Health-Care-Newsletter 1-2016

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Themenübersicht Editorial

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Antikorruptionsgesetz verabschiedet – was lange währt, wird endlich gut?

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Der lange Weg zum Antikorruptionsgesetz

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Der verabschiedete Gesetzesentwurf

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Bewertung des Antikorruptionsgesetzes

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Preisgestaltung im Unternehmensverbund im Licht des neuen Anwendungserlasses zur Abgabenordnung vom 26.01.2016

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Selbstlosigkeit als übergeordnetes Kriterium

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Besonderheit Wohlfahrtspflege

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Erfüllung des gesetzlichen Mindestlohns – Berücksichtigung von Sonderzahlungen

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Honorararzteinsatz im Krankenhaus: konstante Rechtsunsicherheit

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Einsatz selbstständiger Honorarärzte gänzlich unzulässig?

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Abgrenzung zwischen selbstständiger Tätigkeit und abhängiger Beschäftigung

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Rechtsprechung in Kürze

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Veranstaltungshinweis/Aktuelle Veröffentlichungen

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Ansprechpartner

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Newsletter HEALTH CARE

Editorial Sehr geehrte Leserinnen und Leser, zum Ende der ersten Jahreshälfte legen wir Ihnen die erste Ausgabe unseres Newsletters Health Care 2016 vor. In eigener Sache freuen wir uns außerdem, Sie wie folgt informieren zu können: Roever Broenner Susat Mazars wächst weiter. So konnte u. a. am Standort Dresden ein Team aus Rechtsanwälten, Steuerberatern und einem Wirtschaftsprüfer um den Partner und Rechtsanwalt Rudolf von Raven gewonnen werden. Dabei wird insbesondere auch unsere ausgewiesene Branchenkompetenz im Bereich Gesundheitswesen durch Frau Rechtsanwältin Melanie Fillinger, die als Transaktionsexpertin im Gesundheitswesen über mehrjährige Erfahrung verfügt, weiter geschärft. Wir bauen unser multidisziplinäres Beratungsangebot damit weiter aus und stärken unsere Kernkompetenz im Bereich Health Care. Wir hoffen, wieder ein informatives Paket aus Beiträgen zu branchenspezifischen Themen und aktuellen Entwicklungen aus der Rechtsprechung zum Schwerpunkt „stationäre Versorgung“ geschnürt zu haben, das Ihnen auch die Gelegenheit bietet, etwa bestehenden Beratungs- und Gestaltungsbedarf zu prüfen: Anknüpfend an unseren Beitrag aus der Vorausgabe berichten wir über das zwischenzeitlich mit relevanten Veränderungen verabschiedete und zum 04.06.2016 in Kraft getretene „Gesetz zur Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen“. Im Steuerrecht stellen wir den Anfang dieses Jahres vorgelegten Anwendungserlass zur Abgabenordnung betreffend die Preisgestaltung im (insbesondere: gemeinnützigen) Unternehmensverband vor. Die Rechtsprechung zum Honorararztwesen bleibt im Fluss – wir informieren über neue Tendenzen. Darüber hinaus sind in den vergangenen Monaten höchstrichterliche Entscheidungen des Bundesgerichtshofes, des Bundessozialgerichts und des Bundesarbeitsgerichts ergangen, die wir wegen ihrer grundlegenden Bedeutung für das Krankenhausfinanzierungs- und das Vertragsarzt- bzw. speziell Zulassungsrecht sowie das Personalmanagement bereits vor Vorliegen der abgesetzten Urteilsgründe kurz vorstellen. Informationen über aktuelle Veranstaltungen und Veröffentlichungen aus unserem Haus im Bereich Health Care erhalten Sie am Ende des Newsletters und auch auf unseren Homepages unter www.rbs-partner.de, www.rbs-legal.de und mazars.de. Wir wünschen Ihnen eine informative Lektüre. Ihre Partner von Roever Broenner Susat Mazars

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Antikorruptionsgesetz verabschiedet – was lange währt, wird endlich gut? Der Bundestag hat am 14.04.2016 das „Gesetz zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen“ (Antikorruptionsgesetz) verabschiedet, am 04.06.2016 ist es in Kraft getreten. Eine schon seit mehreren Jahren bestehende Entwicklung hin zur Pönalisierung korruptiver Verhaltensweisen im Gesundheitswesen hat damit (vorerst) ihren Schlusspunkt gefunden. Dabei wurden auf den letzten Metern vor den letzten Lesungen noch deutliche Änderungen an dem bis dato vorliegenden Gesetzesentwurf vorgenommen. Ist damit am Ende eines langen Prozesses der große Wurf gelungen?

