Servus in Stadt & Land 08/13

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Regionale Rezepte Pinzgauer Brauchtum

So schmeckt’s im Wienerwald

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E i nfac h

.

Gut .

Leben

Kräuterweihe auf der Alm

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august

08/2013

EUR 4,50 chf 7,00

Sommer daheim Erfrischende Augenblicke

Traunviertler Sensen-Kunst

&

Die Sage vom Friedl aus Tirol

&

Südsteirische Klapotetze

>


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54

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Inhalt 2013 August

Küche

12 Himmlisches Farbenspiel

48 Eine überirdische Rübe

20 Wunder auf steilem Fels

54 Rezepte aus dem Wienerwald

Der Regenbogen ist eine flüchtige Laune der Physik und Sinnbild für die Ruhe nach dem Sturm.

In einem Garten in Baden wurde ein steiniger Hang zum Blühen gebracht.

28 Düfte der Nacht

Wenn die Sonne versinkt, versprühen manche Pflanzen ihren Zauber.

38 Schwarzes Gold

Natürliche Kompostwirtschaft und genau geplante Fruchtfolge sind das Geheimnis von Maria Steinhauser.

142 Weißkehlchens Hochzeit Der Steinmarder macht seinem Namen als Poltergeist alle Ehre.

4 Servus

Was der Kohlrabi mit einem romantischen Revoluzzer und der Wiener Gartenkunst zu tun hat.

Des Kaisers köstliche Reviere sind ein historischer und fruchtbarer Boden.

62 Aus Omas Kochbuch

Marmelade aus grünen Paradeisern.

68 Würze aus dem Walde

Wie man Pilze und ihr Aroma bis zur nächsten Saison erhalten kann.

72 Leichte Kost vom Rost

Auch Obst, Gemüse und Weichkäse lassen sich über dem offenen Feuer gut zubereiten.

Wohnen 80 Nostalgie mit Seeblick

Ati Strolz hat einer Wörthersee-Villa neues Leben eingehaucht.

88 Fundstück

Ein alter Fleischwolf als Blumenvase.

90 Da geht die Sonne auf

So schmückt die fröhliche Sonnenblume Heim und Garten.

94 Tischlein, bleib gedeckt!

Aus Steinen und Kluppen werden hübsche Tischtuch-Beschwerer.

100 Zählen, zählen und Kreuzerl sticken

Im kärntnerischen Deutsch-Griffen bestickt Barbara Tenschert nach alter Tradition Leinen.

cover ZUSATZfotos: EISENHUT&MAYER, MAGDALENA LEPKA

Natur & Garten

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fotos inhalt: GETTY IMAGES, KATHARINA GOSSOW, EISENHUT&MAYER, MARCO ROSSI, PETER PODERA, WILDLIFE, PHILIP PLATZER

Standards 72

Land & Leute 104 Auf dieser Alm, da gibt’s koa Grenz

Die Kallbrunnalm bei Lofer wird seit 600 Jahren gemeinsam von bayerischen und österreichischen Bauern bewirtschaftet.

114 Die Lehre vom goldenen Schnitt

Im oberösterreichischen Scharnstein begegnet man beim Sensenmähkurs den Meistern der feinen Klinge.

124 Beim Plättenbauer von Altaussee

Felix Suchanek stellt im Salzkammergut jene traditionellen Boote her, die auf den Seen der Region schon seit Generationen in Gebrauch sind.

130 Klappern im Wind

Weinbauer Erich Silberschneider ist einer der Letzten, der die Klapotetze, die charakteristischen südsteirischen Vogelscheuchen, noch anfertigt.

136 Vom Wert der wilden Mischung

In Voitsau im südlichen Waldviertel sammelt Karin Böhmer Wildblumensamen und verschickt sie per Post.

148 Und vua da Tüa stean die Küah

Zu Besuch in den Kärntner Nockbergen, wo das Einfache das Wahre ist. Hier gehen sogar die Rindviecher auf Sommerfrische.

3 Vorwort 6 Leserbriefe, Ortsnamen 8 Mundart 10 Servus daheim 26 Schönes für draußen 34 Basteln mit Kindern 36 Der Garten-Philosoph 42 Natur-Apotheke: Meisterwurz 44 Unser Garten, Mondkalender 64 Gutes von daheim: Kulinarisches

vom Bio-Rosenhof

78 Schönes für die Küche 96 Schönes für drinnen 110 Michael Köhlmeier:

Friedl mit der leeren Tasche

160 Doris Knecht: Landpartie 164 ServusTV: Sehenswertes im August 170 Feste, Märkte, Veranstaltungen 172 Leben in alten Zeiten 178 Impressum, Ausblick Titelfoto: Marco Rossi

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Im Sommergarten

D端fte der Nacht

Erst wenn die Sonne hinter dem Horizont versinkt, verspr端hen manche Pflanzen ihren wahren Zauber. Sie erbl端hen im Mondschein und sichern mit ihrem intensiven Wohlgeruch auch ihren Bestand. Text: Brigitte Vallazza


Sternbalsam Wenn’s nachts im Garten nach Marzipan und Vanille duftet, dann sind seine Blüten erwacht.

