Servus in Stadt & Land 04/2014

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Wiener Schätze

Wirtshauskultur für daheim

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E I NFAC H

.

GUT .

LEBEN

Fliegende Träume

Der Herr der Baumhäuser

2 APRIL

04/2014 EUR 4,50

Ein Körbchen Glück Frühlingsfreuden für die ganze Familie

Zu Gast im Kufsteiner Land

&

Literarische Reise auf die Rax

&

Süßer Oarkas aus dem Innviertel

>


98

80

38

Inhalt 2014 April

14 Der macht, was er will

Warum das Wetter im April verrücktspielt – und wie sich die Natur damit arrangiert hat.

24 Berauschender Frühling

Dutzende Magnolien verwandeln den Garten der Luegers im steirischen Hartberg in eine duftende Oase.

38 Vollmond-Gesichter

Die elegante Bastard-Aurikel hat ihren Ursprung im Tiroler Gschnitztal.

46 In den Himmel wachsen

Mit Kletterpflanzen und ein paar kleinen Tricks erblühen Haus und Hof.

144 Wenn das Züngeln erwacht

Kreuzotternweibchen gehen mit ihren Liebhabern nicht immer sanft um.

6 Servus

Küche 58 Zurück zu den Wurzeln

Zumindest dort, wo der Rettich „Radi“ heißt, wird er zu fast jedem Bier und auch gern zum Butterbrot serviert.

64 Heut’ empfehlen wir …

… fünf besondere kulinarische Schätze der Wiener Wirtshauskultur.

74 Ein sagenhafter Schneck

Über den legendären Breitenfurter Millirahmstrudel und die Kanarimilch.

76 Vom Körndl zum Schnitzel

Familie Reiß stellt für ihren Heurigen bei Graz sogar die Brösel für die Panier selber her.

80 Es grünt so grün

Jetzt wird’s mit frischen Kräutern in der Küche frühlingshaft grün.

Wohnen 90 Im Haus „Zum fröhlichen Handwerker“ Wie ein junger Familienvater das Renovieren eines Gehöfts von 1742 im oberösterreichischen Innviertel zu seinem Projekt machte.

98 Färben und Feiern

Dekorationsideen mit Ostereiern von der Wachtel, von der Ente und vom Huhn.

102 Wenn der Teller tickt

Aus einem Steingut-Teller wird mit ein paar Handgriffen eine stilsichere Küchenuhr.

104 Zarte Schale, frischer Kern

Mit Kressesamen, etwas Watte und Wasser verwandeln sich ausgelöffelte Eier in lustige Kräutertöpfchen.

zusatzfotos Cover: eisenhut & mayer, marco rossi

Natur & Garten

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148

110

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fotos inhalt: das gartenarchiv, magdalena lepka, katharina gossow, eisenhut & Mayer, marco rossi, philipp horak

Standards 116

Land & Leute 110 Vom Stroh zum Simperl

Karl Weinzinger flicht in Windhaag im Mühlviertel schöne Körbe aus Stroh und Weidenruten.

116 Fenster mit Ausblick

Auf den Spuren von Heimito von Doderer in Prein an der Rax. Dort fand der große Schriftsteller seine schönsten Romankulissen.

126 Der begnadete Hans

Der 83-jährige Wiener Hans Jiriček stellt Schäfte für Gewehre her und ist dabei so geschickt, dass ihn seine Kunden beknien, ja nicht aufzuhören.

132 Traum für große Buben

Ein Tischlermeister aus Niederösterreich hat das Bauen von Baumhäusern zu seinem Beruf gemacht.

140 Die hohe Kunst des Kratzens

Eine Handvoll Frauen graviert im burgenländischen Stinatz Tag und Nacht uralte Muster in tausende bunte Ostereier.

148 Hüben und drüben und alle miteinander

Im Grenzgebiet zwischen Kufstein und Fischbachau trennt die Bayern und die Tiroler nicht einmal der Dialekt so richtig.

172 Seilen am Hof

Zugseile, Kälberstricke, Heunetze und Goaßln – sie alle wurden einst aus Hanf und Flachs direkt auf den Bauernhöfen selbst erzeugt. Mit Kraft, Geschick und Fingerspitzengefühl.

5 Vorwort 8 Leserbriefe, Ortsnamen 10 Mundart 12 Servus im April 22 Basteln mit Kindern: Palmkreuzerl 32 Schönes für draußen 34 Naturwissen: Hexenzauber 44 Der Garten-Philosoph 50 Die Botschaften der Bäume 52 Unser Garten, Mondkalender 56 Natur-Apotheke: Giersch 72 Omas Kochbuch: Innviertler Oarkas 86 Schönes für die Küche 106 Schönes Zuhause:

Dekotipps für den April

108 Schönes für drinnen 122 Michael Köhlmeier:

Die steinerne Hand

162 Eine Kurzgeschichte von Heinrich Steinfest 166 ServusTV: Sehenswertes im April 170 Feste, Märkte, Veranstaltungen 178 Impressum, Ausblick Titelfoto: Eisenhut & Mayer

Servus  7


regionale wortschätze

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Mundart Von Dr. Ingeborg Geyer

Gähnen

Die Frühjahrsmüdigkeit hat uns wieder fest im Griff. Das hat mit allerhand Hormonumstellungen zu tun, die mit dem besseren Licht und dem Klimawechsel im Frühling zusammenhängen. Zudem sinkt bei höheren Temperaturen der Blutdruck, was müde macht und zum Gähnen führt. Der Begriff ist seit dem 8. Jahrhundert in den Formen genen, ginen, geinen belegt. Die Formen auf -atßn, -etßn,-itßn drücken die Wiederholung aus, also „immer wieder den Mund, das Maul aufreißen“. Ein Tipp: Gegen Frühjahrsmüdigkeit hilft, mehr Gemüse, Obst und Hülsenfrüchte zu essen, weniger Fett und Kohlehydrate. Und viel in die Sonne gehen, dann hört es sich mit dem Gähnen schnell wieder auf!