Der lange Weg zum Antikorruptionsgesetz Das Antikorruptionsgesetz kennzeichnet vor allem die Hinwendung der amtierenden Bundesregierung vom sozialrechtlichen zum strafrechtlichen Sanktionsinstrumentarium. Korruptive Verhaltensweisen sind zudem bereits seit jeher in den einschlägigen ärztlichen Berufsordnungen sanktioniert. Die vormalige schwarzgelbe Regierungskoalition hatte im Rahmen des GKV-Versorgungsstrukturgesetzes mit Wirkung zum 01.01.2012 zunächst lediglich die berufsrechtlichen Vorgaben (insbesondere das Zuweisungsverbot) in das Recht der gesetzlichen Krankenversicherung überführt (Einfügung § 73 Abs. 7 und § 128 Abs. 5a SGB V). Im Juni 2013 hatte der Bundestag sodann bereits ein Antikorruptionsgesetz beschlossen, in dessen Rahmen Verstöße gegen die in das SGB V integrierten berufsrechtlichen Pflichten zur Unabhängigkeit medizinischer Entscheidungen und das Verbot der Zuweisung durch Strafvorschriften im SGB V – und daher nur für Leistungserbringer im GKV-System – strafrechtlich sanktioniert werden sollten. Der Bundesrat forderte demgegenüber jedoch eine grundlegende Überarbeitung und Regelung im Strafgesetzbuch (StGB) und initiierte seinerseits ein Gesetzgebungsverfahren zur Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen („Strafrechtsänderungsgesetz zur Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen“). Die allgemein strafrechtliche Sanktionierung wurde von der Bundesregierung jedoch als „nicht sachgerecht“ abgelehnt. Der Gesetzesentwurf wurde als unerledigt mit Ablauf der 17. Legislaturperiode gegenstandslos. Nachdem nach der Bundestagswahl im Jahr 2014 die Bundesländer Hamburg und Bayern ihrerseits bereits jeweils separate Gesetzesentwürfe im Bundesrat eingebracht hatten, legte auch die Bundesregierung schließlich einen eigenständigen Entwurf zur Änderung des Strafgesetzbuches (StGB) durch Einfügung der §§ 299a und 299b sowie Ergänzungen der Änderung der §§ 300 bis 302 im 26. Abschnitt des StGB („Straftaten gegen den Wettbewerb“) vor.

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Der verabschiedete Gesetzesentwurf Den zunächst vorgelegten und erstmals am 13.11.2015 im Bundestagsplenum beratenen Regierungsentwurf hatten wir bereits vorgestellt (vgl. Langhoff/Harmann, Health-Care-Newsletter 2/2015, 7 [11]). Unter anderem im Nachgang einer Sachverständigenanhörung im November 2015 wurden Modifizierungen vorgenommen. Der dem Bundestag zur abschließenden Beratung – äußerst kurzfristig (ein Tag vorher) – vorgelegte und sodann beschlossene Gesetzesentwurf enthielt vor allem folgende wesentliche Änderungen: Streichung der „Verletzung berufsrechtlicher Pflichten zur Wahrung der heilberuflichen Unabhängigkeit“ als Modalität für die Tatbegehung Streichung der Tatbegehungsvarianten „Abgabe von Arznei-, Heil- oder Hilfsmittel oder von Medizinprodukten“ Einschränkung der Tatbestandsvariante des „Bezugs von Arznei- oder Hilfsmitteln oder von Medizinprodukten“ auf solche, „die jeweils zur unmittelbaren Anwendung durch den Heilberufsangehörigen bestimmt sind […]“ Straffung durch Zusammenführung der zuvor in § 299a Abs. 2 bzw. spiegelbildlich in § 299b Abs. 2 StGB separat geregelten Tatbegehungsvarianten des berufswidrigen Bezugs von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln oder Medizinprodukten in die sonstigen in § 299a Abs. 1 bzw. spiegelbildlich in § 299b Abs. 1 StGB geregelten Tatbegehungsvarianten (Wegfall von § 299a Abs. 2 und § 299b Abs. 2 StGB) Wegfall der Ausgestaltung der §§ 299a und 299b StGB als (bedingte) Antragsdelikte (Änderung von § 301 StGB entfällt)

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Bewertung des Antikorruptionsgesetzes In ihren finalen Fassungen sind die Tatbestände der Bestechlichkeit und der Bestechung im Gesundheitswesen in mehrerlei Hinsicht eingeschränkt worden. Die Bereinigung der Tatmodalität „Verstoß gegen die berufsrechtliche Pflicht zur Wahrung der heilberuflichen Unabhängigkeit“ war Folge der nicht unbegründeten Sorge, einen zu unbestimmten – und damit verfassungswidrigen – Straftatbestand zu schaffen. Da das ärztliche Berufsrecht Länderrecht ist, hätte die Möglichkeit bestanden, dass durch divergierende Landesgesetze die Frage der Strafbarkeit je nach Tatort unterschiedlich zu beurteilen gewesen wäre. In der Beschlussempfehlung wird die Auffassung vertreten, dass durch die Streichung Strafbarkeitslücken nicht zu befürchten seien, da Korruptionsfälle fast ausnahmslos von der ersten Tatbestandsalternative zum Schutz des lauteren Wettbewerbs erfasst würden. Kritisch wird bereits jetzt vor allem die Privilegierung der Apotheker beurteilt. Durch die vorstehend geschilderte Streichung und Einschränkung der Tatbegehungsvarianten ist die Beeinflussung von Apothekern vom Anwendungsbereich der Strafvorschrift weitestgehend ausgenommen, was rechtlich die Frage einer etwaigen ungerechtfertigten Ungleichbehandlung provozieren mag. Die sich für Apotheker aus berufs- und sozialrechtlichen Vorschriften ergebenden Restriktionen gelten allerdings selbstverständlich weiterhin. Durch die Ausgestaltung als Offizialdelikt haben die Staatsanwaltschaften Ermittlungen bei Vorliegen eines Anfangsverdacht von Amts wegen einzuleiten; die Verfolgbarkeit ist also nicht (mehr) von einem Strafantrag abhängig. Strafanzeigen von interessierter Seite sind dagegen weiterhin möglich und werden vielfach wahrscheinlich auch erst der Auslöser von Ermittlungen sein. Inhaltlich bleiben Unsicherheiten hinsichtlich der künftigen Ausfüllung bzw. Auslegung der Tatbestandsmerkmale. Virulent wird dies vor allem bei Kooperationen im Gesundheitsbereich. Bei deren Gestaltung müssen neben weiterhin relevanten sozial-, wettbewerbs- und berufsrechtlichen Aspekten künftig auch etwaige strafrechtliche Weiterungen einbezogen werden. Sowohl bestehende als auch neue Kooperationsverträge sollten daher unter Einbeziehung entsprechenden kompetenten Sachverstandes kritisch überprüft werden.