M

it ihren winzigen weißen bis hell­ rosa­farbenen Sternblüten sorgt die zierliche Schönheit für einen wahren Duftrausch: Tagsüber versteckt sie ihr Geheimnis in dunkelroten Knospen, doch wenn die Däm­ merung kommt, öffnen sich die Blüten, und ein Potpourri aus Vanille, Bittermandel und Marzipan strömt aus den zarten Ster­ nen. Deshalb nennt man den Sternbalsam oft auch Duftender Nachtphlox oder Marzipan-Phlox. Der Geruch ist vor allem in den Sommer­ monaten Juli und August außergewöhnlich stark. Dann duften sogar die Blätter aroma­ tisch-würzig bis harzig. Ursprünglich in Südafrika daheim, wurde der Sternbalsam nach dem tsche­ chischen Physiker Adam Zaluziansky von Zaluzian, der im 17. Jahrhundert lebte, be­ nannt. Die frostempfindliche einjährige Duftpflanze eignet sich hervorragend für Bauerngärten und Blumenbeete. Am bes­ ten setzt man das reich blühende Gewächs an Wegen oder am Rand eines Beetes, an dem man regelmäßig vorbeikommt, um die Aromen so oft wie möglich genießen

zu können. Eine weitere Möglichkeit ist, Sternbalsam in Töpfen zu pflanzen und sie immer dorthin zu stellen, wo man am meisten von i­ hrem Duft hat. Die hübschen Blüten sind nicht nur Balsam für die Nase, sondern auch eine hübsche Begleitung in Kräutersträußen und lassen sich sogar zum Garnieren von Salaten und Süßspeisen sowie für Tee­ mischungen verwenden.

Zaluzianskya capensis Familie: Braunwurzgewächse (Scrophulariaceae). Standort: sonnig bis halbschattig; frischer, nährstoffreicher, durchlässig-humoser Boden. Pflanzung: Aussaat im Haus ab Mitte Februar bei 15 bis 18 Grad in Aussaaterde (immer feucht halten, nach der Keimung etwas trockener), ab Mai Direktsaat im Freiland möglich. Die Samen sind Lichtkeimer, werden daher nur leicht auf die Aussaaterde angedrückt (0,5 cm mit Erde bedecken). Sind die Keimlinge groß genug (etwa 10 cm), werden sie umgetopft oder ab Mai ins Freiland ­gepflanzt (Pflanzabstand 15 bis 30 cm). Pflege: anspruchslos, geringer Wasserbedarf; nach der Blüte stark zurückschneiden. Blütezeit: Juni bis September.

fotos: getty images, flora press

Wie Mondscheinpflanzen ihre Bestäuber locken

Der Sternbalsam öffnet seine Blüten im nächtlichen Garten. Und in der Küche v ­ erfeinert er Salate.

Tagsüber sehen die meisten nachtduftenden Pflanzen recht unscheinbar aus. Die Blüten sind geschlossen und behalten ihren Duft für sich. Erst bei Anbruch der Dämmerung öffnen sie sich und geben ihren Wohlgeruch frei. Das Parfum ist häufig außergewöhnlich intensiv, schließlich können die Bestäuber – vor allem Nachtfalter, aber auch Motten – ihr Ziel zuerst nur über den Geruchssinn wahrnehmen. Die Stellung der Blü-

ten ist vorwiegend waagrecht oder gesenkt, damit es Insekten b ­ esonders leicht haben, sie von der Seite oder von unten anzufliegen. Sie stehen dann im Rüttelflug wie Kolibris vor den Blüten, fahren ihren langen Rüssel aus und trinken den Nektar. Nachtdufter erblühen meist in hellen Tönen, die vom letzten Tageslicht oder dem hellen Schein des Mondes reflektiert werden – und dann strahlen sie im nächtlichen Garten.

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Wunderblume Sie wird auch „Schöne der Nacht“ genannt. Dann nämlich parfümiert sie den Garten mit Düften, die an Orangen und Zitronen erinnern.

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enn die Sommersonne hoch am ­ immel steht, geht man an ihr vorbei und H würdigt sie keines Blickes. Da ist die Wunderblume eine unscheinbare Staude mit schlappen Blättern und welk anmutenden Blüten. Doch kurz vor Einsetzen der Dämmerung entpuppt sie sich als „Schöne der Nacht“. Deshalb wird sie im Französischen auch genau so genannt: Belle de nuit; und auch ihr Gattungsname nimmt Bezug auf ihre Schönheit. Das lateinische Wort mirabilis bedeutet „wunderbar“, „bewundernswert“. Weil sie erst am späten Nachmittag mit dem Öffnen ihrer Blüten beginnt, heißt sie übrigens auch „Vieruhrblume“. Wunderbar ist vor allem ihr kräftiger nächtlicher Duft: stark blumig, fruchtig und

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frisch wie Orangen oder Zitronen. Kurz nach dem Öffnen der Blüten geht die Wunderblume noch sparsam mit ihrem Parfum um, dafür bleibt die Duftwolke manchmal bis in den späten Vormittag. Den Namen Wunderblume hat die aus Peru stammende Schönheit jedoch aus einem anderen Grund: Eine Pflanze kann gelbe und dunkelrote Blüten tragen und da­zu noch solche in beiden Farben – entweder als Gemisch aus Rot und Gelb oder klar abgesetzt, die eine Hälfte rot, die andere gelb. Jede Blüte öffnet sich nur für einen Tag, aber die Wunderblume ist fleißig und entwickelt den ganzen Sommer über täglich neue Blüten – manchmal bis in den Oktober hinein.

