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Zu m M itn eh m en

books – das Magazin der Orell Füssli Buchhandlungen – Mai 2010

«Mein Herz ist noch immer in Afrika» Interview mit Waris Dirie

«Das ist wirklich der letzte!» Mankell über den neuen Wallander

Afrika erzählt

Viel Neues unter der Sonne

Reiseliteratur Für Bücherwürmer und Zugvögel

Mit Wettbewerb

Gewinnen Sie Büchergutscheine


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Ein neuer Umschlag

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Inhalt 4 9 16 18 22 26 30 33 38 42 48 49 50

© Lina Ikse Bergmann

Liebe Leserin, lieber Leser Bücher haben einen Umschlag – klar. Schliesslich müssen die Seiten vor dem Verschmutzen und Zerknittern geschützt werden und zudem braucht das Buch Stabilität. Über diese prak­ tische Aufgabe hinaus haben Buch­ umschläge aber eine weitere Funktion: Ein gut gestalteter Umschlag gibt Le­ senden einen Hinweis auf den Inhalt und vermittelt ihnen die Atmosphäre des Buchs schon vor dem Lesen. Der Umschlag weckt Leselust.

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Notizen Schwerpunkt: Skandinavische Krimis Mein Buch Interview: Waris Dirie über «Schwarze Frau, weisses Land» Saison: Bücher aus und über Afrika Bücher über Männer Der neue Auftritt von Orell Füssli Fantastisch!: Fantasy-Neuerscheinungen Kaffeepause: Die Buchhändlerinnen-Debatte Reiseberichte: Abenteuer zwischen Buchdeckeln Kreuzworträtsel Veranstaltungskalender Kolumne: So schreibe ich

Die nächste Ausgabe von books, dem Magazin der OrellFüssli-Buchhandlungen, erscheint am 10. September 2010. Sie erhalten books kostenlos in jeder Filiale. Bestellungen nehmen wir gern entgegen über www.books.ch, orders@books.ch und Telefon 0848 849 848. Buchhandlungen von Orell Füssli finden Sie in Bern, Frauenfeld, Luzern, St. Gallen, Winterthur und Zürich.

Impressum Herausgeber: Orell Füssli Buchhandlungs AG Dietzingerstrasse 3 Postfach 8036 Zürich Gesamtherstellung: Media Tune AG, Zürich Redaktion: Die Blattmacher GmbH, Zürich Gestaltung: Strichpunkt GmbH, Winterthur Foto Cover: www.johannsebastianhanel.com

Alle so gekennzeichneten Bücher sind auch als eBook auf www.books.ch erhältlich.

Einen solchen Umschlag hat auch jedes Unternehmen. Fachleute nennen ihn Corporate Design. Die Orell Füssli Buchhandlung hat jetzt ihr 17 Jahre altes Design überarbeitet und prä­ sentiert sich im neuen «Umschlag». Weshalb und wie wir den Auftritt von Orell Füssli überarbeitet haben, kön­ nen Sie auf Seite 30 nachlesen. Wie ein guter Buchumschlag gibt Ihnen unser neuer Auftritt Hinweise darauf, was Sie bei uns finden und von uns erwarten dürfen. Mit unserem neuen Auftritt wollen wir vor allem dem Buch unsere Referenz erweisen. Warum? Ganz einfach: Weil wir Bücher so sehr lieben, wie Sie das tun. Wir hoffen, Sie spüren diese Liebe fortan in allen unseren Buchhandlun­ gen – und jetzt gerade auch auf jeder Seite dieser Ausgabe von books.

Ihr András Németh Mitglied der Geschäftsleitung


© Tom Haller

Über ein Jahr lang haben zwei Schriftsteller einander Episoden um ihre Figur H. zugeschrieben: Felix Kauf, Theaterautor und Weinliebhaber, und Michel Mettler, Träger des Förderpreises der Schillerstiftung. Entstanden sind dabei 80 amüsante und erhellende Kurz- und Kürzestgeschichten über das urbane Leben des selbstverliebten H. Der Echtzeit-Verlag hat die «H. Geschichten» jetzt mit Illustrationen von Andreas Lutz veröffentlicht.

Notizen 2009 landete books-Autor Hanspeter Künzler einen Volltreffer: Seine Michael-Jackson-Biographie «Black or White» verkaufte sich über 60’000-mal und kletterte auf der Spiegel-Bestseller-Liste auf Platz 6. Eigentlich schrieb Künzler das Buch im Hinblick auf die vorgesehene Konzertreihe von Jackson in London. Doch wenige Tage vor der geplanten Veröffentlichung starb der Superstar; Künzler ergänzte sein Manuskript und war der erste, der nach dem überraschenden Todesfall eine Jackson-Biografie in die Läden brachte. Nun liefert der in London lebende Zürcher die Fortsetzung zu seinem Bestseller: «Der Thriller um Michael Jackson» beginnt dort, wo «Black or White» aufhörte. Zum einen beschäftigt sich Künzler darin mit den vielen Spekulationen und Thesen rund um Jacksons Tod, zum anderen mit den Fans des King of Pop – für sie führt kein Weg am neuen Buch vorbei.

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Der Salis-Verlag in Zürich ist mit Gründungsjahr 2006 noch jung, hat sich aber bereits ein gutes Renommee erarbeitet. Unter anderem mit der Krimiserie «Sel noir»: Schweizer Autoren schreiben Krimis mit viel Lokalkolorit. Jüngster Zuwachs der Serie ist «Du nennst das Gier» des Zugers Silvano Cerutti. Ein Zugezogener will in einem solothurnischen Kaff neu anfangen – und stolpert schon bald über eine Leiche. Lakonisch und unprätentiös geschrieben, zeigt der Krimi: In der Schweiz kann man sich auch als Ausländer fühlen, wenn man bloss aus einem anderen Kanton stammt.

Zu den wichtigsten Werken von Max Frisch zählen dessen beiden Tagebücher über die Zeiträume 1946 bis 1949 und 1966 bis 1971. Gross war die Aufregung, als im vergangenen Winter bekannt wur­ de: In den Unterlagen von Frischs ehema­ liger Sekretärin ist ein drittes Tagebuch aufgetaucht. Es stammt aus den Jahren 1982 bis 1984. Frisch war damals mit der 32 Jahre jüngeren Amerikanerin Ali­ ce Locke-Carey liiert. Diese Beziehung floss in die Erzählung «Montauk» ein und prägt auch die «Entwürfe zu einem dritten Tagebuch». Frisch selbst hielt dieses Fragment für «missglückt». Dass es jetzt trotzdem publiziert wurde, hat für rote Köpfe ge­ sorgt. Der Germanist Peter von Matt – Präsident der Max-Frisch-Stiftung – setzte sich vehement für eine Veröffentli­ chung ein, der Germanist Adolf Muschg – früheres Mitglied des Stiftungsrats – war dagegen. Für von Matt ist die­ se «Sammlung höchst verdichteter Texte» ein «Zeugnis einer Prosa, die vor Verschwiegenem förmlich bebt», für Muschg ist das «Tagebuch 3» «zu müde, müde auch im Anspruch an sich selbst». Es gibt klare Belege dafür, dass Frisch, der 1991 verstarb, dieses Manuskript nicht publizieren wollte. Doch Franz Kafka hatte ja auch verlangt, sein gan­ zes unveröffentlichtes Werk – darunter alle seine Romane – sei nach seinem Tod zu vernichten. Die Literatur wäre um einige Meisterwerke ärmer, würde man immer auf die hören, die sie schaf­ fen. Wäre es aber ein Verlust, wenn man Frischs Entscheid hinsichtlich seines drit­ ten Tagebuchs akzeptiert hätte? Der neu veröffentlichte Text ist bei weitem nicht der beste von Frisch – aber dennoch in mancherlei Hinsicht grossartig. Frischs Nachdenken über den missglück­ ten Versuch, mit ei­ ner jungen Gelieb­ ten und einer Loft in Manhattan die Zeit anzuhalten, seine Bemerkungen über das Al­ tern im Allgemeinen und die Impotenz im Speziellen, seine klugen Äusserungen über die Lage der Welt – es wäre schade, uns bliebe das alles vorbehalten.

© Andrej Reiser / Suhrkamp Verlag

Notizen


Was lesen Sie gerade? Lorenz Kaiser, Kaberettist und Buchautor, Zürich: «Ich habe eben den neuen Roman von Nick Hornby gelesen. ‚Juliet, Naked’ erzählt uns vom Leben eines mittelmässig unzufriedenen Paars in der englischen Provinz. Das einzige, was den Mann noch begeistert, ist eine Internet-Community, die sich mit dem Werk eines verschollenen Rockmusikers beschäftigt. Wie die Frau in die Computerwelt ihres Mannes eindringt, dort das Zepter übernimmt und das virtuelle Leben plötzlich real vor der Haustür steht, das ist beste witzige und spannende Erzählliteratur – und darüber hinaus eine analytisch schlaue Persiflage auf unsere Facebook-, Blog- und Chatgroup-Gesellschaft.»

Alle vier Jahre pfeift die FIFA zur FussballWM – und die Verlagswelt zur FussballBuch-Offensive. Gern würden wir hier die elf besten Neuerscheinungen zum TopTeam zusammenstellen, doch «books» ist leider keine sehr grosse Spielwiese – daher können wir Ihnen hier nur fünf Volltreffer präsentieren: 1:0 Selbst hochbegabte Fussballer gelten gemeinhin nicht gerade als Speerspitze der Intelligenzia. Doch sie sind in Tat und Wahrheit unglaublich schlau – das beweist Metin Tolan, Professor für Experimentelle Physik der Technischen Universität Dortmund in seinem neuen Buch «So werden wir Weltmeister – die Physik des Fussballspiels». Tolan hat ALLES rund um das Spiel der Spiele exakt ausgerechnet: den optimalen Abschusswinkel mit Luftwiderstand, den Flug eines Fussballs mit inversem Magnus-Effekt und den optimalen Treffpunkt für eine Bananenflanke (klar: x = a durch Wurzel 2). Das klingt jetzt alles ein wenig arg komplex, das Buch ist aber ausnehmend witzig und beantwortet auch viele einfache Fragen von Fans: Wie gross ist statistisch die Chance, nach einer 1:0-Führung als Sieger vom Platz zu gehen? Wie viele Meter muss ein Spieler zusätzlich zurücklegen, wenn einer seiner Kollegen eine rote Karte erhalten hat? 2:0 «Ich werde rennen wie ein Schwarzer, um zu leben wie ein Weisser» nimmt uns mit auf eine faszinierende Reise ins Herz des afrikanischen Fussballs. Autor Christian Ewers beschreibt, wie jun-

ge Afrikaner von der Karriere in Europa träumen, wie afrikanische Klubs darben, wie westliche NGOs Hunderte von konkurrierenden Fussballprojekten lancieren – und wie sich der Hoffnungsträger Fussball immer wieder als Strohhalm erweist. Das ist zuweilen deprimierend, aber immer faszinierend. 3:0 «Ohne Zauber kannst du nicht gewinnen», glauben viele Fussballer in Afrika – und vertrauen stärker ihrem Witchdoctor, ihrem Hexer, als ihrem Trainer. Davon berichtet Oliver G. Becker in seinem originellen Buch «Voodoo im Strafraum». Selbst knallharte Profis sind überzeugt, nur Abmachungen mit einem Heiler könnten zu Siegen führen. Becker recherchierte in West-, Ost- und Südafrika – und ermöglicht uns tiefe Einblicke in die afrikanische Kultur und Mentalität. 4:0 «Der verspielte Ball» von Günter Furrer hat das Zeugs zum Standardwerk. Locker-flockige Texte und grosse Bilder geben einen umfassenden Überblick über die Geschichte des Sports. Da das Buch im NZZ-Verlag erschienen ist, kommt auch das Fussballzentrum Schweiz nicht zu kurz. 5:0 Wenn Sie es ein wenig literarischer mögen, empfehlen wir Ihnen einen Klassiker: «Das nächste Spiel ist immer das schwerste» von Ror Wolf. «Die Welt ist zwar kein Fussball, aber im Fussball, das ist kein Geheimnis, findet sich eine ganze Menge Welt», weiss der Autor dieser wunderbaren Auseinandersetzung mit der zweitschönsten Nebensache der Welt.

Zum 100. Geburtstag am 7. Juni 2010: die erste Biografie über Monika Mann

Bücher zur WM

Enthält das New Yorker Tagebuch von 1945 und Katia Manns Monika-Büchlein der Jahre 1910 –1914 328 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag und zwei Lesebändchen CHF 39,90; ISBN 978-3-86648-125-1; www.mare.de

mare

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Notizen Wussten Sie, dass die Schweiz einen der erfolgreichsten BestsellerAutoren der Welt stellt? Denken Sie jetzt nicht an Max Frisch oder Friedrich Dürrenmatt – deren Umsätze können sich nicht einmal ansatzweise mit jenen von Erich von Däniken messen. Die über 30 Bücher, die der ehemalige Hotelier verfasst hat, sind bislang rund 63 Millionen Mal verkauft worden. In den meisten seiner Werke vertritt von Däniken eine spektakuläre These: «Ausserirdische besuchten vor langer Zeit die Erde, nahmen am frühen Menschen eine genetische Manipulation vor und werden irgendwann wieder auftau-

Vor 75 Jahren starb Thomas Edward Lawrence – oder T.E. Lawrence. Er kam 1888 in Wales zur Welt, studierte Geschichte in Oxford und lebte ab 1909 als Abenteurer und Archäologe im arabischen Raum. Schnell entwickelte er eine geradezu schwärmerische Liebe für die Beduinen. Als Mitglied des britischen Geheimdienstes nutzte Lawrence während des Ersten Weltkriegs seine Kontakte zu den Wüstenvölkern, um sie für einen Aufstand gegen den osmanischen Sultan zu motivieren. Der Brite wurde zum militärischen Anführer der Araber und trug wesentlich dazu bei,

Jubiläen chen.» Erstmals veröffentlichte er diese Überzeugung im Buch «Erinnerungen an die Zukunft», das 1968 erschien. Am 14. April hat von Däniken seinen 75. Geburtstag gefeiert. Noch immer ist der Schriftsteller voller Elan; im eben wiedereröffneten JungfrauPark hält er jede Woche Vorträge. Traditionellerweise beendet er sie mit dem Aufruf: «Bitte glauben Sie mir kein Wort!» Denn er wolle nicht einfach etwas behaupten, sondern zu neuen Denkansätzen anregen, meint der Jubilar. Am 21. April jährte sich der Todestag von Mark Twain zum 100. Mal. Samuel Langhorne Clemens, wie der geistige Vater von Tom Sawyer und Huckleberry Finn mit richtigem Namen hiess, galt als einer der geistreichsten und scharfzüngigsten Autoren seiner Zeit. Ehe er als Schriftsteller weltberühmt wurde, arbeitete er unter anderem auch als Reiseberichterstatter. Der Verlag mare hat jetzt Twains «Post aus Hawaii» neu aufgelegt. 1866 reiste der damals 31-Jährige auf die Pazifikinseln und erstattete der Zeitung Union in Sacramento regelmässig Bericht. Die Reportagen bieten schon alles, was den Meister später auszeichnen sollte: Biss, Humor, Originalität – und eine sehr leichtfüssige Ausdrucksweise. Mark-Twain-Fans können sich angesichts des Jubiläums noch auf ein anderes Fundstück freuen: Manesse legt die burleske Kriminalkomödie «Knallkopf Wilson» von 1884 neu auf. Gleich ein doppeltes Jubiläum gibt es im Zusammenhang mit Antoine de Saint-Exupéry zu vermelden. Der französische Schriftsteller und Berufspilot kam am 29. Juni 1900 zur Welt – also vor 110 Jahren. Und sein berühmtestes Werk, «Der kleine Prinz», erschien vor 60 Jahren erstmals auf deutsch. Bei Karl Rauch ist aus diesem Anlass eine Jubiläumsausgabe des Kinderbuchs erschienen – in neuer Übersetzung. 6 – books – Mai 2010

dass deren Revolution gelang. Bei allem Idealismus wusste Lawrence aber stets, dass die Briten und Franzosen das Reich der Beduinen nach der Befreiung unter sich aufteilen würden. Der Verrat an seinen Freunden verbitterte ihn zutiefst; Lawrence zog sich zurück und diente bis zu seinem Unfalltod am 19. Mai 1935 unter falschem Namen als einfacher Soldat. Daneben fand er noch Zeit, seine aufwühlenden Erlebnisse im Wüstenepos «Die sieben Säulen der Weisheit» festzuhalten – das Buch wurde ein moderner Klassiker der Literatur und diente als Vorlage für den grossartigen Film «Lawrence von Arabien», den Regisseur David Lean 1962 in die Kinos brachte. Apropos David Lean: Auch Boris Pasternak, der die Vorlage für Leans «Doktor Schiwago» lieferte, hat einen runden Todestag. Er starb vor 50 Jahren. Pasternak war einer der grössten russischen Dichter des letzten Jahrhunderts. 1958 wurde ihm der Literatur-Nobelpreis zugesprochen; er nahm diesen aber auf Druck der sowjetischen Führung nicht entgegen. Dass dem Politbüro der einzige Roman von Pasternak – eben «Doktor Schiwago» – nicht besonders gefiel, leuchtet ein; Pasternak zeichnete darin ein ungnädiges Bild der russischen Revolution, die er zwar befürwortet hatte, deren Brutalität ihn aber erschreckte. Der Roman konnte in der Sowjetunion erst zu Zeiten von Gorbatschow erscheinen, 1987. Zwei Jahre später nahm der Sohn von Pasternak in Stockholm stellvertretend für seinen Vater den Literatur-Nobelpreis dann doch noch entgegen.