33 giana

südliches Burgenland

Oberpinzgau, Lungau, Ennstal, Inntal, Donnersbachtal/Steiermark

gahn

Villgratental, Vorau/Steiermark, Gmunden/Oberösterreich, Mittelsteiermark südöstl. Niederösterreich

gin

Niederösterreich, Unteres Mühlviertel

Rankweil, Feldkirch

Maul auraißn Westtirol

guan Zillertal

gamatßn

Mittelkärnten, Wien

gahna

Ischgl, Stanzertal, Linz, Umgebung von Wien

guana

Außerfern/Tirol

geon

Gmunden/Oberösterreich

Ennstal

geana

geamln Irdning/Steiermark

Niederösterreich

guihna Vorarlberg

gea(n)gatßn Weststeiermark

gian

Feistritztal/Steiermark, Salzkammergut, Kamptal/ Niederösterreich

gåam

gåama

Mostviertel

Weinviertel, Kamptal

Brand, Bregenz, Etschtal, Eisacktal/Südtirol

Obersteiermark, Salzburg, Oberösterreich, Triestingtal/ Niederösterreich

gea(n)maln

gåmaratßn

gine(n)

Oberösterreich, Salzburg, oberes Mölltal, Katschtal, Steiermark, nördliches und mittleres Burgenland

geamaen

goahna

10 Servus

goamatßn

Dornbirn/Vorarlberg

südliche Oststeiermark

Maäi zaan

Salzburg, Oberösterreich, Ennstal

guano

giamatßn

südliches Niederösterreich

gea(n)maön

guimitßn südliches Burgenland

geahn

nördliches Salzburg, Pongau, ­Ennstal, Traunviertel, Innviertel

www.oeaw.ac.at; illustration: andreas posselt

goahn


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Foto: Eisenhut & Mayer

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EINFACH. GUT. LEBEN.


gartenbesuch

Berauschender Frühlingszauber Ein Meer aus rosaroten und weißen Blüten überzieht im April den Garten von Bella Bayer-Lueger und Karl Lueger im steirischen Hartberg. Dutzende Magnolien verwandeln das junge Grün in eine duftende Oase. Text: Ruth Wegerer Fotos: Simone Andress

24 Servus


Die frühlingsgrüne Leuchtkraft wird durch die rosa Blüten einer hundertjährigen Magnolia × soulangeana noch ­verstärkt. Links unter der Pracht: die bequeme ­Schwebeliege.


D

ie Oststeiermark ist ja immer eine Reise wert, doch dieser Ausflug im April bleibt unvergessen. In Hartberg, das sich mit dem Beinamen „Sonnenstadt“ schmückt, blüht es im Frühling an allen Ecken und Enden. Doch auf einem Hügel über dem Ort scheint die Natur noch ein Schäuferl nachzulegen. Eine schmale Straße schlängelt sich den Berg hoch, von hohen Sträuchern be­ grenzt, die dann plötzlich zurückweichen und den Blick auf einen von Blüten über­ säten Garten freigeben, der gleichzeitig exotisch und anheimelnd wirkt. Blühende Gehölze, wohin das Auge schaut: rosa Mandelbäume, weiße Felsen­ birnen, ein Judasbaum in aufregendem Pink und eine Vielzahl von Magnolien, ­deren Blüten in Rosa, Pink, Hellgelb und Weiß wie kleine Paradiesvögel auf den noch kahlen Ästen sitzen. Sie alle verwandeln die leicht abfallende Gartenlandschaft in ein beeindruckendes Blütenmeer.

In der Schweiz fing alles an

Von einem großen schweifwedelnden Hund begleitet, nähert sich ein Paar aus dem unteren Teil des Gartens. Sie – passend zu den vielen Magnolien – in pinkfarbener Hose, er weißbärtig, beide Harmonie und pure Zufriedenheit ausstrahlend.

Bella Bayers ­Gartentipp Bäume sind natürliche Klimaanlagen, spen­ den Schatten und sorgen für gute, feuchte Luft. Ein Baumriese kann 400 Liter Wasser am Tag verdunsten. Doch Vorsicht bei der Auswahl: Oft werden Bäume ausgesucht, die sich im Lauf der Jahre als viel zu groß ­erweisen, dann zusammengestutzt werden und statt ihrer schönen natürlichen Wuchs­ form traurige Verkrüppelungen zeigen. Für kleine Gärten gibt es viele nicht aus­ ladende Bäume mit schöner Frühlingsblüte, wie etwa die Japanische Zierkirsche oder die Weiden­blättrige Birne.

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Unter der Terrasse blühen knallgelbe Kaiserkronen (Fritillaria ­imperialis) im ge­mauerten Beet. Den Kiesweg säumen w ­ ilde Buschwindröschen (Anemone nemorosa). Unten: Der 60 m² große ­Schwimmteich ist stattliche drei Meter tief.