Mirabilis jalapa Familie: Wunderblumengewächse (Nyctaginaceae). Standort: sonnig und warm; nährstoffreicher, ­mittelschwerer und humoser Boden. Pflanzung: Anzucht von März bis April unter Glas (2 bis 3 Samen in kleine Töpfe geben und mit 2 cm Erde bedecken). Sind die Pflänzchen etwa 10 cm groß, nach den Eisheiligen im Abstand von 50 cm auspflanzen, oder man setzt die Knollen Anfang bis Mitte Mai ins Freiland; die Wunderblume lässt sich auch in Töpfen kultivieren. Pflege: mittlerer Wasserbedarf, regelmäßig gießen und ab und zu auch nachdüngen; Verblühtes regelmäßig entfernen, das regt nämlich die Wunderblume zu weiterer Blüte an; Knollen frostfrei überwintern (im Herbst ausgraben und in trockener Erde ähnlich wie Dahlienknollen lagern). Blütezeit: Juni bis Oktober.


Nachtkerze Sie öffnet ihre Blüten so schnell wie keine andere Blume in unseren Breiten – und gibt dann intensive, süßliche Zitrusnoten frei.

fotos: getty images, imago, flora press

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enn die Nachtkerze mit Beginn der Abenddämmerung erwacht, liefert sie uns ein faszinierendes Naturschauspiel: In einer fließenden Bewegung öffnen sich in nur zwei bei drei Minuten die gelben Blüten – dieses Zeitraffertempo ist bei keiner ande­ ren in Mitteleuropa vorkommenden Pflanze zu beobachten. Kurz danach signalisiert die Nachtkerze mit einer intensiv süßlichen Duftwolke, dass bei ihr jetzt Pollen und Nektar zu holen sind. Die nachtaktiven In­sekten – vor al­ lem die nach der Blume ­benannte Falterart Nachtkerzenschwär­ mer – müssen sich beeilen, schließlich sind die Blüten bis zu Mittag des nächsten Tages, spätestens aber bis

zum zweiten Morgen verblüht. Immerhin produziert eine Pflanze im Sommer mehr als hundert Blüten, die sich nacheinander von unten nach oben öffnen. Die zweijährige Staude passt hervor­ ragend in ­naturnah gestaltete Steingärten und Blumenrabatte. Die Nachtkerze kam im 17. Jahrhundert von Amerika zu uns und galt zunächst als Zierpflanze. Erst im 20. Jahrhundert ent­ deckte man den hohen Anteil an Gamma-­ Linolensäure in den Samen. Seither wird aus ihnen Nachtkerzenöl gewonnen, das reich an un­ gesättigten Fettsäuren ist und in der Heilkunde sowie der Kosmetik verwendet wird. Weil alle Teile der Pflanze

e­ ssbar sind, wurde sie eine Zeitlang auch als Gemüse angebaut. Die fleischigen Wur­ zeln wurden mit Essig und Öl angemacht oder in Fleischsuppe gekocht. Sie wurden im Volksmund „Schinkenwurzeln“ genannt, weil sie sich beim Kochen rötlich verfärben.

Oenothera biennis Familie: Nachtkerzengewächse (Onagraceae). Standort: sonnig bis halbschattig; gedeiht auf allen Böden, am besten auf durchlässigen und nährstoffreichen. Pflanzung: Vorkultur ab März, die Jungpflanzen ab Mitte Mai in den Garten setzen; Aussaat im ­Freiland von Juni bis August (Samen 1 bis 2 cm mit Erde bedecken); sät sich auch leicht selbst aus. Pflege: anspruchslos. Blütezeit: Juni bis September.

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Gemüse des Monats

Eine überirdische Rübe Wer sich mit dem wunderbar unkomplizierten Kohlrabi­ ­beschäftigt, lernt auch viel über romantische Revoluzzer, ­ istorische Wiener Gartenkunst und die Freude am Genießen. h Redaktion: julia kospach Fotos: eisenhut & Mayer  gekocht von: Alexander Rieder

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A

uch ein vollkommen harmloses Gemüse wie der Kohlrabi kann unversehens im Zentrum von wilden Debatten stehen, die weltanschauliche Kontrahenten miteinander austragen. So geschehen Ende des 19. Jahrhunderts, als der vielgerühmte Jugendstilmaler und Sozialreformer Karl Wilhelm Diefenbach (1851–1913) in München und Wien seine Ideen für eine bessere Welt verkündete. In Kutte und Sandalen gewandet, trat Diefenbach für ein Leben im Einklang mit der Natur, für fleischlose Ernährung, freie Liebe, Bewegung an der frischen Luft und Freikörperkultur ein. Seine Zeitgenossen ­erzürnte das sehr. Sie verhöhnten ihn als „Kohlrabi-Apostel“. Für seine Anhänger ­hingegen war das eine durchaus löbliche Auszeichnung.

Knackig frisch und glasig weich

Der Kohlrabi selbst konnte natürlich nicht das Geringste dafür, dass er damals ins Gerede kam. Dass gerade er herhalten musste und nicht irgendein anderes Gemüse, sagt aber durchaus etwas aus – nämlich über seine Beliebtheit, damals wie heute. Man liebt ihn zu Recht. Für seinen feinen Kohlgeschmack, für seine Knackigkeit und Frische, für seine Vielseitigkeit und dafür, dass er so wunderbar mit einer Reihe ➻

Kohlrabi

Brassica oleracea var. gongylodes Familie: Kreuzblütengewächse (Brassicaceae). Anbau: Es gibt Sorten mit kurzer (12–20 Wochen) und Sorten mit längerer Kulturdauer (16–32 Wochen) von der Aussaat bis zur Ernte. Grundsätzlich kann Kohlrabi im Beet zwischen Anfang April und Mitte Juli gesät werden. Bei Sorten mit kurzer Ent­wicklungsdauer kann man auch noch ein zweites Mal nachsäen oder nachpflanzen. Ein guter Abstand zwischen den Einzelpflanzen sind ca. 25 cm, bei Strunkkohlrabi 50 cm. Wichtig: Die Jungpflanzen nicht zu tief in die Erde setzen, damit sich eine schöne Knolle ausbilden kann. Pflege: Beim Setzen und nach ein paar Wochen noch einmal düngen. Tut man das nicht, können die Kohlrabiknollen holzig werden. Ernte: Je nach Sorte zwischen Ende April und Ende Oktober.

