Servus in Stadt & Land 01/2011

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01/2012 &

in Stadt & Land

Köstliche Hüttengaudi P. b. b., GZ10Z038662M, Verlagspostamt 1140 Wien Ritterstern  &  iglu bauen  & Erdäpfelteig-Rezepte  & Spinat  &  glockengiesser  &  eisstockdrechsler  & Eichkätzchen

Rezepte für die warme Stube

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E i nfac h

.

Gut .

Leben

Wunder der Heimat

Zu Gast im Villgratental

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Jänner 01/2012

EUR 3,90 chf 6,50

Wintermärchen Die Wetterpropheten vom Sonnblick

&

Das flüssige Gold des Mühlviertels

Mandlkalender

2012

zum herausnehmen: Ein kleines Geschenk für unsere Leser


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Jänner

Natur & Garten 10 Alpine Blütenschöpfe

Magische Augenblicke: Die Schneeheide öffnet im Winter ihre Blüten.

14 Wintermärchen

Gefrorene Schönheiten: Blätter, Beeren und kleine Zweige in Eis zieren den Garten.

18 Ein Haus aus Schnee

Papa und Sohn bauen ein Iglu.

24 Der ritterliche Stern

Feuerwerk am Fensterbrett: die farbenprächtige Amaryllis.

120 Oachkatzlschwoaf

Ein winterlicher Besuch beim bemerkenswerten Eichkatzerl.

4  Servus

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Küche 40 Frisches Grün im Winter

Sagenumwoben und einzigartig: Der Spinat kommt auch im Jänner direkt aus dem Hausgartl auf den Tisch.

44 Hüttengaudi

Einfach und gut: traditionelle Rezepte für zünftige Abende am Berg.

54 Alles Erdäpfel

Nidei, Tascherln, Knödel, Nudeln oder Buchteln: fünf heimische ­Küchenklassiker.

60 Süße Verbeugung

Das Wiener Nussbeugerl.

126 Das Gold des Mühlviertels

In der Haslacher Mühle wird seit mehr als 600 Jahren Leinöl gepresst.

Wohnen 66 Von Jägern und Sammlern

Ein Haus in Reith bei Kitzbühel, um das sich 1.001 Geschichten ranken.

74 Fundstücke

Ein alter Steingutkrug wird zur dekorativen Tischleuchte.

76 Basteln mit Kindern

So wird aus Birkenreisig und einem Haselnussstecken ein toller Besen.

78 Kuscheliger Winterschlaf

Weiche Felle, bauschige Tuchenten und flauschige Decken verleiten zum Träumen.

82 Mit Salz, Öl und Blüte

Duftende Bademischungen zum ­Selbermachen.

zusatzfotos cover: Eisenhut & mayer, marco Rossi, www.alterbauernkalender.at

Inhalt 2012

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fotos: imago, alexander maria lohmann, arco images, eisenhut&mayer, marco rossi, christine wurnig, marc haader, katharina gossow

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Land & Leute 88 Die spinnerten Weiber von Gratwein

Von Garn, Vlies oder Wolle – und einer Damenrunde, die bäuerliches Kulturgut erhält.

104 Wo Wind und Wetter wohnen

Ein Besuch auf dem höchstgelegenen Arbeitsplatz Österreichs: dem Observatorium Sonnblick.

110 Vollkommener Klang

Seit 400 Jahren sorgt die Familie Grassmayr mit ihren Glocken für den guten Ton zur Sonntagsmesse.

134 Ein Tal mit Weitblick Zu Gast im Villgratental.

Standards Brauchtum 26 Himmlische Zeichen

Servus-Expertin Miriam Wiegele erklärt die Signaturlehre nach Paracelsus und die sieben Säulen der Volksmedizin.

94 Ratgeber & Wetterprophet

Der Mandlkalender ist eine uralte Enzyklopädie steirischen Bauernwissens.

114 Über Stock & Stutzl

Gerhard Wimmer und seine Innviertler Eisstöcke.

160 Leben in alten Zeiten Das raue und freie Leben der ­Holzknechte.

3 Editorial 8 Servus daheim 22 Schönes für draußen 30 Der Garten-Philosoph 32 Gartenpflege 36 Mondkalender 38 Natur-Apotheke 52 Aus Omas Kochbuch: B’soffener Kapuziner

62 Schönes für die Küche 86 Schönes für daheim 100 Michael Köhlmeier: Frau Hitt 132 Gutes vom Land 146 Dimitré Dinev: Die Landschaften in uns

50 ServusTV im Jänner 1 154 Feste, Märkte & Veranstaltungen 162 Impressum, Ausblick, Adressen Coverfoto: Magdalena Lepka, Styling: Markus ­Jagersberger

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selbstgebaut

ein

Haus aus Schnee

Wenn der Schnee unter den Schuhen fest ist und kaum noch knirscht, dann ist der richtige Moment gekommen: Papa und Sohn bauen gemeinsam ein Iglu. Text: Johannes Stühlinger  Fotos: Marc Haader

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W

ohl jeder Bub hat ihn schon einmal geträumt – den Traum vom selbst­ gebauten Iglu. Mit ­Ziegeln aus Schnee. Mit einem Kuppeldach und einem kleinen Tun­ nel beim Eingang, durch den man schön ins Innere robben kann. Mit ein paar Öllampen drinnen und einer kuscheligen Felldecke, auf der man es sich so richtig gemütlich ma­ chen und vielleicht sogar eine abenteuer­ liche Schlafsacknacht verbringen kann. Damit aus dem Traum kein Luftschloss, sondern ein richtig festes Haus aus Schnee wird, braucht’s freilich ein bisschen Muskel­ kraft und eine gute Bauanleitung, die uns Iglubau-Experte Gottfried Koller aus Gosau zusammengestellt hat (siehe nächste Seite). Apropos Haus: Genau das heißt „Iglu“ in der Sprache der in Kanada und auf Grön­ land lebenden Inuit, die quasi die Erfinder dieser für sie einst überlebenswichtigen Bauweise sind. Überlebenswichtig vor allem deshalb, weil die im festgepressten Schnee quasi eingeschlossene Luft einer der besten Dämmstoffe überhaupt ist. Ein Phänomen, das auch Bergsteiger in den Alpen seit vie­ len Generationen nutzen. Das Kalt-Warm-spielchen

