Servus in Stadt & Land 11/2014

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11/2014 in Stadt & Land

Frechdachs mit Herz

P. b. b., GZ10Z038662M, Verlagspostamt 1110 Wien

FREUNDLICHER FROST   BASTELN MIT MOOS   HEUBLUMEN   WÜRZIGER WACHOLDER   SCHNAPS-GESCHICHTEN

Liebeserklärung an den Dackel

2

E I N FAC H

.

GUT .

LEBEN

Perlen am See

Gmundens geheime Schätze

2 NOVEMBER 11/2014

EUR 4,50

Einfach zum

Vernaschen —

LEBKUCHEN & KEKSERL FÜR DIE SÜSSESTE ZEIT DES JAHRES

Auf Gamsjagd im Virgental

Die Weisheit der Ameisen

Steirische Wunder-Wurzeln

>


96

14

November

Natur & Garten

14 Freundlicher Frost

Er macht Wiesen silbern und Beeren süß. Es ist Zeit, eine Lanze für den rauen Gesellen zu brechen.

28 Harte Kerle in der Kälte

Welche Gewächse im Garten Schutz vor Eis und Schnee brauchen.

36 Abschiedsvorstellung

Im Burgenland macht sich ein naturnaher Garten für den Winter zurecht.

48 Dicke Freunde

Die Fetthenne schmückt die Beete noch, wenn vieles andere verblüht ist.

148 Frechdachs mit Herz

Über den legendären Charakter und den unwiderstehlichen Blick des Rauhaardackels.

6 Servus

144

Küche

Wohnen

60 Rund & g’sund

24 Immergrüne Hausnummer

66 Süß duftende Kuchen

88 Städtische Ruheoase

74 Knusper, knusper, Häuschen

96 In Hülle und Fülle

Wacholderbeeren würzen Speis und Trank und schützen auch vor Unheil.

Vor Weihnachten ist die Zeit der Lebkuchen. Dann kündigt ihr würziges Aroma das Christkind an.

Wir basteln ein Lebkuchenhaus.

76 Himmlisches Zubrot

In Franziska Lehners Backstube in Kleinhöflein duftet es nach Kipferln, Nesterln und Ilonka-Schnitten.

82 Gut gebeizt

Lachsforelle wird mit Salz und Kräutern zur haltbaren Köstlichkeit.

Ein praktischer Türschmuck aus Moos, der den ganzen Winter hält.

Im Mühlviertel, mitten im histori­ schen Kern von Freistadt, haben Bernhard Prammer und Marion May ein altes Bürgerhaus revitalisiert.

Wir knoten mit hübschen Stoffen Überzüge für unsere Pölster.

100 Fundstück

Alte Tortenformen werden nicht mit Teig, sondern mit Fotos befüllt.

102 Platz für Hund & Katz

Ein Koffer als Hundebett und eine Birke als Kratzbaum.

ZUSATZFOTOS COVER: MARCO ROSSI, MAURITIUS IMAGES

Inhalt 2014

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156

136 84

Standards

FOTOS INHALT: ALEXI PELEKANOS, EISENHUT & MAYER, PETER PODPERA, MARCO ROSSI, PHILIPP HORAK, TINA HERZL, WWW.PICTUREDESK.COM

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Land & Leute 42 Zwischen Himmel & Hölle

136 Die Stille vor dem Schuss

108 Bayern in Österreich

144 Alles Leinwand

Wem die Stunde schlägt, dem blüht Verheißungsvolles: alte Bräuche des Abschieds und der Trauer.

Die Saalforste im salzburgischen Pinzgau sind ein stilles Stück Wald und ein starkes Stück Geschichte mit namenlosen Helden.

114 Ein Stamperl in Ehren

Wir stoßen an auf die süffigsten und geistvollsten Geschichten rund um Schnaps.

132 Heilkraft aus dem Boden

Jetzt im Herbst dreht sich bei Andrea Bregar und ihrem Kräuterhügel im steirischen Vulkanland alles um die Wurzeln.

Auf der Gamspirsch mit Jäger Bernhard Berger in Prägraten im Osttiroler Virgental.

In einer ehemaligen Zuckerlfabrik in der Wiener Vorstadt malt Andi Ehlers noch Porträts wie anno dazumal.

156 Die Perle am See

Wenn es Spätherbst wird im ­Salzkammergut, begibt sich auch Gmunden, das malerische Städtchen am Traunsee, zur Ruh.