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Kohlrabimus mit Radieschen und Sprossen Zutaten für 4 Personen Zeitaufwand: 40 Minuten 700 g Kohlrabi, 2 Schalotten, 1 Knoblauchzehe, 1 Petersilienzweig, 1 kleine Chili, 500 ml leichte Gemüsesuppe, 1 EL Weißweinessig, 2 EL Olivenöl, Salz, 4 Radieschen, 4 EL Sprossen (z. B.: Radieschen- oder Brokkolisprossen), Olivenöl zum Beträufeln, 4 Scheiben Roggenbrot, 2 EL Butter, kleine Kohlrabiblätter zum Garnieren

von frischen Kräutern harmoniert. Vor allem­mit Dill, aber auch mit Basilikum oder Liebstöckel. Geschält, in Scheiben geschnitten und roh geknabbert oder als Salat macht er ebenso gute Figur wie als gedünstete Beilage oder als Hauptgang im Ganzen und gefüllt mit Reis, Getreide oder gehacktem Fleisch. Auch gemeinsam mit Kartoffelscheiben in Gratinformen geschichtet und mit Käse überbacken schmeckt Kohlrabi köstlich. Das knackige Fleisch seiner rohen Knollen verwandelt sich gekocht in glasige Weich- ➻

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Zubereitung 1. Kohlrabi schälen und in 2 cm große Würfel schneiden. Schalotten und Knoblauch fein schneiden. 2. Kohlrabi, Schalotten, Knoblauch, Petersilienzweig und Chili mit der Suppe aufsetzen und zugedeckt 20 Minuten dünsten. 3. Petersilie und Chili entfernen und das Gemüse mit Weißweinessig und Olivenöl fein pürieren. Mit Salz abschmecken. 4. Radieschen in feine Streifen schneiden.

5. Kohlrabipüree in Schalen geben, mit Radieschen und Sprossen bestreuen und mit Olivenöl beträufeln. 6. Das Roggenbrot in fingerdicke Streifen schneiden und in Butter knusprig anbraten. 7. Die Kohlrabicreme mit Kohlrabiblättchen garnieren und mit den warmen Brotstreifen servieren.

gut zu

wissen

> Wenn man die Blätter abdreht, sind Kohlrabiknollen im Kühlschrank bis zu zwei Wochen haltbar. Typische Lagersorten (wie „Blauer Speck“), die im Herbst geerntet werden, können bei guter Lagerung bis in den März aufbewahrt werden. > Grundsätzlich gilt, dass weiße Sorten etwas früher reifen als blaue. > Es gibt Kohlrabisorten, die Früchte mit 3–4 Kilo Gewicht bilden, trotzdem zart schmecken und nicht holzig sind (z. B. die Lagersorte „Superschmelz“). > Kohlrabiblätter sind noch gesünder als die Knolle: Sie enthalten doppelt so viel Vitamin C und gleich zehnmal so viel Kalzium und Eisen.


Kohlrabigemüse mit Schweinsmedaillons und Kräuterpüree Zutaten für 4 Personen Zeitaufwand: 40 Minuten 600 g Kohlrabi, 2 Jungzwiebeln, 1 EL Butter, 125 ml Weißwein, 125 ml Gemüsesuppe, 125 ml Obers, Salz, Pfeffer, Muskat Für das Kräuterpüree: 1 Handvoll gemischte, gezupfte Gartenkräuter, Saft von ½ Zitrone, 1 EL Mandelsplitter, 80 g Distelöl Für die Schweinsmedaillons: 12 Schweinsmedaillons à 70 g, Salz, Pfeffer, 1 EL Rapsöl, 1 EL Butter, ½ TL edelsüßer Paprika, Kräuter zum Bestreuen Zubereitung 1. Kohlrabi schälen und in 5 mm dicke Schei­ ben schneiden. Die Jungzwiebeln in feine Ringe schneiden. 2. Kohlrabi und Jungzwiebeln in Butter leicht anschwitzen, mit Weißwein ablöschen und etwas einreduzieren lassen. Suppe und Obers angießen und bei milder Hitze ein­ kochen, bis der Kohlrabi noch einen leich­ ten Biss hat. Mit Salz, Pfeffer und Muskat würzen. 3. Die Gartenkräuter mit Zitronensaft, Man­ delsplittern und Distelöl cremig pürieren. 4. Die Medaillons salzen und pfeffern und im Rapsöl scharf anbraten. Die Hitze reduzie­ ren und die Butter zufügen. Unter ständi­ gem Übergießen das Fleisch 2–3 Minuten weiterbraten. Paprika in das Bratfett rüh­ ren, die Medaillons durchschwenken und aus der Pfanne heben. 5. Das Kohlrabigemüse anrichten, Kräuter­ püree drübergeben, Schweinsmedaillons draufsetzen und mit Kräutern bestreuen. Servus-Tipp: Dazu schmecken Spiralnudeln oder ein Erdäpfelpüree.