Wenn das Haus aus Schnee gut abgedichtet wurde, bewegt sich die Innentempe­ratur immer zwischen null und plus fünf Grad – vollkommen egal, wie klirrend kalt es drau­ ßen ist! In Grönland kann es zum Beispiel passieren, dass die Temperaturdifferenz bis zu 50 Grad beträgt. Der Grund dafür ist ein einfacher: Die ­eigene Körperwärme, Öllampen oder ein kleiner Gaskocher heizen die Luft im Iglu auf. Die Schneeziegel schmelzen trotzdem nicht, weil sie von außen kontinuierlich ­gekühlt werden. Dieses Kalt-warm-Spielchen funktioniert natürlich nicht ewig. Wenn es im Inne­ ➻

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Neun Schritte zum fertigen Iglu

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Das braucht man: Eine Schaufel aus robustem Material. Der Stiel sollte nicht zu lang sein, um die Bewegungsfreiheit innerhalb der Iglus zu sichern. Eine etwa 40 Zenti­ meter lange Handsäge, dazu zwei Holzstecken und ein Seil von etwas mehr als einem Meter Länge. Und natürlich jede Menge vom Wind festgepressten oder selbst festgestampften Schnee.

So wird’s gemacht: 1. Um ein Iglu mit einem Durchmesser von zwei Metern zu bauen, muss man erst die Grund­ fläche definieren. Dazu nimmt man das Seil, bin­ det die losen Enden an die beiden Holzstecken. So kann man wie mit einem großen Zirkel die runde Form im Schnee markieren.

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2. Um den Boden zu fixieren, den Innenraum des Kreises fest austreten. Dadurch wird der Schnee komprimiert und kann in weiterer Folge gleich als Baustoff verwendet werden. Zusätzlich empfiehlt es sich, eine ungefähr 5 µ 5 Meter große Fläche außerhalb des Iglus ebenfalls festzustampfen, um genug Baumaterial in Griffweite zu haben. 3. Nun geht’s ans Ziegelstechen. Wenn der Iglu­ boden fest genug ist, kann man gleich an Ort und Stelle anfangen, Ziegel aus dem Fundament her­ auszuarbeiten. Damit gewinnt man doppelt an Raumhöhe. Wichtig ist die Form: Mithilfe einer Säge und Schaufel werden die Ziegel trapezför­ mig (ca. 40 cm lang, ca. 25 cm hoch und breit) zugeschnitten. So kann man die Ziegel wunder­ bar in einer Kreisbahn nebeneinander auflegen.

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4. Dann werden die größeren Ziegel außerhalb des markierten Kreises nebeneinander aufgelegt. Wichtig dabei ist, dass die Ziegel alle die gleiche Höhe haben, sonst wird das Iglu instabil. 5. In der Folge werden die Ziegel genauso wie bei herkömmlichen Maurerarbeiten nebeneinander aufgereiht und dann die nächste Schicht darüber. Wichtig: Bevor man mit der zweiten Schneezie­ gelreihe loslegt, muss die erste mithilfe der Säge begradigt werden. Und: Die ersten drei Reihen sollten vertikal im rechten Winkel stehen, danach beginnt man mit der Neigung. 6. Wesentlich für alle weiteren Reihen: jede neue Ebene möglichst weit nach innen hängend posi­ tionieren. Nur so kommt man zum gewünschten Ergebnis – der berühmten Kuppelform des Iglus. Und nur so wird das Iglu nicht zu hoch. Das wür­ de nämlich die Erwärmung erschweren. Übri­ gens: Ab einer gewissen Neigung halten die Zie­ gel erst, wenn die nächste Reihe vollendet ist. Deshalb sollte einer drinnen dagegenhalten. 7. Wenn der Schlussstein gesetzt ist, schneidet man den Eingang mit der Säge aus. Nicht zu groß und im rechten Winkel zur Windrichtung, um den Luftaustausch möglichst gering zu halten. 8. Jetzt werden die Luftlöcher, die beim Bauen ent­ standen sind, von innen und außen mit patzigem Schnee abgedichtet. 9. Fertig ist das Iglu! Und wenn man noch Ziegel übrig hat, kann man den Eingangsbereich mit ei­ nem Schneetunnel schützen. Kleiner Tipp für den Untergrund im Iglu: Ein Schaf- oder Ziegenfell eignet sich hervorragend zur Wärmedämmung.

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Unser Iglu von innen. Aus Schnee haben wir kleine Sockel gestaltet, auf denen es sich Vater und Sohn gemütlich machen oder Öllampen drapiert werden können. Im oberen Teil des Schneehauses ist’s übrigens noch ein paar Grad wärmer als am Boden.