180 Rund um die Martinigans

Martini, der 11. November, war einst Zins- und Zahltag. Man feierte mit Ganslessen und schaute mithilfe der Knochen in die Zukunft.

5 Vorwort 8 Postkastl, Ortsnamen 10 Mundart 12 Servus im November 26 Der Garten-Philosoph 34 Die Botschaften der Bäume 52 Natur-Apotheke: Heublumen 54 Unser Garten, Mondkalender 58 Schönes für draußen 84 Omas Kochbuch:

Lavanttaler Leberlan

86 Schönes für die Küche 98 Schönes Zuhause:

Dekotipps für den November

106 Schönes für drinnen 126 Michael Köhlmeier:

Heinrich der Löwe

170 Eine Kurzgeschichte von Thomas Glavinic 174 ServusTV: Sehenswertes im November 178 Feste, Märkte, Veranstaltungen 186 Ausblick, Impressum Titelfoto: Eisenhut & Mayer

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GARTENBESUCH

Abschiedsvorstellung

Im Südburgenland macht sich eine naturnahe Gartenanlage zurecht für die Winterpause: mit letzten Blüten und Fruchtgenüssen. Regie führt Gerhard Horvath, Gärtner aus Passion. TEXT: RUTH WEGERER FOTOS: SIMONE ANDRESS

36 Servus


V

ereinzelt blühende Rosen und rot verfärbter wilder Wein ranken sich an der Gartenmauer des unauffälligen Hauses in Deutsch Kaltenbrunn im Südburgenland empor. Dahinter liegt ein weitläufiges Naturreich, das noch im herbstlichen Vergehen seinen eigenen Zauber ausstrahlt. Mittendrin und umringt von Bänken knistert ein ­kleines Feuer in einer Schale. Gerhard Horvath, der Hausherr, genießt die Wärme im Rücken, während er den Blick über die Beete und Sitzgruppen schweifen lässt. „Jetzt im Spätherbst sind die Strukturen des Gartens besonders gut zu erkennen“, erklärt der Gärtner aus Passion. „Er ist nach dem Vorbild eines japanischen Gartens entstanden.“ Und wie das geschah, ist eine lange Geschichte. EIN KÜNSTLERISCHER AKT

Früher lebte und arbeitete Gerhard Horvath in der Südsteiermark. Zunächst machte er sich also dort auf die Suche nach einem geeigneten Platzerl, um seine Vorstellung vom idealen Garten umzusetzen: Von außen uneinsehbar sollte er sein, doch im Inneren mit freiem Blick in die Natur. Die Preise für Grundstücke in der Region, die diesen Kriterien entsprachen, fand er aber schon damals viel zu hoch. Und so sah er sich in seiner alten Heimat gründlich um und stieß dabei auf einen verwunschenen Dreiseithof im südburgenländischen Hügelland. Das Haus aus dem frühen 20. Jahrhundert war ziemlich renovierungsbedürftig und der heutige Garten eine stark vernachlässigte alte Obstplantage. Doch die etwas versteckte Lage, der abgeschlossene Innenhof und vor allem der freie Blick auf die sanften Hügel hatten es – allen Widrigkeiten zum Trotz – Gerhard Horvath angetan. Erkannte er doch das große Gestaltungs­ potenzial dieser Gstätten. Bis aus ihr ein Garten ganz nach Gerhards Vorstellungen wurde, hat es alles in allem dann aber doch an die zwölf Jahre gedauert. Beim Erwerb war der Innenhof so gut wie nicht begehbar, ein alter Nussbaum hatte ihn komplett überwuchert. Er musste zurechtgestutzt werden, und auch die überalterten Obstbäume auf der unteren Wiese mussten weichen. „Einen ➻

Hauswurzen finden fast überall ein Plätzchen, um Wurzeln zu schlagen – wie in diesem alten, zerfallenen Salzfass. Unten: Von der Schwebeliege hat man einen herrlichen Blick über den Garten. Links: Jetzt schmücken nur mehr BayernKiwis die langgestreckte Pergola.