Gay Life bei Orell Füssli Am Donnerstag, 17. Juni 2010, lädt die Filiale Niederdorf ab 20 Uhr zur «Warmen Nacht» ein. Für kulinarische Genüsse sorgt ein Apéro riche, für geistige Freuden ein buntes Programm. Sunil Mann liest aus seinem Romandebüt «Fangschuss» – der Krimi um den indischstämmigen Privatdetektiv Vijay Kumar spielt in Zürich. Ebenfalls einen Krimi präsentiert die Kölner Künstlerin und Schriftstellerin Andrea Karimé: «Zum Sterben in Kairo». Schauplatz ist die ägyptische Metropole, Hauptfigur die deutsch-libanesische Privatdetektivin Hala Habidi – und der Hintergrund die Genitalverstümmelung. Ebenfalls an die «Warme Nacht» kommt Autor Philipp Tingler. Er bringt seinen Roman «Doktor Phil» mit; sein Protagonist, der Schriftsteller Oskar Canow, geht darin einen Pakt mit dem Teufel ein.

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Die Teilnahme an der «Warmen Nacht im Orell Füssli» ist kostenlos.

Die Leseausrüstung: 2. Folge

Lesen bildet – und wirft ständig Fragen auf. Zum Beispiel geografische: Wo lebt Pippi Langstrumpf? Wo reitet Winnetou? Und wo liegt dieses England, in dem Harry Potter gegen dunkle Mächte kämpft? Die richtigen Antworten finden Kinder und Jugendliche jetzt auf der illustrierten, fast eineinhalb Meter brei­ ten «Kinderweltkarte». Sie lädt ein zur Weltreise im Kopf – und verweist auf Städte, Flüsse, Berge, Per­ sönlichkeiten, Meeresund Landtiere, Ge­ schichte, Weltwunder oder Staatsflaggen.

448 Seiten | CHF 29.90 | ISBN 978-3-426-19851-3

Er spielt das älteste Spiel der Welt: Verstecken. Er spielt es mit seinen Opfern. Er gibt dir 45 Stunden, sie zu retten ...

Trailer, Leseprobe und Interview auf: www.droemer.de/augensammler

Kinderweltkarte | CHF 25.90 | Hallwag

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Bedeutende Anerkennung für Orell Füssli am Bellevue in Zürich Ende April verlieh der «Schweizer Buch­ handel» in Zusammenarbeit mit dem Schweizer Buchhändler- und Verlegerver­ band (SBVV) und dem Schweizer Buch­ zentrum im Zürcher Bernhard-Theater erstmals die Preise des Schweizer Buch­ handels in vier Kategorien. Als beste Buch­ handels-Filiale 2009 wurde Orell Füssli am Bellevue gewählt – vor den ebenfalls nominierten Geschäften von Lüthy & Sto­ cker im Zürcher Einkaufszentrum Sihlcity und der Buchhandlung Neue Vulkan AG in Wil. Der Preis ist besonders erfreulich, weil die Ausgangslage für die Orell-FüssliFiliale am Bellevue 2009 wegen der inten­ siven Bautätigkeit in unmittelbarer Umge­ bung alles andere als leicht war: Die Stadt Zürich sanierte im vergangenen Jahr den Stadelhoferplatz, die Buchhandlung war während fünf Wochen vom öffentlichen Verkehr praktisch abgeschnitten. Die fach­ liche Kompetenz des Teams unter Leitung von Filialleiterin Ursula Zangger machte diesen Nachteil aber wett. Weitere Preise gingen an den Bücherladen Carol Forster in Appenzell (Buchhandlung des Jahres), an die Nasobem Buch- und Kaffeebar in Basel (Newcomer-Buchhand­ lung des Jahres) und Kein & Aber (Verlag des Jahres). Zum «Buchmensch des Jah­ res» wurde der Diogenes-Verleger Daniel Keel gekürt.

Wettbewerbsgewinner In der letzten Ausgabe von books verlosten wir Büchergutscheine unter den Teilnehmenden unseres Kreuzworträtsel-Wettbewerbs. Gewonnen haben: 1. Preis: Eric Mazurczak, Dübendorf 2. Preis: Rosemarie Lewis, Bern 3. Preis: Andrea Betschart, Luzern Herzliche Gratulation! Die Gewinner der Preise 4 bis 10 werden schriftlich benachrichtigt. 8 – books – Mai 2010

Fast fünf Jahre lang musste die riesige Leserschaft von John Irving auf dessen neuesten Roman warten. Jetzt endlich ist das zwölfte grosse Werk des US-Amerikaners auf Deutsch erschienen: «Letzte Nacht in Twisted River». Wie die meisten Romane von John Irving ist auch das neueste Buch ein gewaltiges Epos: Es erzählt eine Familien-Saga, die sich über fünf Jahrzehnte hinzieht. Ausgangspunkt ist eine Nacht im Holzfällernest Twisted River, in dem der Witwer Dominic Baciagalupo mit seinem Sohn Daniel lebt. Aus Versehen tötet der Junge die heimliche Geliebte des Vaters, eine Indianerin und offizielle Freundin des Dorfpolizisten. Fortan befinden sich die – ausschliesslich männlichen – Mitglieder der Familie Baciagalupo auf der Flucht. Wir ziehen mit ihnen durch Nordamerika, erleben mit ihnen Phasen unbeschwerten Glücks, schwere Abschiede, Neuanfänge, Hoffnungen; es ist ein Auf und Ab, das einen immer tiefer in die Geschichte hineinzieht. In den USA wurde «Letzte Nacht in Twisted River» recht unterschiedlich aufgenommen. Der Kritiker der «Financial Times» überschlug sich geradezu vor Begeisterung («a novel of excellence – absolutely unmissable»), während sich jener der «Washington Post» offenbar ziemlich langweilte. Tatsächlich ist der Anfang des Buchs eher harzig – er spielt ja auch im Holzfällermilieu. Doch der Text wird von Seite zu Seite flüssiger und entwickelt schliesslich grosse erzählerische Qualität. Wie immer warfen einige Kritiker John Irving vor, er schreibe am Ende nur über sich

© Jane Sobel Klonsky

Notizen

selbst. Tatsächlich gibt es im Roman viele Parallelen zu Irvings Leben: Daniel Bacia­ galupo wird Schriftsteller und durchlebt eine frappant ähnliche Karriere wie Irving; erst sein viertes Buch wird ein Erfolg, im Falle von Irving war das «Garp und wie er die Welt sah». Man erfährt durch Daniel viel übers Schreiben und über die Entwicklung eines literarisch kaum interessierten Jungen zum Meisterautor. Autobiografisch ist das Buch dennoch nicht. Die VaterSohn-Beziehungen sind in «Letzte Nacht in Twisted River» ausserordentlich stark und liebevoll gezeichnet. Irvings eigener Vater verschwand aber schon vor dessen Geburt. Und überhaupt – was ist das eigentlich für ein Vorwurf, jemand schreibe über sich selbst? Tun das am Ende nicht alle Autoren auf die eine oder andere Weise?

Gerade rechtzeitig zur Wandersaison erscheint der prächtige Bildband «Berg­ wandern im Tessin» des bewährten Autoren-Duos Remo Kundert und Martin Volken. Er präsentiert 45 attrak­ tive Wanderungen durch weit verzweig­ te Seitentäler, über glasklare Bäche und auf verlassenen Wegen, auf denen man meistens keiner Menschenseele begegnet. Die schönsten der 200 schönen Fotos des Buchs können im Sommer in einer Ausstellung in der Orell-Füssli-Filiale Kramhof in Zürich bestaunt werden. Alle Notizen von Marius Leutenegger


Schwerpunkt Text: Erik Brühlmann – Foto: Ulla Montan

«Das ist wirklich der letzte!» Vor neun Jahren erschien «Die Brandmauer» auf Deutsch. Es sei Henning Mankells letzter Wallander-Roman, hiess es damals. Doch Totgesagte leben bekanntlich länger: In «Der Feind im Schatten» unternimmt der beliebte Kommissar aus Ystad eine Reise in die Vergangenheit – auch in seine eigene.

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Schwerpunkt

Wallander wird politisch Vor diesem realen Hintergrund spielt «Der Feind im Schatten», Henning Mankells neuestes Buch mit dem sympathischknurrigen Kommissar Kurt Wallander in der Hauptrolle. «Das ist wirklich der letzte Wallander-Roman», beteuert der Autor und begründet gleich, weshalb er seine erfolgreichste Figur noch einmal aus dem literarischen Ruhestand geholt hat: «Ich bemerkte, dass es noch keine Geschichte um Wallander selbst gab.» Wallander-Fans mag es erstaunen, dass der Kommissar aus Ystad ausgerechnet in eine hochpolitische Geschichte verstrickt wird, schliesslich interessiert sich Wallander wenig für Politik. «Ich wollte ihn aber einmal zwingen, sich mit seiner eigenen Zeit auseinanderzusetzen», verrät Mankell. Diese Zeit war der Kalte Krieg, der auch die Menschen im neutralen Schweden prägte. Die Neutralität bezeichnet Mankell allerdings als Unsinn: «Wir standen in Wahrheit immer auf Seiten der NATO. Schweden war nicht neutral.» Und schon sind wir mitten im neuen Roman!

Alles Familiensache Wie bringt man eine Figur dazu, etwas zu tun, das sie nicht tun will – und das eigentlich gar nicht zu ihr passt? «Ich habe einen Weg gefunden, wie ich den heutigen Wallander mit diesen Ereignissen verbinden konnte», sagt der Autor von bislang über 40 Romanen. Dieser Weg – oder vielmehr Umweg – führt über die Familie. Der zukünftige Schwiegervater von Wallanders Tochter Linda, Korvettenkapitän Håkan von Enke, verschwindet nämlich plötzlich. Er war in den 1980er-Jahren Zeuge einer U-Boot-Jagd und stellte, wie Wallander he10 – books – Mai 2010

rausfindet, im Lauf der Zeit eigene Ermittlungen über die Affäre an. Wie es scheint, grub er dabei jedoch zu tief. So kommt es, dass der Kommissar in eine Geschichte über Spionage und Intrigen hineingezogen wird, ohne dass er das wirklich möchte – und ohne dass er eigentlich dafür qualifiziert wäre: «Politik hatte er als eine höhere Macht abgetan, die über die Möglichkeiten der Polizei, Ruhe und Ordnung zu bewahren, bestimmte, kaum mehr.» Mit dieser höheren Macht bekommt es Wallander jetzt aber zu tun; er gerät in einen Strudel, der ihn immer tiefer in ein heikles Thema der schwedischen Geschichte zieht. «Der Feind im Schatten» ist in Mankells Heimatland bereits erschienen. Wie haben die Leser auf die Themenwahl reagiert? «Die einen sagten: Gut, dass mal jemand diese Geschichte aufgreift. Die anderen fanden, man solle die Dinge ruhen lassen – wie immer, wenn es um weniger ruhmvolle Aspekte der Vergangenheit geht.» Die Dinge ruhen zu lassen ist allerdings weder die Art des Autors Henning Mankell noch die des Kommissars Kurt Wallander. Der Polizist gewinnt im Roman deshalb die Oberhand über den Politikmuffel – und die Geschichte nimmt ihren mysteriösen, für Wallander undurchsichtigen Lauf.

«Ich bemerkte, dass es keine Geschichte um Wallander selbst gab.»

© Lina Ikse Bergmann

Ostschweden im Oktober 1981: Ein sowjetisches U-Boot läuft vor dem Marinestützpunkt Karlskrona auf Grund. Wie es unbemerkt bis dorthin gelangen konnte, ist ein Rätsel. Der Vorfall ist der Beginn einer wahren Hysterie im politisch neutralen Schweden. Die Bevölkerung fürchtet eine sowjetische Infiltration, das Militär Spionagekampagnen des «russischen Bären». Meldungen der schwedischen Marine über U-Boot-Sichtungen häufen sich in den folgenden Jahren, doch nichts wird aufgespürt. Noch heute ranken sich mehr Mythen als Fakten um die schwedische UBoot-Jagd im Kalten Krieg.

Henning Mankell «Ich stehe mit einem Fuss im Schnee und mit dem anderen im Sand», sagte Henning Mankell einmal und meinte das sowohl biografisch

Blick zurück ohne Zorn

als auch literarisch. Geboren 1948 im schwe-

Wie es sich für den letzten Roman einer Serie gehört, schliesst Mankell einige Wissenslücken seiner Leser, von denen es allein im deutschsprachigen Raum über 20 Millionen gibt. «Der Feind im Schatten» ist ebenso ein politischer wie auch ein persönlicher Roman geworden. Kurt Wallander, der Meister der Verdrängung, setzt sich plötzlich mit seinem Privatleben ernsthaft auseinander – weshalb? «Es ist der ganz normale Prozess, den Wallander durchmacht», erklärt der Autor. «Wenn man 60 ist, gibt es ein paar Gewissheiten. Du weisst, mehr als die Hälfte deines Lebens hast du bereits hinter dir. Du bewegst dich aufs Ende zu, die wichtigsten Entscheidungen in deinem Leben sind gefallen. Also ist es ein natürlicher Impuls, rückwärts zu blicken.» Für den Kommissar aus Ystad ist dieser Rückblick – wie es seiner etwas dramatisierenden Natur entspricht – alles andere als positiv. Ihm wird bewusst, was in seinem Leben gewollt oder ungewollt anders verlief, als es hätte können oder sollen. Und die Summe dieser Versäumnisse trübt

dischen Stockholm – dem Schnee –, verbringt der Schriftsteller und Theaterleiter schon seit Jahren die Hälfte seiner Zeit in Mosambik – dem Sand. Dieser Spagat ist die Erfüllung eines Kindheitstraums. «Afrika war der exotischste Ort, den ich mir vorstellen konnte – das Ende der Welt –, und ich wusste, ich würde eines Tages dort hingehen.» Nach Afrika ging er nach der Veröffentlichung seines ersten Romans «Bergsprängaren». Von da an verbrachte er viel Zeit auf dem Schwarzen Kontinent, vor allem in Mosambik. Auch viele Wallander-Romane entstanden dort. Seine Liebe zu Afrika hat der sozial äusserst engagierte Schriftsteller auch durch einige Romane ausgedrückt, die sich mit den Problemen, aber auch mit der reichen Geschichte des Kontinents auseinandersetzen. Derzeit arbeitet Mankell an einem Theaterstück über den Biologen Charles Darwin und seine Schiffsreise. Zudem plant er ein Drehbuch über das Leben des verstorbenen schwedischen Regisseurs Ingmar Bergman. Mankell ist in dritter Ehe mit Bergmans Tochter Eva verheiratet und hat vier Söhne aus seinen ersten beiden Ehen.