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Herzlichen Dank an Skiregion Dachstein West

9 Die Luft im festgepressten Schnee ist ein grandioser Dämmstoff. Und die Körperwärme heizt das Iglu innen auf.

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ren des Iglus wärmer als 15 Grad wird, so schmilzt selbst diese robuste Winterbehausung langsam, aber sicher hinweg. Wer gescheit baut, kann die Haltbarkeit aber entscheidend verlängern. Am wichtigsten ist dabei das richtige Material: Pulverschnee geht gar nicht, am besten sollte die weiße Pracht schon ein paar Tage liegen und idealerweise von Wind und Wetter festgepresst worden sein. Ist der Schnee zu weich, kann man ihn natürlich auch mit den Füßen feststampfen. Danach lässt man ihn dann ein paar Stunden rasten, bevor man mit dem Bau beginnt. Noch ein Naturgesetz kann man sich beim Iglubau zunutze machen: Warme Luft steigt auf. Es hat also Sinn, eine potenzielle Schlafstätte aus Schneeziegeln gut einen halben Meter erhöht einzubauen. Fehlt nur noch ein guter Schlafsack für eine Nacht, die jedem Sohn ewig in Erinnerung bleiben wird. Und jedem Vater wohl auch! 3

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rezepte

südtirol

Polentaschmarren Schwer ins Gewicht fallen bei diesem Gericht am ehesten die Gläser mit Himbeer- und Preiselbeermarmelade. Aber die braucht man sowieso auch fürs Frühstück. Der restliche Polentagrieß lässt sich ­jederzeit zum Beispiel in Form von gebratenen ­Polentaschnitten als Beilage einsetzen.


Hüttengaudi Mit Freunden ein paar Tage auf einer abgeschiedenen Hütte die Natur und den Winter erleben. Das macht Spaß, das macht hungrig. Fünf schmackhafte Rezepte mit Zutaten fürs leichte Gepäck, damit der Aufstieg nicht allzu anstrengend wird. Redaktion: Uschi Korda & Alexander Rieder  Fotos: Eisenhut & Mayer

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Tirol

Riederle Ein paar Erdäpfel bringt jeder mit auf die Hütte, genauso wie saftige Äpfel. Gemeinsam mit Topfen, Käse und Speck lassen sich daraus köstliche Riederle zaubern. Das Salbeiblatt spielt nur eine untergeordnete Rolle. Es lässt sich leicht durch Minzeblätter oder Petersilie ersetzen.

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steiermark

Brotsuppe Es ist immer und überall dieselbe Frage: Was tun mit dem alten Brot, das zum Beißen zu hart und zum Wegwerfen einfach zu schade ist? Wir empfehlen, die Reste zu einer herzhaften Suppe zu verarbeiten. Meister Eckart Witzigmann übrigens verfeinert sein Rezept noch mit Hühnerleber. Die hat man auf der Hütte aber selten dabei.


Bayern

die Spitzmarke

Rindfleischsalat mit Radi Rindsuppe wird immer wieder für alles Erdenkliche gebraucht. Darum kocht man am besten gleich zu Beginn einen ordentlichen Topf davon. Was vom gekochten Fleisch übrigbleibt, lässt sich zu einem erfrischenden Wintersalat verarbeiten. Vor allem in der Kombination mit Radi ist das ein richtiger Vitaminschub.

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salzburg

Pfeffriger Bohneneintopf Zu einem zünftigen Hüttenzauber gehört natür­ lich ein herzhafter Eintopf. Damit einem nach ­einem langen Skitag so richtig warm wird, darf man ihn ruhig ein bisserl schärfer anlegen. Dafür sorgen ein paar Pfefferoni. Wer keine Hirsch­ würste mitgebracht hat, kann gerne auch andere Wurstigkeiten nehmen. Am besten sind sie auf alle Fälle luftgetrocknet.


Der G schm raukäse einfa eckt auch Zwie ch nur m beln it i und n Essig Öl.

Polentaschmarren mit Marmelade

Tiroler Riederle

Zutaten für 4 Personen Zeitaufwand: 50 Minuten

Zutaten für 4 Personen Zeitaufwand: 40 Minuten

½ l Milch 50 g Butter Salz 150 g Polentagrieß 1 Stück Orangenschale 1 Prise Zimt 2 EL Zucker 1 TL Vanillezucker 3 Eier Staubzucker zum Bestreuen Himbeermarmelade und Preiselbeermarmelade

600 g speckige Erdäpfel 200 g Topfen 250 g Graukäse Salz, Pfeffer 1 Handvoll Salbeiblätter 2 Äpfel 200 g sehr dünne Scheiben Räucherspeck 2 EL Butter

Zubereitung 1. In einem Topf Milch mit 20 g Butter und

1 Prise Salz aufkochen. Unter ständigem Rühren Polenta einlaufen lassen. Orangenschale, Zimt und Zucker zugeben und 20 Minuten köcheln lassen. Dabei öfters umrühren, damit nichts anbrennt. Anschließend in eine Schüssel geben, Orangenschale entfernen und etwas abkühlen lassen. 2. Die Eier in Eiklar und Eidotter trennen. Eidotter in die Polentamasse rühren. ­Eiklar zu halbfestem Schnee schlagen und luftig unter die Masse heben. 3. Das Backrohr auf 200 °C Ober- und ­Unterhitze vorheizen. 4. Die restliche Butter in einer großen, möglichst ofenfesten Pfanne schmelzen. Polentamasse einfüllen und bei kleiner Hitze ca. 2 bis 3 Minuten lang backen. 5. Ins Backrohr schieben und so lange ­backen, bis die Oberfläche gebräunt ist. Den Schmarren aus dem Ofen nehmen und mit Gabeln in Stücke reißen. Mit Staubzucker bestreuen und mit Marmeladen garnieren.

Zubereitung 1. Erdäpfel in der Schale weich kochen,

­abseihen und ausdämpfen lassen. 2. Topfen mit Graukäse grob zerdrücken,

mit Salz und Pfeffer abschmecken. Die Äpfel in Spalten schneiden. 3. Erdäpfel so einschneiden, dass ein tiefer Spalt entsteht. Die Graukäsemasse in den Spalt füllen, je eine Apfelspalte hineinstecken und ein Salbeiblatt auf die Fülle legen. Die Erdäpfel mit Speck umwickeln und mit Zahnstochern fixieren. 4. Erdäpfel in Butter knusprig braten. Die ausgelaufene und gebratene Käsemasse vom Pfannenboden lösen und mitservieren (sie schmeckt herrlich!). Dazu passt ein fein geschnittener Endiviensalat.

