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Michael Buchinger
Michael Buchinger bespielt mit viel Erfolg Bühnen wie Bestsellerlisten. Warum Humor für den Creator die wichtigste Waffe ist –und er sich ein Alter Ego zugelegt hat.
Michael Buchinger, 32, war ein schüchternes Kind und in der Schule ein Außenseiter, bis er das Internet für sich entdeckte. Der Kabarettist machte sich mit Videos auf YouTube und später auf Instagram einen Namen. Im Sommer veröffentlichte der Bestsellerautor ein eigenes Kochbuch. Warum er auf YouTube witzige Hass-Listen erstellte und sich ein Alter Ego geschaffen hat? Wir haben darüber gesprochen.
The Red Bulletin: Bist du eher Menschenfeind oder Menschenfreund?
Michael Buchinger: Auf der Bühne wirke ich oft wie ein Menschenfeind, in meinem Privatleben bin ich es nicht. Ich glaube, die Leute mögen das so. Menschen regen sich gerne auf. Also geh ich in die Richtung, die Menschen ansprechend finden. Wenn man eine starke Meinung hat, kommt das gut an. Ich habe früher auf YouTube sogenannte Hass-Listen gemacht, ein Comedy-Format, und da ging es jeden Monat um das, was ich hasse. Aber ich reg mich auch gern auf. (Lacht.)
The Red Bulletin: Du hast zwei Bücher darüber geschrieben.
Michael Buchinger: Stimmt, insgesamt schon fünf. Meine ersten beiden sind Anekdotensammlungen, zwei Bücher sind über Dinge, die ich hasse – und jetzt kam das Kochbuch. Das nächste Buch wird ein Krimi.
The Red Bulletin: Woher nimmst du die Selbstsicherheit, dass du etwas kannst, was du noch nie gemacht hast?
Michael Buchinger: Gute Frage. Ich bin eine Art Bridget Jones: Ich probiere gern etwas aus, und wenn ich scheitere, war es zumindest eine gute Geschichte. So wie bei „Dancing Stars“. Da dachte ich, vielleicht tanze ich gut, aber so war es nicht. Das ist okay. Mein Motto ist: Wenn ich etwas mache und es klappt, ist es super, und wenn es nicht klappt, nehme ich wenigstens eine gute Geschichte mit.
The Red Bulletin: Die meisten Menschen haben Angst vor dem Scheitern. Du nicht?
Michael Buchinger: Ich hab das Gefühl, zu meiner Marke gehört Scheitern dazu. Ich bin mir nicht zu schade, etwas einzustampfen, wenn es nicht funktioniert. Und ich probiere gerne Neues aus.
The Red Bulletin: Du strahlst Vertrauen in dich selber aus. Ist das so?
Michael Buchinger: Das ist vielleicht ein Bühnending. Ich fake das. Ich habe nicht das größte Selbstwertgefühl. In der Schule hab ich mich selbst nicht mögen, ich war vor Referaten nervös. Vor Menschen zu stehen und angeschaut zu werden, fand ich sehr schlimm.
The Red Bulletin: Warum bist du doch auf die Bühne gegangen?
Michael Buchinger: Wenn du in Österreich sagst, du bist Infuencer, zählt das nichts. Man kann jahrelang witzige Videos machen, die hunderttausend Menschen erreichen, und die Leute sagen, ja, das ist eben das Internet,
The Red Bulletin: Wie hast du dich an die Bühne gewöhnt?
Michael Buchinger: Mein erster Auftritt war im Kabarett Niedermair, im März 2018, vor 80 Leuten. Auf der Bühne war es dunkel, ich hab also niemanden gesehen. Bis heute stressen mich Auftritte, wo ich das Publikum tatsächlich sehe. Ich versuch, niemanden direkt anzuschauen, weil wenn der nicht lacht – das ist sehr schlecht für meine Stimmung. Und ich hab mir ein Alter Ego geschafen: Es ist bissiger, aufgedrehter, viel zugespitzter, als ich es bin. Ich bin im Privaten viel ruhiger und versuche, klar zwischen öfentlicher und privater Figur zu trennen. Am schlimmsten ist es, wenn ich in der Nacht aufs Klo gehe, und da liegt ein Mikrofon in der Wohnung herum. Das erinnert mich an meine Arbeit, und dann kann ich nicht mehr schlafen.
The Red Bulletin: Du warst in der Schule ein Außenseiter?
Michael Buchinger: Ja, und der Humor war mir eine Hilfe. Dass ich am Rand stand, hat meinen Witz geprägt, hin zum Sarkastischen. Wenn ich gesehen habe – das sind die fünf beliebtesten Kids, dann hab ich mich über sie lustig gemacht. Das war meine Wafe. Es war früh für mich klar, das bin ich – und das sind die anderen. Das ist bis heute so.
The Red Bulletin: Ist es für dich ein Triumph, dass du es vom Außenseiter zu einer beliebten öfentlichen Figur geschaft hast?
Michael Buchinger: Während eines Marathons bin ich an einem Werbeplakat mit mir selbst vorbeigelaufen, und nachdem ich in der Schule weder sportlich noch beliebt war, spürte ich eine Art Triumph. Ich kenn aber die andere Seite, also denk ich: Freu dich nicht zu früh, es kann jederzeit anders sein. Der realistische Teil meines Hirns sagt mir, es wird nicht alles verschwinden. Der emotionale sagt, genieß es lieber, bevor es wieder vorbei ist.
Instagram: @michibuchinger
Out now: „Buchingers Kochbuch: Ich koche nicht gerne, aber kann es sehr gut“.