Orchester in seinem Wohnzimmer auf einem großen Fernsehbildschirm. „Wir sehen Fernsehen und Internet sich immer weiter auf einander zubewegen“, sagt Möller, „das ist für uns eine spannende Entwicklung.“ Die Partnerschaft mit den Geräteherstellern passt auch für Dodds zum Selbstverständnis des Orchesters. „Sony und Samsung profitieren von der Verbindung mit den Berliner Philharmonikern. Wir wollen unseren Namen vor allem in Verbindung mit exzellenten Produkten sehen. Ich glaube, wir stehen für Qualität und sind weltweit bekannt für herausragende Leistungen.“ Die Marke „Berliner Philharmoniker“ ist unverzichtbar für den Erfolg der Digital Concert Hall. Ruf und Geschichte des Orchesters ziehen die Zuschauer an. Gleichzeitig ist dieser Ruf auch Verpflichtung, immer ganz vorne dabei zu sein. Zu den Projekten in der Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer-Institut gehört auch ein Videoclip des Orchesters für die neuen Nintendo 3D-Spielekonsolen. Weder die Bildgröße noch die Tonqualität entsprechen derzeit den Vorstellungen, die das Orchester in der Digital Concert Hall verfolgt, aber der Videoclip ist ein weiteres Experiment, betont Möller. „Wir sind ein Versuchslabor und müssen auch etwas wagen.“ „Musik, die hundert Jahre und älter ist, gehört zum Kern der Veranstaltung. Ganz offensichtlich spricht diese Musik die Menschen noch immer ganz direkt an und bewirkt etwas tief im Innersten. Mir gefällt es, wenn die Berliner Philharmoniker mit der neuesten Technologie die Botschaft aussenden: Das ist kein klingendes Museum, sondern etwas ganz Aktuelles. Diese Art von Konzert ist wichtig für alle Menschen von heute und morgen.“

Spaß muss sein, auch in 10.000 Metern Höhe.

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MIPIM Die internationale Immobilienmesse in Cannes

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ie MIPIM, Kurzfassung für frz. Marché International des Professionels de l´immobilier, ist mit ca. 20.000 Teilnehmern eine der größten Immobilienmessen der Welt. Hier treffen sich all diejenigen, die im Kosmos der Großimmobilieninvestments und Standortwerbung den Ton angeben: Ingenieure, Architekten, Städtebauer, Investoren, Finanzinstitute und Vertreter der Städte. Sie präsentieren neue Ideen sowie innovative Projekte und schließen innerhalb der vier Messetage zahlreich Geschäfte ab oder bahnen diese an. Die im Jahr 1990 ins Leben gerufene MIPIM war zunächst die erste international ausgerichtete Immobilienmesse und findet seitdem jährlich im französischen Cannes statt. Jedes Jahr werden die weltweit imposantesten Projekte außerdem mit Preisen in den fünf Kategorien Büroimmobilien und Einkaufszentren, modernisierte Bürogebäude, Wohnimmobilien, Hotels und Freizeitanlagen sowie ökologisch orientierte Gebäude geehrt. Da internationale Investoren dem deutschen Immobilienmarkt sehr optimistische Zukunftsprognosen voraussagen, wurde Deutschland in diesem Jahr zum offiziellen Partnerland der MIPIM erklärt. www.mipim.com

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Objekte der Begierde Ob jexts No. 1 / Ma i 2 012

Preisgekrönt auf der MIPIM

Skyline Plaza von ECE

Nicht nur Top, sondern Bikini

Ein weiteres spannendes, in Frankfurt entstehendes Projekt ist die Skyline Plaza von ECE und CA Immo Deutschland. Bis zum Jahr 2013 werden ihm Rahmen dieses Projekts im Europa-Viertel ein 38000 m2 großes Einkaufszentrum mit 180 Geschäften und Restaurants sowie das größte Fitness- und Wellnesszentrum Frankfurts entstehen. Das Highlight der Skyline Plaza ist nicht nur die einzigartige Sicht auf die Stadt, sondern das begrünte Dach, das für Events und Gastronomie genutzt werden wird. www.skylineplaza.de