heit. Öle und Butter betonen den feinwür­ zigen Geschmack. Weniger bekannt ist, dass auch die Kohl­ rabiblätter – vor allem die jungen, feinen – sich bestens zum Verzehr eignen. Man kann sie wie Spinat dünsten oder einfach klein ­hacken und unter einen Salat mischen. Isst man Kohlrabi roh, kann man außerdem auf jede Vitamin-C-Tablette verzichten. Bereits eine Knolle deckt den gesamten Tagesbedarf. Gärtner wiederum wissen Kohlrabi zu schätzen, weil selbst jene, die noch grün hin­ ter den Ohren sind, mit Kohlrabi Erfolge fei­ ern. Egal ob man sich für „weiße“ Sorten mit

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weißlich grüner oder „blaue“ Sorten mit bläulich violetter Schale entscheidet: Kohl­ rabi ist leicht anzubauen, gedeiht gut und gut sichtbar, wächst rasch und kann von En­ de April bis Ende Oktober geerntet werden. Manche Kohlrabiknollen sind bei guten Bedingungen so lagerfähig, dass sie vom Herbst bis in den März überdauern. Und wer partout auch auf Balkon oder Terrasse nicht auf eigenen Gemüseanbau verzichten will, ist mit Kohlrabi ebenfalls bestens bedient: Selbst in Töpfen und Trögen gedeiht er gut. Zwei klassische Kohlrabisorten sind der großknollige, zarte „Wiener Weißer Glas“

und der plattrunde, mittelgroße „Wiener Blauer Glas“, die beide schon seit 1830 im Handel sind und auf den wichtigen Beitrag verweisen, den Wiener Gärtnereien in der Züchtungsgeschichte von Kohlrabi spielen. Aus der großen Familie der Kohlgewäch­ se stammend, hat der Kohlrabi, wie wir ihn heute kennen, den Strunkkohlrabi als Vor­ fahr. Dieser hat riesige, über 30 Zentimeter hohe sowie unterarmdicke, spindelförmige Knollen und dichte, hohe Blätter. Trotz seiner Größe wird er nicht holzig und ist durchaus einmal einen gärtnerischen Versuch wert (z. B. die Sorte „Böhmischer Strunk“). 3


Hausbesuch

Nostalgie mit Seeblick Leben wie in der Sommerfrische – Innenarchitektin Ati Strolz hat sich diesen Traum erfüllt. Und einer romantischen ­Wörthersee-Villa neues Leben eingehaucht. Text: Ruth Wegerer Produktion: Michaela Gabler Fotos: Harald Eisenberger

Vom überdachten Balkon im ersten Stock hat man einen atemberaubenden Blick auf die Seelandschaft. Das GartenSalettl wurde im Stil der Villa errichtet.


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In der Küche im Erdgeschoß wurden Form und Funktion perfekt vereint. Der neue Sandsteinboden harmoniert mit der warmen Wandfarbe, die moderne Küchenzeile und der alte Herd ergänzen einander aufs Beste. Der alte Küchentisch gehörte zum hauseigenen Mobiliar, die Stühle schaffen einen charmanten Kontrast.

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litzblau leuchtete die historische Villa hinter alten Bäumen hervor, als sie Ati Strolz zum ersten Mal sah. Das war Ende der Achtzigerjahre. Die aus Friesach stammende Innenarchitektin lebte damals am Arlberg und bekam immer öfter Sehnsucht nach dem Süden. Also machte sie sich auf die Suche nach einem Sommerhaus in ihrem Heimatland Kärnten. In Pörtschach am Wörthersee fand sie es. Die knallfarbene Fassade war zwar eigentlich nicht ihr Fall, aber die „Marienvilla“ machte damit auf sich aufmerksam – und stand noch dazu zum Verkauf. Ati Strolz zögerte nicht lange und erwarb das Haus, auch wenn ihr sofort klar war, dass da einiges auf sie zukam. Durch das Dach regnete es herein, die Fenster waren komplett undicht, und auch im Inneren gab es jede Menge zu reparieren. Die Villa stand schließlich die meiste Zeit leer – genutzt wurde sie früher nur im Sommer. Aristokratische Vergangenheit

Damals erfüllten hochwohlgeborene und reiche Herrschaften das Haus mit Leben. Durch die Errichtung der k. u. k. Südbahn kamen ja 1864 Aristokratie und Geldadel zur Sommerfrische an den Wörthersee – und bald schon ließ die noble Gesellschaft für sich romantische Domizile erbauen. Die Marienvilla entstand 1895. Die Geschichte des Hauses ist schnell erzählt. Es gehörte ursprünglich der Gräfin Felicia Széchenyi, bevor es 1920 von einem in Triest ansässigen Kärntner Hotelier erworben wurde. Dieser machte es seiner Geliebten zum Geschenk, in deren Besitz es bis 1976 blieb. In den Achtzigerjahren diente es einer ungarischen Familie als Refugium. Ja, und dann durfte sich auch schon Ati Strolz über ihr neues Eigentum freuen. Die Innenarchitektin legte sofort Hand an. Leitungen wurden unter Putz verlegt, schrumpelige alte Tapeten entfernt und ➻

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Die einstmals dunklen Wandvertäfelungen wurden weiß gestrichen. Zusammen mit der duftigen Malerei machen sie den Raum viel freundlicher.


Harmonie und klare Linien sind Ati Strolz wichtig. Das merkt man auch im Esszimmer (unten).

Als die Veranda noch nicht ver­glast war, wurde sie kaum genutzt. Heute dient sie als Ruheraum. Die Fenster können komplett a ­ ufgeschoben werden.