TRADITIONELLE REZEPTE

Süßer die Kuchen nie duften

Lebkuchen haben rund ums Jahr Tradition, vor allem wenn sie in Form von Herzen die Liebe bezeugen. Vor Weihnachten aber ist ihre große Zeit. Wenn ihr würziges Aroma durchs Haus zieht, kommt das Christkind sehr bald. REDAKTION: KATHARINA KUNZ & ALEXANDER RIEDER FOTOS: EISENHUT & MAYER

66 Servus


PFEFFERNÜSSE ZUTATEN FÜR 50–60 STÜCKE Zeitaufwand: 1 Stunde plus 12 Stunden zum Teigrasten 1 Msp. geriebene Orangenschale 80 g Orangeat 400 g feiner Rohrzucker 4 Eier (Größe M) ¼ TL gemahlener schwarzer Pfeffer ¼ TL gemahlener Ingwer ¼ TL gemahlener Kardamom ¼ TL gemahlener Piment 1 Prise Muskatnuss 1 TL Hirschhornsalz 2 EL Orangensaft 500 g Vollkornmehl Für die Glasur: 80 g Staubzucker 1 EL Orangensaft 1 EL Kirschwasser

ZUBEREITUNG 1. Orangenschale mit Orangeat und 1 EL Rohrzucker sehr fein hacken. 2. Den restlichen Rohrzucker mit den Eiern und den Gewürzen mit dem Handmixer cremigschaumig schlagen. 3. Das Hirschhornsalz in Orangensaft auflösen und mit Orangeat in die Eiercreme rühren. 4. Die Creme mit Mehl vermischen und zu einem klebrigen Teig verarbeiten. In eine Schüssel geben, mit einem feuchten Tuch bedecken und 12 Stunden im Kühlschrank rasten lassen. 5. Das Backrohr auf 200 °C Umluft vorheizen. Ein Backblech mit Backpapier belegen. 6. Aus dem Teig Kugeln mit ca. 3 cm Durchmesser formen und mit mindestens 5 cm Abstand auf das Backblech setzen. Die Pfeffernüsse in den Ofen schieben, die Temperatur auf 160 °C ­senken und 12–15 Minuten lang backen.

7. Für die Glasur Staubzucker, Orangensaft und Kirschwasser glatt rühren und die noch heißen Pfeffernüsse damit bepinseln. Auf einem ­Kuchengitter vollständig auskühlen lassen und in eine Blechdose schlichten. Die Pfeffernüsse sind in der Blechdose an einem kühlen, trockenen Ort drei Monate lang haltbar.

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LEBKUCHEN-POWIDLTATSCHKERLN ZUTATEN FÜR 40 STÜCK Zeitaufwand: 2 Stunden plus 12 Stunden zum Teigrasten 70 g Feinkristallzucker 1 Ei 15 g Lebkuchengewürz ½ TL Natron 2 TL Wasser 130 g Honig 40 g zerlassene Butter 320 g Roggenmehl Mehl zum Ausrollen Ausstecher mit ca. 5 cm Durchmesser 100 g Powidl 1 Eiklar zum Verkleben Milch zum Bestreichen

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ZUBEREITUNG 1. Zucker, Ei und Lebkuchengewürz mit dem Handmixer schaumig-cremig rühren. 2. Natron in Wasser auflösen. Mit Honig, Butter, Roggenmehl und Eiercreme zu einem klebrigen Lebkuchenteig verarbeiten. Den Teig in eine Schüssel geben und mit einem feuchten Tuch bedecken. In den Kühlschrank stellen und 12 Stunden rasten lassen. 3. Den Teig auf einer gut bemehlten Arbeitsfläche ca. 3 mm dünn ausrollen und Kreise mit ca. 5 cm Durchmesser ausstechen. Dabei den überstehenden Teig immer wieder falten und erneut ausrollen, bis kaum noch Teigreste übrig sind. 4. Auf jeden Teigkreis einen kleinen Klecks Powidl platzieren. Rundum mit Eiklar bepinseln und behutsam zusammenklappen.

5. Die Tatschkerln auf ein mit Backpapier belegtes Backblech setzen und 30 Minuten rasten lassen. 6. Das Backrohr auf 170 °C Umluft vorheizen. 7. Die Lebkuchen-Powidltatschkerln mit Milch bestreichen und etwa 12–14 Minuten backen. Die Tatschkerln bleiben in einer Blechdose, mithilfe von Backpapier getrennt, an einem kühlen und trockenen Ort aufbewahrt mindestens einen Monat lang haltbar.