Das in Berlin bekannte Bikini-Haus wird zu Hotel und Gewerbeimmobilie umgebaut. Es wird umseitig vollständig verglast und brilliert durch elegante Transparenz Bis 2013 entstehen im Kleinen Hochhaus auf 7.000 m2 149 außergewöhnliche Hotelzimmer. Die individuelle und einzigartige Innengestaltung unter dem Titel „Urban Jungle“ übernimmt Werner Aisslinger mit seinem Designbüro studio aisslinger. Absolutes Highlight und zukünftiger „Place to be“ Berlins könnte die Roof-Top- Bar im zehnten Stock des Hotels avancieren, die einen atemberaubenden 360 Grad Blick auf die City und den Tiergarten bieten wird. www.bikiniberlin.de

Königliches Wohnen

Preisgekrönt auf der MIPIM

Neben der Intendanz der Staatsoper und dem Kronprinzenpalais entsteht ein außergewöhnliches Bauprojekt in Berlin, die Kronprinzengärten der Bauwert Gruppe. Sechs renommierte Architekten wurden dazu eingeladen, elf ganz individuelle Häuser zu entwerfen, die gemeinsam zu einem zusammenhängenden Ensemble werden. Luxus trifft auf Historie und gibt der Redewendung “Sich wie ein König fühlen” ganz neuen Sinn. Der Gebäudekomplex zeichnet sich durch großzügige Terrassen sowie zahlreiche Balkone aus. Kleine Innenhöfe versprühen idyllischen Charme. Das Highlight der Kronprinzengärten sind jedoch die Swimming-Pools, welche auf den Dachterrassen zu einer Erfrischung einladen. Auch im Innern der Häuser setzt sich das hochwertige Design fort: Französische Fenster lassen viel Licht in die Wohnungen mit den hohen Decken und erlauben einen Blick auf die prachtvolle Umgebung.

„Primanti Gurgaon India“ des Architekturbüros Kohn Pedersen Fox Associates Da die Bevölkerung in Indien rasant anwächst, hat sich das renommierte Architektenbüro Kohn Pedersen Fox mit ihrem neuen Projekt auf eine Stadt 35 km südwestlich von Neu Dehli konzentriert: In der Stadt Gurgaon wird das Architektenteam ein neues Wohnviertel für 4.000 Menschen entwerfen. Der Clue dieses Projekts besteht darin, dass nicht nur Hochhäuser und Wohnungen mit hoher Wohnqualität, sondern auch Gaststättenbereiche für alle Budgets und Familien geplant werden. Die Verarbeitung einer großen Vielfalt an Rohstoffen und eine abwechselungsreiche Gestaltung des ganzen Viertels runden das Millionenprojekt ab.

www.bauwert.de

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Credit der Fotos: bauwert.de

www.kpf.com


Preisgekrönt auf der MIPIM

MainTor von DIC – Deutsche Immobilien Chancen AG & Co. Der Sonderpreis der diesjährigen MIPIM in der Kategorie Best German Project wurde der DIC Group für ihr Projekt der Umgestaltung des MainTors in Frankfurt überreicht. Mit diesem Großbauprojekt wird das bisher unzugängliche Gebiet zwischen Untermainkai und der Weissfrauenstrasse umgestaltet und dem Publikum geöffnet. Bereits 2011 wurden die bestehenden Gebäude abgerissen und das Gelände wurde für den Großbau vorbereitet. Bis zum Jahr 2015 werden hier Grünflächen, Plätze, Terrassen, Büros und multifunktionale, offene Gebäude entstehen. www.maintor-frankfurt.de

Penthouse Wohnungen der Extraklasse Die “Königsdächer” sind dreizehn erstklassige Penthouse-Wohnungen in allerbester Lage von Berlin-Mitte. Die Schmidt & Pütz Projektmanagement GmbH hat die Dachgeschosse der Baudenkmäler ausgebaut. Auf den ehemaligen königlichen Hofbeamtenhäusern, zwischen Museumsinsel und Friedrichstraße, entstehen nun luxuriöse 2-bis-6-Zimmer-Wohnungen. Hier lebt man mittendrin, aber ruhig, in der Nähe der Museumsinsel sowie Berlins Prachtboulevard Unter den Linden. Die hochwertig ausgestatteten Wohnungen sind lichtdurchflutet, großzügig geschnitten und verfügen über angenehme Deckenhöhen. www.ziegert-immobilien.de