Ihrem Namen alle Ehre macht Magnolia acuminata × sprengeri „Diva“. Links: Bella und Karl unter e ­ iner a ­ lten Magnolia × ­soulangeana. Unten links: Die creme­ gelben Blüten der Hundszahnlilie ­(Erythronium dens-canis) ­sehen wie kleine Turbane aus. Unten: Ein Nütz­ lingshotel als Garten­ türrahmen. Unten rechts: die dicht am Zweig ­stehenden ­Knospen des Judasbaums, C ­ ercis chinensis „Avondale“.

Der Garten von Bella Bayer-Lueger und Karl Lueger ist rund ums Jahr ein begehrtes Ziel für Besucher, aber jetzt im Frühling ist es hier einfach atemberaubend. „Wir haben es zu jeder Jahreszeit schön, aber mit dieser großen, fast kindlichen Freude ist nur der Frühling verbunden“, sind sich Bella und Karl einig. Seinen Ursprung hat der Hartberger ­Magnolienzauber in einer Reise ins Schweizer Tessin vor 13 Jahren. Damals zeigte Karl Lueger seiner Frau Bella, einer Gartenarchitektin, einen seiner Lieblingsplätze am Lago Maggiore, den Parco botanico del Gambarogno. „Ein wahrhaftiges Paradies

hat sich mir dort erschlossen“, erzählt Bella Bayer-Lueger mit vor Begeisterung rosigen Wangen, „die schneebedeckten Berge, davor der blühende Magnoliengarten und ­darunter der Lago Maggiore – es war einfach unglaublich schön!“ Die GroSSmutter des Gartens

Die meisten der in etwa 45 Magnolien, die heute im fast schon mediterranen Klima von Hartberg blühen und gedeihen, ­stammen aus diesem botanischen Garten. Nur eine nicht, die gab es bereits, als Bella und Karl vor 14 Jahren hierherzogen und auf dem verwilderten Grundstück Stück

für Stück ihr ganz persönliches Gartenparadies ge­stalteten. Neben einem Hainbuchenkreis, e­ inigen Birken, Haselsträuchern und betagten Fliederbüschen wuchs in dem alten Garten auch eine mehrstämmige, hundertjährige hellrosa blühende Tulpenmagnolie. In ihre unmittelbare Nähe wurde das Wohnhaus gebaut, so zieht im Frühling der Blütenduft auch durch die Räume. Zu Füßen dieser beeindruckenden „Großmutter des Gartens“ wächst ein dichter Frühlingsteppich aus verschiedenen Lenzrosen, der den Eindruck eines Zaubergartens noch verstärkt. ➻

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rezepte mit Tradition

… knusprig gebackene Fledermaus, saftiges Reisfleisch, ofenfrische Kalbsleber, würziges Paprikahendl und zum Abschluss einen f­laumigen Traum von Buchteln. Servus serviert fünf ­besondere Schätze der Wiener Wirtshauskultur. Redaktion: Katharina Kunz & franz karner Fotos: Eisenhut & Mayer

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meixners gastwirtschaft

Gebackene Fledermaus vom Schwein Außen ein eher unscheinbares Favoritner Eckwirtshaus, innen eine Heimstätte der Wiener Wirtshauskultur: Berta und Karl Meixner sorgen mit ihrer traditionsverliebten Altwiener Küche für Stürme der Begeisterung. Im Fall der gebackenen Fledermaus, eines Klassikers des Hauses, bisweilen aber auch für Entrüstung, die schmunzeln lässt. Karl Meixner erzählt: „Wir haben schon Anzeigen ­bekommen, weil Tierschützer nicht wussten, dass die Fledermaus ein Muskel ist, der bei Rind und Schwein den Hüftknochen umschließt.“

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gasthaus pöschl

Reisfleisch In dem zeitlos schönen, gut besuchten Beisl in der Wiener Innenstadt servieren Schauspieler Hanno Pöschl und Kulinarik-Expertin Andrea Pöschl-Karrer Altöster­ reichisches zum Niederknien. Nicht nur die Stammgäste lieben hier das Reisfleisch. Das kommt übrigens nicht aus der serbischen Küche, sondern ist eine Wiener Spezialität, die im 19. Jahrhundert als Mischung aus Risotto und Pilaw entstanden ist. Wer es gern deftig mag, dem empfiehlt Küchenchefin Andrea ­Karrer, zum Anschwitzen der ­Zwiebel statt Öl Schmalz zu verwenden.

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gasthaus grünauer

Paprikahendl Fragt man die Wiener nach ihrem liebsten Wirtshaus, wird das kleine Lokal in Neubau oft genannt. Vor einiger Zeit hat hier mit Christian Grünauer die nächste Generation das Ruder übernommen, verändert hat sich dabei aber zum Glück so gut wie gar nichts. Der Schmäh rennt, die Weinbegleitung stimmt, und das Paprikahendl schmeckt immer noch wie zu Zeiten, als Martha Grünauer in der Küche stand. Oder wie zu Hause bei der eigenen Oma: einfach wunderbar.