Der alte Holzboden und die textile Ausstattung verleihen allen Räumen zeitlose Schönheit, wie hier dem Gästezimmer.

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Die zarte Landschaftsmalerei auf hellblauem Grund sorgt fĂźr entspannten Schlaf und gibt dem Dachzimmerchen eine zauberhafte Note.

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Die Bodenfliesen, der r­ omantische Spiegel und die Konsole im Rokoko-Stil ­verleihen dem Vorraum ­einen Hauch von Süden.

der Teppich rausgerissen. Wunderbare Bodenbretter kamen da zum Vorschein. Im Gästezimmer wiederum legte Ati einige Wandmalereien frei, die sie dazu inspirier­ten, auch das Wohn- und Schlafzimmer mit Fresken versehen zu lassen. Die in hellen Farben lackierten Wandvertäfelungen trugen ebenfalls dazu bei, dass die vorherrschende Düsternis nach und nach aus dem Haus verbannt wurde. Auch außen wurde natürlich tüchtig renoviert. Die Villa bekam einen neuen Dachstuhl, neue Fenster und vor allem eine gute Dämmung. Erst dadurch wurde es möglich, das einstige Sommerrefugium ganzjährig zu bewohnen. Und das macht Ati Strolz auch. Seit einigen Jahren ist die Marienvilla ihr Hauptwohnsitz, und um kein Geld der Welt würde sie ihn wieder verlassen. „Ich leb hier wie in permanenter Sommerfrische“, sagt Ati über ihre Idylle. „Es ist hier wie in einer völlig anderen Welt.“ Tatsächlich liegen Haus und Garten äußerst malerisch. Durch die erhöhte Lage ist ein freier Blick auf den See möglich, keine Neubauten oder großen Häuser trüben das Bild. „Es wirkt hier auch heute alles so ursprünglich wie zu Gräfin Széchenyis Zeiten, wie zur damaligen Jahrhundertwende.“ Neues Leben in altem Gemäuer

Auch das Bad unter der Dachschräge wurde mit mediterranen Fliesen versehen. Der alte Waschtisch mit Marmorplatte passt perfekt dazu.

Für Ati war es überaus wichtig, dem Haus seine ganz spezielle Aura wiederzugeben. Gekonnt hat sie das Gestern mit dem Heute verbunden, Dinge verändert, ohne den Charakter der Villa zu zerstören. Das auffällige Blau der Fassade etwa wurde durch ein zartes Apricot ersetzt, es kleidet das Landhaus um vieles besser. Durch die Eingangstür unter der verglasten Veranda kommt man in eine mit italienischen Bodenfliesen ausgelegte Halle – auch Küche, Vorratsraum und Büro befinden sich zu ebener Erd. Über eine steinerne Treppe geht’s dann hinauf in den ersten Stock, in dem sich ein Gästezimmer, das Esszimmer und der Wohnsalon befinden. Unter dem Dach sind schließlich das Bad und zwei Schlafzimmer untergebracht. Eines für Ati, eines für ihre jüngste Tochter Lila, die in Mailand Lichtdesign studiert, aber immer wieder gern zu Besuch kommt. Die Schlafzimmer und der Wohnsalon beeindrucken übrigens unglaublich mit Trompe-l’œil-Malereien von Stefan Riedl. Die Werke des Künstlers haben ver➻

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Tierleben

Weißkehlchen bittet zur Ranz Seit es Heu- und Dachböden gibt, feiern Steinmarder dort im Hochsommer lautstark Hochzeit. Und bis heute machen sie ihrem Ruf als nächtliche Poltergeister alle Ehre. Text: Paul Herberstein

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Ein verliebtes Steinmarder-Pärchen. Die Sommerromanze ist aber nur von kurzer Dauer. Nach der Paarung trennen sich die Wege von Männchen und Weibchen wieder.

I

m alten Volksglauben jagte einem der „Mahr“ noch kalte Schauer über den Rücken. Ein gespenstisches Fabelwesen, das einem Nacht für Nacht Albträume bescherte und in künstlerischen Darstellungen als ein wohlbekanntes Tier dargestellt wurde: als Marder. Heute verursacht der Steinmarder zwar nur noch selten Albträume, aber dafür immer noch schlaflose Nächte. Selbst ist er zwar ein eher lärmempfindliches Tier, aber als nachtaktiver Untermieter kennt er in unseren Häusern kein Pardon. Ab dem Frühjahr ist der neugierige Nachwuchs lautstark auf Entdeckungsreise, und im Sommer ist Ranz: Männchen und Weibchen paaren sich hemmungslos, bis sich die Balken biegen. Mit wilden Spielchen, Fauchen und Kreischen machen die liebestollen Marder die Nacht zum Tag. Spätestens mit Sonnenaufgang ist der Spuk aber wieder zu Ende: Die Steinmarder ziehen sich in ihre Verstecke zurück, die von Mauerlöchern über Reisighaufen bis zu Holzstößen reichen. Zurück bleiben nicht nur die dunklen Augenringe der menschlichen Hausbewohner, sondern oft auch Kot und Nahrungsreste, wenngleich feinsäuberlich getrennt. Steinmarder sind nämlich wie Katzen ausgesprochen reinlich. Sie nutzen eigene Bereiche für Toilette und Speisekammer. Viele Hausbesitzer legen daher an diesen konkreten Stellen Zeitungspapier aus, um Dachboden oder Scheune von Zeit zu Zeit von üblen Gerüchen zu befreien.