Preisgekrönt auf der MIPIM

Lux in Mitte Das Lux-Mitte des Architekturbüros Axthelm und Rolvien ist eine Oase inmitten des Großstadtdschungels. 600 Meter von dem Brandenburger Tor entfernt ist es trotzdem sehr ruhig und grün. Vor dem Haus befindet sich ein kleiner Park und dahinter die augenblicklich leer stehende ehemalige US-Botschaft. Das LUX wird durch die aufgebrochene Fassade und großflächige Verglasung zu einer unverwechselbaren Gesamtskulptur im Zeichen des Lichts. Die exquisite Ausstattung des Gebäudes und jeder einzelnen der 64 komfortablen und lichtdurchfluteten Eigentumswohnungen und Penthäuser erfüllen Ansprüche auf höchstem Niveau. www.lux-mitte.de www.axthelm-rolvien.de

Wiederbelebung Granary Island in Gdansk von Marcin Kozikowski Der Herausforderung, der kleinen Insel “Granary Island” inmitten der polnischen Hafenstadt Danzig wieder Leben einzuhauchen, widmet sich der Architekt Marcin Kozikowski mit seinem neuen Projekt. Er wird an der Nordküste des kleinen Eilands auf einem Privatgrundstück ein 45000 m2 großes multifunktionales Areal entstehen lassen, welches Wohnungen, Geschäfte und ein Hotel enthält. Um dieses wenig bebaute Viertel der historischen Altstadt Danzigs wiederzubeleben, wird das Projekt als Fortsetzung des berühmten Hotels Royal Route, welches jedes Jahr viele Millionen Touristen lockt, dienen. www.kozikowski.pl


FOSCA The bright Legend

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ARINI 201


Design

Ob jexts No. 1 – Ma i 2 012

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s ist offen und hell in diesen Räumen. Gläserne Wände lassen die Blicke durch die gesamte Etage wandern und holen das Sonnenlicht bis tief in dunkle Ecken hinein. U-förmig reihen sich die Büros um einen Hof herum und sind mit hohen Fenstern zu ihm geöffnet. In der Mitte des Hofs ruht ein silbern glänzendes Wasserbecken und spiegelt sorgsam die umliegenden Bäume und Felder. Die Zentrale des venezianischen Leuchtenherstellers Foscarini ist alles andere als eine gewöhnliche Fabrik. Denn was sich hinter der gläsernen Verwaltung erhebt, sind nicht die Hallen der Produktion, sondern lediglich ein großes Lager. Dazwischen befinden sich Räume, in denen es zugeht wie in der Entwicklungsabteilung von James-Bond-Tüftler „Q“: ein abgedunkeltes „Theater“ zum Vorführen neuer Prototypen, Hallen voll farbenfroher Materialproben, die Kinderaugen zum Glänzen bringen und, ganz an Ende des Rundganges ein seltsam futuristisches Labor, in dem die Produkte im Dauereinsatz getestet werden. Es sind die Stationen, in denen aus ersten Skizzen und Ideen schließlich funktionierende Leuchten werden. Sobald ihre Entwicklung beendet ist, wandern sie weiter zu der Fabrik, in der sie produziert werden. Anders als seine Mitbewerber unterhält Foscarini bis heute keine eigene Fertigung, sondern sucht für jedes Produkt den passenden Zulieferer. Was klingt wie ein Manko, ist von strategischem Vorteil: „Wir sind weder an einen bestimmten Stil oder an ein bestimmtes Material gebunden“, erklärt Carlo Urbinati, der zusammen mit Alessandro Vecchiato 1988 die Leitung von Foscarini übernommen hat. Die Entwicklung neuer Produkte wird nicht danach ausgerichtet, ob sie mit den eigenen Maschinen produziert werden können, sondern erfolgt ohne Einschränkungen in der Auswahl der Materialien, Formen und Verar-

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Der Leuchtenhersteller Foscarini geht einen ungewöhnlichen Weg. An seinem Hauptsitz im Norden von Venedig wird nichts produziert, aber dafür erdacht, erprobt und experimentiert. Wie in einem Geheimlabor des Secret Service werden neue Formen und Materialien in raffinierte Lichtobjekte übersetzt.