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Gasthaus wolf

Kalbsleber aus dem Rohr In dem Eckwirtshaus auf der Wieden stimmen den Gast schon die herrliche Schank und die alten ­Resopaltische auf eine gepflegte Gasthausküche ein. Jürgen Wolf sorgt im Altwiener Ambiente für ­saftige Schmorgerichte, perfekt Paniertes und ­finessenreiche Innereienküche. Seine Kalbsleber aus dem Ofen mag zwar aufwendiger sein als die ­geröstete Version, besticht aber durch ihr einzigartiges Aroma. Der Wirt kombiniert sie auch gern mit typischen Wiener Beilagen wie Kohl oder Linsen.

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zu den 3 buchteln

Mohnbuchteln mit Vanillesauce Elfriede Schachinger beweist in ihrem dunkel getäfelten Wirtshaus mit böhmischer Küche und gepflegter Bierkultur eindrucksvoll, wo die Wiener Mehlspeisküche ihre Wurzeln hat – nämlich in Tschechien. Powidltascherln, Liwanzen und Buchteln locken hier authentisch und herzhaft auf der Nachspeisenkarte. „Die Buchteln gibt’s bei uns leer, mit Powidl oder Mohn gefüllt. Die Vanillesauce ist kein Muss, aber den meisten schmecken sie besser mit als ohne“, sagt die Wirtin mit einem Lächeln.

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Gebackene Fledermaus vom Schwein

Reisfleisch

Paprikahendl

Zutaten für 4 Personen Zeitaufwand: 45 Minuten

Zutaten für 4 portionen Zeitaufwand: 1N Stunden

Zutaten für 4 Portionen Zeitaufwand: 1N Stunden

ca. 750 g Schweinsfledermaus (180 g pro Person), vom Fleischer zugeputzt und auf Schnitzerl geschnitten Salz ein wenig gepresster Knoblauch 4 Zitronenspalten

600 g Schopfbraten vom Schwein 200 g Zwiebeln 3 EL Öl 5 EL edelsüßes Paprikapulver 1 TL scharfes Paprikapulver ½ l Rindsuppe 1 TL gemahlener Kümmel 1 EL getrockneter Majoran 2 zerdrückte Knoblauchzehen Salz 350 g Langkornreis 1 EL glattes Mehl

1 großes Huhn oder 2 Junghühner 2 große Zwiebeln 2 EL Butterschmalz 30 g edelsüßes Paprikapulver 2 EL Paradeismark 600 ml Hühnersuppe 1 roter Paprika 1 EL Butter 40 g glattes Mehl ¼ l Sauerrahm ¼ l Schlagobers Salz, Pfeffer etwas abgeriebene Zitronenschale

Für die Panier: griffiges Mehl 3–4 verquirlte Eier Semmelbrösel Außerdem: reichlich Butterschmalz zum Herausbacken Für den Vogerlsalat: ca. 300 g Vogerlsalat 2 EL Apfelbalsamessig 5 EL Kürbiskernöl Salz, Pfeffer 1 sehr fein gehackte Knoblauchzehe Zubereitung 1. Die Schnitzerl vorsichtig klopfen, damit

die Fasern nicht zerrissen werden, und mit Salz und Knoblauch nach Geschmack würzen. 2. In Mehl, Ei und Bröseln panieren und in einer Pfanne mit heißem Butterschmalz schwimmend goldgelb herausbacken. 3. Den Vogerlsalat gründlich putzen und waschen, mit Apfelbalsamessig und Kürbiskernöl vermischen und mit Salz, Pfeffer und Knoblauch abschmecken. Sehr gut zur Fledermaus passt auch ein ­Erdäpfel-Gurken-Salat mit Rahmdressing.

70 Servus

Zubereitung 1. Schopfbraten mit einem scharfen Messer in etwa 3 × 3 cm große Stücke schneiden. 2. Zwiebeln schälen, klein hacken und in

einer großen Pfanne in heißem Öl unter ständigem Rühren kräftig anrösten. 3. Fleisch beifügen, kurz mitrösten, beide Paprikapulver einstreuen, kurz durchrühren, mit Suppe aufgießen und mit Kümmel, Majoran, Knoblauch sowie Salz würzen. Zugedeckt bei geringer Hitze etwa 40 Minuten dünsten. 4. 1 l Wasser mit etwas Salz zum Kochen bringen. Reis beifügen, etwa 12 Minuten kochen lassen, abseihen und mit kaltem Wasser übergießen. 5. Mehl mit 2 EL Wasser glatt rühren und den Saft vom Reisfleisch damit binden, einmal aufkochen lassen. Etwa 200 ml Saft abschöpfen und bis zum Anrichten beiseitestellen. 6. Den vorgekochten Reis zum Fleisch geben und zugedeckt bei geringer Hitze noch etwa 10 Minuten dünsten. Öfter umrühren! 7. Reisfleisch von der Hitze nehmen und etwa 5 Minuten ausdampfen lassen. 8. Den abgeschöpften Saft erwärmen. Reisfleisch anrichten und den Saft dazugießen.

Zubereitung 1. Huhn waschen und vierteln, das Rück-

grat entfernen, aber zum Mitdünsten verwenden. 2. Zwiebeln schälen und fein schneiden, in Butterschmalz anschwitzen und Paprikapulver sowie Paradeismark einrühren. 3. Die Hühnerstücke salzen und dazugeben, mit Suppe aufgießen. Zugedeckt etwa 45 Minuten weich dünsten. 4. Den roten Paprika waschen, in Würfel schneiden und in der Butter leicht anschwitzen. 5. Hühnerstücke aus der Sauce nehmen und beiseitestellen. Paprikawürfel in die Sauce geben. 6. Mehl und Sauerrahm gut verrühren und in die Sauce einrühren. Kurz aufkochen lassen, die Sauce pürieren und durch ein Sieb passieren. Mit Obers verfeinern und mit Salz, Pfeffer und Zitronenschale abschmecken. 7. Hühnerhaut und Brustknochen entfernen, die Hühnerstücke wieder in die Sauce einlegen und kurz ziehen lassen. Als Beilage eignen sich Butternockerln oder Tarhonya.