ServusTV-Tipp: „Zu Gast im Ikarus“ zeigt am 11. 1. um 19.45 Uhr Nuno Mendes in ­seinem Restaurant.

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Steirische Brotsuppe

Rindfleischsalat mit Radi, Pfeffriger Bohneneintopf Bergkäse und Laugengröstl mit Hirschwürsteln

Zutaten für 4 Personen Zeitaufwand: 40 Minuten

Zutaten für 4 Personen Zeitaufwand: 30 Minuten

Zutaten für 4 Personen Zeitaufwand: 1 Stunde

3 Handvoll altbackenes Roggenbrot, in Würfel geschnitten 40 g Butter 150 g Zwiebeln 1 Karotte 1 Knoblauchzehe 1 Schuss Bier 1 ½ l Rindsuppe je ½ TL Fenchelkörner und Kümmel 1 TL getrockneter Liebstöckel 2 EL gehackte Minze Salz, Pfeffer

300 g Radi (weißer Rettich) ½ TL Salz 400 g gekochtes Rindfleisch 150 g alter Bergkäse 1 Laugenbrezel 2 EL Butter Für die Marinade: 1 rote Zwiebel 4 EL Rindsuppe 4 EL Apfelessig 6 EL gutes Rapsöl 1 EL Schnittlauch Salz, Pfeffer

250 g kleine weiße Bohnen (aus der Dose) 250 g Käferbohnen (aus der Dose) 400 g Hirschwürsteln (luftgetrocknet, aber noch weich) 2 große Zwiebeln 3 Knoblauchzehen 200 g geschälte Erdäpfel 3 EL Öl (oder Schmalz) 2 TL edelsüßes Paprikapulver 1 TL Zucker 125 ml Rotwein 500 ml klare Suppe 1 TL getrockneter Rosmarin 500 g geschälte Tomaten aus der Dose 8 milde eingelegte Pfefferoni 4 scharfe eingelegte Pfefferoni Salz, Pfeffer, Tabasco

Zubereitung 1. Roggenbrot in Würfel schneiden. 2. In einer Pfanne 20 g Butter aufschäumen,

die Brotwürfel darin anrösten und beiseitestellen. 3. Zwiebeln schälen und in Ringe schneiden. Karotte schälen und in Scheiben schneiden. Knoblauch fein hacken. 4. In einem Topf die restliche Butter erhitzen, Zwiebeln, Karotte und Knoblauch darin hellbraun anrösten und mit Bier ablöschen. Suppe zugießen, mit Fenchelkörnern, Kümmel, Liebstöckel, Salz und Pfeffer würzen. Etwa 15 Minuten kochen, dann die Brotwürfel in die Suppe geben. In Teller verteilen und mit viel Minze bestreuen.

Zubereitung 1. Den Radi dünn hobeln, mit Salz vermi-

schen und 20 Minuten ziehen lassen. 2. Rindfleisch in sehr dünne Scheiben,

Bergkäse in feine Streifen schneiden. 3. Laugenbrezel in dünne Scheiben schneiden und in Butter knusprig anbraten. 4. Rote Zwiebel fein hacken und mit den Zutaten für die Marinade verrühren. 5. Rindfleisch und Radi auf Teller verteilen und mit Marinade übergießen. Mit Käse, Laugengröstl, Pfeffer und Schnittlauch bestreuen.

Zubereitung 1. Die Bohnen in ein Sieb schütten, abbrau-

sen und abtropfen lassen. 2. Hirschwürsteln in 1 cm dicke Scheiben

schneiden. Zwiebeln schälen und in dünne Streifen schneiden. Knoblauch hacken und Erdäpfel in ca. 3 cm große Stücke schneiden. 3. In einer schweren Pfanne Öl oder Schmalz erhitzen, Zwiebeln darin ­anrösten. Hirschwürsteln, Knoblauch und Erdäpfel zugeben und kurz mitbraten. Paprika und Zucker einrühren, mit Rotwein ablöschen. Suppe zugießen, Rosmarin einrühren und 20 Minuten ­kochen lassen. 4. Tomaten mit Saft einmischen und weitere 10 Minuten kochen lassen. Dann Bohnen und Pfefferoni untermischen, 5 Minuten kochen und kräftig abschmecken. Den Bohneneintopf heiß servieren und dazu rustikales Brot reichen.

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duftwasser

Mit Salz, Öl & Blüte

Ein warmes Bad tut so gut. Die Atmung wird tief, der Körper beginnt förmlich zu schweben. Und am liebsten brauen wir unsere Bademischung natürlich selbst. Redaktion: alice fernau  Fotos: katharina Gossow  Styling: natascha Hochenegg


kräuter zum Aufatmen

Molke für weiche haut

Linke Seite: Duftende Kräuterbäder sind im Winter eine wahre Wohltat. Rosmarin wirkt belebend und entzündungshemmend. Thymian tötet Bakterien und regt das Immunsystem an. Salbei vermindert übermäßiges Schwitzen und nimmt Hitzewallungen ihre Intensität.

Foto oben: Schon immer hatten die Käserinnen die zartesten Hände. Kein Wunder: Voll mit Mineralien, gehört Molke zu den pflegendsten Stoffen der Natur. Sie entsäuert den Körper, entgiftet, entspannt und beruhigt. Außerdem leistet sie auch bei Neurodermitis lindernde Dienste.

Einfach frischen Rosmarin, Thymian und Salbei zu ­einem Büschel binden und ins einlaufende Badewasser hängen. So lösen sich die ätherischen Öle und entfalten ihre heilsame Wirkung. Wer sich beim Baden mit dem Bündel abreibt, fördert zusätzlich die Durchblutung.