von Norman Kietzmann


„Unsere Mentalität hat viel damit zu tun, kein Hersteller zu sein. Wir sind frei, die Entwürfe auszuwählen, die wir interessant finden.“ «FlyFly» – eine Leuchte wie der Rauch einer guten Zigarre.

beitung. „Unsere Mentalität hat viel damit zu tun, kein Hersteller zu sein. Wir sind frei, die Entwürfe auszuwählen, die wir interessant finden“, bringt Carlo Urbinati auf den Punkt. Das Ergebnis ist eine weit gefächerte Palette an Leuchten, die sich weder mit einem verbindenden Stil oder Erkennungsmerkmal beschreiben lassen. Dennoch haben sie die Branche gleich mehrfach aufhorchen lassen. Ob die metallene Pendelleuchte „Allegro“ (2007) des Schweizer Designteams Atelier Oi, die wie übergroße Stimmgabeln beim Berühren zu klingen beginnen oder die mit transparenten Kunststoffperlen überzogene Leuchte „Caboche“ (2005), mit der die

spanische Designerin Patricia Urquiola den traditionellen Lüster zielsicher in die Gegenwart transferierte. Mit der Leuchte „Aplomb“ (2010) des jungen italienischen Designbüros Lucidi & Pevere brachte Foscarini erstmals Beton für die Herstellung einer Leuchte ins Spiel und hat mit der Bodenleuchte „Twiggy“ (2006) des Designers Marc Sadler aus Mailand kaum weniger als einen Klassiker des 21. Jahrhunderts realisiert: Der runde Schirm der Leuchte wird von einer filigranen Angel ausbalanciert und kann mithilfe kleiner Gewichte, die unsichtbar im Schirm verankert werden, seine Höhe variieren.

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Hat das Zeug zum Klassiker – «Soleil» von Vicente Garcia Jimenez

cht Prozent des Umsatzes werden jährlich in die Entwicklung neuer Materialien und Verarbeitungsmethoden gesteckt, um nicht nur gestalterisch der Konkurrenz voraus zu sein, sondern ebenso Kopisten durch Know-how das Handwerk zu legen. „Wenn uns ein Produkt vorgeschlagen wird und wir es umsetzen, kommt dennoch am Schluss etwas ganz anderes dabei heraus. So machen wir daraus ein Foscarini-Produkt“, erklärt Carlo Urbinati. Seine Aufgabe sieht der studierte Produktdesigner nicht nur im Führen der unternehmerischen Fäden, sondern ebenso in der Entwicklung der Produkte zusammen mit den Designern. Das Unternehmen wird auf diese Weise zum Co-Autor seiner Produkte, die von den Designern vorgeschlagen oder direkt bei ihnen in Auftrag gegeben werden. Rund eintausend Entwürfe werden von Carlo Urbinati und Alessandro Vecchiato pro Jahr begutachtet. Nur ein Prozent von ihnen gelangt in die Produktion und darf seine Premiere auf der Mailänder Möbelmesse oder der Lichtmesse „Light & Building“ in Frankfurt erleben. Ob sie als gelernte Designer ein Unternehmen anders leiten? „Ich glaube schon, dass wir mehr an den Produkten als an Fragen der Betriebswirtschaft oder Fertigung interessiert sind. Die Leuchten sind unsere Kinder und stehen an vorderster Stelle“, erläutert Carlo Urbinati, warum sich das Marketing, der Verkauf und die Logistik unterzuordnen haben. Der Blick des Gestalters zeigt sich in einer weiteren Strategie: Während Konkurrenten wie Flos, Artemide oder Luceplan auf klangvolle Designernamen setzen, baute Foscarini seine Kollektion mit häufig unbekannten Gestaltern auf, die erst durch ihre Leuchten einem größeren Publikum bekannt wurden. Carlo Urbinati: „Die Designer sind entscheidend für uns. Aber wir Galsbläser aus Murano – die Besten ihres Handwerks

„Wenn uns ein Produkt vorgeschlagen wird und wir es umsetzen, kommt dennoch am Schluss etwas ganz anderes dabei heraus. So machen wir daraus ein Foscarini-Produkt.“ stützen uns nicht nur auf zwei oder drei Namen. Wir arbeiten mit 20 verschiedenen Gestaltern, die alle sehr unterschiedliche Mentalitäten und Arbeitsweise haben. Manche bringen einen Prototypen mit, andere zeichnen mit der Hand in der Luft.“ Auch die Leuchte „Twiggy“ entstand aus einer spontanen Eingabe, als Marc Sadler die Idee eines Lampenschirms an einer Angel mit den Händen darstellte. Dass Carlo Urbinati und Alessandro Vecchiato ihm Vertrauen schenkten, sollte sich bald auszahlen. Schließlich avancierte die Leuchte binnen weniger Monate zum erfolgreichsten Produkt des Unternehmens und wird rund um den Globus verkauft.