Die Gasthäuser Meixners Gastwirtschaft Buchengasse 64, 1100 Wien Tel.: 01/604 27 10 www.meixners-gastwirtschaft.at 3

gasthaus pöschl Weihburggasse 17, 1010 Wien Tel.: 01/513 52 88

Kalbsleber aus dem Rohr

Mohnbuchteln mit Vanillesauce

Zutaten für 4 Personen Zeitaufwand: 45 Minuten

Zutaten für 6 Personen Zeitaufwand: 2 Stunden

800 g frische Kalbsleber im Ganzen (beim Fleischhauer vorbestellen) Pfeffer, frischer Majoran 1 EL Butterschmalz 1 grob geschnittene Zwiebel 2 grob gehackte Knoblauchzehen 200 g Apfelstücke 2 cl Calvados oder Tawny Port zum Untergießen 300 ml brauner Kalbsfond Butterflocken Salz

½ kg glattes, gesiebtes Mehl 20 g frische, zerbröselte Germ 50 g zerlassene Butter 50 g Zucker 1 Ei, 2 Dotter, 5 g Salz abgeriebene Schale von ½ Zitrone 8 g Vanillezucker ¼ l lauwarme Milch Butter zum Bestreichen

Zubereitung 1. Die Haut der Leber vorsichtig mit den

Fingern abziehen und Gefäße vorsichtig ausschneiden. Mit Pfeffer und frischem Majoran würzen. 2. In einem schweren Bräter Butterschmalz nicht zu heiß werden lassen, darin die Leber von allen Seiten zart anbraten. 3. Zwiebel-, Knoblauch- und Apfelstücke dazugeben, mit Calvados oder Tawny Port untergießen. Nicht zugedeckt ins auf 150 °C vorgeheizte Backrohr (keine Umluft) geben und unter mehrmaligem Wenden garen, bis sie auf Fingerdruck nicht mehr nachgibt. Die genaue Garzeit richtet sich nach der Dicke der Leber. 4. Aus dem Rohr nehmen, an einem warmen Platz mit Alufolie zugedeckt rasten lassen. Währenddessen den Bratenrückstand abseihen und mit braunem Kalbsfond eine zarte Sauce bereiten. Mit kalten Butterflocken montieren. 5. Die Leber in ca. 1 cm dicke Tranchen schneiden, kurz vor dem Servieren salzen, mit der Sauce übergießen und mit den Zwiebel-, Knoblauch- und Apfelstücken anrichten. Beilagen: knusprige Speckscheiben, Erd­ äpfelpüree, Rösti, Kohl, Grießschnitten.

Für die Fülle: 200 g gemahlener Mohn 300 ml Milch 20 g Zucker oder Honig Saft und abgeriebene Schale von ½ Zitrone 2 EL (40 g) Lebkuchenbrösel, 1 Msp. Zimt Für die Vanillesauce ½ l Milch 1 Vanilleschote 100 g Zucker 16 g Vanillezucker 20 g Stärkemehl 2 Eidotter 1/16 l Schlagobers Zubereitung 1. In einer Schüssel Mehl, Germ, Butter,

Zucker, Ei, Dotter, Vanillezucker und Zitronenschale mit der Küchenmaschine verkneten. 2. Milch nach und nach zugießen. Teig so lange verarbeiten, bis er nicht mehr an den Schüsselrändern kleben bleibt; das dauert ca. 25 Minuten. An einem warmen Ort etwa 40 Minuten gehen lassen. 3. In der Zwischenzeit den Mohn mit der Milch und den anderen Zutaten 3–4 Minuten kochen und auskühlen lassen. 4. Den Teig einen Zentimeter dick ausrollen und in ca. 5 × 5 cm große Teile schneiden. Jedes Stück etwas flachdrücken und 1 EL Mohnfülle in die Mitte geben. Die vier Ecken der Teigstücke übereinanderschlagen und zusammendrücken. Jede Buch-

3

gasthaus grünauer Hermanngasse 32, 1070 Wien Tel.: 01/526 40 80 3

gasthaus wolf Große Neugasse 20, 1040 Wien Tel.: 01/581 15 44 www.gasthauswolf.at 3

zu den 3 buchteln Wehrgasse 9, 1050 Wien Tel.: 01/587 83 65

tel mit zerlassener Butter bestreichen und mit der Naht nach unten nebeneinander in eine ausgebutterte Backpfanne schlichten (nicht zu eng, da die Buchteln noch etwas aufgehen). 5. Nochmals 15 Minuten gehen lassen, dann unter mehrmaligem Bestreichen mit Butter 5 Minuten bei 200 °C und 35 Minuten bei 170 °C backen. 6. Buchteln aus dem Rohr nehmen, mit kalter Milch bestreichen und mit einer Stoffserviette abgedeckt 5 Minuten stehen lassen. 7. Für die Vanillesauce zwei Drittel der Milch mit der längs halbierten Vanilleschote aufkochen. Restliche Milch mit Zucker und Stärke glatt rühren. In die kochende Milch einrühren, dabei ständig mit dem Schneebesen rühren. Einmal aufkochen lassen, vom Herd nehmen und mit Dotter und Obers verfeinern. 8. Buchteln voneinander trennen, mit warmer Vanillesauce anrichten, anzuckern und servieren.

