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PHANEE DE POOL

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RADELN NACH ROM

RADELN NACH ROM

Sie arbeitete sieben Jahre lang als Polizistin und studierte Jazz, bevor sie als Sängerin und Komponistin ihren ganz eigenen Stil auf die Bühne brachte: einen Mix aus Poetry Slam und Rap – den «Slap»!

So geht eine nicht­alltägliche Karriere: Phanee de Pool wurde zweimal bei den Swiss Music Awards und dann in Paris mit dem Prix Georges Moustaki ausgezeichnet und ist Gewinnerin der Trophée Brassens 2024. Mit bürgerlichem Namen heisst sie Fanny Diercksen. Zuvor war die 35­Jährige Polizistin, erschuf ihr Alter Ego 2015 und macht nun klare Ansagen über ihre Musik: «Ich mache Poetry Slam. Und Rap. Also Slap!»

The Red Bulletin: Deine Laufbahn ist eher ungewöhnlich: Du hast eine Handelsschule besucht. Dann hast du eine Karriere bei der Polizei gemacht, und jetzt räumst du Musikpreise ab. Und das als Autodidaktin in Sachen Musik …

Phanee De Pool: Das war bereits das Dilemma meiner Eltern: Ich habe mich schon immer schwergetan, etwas zu lernen. Sie haben mir sieben Jahre lang Klarinettenunterricht bezahlt, und ich kann immer noch keine Noten lesen. Dann habe ich mit dem Gitarrespielen angefangen. Ich war 14. Mein Gitarrenlehrer brachte mir bei, wie man Tabulaturen liest. Eines Tages sagte er mir: «Du hast Talent, geh zur Jazzschule!» Ich habe ein Jahr lang eine Vorbereitungsklasse besucht, die mit Folgendem endete: «Hör zu, Fanny, was du machst, ist super. Aber wenn ich dir einen Rat geben darf: Mach es woanders!» Und das war erst einmal das Ende meiner Musikkarriere. Es war gleichzeitig das Härteste und Befreiendste, was ich je gehört hatte – und auch das Realistischste, was man mir sagen konnte.

Dann bis du zur Polizei gegangen. Ein ziemlicher Sprung …

Ich war schon immer so etwas wie ein «einsamer Wolf» und hatte ein riesiges Bedürfnis nach Unabhängigkeit. Also dachte ich mir: Versuche es mit einen Job, bei dem es keine Routine gibt, und mit dem du nicht arbeitslos wirst. Ich stand am Fenster, rauchte eine Zigarette, und es fuhr ein Polizeiauto vorbei. Ich dachte: Okay, ich bewerbe mich und werde Polizistin. Wir waren 350 Bewerber. Sie nahmen drei Männer und mich. Das beweist doch, dass ich dahin gehörte!

Was hat dir diese Erfahrung gebracht?

Ich war sieben Jahre bei der Polizei. Es war keine Berufung: Ich war wie ein Hipster, eine Aussenseiterin, zwar nicht locker, aber auch nicht wirklich streng. Ich zog die Prävention vor, wollte die Menschen verbessern statt zerstören. Der Job hat mir gezeigt, dass man dankbar sein muss, wenn alles gut läuft.

Kommen wir zur Musik. Woher kommt der Begriff für deinen Stil: «Slap»?

Eigentlich ist es mein Schutzpanzer! Als meine ersten Stücke rauskamen, fragten die Leute: «Was soll denn das sein? Französische Chansons?» Aber das war und ist nicht mein Anspruch. Ich erzähle Geschichten, mit einem Anfang und einem Ende, und es gibt keinen Refrain. Seitdem erkläre ich, dass meine Musik eine Mischung aus Slam und Rap ist, also «Slap». Das haben die Leute sofort verstanden.

Wie wurde aus Fanny dann Phanee?

Am 11. September 2001 schaltete ich den Fernseher ein und sah den Sturz der Zwillingstürme. Da sagte ich mir: «Jetzt bewegst du deinen dicken Hintern, stehst auf und wirst kreativ!» Ich hab den Fernseher ausgeschaltet, und seitdem schmeisse ich mit Worten um mich. Für mich war die Erschaf­fung von Phanee de Pool ein Ventil. Sie ist jemand, der ich alles erzählen kann, die Anspielungen macht, die nur ich verstand, sodass ich nicht gegen das Berufsgeheimnis verstiess.

Du «slappst» also aus einem Gefühl der Dringlichkeit heraus. Und dein Slap besteht aus scharfen Worten mit Flow…

Die brutale Realität des Alltags als Polizistin spiegelt sich in meinen Texten wider. Dahinter steckt etwas sehr Therapeutisches, das mich geformt hat und mich wachsen liess. Ich spreche über Armut, Drogen, Schizophrenie, häusliche Gewalt –Themen, mit denen ich mich als Polizistin befasst habe und die ich nun mit einem Hauch von Poesie in Worte fasse.

«Bonsoir Paris!» konntest du mittler weile schon auf verschiedenen Bühnen der französischen Hauptstadt sagen. Bald heisst es: «Bonsoir Avignon!» – auf einem der wichtigsten Events im Festivalsommer. Wie fühlt sich das an?

Ich erkenne gleich an den Blicken, ob ein Publikum mich kennt oder nicht. Und es macht mich unglaublich stolz, wenn es zu Anfang noch kühl reagiert, aber am Ende meiner Show mit einem breiten Smile – von Ohr zu Ohr – aus dem Saal geht!

Live: am 29. Juni beim Bassecourt Festival (Jura) und im Juli auf dem Festival d’Avignon. Alle Infos: phaneedepool.com

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