foto: fotofinder

Was dem Räuber alles schmeckt

Im Gegensatz zum Baummarder, dem menschenscheuen, vor allem in ausgedehnten Wäldern lebenden Verwandten, machte es sich der Steinmarder immer schon gern in Siedlungen und deren Bauwerken gemütlich. Die Gründe dafür liegen auf der Pfote des wärmeliebenden, gewitzten Marders: So hat er ein perfektes Zuhause, das ohne eigenes Zutun zu jeder Jahreszeit trocken bleibt, bestens vor Wind und Wetter schützt und dazu noch Nahrung im Überfluss bietet. Selbst im Müll oder auf dem Komposthaufen findet sich jede Menge Schmackhaftes für den gar nicht heiklen Mardermagen. Das Weißkehlchen – wie der Steinmarder aufgrund der markanten Fellfärbung auch genannt wird – ist trotz des scharfen Raubtiergebisses überwiegend Vegetarier, passt seinen Speiseplan aber immer der Umgebung und der Jahreszeit an. Als Leibspeise gilt gerade im Sommer süßes Obst wie Himbeeren, Zwetschken ➻

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oder Kirschen. Davon legt sich das intelligente Wildtier auch Depots an, um die Leckerbissen später getrocknet zu verzehren. Fleisch oder eiweißreiche Nahrung spielen vor allem in den kälteren Monaten und während der Aufzucht der Jungen im Frühling eine entscheidende Rolle. Dann werden Regenwürmer gefressen, aber auch kleine Vögel und Kaninchen. Wenn vorwiegend in Stadtgebieten gejagt wird, gehören auch Ratten und Tauben zum Speiseplan. Bei der Jagd wird aus dem schlanken Tier mit den großen tiefschwarzen Augen ein richtiges Raubtier: Mit feiner Nase und hellwachem Blick durchkämmt der Steinmarder sein Revier. Hat er eine Beute im Visier, kann er bis zu zwei Meter weit oder hoch springen, um sich auf das Opfer zu stürzen und es mit einem Nackenbiss schnell zu töten. Gefürchtet im Hühnerstall

Bei den Bauern ist der Steinmarder seit jeher als Eier- und Hühnerdieb gefürchtet. Der oft beschriebene „Blutrausch“, in dem das flinke Raubtier ganze Hühnerställe leerräumt und nur das Blut aus seinen Opfern saugt, stimmt nicht ganz. Sein typischer ­Tötungsbiss hinterlässt zwar eindeutige, vam­pirähnliche Spuren am Hals oder im Genick, das Blut selbst trinkt der Marder aber nicht. Ein solcher „Massenmord“ ist – wie etwa auch bei Fuchs oder Wolf – darauf zurückzuführen, dass der Steinmarder im panischen Geflatter ganz einfach die Orientierung verliert. Statt sich nur auf eine einzelne Henne als Beute zu fixieren, beißt er so lange um sich, bis sich nichts mehr bewegt. Apropos beißen: War da nicht noch etwas mit Kabeln und Schläuchen? Richtig: Der Steinmarder ist den meisten wohl besser als Automarder bekannt. Als einer, der einem zur schlaflosen Nacht in der Früh auch noch den Pannenfahrer beschert. Auch Susanne Krammer-Schnack, Ökologin aus Wien, kann davon ein Lied singen: „Es war Sommer, hatte 35 °C im Schatten, und ich stand hochschwanger auf der Südautobahn im Stau, als der Motor meines Wagens zu kochen begann. Ein Steinmarder hatte ein Kühlerkabel durchgebissen.“ Zugegeben: Romantische Liebesbeziehungen beginnen normalerweise anders, aber für Frau Krammer-Schnack wurde das „verfluchte Vieh“ bald zum faszinierenden Wildtier. Als Stadtökologin ist sie nun schon seit vielen Jahren den frechen Mardern auf der Spur, die sich so beeindruckend auf Mensch und Stadt eingestellt haben. ➻

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Der Steinmarder legt keine Eier, frisst sie aber gern. Seine Jungen (Bild unten) sind richtige Nesthocker und verlassen erstmals mit rund neun Wochen das warme Nest.


Marder macht ­Männchen. So ­verschafft sich das kleine Raubtier einen Überblick im ­hohen Gras. Sein ­deutlich ­gegabelter weißer Kehlfleck ist gut zu erkennen.

Einzelgänger auf blanken Sohlen Körper: Der Steinmarder ist etwa katzengroß und hat einen langgezogenen, ge­ schmeidigen Körper. Sein Fell ist graubraun mit weißlich durchschimmernden Woll­ haaren. Er trägt eine auffallende weiße Kehlzeichnung, die sich gabelt und bis zu den Vorderpfoten reichen kann. Die Sohlenballen sind unbehaart. Die Körperlänge beträgt zwischen 40 und 50 cm, der buschige Schwanz hat nochmals etwa 20 bis 25 cm Länge. Ein ausgewachse­ ner Steinmarder wiegt zwischen 1 und 2 kg, wobei Männchen etwas schwerer als Weib­ chen werden. In freier Wildbahn können sie etwa 10 Jahre alt werden. Der Steinmarder verfügt über einen feinen Geruchssinn und sieht auch gut. Im 2. Lebens­ jahr wird er geschlechtsreif. Weibchen brin­ gen meist im April zwischen 3 und 4 Junge auf die Welt. Diese sind rund 5 Wochen blinde Nesthocker und werden bis zu 8 Wochen gesäugt. Nahrung: Der Steinmarder nimmt sowohl pflanzliche als auch fleischliche Kost zu sich. Dazu gehören unter anderem Obst, Insek­ ten, Eier sowie Mäuse oder Vögel. Gerade im städtischen Bereich passt der Steinmar­ der seinen Speiseplan aber auch stark dem Angebot an. Abfälle gehören genauso dazu wie Ratten oder Tauben.