Schwerpunkt Wallanders Aussichten für die Zukunft, wie er beim Besuch eines Pflegeheims vor Augen geführt bekommt: «Es bedrückte Wallander, all die Alten zu sehen, die mit ihren Rollatoren umherschlurften oder dasassen und an die Wand starrten, von Schweigen und Isolation umgeben. Seine Furcht vor dem Alter hatte sich mit den Jahren ständig verstärkt.» Es ist die Furcht vor der Einsamkeit, die Wallander erschüttert. Denn ihm wird bewusst, dass er seine privaten Kontakte sträflich vernachlässigt hat. Stellt sich auch Henning Mankell, der ja im gleichen Alter wie die Romanfigur ist, Fragen nach dem Verlauf seines Lebens? «Ja, aber ich muss vor diesen Fragen keine Angst haben», sagt er. «Ich hatte grosses Glück, und ich konnte in meinem Leben genau das machen, wovon ich geträumt habe.»

Erfolgsrezept Menschlichkeit Dass Kurt Wallander zu den Menschen gehört, die nicht so viel Glück hatten, ist eines der Erfolgsgeheimnisse der Wallander-Romane. «Wallander ist kein hartgesottener Held», beschreibt Mankell seine beliebteste

«Wenn man 60 ist, gibt es ein paar Gewissheiten. Du weisst, mehr als die Hälfte deines Lebens hast du bereits hinter dir. Du bewegst dich aufs Ende zu.» Schöpfung. Der Kommissar aus Ystad ist mehr Inspektor Columbo als Bruce Willis – einer, der seine Schwächen und Fehler hat und mit ihnen lebt, anstatt auf die Zähne zu beissen und sich den Weg bis ans Ende des Falls freizuschiessen. Wie jeder Mensch versucht auch Wallander, bestimmte Dinge zu verdrängen, doch muss er eben immer wieder feststellen, dass sie zu Unzeiten zurück an die Oberfläche kommen. Die Gesundheit – oder viel eher die Angst vor der Krankheit – ist ein solches Thema. Diesmal ist es die Vergesslichkeit, die den Kommissar plagt. Plötzliche «Filmrisse» lassen ihn das Schlimmste befürchten – Alzheimer –,

und sie veranlassen ihn schliesslich dazu, zum Arzt zu gehen. Kurt Wallander ist, wie Mankell es ausdrückt, «in bestimmter Hinsicht sehr durchschnittlich»; eine Figur, in der sich jeder Leser bis zu einem gewissen Grad wiederfinden kann. «Da draussen laufen wahrscheinlich Millionen verschiedene Wallanders herum», sagt der Autor und meint damit, dass «jeder Leser seinen eigenen Wallander im Kopf hat.»

Wirklich ein Abschied für immer? «Der Feind im Schatten» ist voller Melancholie, beinahe schon Schwermut. Es ist ein Abschied auf Raten, den der Leser gemeinsam mit der Hauptfigur durchlebt. Denn je mehr Türen sich in Wallanders Leben schliessen, desto mehr wird klar, dass Henning Mankell diesmal wohl keinen Rücktritt vom Rücktritt machen wird. Obwohl er als Autor noch nicht alle Facetten Wallanders erforscht habe: «Ich bin mir sicher, dass es viele Aspekte seines Charakters gibt, die ich nicht kenne, denn ich weiss ja schliesslich auch nicht alles über mich selbst.» Doch der schwedische Bestsellerautor ist nicht sentimental. In einem Interview mit der «Zeit» gesteht er zwar ein, er fände es gut, wenn die Leser Wallander vermissten – ihm als Autor gehe es jedoch nicht so: «Für mich war Wallander einfach ein Teil meiner Arbeit.» Ausserdem habe er ja nicht nur Kurt Wallander Leben eingehaucht: «Ich habe so viele andere Bücher geschrieben. Die sind doch auch interessant.» Dennoch, ein winzig kleines Hintertürchen lässt sich Henning Mankell in Sachen Wallander offen, wie er der «Zeit» verriet: «Ich habe ja immer noch die Möglichkeit, über seine Tochter zu schreiben. Und wenn ich über die Tochter schreibe, wird der Vater irgendwo im Hintergrund sein.»

Wallander-Romane: Eine Auswahl Wallanders erster Fall 432 Seiten CHF 17.90 dtv

Der Absturz eines Sportflugzeugs entpuppt sich auf den zweiten Blick als alles andere als ein Unfall. Erzählungen aus der frühen Zeit Wallanders. Mörder ohne Gesicht 336 Seiten CHF 17.90 dtv

Der erste Roman der Wallander-Reihe: Der Mord an einem Bauernehepaar zieht immer weitere Kreise. Hunde von Riga 352 Seiten CHF 17.90 dtv

Ein Rettungsboot wird an der schwedischen Küste angespült. Die Besatzung wurde ermordet. Ein Roman über die Veränderungen im Ostblock. Die weisse Löwin 544 Seiten CHF 17.90 dtv

Das Verschwinden einer Immobilienmaklerin weitet sich zu einem internationalen Komplott aus. Mankell schlägt einen Bogen zu seinem geliebten Afrika. Der Mann, der lächelte 384 Seiten CHF 17.90 dtv

Eiskalte Berechnung, Betrug und Organhandel: Ein scheinbar einfacher Autounfall erweist sich als Spur zu Grausamem. Die falsche Fährte 512 Seiten CHF 17.90 dtv

Der Selbstmord eines jungen Mädchens führt rasch zur dramatischen Jagd nach einem Serienkiller. Der Feind im Schatten 592 Seiten CHF 43.90 Zsolnay

books – Mai 2010 – 11


Buchtipps

Brahmsrösi

Das alte Kind

Stefan Haenni

Zoë Beck

Moritz Auf der Maur, Präsident der Thuner Brahms-Gesellschaft, kann es kaum glauben: Ein Unbekannter bietet ihm die Originalpartitur der berühmten «Thuner Sonate» von Johannes Brahms zum Kauf an. Dabei hatten die Handschriften des Meisters bisher als verschollen gegolten. Allerdings erhalten eine Krakauer Bibliothek, das Brahms-Archiv in Lübeck und die Brahmsgesellschaft BadenBaden dasselbe verlockende Angebot. Misstrauisch geworden, beauftragt Auf der Maur den Privatdetektiv Hans-Peter Feller, die Echtheit der Noten zu prüfen. Was als scheinbar harmloser Auftrag beginnt, verwandelt sich schon bald in einen Fall von Mord und anderen musikalischen Mysterien.

Als die Schwester im Krankenhaus Carla das Baby in die Arme legt, ist sich Carla sicher: Das ist niemals ihr Kind! Doch niemand glaubt ihr... Als Fiona in der Badewanne zu sich kommt, färbt sich das Wasser langsam rot – von ihrem Blut. Mit letzter Kraft schleppt sich Fiona zum Telefon. Später, im Krankenhaus, behauptet sie, jemand wollte sie umbringen. Doch niemand glaubt ihr... Kurz danach wird die Leiche von Fionas Mitbewohnerin gefunden. Sie sieht Fiona auffallend ähnlich. Hatte Fiona etwa doch Recht? Hat es jemand auf sie abgesehen? Der neue Roman der deutsch-britischen Autorin Zoë Beck, die ihre Liebe zum Krimi am Grab von Agatha Christie entdeckte.

230 Seiten

304 Seiten

CHF 18.90

CHF 15.90

Gmeiner

Bastei Lübbe Taschenbuch

ISBN 978-3-8392-1036-9

ISBN 978-3-404-16443-1

Grand Cru

Stieg Larsson – Die Biographie Jan-Erik Pettersson

Martin Walker Das Périgord in Frankreich ist nicht nur ein Gourmet-Paradies, sondern auch ein fantastischer Boden für Spitzenweine. Der kalifornische Wein­ unternehmer Bondino ahnt das und entwickelt grosse Pläne: Er will das ganze Tal aufkaufen und dem Périgord seinen einstigen Rang als Heimat von Grands Crus zurückzugeben – unter gewissen Bedingungen. Das ehrgeizige Vorhaben löst erbitterte Streitigkeiten aus, und sogar die alte Freundschaft zwischen Bruno, Chef de police, und dem Bürgermeister droht darüber zu zerbrechen. Als eine Leiche in einem Weinfass gefunden wird, überschlagen sich die Ereignisse. Der zweite BrunoRoman des in Frankreich lebenden Schotten Martin Walker.

Das Erscheinen seiner Millennium-Trilogie hat der zu Lebzeiten als Autor völlig unbekannte Stieg Larsson nicht mehr erlebt. Heute gilt er als einer der wichtigsten Schriftsteller Schwedens – und jetzt hat sein ehemaliger Lektor Jan-Erik Pettersson seine Biografie geschrieben. Larsson, der 2004 mit nur 50 Jahren an einem Herzinfarkt starb, war Gründer der antirassistischen Vereinigung EXPO und Herausgeber des gleichnamigen Politmagazins. Petterssons Buch legt den Fokus auf den politischen Menschen Stieg Larsson. Dem Biografen standen alle relevanten Quellen und Interviewpartner zur Verfügung: die Weggefährten Larssons bei EXPO, die Familie Larsson und viele enge Freunde.

384 Seiten

300 Seiten

CHF 39.90

CHF 35.90

Diogenes

Aufbau

ISBN 978-3-257-06750-7

ISBN 978-3-351-02719-3

12 – books – Mai 2010


Schwerpunkt

Morden im Norden Was macht skandinavische Krimiautoren so erfolgreich? Bei allen Unterschieden vielleicht eines: Dass viele von ihnen keine Geschichten über Verbrechen erzählen, sondern von Menschen, die zu Opfern und Tätern werden. Text: Benjamin Gygax

von einem älteren Herrn, der sich irgendwie übergangen fühlt.» Doch ein weiterer schwedischer Autor teilte Perssons Urteil. Ernst Brunner verglich die Krimis junger Autorinnen mit der «Scheisse von Möwen, die meine Insel in den Stockholmer Schären kaputtmachen.» Björn Ranelid legte sich gar mit Schwedens grösster Erfolgsautorin an. Er verkündete, eine Million Schweden könne schreiben wie Liza Marklund – die immerhin über neun Millionen Bücher verkaufte. Allerdings störte sich Ranelid vor allem am Foto der blonden jungen Autorin, das auf all ihren Büchern prangt. «Wenn das so weitergeht, wird die Belletristik untergehen», unkte er. Offensichtlich tobte ein Konflikt entlang der Geschlechter- und Generationengrenze. Deshalb überrascht das Urteil der Krimiautorin Mari Jungstedt nicht; als Ursache der Schlammschlacht sah sie die Verzweiflung von Männern, die es «nicht ertragen können, von erfolgreichen und schönen Frauen aus dem Feld geschlagen zu werden».

Lackmustest für die Gesellschaft

Mikael Blomkvist, der Held aus Stieg Larssons Erfolgskrimi «Verblendung», ist kein aufmerksamer Vater. Doch zu Weihnachten besucht er seine Tochter: «Pernilla bekam einen Computer, den sie sich gewünscht hatte und den Mikael und Monica gemeinsam gekauft hatten. Mikael bekam eine Krawatte von seiner Exfrau und einen Åke-Edwardson-Krimi von seiner Tochter.» Stieg Larsson ist nicht der einzige schwedische Autor, der in einem seiner Krimis einem anderen Autor seine Referenz erweist. Auch Liza Marklund bezieht sich in ihrem Buch «Lebenslänglich» auf das Werk eines Kollegen. Während einer Besprechung der jungen Polizistin Nina Hoffmann mit ihrem Dienstgruppenleiter Pettersson macht dieser seinem Pessimismus Luft: «Was für

eine entsetzliche Geschichte, wo soll das mit unserer Gesellschaft noch hinführen?» Nina denkt sich: «Er hört sich an wie Kommissar Wallander.»

Jung, blond und erfolgreich Auch wenn sich Skandinaviens Krimiautoren aufeinander beziehen, heisst das nicht, dass sie eine grosse, glückliche Familie sind – vor wenigen Jahren flogen gewaltig die Fetzen. In einem Interview fällte der 65-jährige Kriminologe und Buchautor G.W. Persson über seine Kollegin Camilla Läckberg das wenig schmeichelhafte Urteil, sie schreibe «im Stil dümmlicher Kinderbücher» und lege ihre Krimis an wie «Kitschnovellen für Pferdemagazine». Die öffentlich Getadelte zögerte nicht lange und schoss zurück: «Das ist einfach Pisse

Trotz Neid und Streit haben Schwedens Krimiautorinnen und -autoren etwas Besonderes geschafft: Sie haben ihre Herkunft zu einem Qualitätssiegel gemacht und das Genre neu belebt. Doch gibt es sie wirklich, die «Schwedische Krimischule»? «Wir Schweden denken gerne, dass wir die perfekte Gesellschaft kreiert haben», meint Liza Marklund selbstkritisch, «und wir glauben, dass das Problem aller anderen ist, dass sie keine Schweden sind.» Schwedens Krimiautoren hätten «als erste registriert, dass wir keineswegs so perfekt sind», glaubt die Autorin. Tatsächlich stochern viele skandinavische Autoren in den Wunden der Gesellschaft, statt einfach klassische «Wer-hat-es-getan» mit einem immergleichen Meisterdetektiv zu schreiben. Sie zeichnen ein vielschichtiges Bild der Verbrechen, der handelnden Personen und der Gesellschaft, in der ein Verbrechen begangen wird.

Die Eltern des Genres Als «Eltern» dieses Krimistils gelten Maj Sjöwall und ihr 1975 verstorbener Mann Per Wahlöö. Die beiden bekennenden Marxisten schrieben während zwölf Jahren zehn Romane um Kommissar Martin Beck. Die Romane des Paars gelten auch heute noch als Massstab für sozialkritische Kribooks – Mai 2010 – 13


Schwerpunkt militeratur. Maj Sjöwall, die heute Krimis übersetzt, meint: «Wir wollten die Form des Kriminalromans nutzen, um eine Gesellschaft zu beleuchten». So wie Wahlöö und Sjöwall haben viele skandinavische Autoren seismografisch auf gesellschaftliche Veränderungen und Missstände reagiert und über Fremdenhass, entfesselten Kapitalismus, den Fall des eisernen Vorhangs, Jugendgewalt oder die Entsolidarisierung der Gesellschaft geschrieben – Mord und Totschlag waren nur die tragischen Folgen.

Gewalt als Symbol Diese Folgen beschreiben skandinavische Autoren oft drastisch – zum Beispiel Arne Dahl. Doch in der Regel ist Gewalt nicht Selbstzweck. Åke Edwardson meint: «Der Krimiautor trägt vielleicht die grösste Verantwortung von allen: Jemand, der über Gewalt und die Mechanismen von Gewalt, über die existentielle und soziale Tristesse schreibt, ist verpflichtet, auch einen Hauch von Empathie und Humanismus in sein Schreiben einfliessen zu lassen.» Diese Haltung teilt Karin Alvtegen, die Grossnichte von Astrid Lindgren. Auch sie ist eine erfolgreiche Krimiautorin: «Wenn man in einem Genre schreibt, das meistens mit Mord, Tod und Elend zu tun hat, dann, finde ich, habe ich auch die Verantwortung, meinen Lesern dem noch etwas anderes entgegenzusetzen: Empathie, Respekt für den Menschen und dass man sich den Konsequenzen seiner Handlungen bewusst sein muss. Gewalt ekelt mich an.» Oft bedienen sich die Autoren nur deshalb der Gewalt, um gesellschaftliche Zustände, das Schicksal eines Menschen oder seinen Gemütszustand symbolisch darzustellen. Im Vordergrund steht das Interesse an Tätern, Opfern und Ermittlern als Menschen.