Zutaten für das Servus-Molkebad: 100 g Molke, 30 g getrocknete Rosen- und Lavendelblüten, 5 Tropfen Rosenöl, 5 Tropfen Lavendelöl. Die Blüten in ein Schraubglas füllen und das ätherische Rosen- und Lavendelöl draufträufeln. Das Glas fest verschließen und über Nacht stehen lassen. Am nächsten Tag zügig mit dem Molkepulver verrühren. 3 bis 4 Suppenlöffel des Molkebades in der Wanne auflösen.

Die Servus-Badetipps Schön sauber: Bitte nur naturreine Produkte aus kontrolliert biologischem Anbau verwenden. Erdölderivate, die oft bei herkömmlichen Produkten zugesetzt sind, und Düngemittel belasten die Natur. Wohltemperiert: Bäder über 37 °C entspannen den Körper und machen müde. Allerdings gilt: Je wärmer das Bad, desto mehr Arbeit fürs Herz. Länger als eine Viertelstunde sollte man nicht im heißen Wasser liegen. Der Öl-Test: Ätherische Öle sollten vor dem Bad auf ihre Verträglichkeit getestet werden – am besten in der Armbeuge oder an der Innenseite des Handgelenks.

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Pflanzenöl für die Körperpflege

Salz als Mineralspender

Blüten für alle Sinne

Foto oben: Die Zutaten für ein wohltuendes Ölbad hat man meistens zu Hause. Als Trägersubstanz ­eignen sich kaltgepresste Pflanzenöle wie Sonnenblumen-, Distel- oder Olivenöl. Mandel- oder Jojobaöl machen die Haut besonders weich. In Karaffen abgefüllt und mit Kräutern versetzt, sind die Bade­ zusätze sehr dekorativ. Der Inhalt einer Vitamin-EKapsel sorgt übrigens für natürliche Haltbarkeit.

Rechte Seite oben: Ein Bad in Meersalz entschlackt, entwässert, regt den Stoffwechsel an und versorgt den Körper mit Mineralien. Für ein normales Wannenbad reicht ein kleines Häferl Salz. Das Baden in Salz trocknet die Haut allerdings aus. Körperöl, in die noch feuchte Haut massiert, macht’s wieder gut. ­Außerdem sollte man nach dem Salzbad eine halbe Stunde ruhen und ein großes Glas kohlensäurefreies Wasser trinken.

Rechte Seite unten: Wer vom Sommer noch getrocknete Kräuter und Blüten übrighat, kann daraus einen wohltuenden Badesud brauen. Mit Lavendel wird’s ein Entspannungsbad, mit Rosenblüten badet man sich schön. Kornblumen wirken lindernd bei Hautproblemen, Ringelblumen helfen bei Entzün­ dungen und Kopfschmerzen.

Zutaten: 250 ml Badeöl kann man je nach Belieben 5 ml ätherisches Öl, Kräuter oder Blüten und eine Kapsel Vitamin E beigeben.

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Eine Tasse Meersalz in ein Schraubglas füllen, 5 Tropfen ätherisches Öl, Kräuter und Blüten dazu, schütteln und ab ins heiße Wasser. Hübsch machen sich unterschiedliche Bademischungen in ausrangierten Apothekergläsern.

Zutaten für den Badesud: Für ein Vollbad braucht man ca. 50 g getrocknete Blumen oder Kräuter, die in 1 Liter Wasser aufgekocht werden. Der Sud sollte 10 Minuten ziehen, bevor man ihn in das heiße Badewasser kippt.


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ein lob dem bade, dem warmen guss, Der spült den Staub und des Tages verdruss! Ein lümmel ist er, der trieft und stinkt, wer heiSSes ­wasser nicht laut besingt. J. R. R. Tolkien (1892–1973), aus: „Badegedicht“

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Handarbeit

Die

spinnerten Weiber von Gratwein

Wie kommt ein Pullover zu seinem Garn, wie das Garn zu seinem Vlies, wie das Vlies zu seiner Wolle? Im ­steirischen Gratwein hält eine Damenrunde seit mehr als 30 Jahren die hohe Kunst des Spinnens am Leben. Und damit auch ein Stück bäuerliche Kultur. Text: Michaela Ernst  Fotos: Christine Wurnig

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Von Jänner bis in den März, „wenn die Maus den Faden abgebissen hat“, treffen einander die steirischen Gesinnungs­ genossinnen jeden Mittwochabend zum Spinnen, Lachen und Tratschen.

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ie Stube ist dunkel, das Lachen ist hell, und im Raum tönt das sanfte, eintö­ nige Lied, das die unermüdlich rotierenden Holzräder von sich geben. Es ist Samstagvormittag, und ein gutes Dutzend Frauen hat sich heute in einem mehr als 300 Jahre alten Bauernhof im Freilichtmuseum Stübing ein­ gefunden, um gemeinsam zu spinnen. Die „spinnerten Weiber“ von Gratwein. So wer­ den sie von ihren Männern genannt, die in­ zwischen daheim sitzen und diese Welt nicht ganz verstehen. So nennen sie sich selbst ­voller Witz und Stolz, als ob es darum ginge, einen Ehrenkodex zu verteidigen. „Ich bin eine ganz normale Spinnerin“, lacht sich Heidi Freitag eins ab, und man merkt, wie gern sie mit der Doppelbödigkeit kokettiert. Sie ist „die Künstlerin“ der Trup­ pe. Das sagt nicht sie, das sagen ihre Mit­ spinnerinnen. Sie strickt Jacken aus einfach gewobenen Fäden, die sie natürlich selbst hergestellt hat. Da diese Garne besonders leicht reißen, gilt so ein Jopperl als wahres Akrobatenstück. Sie bastelt freundliche ­Steckenpferde mit beneidenswert langen Wimpern. Eine Gemeinschaft seit 31 Jahren

Natürlich geht es den fröhlichen Damen mit den flinken Fingern nicht nur ums Zusam­ mensein, sondern auch um die Exklusivität ihrer Tätigkeit. Sie leisten wertvolle Kultur­ arbeit, dessen sind sie sich bewusst. Es gibt nicht mehr viele Frauen im Land, die das Handwerk der Garnherstellung derart bra­ vourös beherrschen wie diese insgesamt rund 25 steirischen Hobbyspinnerinnen. Üblicherweise treffen sie einander nicht in Stübing, sondern jeden Mittwoch beim Fischerwirt in Gratwein – und das teilweise schon seit 31 Jahren. „Einige kennen einan­ der sogar aus der Schulzeit“, verrät Chris­ tiane Becker, die mit ihren 42 Jahren zu den Jüngsten zählt und erst vor etwas mehr als einem Jahr dazustieß. ➻

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Früher hatten die meisten daheim ein Spinnrad nur zur Behübschung stehen.