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N

icht leicht vorstellbar,

dass die Wurzeln von Foscarini ausgerechnet an einen Ort zurückreichen, der bis heute der industriellen Produktion erbittert Widerstand leistet: die Glasbläserinsel Murano im Norden von Venedig. Dorthin wurden die Manufakturen, die vorab in der ganzen Stadt verteilt waren, im Jahr 1295 aus Gründen des Brandschutzes umgesiedelt. „Das hat eine Mentalität hervorgebracht, in der eine ganze Gemeinschaft von derselben Sache lebt. Jeder redet über Glas und jeder versucht ein Geheimnis von dem anderen zu erfahren“, erzählt Carlo Urbinati. Noch heute leben die meisten der 4.600 Bewohner von jenem Material, dem Venedig seinen Glanz und Reichtum verdankt und dessen Herstellung unter Androhung der Todesstrafe lange geheimgehalten blieb. Anders als traditionelle Manufakturen wie Venini und Salviati, besaß Foscarini auch auf Murano keine eigenen Werkstätten. Das 1981 gegründete Unternehmen suchte sich seine Zulieferer passend zu den jeweiligen Aufträgen und fand aus der Not heraus seine heutige Erfolgsstrategie: Flexibilität und Offenheit. Wurden anfangs vor allem opulente Lüster für Hotels und Theater hergestellt, führten die beiden Inhouse-Designer Carlo Urbinati und Alessandro Vecchiato 1983 erstmals serielle Leuchtenentwürfe ein, um die Leerläufe zwischen den prestigeträchtigen Großaufträgen abzufedern. 1985 entstand die erste Zusammenarbeit mit Designern außerhalb des Unternehmens, das sie 1988 von seinem früheren Besitzer übernahmen. 1990 übertrugen sie die gestalterischen Geschicke dem Mailänder Designer Rodolfo Dordoni, dessen minimalistische Leuchte 206


«Twiggy», von Marc Sadler – raffinierte Leichtigkeit auf einem Glasfasersockel

„Lumiere“ (1990) zu einem ersten Bestseller wurde. „Die Leute auf Murano hielten uns für verrückt und tun es heute immer noch“, erinnert sich Carlo Urbinati. Denn 1992 taten sie das, was auf der Insel einem Sakrileg gleichkam: Sie fertigten die Leuchte „Orbital“ von Ferruccio Laviani nicht aus mundgeblasenem, sondern industriellem Glas und legten 1993 noch einen oben drauf, als sie die Leuchte „Havana“ von Jozeph Forakis aus leichtem Polyethylen anstatt aus schwerem und sündhaft teuerem Glas fertigen ließen. Der Wandel der Materialität führte zu einem logistischen Problem. Vermochten sie auf Murano sämtliche Zulieferer zu Fuß zu erreichen, verteilten sich die Produzenten zunehmend auf halb Italien. „Im letzten Jahr haben wir 350.000 Pakete verschickt. Das wäre auf Murano nicht möglich gewesen. Wir sind zu stark gewachsen, um auf einer Insel zu bleiben“, erklärt Carlo Urbinati, warum sie 1994 aufs Festland nach Marcon gezogen sind. Nur Alessandro Vecchiato wohnt noch heute auf der Insel der Glasbläser, wo er geboren wurde. Wenn er früh morgens in sein Boot steigt, um zur Arbeit zu fahren, wird die Passage zur bewussten Zeitreise. Mit der Tradition im Rücken lassen sich die Leuchten der Gegenwart schließlich gleich viel klarer ins Auge fassen.

Ein Brennofen wie eine Turbine: Hier wird Glas für höchste Ansprüche gebrannt.