Menschen unter der Lupe Liza Marklund will Romane über Frauen schreiben, «die wie ich und meine Freundinnen leben. Die verheiratet sind, Kinder haben, zu viel arbeiten, Ärger in der Familie haben und zu wenig Sex.» Ihre Romanfigur Annika Bengtzon leidet unter ihrer Doppelbelastung als Journalistin und Mutter und verliert ihr Selbstvertrauen, als ihr Mann sie wegen einer Affäre verlässt. Vielen männlichen Ermittlern geht es nicht viel besser; sie sind einsame Eigenbrötler oder grantige Querköpfe wie Kurt Wallander von Henning Mankell oder Kommissar 14 – books – Mai 2010

Gunnarstranda von Kjell Ola Dahls. Eine Ausnahme bildet Erik Winter, Åke Edwardsons Hauptkommissar aus Göteborg. Er lernt die Ärztin Angela kennen, sie wird schwanger und das Paar zieht zusammen. Im achten von elf Winter-Romanen nimmt sich der Polizist eine Auszeit und zieht mit seiner Familie an die spanische Costa del Sol. Doch auf die Frage, ob Erik Winter glücklich sei, erwidert Åke Edwardsons: «Nein, das glaube ich nicht. Er versucht es, aber Glück ist ein schwieriges Wort. Vielmehr geht es darum, sein Gleichgewicht im Leben zu finden. Erik brauchte diese sechsmonatige Auszeit in Marbella, um etwas Abstand von all dem Dunklen zu gewinnen, dem er in seinem Leben als Polizist ausgesetzt ist.» Wir nehmen am Leben der skandinavischen Ermittler teil – viel stärker als an jenem von Sherlock Holmes oder Hercule Poirot. Henning Mankell erklärt: «Wallander ändert sich andauernd, wie Sie und ich sich ändern. Das macht ihn lebendig.»

Vom Buch zum Film Die vielseitigen Stärken der schwedischen Krimis ziehen nicht nur viele Leserinnen und Leser in ihren Bann, sondern locken auch die Filmindustrie auf der Suche nach neuen Stoffen. Zahlreiche schwedische Krimiautoren haben ihre Rechte an die schwedische Produktionsgesellschaft Yellow Bird verkauft, die schon die Mankell-Verfilmungen mit Keneth Brannagh oder Stieg Larssons Millennium-Trilogie fürs Kino aufbereitete. Zurzeit sind Verfilmungen der Annika-Bengtzon-Romane von Liza Marklund, der Krimis von Jo Nesbø und von Mankells «Der Chinese» in Vorbereitung. Die Welle aus Schweden wird also in den nächsten Jahren auch im deutschsprachigen Raum von den Buchhandlungen ins Kino überschwappen. Und auch hier gibt es ein altes Vorbild: Einer der bekanntesten Romane des Duos Sjöwall und Wahlöö heisst «Mord im 31. Stock». Der medienkritische Krimi kam schon 1982 unter dem Namen «Kamikaze 1989» mit Rainer Werner Fassbinder in der Rolle des Kommissars in die Kinos.

Neu oder bewährt: Krimis aus Skandinavien Leopard Jo Nesbø 698 Seiten | CHF 39.90 | Ullstein

Als eine Serie grausamer Morde Oslo erschüttert, kehrt Harry Hole aus Hongkong zurück. Die Spuren führen ihn von Norwegen nach Ruanda. Letzter Gruss James Patterson, Liza Marklund 350 Seiten | CHF 35.90 | Limes

Der New Yorker Cop Jacob Kanon will die Mörder seiner Tochter fassen – gemeinsam mit der schwedischen Reporterin Dessie Larsson. Dunkelziffer Arne Dahl 415 Seiten | CHF 34.90 | Piper

In Nordschweden verschwindet die 14-jährige Emily. Die Spuren führen Kerstin Holm ins Internet, wo die junge Emily ihre eigene Rolle spielte. Blutfeinde Kjell Ola Dahl 400 Seiten | CHF 17.90 | Lübbe

Ein Polizeibeamter wird erschossen aufgefunden. Kommissar Gunnarstrandas Ermittlungen werden aus den eigenen Reihen torpediert. Auf der falschen Spur Leena Lehtolainen 416 Seiten | CHF 17.90 | Rowohlt

Journalistin Jutta Särkikoski deckt einen Dopingskandal auf und erleidet einen dubiosen Unfall. Als auch noch ein Mann vergiftet wird, ist Maria Kallio alarmiert. Schuld Karin Alvtegen 237 Seiten | CHF 16.90 | DuMont

Ein abgetrennter Zeh ist das makabre Geschenk einer Stalkerin für ihr Opfer. Peter Brolin, der ahnungslose Kurier, macht sich auf die Suche nach ihr. Die Tote im Götakanal Maj Sjöwall, Per Wahlöö 272 Seiten | CHF 17.90 | Rowohlt

Kommissar Martin Beck steht im ersten Band der berühmten Serie vor einem absoluten Rätsel: Einer toten Frau im Götakanal. Zimmer Nr. 10 Åke Edwardson 480 Seiten | CHF 19.90 | Ullstein

Die Tote im Zimmer Nr. 10 eines heruntergekommenen Hotels führt Erik Winter zurück zu seinem ersten ungelösten Fall. Gibt es eine Verbindung?


Schwerpunkt

Die drei Kriminalromane von Stieg Larsson gehören zu den meistverkauften Büchern der Gegenwart. Wegen seines frühen Tods blieb der Mensch hinter dem Erfolg jedoch verborgen. Jetzt bringen zwei neue Publikationen den Autor seinen Fans näher. Text: Benjamin Gygax Foto: David Lagerlöf

«Verblendung», «Verdammnis», «Vergebung»: die drei Kriminalromane – auch bekannt als Millennium-Trilogie – wurden bislang weltweit 22 Millionen Mal verkauft. Der Autor dieses Krimiwunders, der Schwede Stieg Larsson, bleibt allerdings im Hintergrund. Man stösst immer nur auf dasselbe schwarz-weiss Bild: ein sympathisch wirkender Mann mit altmodischer Brille, den Kopf aufgestützt. Wären die Haare nicht braun, er entspräche genau unserer Vorstellung von einem Schweden.

ISBN 978-3-404-16404-2 | sFr. 17,90

Dass der Autor hinter seinem Werk so stark zurücktritt, hat einen einfachen Grund: Der Journalist und Schriftsteller starb 2004 mit 50 Jahren in seinem Büro an den Folgen eines Herzinfarkts. Jetzt aber rücken zwei neue Publikationen Stieg Larsson in den Mittelpunkt. Eben ist unter dem Titel «Stieg Larsson. Die Biographie» die Lebensgeschichte des Journalisten, Autors und Menschenrechtsaktivisten erschienen. Jan-Erik Pettersson, der Lektor von Larssons Büchern, zeichnet nach, was diesen antrieb und wie sehr Überzeugungen

und Taten bei Stieg Larsson im Einklang standen. Einen sehr persönlichen Blick auf den Autor präsentiert der Journalist Kurdo Baksi in seinem Buch «Mein Freund Stieg Larsson». Beide Bücher zeigen einen Menschen, der in seinem Umfeld eine starke Wirkung entfaltete – aber dennoch im Hintergrund blieb. Die Zurückhaltung von Larsson hatte eine unangenehme Ursache: Der Autor war ein Aktivist gegen Fremdenhass und ein Kenner der rechtsextremen Szene in Schweden – davon zeugt auch sein vielbeachtetes Werk «Die extreme Rechte». Larsson erhielt von seinen Gegnern regelmässig Todesdrohungen und hinterliess im Alltag deshalb möglichst wenig Spuren. Dass die Drohungen gegen ihn nicht aus der Luft gegriffen waren, zeigte ein Sprengstoffanschlag auf einen seiner Mitarbeiter. Doch Larsson liess sich nie einschüchtern; er ging einem Brotjob in einer Nachrichtenagentur nach, um den Traum von der eigenen Zeitschrift gegen Fremdenhass finanzieren zu können. Und nachts schrieb er an seinen Büchern, in die viel aus seinem Leben und Denken einfloss.

Unsere

Top-Titel Zum Weinen schön

Zum Nerven zerreißen

Stieg Larsson plante eine Serie von zehn Kriminalromanen und war überzeugt, die Bücher würden ihm ein angenehmes Alter sichern. Aus der Altersvorsorge für den Autor wurde mittlerweile ein Erbstreit epischen Ausmasses zwischen seiner Familie und seiner Lebensgefährtin Eva Gabrielsson. Um sie aus der Schusslinie seiner rechtsextremen Feinde zu halten, hatte das Paar auch nach 32 Jahren Beziehung nicht geheiratet. Deshalb ging Eva Gabrielsson nach Larssons Tod leer aus, obwohl sie die Arbeit an seinen Büchern eng begleitete. Der Streit tobt unter anderem um den Laptop des Autors, der sich im Besitz von Eva Gabrielsson befindet. Die Festplatte enthält das weit gediehene Manuskript zu einem weiteren Roman – der vielleicht von einem anderen Autor fertig gestellt werden könnte. Je nach Informationsquelle wehren sich entweder seine Erben oder seine Lebensgefährtin gegen eine Veröffentlichung. Ob also die Fans von Stieg Larsson je eine Fortsetzung der Millennium-Trilogie lesen dürfen, steht in den Sternen. Ob Larsson damit einverstanden wäre, ebenso.

Stieg Larsson. Die Biographie Jan-Erik Pettersson 300 Seiten CHF 35.90 Aufbau

Mein Freund Stieg Larsson Kurdo Baksi 224 Seiten CHF 34.90 Heyne

ISBN 978-3-7857-6036-9 | sFr. 27,90

Stieg Larsson: Journalist, Aktivist und Autor

books – Mai 2010 – 15 www.luebbe.de


Mein Buch

Wir möchten von Orell-Füssli-Kundinnen und -Kunden wissen: Welches ist Ihr liebstes Buch? Heute antwortet Kerstin Jaeger aus Solothurn. Sie hat immer wieder andere Lieblingsbücher – und im Moment gerade zwei. Aufzeichnung: Susanne Loacker

«Mein Alltag an der Hochschulbibliothek der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW hat viel mit wissenschaftlicher Recherche, elektronischen Informationsquellen und Sachbüchern zu tun. Zum Ausgleich lese ich in meiner Freizeit am liebsten Belletristik – querbeet. Ein Leben ohne Bücher kann ich mir nicht vorstellen. Ich kann mich auch nur schwer von bereits gelesenen Büchern trennen. Das bekommen vor allem jene zu spüren, die mir beim Zügeln helfen – in den vergangenen 17 Jahren sechs Mal, und das mit 65 Laufmetern Bücher! Im Moment habe ich zwei Lieblingsbücher. Das eine stammt von Jeannette Walls und heisst «Schloss aus Glas». Es ist die inhaltliche Fortsetzung des soeben erschienenen Romans «Ein ungezähmtes Leben»,

den ich auch schon verschlungen habe. Die Autorin hat also gewissermassen zuerst den Nachfolger veröffentlicht. «Schloss aus Glas» ist so etwas wie ein Road-Movie über eine Generation der Familie Walls: Die Eltern ziehen mit ihren Kindern rastlos von Ort zu Ort, sind Lebenskünstler der besonderen Art, leben zeitweise sogar obdachlos. Der Vater erzählt unglaubliche Geschichten, schenkt seinen Kindern Sterne, erklärt ihnen auf spezielle Art die Welt und das Leben und verspricht seiner Tochter ein Schloss aus Glas, in dem sie leben werden, wenn sie an DEM Ort in der Wüste angekommen sind, an dem sie für immer bleiben. Die Tochter erzählt aus ihrer Perspektive sehr pointiert, aber ohne Bitterkeit von einer seltsamen Kindheit in einer verrückten Familie. Mein anderes momentanes Lieblingsbuch ist ein Kontrastprogramm: «Treffen sich zwei» von Iris Hanika. Wie der Titel schon andeutet, geht es darin um die ewigen Fragen rund um Beziehungen zwischen Männern und Frauen – und um die Kommunikation sowie deren Fallstricke im Speziellen. Das ist locker-flockige und dennoch niveauvolle Lektüre mit einem Quäntchen

ein Weg, der hilft,

die UmWelt zU schonen Und energie zU sparen: Wenn Sie bei Ihrer nächsten Bestellung Ihr Getränk in Ihrem Tumbler mitnehmen, schenken wir Ihnen 50 Rappen. Eine Empfehlung der Starbucks Coffeehouses in den Orell Füssli Buchhandlungen im Westside (Bern), im Kramhof und am Stadelhofen 16 – booksGültig – Mai 2010 (Zürich). in allen Starbucks Coffeehouses in der Schweiz.

Schloss aus Glas Jeanette Walls

Treffen sich zwei Iris Hanika

384 Seiten CHF 17.90 Heyne

238 Seiten CHF 15.90 btb

© 2010 Starbucks Coffee Company. All rights reserved. Printed in Germany.

«Ich habe 65 Laufmeter Bücher!»

Wahrheit; ein wunderbarer, erwachsener Liebesroman mit viel Sprachwitz und Zitaten aus Klassikern der Literatur und Musik. Die Geschichte wird aus der wechselnden Perspektive von Senta und Thomas erzählt und beschreibt deren Gedanken sehr exakt. Und von Berlin kriegt man auch noch etwas mit... Ich lese viel, kann mir gut eine Nacht um die Ohren schlagen, wenn mich ein Buch wirklich packt. Mag ich eine Autorin oder einen Autor, kaufe ich weitere Bücher von ihnen oder ich lasse mir von Freunden, Bekannten oder Buchhändlerinnen Tipps geben. Da ich zur Arbeit mit dem Zug von Solothurn nach Zürich pendle, habe ich jeden Tag zwei Stunden geschenkte Lesezeit. Als eher haptisch veranlagte Person halte ich gern ein richtiges Buch in den Händen. Belletristik online zu lesen, kann ich mir noch nicht vorstellen – obwohl das für das Styling und meinen Rücken besser wäre: Da ich immer mindestens ein Buch in der Handtasche habe, fällt die nie so klein aus, wie ich mir das manchmal wünschte.»


Buchtipps

Da muss man durch

Das Lächeln des Himmels

Hans Rath

Ben Bennett

Die grosse Liebe ist unerreichbar, die Karriere so gut wie im Eimer, die Stimmung auf dem Nullpunkt. Paul hat die Nase voll. Von seinen Freunden Günther, Bronko und Schamski lässt er sich zum Aussteigen überreden, zum dolce vita auf Mallorca. Der Traum: Sonne, Strand und gute Laune. Die Realität: Sonne, Strand und nichts als Ärger. Auch das Paradies hat eben seine Tücken. Beziehungskrachs, Eifersuchtsdramen und unglückliche Affären gibt es auch unter südlicher Sonne. Und von irgend etwas muss man ja auch leben... Der Nachfolger des Bestsellers «Man tut, was man kann» verspricht höchst unterhaltsame Sommerlektüre mit Happy-Hour-Garantie.

Harvey, der junge Professor aus dem sonnigen Los Angeles, ist einsam. Denn er hat zwar seine grosse Liebe Liv getroffen – aber auch durch den Tod verloren. Doch an Heiligabend, als weisse Flocken vom Himmel fallen, tritt die mysteriöse Hannah in sein Leben, die Liv bis aufs Haar gleicht. Zufall? Schicksal? «Beim nächsten Schnee wirst du deine grosse Liebe treffen», hat es geheissen. Aber manchmal muss man erst loslassen, bevor man sein wahres Glück finden und festhalten kann... Der Nachfolger von «Solange es Wunder gibt», dem erfolgreichen Erstlingswerk von Ben Bennett, ist ein märchenhafter Roman über die Liebe und andere Mysterien – und geht mitten ins Herz.