Servus-Tipp: 82 weitere Rezepte aus allen Winkeln Österreichs finden Sie in der aktuellen Ausgabe von „Servus Gute Küche“.

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von der natur ins haus

Vom Fテ、rben & Feiern Ob vom Hendl, von der Wachtel oder von der Ente: Ostereier symbolisieren Auferstehung und Fruchtbarkeit. Und natテシrlich sind sie auch ein hテシbscher Blickfang. Text & Styling: Alice Fernau窶ェotos: Magdalena Lepka


Traditionell gefärbt Fotos links und ganz oben: In der christlichen Liturgie haben Farben seit jeher ihre spezielle Bedeutung, die sich auch beim traditionellen ­Eierfärben widerspiegelt. Rot etwa symbolisiert den Opfertod Christi, Gelb steht für den Wunsch nach Erleuchtung und Weisheit, Grün repräsentiert die Jugend, und Orange ist das ­Zeichen für Kraft, Ausdauer und Ehrgeiz. Blau wiederum steht für die Jungfrau Maria als ­Mittlerin zwischen Himmel und Erde. Foto oben: Für unsere Oster-Stelen haben wir alte Tisch- und Sesselbeine abgebeizt, geölt, am oberen Ende mit einem Topfbohrer Vertiefungen eingeschnitten und die gefärbten Eier hinein­ gestellt. Diese wurden zuvor mit gepressten ­Blumen beklebt oder mit Spagat umwickelt.

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handwerk

Wenn große Buben träumen Als Kinder fantasierten wir nicht von Luftschlössern, wir bauten sie: Baumhäuser hoch oben im Blätterwald. Ein niederösterreichischer ­Tischlermeister hat die luftigen Holzbauten zu seinem Beruf gemacht. Text: Paul Herberstein Fotos: Marco Rossi


Richard Polsterer in seiner Freiluftwerkstatt. In der Natur kommt es ihm nicht nur bautechnisch auf das richtige Augenmaß an.

A

cht Meter über dem Waldboden beginnt das Staunen. Stumm fährt man mit der Hand über die grobe Rinde der uralten Weißpappel und blickt gedankenverloren auf die umliegende Landschaft: den schmalen Fluss, an dessen Ufern sich hie und da ein emsiger Biber blicken lässt oder Rehe an heißen Tagen nach Abkühlung suchen. Durch die Äste blinzeln weite Felder, das Treiben der nahen Ortschaft schluckt der dichte Wald. Hier oben breitet sich wohltuende Ruhe aus, umrahmt von den Gesängen der Vögel und dem sanften Säuseln der Blätter. „Schon als Kind verbrachte ich Stunden in den Bäumen“, unterbricht Richard Polsterer mit ruhiger Stimme die idyllische Szene. Seine Augen leuchten, Gesicht und Hände verraten, dass der 47-jährige Niederösterreicher zeitlebens viel draußen war. „Als Bub war kein Baum vor mir sicher – je schwieriger zu erklettern, umso spannender. Oft bin ich auch nur still und allein in den Astgabeln gehockt und habe die Natur rings um mich aufgesaugt.“ Aus diesem Holz muss wohl jemand geschnitzt sein, der sich eine Leidenschaft aus der Kindheit bis heute erhalten hat: das Errichten von Baumhäusern.

werkbank statt schulbank

Die Liebe zu diesen Bauten in oft schwindel­ erregenden Höhen war neben den Kletterkünsten auch der zweiten Leidenschaft des in Klein-Neusiedl bei Fischamend lebenden Tischlermeisters geschuldet: der Jagd. „Mir gefallen seit jeher nur Hochstände und Ansitzleitern, die sich von Material und Bauweise harmonisch in die Landschaft einfügen und in ihr nahezu verschwinden. Ich habe unzählige davon selbst gebaut und dabei enorm viel gelernt und ausprobiert.“ Nach der Schule, der „mit Abstand langweiligsten Zeit meines Lebens“, und einigen halbherzigen Semestern an verschiedenen Unis wurde Richard Polsterers Hobby schließlich zum Beruf: Mit 26 Jahren hatte er als Tischlermeister seine eigene Werkstatt und widmete sich zunächst dem Entwurf und Bau von Holzmöbeln. Bis es ➻

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Nur fünf Holzträger stützen den zwei ­Tonnen schweren Bau ab (oben). Die Einzelteile des Baumhauses fertigt Richard ­Polsterer in der Werkstatt vor (rechts). Blaumachen auf ­höchster Stufe: Unter dem grünen Blätterdach des Waldes vereinen sich Kindheitsträume mit solidem Handwerk (ganz rechts).