Norman Langhoff Tel: +49 30 208 88-1448 norman.langhoff@mazars.de

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Preisgestaltung im Unternehmensverbund im Licht des neuen Anwendungserlasses zur Abgabenordnung vom 26.01.2016 Der neue Anwendungserlass vom 26.01.2016 stellt insbesondere Wohlfahrts-Zweckbetriebe und damit auch Medizinische Versorgungszentren (MVZ) nach § 66 AO vor neue Herausforderungen. Ein Gewinnaufschlag, der über einem Inflationsausgleich und einer Instandhaltungsrücklage liegt, ist nach dem neuen Anwendungserlass im Wohlfahrts-Zweckbetrieb ausgeschlossen. Die Problematik dessen wird offensichtlich durch die vertraglich fixierten Preise aus den Abrechnungen gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung. Ein einzelnes MVZ hat keinen Spielraum bei der Preisgestaltung, da die Preise von der Kassenärztlichen Vereinigung mit den Krankenkassen ausgehandelt werden. Der folgende Beitrag soll die Perspektive der Finanzverwaltung im Hinblick auf die Preisgestaltung bei gemeinnützigen Einrichtungen aufzeigen und dabei die gemeinnützigkeitsrechtliche Problematik in der Preisgestaltung speziell bei Wohlfahrts-Zweckbetrieben verdeutlichen.

Selbstlosigkeit als übergeordnetes Kriterium Gesellschafter gemeinnütziger Einrichtungen dürfen grundsätzlich keine Gewinnanteile und auch keine sonstigen Zuwendungen aus Mitteln der Körperschaft erhalten (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 AO). Neben offenen Gewinnausschüttungen besteht bei konzerninternen Leistungsverrechnungen insbesondere die Möglichkeit, verdeckte Gewinnausschüttungen durch fremdunübliche Preise vorzunehmen. Dies verstößt gegen § 55 Abs. 1 Nr. 1 AO und das Kriterium der Selbstlosigkeit. Mit der Änderung des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung (AEAO) vom 26.01.2016 hat die Finanzverwaltung ein Urteil vom BFH vom 27.11.2013 (I R 17/12) umgesetzt und in Nr. 2 Satz 4 zu § 55 AEAO festgestellt, dass:

„… das Entgelt regelmäßig die Kosten ausgleichen und einen marktüblichen Gewinnaufschlag beinhalten muss. Bei steuerbegünstigten Einrichtungen ist aufgrund der fehlenden Gewinnorientierung die Erhebung eines Gewinnaufschlags in der Regel nicht marktüblich.“

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Der im Erlass erwähnte Regelfall, in dem ein Gewinnaufschlag entbehrlich ist, bezieht sich auf Leistungen im Rahmen eines Zweckbetriebs an andere steuerbegünstigte Einrichtungen. Damit stärkt die Finanzverwaltung die gängige Praxis von gemeinnützigen Einrichtungen, ihre Leistungen zu Selbstkosten weiterzuberechnen. Werden zweckbetriebliche Leistungen hingegen an einen nicht steuerbefreiten Leistungsempfänger erbracht, ist die Erhebung des Gewinnaufschlags grundsätzlich als marktüblich und damit in Übereinstimmung mit dem BFH-Urteil vom 27.11.2013 als geboten anzusehen (Leichinger, NWB Nr. 13 vom 29.03.2016). Das bedeutet, dass der Verzicht eines marktüblichen Entgelts mithin zu einer gemeinnützigkeitsschädlichen Mittelfehlverwendung führen kann, wenn eine gemeinnützige Körperschaft ihrem nicht steuerbefreiten Gesellschafter Dienstleistungen zu Selbstkosten berechnet und damit Gewinne in Form einer verdeckten Gewinnausschüttung an ihren Gesellschafter zuwendet. Unterhält die steuerbegünstigte Körperschaft einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, ist ein Gewinnaufschlag unabhängig vom Leistungsempfänger (steuerbefreit/nicht steuerbefreit) geboten, da die Körperschaft mit Gewinnerzielungsabsicht i. S. d. § 14 Satz 2 AO am Markt auftritt. Die Nichterhebung führt zwangsläufig zu einer verdeckten Gewinnausschüttung im Unternehmensverbund. Die verdeckte Gewinnausschüttung an eine steuerbefreite Körperschaft kann jedoch nach § 58 Nr. 1 bzw. 2 AO geheilt werden (Leichinger, NWB Nr. 13 vom 29.03.2016).