272 Seiten

240 Seiten

CHF 28.90

CHF 15.90

Wunderlich

Bastei Lübbe Taschenbuch

ISBN 978-3-8052-0899-4

ISBN 978-3-404-16459-2

Das Leben kleben

Das grosse Glück kommt nie allein Kajsa Ingemarsson

Marina Lewycka Georgie Sinclair hat gerade ihren Mann vor die Tür gesetzt. Ihr Sohn entwickelt eine beunruhigende Vorliebe für Weltuntergangs-Websites. Und ihren Job bei einem Klebstoff-Fachmagazin findet Georgie auch nur bedingt faszinierend. Da trifft sie eines Tages die verschrobene Jüdin Mrs. Shapiro, die allein in einem halb verfallenen alten Haus lebt. Als Mrs. Shapiro ins Krankenhaus muss, bittet sie Georgie, für eine Weile auf das Haus aufzupassen. Ein Pakistani – der allerdings Palästinenser ist –, zwei geldgierige Immobilienmakler, eine arglistige Sozialarbeiterin sowie Georgies Ehemann machen den scheinbar langweiligen Hütedienst jedoch unvermittelt zu einem wahren Abenteuer.

Das Leben von Stella Friberg gleicht einer Baustelle: Die Schriftstellerin ertappt ihren Freund in flagranti, mit dem neuen Roman geht es nicht voran – und jetzt steht auch noch ihre schöne Wohnung, die sie mit so viel Liebe eingerichtet hat, unter Wasser. So kann es nicht weitergehen. Stella ist der Verzweiflung nahe. Doch da tritt der junge Johnny Strandberg in ihr Leben. Er renoviert nicht nur ihre Wohnung, sondern auch ihr Leben. Die schwedische Bestsellerautorin Kajsa Ingemarsson hat einen heiteren und bewegenden Roman über eine junge Frau geschrieben, die ihr Glück wieder neu schmiedet und sich am Ende auch von Schicksalsschlägen nicht unterkriegen lässt.

460 Seiten

576 Seiten

CHF 25.90

CHF 29.90

dtv

Krüger

ISBN 978-3-423-24780-1

ISBN 978-3-8105-1069-3

books – Mai 2010 – 17


Interview Text: Bernhard Matuschak Fotos: Mathais Bothor/photoselection

«Mein Herz ist noch immer in Afrika»

18 – books – Mai2010 Mai 2010


In ihrem neuen Buch «Schwarze Frau, weisses Land» erzählt Waris Dirie von der Verfilmung ihres Bestsellers «Wüstenblume»: Die Dreharbeiten in Dschibuti werden für die Menschenrechtsaktivistin zu einer emotionalen Reise in die Vergangenheit und in ihre Heimat Ostafrika. Noch ist es nur eine vorläufige Rückkehr, doch am Ende steht für die in Wien lebende Autorin fest: «Meine Zukunft liegt in Afrika.» books: Ihr vorletztes Buch, «Brief an meine Mutter», war sehr persönlich. Ist «Schwarze Frau, weisses Land» nun Ihr politischstes Buch? Waris Dirie: Es ist mit Sicherheit das politischste Buch, das ich je geschrieben habe, aber es ist ebenfalls sehr persönlich. Ich kann nicht ohne Emotionen über Afrika schreiben; andererseits ist es unmöglich, Afrika zu thematisieren und die politische Seite dabei auszublenden. Das Buch kritisiert aktuelle Zustände, aber es bietet auch Perspektiven und deutet das Potenzial an, das in Afrika steckt. Wie in Ihren bisherigen Büchern thematisieren Sie das Verbrechen der weiblichen Genitalverstümmelung. Die Erfahrungen, die Sie bei den Dreharbeiten im nordostafrikanischen Land Dschibuti machen mussten, geben Anlass zur Befürchtung, dass die Genitalverstümmelung nicht auszurotten ist. Warum bewegt sich so wenig? Weibliche Genitalverstümmelung dient keinem anderen Zweck, als Frauen zu unterdrücken. Der Brauch wird durch Armut begünstigt. Die Familien sind abhängig vom Geld, das sie als Mitgift für ihre Töchter erhalten. Genitalverstümmelung ist eine direkte Folge sozialer Strukturen, die Frauen keinen Wert beimisst, und eine Konsequenz der Armut. Es gibt keine religiösen oder medizinischen Gründe, die einen derartigen Eingriff rechtfertigen. Deshalb: Können die Menschen in Afrika der Armut entrinnen und gelingt es den Frauen, ihren sozialen Status und ihre Anerkennung zu verbessern, wird es keine Genitalverstümmelung mehr geben.

Was braucht es denn, um das Verbrechen der Genitalverstümmelung endgültig zu stoppen? Das Wichtigste ist, dass Frauen Arbeit bekommen und die Armut in Afrika reduziert wird. Eine Frau mit Einkommen ist unabhängiger und weit weniger bereit, ihre Tochter verstümmeln zu lassen. Alle Kampagnen und Bildungsprogramme werden ins Leere laufen, so lange die Menschen in Afrika um ihr tägliches Überleben kämpfen müssen. Besiege die Armut – und du wirst die Genitalverstümmelung besiegen! Weil dieser Zusammenhang für mich so klar ist, handelt mein neues Buch nicht nur von Genitalverstümmelung, sondern beschreibt auch die Bedingungen, die diese erst ermöglichen. Ihr Buch ist auch ein Buch über Afrika und behandelt Themen wie Bildung, Emanzipation der Frau, Umweltvergiftung, Korruption und Wirtschaft. Was benötigt Afrika am dringendsten, um seine Probleme in den Griff zu bekommen? Die Menschen müssen Verantwortung übernehmen und ihre Passivität überwinden, sie dürfen sich nicht länger damit abfinden, dass sie von ihrer eigenen Elite ausgebeutet werden. Sie dürfen nicht länger darauf warten, dass sie jemand anderer erlöst, sie müssen aufhören, ihr Elend zu beklagen. Aber der Rest der Welt steht ebenfalls in der Verantwortung und muss endlich damit beginnen, das zu tun, was er predigt. Ihr dürft nicht länger damit angeben, dass ihr Afrika helfen wollt – und Afrika gleichzeitig ausbeuten.

© Walter Lutschinger

Interview

Waris Dirie bm. Waris Dirie wurde 1965 als Nomadin in Somalia geboren. Als Fünfjährige durchlitt sie die Qualen der Genitalverstümmelung – ein Trauma, das sie zeitlebens nie mehr loslassen sollte. Mit 13 Jahren sollte Waris Dirie von ihrer Familie zum Gegenwert von fünf Kamelen an einen alten Mann verkauft werden; sie floh erst aus der Wüste nach Mogadischu, später nach London. Dort arbeitete sie als Haushaltshilfe des somalischen Botschafters, brachte sich selbst Lesen und Schreiben bei und entging mit Scheinehen der drohenden Abschiebung. Mit 18 Jahren wurde sie zufällig als Model für Levi’s und Revlon entdeckt. Ihre steile Karriere als Fotomodel brachte sie als erste schwarze Frau auf die Titelseite der Vogue. 1997, auf dem Höhepunkt ihrer Karriere, outete sich Waris Dirie als Opfer der Genitalverstümmelung. 2002 gründete sie in Wien die Waris

Ihr neues Buch gibt uns auch einen sehr persönlichen Einblick in Ihr Afrika, Ihre Heimat Somalia. Wie stark war Ihr Heimweh während der Dreharbeiten in Dschibuti, dem Nachbarland Somalias? Als ich in Dschibuti aus dem Flugzeug stieg, fühlte ich mich in der Tat daheim. Alle möglichen Eindrücke haben mich sofort an meine Kindheit erinnert. Besonders stark war das Heimatgefühl in der Wüste – das war eine höchst emotionale Erfahrung.

Dirie Foundation, die gegen die rituelle Genitalverstümmelung in aller Welt kämpft (www. waris-dirie-foundation.com). 2003 erschien ihr erstes Buch «Wüstenblume». In dem Aufsehen erregenden und inzwischen verfilmten Bestseller erzählt Waris Dirie ihre eigene Geschichte und rührt damit am Tabu des in Afrika bis heute praktizierten Beschneidungskultes. Es folgten die weiteren Bestseller «Nomadentochter», «Schmerzenskinder» und «Brief an meine Mutter». Als

Sie sprechen ein emotionales Kapitel im Buch an: Sie überlegen sich in der Wüste, wie es wohl wäre, einfach alles zurückzulassen und nach Hause zu gehen. Wie kurz standen Sie davor, diesen Schritt zu tun, und was hat Sie letztlich doch daran gehindert?

UNO-Sonderbotschafterin

kämpft

die

Wahl-Österreicherin und Mutter zweier Kinder bis heute mit aller Kraft gegen ein Verbrechen, das immer noch jedes Jahr an Tausenden von afrikanischen Mädchen begangen wird und zahllose Todesopfer fordert.

books – Mai 2010 – 19


Interview

© Walter Lutschinger

«Alle Kampagnen und Bildungsprogramme werden ins Leere laufen, so lange die Menschen in Afrika um ihr tägliches Überleben kämpfen müssen.»

Ja, es gibt diese Szene im Buch, die meinen inneren Kampf beschreibt. Den Kampf, einfach alles hinzuwerfen und heimzugehen, alles hinter mir zu lassen: den ganzen Druck und Stress, ständig über die Genitalverstümmelung reden zu müssen, stark zu sein und kämpfen zu müssen. Aber ich weiss, wofür ich kämpfe, und das lässt mich weitermachen. Die Frauen Afrikas sind es wert, dass ich mich für sie einsetze. Sie verdienen eine, die für sie kämpft – mit allem, was sie hat. An anderen Stellen zeigen Sie auch, dass Ihnen Afrika ein wenig fremd geworden ist. Zum Beispiel, wenn sie in Dschibuti unverschleiert am Set auftauchen und damit Empörung auslösen. Oder wenn der französische Meisterkoch marinierten Fisch serviert, den Ihre afrikanischen Begleiter verschmähen, weil man Fisch in Ostafrika nur gegrillt isst. Wie weit weg ist Afrika für Sie in solchen Momenten? Es scheint so, dass ich vor allem jene Dinge «vergesse», die mir selbst absurd erscheinen. Du lebst am Meer und würdest lieber verhungern, als rohen Fisch zu essen? Das 20 – books – Mai 2010

ist wohl für jeden absurd, nicht nur für mich. Ich bin immer noch eine afrikanische Frau und Afrika wird immer meine Heimat bleiben. Aber das kann nicht bedeuten, dass ich deshalb die Dinge dort nicht kritisieren darf. Im Gegenteil, ich fühle mich zur Kritik verpflichtet. Kritik üben Sie auch an der Model-Branche, in der Sie lange erfolgreich gearbeitet haben. Diese Branche brachte Ihnen jene Aufmerksamkeit, die Ihr Engagement gegen Genitalverstümmelung letztlich ermöglichte. Würden Sie wieder als Model arbeiten, wenn Sie sich noch einmal entscheiden könnten? Die Model-Industrie ist ein einziger Schwindel, sie ist künstlich und zementiert ein ungesundes und unrealistisches Bild der Frau. Aber dennoch: Ich liebe Mode und glaube, dass die Modeindustrie das Potenzial besitzt, viele gute Dinge zu tun – besonders für Afrika. Ökomode ist derzeit ein grosses Thema. Je mehr wir den Herstellungsprozess von Textilien nach Afrika verlagern können, desto mehr Jobs werden dort entstehen. Das fördert die Entwicklung Afrikas.

Die Verfilmung von «Wüstenblume» war für Sie sehr wichtig. Vor der Premiere an den internationalen Filmfestspielen in Venedig hatten Sie grosse Angst... Wer wäre da nicht ängstlich und nervös gewesen! Schliesslich ist «Wüstenblume» für mich nicht einfach ein Film – es ist der Film über mein eigenes Leben. Ich war nervös, wie das Publikum reagieren würde, wie ich selbst reagieren würde. Für alle anderen, die an der Entstehung dieses Films beteiligt waren, wird es immer wieder einen nächsten Film geben, für mich aber stand viel mehr auf dem Spiel als nur der Erfolg einer Produktion. Was bedeutet der Film für Ihren Kampf gegen die Genitalverstümmelung? Ich willigte ein, diesen Film zu machen, weil ich wusste, dass ich damit viele Menschen überall auf der Welt erreiche – auch jene, die noch zu jung für mein Buch «Wüstenblume» waren, als es herauskam. Der Film ist eine starke Botschaft gegen die Genitalverstümmelung.


Interview Weibliche Genitalver­ stümmelung bm. Die weibliche Genitalverstümmelung, auch verharmlosend Beschneidung genannt, wird in zahlreichen Ländern als ritueller Brauch praktiziert. Sowohl in muslimischen als auch in christlichen und animistischen Gesellschaften ist er Teil von Fruchtbarkeits- oder Initiationsritualen. Die Weltgesundheitsorganisation WHO schätzt, dass weltweit rund 140 Millionen Frauen davon betroffen sind. Häufig wird die Genitalverstümmelung bereits an jungen Mädchen im Alter von vier bis acht Jahren und ohne Betäubung vorgenommen. Der Eingriff wird mit Rasierklingen, Messern oder Glasscherben ausgeführt und ist mit unvorstellbaren Qualen verbunden. Oft wird die Klitoris vollständig entfernt, danach wird die Wunde zusammengenäht – oder die Beine des Mädchens werden zusammengebunden, um das Verheilen der Wunde zu erleichtern. Die gesundheitlichen

Schauen wir auch noch zurück: Wann haben Sie eigentlich mit dem Schreiben begonnen? Als ich selbst verstümmelt wurde, war mir eines klar, obwohl ich damals noch ein kleines Mädchen war: Die Genitalverstümmelung war unvorstellbar falsch. Ich wusste, dass ich gegen dieses Verbrechen zeitlebens kämpfen würde. Als ich durch meine Arbeit auf dem Laufsteg Popularität erlangt hatte, wusste ich: Dies ist der Hebel, um die Geschichte meines Lebens und das Thema der weiblichen Genitalverstümmelung der Öffentlichkeit näher zu bringen. Ich entschied mich dazu, meine Popularität zu nutzen, um Millionen von Frauen und Mädchen zu helfen, die von der Verstümmelung betroffen sind und die sonst keine Stimme hätten. Ich wusste damals schon, dass ich mit der Arbeit auf dem Laufsteg aufhören würde. Ich war auf der Suche nach etwas Neuem für mich und begann bereits 1996, an «Wüstenblume» zu arbeiten.

Mehr von Waris Dirie Wüstenblume 356 Seiten CHF 18.90 Droemer Knaur

Der verfilmte Weltbestseller: Waris Dirie erzählt ihre Lebens- und Leidensgeschichte.

Brief an meine Mutter 224 Seiten CHF 17.90 Ullstein

Waris Dirie beantwortet ihrer Mutter die Frage, warum sie gegen die Genitalverstümmelung kämpft.

Schmerzenskinder 240 Seiten CHF 15.90 Ullstein

und psychischen Folgen des Eingriffs sind dramatisch: Viele Betroffene sterben an Infektionen, unzählige Frauen leiden unter ständigen Entzündungen im Genitalbereich, Inkontinenz und starken Schmerzen beim Geschlechtsverkehr. Zudem erhöht die Genitalverstümmelung die Gefahr von HIV-Infektionen.