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Die Damen treffen einander nicht das ganze Jahr über, sondern – das gebietet die Tra­dition – nur in den Wintermonaten. „Früher begann die Arbeit am Spinnrad um Martini herum, also frühestens am 11. November“, erklärt Erika Seelos, eine der Mitbegründerinnen und Organisato­ rinnen der Gruppe, „und sie dauerte bis zum St. Gertrudstag am 17. März – bis die Maus den Faden abgebissen hat, wie’s im Volksmund heißt, und die Feldarbeit wieder begann.“ Die Frauen von Gratwein, von denen keine mehr auf dem Feld arbeiten muss, die aber Familien zu versorgen und Berufen nachzugehen haben, setzen sich ab Jänner zusammen. Wenn der Weihnachtsstress abgeklungen und immer noch Winter ist. Und im Sommer ist Sendepause? Kei­neswegs, nur verlagern sich die Aktivitäten. Frau Seelos und Monika Wutz sind die „Spinnmuttis“. Sie halten die Runde zusam­ men. Teilen ihre Kolleginnen für diverse Schau-Spinnereien ein, organisieren jedes Jahr im Sommer einen Gemeinschaftsaus­ flug, sorgen für Nachwuchs mit ihren eintä­ gigen Spinnkursen, bei denen Interessierte die wesentlichen Griffe gelehrt bekommen. Zwei Garne, damit nichts reisst

Die gehen so: Durch gleichmäßiges Treten eines kleinen Fußpedals wird das Spinnrad in Bewegung gesetzt. Parallel dazu zupft man mit Daumen und Zeigefinger einige Fasern aus dem Vlies, die dann in das Loch der Spindelachse laufen. Die Kreisbewegun­ gen von Spindel und Spule drehen die ein­ zelnen Fasern zu einem Faden, der sich automatisch auf der Spule aufwickelt. Zur Weiterverwendung muss das Garn jedoch mit einem zweiten verwoben wer­ den, da es sonst nicht als reißfest gilt. Auch dieser Schritt geschieht mithilfe des Spinn­ rades. Ausgangsmaterial fürs Vlies ist Lamm­wolle oder Flachs, aus dem einst Leintücher hergestellt wurden.

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„Spinnmutti“ Erika Seelos (li.) beim Spinnen von Flachs. Neben ihr „kardatscht“ (kämmt) Waltraud Fischer das Wollvlies. Christiane Becker, der „Paradiesvogel“ aus Norddeutschland, ist der jüngste Zulauf in der Gruppe.

Jüngste Neuaufnahme in der Gratweiner Gruppe ist Christiane Becker, der „Para­ diesvogel“ aus Norddeutschland, die ihr Herz an einen feschen Grazer verloren und damit auch in der Gegend fest geparkt hat. Im Dezember 2010 besuchte die PRFachfrau das romantisch-pittoreske Ad­ ventfest „Lebzeltstern und Tannengrass“ im Stübinger Freilichtmuseum: „In einer ge­ mütlichen Stube arbeiteten zwei Damen an ihren Spinnrädern. Als ich ihnen zusah, wusste ich endlich, was ich mit meinem ­alten Spinnrad, das mir mein Vater einst ­geschenkt hatte, tun wollte. Hier begann ­eines dieser wunderschönen Erlebnisse, die mich seither überraschen, bezaubern, glücklich stimmen.“

Wichtig ist, dass sich die Spindel regelmäßig schnell dreht, da die Fäden sonst zu dünn gesponnen werden und das Garn dann leicht reißt.

Der Zulauf zu diesen Spinnseminaren, die jedes Jahr am letzten Sonntag im Ok­ tober stattfinden, nimmt konstant zu. ­„Normalerweise haben wir Platz für zwölf Teilnehmerinnen, aber heuer war der An­ drang so gewaltig, dass wir auf 15 erweitert haben“, berichtet Erika Seelos. Lustiges ­Detail: Die meisten Neueinsteiger kommen, weil sie daheim ein Spinnrad stehen hat­ ten – zur Behübschung des Wohnzimmers oder, wie Künstlerin Heidi verrät: „Meines hab ich ewig lang als Blumenständer verwendet.“

flottes pedalieren

Einen Monat später saß Becker beim Fi­ scherwirt. Ab da hieß es für sie: üben, üben, üben. Denn es fällt gar nicht so leicht, einen ebenmäßigen Faden zu spinnen. Wesentlich dabei sind die gleichmäßige Drehung des Rades sowie der konstante Druck von Dau­ men und Zeigefinger. Der Job ist nämlich gnadenlos: Jede kleine Veränderung macht sich sofort an der Zwirndichte bemerkbar. Wird zum Beispiel nicht flott genug peda­ liert, droht das Garn, das aus der Spule kommt, leicht zu reißen. ➻

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„Künstlerin“ Heidi Freitag (Mi.) zaubert zum Beispiel Strick­jacken in einer Qualität, wie sie sonst kaum eine schafft. Dafür wird sie von ihren Spinnfreundinnen auch aufrichtig bewundert.