Besonderheit Wohlfahrtspflege Eine Besonderheit in der Leistungsverrechnung gegenüber nicht gemeinnützigen Leistungsempfängern besteht laut dem neuen Anwendungserlass bei WohlfahrtsZweckbetrieben aufgrund der besonderen satzungsmäßigen Voraussetzungen. Ein Wohlfahrts-Zweckbetrieb verfolgt als Satzungszweck die planmäßige, zum Wohle der Allgemeinheit und nicht des Erwerbs wegen ausgeübte Sorge für notleidende oder gefährdete Mitmenschen (§ 66 Abs. 2 S. 1 AO). Wohlfahrts-Zweckbetriebe wie MVZ erzielen in der Regel mit ihren Preisen Überschüsse. Fraglich ist, ob sie deshalb nur des Erwerbs wegen ausgeübt werden. Der Anwendungserlass wurde hierzu in Nr. 2 Satz 2 zu § 66 AEAO wie folgt angepasst:

Eine Einrichtung wird dann „des Erwerbs wegen“ betrieben, wenn damit Gewinne angestrebt werden, die den konkreten Finanzierungsbedarf des jeweiligen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs übersteigen, die Wohlfahrtspflege mithin in erster Linie auf Mehrung des eigenen Vermögens gerichtet ist. Dabei kann die Erzielung von Gewinnen in gewissem Umfang – z. B. zum Inflationsausgleich oder zur Finanzierung von betrieblichen Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen – geboten sein, ohne in Konflikt mit der steuerlichen Begünstigung zu stehen.

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Danach ist ein Gewinnaufschlag durch den neuen Anwendungserlass beim Zweckbetrieb der Wohlfahrtspflege unabhängig von dem Gemeinnützigkeitsstatus des Leistungsempfängers grundsätzlich ausgeschlossen, sofern dieser über einer Instandhaltungsrücklage und entsprechendem Inflationsausgleich liegt. Während in anderen Zweckbetrieben, zum Beispiel im Krankenhaus-Zweckbetrieb nach § 67 AO ein marktüblicher Gewinnaufschlag gegenüber einem nicht steuerbegünstigten Leistungsempfänger geboten ist, ist dies im Wohlfahrts-Zweckbetrieb ausgeschlossen.

Leistungsempfänger

Steuerbegünstigte Körperschaft

Steuerpflichtiger Leistungsempfänger

Zweckbetrieb (§§ 65, 67, 68 AO)

Kein Gewinnaufschlag

Marktüblicher Gewinnaufschlag

Wohlfahrts-Zweckbetrieb (§ 66 AO)

Kein Gewinnaufschlag

Kein Gewinnaufschlag

Steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb (§ 64 AO)

Marktüblicher Gewinnaufschlag/ Heilung nach § 58 Nr. 1 bzw. 2 AO

Marktüblicher Gewinnaufschlag

Art der Leistung

Abbildung 1: In Anlehnung an Carina Leichlinger, NWB, Nr. 13 vom 29.03.2016

Abzuwarten ist, wie eng die Finanzverwaltung den neuen Anwendungserlass auslegt. In der Literatur wird vermutet, dass dieser nicht allzu eng ausgelegt werden dürfte, da Gewinne aus Zweckbetrieben grundsätzlich unschädlich für die Gemeinnützigkeit sind; schließlich unterliegen diese im Grundsatz dem Gebot der zeitnahen Mittelverwendung. Die Möglichkeit der Bildung von steuerlichen Rücklagen (bspw. Betriebsmittelrücklage/Wiederbeschaffungsrücklage) würde zudem durch einen engen Maßstab bei der Gewinnrealisierung im Zweckbetrieb unterlaufen werden (Kirchhain, DStR 2016). Peter Biegler Tel: +49 30 208 88-1722 peter.biegler@mazars.de

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Nicht zuletzt wird eine strenge Sicht in Bezug auf Gewinne im Wohlfahrts-Zweckbetrieb durch die Finanzverwaltung selbst abgemildert, die die Finanzierung anderer Wohlfahrts-Zweckbetriebe nach § 66 AO im Rahmen einer Quersubventionierung im neuen Anwendungserlass ausdrücklich erlaubt (Nr. 2 Satz 4 zu § 66 AEAO).