Foto: Alexi Pelekanos

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HAUSTIERE

Platz für Hund & Katz Ein alter Koffer wird zum gemütlichen Hundebett, der Stamm einer jungen Birke zum Kratz- und Kletterbaum und ein ausgedienter Übersiedlungskarton zum Katzenhaus. REDAKTION: ALICE FERNAU  MITARBEIT: MICHAELA GABLER FOTOS: TINA HERZL


NETT, DAS HUNDEBETT Links und oben: Damit Bello es nicht nur gemütlich hat, sondern auch stilvoll residiert, ­haben wir ihm ein schickes Hundebett gebaut. Als Bettkasten verwendeten wir einen Koffer aus längst vergangenen Tagen, den wir vom Dachboden geholt und gründlich gesäubert haben. Die weiche Matratze besteht aus einem ­alten Kissen, überzogen mit einem Jutesack aus dem Baumarkt. Danach wurde mit großen Stichen ein Streifen aus grüner Jute aufgenäht. Ganz oben: Auch das Hundespielzeug ist selbst gebastelt. Es besteht aus einem Seil, das wir zur Kordel gedreht und mit Textilklebeband umwickelt haben.

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VON BÄUMEN TRÄUMEN Oben: Stubentiger lieben das Klettern und Krallenschärfen. Damit das Mobiliar keinen Schaden nimmt, haben wir einen Birkenstamm als Kratzund Kletterbaum aufgestellt, um den wir ein Seil gewickelt und es mit Schrauben fixiert haben. Rechts: Für das Katzenhaus haben wir einen alten Umzugskarton zurechtgeschnitten und mit buntem Klebeband so zusammengeklebt, dass die oberen Teile einen Giebel bilden. Anschließend wurde das Häuschen weiß angemalt. Für die Fensteröffnungen kam der Kreisschneider zum Einsatz, bei der Tür das Stanleymesser. Unten: Für dieses kuschlige Hundebett wurde der Ausschnitt eines abgetragenen Pullovers zugenäht, der Brustteil mit Füllwatte ausgestopft und die untere Öffnung geschlossen. Danach haben wir die Ärmel mit Watte gefüllt, ineinandergesteckt und vernäht. Fertig!


EIN QUARTIER FÜRS TIER Links: Unser Hundezelt ist ein perfekter Rück­ zugsort, wenn es dem Vierbeiner einmal zu bunt wird. Dafür haben wir fünf Äste (je ca. 70 cm lang) mit einem Lederband zusammengebun­ den, etwa 10 cm unterhalb der oberen Enden. Im unteren Bereich haben wir die Äste ausein­ andergezogen. So entsteht ein kegelförmiger Korpus, der von selbst steht. Um ihn zu stabi­ lisieren, werden unten zwischen den langen ­Stehern vier Querstreben (je ca. 25 cm lang) eingezogen und mit einem dicken Bindfaden festgemacht. Festen Stoff (ca. 1,5 m × 1,5 m) um das Holzgerüst wickeln und über dem Eingang mit ein paar ­Stichen auf einer Länge von 20 cm zusammennähen. Den Stoff auf Bodenlänge abschneiden und Polster reinlegen. Oben: Für bunte Akzente die Steher vor dem Zeltaufbau mit den Spitzen in Farbe tunken. 3

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HOFBESUCH

Gutes von

daheim 9

Heilkraft aus dem Boden Auf dem Kräuterhügel von Andrea Bregar im südoststeirischen Vulkanland kann man lernen, was Pflanzen alles können. Im Herbst dreht sich hier alles um die Wurzeln. TEXT: ELISABETH RUCKSER FOTOS: PHILIP PLATZER


Herbstzeit im Körberl: Wilde Möhren, Löwenzahn, Nachtkerze (oben). Andrea Bregar sticht eine Eibischwurzel im Garten aus (linke Seite, rechts oben). Aus Kamillenblüten und gemahlener Eibischwurzel (links unten) entsteht eine Haarspülung; die getrocknete Löwenzahnwurzel wird gemörsert (rechts unten) und kann als Kaffee-Ersatz dienen.

och blühen in den Beeten am Kräuterhügel die letzten Ringelblumen und setzen ihr leuchtendes Gelb und Orange als Farbtupfer in die Herbstlandschaft. Die Kohl­sprossen warten darauf, geerntet zu werden. Und zwischen den Pflanzen hat Andrea Bregar die Apfelreste vom Saftpressen als Dünger ausgebracht. Jetzt ist die Bäuerin auch mit dem Spaten unterwegs – in ihrem Garten ebenso wie auf der großen Wiese vor dem Haus oder auf dem Hang am Waldrand. Sie macht sich auf die Suche nach heilkräftigen Wurzeln. Und diese Suche gestaltet sich nicht immer leicht. Denn viele Pflanzen haben sich bereits zurückgezogen – zurück in jenen Teil, der vor der Winterkälte geschützt und von Erde behütet im Dunkeln liegt. Blätter und