ihn vor wenigen Jahren von Tisch und Bett in Richtung Baumhaus zog … Sein Erstlingswerk steht nur wenige hundert Meter von Werkstatt und Wohnung entfernt in einer verwilderten Parklandschaft. Vorbei an alten Backsteinbauten und Pferdekoppeln führt ein verwachsener schmaler Pfad zur riesigen Weißpappel, in deren Krone ein kleines Häuschen thront. Schon die lange Treppe und die behutsam um Stamm und Äste gebaute Holzplattform machen eines klar: So ein Baumhaus entsteht nicht am Reißbrett. Richard Polsterer nähert sich behutsam an. Nur mit Skizzenbuch und Fotoapparat bewaffnet, nimmt er zunächst den Platz genau unter die Lupe, wo ein neues Baumhaus entstehen soll. Oft legt er sich dabei minutenlang auf den Waldboden, um die Umgebung auf sich wirken zu lassen. Zentrum und Herz seiner Überlegungen bleibt stets der Baum. Ein Herz, das es so gut es geht zu schonen gilt. „Ich versuche bei meinen Bauten, den Baum so wenig wie möglich zu berühren

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oder gar zu verletzen und Äste nur dort abzuschneiden, wo es nicht anders geht.“ Auch das obligate Anbohren des Baumes, um sicherzugehen, dass dieser innen nicht morsch ist, erfolgt daher behutsam mit einem sehr dünnen Bohrer. Die notwendigen Stützen am Stamm selbst – immerhin wiegt allein das Baumaterial für Plattform und Hütte gut zwei Tonnen – sind auf wenige Stellen begrenzt. Und wo immer sich ein starker Ast als natürlicher Träger anbietet, wird auf Schrauben verzichtet. die alten bäume und der wind

Gibt es denn so etwas wie den idealen Baum? Richard Polsterer nennt die wichtigsten Eckdaten: „Besonders geeignet sind selbstverständlich Laubbäume wie etwa Eiche oder Ahorn. Allerdings sollte der Baum vor allem gesund, dick und alt sein. Ein alter, mas­siger Baum schwingt weniger bei Wind und wächst vor allem nicht mehr so stark. Wenn nötig, baue ich aber auch Gewindestangen ein, damit die Holzkonstruktion quasi mitwachsen kann.“

Beim Bauen achtet Richard Polsterer auf naturnahes, heimisches Material: Für tragende Teile oder Trittflächen verwendet er meist witterungsbeständige Lärche, die Hütte selbst ist aus schlichter Fichte gezimmert. „Es gibt genügend langlebige heimische Hölzer. Man kann getrost auf schicke Tropenhölzer verzichten“, ist der Tischlermeister überzeugt. Auch Plastik, Polystyrol oder Teerpappe sehen die Baumhäuser aus Klein-Neusiedl nicht. „Innen verwende ich mehrschichtige Fichtenbretter und zur Dämmung meist Hanfplatten. Außen wird alles mit rohen Fichtenbrettern und Leisten verschalt“, erklärt der Baumhaus-Experte. Das Holz bleibt entweder unbehandelt oder wird lediglich mit Naturharz eingeölt. „Das schützt ausgezeichnet und erspart das ewige Nachstreichen. Was aber nicht heißen soll, dass ein Baumhaus nicht auch einmal bunt oder poppig angemalt sein kann.“ Der Bau ist echte Maßarbeit. Anders als die in unserer Kindheit eilig zusammengezimmerten Bretterverschläge braucht ➻


Rund um diese ­mächtige Weißpappel ­zimmerte der Tischler sein stolzes Erstlingswerk (oben). Versteckt ­hinter zwei mächtigen Stämmen lugt das ­stille Örtchen hervor – ein bauliches Zugeständnis an weib­liche Besucher (ganz links). Der Holzofen im Innenraum (links) stammt von einem Flohmarkt. In nur einer Stunde schafft er selbst im Winter behagliche Nestwärme.


Den spannenden Aussichtspunkt über der Fischa hat Richard Polsterer aus Holzresten für seine Kinder gebaut (oben). Für das winterfeste Baumhaus (rechts) hingegen waren ein Hammer und ein paar Nägel zu wenig. Es geht aber auch ohne Baum (ganz rechts): eine Hoch­hütte in Hundsheim bei ­Hainburg (NÖ) mit ­Geländersprossen aus Treibholz.

Baum: Für Baumhäuser eignen sich alte und vor allem völlig gesunde Bäume ab einem Stammdurchmesser von 80 cm am besten. Ab dieser Größe sind die jährlichen Zuwächse nicht mehr so stark und Windschwankungen selbst in einigen Metern Höhe gering.

empfiehlt sich aber, Wind und Wetter in die Planung einzubeziehen. Eine fensterlose, meist westlich gelegene Wetterseite macht sich rasch bezahlt. Umgekehrt bereut man selten, wenn man südseitig einen schönen Ausblick einplant.

Holz: Witterungsbeständiges, heimisches Na­ delholz ist ideal. Für tragende Teile wie Stiege und Boden eignet sich Lärche, für senkrechte Teile wie Wand oder Verschalung bietet sich Fichte an. Ihr Holz ist preisgünstig und leicht.

Material: Abgesehen von heimischen Holz­ arten und rostfreien Metallteilen sollte man beim Baumhaus auf naturnahe Baustoffe zu­ rückgreifen. So macht sich ein reines Holz­ dach mit Sicherheit besser als Dachpappe. Und Dämmstoffe aus Hanf, Schaf- oder Holz­ wolle sind allen Kunststoffen vorzuziehen.