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Erfüllung des gesetzlichen Mindestlohns – Berücksichtigung von Sonderzahlungen Nach Einführung des gesetzlichen Mindestlohns im Januar 2015 hat jetzt erstmals das Bundesarbeitsgericht (BAG) zur Mindestlohnwirksamkeit von (monatlich geleisteten) Sonderzahlungen geurteilt. In seiner Entscheidung vom 25.05.2016 (Gz. 5 AZR 135/16) hatte das BAG darüber zu befinden, ob Sonderzuwendungen (Urlaubsgeld/Weihnachtsgeld) auf den Mindestlohn nach dem Mindestlohngesetz (MiLoG) anrechenbar sind. Bisher ist lediglich die Pressemitteilung veröffentlicht. Sachverhalt Der Arbeitgeber, eine Krankenhaus-Servicegesellschaft, zahlte seinen Arbeitnehmern in der Vergangenheit aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung im Mai des laufenden Jahres Urlaubsgeld und mit dem Novembergehalt ein Weihnachtsgeld. Auf Grundlage einer im Dezember 2014 mit dem Betriebsrat geschlossenen Betriebsvereinbarung erfolgte die Auszahlung der Jahressonderzahlungen seit Januar 2015 allmonatlich zu je ¹⁄12 des Urlaubs- und Weihnachtsgeldes. Das BAG hatte letztinstanzlich zu entscheiden, ob den monatlich geleisteten Sonderzahlungen Erfüllungswirkung in Bezug auf den Mindestlohnanspruch der Arbeitnehmer zukommt. Entscheidung Das BAG hat dies bejaht und bestätigt damit im Ergebnis die Auffassung der Vorinstanz (Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.01.2016 – 19 Sa 1851/15), dass Sonderzahlungen auf den Mindestlohnanspruch anrechenbar sein können. Nach den Ausführungen des Landesarbeitsgerichtes (LAG) Berlin-Brandenburg ist für die Beurteilung der Zweck der Sonderzahlung entscheidend. Wenn diese – wie der Mindestlohn – die erbrachte normale Arbeitsleistung des Arbeitnehmers vergütet („funktionale Gleichwertigkeit“), erfüllt auch die Sonderzahlung Mindestlohnansprüche der Arbeitnehmer. Das LAG Berlin-Brandenburg hatte umfassend geprüft, welchen Zweck der Arbeitgeber mit den Sonderzahlungen verfolgt. Der Bezeichnung der Sonderzahlung als Urlaubs-/Weihnachtsgeld maß es hier keine entscheidende Bedeutung bei. Vielmehr sei anhand der Leistungsvoraussetzungen zu ermessen, ob mit der Sonderzahlung anderweitige Zwecke verfolgt werden (z. B. Betriebstreue bei Wartezeiten oder Rückzahlungsverpflichtungen für den Fall, dass ein bestimmter Zeitpunkt des Fortbestands des Arbeitsverhältnisses nicht erreicht wird). Beim Urlaubsgeld sei unter anderem zu berücksichtigen, ob es von den Regelungen zum Urlaub abhängig ist (so z. B. wenn an die tatsächliche Urlaubsnahme geknüpft). Dann sei es keine weitere Gegenleistung für die erbrachte normale Arbeitsleistung, sondern auf die Wiederherstellung und den Erhalt der Arbeitsfähigkeit des Arbeitnehmers gerichtet und in diesem Fall nicht auf den Mindestlohn anrechenbar.

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Ist die Verpflichtung zur Leistung der Sonderzahlung tatsächlich nicht an weitere Voraussetzungen geknüpft als an die Dauer des Bestands des Arbeitsvertrages im jeweiligen Jahr und die Vergütungspflicht des Arbeitgebers, stellt dies eine „saisonale Sonderleistung“ dar, welche – vorbehaltlos und unwiderruflich geleistet – grundsätzlich auf den Mindestlohn anrechenbar ist. Fazit Ob das Bundesarbeitsgericht auch argumentativ den Ausführungen der Vorinstanz folgt, bleibt bis zum Vorliegen der Urteilsbegründung abzuwarten, ist aber wahrscheinlich. Damit werden Sonderzahlungen – bei entsprechender Ausgestaltung – Mindestlohnansprüche der Arbeitnehmer erfüllen können.

Sandra Preißler Tel: +49 30 208 88-1410 sandra.preissler@mazars.de

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Neben der Mindestlohnwirksamkeit der Sonderzahlungen gibt der vorliegende Rechtsstreit auch Anlass für Ausführungen zur Möglichkeit der Änderung individualarbeitsvertraglicher Regelungen zur Fälligkeit von Sonderzahlungen durch Betriebsvereinbarung sowie zur Berechnungsgrundlage für Zuschläge (Mindestlohn oder ggf. geringerer vertraglich vereinbarter Stundenlohn). Auch hier scheint das BAG – soweit aus der Pressemitteilung ersichtlich – der differenzierenden Auffassung des LAG Berlin-Brandenburg zu folgen, wonach Berechnungsgrundlage für Nachtarbeitszuschläge (mindestens) der gesetzliche Mindestlohn ist, für Sonn-, Feiertags- und Überstundenzuschläge aber auch ein geringerer vertraglich vereinbarter Stundenlohn zugrunde gelegt werden könne. Auch insofern bleibt die Begründung des Urteils des BAG abzuwarten.

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Honorararzteinsatz im Krankenhaus: konstante Rechtsunsicherheit Der Honorararzteinsatz im Krankenhaus ist fester Bestandteil der stationären Versorgungsrealität. Das Terrain ist unverändert mit rechtlichem Konfliktpotenzial vermint; mangels höchstrichterlicher Rechtsprechung bleibt gleichzeitig eine uneinheitliche Instanzenrechtsprechung. Ein berechenbarer Umgang bei der Vertragsgestaltung wird damit erschwert. Die Rechtslage beim Honorararzteinsatz ist seit jeher alles andere als klar (vgl. Langhoff, Newsletter Health Care 1/2015, S. 15; 2/2014, S. 18; 1/2014, S. 5; 2/2013, S. 9; 1/2013, S. 14). Aktuelle Entscheidungen bringen neue Rechtsunsicherheiten hinsichtlich der generellen Zulässigkeit des Einsatzes selbstständiger Honorarärzte und bei der inhaltlichen Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit.