Zurück von den Dreharbeiten reisen Sie nach Polen. Dort fühlen Sie sich sehr wohl. Sie schreiben, Sie könnten sich vorstellen, dort zu leben. Fühlen Sie sich nun eher als Afrikanerin oder als Europäerin – oder gar als Weltenbürgerin? Definitiv als Letzteres. Es gibt kein Hier und Dort, kein Uns und kein Sie. Wir teilen uns alle einen Planeten. Am Ende von «Schwarze Frau, weisses Land» sind Sie dennoch überzeugt, dass Ihre Zukunft in Afrika liegt. Was lässt Sie da so sicher sein, und wann werden Sie Europa den Rücken kehren? Mein Herz hat mir gesagt, dass es die richtige Entscheidung ist. Als ich nach Dschibuti kam, wusste ich, dass mein Herz immer noch in Ostafrika ist. Ich ging diesen April erneut dorthin, um an einem Projekt zu arbeiten. Es setzt Ideen, die ich im Buch darlege, in die Praxis um. Ich bin noch auf der Suche nach dem besten Platz für mein neues Heim, aber ich bin sicher, ihn irgendwann zu finden.

War es schwierig, nach dem riesigen Erfolg von «Wüstenblume» mit einem neuen Buch anzufangen? Nein, überhaupt nicht. Ich habe so viele Ideen, dass ich jedes Jahr ein neues Buch schreiben könnte! Haben Sie denn bereits Pläne für das nächste Buch? Ja, aber ich kann noch nicht darüber sprechen. Wie gesagt, ich habe viele Ideen, aber ich muss mich noch entscheiden, welche ich umsetzen möchte. Über eines bin ich mir aber sicher: Mein nächstes Buch wird ebenfalls viel Diskussionsstoff bieten und viel Beachtung finden. Ich freue mich schon mächtig darauf!

Die Fortsetzung von «Wüstenblume»: Was geschah, nachdem Waris Dirie ihr Schweigen brach?

Nomadentochter 287 Seiten CHF 17.90 Blanvalet

Zwanzig Jahre nach ihrer Flucht aus Somalia kehrt die Autorin wieder in ihre Heimat zurück und begegnet ihrer Familie.

Schwarze Frau, weisses Land Waris Dirie 352 Seiten CHF 34.90 Droemer Knaur

books – Mai 2010 – 21


Saison

Viel Neues unter der Sonne

Bücher aus und über Afrika sind in Buchhandlungen rar; sie haben es beim europäischen Publikum oft schwer. Die Fussball-Weltmeisterschaft in Südafrika bietet jetzt einen guten Anlass für eine Lesereise durch den grossen Kontinent. Text: Benjamin Gygax

Unser Blick nach Afrika ist eingeengt durch die Berichterstattung der Massenmedien und durch hartnäckige Klischees. Nur wenige Europäerinnen und Europäer kennen die Länder südlich der Sahara aus eigener Anschauung. So bleiben uns meist nur die Hiobsbotschaften von Bürgerkrieg, Vertreibungen, Armut, Hunger und Aids-Epidemie, die es in die Zeitungen oder Tagesschau schaffen. Über die Kultur und das Leben der Afrikaner im Alltag wissen wir kaum etwas. Wer sich aber dafür interessiert, findet in Büchern aus und über Afrika eine sprudelnde Informationsquelle. Gleich mehrere Neuerscheinungen vermitteln die Geschichte, Kultur, Alltag und Erzählkunst Afrikas auf packende Weise.

Alltag in Afrika Birgit Virnich war während vieler Jahre Afrika-Korrespondentin für die ARD. Sie berichtet im Buch «Ein Fahrrad für die Flussgötter» von ihren Reisen durch 39 Länder des Kontinents. Virnichs Reportagen zeichnen ein vielfältiges Bild des modernen Afrika: In Monrovia beobachtet die Journalistin, was das Kriegsverbrechertribunal gegen den liberianischen Warlord Charles Taylor bei dessen 22 – books – Mai 2010

geschundenen Landsleuten auslöst. In Kenia lässt die Korrespondentin ihre Leser daran teilhaben, wie in einer Kommandoaktion eine ganze Elefantenherde betäubt und in einen Park ins Landesinnere geschafft wird; die Tiere fühlten sich an Kenias Küste zu wohl, vermehrten sich zu stark und waren zu einer Bedrohung für die Vegetation geworden. Geschichte für Geschichte setzt Brigit Virnich ein Mosaik von Afrika zwischen Tradition und Moderne zusammen. Ebenfalls eine wahre Geschichte erzählt «Der Junge, der den Wind einfing». William Kamkwamba wächst auf einer Farm in Malawi auf. Magie prägt den Kinderalltag in einem der ärmsten Länder der Welt. Doch ein Velodynamo zieht die Aufmerksamkeit des Jungen auf sich. Der wissbegierige William, der sich die Schule nicht leisten kann, beginnt damit zu experimentieren. In einem Buch stösst er auf die Abbildung einer Windturbine und setzt sich darauf in den Kopf, selbst eine solche zu bauen. Mit Beharrlichkeit und Erfindungsgabe gelingt es Kamkwamba, seinen Traum vom kleinen Windkraftwerk aus Holz und Schrott zu verwirklichen. In einem Land, in dem nur zwei Prozent aller Bewohner über

Strom verfügen, ist das eine grosse Errungenschaft. Die Geschichte des Jungen, der den Wind einfängt, verbreitete sich in Windeseile und verhalf William Kamkwamba zu einem Stipendium für eine höhere Schule.

Reiche Erzähltradition Afrikanische Literatur – der Begriff umschreibt das vielfältige literarische Schaffen so unzulänglich, wie es auch jener der europäischen Literatur tun könnte. Afrikanische Schriftsteller leben in Ländern, die kaum unterschiedlicher sein könnten, und schreiben in den verschiedensten Sprachen. Doch einige Gemeinsamkeiten gibt es: Bis vor wenigen Jahrzehnten gab es aus Afrika kaum schriftliche Aufzeichnungen. Dies verleitete den Philosophen Hegel zum Kurzschluss, Afrika sei kein geschichtlicher Weltteil – es finde dort keine Entwicklung statt. Doch es gab und gibt eine reiche Tradition der mündlichen Überlieferung. Stirbt in Afrika ein alter Mensch, verbrennt eine Bibliothek, heisst es. Diese Erzähltradition prägt viele afrikanische Autoren bis heute: Mythen und Realität fliessen ineinander, der Stil orientiert sich an der gesprochenen Sprache.


Saison Prägend ist bis heute auch die Erfahrung des Kolonialismus’. Immer wieder haben afrikanische Schriftsteller ihre Geschichten durch die Augen eines Kindes erzählt, um ihre Kritik an fremden Einflüssen oder ihre Zerrissenheit zwischen europäischem Exil und afrikanischer Heimat in Bilder zu fassen. «L’enfant noir» des Guineers Camara Laye – eines der frühesten und bekanntesten Werke afrikanischer Literatur – schilderte 1953 seine Erinnerungen als Sohn des Goldschmieds am Oberlauf des Niger. Auch Wole Soyinka, der Literaturnobelpreis-Träger aus Nigeria, publizierte 1981 Aufzeichnungen aus Kindertagen: «Ake – Jahre der Kindheit» beschreibt sein Aufwachsen zwischen Christentum und animistischem Glauben, wo die Grenzen zwischen Wirklichkeit und Zauberwelt verschwimmen.

Von Malawi nach London Der malawische Tausendsassa Samson Kambalu lebt heute als Künstler und Schriftsteller in London. Seine Kindheitsgeschichte ist eine moderne, humorvolle Version und trägt den Titel «Jive Talker». Die Redewendung «Talking in jive» stammt aus dem afroamerikanischen Slang und bedeutet soviel wie «angeben» oder «Lügen erzählen». Der Jive Talker in Kambalus Roman ist dessen Vater, ein belesener Mann und stolzer Hilfsdoktor. Kambalu schildert mit Liebe und Witz, wie der stattliche Vater immer zerknautschter aussieht, weil seine Frau dessen englischen Anzug jeweils von Hand wäscht, um «jegliche Spuren von Tetanus, Keuchhusten, Masern, Mumps, Tbc und

anderen gefährlichen Krankheiten zu tilgen». Die witzige Szene deutet zugleich an, wie Kambalus Vater an den Zuständen in der Diktatur Hastings Kamuzu Bandas und an der mangelnden Anerkennung für seine Arbeit zerbricht: «Etwa um dieselbe Zeit herum bekam Dad seinen geistigen Durchfall und fing an, sein Wissen über uns auszuleeren. Oft war er dabei betrunken, doch das leugnete er: ‚Ein Betrunkener kann nicht auf zwei Beinen stehen’, erklärte er meiner Mutter. ‚Ich will diesen Kindern bloss ein wenig Jive beibringen.’ Und so kam er zu seinem Namen: der Jive Talker.» Der Sohn des Jive Talker hat bessere Chancen: Samson erhält ein Stipendium für die renommierte Kamuzu Academy und lebt heute als Künstler in London.

Traum und Trauma Seine Kindheit und sein Leben im Ausland schildert Samson Kambalu mit viel Schalk. Ernster beschreibt die senegalesische Autorin Fatou Diome das Exil. «Der Bauch des Ozeans» stammt zwar schon von 2006, doch die Erzählung eignet sich besonders als Sommerlektüre: Diome legt die Handlung nämlich während der Fussball-Weltmeisterschaft 2002 an. Damals nimmt Senegal erstmals an einer WM teil, die Mannschaft bezwingt in den Gruppenspielen die ehemalige Kolonialmacht Frankreich und schafft es überraschend bis ins Viertelfinale. Die Männer des Dorfs versammeln sich vor dem Fernseher – alles scheint möglich. Auch der junge Madické ist mit dem Fussballvirus infiziert und möchte als Spieler in Europa reich und berühmt werden. Seine Schwester Salie lebt

Afrikanische Literatur – der Begriff umschreibt das vielfältige literarische Schaffen so unzulänglich, wie es auch jener der europäischen Literatur tun könnte. schon in Paris, auf ihren Schultern lasten die Hoffnungen der Familie – und sie weiss, dass niemand auf Madické wartet. Fatou Diome beschreibt unverblümt und mit unbarmherzigem Humor, was kommen muss, als Madické sein Glück dennoch versucht. Diese Ereignisse kontrastiert sie mit Erinnerungen an das Leben in ihrer Heimat.

Meister der Kurzgeschichten Noch viel früher verfasste Herman Bosman seine Kurzgeschichten. Der 1905 geborene Autor ist eine einmalige Erscheinung der Weltliteratur. Er wurde als junger Lehrer in die Wildnis des südafrikanischen Western Transvaal versetzt, wo er seinen Stiefbruder im Streit erschoss. Sein Todesurteil wurde in zehn Jahre Haft umgewandelt, später wurde Bosman begnadigt. Der Schriftsteller emigrierte nach London, wo er die meisten seiner Kurzgeschichten schrieb. In «Mafeking

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Saison Road» beschwört er den Kosmos der existierenden Kleinstadt Groot Marico herauf. In seiner eigenen literarischen Welt verdichtet und überzeichnet er die südafrikanische Realität und zeichnet seine Geschichten mit wenigen Strichen. Mit Ironie trotzt er den bitteren Absurditäten des Lebens etwas Humor ab. Obwohl der 1951 verstorbene Autor als Meister der südafrikanischen Kurzgeschichte gilt, wurden seine Werke erst jetzt zum ersten Mal ins Deutsche übertragen.

Hochspannung im südlichen Afrika Einen völlig anderen Zugang zum Kontinent verschaffen zwei neue Krimis aus dem südlichen Afrika. Bernhard Jaumann fesselt seine Leser mit einem Politthriller aus Namibia, der um den Mord am Unabhängigkeitskämpfer Anton Lubowski von 1989 kreist. In «Die Stunde des Schakals» jagt die junge Polizistin Clemencia Garises einen Racheengel, der alle Verdächtigen jenes Politmords beseitigt. Und sie kämpft gegen

die Schwierigkeiten, mit der sie als junge schwarze Frau in der schlecht ausgerüsteten Polizei konfrontiert ist. Der deutsche Autor beeindruckt mit verblüffenden Kenntnissen von Land und Leuten. «Dreizehn Stunden» heisst der Thriller von Deon Meyer – und genau so lange hat Inspector Benny Griessel Zeit, um zwei Morde in Kapstadt aufzuklären und sein Leben wieder in den Griff zu bekommen. Die Jagd durch Kapstadt bleibt spannend bis zur letzten Seite.

Ein Fahrrad für die Flussgötter Birgit Virnich

Jive Talker Samson Kambalu

Die Stunde des Schakals Bernhard Jaumann

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Der Junge, der den Wind einfing William Kamkwamba/Bryan Mealer

Der Bauch des Ozeans Fatou Diome

Dreizehn Stunden Deon Meyer

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Ake Wole Soyinka

Mafeking Road Herman C. Bosman 320 Seiten CHF 34.90 Büchergilde

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Buchtipps

Mein geteiltes Herz

Meister der Wünsche

Claire Hake

Ali Sethi

Mitte der 1920er-Jahre reist die junge Schweizerin Claire Hake allein nach Sumatra und begegnet ihrer grossen Liebe Gustav. Die beiden heiraten und führen ein glückliches Leben, bis der Krieg beginnt und die Deutschen in der holländischen Kolonie beschimpft und bedroht werden. Claire wird von Gustav getrennt und interniert. Erst nach sieben Jahren in Indonesien und Shanghai gelingt es ihr, sich in die Schweiz durchzuschlagen. Dort erhält sie die Nachricht, dass auch Gustav überlebt hat. Sie macht sich nach Hamburg auf, um Gustav endlich wieder in die Arme zu schliessen. Nach seinem Tod, mit 83 Jahren, schreibt Claire ihre Lebens- und Liebesgeschichte auf.

Der vaterlose Zaki und seine rebellische Cousine Samar Api wachsen wie Geschwister im pakistanischen Lahore auf. An der Spitze des grossen bürgerlichen Haushalts stehen Zakis freigeistige Mutter Zakia und die willensstarke, aber kulturell eher konservative Grossmutter Daadi. Die stürmischen politischen Entwicklungen Pakistans spiegeln und brechen sich im intimen Prisma dieser weit verzweigten Familiengeschichte – aber das wahre Leben pulsiert im Kleinen, im Intimen. Eine faszinierende Familiensaga und eine Geschichte vom Erwachsenwerden in einem Krisengebiet. Der Roman bietet tiefe Einblicke in den pakistanischen Alltag und umschifft erfolgreich alle Klischees.

464 Seiten

500 Seiten

CHF 35.90

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Wunderlich

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ISBN 978-3-8052-0887-1

ISBN 978-3-423-24789-4

Der Rest ist Schweigen

Die Erdbeeren von Antons Mutter Katharina Hacker

Carla Guelfenbein An einem Familienfest erfährt der kleine Tommy von Dingen, die ihm den Boden unter den Füssen wegziehen. Tausend Fragen stürzen auf ihn ein. Mit einem Aufnahmegerät versucht er, die Antworten abzulauschen, die ihm die Erwachsenen verwehren: über seine verstorbene Mutter, über den Vater und dessen zweite Frau Alma. Allmählich überschreitet der Junge die Grenzen seiner friedlichen Vorstadtwelt. Tommys Vater und Alma ahnen nichts von den Erkundungen. Bis eines Tages Tommys Aufnahmegerät an seiner Stelle spricht und nichts mehr ist, wie es war... Carla Guelfenbein erzählt von drei Menschen, die einander liebend umkreisen und nicht zueinander finden – bis es zur Kollision kommt.

Anton ist Arzt in Kreuzberg. Seine Mutter kämpft zu Hause in der Provinz gegen eine schnell fortschreitende Demenz an. Jedes Jahr schickt sie ihm Erdbeermarmelade – doch in diesem Frühsommer vergisst sie, die Ableger auszupflanzen. Anton erkennt, dass seine Mutter Stück für Stück verloren geht. Mit jedem Stück verschwindet auch ein Teil seiner eigenen Existenz und das vertraute Land der Kindheit. Dann trifft Anton Lydia. Er hofft auf eine Zukunft voller Liebe. Aber Lydias Vergangenheit schüttelt beider Leben durcheinander. In diesem vielstimmigen Roman gelingt Katharina Hacker das einfühlsame Porträt von Menschen, die zurückblicken müssen, um weitergehen zu können.