sonstiges Grün sind an der Oberfläche also nicht mehr zu sehen. Doch gerade dann ist die beste Zeit, die erdigen Schätze vorsichtig zu heben. „Denn wenn die oberen Teile der Pflanze verschwinden, geht die Kraft in die Wurzeln“, erklärt die Kräuterbäuerin. Sie werden behutsam gewaschen, zerkleinert, getrocknet, zu Salben oder Tinkturen verarbeitet oder landen, frisch geerntet und gekocht, auf dem Mittagstisch der Familie. KRÄUTERSALBEN UND KAFFEE

Andrea Bregar bewohnt mit ihrem Mann und den drei Kindern seit zwölf Jahren einen alten, liebevoll renovierten Bauernhof am Forstkogel ganz am äußerstes Ortsende von Gossendorf. Gleich gegenüber vom

Wohnhaus hat sie im ehemaligen Ziegenstall ihre Kräuterwerkstatt eingerichtet. Zwischen Küchenkredenz, Holzofen, und vielen mit Blüten, Blättern und Wurzeln gefüllten Fläschchen und Doserln hat Andrea das Erläutern von Kultur- und Wildpflanzen zu ihrem Beruf gemacht. Sie hält Kräuterseminare, lehrt die Herstellung von ätherischen Ölen oder weiht in die Geheimnisse des „Wurzelwerks“ ein. Die Basis für ihre heutige Arbeit als ausgebildete Kräuterpädagogin und Aromapraktikerin mit ärztlicher Prüfung wurde wohl schon im Kindesalter geschaffen. Damals war sie zusammen mit Mutter und Großmutter draußen in der Natur unterwegs und arbeitete im Bauerngarten im Mürztal, wo die Familie zu Hause war, ➻

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RÜCKBLICK

das leben

in alten zeiten 9

Rund um die Martinigans Am 11. November ging einst das landwirtschaftliche Jahr zu Ende. Martini war Zins-, also Zahltag. An diesem wurde aber auch mit Ganslessen fröhlich gefeiert. Und mithilfe der Knochen in die Zukunft geschaut. REDAKTION: GERTRAUD STEINER

u Martini am 11. November begann die vorweihnachtliche Fastenzeit. Wetterregeln und alte Bräuche hoben diesen Tag aus der trüben, grauen Zeit des Spät­ herbstes heraus. Als Schwendtag bezeichne­ te er einen Endpunkt, eine Zeitenwende im bäuerlichen Kalender. Die Scheunen und Kornkammern waren gefüllt; Tiere, die man nicht durch den Winter bringen wollte, wanderten in den Kochtopf. Zu Martini soll­ ten sich alle noch einmal richtig satt essen. Es war aber auch ein alter Zinstag, an dem Abgaben fällig wurden, Mieten und

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Pachten. War nach oben alle Schuldigkeit erledigt, warteten von unten die ausge­ streckten Hände der Armen. Ihnen sollte im nahenden Winter ebenfalls das Überleben ermöglicht werden – also ging es ans Teilen und Beschenken. Der heilige Martin, ge­ boren im Burgenland, wirkte als Vorbild. GESCHNATTER MACHTE IHN ZUM BISCHOF

Nach der Legende teilte er als römischer Reiter auf weißem Pferd seinen Mantel mit einem Armen. In der bäuerlichen Lebens­ welt aber war es die Gans, die mit ihm in

Verbindung gebracht wurde. Es heißt, dass der fromme Mann, der im Jahr 372 zum ­Bischof von Tours ernannt wurde, dies aus Bescheidenheit gern verhindert hätte und sich daher vor der Weihe versteckt hielt. Schnatternde Gänse aber verrieten seinen Zufluchtsort. An der Kirchenfassade im burgenländi­ schen Donnerskirchen steht der Heilige, eine Gans im Arm, bis heute in einer Nische über dem Eingangsportal. Fast so wie der Hans im Glück des gleichnamigen Mär­ chens. Auch von goldenen Gänsen, die

FOTOS: BURGENLÄNDISCHES LANDESARCHIV, PRIVAT

„Die Köchin“ – Ölgemälde von Bernardo Strozzi (1581–1644). Der in Genua geborene Kapuzinermönch lebte später als Maler in Venedig. Sein Bild stellt nach barocker Auffassung die Gans als symbolreiches Tier dar.


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Foto: Eisenhut & Mayer

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