Einsatz selbstständiger Honorarärzte gänzlich unzulässig? Das Sozialgericht (SG) München hat jüngst geäußert, dass „die selbstständige Tätigkeit eines Honorararztes im Krankenhaus, der kein Belegarzt ist, nicht von der Rechtsordnung gedeckt und damit unzulässig“ sei (Urteil vom 10.03.2016 – S 15 R 1782/15, rechtskräftig) und sich dabei explizit auf die Entscheidung des Landessozialgerichtes (LSG) Baden-Württemberg, Urteil vom 17.04.2013 – L 5 R 3755/11, gestützt. Es hat die Rechtsfrage aber dann offen gelassen und die auf Feststellung gerichtete Klage, dass kein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis bestand, aus anderen Gründen abgewiesen. Dessen ungeachtet dürfte diese Rechtsauffassung nicht haltbar sein. Zunächst dürfte das SG München über die Rechtsprechung des LSG Baden-Württemberg sogar noch hinausgegangen sein. Denn das LSG Baden-Württemberg hatte (lediglich) entschieden, dass „Krankenhausärzte […] weiterhin in der Regel angestellte Ärzte [sind]“ und „die selbständige Tätigkeit eines Arztes in einem Krankenhaus im Rahmen einer Kooperation mit diesem […] zumindest eine […] Niederlassung des Arztes voraussetze“ – danach ist eine selbstständige Tätigkeit niedergelassener Ärzte im Krankenhaus zumindest generell möglich.

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Das SG München verneint nun die grundsätzliche Zulässigkeit des Einsatzes selbstständiger niedergelassener Ärzte als Honorarärzte im Krankenhaus (mit Ausnahme der belegärztlichen Tätigkeit, die schon aufgrund gesetzlicher Definition selbstständig ist) allein schon aus krankenhausrechtlichen Gründen. Diese Auffassung steht im Gegensatz zu der ganz vorherrschenden sozial- und arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung. Das SG München konzediert dies mit dem Hinweis, eine „höchstrichterliche Klärung der vom LSG Baden-Württemberg aufgeworfenen Probleme im Hinblick auf die Anerkennung eines selbständigen Honorararztes im Krankenhaus wäre wünschenswert gewesen“. Es zitiert auch selbst die anderslautende Rechtsprechung (mehrerer Kammern) des SG Berlin und des SG Braunschweig. Ergänzend ist hinzuzufügen: Nicht nur die diesbezüglich zweitinstanzlich zuständigen Gerichte haben die Zulässigkeit des selbstständigen Honorararzteinsatzes im Krankenhaus bestätigt (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20.03.2015 – L 1 KR 105/13 und LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 16.12.2015 – L 2 R 516/14), auch das BSG hat dies – jedenfalls für die Rechtslage ab 2007 (Inkrafttreten des Vertragsarztrechtsänderungsgesetzes) – bereits festgestellt (Urteil vom 17.11.2015 – B 1 KR 12/15 R).

Abgrenzung zwischen selbstständiger Tätigkeit und abhängiger Beschäftigung Streitentscheidend und in der Instanzrechtsprechung nach wie vor uneinheitlich bewertet werden die Handhabung und Gewichtung der gängigen Kriterien bei der Abgrenzung zwischen sozialversicherungspflichtiger abhängiger Beschäftigung und freiberuflicher Tätigkeit. Äußerst honorararztfreundlich hat sich jüngst das Landesarbeitsgericht (LAG) Hessen positioniert (Urteil vom 30.11.2015 – 16 Sa 583/15, nicht rechtskräftig). Es hat zum einen grundsätzlich die Zulässigkeit des Einsatzes selbstständig tätiger Honorarärzte im Krankenhaus bejaht. Zudem hat es dem Standardargument, der Honorararzt sei in den Krankenhausbetrieb eingegliedert und deswegen als abhängig Beschäftigter zu bewerten, entgegengesetzt, dass „die räumliche und organisatorische Eingliederung des Honorararztes in die Klinik und die Zusammenarbeit mit einem Team nicht für eine Arbeitnehmereigenschaft spreche, denn die Tätigkeit eines Honorararztes könne regelmäßig nur in den Räumlichkeiten und mit dem Hilfspersonal des Dienstgebers erbracht werden; sie ergebe sich insoweit aus dem Inhalt des Vertragsgegenstandes“. Bedeutsamere Indizien sind nach Auffassung des LAG Hessen z. B. die Aufführung in den Dienstplänen, die (Nicht-)Teilnahme an Dienstbesprechungen und Visiten sowie die einzelvertragliche Festlegung spezifischer Einsatzzeiträume.

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Zu einer abweichenden Beurteilung ist kürzlich das LSG Niedersachsen-Bremen gelangt (Urteil vom 16.12.2015 – L 2 R 516/14). Danach spreche ein fester Stundensatz gegen ein für eine selbstständige Tätigkeit zu forderndes Unternehmerrisiko. Darüber hinaus hat der Senat vor allem auf die im Streitfall wenig ausgeprägten Unterschiede der Tätigkeiten von Honorarkräften einer- und angestellten Stationsärzten andererseits abgestellt. Zudem habe wegen der starken Einbindung (vollschichtiger Einsatz in Tages- und Bereitschaftsdienst) kaum Raum für spezielle Freiheiten bestanden. Fazit Der Honorararzteinsatz bleibt risikobehaftet. Neben den bekannten Problemkomplexen wird neuerdings verstärkt die Frage der krankenhausrechtlichen Zulässigkeit des selbstständigen Honorararzteinsatzes aufgeworfen. Vor dem Hintergrund der anhaltend dynamischen Entwicklung in der Rechtsprechung empfiehlt sich die kontinuierliche und kritische Überprüfung der jeweils aktuellen Vertragsgestaltung mit Honorarärzten.