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176 Seiten

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CHF 32.90

S.Fischer

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ISBN 978-3-10-030064-5

books – Mai 2010 – 25


Bücher über Männer

Der unscharfe Mann

Wann ist ein Mann ein Mann? Es war wohl nie einfach, diese Frage zu beantworten. Im Zeitalter des «anything goes» und des Abschieds von tradierten Rollenbildern gewinnt sie aber zusätzlich an Komplexität. Zahlreiche Neuerscheinungen beschäftigen sich in diesem Jahr mit der «Identitätskrise des Mannes» – und machen diese durch ihre Vielfalt vielleicht noch ein bisschen grösser. Text: Marius Leutenegger

Welcher Mann ist männlich? (Bilder aus «Der schöne Mann», Knesebeck.)

Wir Männer, wir könnten einem Leid tun. In der Schule, so kann man überall lesen, ist jetzt das Mädchen das Mass aller Dinge: sozial, ruhig, interessiert. PISA hat die Überlegenheit der Jungen bei der Mathematik und beim logischen Denken als Mythos entpuppt. Längst haben Studentinnen den Studenten an den Universitäten den Rang abgelaufen. Was einst als betont männlich galt, wird heute bestenfalls noch belächelt und ist politisch nicht mehr korrekt. Nicht einmal rauchen wie der Marlboro-Cowboy darf er noch, der Mann!

Wenn Frauen sich verändern, müssen das auch die Männer tun Das 20. war das Jahrhundert der weiblichen Emanzipation: Die Frau definierte ihre Rolle in der Gesellschaft neu. Dafür war es nach Epochen der Männerdominanz ja auch höchste Zeit. Die Veränderungen bei der Rollenverteilung konnten am Mann nicht spurlos vorüber gehen – denn schliesslich betreffen alle emanzipatorischen Forderungen das Zusammen26 – books – Mai 2010

spiel der Geschlechter. Offenbar hinkt der Mann aber gegenwärtig etwas hinter der Entwicklung her. Dieser Befund wird durch die aktuelle Medienberichterstattung gestützt. «Männer wissen nicht mehr, was es bedeutet, ein Mann zu sein», untertitelte eine Journalistin kürzlich einen Artikel in «Das Magazin». Die Reaktionen auf den eigentlich recht sachlichen Beitrag waren leidenschaftlich. Einige männliche Leser dankten per E-Mail und in blumigen Worten dafür, dass sie jetzt endlich wieder sich selber sein dürften – andere heulten auf, sie würden sich dem neuesten Diktat «Sei ein Mann!» niemals beugen.

Verletzte Männer sind gefährlich Die Uneinigkeit zeigt: Individuell mag jeder seinen Weg gehen, «der Mann» aber scheint in einer Identitätskrise zu stecken. Das ist auch für die Frauen keine gute Nachricht, glaubt Ute Scheub. In ihrem Buch «Heldendämmerung» breitet die deutsche Journalistin und taz-Mitbegründerin eine interessante These aus: Männer, die sich

in ihrer bisher gelebten, patriarchalischen Männlichkeit bedroht fühlten, könnten für andere Männer und für Frauen gefährlich werden. «Verunsicherte Männer versuchen mit Waffengewalt ihre vermeintlich angestammten Plätze zurückzuerobern», meint Ute Scheub. Sie untermauert diese Aussage mit unzähligen Beispielen und Zitaten; das ist streckenweise überzeugend und immer anregend. Doch der Vorwurf, den sie an einer Stelle an andere Autoren richtet, gilt auch für ihr Buch: «Ihr Werk umweht ein Hauch des ideologisch Gewollten.» «Männlichkeit», so sagt die Autorin, sei keine biologische Realität, sondern ein kulturelles Konstrukt. Als Beispiel führt sie das egalitär lebende Volk der Semai in Malaysia an: Frauen, Männer und Kinder haben die gleichen Rechte, Aggressionen kennen sie – deshalb? – nicht. Doch aus der Natur und der Geschichte lässt sich bekanntlich alles ableiten und jede These untermauern, so vielfältig ist das Angebot an erfolgreichen Strategien – neutral kann die Fokussierung auf ein Beispiel daher nie sein.


Bücher über Männer biologischer Natur, neuere Forschungsergebnisse zeigen aber, dass dies wirklich nur der Anfang ist.» Das Gehirn wandle sich weiter – auf welche Weise, entscheide letztlich die Kultur. «Neue Erkenntnisse über biologische Geschlechtsunterschiede können auch dazu beitragen, die übermässig vereinfachten, negativen Männlichkeitsklischees über Bord zu werfen», begründet die Autorin den Kern ihrer Arbeit. Mit ihrem Buch bietet sie eine wichtige, humorvolle und erstaunlich leicht verständliche Grundlage für diesen fraglos wichtigen Prozess – und liefert zum Beispiel gute Gründe, einen Schüler nicht wie eine Schülerin zu behandeln. Denn Buben lernen beim Zappeln besser als beim Stillsitzen, weiss die Neurologin.

Männer brechen auf – und dann manchmal zusammen

«Gehirne von Männern und Frauen sind unterschiedlich!» Eine, deren Arbeit in Ute Scheubs Buch kritisch beleuchtet wird, ist die Neurologin Louann Brizendine, Autorin des Wissenschafts-Bestsellers «Das weibliche Gehirn». Die Forscherin beschäftigt sich hauptberuflich mit den Unterschieden zwischen Männer- und Frauengehirnen. Auch sie hat jetzt ein neues Buch herausgebracht: «Das männliche Gehirn». Darin zeigt sie auf: Es gibt neurologische Ursachen für das unterschiedliche Verhalten von Männern und Frauen. «Männer besitzen grössere Verarbeitungszentren im urtümlichen Gehirnteil, der Angst empfindet und Aggressionen auslöst – darum kämpfen manche Männer bis zum Tod, um ihre Angehörigen zu beschützen.» Ute Scheub würde im ersten Moment vielleicht die Nase rümpfen ob solch einer «biologistischen» Einschätzung – sich dann aber wohl einer ergänzenden Aussage von Louann Brizendine anschliessen können: «Der Unterschied zwischen den Gehirnen von Jungen und Mädchen ist zwar anfangs

«Der Mann in der Krise» – das kann man nicht nur gesellschaftlich, sondern auch individuell betrachten. Das tun Charles und Doris Carmen Meyer in ihrem neuen Buch «Mein Mann hat eine Jüngere!». Das Autorenduo geht das heikle und medial gegenwärtig stark bearbeitete Thema von beiden Seiten an: Doris Carmen Meyer hat mit Frauen gesprochen, die von ihren Männern nach langen Ehejahren verlassen wurden – meist Knall auf Fall –, Charles Meyer hat Männer über ihr Verhalten befragt. Einfache Antworten gibt es nicht, weshalb Männer plötzlich den Verstand zu verlieren scheinen, wenn sie sich in eine jüngere Frau verlieben, und zu neuen Ufern aufbrechen. Das Autorenpaar ist überzeugt: Es geht in solchen Fällen nicht nur um Sex, sondern meistens um die Angst vor dem Alter: «Am Älterwerden der Partnerin erschreckt ihn die eigene Endlichkeit.» Das lässt den Schluss zu: Die Jüngere ist irgendwann auch nicht mehr jung genug, um dem Mann das Gefühl von Unsterblichkeit zu geben. Die Strategie, Defizite in der eigenen Entwicklung und im Umgang mit sich selbst mit einer Schicht Liebeszauber zu übertünchen, geht daher meistens nicht auf. Verlierer sind am Ende fast immer die Männer selbst – während der Bruch für die verlassenen Frauen oft zu neuen Freiheiten und zu einem eigenverantwortlichen Leben führt. Voraussetzung für eine solche positive Entwicklung sei aber, dass Frauen nicht in einer Opferrolle verharrten, sagen die Autoren.

Heldendämmerung Ute Scheub 400 Seiten CHF 28.90 Bertelsmann

Das männliche Gehirn Louann Brizendine 340 Seiten CHF 35.90 Hoffmann und Campe

Mein Mann hat eine Jüngere! Doris Carmen Meyer, Charles Meyer 192 Seiten CHF 35.90 Orell Füssli

Entsorgte Väter Katrin Hummel 282 Seiten CHF 29.90 Ehrenwirth

Der schöne Mann Joachim Kurz 127 Seiten CHF 42.90 Knesebeck

Das haarsträubende Leiden «neuer Männer» Opfer – manchmal sind das auch die Männer. «Im Krieg und nach der Liebe ist alles erlaubt», heisst es. Die deutsche Journalistin Katrin Hummel zeigt in ihrem bewegenden Buch «Entsorgte Väter» auf, welche Folgen dieser Grundsatz haben kann: Frauen sitzen bei Trennungen fast immer am längeren Hebel, wenn es um die Zukunft gemeinsamer Kinder geht, und sie nutzen das zuweilen rücksichtslos aus. Die von Hummel minutiös beschriebenen Fälle haben sich zwar in Deutschland ereignet, könnten aber auch in der Schweiz spielen. Auch hier sind Männer vor Gericht in Fragen des Sorgerechts klar benachteiligt, auch hier können Männer gerichtliche Vereinbarungen nicht durchsetzen, wenn die Exfrau jede Kooperation verweigert – Rechte haben bedeutet eben nicht immer, dass man sie auch nutzen kann. Und auch in der Schweiz trennen verletzte Frauen zuweilen nicht zwischen Paar- und Eltern­ebene und versuchen, ihren Ex-Männern die Söhne und Töchter zu entfremden. books – Mai 2010 – 27


Bücher über Männer «Vielleicht braucht ein Kind einen Vater», zitiert Katrin Hummel eine Frau, die ihre Tochter vom Vater fern hält, «aber dann doch nur einen Vater, der sich mit der Mutter versteht.» Kinder werden zum Besitz, um den mit sehr ungleichen Spiessen gekämpft wird. Das trifft ausgerechnet jene «neuen Männer» am härtesten, die ihre Vaterrolle ernst nehmen und die für den Nachwuchs da sein möchten. «Ich will nicht Partei ergreifen, schon gar nicht gegen mein Geschlecht, das oft genug im Nachteil ist», schreibt die Autorin in der Einleitung ihres Buchs. «Geschlechtersolidarität darf aber nicht zur Komplizenschaft werden.» Die haarsträubenden Fälle, die sie beschreibt, lassen einen etwas hilflos zurück; den Männern, die um Besuchsrechte oder um Mitsprache kämpfen, kann eigentlich niemand helfen. Sie sind gezwungen, alle ihre Gefühle zu unterdrücken: die Sehnsucht nach dem eigenen Kind, aber auch die Wut auf dessen Mutter – denn würden sie Aggressionen zeigen, hätten sie endgültig ausgespielt.

Schöne Vorbilder! Was macht den Mann zum Mann? Auch die gescheiten – und fast durchwegs von Frauen verfassten – neuen Publikationen geben am Ende nur Denkanstösse, aber keine abschliessenden Antworten auf diese Gretchenfrage. Die Männer bleiben also gefordert, sich weiterhin mit ihrer Selbstfindung auseinanderzusetzen. Eine Neuerscheinung, die diesen Prozess wohl auch nicht gerade erleichtert, die aber viel leichter zu konsumieren ist als die bislang besprochenen Bücher, ist «Der schöne Mann». Autor Joachim Kurz stellt darin 16 Männer vor, denen wir anderen dreieinhalb Milliarden leider niemals das Wasser reichen und zu denen wir nur neidisch aufblicken können. Kurz rückt immer zwei Männer in einen Kontext: Cary Grant und Rupert Everett oder David Bowie und Morrissey. Seine Texte lesen sich so süffig wie die Prominenten-Seiten einer Gratiszeitung, die Bildauswahl ist exzellent, die Zitate machen Spass – und gemahnen an Zeiten, in denen Männern alles noch ein bisschen leichter fiel. Karl Lagerfeld: «Denken ist genau das, was ich vermeide. Ich möchte ein angenehmes Leben ohne Probleme haben.» Es sei wenigstens ihm gegönnt.

Der Mann – seine Hege, Pflege und Psyche ml. Viele Frauen schwören auf Männer und

du möchtest, dass ihr beide absolut ehrlich mit-

möchten gar nicht mehr ohne sein. Doch die

einander seid, ohne dabei die Gefühle des ande-

meisten von ihnen wissen: So ein Mann hat auch

ren zu vergessen.»

seine Tücken und stellt gelegentlich besondere

Wer über ein solches Stadium der Liebesschule

Herausforderungen hinsichtlich Hege und Pfle-

bereits hinaus ist, dem dient vielleicht der «psy-

ge. Glücklicherweise gibt es Ratgeber, die we-

chologische Reiseführer» «Männerseelen». Der

niger erfahrenen Frauen den richtigen Umgang

Autor Björn Süfke ist Psychotherapeut und

mit dem Mann näher bringen – und die selbst

vermittelt auf leichte Art tiefe Einblicke in die

geübten Damen noch den einen oder anderen

männliche Seelenlandschaft. Stellenweise ist das richtig lustig, oft leider nur zu wahr – und

«Was kann ich wirklich gut?» und «Stehen mir die Farben der Saison?» – das sind Fragen, die Mann sich immer wieder stellen sollte.

lockerem Ton und knappen Formulierungen richtig anspruchsvolle und für beide Geschlechter wichtige Themen. Frauen, die nach der Lektüre all dieser Bücher noch immer Fragen haben, seien beruhigt: Auch der «Mann von Welt» stellt sich ständig Fragen und findet kaum abschliessende Antworten. Davon zeugt auch das Büchlein «Worauf kann ich hoffen?» von Thomas M. Müller. Es kommt fast ohne Text aus: Auf jeder Seite findet man eine Illustration mit einer passenden Frage. Der schmale Band kann alles sein – sowohl ein kleines Mitbringsel wie auch der Ausgangspunkt für eine ernsthafte Auseinandersetzung. «Interessie-

neuen Trick verraten. Die «Bedienungsanlei-

re ich mich ausreichend für andere Menschen?»,

tung Mann» von Mickey Beisenherz trägt den

«Was kann ich wirklich gut?» und «Stehen mir

schönen Untertitel «So macht Frau ihn funkti-

die Farben der Saison?» – das alles sind Fragen,

onstüchtig» und zeigt auf, wie sich ein Mann in

die Mann sich immer wieder stellen sollte.

wenigen Schritten wunschgemäss programmieren lässt. Anders als viele andere Gebrauchsanleitungen ist diese hier einfach zu lesen – und sie erteilt nur praxisnahe Ratschläge, die sich leicht umsetzen lassen. Grundlose Eifersucht des Mannes? «Tauschen Sie ihn um, das Problem ist leider nicht reparabel.» Etwas ausführlicher ist der Leitfaden «Man(n)ual – so funktioniert der Mann» von Steve Santagati. Er hat zwei Besonderheiten, die einem je nachdem als Vor- oder Nachteil erscheinen mögen. Erstens: Geschrieben hat das Buch ein US-Amerikaner. Die Tipps und Beispiel-Dialoge klingen deshalb stellenweise etwas stark nach Kino – man fühlt sich gelegentlich an «The Ugly Truth» erinnert. Zweitens: Das Buch richtet sich eher an ganz junge Mädchen, die von gar nichts eine Ahnung haben und gern alles glauben, was

Bedienungsanleitung Mann Mickey Beisenherz 224 Seiten CHF 16.90 Fischer

Man(n)ual – so funktioniert der Mann Steve Santagati 396 Seiten CHF 18.90 Fischer

Männerseelen Björn Süfke 284 Seiten CHF 17.90 Goldmann

ihnen ein attraktiver Autor («Model, TV-Persönlichkeit und echter Mann») erzählt. Zum Thema «Vertrauen» zum Beispiel dies: «Am einfachsten bekommst du einen Mann dazu, sich dir ganz öffnen, wenn du ihm klar und deutlich sagt, dass

28 – books – Mai 2010

fast immer verbergen sich unter einer Politur aus

Worauf kann ich hoffen? Thomas M. Müller 80 Seiten CHF 18.90 Kunstmann


Mehr Freizeit!

