Servus in Stadt & Land - Bayern 1/13

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in Stadt & Land & 01/2013

Bart auf Boarisch

Vom Nutzen des Aberglaubens  &  Naturapotheke: Holunder  & Tölzer Puppenspieler  & Schwäbische Maultaschen

Eine kleine Kulturgeschichte

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E i nfac h

.

Gut .

Leben

Gutes von daheim

Oberbayerische Schmankerl

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Januar

01/2013

EUR 3,90

Schneerosen Kinder des Winterlichts

Zauberhaftes Winterland Der Büttner von Hirschaid

&

Die Glockengießer von Passau

&

Im Tal von Pfronten

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Inhalt 2013 Januar

Küche

10 Alpenschnee & Zauberlicht

40 Köstliche Knollen

18 Kinder des Winterlichts

44 An Guadn!

Eine stille Wanderung hinauf zu den glitzernden Berggipfeln.

Umhüllt von weißer Pracht fühlt sich die Schneerose sehr wohl.

24 Die Gaben der Weisen Mythos, Volksglaube und Naturwissen: alles über Weihrauch, Gold und Myrrhe.

30 Auf großem Fuß

Wir bauen ein Paar Schneeschuhe für lustige Wintertage.

126 König der Lüfte

Der Seeadler wäre fast aus der heimischen Tierwelt verschwunden. Jetzt brütet er wieder in Bayern.

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Die Topinambur kehrt nach 150 Jahren in unsere Küchen zurück.

Fünf typische Schmankerlrezepte aus Oberbayern.

52 Aus Omas Kochbuch

Aus den Innereien lässt sich eine wunderbare hausgemachte Kalbsbrieswurst auf den Tisch zaubern.

54 Schwäbische Maultaschen

Das einstige Fastenessen hat es heutzutage sehr schmackhaft in sich.

56 Winterlicher Fruchtgenuss Was man mit Dörrobst Feines zubereiten kann.

Wohnen 62 Glücklich gelandet

Wie es sich eine fünfköpfige Familie in einem alten Allgäuer Bauernhaus mit Kontrasten gemütlich macht.

70 Schneidige Brettl

Fundstück: Aus der Unterlage für die Jause werden urige Schlüsselborde.

72 Basteln mit Kindern

Wir machen aus einem alten Wollhandschuh ein putziges Oachkatzl.

74 Jetzt wird gekuschelt

Polster, Decken und Felle sorgen für wohlige Wärme an kalten Tagen.

78 Kernige Schmuckstücke Aus Hasel- und Walnüssen mitsamt ihrer Schale lässt sich hübsche Deko gestalten.

coverfotos: f1-online, mauritius images, eisenhut & mayer, bernhard huber

Natur & Garten

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fotos inhalt: julia stix, eisenhut & Mayer, getty images, imago, www.pfronten.de, katharina gossow, florian jaenicke, quirin leppert

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Standards 110

Land & Leute 84 Knisternde Wärme Theo Holtebrinck aus Mürnsee

restauriert historische Kachelöfen.

104 Von der Freiheit der Tölzer Marionette Die Kunst, Gliederpuppen zu bauen und lebendig zu spielen.

110 Die Kraft des Holzes

Im oberfränkischen Hirschaid fertigt der Kreit’n Büttner Fässer von Hand.

120 Geboren in Erde & Feuer Im niederbayerischen Passau

Brauchtum 92 Böse Schwiegermutter und himmlische Sieben Woher der Aberglaube kommt und

warum er im Alltag manchmal recht nützlich sein kann.

116 Bart boarisch Wie viel Bart braucht ein original

bayerisches Mannsbild? Die Antwort kommt aus der Oberpfalz.

156 Rosenheimer Skipioniere

Leben in alten Zeiten: Zwoa Brettl, a gführiger Schnee – um 1890 packte auch uns Bayern das Ski-Fieber.

3 Vorwort 6 Leserbriefe, Altes Wissen 7 Mundart 8 Servus daheim 28 Schönes für draußen 32 Unser Garten, Mondkalender 36 Der Garten-Philosoph 38 Natur-Apotheke: Holunder 82 Schönes für drinnen 100 Michael Köhlmeier:

Die goldene Gret

144 Gutes vom Bauern: Andechser Hirschwürst 146 Olga Flor: Am flachen Land 150 ServusTV:

Sehenswertes im Januar

154 Feste, Märkte, Veranstaltungen 162 Impressum, Bezugsquellen

entstehen Glocken von Weltruhm.

132 Wo der Kini bauen wollte Zu Gast in Pfronten im Allgäu,

einem Paradies nicht nur für Majestäten, Dichter und junge Wilde.

