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Emma Myers
Emma Myers spielt in Serienhits wie „Wednesday“ gern den Nerd. Dass die Schauspielerin früher selbst einer war, sieht sie als Vorteil. Weil es abhärtet – und Spaß machen kann.
Realität oder Fantasie? „Mein Kopf ist voller Raumschiffe“, sagt Emma Myers. „Aber für einen Trip nach Mittelerde bin ich auch immer zu haben.“ Keine Frage: Science-Fiction und Fantasy sind die Welten, in denen sich die amerikanische Schauspielerin schon immer am wohlsten fühlte. „Ich liebe es, ein Nerd zu sein“, sagt sie, „es ist großartig!“ Ein Umstand, der das Leben der 22-Jährigen nicht immer ganz einfach machte.
Emma Myers gehört zu den gefragtesten jungen Schauspielerinnen Hollywoods. Kein Wunder, hat man ihre Wandlungsfähigkeit erlebt. In Kombination mit ihrer Vorliebe für fantastische Paralleluniversen hebt sie das unter vielen Schauspielerinnen und Schauspielern hervor. Dabei geht es ihr nicht allein um die Karriere: „Du hast das bessere Erlebnis mit einer ausgeflippten Rolle“, sagt sie.
Sonnige Werwölfin
Auf der Leinwand spielt Myers oft Außenseiterinnen. Sie kann sich gut in sie hineinversetzen, einfach weil sie selbst eine war. Richtig bekannt wurde sie als sonnige Werwölfin in der von Tim Burton produzierten Serie „Wednesday“. Das Spin-of der „Adams Family“ ist eine der weltweit erfolgreichsten Netfix-Produktionen überhaupt. Sie spielte darin Enid Sinclair, die bunte Haare und schrille Outfits liebt und auch sonst ganz anders ist als die schüchterne Myers. „Ich bin ziemlich introvertiert“, sagt sie, „aber gib mir ein Schwert, stell mir eine Aufgabe, und ich bin dabei.“
Unter Gleichaltrigen kam das nicht immer gut an. Unterrichtet wurden Myers und ihre drei Schwestern zu Hause, eine Schule hat sie nie besucht. Statt sich mit Freundinnen zu treffen, vertiefte sie sich in Film- und Fantasywelten. Zum Glück verstand ihr Vater ihre Passion: „Er war Fan aller Arten von Fantasiewelten. So habe ich früh ‚Star Wars‘ und ‚Der Herr der Ringe‘ gesehen.“ Sie reiste sogar zu den Drehorten: „Ich bin auf den Berg gestiegen, wo man die Szenen auf dem Schicksalsberg in Mordor gedreht hat. Es dauerte acht Stunden und war ein Riesenspaß.“
Eine Außenseiterin zu sein, hat Myers nicht gebrochen, sondern stärker gemacht und mit einer gesunden Portion Selbstbewusstsein ausgestattet. Dass sie oft das Gefühl hatte, sie sei „aus der Reihe gefallen“, beschäftigt sie bis heute: „Wenn Leute finden, dass Nerds uncool sind, ist das einfach dumm. Jeder hat das Recht, zu mögen, was er mag, und zu tun, was er tun will. Was andere dazu sagen, ist gleichgültig, solange du selbst Spaß hast und dir dabei nicht wehtust.“
Nächste Station: „Minecraft“
Im Frühjahr wird Myers in der Videospielverfilmung „Minecraft“ im Kino zu sehen sein. Aktuell ermittelt sie als Schülerin im Sechsteiler „A Good Girl’s Guide to Murder“ (ZDFmediathek) auf eigene Faust in einem Mordfall, den die Polizei abgeschlossen hat. Mit ihrer Krimiheldin verbindet sie der Antrieb: „Wir wissen, was richtig ist und was wir tun wollen.“
Sosehr sich die Schauspielerin in virtuellen Welten verlieren kann, so neugierig ist sie auf reale Erfahrungen. „Ich bin immer für ein Abenteuer zu haben“, sagt sie, vor allem wenn dabei eine gute Geschichte herausspringt. Etwa als sie mit ihrer älteren Schwester im Zug in Italien unterwegs war und jemand Pfefferspray durch die Lüftung sprühte: „Das waren Taschendiebe, die meinten, wir würden davonlaufen, und sie könnten unsere Sachen klauen.“ Womit die Diebe nicht gerechnet hatten: Emmas Schwester hat einen braunen Gürtel in Karate.
„An solchen Erfahrungen wächst du als Mensch“, sagt Myers. „Wenn ich mal Enkel habe, sollen die sagen: Oma ist die Coolste.“ Bis dahin ist es noch etwas hin, auch wenn Myers schon einige Stationen auf dem Karriereweg hinter sich hat. Bereits als Achtjährige absolviert sie Filmcastings, erste Komparsenrollen folgen, mit dem Umzug nach Los Angeles kommen große Angebote, unter anderem spielt sie 2021 im Film „Girl in the Basement“, der auf dem Kriminalfall rund um Josef Fritzl basiert, der seine Tochter in einem Keller gefangen hielt. Der Durchbruch kommt mit „Wednesday“: Als die Serie im November 2022 anläuft, ist die Schauspielerin plötzlich in aller Munde.
Zukunft mit Pinguinen?
Noch heute weiß Myers manchmal nicht, wie sie am besten mit der Aufmerksamkeit umgehen soll, vor allem wenn dabei Grenzen überschritten werden: „Als jemand zum ersten Mal herausfand, in welchem Hotel ich übernachte, fand ich das beängstigend. Oder wenn Leute dafür zahlen, meine Flugverbindung zu erfahren.“ Selbst für solche Fälle hat die Schauspielerin allerdings ein gewisses Verständnis: „Als ich ganz jung war, war ich selbst ein Fan-Girl. So gesehen kann ich die Kids begreifen. Es ist ja auch ein Kompliment, wenn so viele Leute zu mir aufschauen.“
Aus Myers, der Außenseiterin, ist Myers, das Vorbild für viele junge Menschen geworden. Als Nerd hat Myers gelernt, konsequent ihren Weg zu gehen –und kann sich deswegen auch ein Leben jenseits der Schauspielerei vorstellen: „Ich liebe Reisen, und ich liebe Tiere. Ich könnte mir vorstellen, eine Sendung zu moderieren, die beides verbindet: Ich neben Pinguinen, das wäre doch was.“