Die Geschichte des Spinnens Die Kunst des Spinnens hat eine mehr als 5.000-jährige Geschichte. Am Anfang drehte man die Fäden einfach nur zwischen den Fingern, zwischen Handballen und Wange oder Handballen und Oberschenkel. Das europäische Spinnrad geht ins 16. Jahrhundert zurück, in der Zeit dazwischen gab es den Spinnhaken, mit dem man den Faden drehte. Und die Handspindel mit dem aus Lehm, Stein oder Ton angefertigten Spinnwirtel. Dieser wurde am unteren Ende der Spindel angebracht – sobald er in eine rotierende Bewegung versetzt war, drehte er mit leichtem Zug die Fasern zusammen. Die ersten Spinnräder wurden noch mit einer Handkurbel in Bewegung gesetzt, die heutigen betreibt man mittels Pedal. Als Erfinder einer Spinnmaschine mit Fußpedal gilt übrigens Leonardo da Vinci. Der auf das Spinnrad aufgesetzte ­Rocken ist aus Schafwolle oder Flachs. Damit das Wollvlies ein­satz­fähig ist, wird es erst mehrfach ordentlich gewaschen und dann ­tagelang kardiert (gekämmt) oder kardatscht (bäuer­licher Dialekt).

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Nur im kardierten Zustand, den man dadurch erkennt, dass sich alle Fäden schön parallel aneinanderschmiegen, kann die Wolle zu Garn gesponnen werden. Um ausreichend Wolle für einen Pullover oder eine Weste zusammenzubekommen, sitzt die Spinnerin acht bis zehn Stunden an ihrem Spinnrad. Ein berühmtes Sprichwort, das heute mit Spinnen – diesen kleinen Tierchen, vor denen sich so viele fürchten – in Verbindung gebracht wird, geht in Wahrheit auf das handwerk­liche Spinnen zurück. Die Zeit des Spinnens war auch immer die Zeit der langen Abende. Durchbrach eine Frau dieses Prinzip, bedeutete dies, dass in diesem Haushalt keine Zeiteinteilung, keine Ordnung, herrschte. Daher: Spinnen am Morgen bringt Kummer und Sorgen. Spinnen am Mittag war schon besser angesehen – angeblich brachte es Glück am dritten Tag. Während: Spinnen am Abend war erquickend und labend. Da sich nach getaner Stallarbeit die Männer und Burschen in der Spinnstube einfanden, wurde in dieser Zeit auch so manche Liebschaft geknüpft.


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Spinnen tut ein jeder. Aber ich brauch dazu ein Gerät.

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Bei einem Experten sieht es jedenfalls wie in der Fabrik gesponnen aus: eben­ mäßig, glatt, dünn, wie man es vom Woll­ geschäft her kennt. Christiane Beckers Intensivtraining hat sich ausgezahlt: „Heuer im Sommer werde ich erstmals im Freilichtmuseum sitzen und dieses wunderschöne alte Handwerk vor­ führen – wie alle Damen unserer Spinnrun­ de, die seit vielen Jahren ehrenamtlich je­ des zweite Wochenende und zu besonderen Veranstaltungen wie beim Aufsteirern in Graz oder beim Steirerfest am Wiener Rat­ hausplatz abwechselnd tätig sind.“ Ein bisschen Urlaub von daheim

Das Schauspinnen im Stübinger Freilicht­ museum mit seinen mehr als 100 histori­ schen Bauernhöfen dürfte überhaupt einen besonderen Magnetismus ausstrahlen. Auch Maria Feldbaumer ist über einen Besuch dieses Ortes, der ohne Kitsch und Verherr­ lichung, aber auf sehr ansprechende Weise früheres bäuerliches Leben vermittelt, in die Materie geschlittert. „Ich habe mich da­

Daumen und Zeigefinger zupfen ein paar Fäden aus dem Vlies, die in das Loch der Spindelachse laufen und dort zu Garn verwoben werden.

mals kurz ans Spinnrad setzen dürfen; das hat mir gleich irrsinnig viel Spaß gemacht“, erzählt die 21-Jährige, die die Jüngste der Spinnrunde ist. Bei den reiferen Damen in der Gruppe versteht man auf Anhieb, was sie an diesem Zusammentreffen mögen. „Man setzt sich zusammen, tratscht, tut ein bissl keppeln. Ein kunstvolles Steckenpferd aus der Gratweiner Spinnwerkstatt. Heidi Freitag hat es für ihre Enkelkinder gemacht.

Es ist wie Urlaub von zu Hause“, schwärmt Künstlerin Heidi. Ähnlich ergeht es der Spinnerin Waltraud Fischer: „Mein Mann fragt mich immer, warum machst denn das? – Für mich ist das halt ein Tag, an dem alles Ne­gative von mir abfällt!“ Worin aber liegt der Reiz für einen jun­ gen Menschen, für den „Urlaub von zu Hau­ se“ ohnedies zum Standardprogramm ge­ hört? „Ich finde es wahnsinnig beruhigend“, sagt Maria Feldbaumer, „und ich tu gern handarbeiten.“ Und was sagt ihr Freundeskreis zu dem ausgefallenen Hobby? „Ah, die finden das eh cool. Vor allem die Buben. Ich war auf einer HTL, dadurch interessieren sich viele meiner Freunde für Technik. Außerdem sag ich jedem, der mich fragt: Spinnen tut ein jeder. Aber ich brauch dazu ein Gerät. Und bei mir kommt auch etwas raus dabei.“ 3

Gratweiner Spinnrunde: Informationen über das Freilichtmuseum Stübing, Tel.: +43/3124/537 00, www.stuebing.at