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Natur & Garten

Kinder des Winterlichts Auch der tiefste Schnee kann ihnen nichts anhaben: Schneerosen erz채hlen mitten im Winter vom Fr체hling. redaktion: Julia Kospach


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enn die ersten von ihnen auf­ tauchen, kann es sein, dass der Winter, von dessen nahendem Ende sie angeblich kün­ den, meteorologisch gesprochen noch nicht einmal begonnen hat. So kam Helleborus ­niger, die Schwarze Nieswurz, jedenfalls zu ihrem zweiten Namen: Christrose. Denn manchmal arbeiten sich die frühesten ihrer anmutig geneigten blütenweißen Knospen schon um Weihnachten durch den Schnee, mit dem diese Blume so eng verbunden ist. Der Schnee umgibt sie und schützt ihre dunkelgrünen, ledrigen Blätter. Unter sei­ ner schützenden Decke entwickeln sich ihre Knospen, und ihm verdankt sie den Namen, unter dem sie vor allem bekannt ist: Schneerose. Im Schnee und mit dem Schnee fühlt sie sich richtig wohl. Solche Pflanzen gibt es nicht viele. Gut möglich, dass man an den niedrigen, geduckten Knospen der Schneerose, die hier und da zwischen all dem Eis und dem Schnee hervorlugen, vorübergeht. Ihre ge­ öffneten Blüten zu übersehen, die etwas später im Jahr aufgehen, ist hingegen fast unmöglich. Erst sind es nur ein paar wenige, doch dann – im Februar und März – tauchen sie in den Buchen- und Mischwäldern der östlichen Alpen und Voralpengebiete oft in großen, lose verteilten Gruppen auf. Schneerosen lieben die kalkreichen, hu­ mosen Böden des Alpenraums, wo sie von den Tälern bis hinauf in mehr als 1.900 Me­ ter Seehöhe wachsen. Schon im Jahr 1532 notierte der deutsche Theologe und Botani­ ker Otto Brunfels, die „Christwurtz oder ➻

foto: flora press

Helleborus niger

Die gelben Blüten dieser Gartenschneerose bilden einen zauberhaften Kontrast zum reinen Weiß des Schnees. Manchmal blühen die Überlebenskünstler schon zur Weihnachtszeit.

Familie: Hahnenfußgewächse (Ranunculaceae) Gattung: Nieswurz Andere Bezeichnungen: Schneerose, Christrose, Schwarze Nieswurz Standort: In der Natur wachsen Schneerosen auf frischen kalkhaltigen Böden in den lichten Buchenund Mischwäldern der östlichen Nord- und Südalpen. Als Gartenpflanzen gedeihen sie am besten im hellen Schatten und in humoser, kalkreicher Erde. Pflege: Bei richtiger Standortwahl bedürfen Schneerosen keiner aufwendigen Pflege. Je mehr man sie in Ruhe lässt, desto besser gedeihen sie. Blüte: Die Wildform Helleborus niger hat ihre Hauptblütezeit zwischen Januar und März, vereinzelte Schneerosen blühen aber durchaus auch schon im November oder Dezember, die letzten in hohen Lagen bis in den Mai. Die meisten Gartenschneerosen blühen im späten Winter und frühen Frühjahr. Pflanzzeit ist Mitte September bis Anfang Oktober. Achtung: Alle Teile der Pflanze, besonders aber die Wurzeln, sind hochgiftig!

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Nyeßwurtz“ wachse „an den hohen und rauchen bergen … wiewol man sye auch yetzundt in die gärten pflantzt“ – ein früher Hinweis darauf, dass die Schneerose auch als Zierpflanze im Garten schon eine lange Tradition hat. In den Berchtesgadener Al­ pen findet man die Pflanze bis auf 1.560 Meter. Weiter verbreitet als bei uns in Bay­ ern ist sie im benachbarten Österreich. Schneerosenblüten sind echte Schönhei­ ten: Obenauf am Ende eines dicken, specki­ gen Stängels sitzt eine weiße, fünfblättrige Schalenblüte, in deren Mitte ein goldgelbes Büschel von Staubblättern leuchtet. Trifft die Wintersonne darauf, strahlt die ganze Schneerose in durchscheinender Helligkeit. Die warnung des herrn geheimrat

Aber wieso heißt dieses Kind des Lichts auch Schwarze Nieswurz? Nun, zum einen, weil sie zur Gattung Nieswurz gehört. Zum anderen hat das mit dem schwarzbraunen Wurzelstock der Schneerose zu tun. In pul­ verisierter Form wurde er Schnupftabak beigemengt – eine besonders in Bayern ver­ breitete volkstümliche Praxis, die Geheimrat Johann Wolfgang von Goethe, der als naturwissenschaftlich interessierter Mensch über die Giftigkeit der Schneerose Bescheid wusste, mit äußerster Skepsis betrachtete: „Nieswurz holt sich das Volk, ohne Verord­ nung und Arzt.“ Einige andere der volkstümlichen Bei­ namen der Schneerose geben Auskunft über ihre Geschichte als wichtige Heilpflanze. „Krätzenbleaml“, „Brandwurzel“, „Feuer­ kraut“, „Schwinkrud“ oder „Schelmerwur­ zel“ erzählen von ihrer Anwendung ➻

gut zu

wissen

> Die meisten volksmedizinischen Wirkungen von Helleborus niger waren schon in der Antike bekannt und sind unter anderem aus den Schriften von Theophrast und Plini­us dem Älteren überliefert. > Schneerosen gehören zu den frühesten Frühjahrsblühern, die auch dann schon als Futterpflanzen für Schmetterlinge und andere Insekten dienen, wenn in der Natur sonst noch nicht viel anderes blüht. > Auch die Fruchtstände der Schneerosen sind spektakulär. Diese sogenannten Balgfrüchte, die die Samen enthalten, erscheinen in der späteren Blühphase der Pflanze, ent­wickeln sich an der Stelle der Staublätter in der Mitte der Blüte und bleiben bis zur Samenreife im Mai oder Juni mitsamt den Blütenblättern an der Pflanze.