Norman Langhoff Tel: +49 30 208 88-1448 norman.langhoff@mazars.de

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Rechtsprechung in Kürze In der höchstrichterlichen Rechtsprechung sind jüngst weitere wichtige Entscheidungen ergangen. An dieser Stelle soll bereits vorab auf die wesentlichen Inhalte hingewiesen werden. Eine vertiefendere Analyse muss aber vorbehalten bleiben, bis die Entscheidungsgründe vorliegen. BGH, Urteil vom 24.03.2016 – I ZR 263/14: Ein Betrauungsakt ist geeignet, eine Freistellung von der Notifizierungspflicht für Zuwendungen eines Landkreises an kommunale Krankenhäuser zu begründen. In dem Rechtsstreit von grundlegender Bedeutung zwischen dem Bundesverband Deutscher Privatkliniken und dem Landkreis Calw zur Frage der Zuwendungspraxis an defizitäre Krankenhäuser in kommunaler Trägerschaft hat der BGH in dritter Instanz jüngst bestätigt, dass Zuwendungen eines Landkreises an ein öffentliches Krankenhaus grundsätzlich von der Pflicht zur Anmeldung bei der Europäischen Kommission befreit sein können, wenn die Zuwendungen auf Grundlage eines ordnungsgemäßen Betrauungsaktes gewährt werden. Der klagende Bundesverband war bereits in den Vorinstanzen vor dem LG Tübingen und dem OLG Stuttgart unterlegen (vgl. Langhoff, Newsletter Health Care 1/2014, S. 14 und Langhoff/Harmann, Newsletter Health Care 1/2015, S. 19). Laut Pressemitteilung handelt es sich bei den medizinischen Versorgungsleistungen der Kreiskrankenhäuser Calw und Nagold grundsätzlich um Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse („DawI“). Aus der Aufnahme der beiden Krankenhäuser in den Krankenhausplan ergebe sich, dass ihr Betrieb zur bedarfsgerechten Versorgung der Bevölkerung notwendig sei. Als Landkreis habe der Beklagte den Betrieb der Kreiskrankenhäuser nach § 3 Abs. 1 und § 7 Abs. 1 des Landeskrankenhausgesetzes Baden-Württemberg sicherzustellen. Der BGH hat jedoch den den Verlustausgleichen für die Jahre 2012 und 2013 zugrunde liegenden Betrauungsakt beanstandet und die Sache insoweit an das OLG Stuttgart zurückverwiesen, den für die Folgejahre ergangenen Betreuungsakt jedoch für zureichend erachtet. Anmerkung: Damit wird einerseits die Möglichkeit der Freistellung von der europarechtlichen Notifizierungspflicht im Zusammenhang mit Verlustausgleichen für kommunale Krankenhäuser bestätigt, die Bedeutung der Schaffung eines ordnungsgemäßen Betrauungsaktes aber andererseits unterstrichen.

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BSG, Urteil vom 04.05.2016 – B 6 KA 21/15 R: Die Nachbesetzung einer im Wege des Zulassungsverzichts an ein MVZ gebundenen Angestelltenarztstelle setzt eine dreijährige Tätigkeitsdauer des originär verzichtenden Arztes voraus. Die Entscheidung dürfte große praktische Relevanz für die Altersplanung von Vertragsärzten und die Strategieplanung von MVZ haben. Das BSG erschwert künftige Praxisübernahmen im Wege des Zulassungsverzichts zugunsten einer Anstellung. Bekanntlich ist bei „Überleitungen“ von Vertragsarztsitzen ein – nicht voll beherrschbares – Nachbesetzungsverfahren nicht erforderlich, wenn der abgabewillige Vertragsarzt auf seine Zulassung verzichtet „um in einem MVZ [als angestellter Arzt] tätig zu werden“ (§ 103 Abs. 4a Satz 1 SGB V) bzw. „um bei einem Vertragsarzt als angestellter Arzt tätig zu werden“ (§ 103 Abs. 4b SGB V). Laut Pressemitteilung „[wird sich] die zu fordernde Absicht des (ehemaligen) Vertragsarztes, im MVZ tätig zu werden, […] – wie das BSG für die Zukunft klarstellt – grundsätzlich auf eine Tätigkeitsdauer im MVZ von drei Jahren beziehen müssen, wobei die schrittweise Reduzierung des Tätigkeitsumfangs um ¼ Stelle in Abständen von einem Jahr unschädlich ist.“ Damit wird nicht nur der Übergang von freiberuflicher in eine angestellte ärztliche Tätigkeit zeitlich gestreckt, sondern vor allem wird die grundsätzliche Nachbesetzungsfähigkeit derartig akquirierter Arztstellen unter den Vorbehalt einer mindestens dreijährigen Tätigkeitsdauer des originär Verzichtenden gestellt. Dies wird in vielen Fällen mit den Interessen sowohl des den Renteneintritt planenden Arztes als auch des strategisch planenden MVZ-Trägers kollidieren. Zudem wird klargestellt, dass eine Nachbesetzung auch nur in dem Umfang möglich ist, wie der Verzichtende anschließend im Rahmen einer Anstellung tatsächlich tätig geworden ist: „Wenn ein Vertragsarzt, der auf seine Zulassung verzichtet, um in einem MVZ tätig zu werden, seine Tätigkeit im MVZ allerdings – wie vorliegend – von Anfang an nur im Umfang einer ¾ Stelle antritt, dann kann auch nur diese ¾ Stelle nachbesetzt werden.“ Auch hier ist also kautelarjuristisch Vorsicht geboten. Anmerkung: Ob der bislang lediglich vorliegende Terminbericht des BSG geeignet ist, eine Änderung der Verwaltungspraxis der Zulassungsgremien zu begründen, ist nicht unzweifelhaft. Anzumerken ist, dass die vom BSG verlangte dreijährige Übergangsfrist im Gesetz keine direkte Stütze findet; allerdings könnte auf eine Analogie zu der die Dreijahresfrist gemäß § 95 Abs. 3a Satz 5 SGB V (Privilegierung bei Nachbesetzungsentscheidungen bei mindestens dreijähriger Kooperation) verwiesen werden. Im Sinne der Rechtssicherheit bleibt letztlich der Gesetzgeber gefordert.