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das leben

Rückblick

in alten zeiten 9

Die Herren im ­Winterwald Holzknechte führten einst ein raues, freies Leben und bildeten dazu eine verschworene Gemeinschaft. Redaktion: Gertraud Steiner

ie Eisenbahn schuf im 19. Jahrhundert viele Berufe, darunter auch jenen des Holzknechts. Davor hatte es für Holz kaum Markt und Absatz gegeben. Dem Bauern war die Streu das Wertvollste im Wald, und der Adel schätzte den grünen Tann vor allem als Jagdrevier. Nur Salinen und Bergwerke hatten größeren Bedarf, bevor die Eisenbahn, Sägewerke und ­Papierfabriken kamen. Holz geschlagen wurde also ur-

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sprünglich für den örtlichen und den Eigenbedarf, und das erledigte der Bauer mit seinen Knechten. Stolz und kräftig

Die Holzknechte dagegen waren die wahren Herren im Wald. Sommers wie winters. Mit dem Stolz von Kraftmenschen, die das raue, freie Gemeinschaftsleben als die einzig wahre Lebensform anerkannten. Fernab

von der Knechtschaft am Hof – die in den meisten Fällen ihre soziale Herkunft war. Brennholz, minderes Bauholz und Industrieholz wurden in der Vegetationsperiode geschlagen. Zuerst mit der Hacke, später mit der Zugsäge. Jeweils dort, wo der Forstmeister den Schlag vorgezeigt hatte. Gearbeitet wurde sauber, um nicht zu sagen kunstvoll bei der Trennung und Lagerung von Stämmen, Rinden und Astwerk.

fotos: sammlung gertraud steiner

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Oberlungauer Holzknechte um 1905: G’führiger Schnee machte die Ziehwege auf.


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Tannen für den Bau, Lärchen für die Schindeln, Zirben für drinnen – und Eschen für den Wagner.

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Stolzer Fortschritt – eine Wandersäge im Lungau. Peterbauer Schani (1. v. li.) vom Berg in St. Michael e ­ rleichterte mit seinem Benzinmotor das ­Holzschneiden in den 1930ern.

Danach blieb das Holz liegen bis zum winterlichen Schlittenziehen. G’führiger Schnee und genial durchdachtes Schlittenzeug, von wagemutigen Holzknechten gelenkt, brachten das Holz zu Tal. Bis zu 1.000 Kilo wog eine Fuhre bei geringem Gefälle, die durfte also nur nicht zum Stehen kommen! So halsbrecherisch steil die leicht vereisenden Hohlwege auch waren, Ärger gab es vor allem mit ebenen oder aperen Passagen. Wenn der Schlitten mit den verketteten Stämmen einmal stand, war er nur unter Aufbietung aller Kräfte wieder in Fahrt zu bringen. Der Ziehweg musste daher mit Loiten und Riesen, also Rutschbahnen, aufbereitet werden. Ausgelegte Rinden und Moospolster halfen über Schwachstellen hinweg. In steilem Gelände wurde mit Schlitten ohne Eisenbereifung abgefahren. Zuletzt mussten nur mehr das Wetter und der Schnee stimmen. Dann wurde der Ziehweg aufgemacht. Allerhand Winterholz

Günstig war knirschende, trockene Kälte. Nach einem gut geschmalzten Polentakoch im Morgengrauen war Aufbruch. Die Schlitten wurden mit Gurten bergauf gezogen. Bis sie den Blochplatz erreichten, konnten Stunden vergehen. Aufgeladen wurde mit Bundkette und Eisenklammern. Das Fuder musste in sich beweglich bleiben. Umschlag, Prügelschuh und Sperrkette ­ermöglichten das Bremsen. Nun ging es ans Abfahren. Die Zieher setzten sich auf einen vorstehenden Bloch,

Abg’laden is! Stramme Oberlungauer Holzknechte nach getaner Arbeit um 1925.

ergriffen die Bremstatzstiele zur Steuerung und spreizten die Beine in die Kufenhörner. Aussi!, schrie der Erste in der Reihe warnend. War das Fuder zu schwer oder nicht richtig fixiert oder kam der Zieher mit den Sperrketten nicht zurecht, führte das zu schweren Unfällen. Davon berichten auch die Marterln im Wald. Aber meistens ging alles gut, und am Blochplatz warteten Pferdeschlitten für den Weitertransport. Es gab im Winter noch eine zweite Schwerarbeit im Wald. In den Raunächten und darüber hinaus wurde beim richtigen Mondzeichen heikles, wertvolles Holz geschlagen, ausgesuchtes Bau- und Werkholz für die Zimmerer, Tischler, Binder, Wagner, Machler und Bastler. Sie konnten mit dem unruhigen, rissigen Holz aus den Sommerschlägen nichts anfangen. Sie brauchten das widerstandsfähige, dauerhafte, harte, gut zu verarbeitende Holz aus der Vegetationsruhe des Waldes.

Das Kaminholz – Höfe wie Almhütten hatten durchwegs gezimmerte Kamine – musste sogar in der Thomasnacht, also zur Tagundnachtgleiche, geschlägert werden, um dem Feuer standzuhalten. Als Bauholz war die Tanne mehr geschätzt als die Fichte, den höchsten Wert hatte aber die Lärche, die der Feuchtigkeit trotzt. Dachschindeln, Brunntröge, Zaunholz, das war alles aus Lärche. Für den Innenausbau blieb freilich die Zirbe mit ihrem harmonisierenden Wohlgeruch die Königin. Der Wagner verarbeitete Gebirgsahorn und Esche, extrem belastbares Hartholz. Für die kleinen Gerätschaften des Hausgebrauchs nützte man die ebenso zähen wie biegsamen Hölzer der Birke, Weide und Berberitze. Alles in allem also viel Bedarf für allerhand Holz. 3 Dr. Gertraud Steiner ist in Mariapfarr im Lungau geboren und lebt als Kulturpubli­zistin und Buchautorin in Salzburg.

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Foto: Magdalena Lepka

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