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fotos: imago, flora press, okapia

Kaum eine Pflanze bietet den Bienen früher im Jahr Futter als Helleborus niger, die wildwachsende Schnee­rose (links), die sich oft rosa verfärbt (unten). Bild oben: Zuchtsorten für den Garten zeigen oft spektakuläre Farben und Musterungen.


fotos: flora press

Lila geränderte Blütenblätter zieren die Gartensorte Helleborus Picotee (oben). Die Korsische Nieswurz hat gezahnte Blätter und wird bis zu 80 Zentimeter hoch (rechts). Im Garten sind Sorten mit Blüten in verschiedenen Lilatönen besonders beliebt (unten).


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an hängen blicken die Schneerosen dem winterlicht entgegen wie die sonnenblumen.

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bei der Behandlung von Läusen oder von Rotlauf und Milzbrand („Viehschelm“) bei Schweinen und Rindern. Auch als herz­ stärkendes und harntreibendes Mittel fand Helleborus niger Anwendung – bei Überdo­ sierung nicht selten um den Preis schwerer Vergiftungserscheinungen. in den bergen blühen sie bis mai

fotos: xxxxxxx

Im lichten Unterholz können sich Schnee­ rosen zu riesigen Pflanzenkolonien formie­ ren. Besonders lieb sind ihnen auch leichte Hanglagen, an denen der Schnee schneller schmilzt und sie früher zur blühenden Höchstform auflaufen können. An solchen Hängen schauen oft alle Blüten wie Sonnen­ blumen in ein und dieselbe Richtung. Im Lauf ihrer langen Blütezeit – letzte Schneerosen kann man in hohen Lagen bis in den späten Mai hinein sehen – verfärben sich die Schneerosenblüten von reinweiß und gelblich über zartrosa bis hin zu grün und violett. Dieses Farbspektrum ist es auch, aus dem man bei den vielen Sorten für den Garten wählen kann. Entstanden sind sie seit Mitte des 19. Jahrhunderts durch Einkreuzung der in Griechenland und der Türkei heimischen Orientalischen Nieswurz (Helleborus orientalis). Manche dieser Schneerosen für den Garten blühen ausschließlich in verschiede­ nen Grüntönen, andere in Lila, Violett oder fast Schwarz. Viele eingekreuzte Sorten sind deutlich höher und großblütiger als die heimische Wildart Helleborus niger. Es ist also niemand darauf angewiesen, Schneerosen im Wald auszugraben. Ohne­ hin ist man gut beraten, das nicht zu tun. Man kann es sich mitunter zwar nur schwer vor­stellen, wenn sie scharenweise mit ihren Blütenbüscheln die winterlichen Wälder sprenkeln – aber wilde Schneerosen stehen bei uns auf der Roten Liste, sind also streng geschützt. 3

Servus-Buchtipp: In „Helleborus“ beschreibt Autorin Marlene Ahlburg auf 134 Seiten umfassend die Schneerose. Verlag Eugen Ulmer, ISBN 978-3-8001-6377-9, um 29,90 Euro.

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Selbst gemacht

Das versteckte Fleisch Die Schwäbischen Maultaschen waren einst ein Armeleuteessen und eine lausbübische Fastenspeise. Heute sind sie berühmte Küchenbotschafter der Region. Redaktion: Klaus Kamolz  Fotos: eisenhut & Mayer

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as Reich der gefüllten Teigwaren ist riesig. Es reicht von italieni­ schen Ravioli bis zu polnischen Piroggen. Und die Schwäbischen Maultaschen spielen darin eine wichtige kulinarische Rolle. Das hat natürlich mit ihrem herzhaften Wohlgeschmack zu tun, aber auch mit den Legenden und Anekdoten, die sich um „die gefüllte Nudel“, so die Brüder Grimm in ih­

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rem Deutschen Wörterbuch, ranken. Zister­ ziensermönche sollen im Kloster Maulbronn während der Fastenzeit das Fleisch in einer Teighülle vor dem Herrn versteckt haben, besagt eine Herkunftsgeschichte – daher auch der volkstümliche Name „Herrgotts­ bscheißerle“. Gräfin Margarete Maultasch habe sie aus Tirol mitgebracht, lautet eine andere Vermutung.

Fest steht jedenfalls, dass die Maul­ta­ schen auf eine beeindruckende Erfolgsge­ schichte verweisen können: vom Arme­leutegericht, in das hauptsächlich ­Essensreste gefüllt wurden, zum Klassiker und kulina­ri­ schen Botschafter der schwä­bischen Küche, der heute auch so manche edle Zutat wie Steinpilze oder Wachtelbrust in seinem ­Inneren birgt. 3


Schwäbische Maultaschen Zutaten Für 4 Personen Zeitaufwand: 70 Minuten Für den Nudelteig: 300 g glattes Mehl 3 Eier K TL Salz 1 EL Sonnenblumenöl Für die Fülle: 2 altbackene Brötchen 100 ml lauwarme Milch 250 g Spinatblätter 70 g durchwachsener Räucherspeck 100 g Jungzwiebeln 40 g Butter 200 g sehr feines Hackfleisch vom Schwein (oder Bratwurstbrät) 2 Eier K EL getrockneter Majoran 1 EL fein gehackte Petersilie Salz, Pfeffer 1

