RCKSTR Mag. #163

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SKIFAULE SCHWEIZ

#159 | SEPTEMBER 2018

REISEN

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Immer mehr Menschen kehren den immer teurer werdenden Skiferien den Rücken und ziehen mit dem Flugzeug in die Ferne, um am Strand zu fläzen, feiern und surfen. Wie schlimm steht es wirklich um unsere herzallerliebsten Schneesportarten und unsere Skigebiete? von Luisa Bider Es ist Mitte Januar, als ich diesen Artikel schreibe. In den Bergen liegt so viel Schnee wie schon lange nicht mehr, und draussen misst das Thermometer drei Grad. Man würde meinen, es würden gerade alle ihre Handschuhe und langen Unterhosen in ihre Skirucksäcke packen und das Snowboard unter den Arm klemmen, um über das Wochenende nach Engelberg oder Davos oder Zermatt zu fahren. Doch die Realität sieht anders aus. «Anders», das ist in diesem Fall ein riesiger Koffer, den man gerade an den Flughafen schleppt – prall gefüllt mit farbigen Badesachen, Aloe-Vera-Körpermilch und mindestens fünf Romanen, von denen man wieder nur einen lesen wird. Das Reiseziel? Nicht so wichtig, Hauptsache warm. In einer kleinen Instagram-Umfrage mit 77 Teilnehmern gaben 82% der Befragten an, weniger als früher in die Skiferien zu fahren. Die Gründe? In fast allen Fällen «keine Zeit» oder «kein Geld». Ebenfalls einige Male genannt wurde der Grund, die Kälte nicht zu mögen. Bei der Frage nach ihrer letzten Feriendestination flatterte exotische Antwort auf exotische Antwort in die Inbox: Maui, Südafrika, die dominikanische Republik, Israel, Kambodscha, Mexiko. Die drei Schweizer Bergferienorte, die genannt wurden, stachen im überfordernden Exotismus mehr heraus als umgekehrt: Brigels, Pontresina, Wergenstein. Vermutlich weniger bekannt als die ganzen anderen genannten Orte – verkehrte Welt. Vom Kurs abgekommen Blickt man auf die Zahlen der Schweizer Seilbahnen-Statistik (SBS), merkt man, dass die ganze Wintersportbranche leidet, und zwar besonders in den Schweizer Alpen. Obwohl sich die Anzahl Ersteintritte in den Schweizer Skigebieten im Vergleich zum Vorjahr (2016/2017 wurde das niedrigste Niveau der letzten 25 Jahre gemessen) erholt hat und ein klitzekleines Aufatmen in der Tourismusbranche zu verzeichnen ist, sind die

Zeiten alles andere als rosig. Seit 2008 sind die Winter-Verkehrserträge um 20% zurückgegangen, und vor zehn Jahren waren zehn Millionen mehr Ski-Gäste auf den Pisten der Schweiz unterwegs (letzte Saison waren es knapp 20 Millionen). Dabei spielt der starke Franken eine wichtige Rolle: Durch den gesunkenen Eurokurs wurden die Skiferien in der Schweiz für ausländische Gäste deutlich teurer. Noch vor einigen Jahren waren die Hälfte der Skiurlauber in der Schweiz ausländische Gäste, 2017/18 waren es nur noch 36 Prozent. Auch an den rückläufigen Zahlen der Ski- und Snowboardverkäufe merkt man die Flaute: 2017/2018 wurden gerade mal 17'400 Snowboards verkauft – 84 Prozent weniger als 1998, als Snowboarden der Trendsport schlechthin war. «Gäld und ziit hani kei» Für viele sind die teuren Preise für den Skiurlaub Hauptgrund für den Ski-Verdruss: Betrachtet man die Preise für einen Eintritt in ein Schweizer Skigebiet, gerät man denn auch ins Stocken. Der mittlere Preis eines Tages-Skipasses in einem der zehn Top-Skigebiete der Schweiz kostet durchschnittlich 74 Franken und erreicht in den exklusivsten Skigebieten Preise von 92 Franken. Zum Vergleich: Einen Flug nach London kriegt man im Normalfall für rund 70 Franken. Stellt man die Kosten einander gegenüber, kann man schnell nachvollziehen, weshalb sich viele für zweiteres entscheiden würde. Wenn es also die Preise sind, die die Skifahrer aus den Bergen fernhalten, könnte man doch einfach die Kosten herunterschrauben, oder? Das ist leider nicht so einfach. Denn trotz den hohen Kosten schaffen es die Skigebiete kaum, schwarze Zahlen zu schreiben. Die Skigebiet-Unterhaltung ist teuer. Laut der Schweizer Seilbahnen-Statistik kostet ein einziger Tag in einem grossen Skigebiet mittlerweile durchschnittlich 250’000 Franken, davon entfallen bereits


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