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BSG, Urteil vom 04.05.2016 – B 6 KA 28/15 R: An dem vom BSG aufgestellten Grundsatz, wonach Viertel-Arztstellen in einem MVZ unbegrenzt offen gehalten werden dürfen (Urteil vom 19.10.2011 – B 6 KA 23/11 R), wird für die Zukunft nicht festgehalten. Nach Auffassung des BSG sei die Annahme, „es handele sich bei dem Offenhalten von Viertel-Stellen um ein seltenes und bedarfsplanungsrechtlich eher marginales Phänomen, das über eine Missbrauchsprüfung im Falle der gezielten Kumulation von solchen Beschäftigungsanteilen hinreichend bewältigt werden kann“, nicht mehr gerechtfertigt. Das BSG kündigt an, dass künftig ein MVZ sein Nachbesetzungsrecht verliere, wenn es über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr überhaupt keine ernsthaften und aussichtsreichen Bemühungen zur Nachbesetzung eine Viertel-Stelle unternimmt und nicht belegen kann, dass und weshalb trotz des Ablaufs eines Jahres zeitnah noch mit einer Nachbesetzung mit diesem Beschäftigungsumfang gerechnet werden kann. Anmerkung: MVZ-Träger sind damit gehalten, generell längere Vakanzen möglichst zu vermeiden. Die seit dem GKV-VSG bestehende Möglichkeit, genehmigte Anstellungen nach § 24 Abs. 7 Ärzte-ZV zu verlegen, kann in diesem Zusammenhang hilfreich sein.

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Veranstaltungshinweis Treffen Sie unsere Partner und Mitarbeiter auf folgenden Veranstaltungen:

Titel der Veranstaltung

Ort

Datum

4. Fondsgespräche

Hamburg Berlin Frankfurt am Main München

13.09.2016 15.09.2016 20.09.2016 11.10.2016

IT-GRC Kongress 2016

Berlin

15./16.09.2016

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Aktuelle Veröffentlichungen Titel

Autor

Publikation

Investieren in Pflege

Dr. Daniel Ruppelt/ Norman Langhoff

Health & Care Management 05/2016

Implantatverlust: Völlige Unbrauchbarkeit indiziert nicht automatisch einen Behandlungsfehler

Norman Langhoff

PI Praxis für Implantologie 06/2016

Steigerungssatz bei Honorarvereinbarung frei wählbar

Norman Langhoff

PA Privatliquidation aktuell 04/2016

Sachverständiger gilt bei Beratertätigkeit für Unfallversicherung als befangen

Norman Langhoff

Zahnarztpraxis professionell 04/2016

Weitere Veröffentlichungen und Informationen finden Sie unter www.mazars.de/fachbeitraege.

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Ihre Ansprechpartner Rechtsberatung Dr. Tatjana Ellerbrock Rechtsanwältin, Fachanwältin für Steuerrecht, Fachanwältin für Arbeitsrecht

Tel: +49 30 208 88-1400 tatjana.ellerbrock@mazars.de

Dr. Daniel Ruppelt Rechtsanwalt, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht Tel: +49 30 208 88-1406 daniel.ruppelt@mazars.de

Dr. Wolfgang Wawrzinek Rechtsanwalt, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater

Tel: +49 40 288 01-3300 wolfgang.wawrzinek@mazars.de

Norman Langhoff, LL.M. (Staffordshire) Rechtsanwalt, Fachanwalt für Medizinrecht

Tel: +49 30 208 88-1448 norman.langhoff@mazars.de

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Wirtschaftsprüfung/Steuerberatung Gertrud R. Bergmann Wirtschaftsprüferin, Steuerberaterin, Diplom-Kauffrau

Tel: +49 30 208 88-1954 gertrud.bergmann@mazars.de

Ingo Fehlberg Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Diplom-Kaufmann

Tel: +49 30 208 88-1232 ingo.fehlberg@mazars.de

Bert Franke Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Diplom-Kaufmann

Tel: +49 30 208 88-1181 bert.franke@mazars.de

Helmut Schuhmann Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Diplom-Kaufmann

Tel: +49 30 208 88-1192 helmut.schuhmann@mazars.de

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Impressum Herausgeber Roever Broenner Susat Mazars GmbH & Co. KG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft Domstraße 15 20095 Hamburg www.mazars.de Verantwortliche Redaktion WP/StB Dipl.-Kfm. Ingo Fehlberg Rankestraße 21 10789 Berlin Tel: +49 30 208 88-1232 ingo.fehlberg@mazars.de Druckerei Max Siemen KG Oldenfelder Bogen 6 22143 Hamburg


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