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1 Eiweiß zum Bestreichen 1 l Fleischbrühe 100 g feine Zwiebelwürfel 50 g Butter 2 EL Schnittlauch zubereitung 1. Die Zutaten für den Nudelteig zu einem geschmeidigen Teig verkneten. In Klarsichtfolie wickeln und K Stunde rasten lassen. 2. Die Brötchen in Würfel schneiden, mit Milch übergießen und einweichen. Die Spinatblätter waschen, kurz in kochendes Wasser tauchen, kalt abschrecken, ausdrücken und fein hacken. Speck und Jungzwiebeln in kleine Würfel schneiden und in Butter hell anschwitzen. Die eingeweichten Brotwürfel ausdrücken, mit Spinat, Speckzwiebeln, Hackfleisch, Eiern, Kräutern, Salz und Pfeffer in eine Schüssel geben und zu einer homogenen Masse vermischen. 3. Den Nudelteig zu einem sehr dünnen Rechteck ausrollen. Auf die Hälfte der Teigfläche mit einem Löffel kleine Häufchen der Fülle mit einem Abstand von etwa 2 Zentimetern setzen. 4. Den Nudelteig zwischen der Fülle dünn mit Eiweiß bepinseln. 5. Die freie Teigfläche über die Füllehäufchen klappen und die Zwischenräume mit den Fingern fest andrücken. 6. Mit einem scharfen Messer oder einem Teigrad quadratische Maultaschen ausschneiden. In der Fleischbrühe unter dem Siedepunkt 12 bis 15 Minuten gar ziehen lassen. Die Zwiebelwürfel in Butter knusprig goldbraun rösten. Die Maultaschen aus der Brühe heben, in Suppentellern verteilen und mit je 1 Schöpfer Brühe übergießen. Mit Röstzwiebeln und Schnittlauch bestreut servieren.

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schöner wohnen

Jetzt wird

gekuschelt

Draußen pfeift der kalte Januarwind, in der Stube sorgt der Ofen für mollige Wärme. Aber erst mit hübschen Polstern, Decken und Fellen wird so ein Wintertag richtig gemütlich. Redaktion: Alice Fernau Fotos: katharina Gossow  Dekoration: Maryam Yeganehfar

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lammFell & Kuschelkaro Oben: Die mit Stoff überzogenen Haken mit unterschiedlichen Motiven kommen von Prinzessin Roberta aus Niederösterreich (um je 36 Euro). Die kleinen Fäustlinge sind selbst gestrickt. Rechts oben: Das rote Polster im Korb haben wir ebenfalls bei Prinzessin Roberta besorgt (um 48 Euro). Rechts: Die Wärmeflasche mit Lammfellbezug ist von Fellhof Salzburg (um 24 Euro). Links: Der kleine Theo trägt seinen Wollpulli mit Stolz. Den hat ihm seine Oma selbst gestrickt. Das Lammfell stammt von Fellhof Salzburg (um 98 Euro). Die blaue Decke aus Naturwolle ist von Steiner 1888 (163 Euro). Die rote Waldviertler sowie die grüne und die blaue Mühlviertler Karobettwäsche kommen aus der Weberei Kitzmüller in Vorderweißenbach. Bei textilshop.at (um 43 Euro pro Quadratmeter). Unten: Kinder, wie die Zeit vergeht! Den zotteligen Stoffhasen hat schon Theos Mama als Kind geherzt.


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kirschkerne & Bausteine Oben: Die Kinderwiege aus Zirbenholz kommt von Wiegi aus dem Südtiroler Bruneck (um 320 Euro). Das Innenleben der Wiege kann man dazubestellen (um 148 Euro). Rechts: Die graue Decke aus Schurwolle ist von Steiner 1888 (um 166 Euro). Den kleinen Strolchi haben wir bei Kindermoden Herzilein in Wien gefunden (um 19 Euro). Unten: Das Haferl für den heißen Tee ist aus Gmundner Keramik im Design „Traunsee“ (um 18,15 Euro). Die bunten Bauklötze sind alt und schon durch viele Kinderhände gewandert. Links: Die bunt gestreifte Kinderdecke aus Lammwolle (um 189 Euro) und das mit Kirschkernen gefüllte Wärmekissen (um 39 Euro) haben wir bei Steiner 1888 im steirischen Mandling besorgt. 3


Kunst & Handwerk

Freiheit der Marionette von der

Eine Marionette muss ihren Charakter entwickeln dürfen, finden die Puppenspieler im Tölzer Land. Dafür ist bestes Handwerk gefragt – vom Bau der Puppe bis zum Spiel auf der Bühne. text: Christl Rauner Fotos: Quirin Leppert


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ugend ist ein Ehrenkleid. Spart und schont es jederzeit ...! Was für ein freches Kerlchen der „kleine Gauner“ doch ist! Wie er den Kopf schief legt, verschmitzt von einem Ohr zum anderen grinst, wie er in die Höh’ hüpft und das Ärmchen zum Abschiedsgruß hebt. Da braucht es nicht mehr viel, ein klein wenig der einstigen Kinderfantasien vielleicht, und schon sieht man ihn im Geiste munter aus der Tür marschieren, über den Hof rüber zum Rathaus, auf den Schreibtisch springen und – nun ja, sagen wir mal – den Tölzer Bürgermeister an der Nase ziehen. Ja, man würde ihm so manchen Streich zutrauen, dem Strolch aus Carl Orffs Oper „Die Kluge“. Weil man eben noch über ihn lachte und staunte, weil man sich freute, einen kleinen Moment wie verzaubert und fern dieser Welt war, weil man vergessen hatte, dass der kleine freche Kerl doch nur, ja nur eine Marionette ist. Aber was heißt schon: nur?