Wandschrank „Engrained“

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Hersteller und Adressen Ob jexts No. 1 / Ma i 2 012

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ABARTH www.abarth.de

HUDSON FURNITURE www.hudsonfurnitureinc.com

MUS www.musdesign.co.nz

ALESSI www.alessi.de

IGN. JOSEPH www.ign-joseph.com

NATHALIE LAHDENMÄKI www.nathalielahdenmaki.fi

ALEXANDER MC QUEEN www.alexandermcqueen.com

JAN KATH www.jan-kath.de

NHOW HOTEL www.nhow-hotels.com

ANDORA www.andoraworld.com

JEAN NOUVELLE ARCHIVES www.jeannouvel.com

NIDO STOOL www.nidos.de

ARABIA & IITALLIA www.arabia.fi

JEAN PAUL GAULTIER www.jeanpaulgaultier.com

OLFF APPOLD www.olffappold.com

AUDI www.audi.co.uk

JIL SANDER www.jilsander.com

PHILHARMONIE www.berliner-philharmoniker.de

AXT HELM ARCHITEKTEN www.axthelm-architekten.de

KARIM RASHID www.karimrashid.com

PHILIPS www.philips.de

BAKER D. CHIRICO www.bakerdchirico.com.au

KARL LAGERFELD www.karl.com

PIET HEIN EEK www.pietheineek.nl

BAUWERT www.bauwert.de

KATAJANOKAN www.katajanokankasino.fi

POMELLATO www.pomellato.it

BRIAN BAITY www.brianbaity.com

KIKI VAN EIJK www.kikiworld.nl

POWERDEKOR www.powerdekor.de

BRUNELLO CUCCINELLI www.brunellocuccinelli.it

KLAAS KUIKEN www.klaaskuiken.net

QASR AL SARAB DESERT RESORT www.qasralsarab.anantara.com

BVLGARI www.bulgari.com

KLAUS K www.klauskhotel.com

RAVINTOLA NUEVO www.ravintolanuevo.fi

CHANEL www.chanel.com

KOHN PEDERSEN FOX www.kpf.com

RAVINTOLA PÄÄKONTTORI www.paakonttori.fi

CHARVET www.charvet.com

KRONPRINZENGÄRTEN www.kronprinzengaerten.de

REAL-F www.real-f.jp

CHRISTOPH LANGHOF www.langhof.com

LANCIA www.lancia.de

SPECIALIZED www.sacsmarine.it

DANIEL LIBESKIND www.daniel-libeskind.com

LEVI‘S www.eu.levi.com

SACS www.sacsmarine.it

DIRK MESSNER www.dirkmessner.com

LUCEM www.lucem.de

SKLIM www.sklim.com

DOPPLER www.dopplerschirme.com

EVA MAGUERRE www.besau-marguerre.de

SKYLINE PLAZA www.skylineplaza.de

DOSHI LEVIEN www.doshilevien.com

MAGIS www.magisdesign.com

STUDIO MOLEN www.studiomolen.nl

EMERY & CIE www.emeryetcie.com

MAIN TOR FRANKFURT www.maintor-frankfurt.de

TASCHEN VERLAG www.taschen.com

FANNY HOFSTRA www.fannyhofstra.com

MAISON MARTIN MARGIELA www.maisonmartinmargiela.com

THAI CONG www.thaicong.com

FOSCARINI www.foscarini.com

MAREINES & PATALANO www.mareines-palatano.com.br

TUDOR www.tudorwatch.com

FREDERIQUE MORREL www.frederiquemorrel.com

MARKUS ALTMANN markus-altmann.de

UNDERWEAR FASHION IN DETAIL www.vandashop.com

GOLDSCHMIEDE SCHUBART www.goldschmiede-schubart.de

MARKUS MEUTHEN www.meuthen-photography.com

VERSACE www.versace.com

GUEDE MESSER www.guede-solingen.de

MATTHEW NIEDERHAUSER www.mdnphoto.com

WORLD DESIGN CAPITAL HELSINKI www.wdchelsinki2012.fi

H.STERN www.hstern.net

MATTIAS GROPPE www.mgroppe.de

WOUT WESSEMIUS www.wessemius.nl

HEIKE WEBER www.heikeweber.net

MINEHEART www.mineheart.com

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