Inneneinrichtung: Jedem das Seine, aber ein Baumhaus ist keine Luxusbude. Die Schönheit offenbart sich meist in einer schlichten, natur­ nahen Form. Der Einbau von besonderen Ein­ zelstücken wie einem alten Fenster oder einer Tür verleiht dem luftigen Heim oft eine per­ sönliche oder künstlerische Note. Lage: Ob ein Baumhaus versteckt im Wald liegt oder auf einem Baum auf einer Wiese prangt, bleibt dem Bauherrn überlassen. Es

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Sicherheit: Bitte regelmäßig prüfen, ob wich­ tige Holzteile Fäulnis ansetzen oder ob an den Metallteilen Risse entstanden sind! Zeitraum: Die Lebensdauer eines Baum­hau­ ses kann mit jener einer normalen Holzhütte mithalten. Sie kann aufgrund des fehlenden, für Feuchtigkeit kritischen Bodenkontakts ­sogar höher sein!

gezwitscher und Blätterrauschen

Die technische Herausforderung allein ist es allerdings nicht, die Richard Polsterer am Baumhaus fasziniert. Er will nicht bloß Holzhäuser in luftiger Höhe zimmern, sondern dabei den Menschen die Natur näherbringen: „Hier oben riechst du nur mehr den Waldboden und den Baum und hörst nichts außer Vogelgezwitscher. Und am Abend wiegt einen das Blätterrauschen in den Schlaf.“ Kein Baumhaus gleicht dem anderen. Die Natur selbst gibt die Form vor, aber die menschliche Kreativität trägt das Ihre dazu bei. „Ich liebe es, seltene Fundstücke ➻

zusatzfotos: Gabriel Gersch

Kleines Baumhaus-Abc

es neben statischen Berechnungen vor allem eine durchdachte Konstruktion: Vom Boden bis zur Hauswand müssen alle Teile so gebaut sein, dass sich nirgends Wasser ansammelt und das Holz schnell trocknet. Und sollte dennoch einmal das eine oder andere Stück morsch werden, kann man von den Stufen bis zum Geländer jedes Teil einzeln austauschen.


Hunger und ein leerer Motorsägentank beenden den Arbeitstag von Richard Polsterer in seinem Paradies.

wie alte Fenster oder Türen einzubauen“, erzählt Richard Polsterer. Nur bei absurden Kundenwünschen winkt der naturerfahrene Tischler ab: „Die Vorstellung, dass der Baumstamm mit seiner wunderschönen groben Rinde mitten durch das Haus geht, ist sicherlich reizvoll. Aber entweder leidet mit der Zeit die Dichtheit darunter oder die erste Ameisenstraße lässt die Begeisterung schnell erkalten.“ An dem stolzen Baumhaus hier mitten im Wald fallen sofort zwei bauliche Besonderheiten auf. Richard Polsterer schmunzelt: „Das Plumpsklo ist ausschließlich für kleine Geschäfte weiblicher Gäste. Da haben Männer es wohl etwas einfacher. Und die Bockrolle mit Seil war schon beim Bau Goldes wert. Jetzt befördern wir damit Holzscheite oder Getränke einfacher nach oben.“ In den Augen des Tischlers spiegelt sich neben kindlicher Freude auch so etwas wie väterlicher Stolz. Sein hölzernes Kind ist mehr als nur ein Musterbau für zukünftige Kunden. „Für mich ist das ein echter Rück-

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zugsort. Meine Freundin liebt es, auf den sieben Quadratmetern für Uni-Prüfungen zu lernen, und ich finde hier oben innere Stille und Inspiration für meine Arbeit“, schwärmt Polsterer. Gäste, die schon einmal übernachteten, schrieben ihm ellenlange Briefe, wie wohl sie sich in dem hölzernen Luftschloss fühlten. Und der eine oder andere schwärmte sogar in höchsten Tönen von Baumhaus als Liebesnest … träume von kühnen luftschlössern

Nackte Tatsache ist jedoch auch, dass ein solches Bauwerk nicht ganz billig ist. Allein die Materialkosten für die kuschelige Hütte samt Stiege und 25-Quadratmeter-Plattform belaufen sich auf 20.000 Euro. Für Planung und Bau kommt in etwa nochmals derselbe Betrag dazu. Rund drei Monate vergehen vom ersten Gespräch bis zur Fertigstellung, die reine Bauzeit beträgt dabei – immer auch vom Wetter abhängig – zumindest sechs Wochen. Im Verhältnis zur Lebensdauer des Bauwerkes ist das für Richard

Polsterer eine überschaubare Zeit: „Ein Baumhaus sollte zumindest zwanzig Jahre problemlos nutzbar sein, je nach Aufstellungsort und Bauweise vielleicht auch länger. Und danach genügen oft wenige Handgriffe oder kleinere Reparaturen, und man hat wieder Ruhe und Freude damit.“ Die Freude an seiner Arbeit lässt den Tischlermeister bereits von neuen, noch kühneren Baumhaus-Projekten träumen: „Im wahrsten Sinne des Wortes schwebt mir seit einiger Zeit vor, zwischen Baumkronen hängende Häuser zu bauen. Oder in eine weite Baumkrone gleich mehrere Kobel zu setzen. Wie eine Wohnung, nur dass die einzelnen Räume mit Brücken und Stiegen verbunden sind.“ Wer je eines seiner Baumhäuser betreten hat, der ahnt, dass diese Fantasien wohl keine Luftschlösser bleiben werden … 3

Richard Polsterer: Kirchenplatz 9, 2431 Klein-Neusiedl, Tel.: +43/664/358 19 94, www.treehouses.at


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