Das Leben in der Puppe

Mit 12 bis 14 Fäden führt Puppen­ spieler Karl-Heinz „Kalle“ Bille die Marionette am eigens in Bad Tölz entwickelten Spielkreuz. Oben: der kleine Gauner.

„Puppenspiel ist ein Spiel mit der Illusion“, sagt Albert Maly-Motta, 55, der hier im Tölzer Marionettentheater nicht nur die Fäden des kleinen Gauners zieht. „Es ist ein großer Unterschied, ob man eine Puppe nur bewegt oder ob sie lebt.“ Reinfallen darf und soll man auf eben diese Illusion und kann sich dabei in bester Gesellschaft fühlen. Selbst dem Intendanten und Regisseur der Deutschen Oper Berlin, Götz Friedrich (1930– 2000) erging es nicht anders, als er einst Mozarts „Cosi fan tutte“ als Marionettentheater inszenierte und nach zwei Tagen seine Regieanweisungen nicht mehr an die Spieler, sondern gleich an die Puppen gab. Die Extravorführung des kleinen Gauners für uns ist beendet. Er hängt wieder an seinem Haken. Arme und Beine baumeln, sein Köpfchen ist gesenkt, das eben noch fröhliche Grinsen wirkt jetzt melancholisch. Alles Leben ist aus ihm gewichen. Schade! Dafür geht’s um ihn herum, hinter der Bühne des Tölzer Marionettentheaters, rund. Albert Maly-Motta schiebt ein Stück Himmel über den Holzboden, klettert die steile Treppe zur drei Meter hohen Spielerbrücke hoch, um einige Lämpchen auszuwechseln. Sein Kollege Karl-Heinz „Kalle“ Bille, 55, sägt in der Werkstatt im Keller. Eine Zinne vom Schloss ist abgebrochen, er muss sie reparieren. Nach der Vorstel- ➻

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Links oben: Albert Maly-Motta (li.) und Kalle Bille leben mit ihren Marionetten – und leiden für sie auch gern. Die gebeugte Haltung auf der Spielerbrücke geht ins Kreuz. Links: der gemütliche Petrus aus „Der Brandner Kaspar“. Rechte Seite: der König und seine Frau in Orffs „Die Kluge“.

lung ist vor der Vorstellung – ein Romantiker, wer glaubt, dass die Arbeit beendet ist, wenn der Vorhang fällt. Albert Maly-Motta und Kalle Bille – wer sind die beiden Männer, die hier in einem fort werkeln? Die nebenbei mit der Verwaltung telefonieren, um den Theateranbau fürs neue Planetarium zu besprechen, und eine Getränkelieferung fürs Theatercafé entgegennehmen. Zum einen sind sie die Chefs des Tölzer Marionettentheaters. Echte Macher, wie man so sagt. Bühnenbildner, Elektriker, Schreiner, Regisseure, Buchhalter, alles in einem. Eine ganze Menge Fähigkeiten müssen beide in sich vereinen, um das Traditionstheater

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(gegründet 1908), das sie vor 13 Jahren übernommen haben, am Laufen zu halten. Doch noch viel mehr als das sind sie die leisen Helden eines Zauberreichs, das so gar nicht mehr in unsere Zeit zu passen scheint. Sie sind Puppenspieler. Vom Herzen her. Mit ganzer Seele. Schon ihr Leben lang. Kalle Bille ist Spross einer berühmten Marionettenspieler-Dynastie, die bis ins 18. Jahrhundert zurückreicht. Und Albert MalyMotta verfiel den Marionetten als Fünfjähriger, als er im Urlaub am Chiemsee erstmals einen Puppenspieler sah. Trotz seines späteren Studiums der Theaterwissenschaften konnte er sich der Faszination der zartgliedrigen Geschöpfe nicht mehr entziehen und

fand seine Erfüllung auf der unsichtbaren Seite der Bühne, genauer: über ihr. Puppenspieler sind Stars, die keiner kennt. Könner, die nie das Rampenlicht suchen. Perfektionisten, die von keinem Solo träumen, weil Puppenspiel eben Teamarbeit ist und eine Marionette während einer Aufführung viele Male die Händepaare wechselt. Und wenn es zum Schluss nicht die Spieler sind, sondern ihre Puppen, die den Applaus einheimsen – ja, erst dann sind diese erstaunlichen Theaterleute mit sich und ihrer Arbeit zufrieden. „Nur wenn es uns gelingt, auszudrücken, was die Figur empfindet, können die Zuseher uns Menschen vergessen. Dafür ➻


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„Ich höre auf die Figur. Sie zeigt mir den Weg“, sagt Albert Maly-Motta.