fotos: imago, juniors bildarchiv, okapia bildarchiv

Lebensweise: Steinmarder sind Einzelgänger. Nur zur Paarung zwischen Juli und August kommen Männchen und Weibchen zusam­ men. Der Nachwuchs bleibt bis zum Winter bei der Mutter. Der Steinmarder ist dämmerungs- und nachtaktiv und legt auf einzelnen Streifzügen oft mehrere Kilometer zurück. Tagsüber ver­ steckt er sich in Gebäude­nischen, unter Reisighaufen oder in Holz­stößen. Der Stein­ marder ist zwar ein guter Kletterer und kann bis zu 2 m hoch oder weit springen, hält sich aber meist am Boden auf. Vorkommen: Als ausgesprochener Kultur­ folger lebt der Steinmarder – auch Weißkehlchen bzw. Auto- oder Hausmarder genannt – häufig inmitten menschlicher Siedlungen. Hier findet er meist auf Dachböden oder in Nebengebäuden Unterschlupf. Der wärmeliebende und sehr anpassungsfähige Steinmarder meidet eher freies Ge­ lände und kommt in der Ebene, aber auch bis in 2.000 m Seehöhe vor. In Österreich gibt es den Steinmarder fast flächendeckend. Die aktuellen Bestände ­lassen sich allerdings aufgrund der Verbrei­ tung und der Lebensweise nicht einmal ­annähernd schätzen.

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Die Gründe, warum Steinmarder – abgesehen von ihren lautstarken Hochzeitsfeiern – so gern „unter die Haube“ kommen, sind bis heute nicht eindeutig erforscht. Neben der angeborenen Neugier und dem warmen Unterschlupf haben es dem Marder wohl auch die für ihn offenbar schmackhaften Kautschuk- und Polyesterkabel angetan. Und im Sommer rund um die Paarungszeit kommen noch die männlichen Hormone ins Spiel: Riecht das eifersüchtige Männchen im Motorraum einen Rivalen, der dort irgendwann keck herumgestiegen ist, dann bekommen das die Dämmung und die Kabel mit wütenden Bissen zu spüren. Marderherren sind ausgesprochene Einzelgänger und verstehen in ihren Revieren keinen Spaß. Außer dem kurzen Damenbesuch zur Paarungszeit werden die eigenen Gebiete gnadenlos verteidigt. Für marder­ geplagte Hausherren ist das Fluch und Segen zugleich: Zum einen wird es unter dem eigenen Dach niemals eine Invasion mit vielen Mardern gleichzeitig geben. Zum anderen darf man sich aber keiner Illusion hingeben, wenn man den ungebetenen Hausgast ein-

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mal mit vielen Mühen erfolgreich delogiert hat: Der nächste fellige Untermieter steht mit Sicherheit bereits vor der Tür … Steinmarder-Weibchen leben zwar auch überwiegend allein, sind aber zumindest nach der Geburt des Nachwuchses im April bis zum Winter mit ihren Jungen zusammen. Die kommen als echte Nesthocker nackt und blind auf die Welt, stehen aber meist schon ab Herbst auf eigenen Pfoten und suchen sich dann neue Reviere. Sie durchschauen mit der zeit fast alles

Einem friedlichen Nebeneinander von Mensch und Steinmarder stehen eigentlich nur chronischer Schlafmangel, geraubte Hühner oder teure Werkstattbesuche im Wege. Selbst zu Notzeiten war das Fleisch des Marders für unsere Gaumen kein Thema. Und auch der Pelz des Weißkehlchens war gegenüber dem feineren und dichteren Fell seines gelbkehligen Verwandten, des Baumoder Edelmarders, nur zweite Wahl. Neben der Jagd auf ihn gibt es heutzu­ tage für die Steinmarder eigentlich nur eine Gefahrenquelle: den Straßenverkehr, dem

Jahr für Jahr tausende Tiere auf ihren Streifzügen zum Opfer fallen. Von den natürlichen Feinden kann dem nachtaktiven Jäger bestenfalls noch der Uhu etwas anhaben. Mitunter kriegt sich der Steinmarder auch mit Hund oder Katze in die Haare, die Konkurrenz rund ums eigene Haus meist nicht ausstehen können. Und was kann der Mensch tun, will er seine Wohnstatt doch nicht mit einem Marder teilen? Susanne Krammer-Schnack spricht Klartext: „Man kann es mit Piepsgeräten oder dem Verstreuen von Hundehaaren versuchen. Aber Steinmarder durchschauen mit der Zeit fast alles oder gewöhnen sich daran. In meinen Augen gibt es kein Patentrezept, um sie aus dem Dachboden oder einem Nebengebäude zu vertreiben. Fangen und weit wegbringen ist sicher noch das Beste. Ob aber das plötzlich frei gewordene Revier lange ­unbesetzt bleibt, ist eine andere Frage.“ Bleibt für alle, die mit dem an sich faszinierenden Steinmarder auch weiterhin unter einem Dach leben, eigentlich nur: Ohrstöpsel auf Vorrat kaufen und über eine Umschulung zum Mechaniker nachdenken … 3

foto: Imago

Obwohl der Steinmarder aus­gezeichnet klettert, ist er häufig am Boden unterwegs. Nur sollten Büsche oder dichter Unterwuchs als Unterschlupf in der Nähe sein.


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