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muss man loslassen können, den Puppen die Freiheit geben, nur so haben sie die Chance, ihren Charakter zu entwickeln“, sagt Albert Maly-Motta. „Das ist wie bei Kindern.“ Ob nun der grimmig-verbitterte König in „Die Kluge“, der flatterhaft-fröhliche Vogelfänger Pagageno oder der heiter-listige Brandner Kaspar – einen Schatz von etwa 1.000 dieser einzigartigen Charaktere hütet das Marionettentheater. Darunter antike, rund 100 Jahre alte Raritäten, noch mit Bleifüßchen, sorgsam aufbewahrt hinter Glas in den Vitrinen des Puppenmuseums. Eine kleine Welt am Faden

Fein säuberlich aufgeschnürt hängen die Marionetten im zweiten Stock des Theaters (oben), griffbereit für ihren Einsatz. Unten: Für jede neue Aufführung werden eigene Puppen herge­ stellt – und natürlich auch mit viel Liebe zum Detail die passenden Kleidchen genäht.

Das Gros der Puppen jedoch hängt fein säuberlich aufgereiht im zweiten Stock, einsatzbereit für die nächste Aufführung. Es sind Marionetten für rund 30 Stücke, Opern wie „Die Zauberflöte“ oder die aktuell inszenierte „Entführung aus dem Serail“, Märchen wie „Kalif Storch“ oder „Rumpelstilzchen“, die Albert Maly-Motta, Kalle Bille und ihre 13 ehrenamtlichen Puppenspieler aufführen. Fällt jedoch die Entscheidung für eine neue Inszenierung, wird das Marionettentheater neben dem laufenden Betrieb (an die 200 Vorstellungen pro Jahr) für mehrere Monate zu einer Mischung aus kreativem Denkerstübchen und Puppenwerkstatt. Dann heißt es bis zu 20 Puppen bauen, schnüren, ankleiden und ihre Rollen einstudieren. Aber wie sollen die neuen Puppen aussehen? Soll der Strolch lachen, unterstreicht ein Stupsnäschen die Lieblichkeit der Prinzessin wirklich? Wirkt Petrus im „Brandner Kaspar“ mit Glatze und Bauch noch etwas gemütlicher? Wichtige, manchmal auch quälende Fragen. Die Antworten erarbeiten die Chefs gemeinsam mit dem Schweizer Pierre Monnerat, für beide „der beste Figurenmacher der Welt“. Erst wenn jedes Detail passt, der Charakter stimmig und auf der mehrfach überarbeiteten Aquarellskizze festgehalten ist, beginnt Monnerat den Kopf, die Hände und die Füße aus weichstem Lindenholz zu schnitzen. Ausgehöhlt bis auf nur drei Millimeter Wanddicke. Der Grund: Je leichter die Puppe am Ende ist, umso einfacher und unbeschwer­ licher kann der Spieler sie führen. Obwohl Rumpf, Schenkel und Arme aus federleichtem Schaumstoff gefertigt sind, wird die Puppe später ein bis zwei Kilo wiegen. Für Albert Maly-Motta beginnt nun die komplizierteste Phase im Schöpfungsprozess. „Die größte Kunst ist es, die Schnürung richtig zu setzen“, sagt er. „Die Marionette hat ihren Schwerpunkt in der Hüfte,


Streng nach Aquarellvorlage in Form und Farbe (großes Foto) kreieren die beiden Puppenspieler die Marionetten. Kleine Fotos: Das Aufschnüren der Fäden am Gestänge ist ein besonders komplizierter und langwieriger Vorgang. Der Stoff darf nicht ziehen, keine Bewegung darf klemmen.

das ist das Hauptpendel. Arme, Füße, Beine sind Nebenpendel, sie müssen sich besonders leicht bewegen lassen.“ 12 bis 14 Schnüre, gefertigt aus reiß­ festem Karpfenfaden, führen die klassische Marionette, allein drei sind am Köpfchen befestigt. Schon in die Schnürung fließt der Charakter der Puppe ein. „Eine stolze Figur wie beispielsweise Tamino in ,Die Zauberflöte‘ braucht keinen Rückenfaden, weil er sich nie bücken muss.“ Am Nebentisch rattert die Nähmaschine. Dutzende Stoffstücke liegen ausgebreitet, rubinrote, smaragdgrüne, Brokat, Spitzen, Pelzstücke für Mützchen. Streng nach Aquarellvorlage näht Kostümschneiderin

Karin Oberacher die Kleider. Findet sich kein Stoff im richtigen Farbton, wird er, wie Albert Maly-Motta sagt, „gequält“. Mehrfach gewaschen, in Tee gelegt, manchmal eingefärbt. „An der Puppe darf Stoff nie neu aussehen.“ Viele Male wird der Puppenspieler die Fäden der Schnürung wieder abnehmen und neu aufziehen, bis er zufrieden ist. Weil die Schnürung durch den Stoff geht und der bei manchen Bewegungen eben zieht oder die Figur klemmt. „Das ist ein Kampf, da leide ich Höllenqualen.“ Unzählige Male wird er in diesen Wochen auch vor dem Spiegel stehen und die Puppe bei ihren ersten Schritten begleiten.

Einspielen nennt er das. Anfangs sind die Gelenke steif. „Ich muss spüren, wo sie ihr Leben hat. Ich höre auf die Figur, sie zeigt mir den Weg. Irgendwann spüre ich, da ist etwas Lebendiges. Das ist ein faszinierender Moment.“ Albert Maly-Motta holt nochmal den kleinen Gauner vom Haken, setzt ihn sich auf den Schoß. „Puppenspiel ist wie ein Instrument“, erklärt er. „Eine Melodie kann man schnell spielen. Aber bis man etwas zum Ausdruck bringt – das dauert.“ 3

Marionettentheater Bad Tölz: Am Schlossplatz 1, 83646 Bad Tölz, Tel.: 08041/741 76, www.marionetten-toelz.de

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Land & Leute

Bart boarisch

Der König, der sich nicht rasieren ließ. Die Frau, die so gern einen Bart streichelt. Der Mann, der schöner werden wollte. Kurze Kulturgeschichte, frisch aus der Oberpfalz.

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ehört zum äußeren Erscheinungsbild eines Mannes nun ein Bart? Ja? Nein? Kommt drauf an? Und speziell wir im Freistaat wollen wissen: Wie viel Bart muss ein original bayerisches Mannsbild tragen? O mei, schon die Frage ist völlig daneben. Es ist nämlich so: Der bayerische Mann m u s s gar nichts. Bekanntlich hat er ein ausgeprägtes Gefühl für Freiheit, Stärke, Dominanz, und so einer entscheidet selbstbewusst, ob er was wachsen lässt. Obwohl – da gibt es diese Geschichte um den angeblich schwermütigen König Otto I., der täglich mehr als 30 Zigaretten anzündete und die brennenden Streichhölzer einfach

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Text: Armin Zipzer Fotos: Bernhard Huber

irgendwohin schnippte. Die „Inns­brucker Nachrichten“ mokierten sich am 15. Oktober 1889 über Bayerns Herrscher: „König Otto trägt einen mächtigen, bis auf die Brust reichenden Vollbart, welcher der Schere sehr bedürftig ist, aber auf ein gewöhnliches Maß nicht reduziert werden kann, weil der leicht erregbare Monarch sich gegen ein solches Ansinnen energisch wehrt. Es könnte der übermäßig lange Bart nur im Schlafe geschnitten werden, und das wagt niemand.“ Schon erstaunlich, wie wenig respektvoll hier mit Bayerns König umgegangen wurde! Heute stellen wir dazu fest: Seine Majestät durfte offenbar qualmen, bis die Lungen

schnauften. Er durfte sich mit einem Vollbart quasi krönen. Gegen all das sagte niemand was. Aber der Bart sollte, bitteschön, gepflegt sein, erst recht bei ihm, dem König. Es galt und gilt das ungeschriebene Gesetz: Alles ist Geschmackssache, aber was z’vui is, is z’vui. Bayernland und Bart, das ist eine jahrtausendealte Liebesbeziehung. In der Oberpfalz erlebten Servus-Reporter vor wenigen Tagen eine Frau, die sich laut und leidenschaftlich zu ihrem Mann und seinem Bart bekannte. Lisa Preuß, 59, sagte: „Wenn er ab ist, bin ich weg.“ Sie meinte den Bart ihres Mannes. Sie gluckste: „Wirklich, ich mein es ernst, der muss bleiben.“ ➻


Großes Bild: Gerhard „Gari“ Schmidbauer, 74, Weltmeister 2003, und sein Stolz, der Voll­ bart naturale. Kleine Fotos (von links oben): Wilhelm Preuß, Vollbart naturale. Claus Zimmer, Vollbart Garibaldi (bis ca. 20 cm). Franz Schottenhammer, Schnauzer Freistil. Manfred Reiman, Schnauzbart naturale.


Haben Bartträger öfter Blick­ kontakt? Wolfgang Riedel, 61, Diplombauingenieur, Witwer, mit Vollbart Verdi (bis ca. 10 cm ab Unterlippe).

Keine Sorge, der Bart bleibt am Mann. Wilhelm „Willi“ Preuß, 54, ist nämlich Präsident vom stolzen Ostbayerischen Bartund Schnauzerclub 1996 e. V. Er sagt: „Wir haben 111 Mitglieder aus sieben Nationen.“ Vor wenigen Tagen hatten sie Stammtisch im mittelalterlichen, romantischen Amberg, im Lokal „Zur Alten Kaserne“. Sie tragen nicht einfach Bart. Sie gehören zu der globalen Gemeinschaft von Bartträgern, die weltweit in Vereinen organisiert sind. Penibel haben sie ihre Bärte in Kategorien eingeteilt, zum Beispiel „Vollbart Freistil“. Sie reichen Visitenkarten weiter, auf denen ihre Siege aufgelistet sind, Siege bei deutschen Meisterschaften, Europameisterschaften, Weltmeisterschaften.

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Da ist Manfred Reimann, 73, über der Oberlippe trägt er die Kategorie „Schnauzbart naturale“. Er erzählt, seine erste Frau, die war gegen den Bart, sie habe gedroht: „Dann verlass ich dich.“ Verliebt in einen Schnauzer

Heute sieht er das mit einem Lächeln: „Lieber einen Bart als eine Frau mit Haaren auf den Zähnen.“ Er ist froh, dass er sich damals für den Bart entschieden hat, auf seiner Visitenkarte steht unter anderem „mehrfacher Olympiasieger“ beim Bartwettstreit. Seine jetzige Frau Clara liebt ihren Manfred inklusive Schnauzer. Da ist Ernst Schuster, 77. Er war Glas­ bläser. Er kann ihn erst so richtig wachsen

lassen, seit er im Ruhestand ist und nicht mehr mit Flammen hantiert. Er ist jetzt Mitglied der Kategorie „Vollbart naturale“, schneeweiß. Er erklärt: „Nur waschen, nicht legen.“ Da ist Robert „Robbie“ Kilian, 49, Kategorie „Musketier“. Viele Bartträger sagen, sie seien einfach zu faul zum Rasieren. Doch Robbie gibt zu: „Meine Oberlippe ist zu schmal, meine Unterlippe zu stark. Ich will das kaschieren, deshalb der Bart.“ Da ist Wolfgang Riedel, 61, zugezogen aus Leipzig. Er trägt Kategorie „Vollbart Verdi“, und er konstatiert mit trockenem Humor: „Ich trage Bart, weil es in der DDR keine vernünftigen Rasierklingen gegeben hat.“


Markant? Dominant? 4 Klassiker

Vollbart naturale

Vater aller Bärte. Beginnt an den Koteletten, reicht z. B. bis auf die Brust. Dazu: Oberlippenbart, wächst seitlich nahtlos hinein. Hilfsmittel nicht erlaubt. Maxime: wie von der Natur geschaffen.

Musketier

Zweiteilig: 1. Oberlippenbart, eleganter Schwung nach außen. 2. Kinnbart, schmal, spitz. Hilfsmittel bei Wettkämpfen sind erlaubt. Maxime: frischer Schnitt, frecher Schwung.

Schnauzer kaiserlich

Das Barthaar darf nur bis zum Mundwinkel („Ende der Ober­ lippe“) angewachsen sein. Hilfsmittel wie Gel, Spray, Haarlack etc. sind erlaubt. Maxime: klein, buschig, optimistisch.

Chinese

Bei jungen Männern wieder im Trend. Haar darf bis Beginn der Kinnpartie anwachsen. Der Clou: die langen Spitzen. Hilfsmittel sind erlaubt. Maxime: geheimnisvolle Exotik.

illustration: julia lammers

> Termine: 27. April 2013: Internationale Meisterschaft, Pforzheim, Kongresshalle; 18. August: Internationales Alpenbarttreffen, Stadtfest Chur (Schweiz); 2. November: WM, Leinfelden-Echterdingen, Filderhalle.

Zurück zu Lisa Preuß, die ihrem Mann jetzt liebevoll durch den Bart streicht. „Im Schlaf, da kann sich sein Bart verbiegen. Dann muss er morgens gerichtet werden, das kann eineinhalb Stunden dauern.“ Ihr Mann sagt: „Ich könnte nachts eine Bart­ binde anlegen, Leinen mit Gummizug. Aber damit kann ich nicht schlafen.“ Übrigens stellt der Vereinspräsident eindeutig fest: „Bei uns in Bayern gibt es einen Trend, junge Männer tragen wieder einen Vollbart.“ Wahrscheinlich sind Bärte die letzte Domäne der Männer. Ziemlich sicher ge­ hören Bärte zur ältesten Männermode der Welt, die Coiffeure der Vorzeit schnitten die Mähne mit scharfkantigen Feuersteinen.

Oben: Lebensgefährtin Renate bürstet ihrem „Gari“ Schmidbauer den Bart. Darunter, von rechts: am Stammtisch, mit Clubhut, Clubhemd – und einem kühlen Bier – die Vollbärte Wilhelm Preuß, 54, Ernst Schuster, 77 (Kosename „Nikolaus“), Josef Nerb, 56 („Chinese“, trägt Bart seit seiner Marinezeit).

Es gab Haarmoden durch alle Zeiten, alle Stilepochen, alle Gesellschaftsschichten. Wie zum Beispiel für gottgleiche Herrscher: den Zeremonienbart. Für römische Legionäre nördlich der Alpen: Vollbart, aber auch Glattrasur (nachdem griechische Friseure ins wohlhabende Rom ausgewandert waren und dort Trends setzten). Für fränkische Adelige: Granne, geschwungener Oberlippenbart. Für Traditionalisten: Kaiser-FranzJoseph-Bart. Für Nachtaktive: Dreitagebart. „Bayern ist die natürliche Heimat des Bartes. Bartträger ziehen Blicke auf sich,“ sagt Wilhelm „Willi“ Preuß beim Stammtisch in Amberg. „Wir haben mehr Blick­ kontakte mit anderen Menschen. Wir sind kommunikativ. Unsere Bärte signalisieren

Tradition und zugleich Individualität.“ Passt alles zu Bayern, haargenau. Kurze Nachbemerkung: Auch der allerschönste Bart reicht nicht heran an schönes Frauenhaar. Oder kann sich irgend­ jemand vorstellen, dass das Märchen von Rapunzel irgendwann umgedreht wird, sodass es dann im Märchen heißt: „Rapunzo, Rapunzo, lass deinen Bart herunter!“ Nein, bitte nicht! Manche Dinge sollten sich nicht ändern. 3

Ostbayerischer Bart- und Schnauzerclub 1996 e. V.: 92237 Sulzbach-Rosenberg, Wilhelm Preuß, Tel.: 09661/81 02 52, willipreuss@yahoo.de

Servus  119


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