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books – Mai 2010 – 29 www.swisstravelcenter.ch


Orell Füssli

«Wir wollen dem Buch unsere Referenz erweisen» Wenn Sie das nächste Mal eine unserer Buchhandlungen betreten, wird Ihnen vermutlich sofort auffallen: Die Orell Füssli Buchhandlungs AG hat einen neuen Auftritt. Warum, erläutert Martin Fawer, Leiter Marketingkommunikation, im books-Interview. Interview: Marius Leutenegger

books: Der Auftritt der Orell-Füssli-Buchhandlungen wurde gründlich überarbeitet – vom Logo über die Inserate bis zu den Tragtaschen. Warum? War der alte Auftritt nicht gut genug? Martin Fawer: Im Gegenteil, der alte Auftritt war sogar sehr gut – zu jener Zeit, als er entwickelt und eingeführt wurde. Das war 1993. Seither hat sich das Umfeld, in dem wir uns bewegen, aber stark gewandelt.

haben wir auch die Markenstruktur bereinigt und ersetzen verschiedene alte Marken durch eine einzige Neue.

In welcher Hinsicht? Damals gab es nur eine einzige Orell-Füssli-Filiale, jene im Kramhof bei der Zürcher Bahnhofstrasse. Heute betreiben wir zwölf Filialen, acht Restseller-Geschäfte und die Online-Buchhandlung. Das Angebot ist massiv grösser geworden; es umfasst heute auch DVDs, Software, Zeitschriften, Geschenkartikel und so weiter. Darüber

Welche Werte hält Orell Füssli denn hoch? Drei Begriffe stehen für uns im Vordergrund: Auswahl, Leidenschaft und Kompetenz. Wir sind die älteste Buchhandlung der Schweiz, unser Unternehmen geht zurück bis ins Jahr 1519. Diese lange Geschichte ist eine Verpflichtung; Fachwissen hat bei uns Tradition, und wir pflegen diese weiterhin. Deshalb arbeiten bei uns auch keine Verkäuferinnen und Verkäufer, sondern Buchhändlerinnen und -händler, die ihren Beruf mit viel Begeisterung ausüben. Wir wollen, dass sich unsere Kundschaft bei uns gut aufgehoben fühlt. Für uns ist auch klar, dass das Buch ein sehr emotionales Produkt ist – und der Kauf eines Buchs ein echtes Einkaufserlebnis bieten muss.

hinaus gewinnt das Internet als Absatzkanal ständig an Bedeutung und ist die Buchpreisbindung aufgehoben worden. All diese Faktoren führen dazu, dass sich der Buchmarkt stärker anderen Branchen angleicht – und die Marke immer wichtiger wird. Eine Buchhandlung braucht heute einen Auftritt, der ihre Werte akkurat wiedergibt und der möglichst einheitlich ist; deshalb

Was heisst das alles für die konkrete Umsetzung des Auftritts? Wir setzen stärker auf Emotionen. Schauen wir uns zum Beispiel das Logo an. Die neue Logo-Farbe ist viel wärmer als das bisherige Blau, und sie hat mit Büchern zu tun – sie erinnert an Papier, Leder, an Baumwolle oder Leinen. Wir wollen dem Buch unsere Referenz erweisen. Der Slogan «mein Buch», der Teil des Logos ist, unterstreicht: Wir wollen keine Bücher verhökern, sondern unseren Kundinnen und Kunden genau das geben, was sie suchen. Es klingt zwar nach einer platten Marketing-Attitüde, aber für uns steht die Kundschaft mit ihren individuellen Bedürfnissen im Mittelpunkt. Die Wahl eines Buchs ist eben immer etwas sehr Persönliches – deshalb «mein Buch».

30 – books – Mai 2010

Auch die Schriften auf den Plakaten, in Inseraten oder auf der bookpoints-Karte haben geändert... Mit der Typografie erweisen wir dem Buch ebenfalls unsere Referenz: Wir setzen gezielt Schriften mit Serifen ein – das sind typische Bücherschriften –, und wir verwenden verschiedene Schriftarten. Das symbolisiert die Auswahl: Bei uns bekommt man alles. Man könnte also sagen, der neue Auftritt rücke das «gute alte Buch» in den Vordergrund – ausgerechnet in einer Zeit, in der das E-Book auf dem Vormarsch ist. Auch das E-Book versucht, das traditionelle Buch zu simulieren. Letztlich ermöglichen die neuen Technologien nur eine andere Materialisierung jener Emotionen, die vom gedruckten Wort und von den alten Druckverfahren ausgehen. Selbst wenn man die Website der «New York Times» auf einem iPad liest, erinnert fast alles an eine klassische Zeitung. Die Technik ändert sich – die Gefühle bleiben gleich.

Martin Fawer, Leiter Marketingkommunikation von Orell Füssli: «Unsere Werte sind Auswahl, Leidenschaft und Kompetenz.»


Orell Füssli Eintauschaktion: Mein Altes ist mein Neues! Seit dem 28. Mai 2010 tritt die Orell Füssli Buchhandlungs AG neu auf. Was der neue Slogan «mein Buch» bedeuten kann, zeigt eine grosse Aktion im Juni: Wenn Sie einen alten Roman aus Ihrer Büchersammlung in einer Filiale von Orell Füssli abgeben, erhalten Sie 20 Prozent Rabatt beim Kauf eines neuen Romans. So sorgt Orell Füssli für frischen Wind in Ihrer persönlichen Büchersammlung – und für 100 Prozent Leselust. Also: Ein altes Buch, das Sie nicht mehr haben wollen, zu Orell Füssli bringen – und ein neues Buch mit 20 Prozent Rabatt erstehen. Orell Füssli wird die alten Bücher zugunsten eines guten Zwecks verkaufen – und «books» wird darüber berichten.

Orell Füssli hat auch die Bookpoints-Karte neu gestaltet. Die alten Karten sind natürlich weiterhin gültig – neu sogar bei Einkäufen auf www.books.ch, der Online-Buchhandlung von Orell Füssli.

SAGEN SIE

Stress und Frust Adieu! Jobwohl — zufrieden am Arbeitsplatz 144 Seiten, broschiert, 1. Auflage 2010 ISBN 978 3 85569 434 1

Zufrieden und gesund im Job — und dies trotz zunehmendem Druck. Wie auch Sie das schaffen, zeigt das neue praktische BeobachterHandbuch. Die Themen: Wahrnehmung schulen, eigene Bedürfnisse besser kennen, Arbeitsumgebung gestalten, Ventile für Stress und Überforderung finden, Angst vor Stellenverlust bewältigen. Laufbahnberaterin und Autorin Regula Zellweger stellt unzählige Checklisten und Tools zur Verfügung. Das Buch leitet Leserinnen und Leser Schritt für Schritt dazu an, eine neue Haltung zu entwickeln und entsprechend zu handeln. Geeignet für alle Berufstätigen — vom Angestellten bis zum Abteilungsleiter —, die ihre Arbeitszufriedenheit erhöhen wollen.

Wissen, was wichtig ist. books – Mai 2010 – 31


Buchtipps

Entwürfe zu einem dritten Tagebuch Max Frisch

Juni

2009 wurde in einem der Öffentlichkeit nicht zugänglichen Teil des MaxFrisch-Archivs in Zürich das Typoskript eines bisher unbekannten Werks des Autors gefunden: 184 Seiten, von Frisch auf Tonband diktiert, von seiner Sekretärin in die Maschine getippt. Der Autor hatte auf der Titelseite notiert: «Tagebuch 3. Ab Frühjahr 1982». Max Frisch lebte zu dieser Zeit mit seiner damaligen Lebensgefährtin Alice Locke-Carey in New York. Die USA, der Kalte Krieg, das belastete Verhältnis zur jüngeren Frau und der Krebstod eines Freundes: Wie die beiden legendären, 1950 und 1972 erschienenen Tagebücher verzeichnet auch dieses Tagebuch Augenblicksnotizen neben reflexiven Passagen.

Die Königin kommt – und das Dorf in den Niederlanden steht Kopf. Mittendrin im Trubel dieses Junitages 1969 ist die Familie Kaan. Zwei Söhne schwenken Fähnchen, der kleinen Tochter streicht Königin Juliana persönlich über die Wange. 40 Jahre später ist es ruhig geworden auf dem Hof der Kaans. Drei Generationen leben jetzt hier. Vieh gibt es ausser dem Stier und dem Hofhund keines mehr. Die fünfjährige Dieke wundert sich. Was vor 40 Jahren dem Leben ihrer Familie eine andere Richtung gegeben hat, offenbart sich dem Leser erst nach und nach. In «Juni» erzählt Gerbrand Bakker von einer Familie, deren Mitglieder alle auf ihre Weise versuchen, mit der Erinnerung umzugehen.

213 Seiten

303 Seiten

CHF 31.90

CHF 34.90

Suhrkamp

Suhrkamp

ISBN 978-3-518-42130-7

ISBN 978-3-518-42139-0

Totentanz für Dr. Siri

Mit dir an meiner Seite

Colin Cotterill

Nicholas Sparks

Dr. Siri, der dickköpfige und brillante Leichenbeschauer von Laos, muss in die Provinz: Ein bizarrer Fund sorgt für Unruhe in einer abgelegenen Bergregion. Nach einem Erdrutsch ragt ein mumifizierter Arm aus einem frisch verlegten Betonpfad. Da der fragliche Weg zum neuen Domizil des Präsidenten führt, ist er geradezu ein Nationaldenkmal. Folglich soll Siri schnell und diskret herausfinden, warum hier offenbar ein Mann lebendig begraben wurde. Mit seiner Assistentin Dtui kommt Dr. Siri einer Geschichte von Liebe, Magie und Rache auf die Spur. Der dritte Roman aus der einzigartigen Krimiserie, die bereits mit dem «Dagger in the Library» und dem «Dilys Award» ausgezeichnet wurde.

Steve hat sich scheiden lassen und führt an der Küste von North Carolina ein ruhiges Leben. Seine Tochter Ronnie hat ihm die Trennung von der Familie nie verziehen, und es passt ihr gar nicht, dass sie die Ferien bei ihm verbringen soll. Dann lernt die 17-Jährige Will kennen und verliebt sich in ihn – aber die Liebe steht unter keinem guten Stern. Ausgerechnet bei ihrem Vater findet Ronnie Trost. Doch ehe es zur Versöhnung zwischen den beiden kommt, offenbart er ihr ein schreckliches Geheimnis, das ihr gänzlich den Boden unter den Füssen wegzureissen droht. Auch der neueste Wurf des BestsellerAutors Sparks wurde bereits verfilmt – mit Hannah-Montana-Darstellerin Miley Cyrus.

320 Seiten

544 Seiten

CHF 32.90

CHF 35.90

Manhattan

Heyne

ISBN 978-3-442-54665-7

ISBN 978-3-453-26652-0

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Gerbrand Bakker


Fantastisch!

Ein junger Orell-Füssli-Mitarbeiter präsentiert Neuerscheinungen und Geheimtipps aus dem Fantasy-Genre: Bücher für alle, die sich gern in fremde Welten entführen lassen. Aufzeichnung: Marius Leutenegger

Das erste Buch, das ich allen Fantasy-Fans empfehle, wird in diesem Jahr vermutlich ein grosser Renner: «Rune der Knechtschaft» von Ange Guéro. Es handelt sich dabei um den ersten Teil der Trilogie «Die Legende von Ayesha»; die beiden anderen Teile erscheinen bis Juli 2010. Die Trilogie erzählt einen Mythos der klassischen Art, der in einem arabisch angehauchten Raum spielt: Das «Türkisvolk» hat seine Anführer verloren und ist in Knechtschaft anderer Völker geraten. Marikani aus dem früheren Königsgeschlecht will das Türkisvolk befreien. Gemeinsam mit einer Gruppe von Helfern reist sie von Land zu Land, um ihre Leute wieder zu vereinen. In «Rune der Knechtschaft» gibt es viel Magie, aber keine Drachen, Orks oder Vampire.

Das gefällt mir, denn ich finde, die Fabelwesen haben in den letzten Jahren im Fantasy-Bereich überhand genommen. Was das Genre einst gross machte – die mystischen Geschichten –, ging immer stärker verloren. In mancherlei Hinsicht erinnert «Rune der Knechtschaft» an die Trilogie «Herr der Ringe» von J.R.R. Tolkien: Eine Gruppe zieht durch eine für sie feindselige Welt, muss immer neue Prüfungen bestehen und wird dabei immer kleiner. Es gibt aber auch gewichtige Unterschiede zwischen der klassischen und der neuen Trilogie. Während «Herr der Ringe» recht langatmige Stellen hat, gibt es bei «Rune der Knechtschaft» fast pausenlos Action. Das hat Vor- und Nachteile: Tolkien nutzte die Handlungspausen, um uns die Welt näher zu bringen, in der seine Geschichte spielt. Bei den Guéros – hinter dem Namen steht das Ehepaar Anne und Gerard Guéro – bleibt kaum Zeit für solche Beschreibungen. Die Welt des Türkisvolks erscheint einem daher manchmal etwas rätselhaft; ich hoffe, dass die Fortsetzungen mehr Hintergrund liefern. Sollten die beiden

nächsten Bände tatsächlich Klarheit schaffen, dann ist «Die Legende von Ayesha» eine Super-Trilogie. Beim Lesen des ersten Teils wird es einem jedenfalls während keiner Sekunde langweilig. Gut gefällt mir, wie die Magie eingesetzt wird – und faszinierend finde ich die Umgebung, in der alles spielt. Ich denke, dieses Buch eignet sich für alle Fantasy-Freunde, für männliche und weibliche: Die Hauptperson ist zwar eine Frau, erzählt wird die Geschichte aber aus Sicht eines Mannes, der von Marikani vor dem Ertrinken gerettet wurde. Ertrinken – das spielt auch im zweiten Buch, das ich vorstelle, eine gewisse Rolle: «Der Fürst des Nebels» von Carlos Ruiz Zafón. Die Geschichte spielt 1943 in einem nicht genannten Land, das ich als Grossbritannien identifizieren würde. Die Familie Carver flüchtet vor dem Krieg aufs Land. In einem Küstendorf kauft sie einem Arzt ein Haus ab, das dieser unbedingt loswerden will – denn sein Sohn ist im Meer gleich vor dem Haus ertrunken und seine Frau ebenfalls hier gebooks – Mai 2010 – 33


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Dieses mit der Schweizer Silberlorbeeren Medaille ausgezeichnete Buch stellt eine wunderschöne Auswahl süsser Gaumenfreuden vor: klassische und neue, cremige und fruchtige, eisgekühlte und warme Desserts. Die klaren und detailgenau beschriebenen Rezepte sorgen für perfektes Gelingen, die grosszügigen Bilder machen die Vorfreude auf die süssen Genüsse doppelt so gross. Jetzt bestellen zu Fr. 52.–.


Fantastisch!

Fernando Obieta Der St. Galler Fernando Obieta, 20, steht im dritten Jahr seiner Buchhändler-Lehre. «Ich liebe das Lesen – und liebe es noch mehr, Bücher zu empfehlen», begründet er seine Berufswahl. «Am liebsten würde ich die Bücher, die mir gefallen, jedem gratis in die Hand drücken.» Als Kind habe er nie «Die drei Fragezeichen» und solche Bücher gelesen, sondern von seinem

macht überhaupt nichts: Die Hauptrolle in diesem eher kurzen Roman spielt die extrem unheimliche Atmosphäre, die unheilschwangere Stimmung. Carlos Ruiz Zafón ist heute ein sehr erfolgreicher Jugendbuch-Autor. «Der Fürst des Nebels» war sein erster Roman; er schrieb ihn bereits 1993. Das Buch war schon einmal auf Deutsch erschienen, allerdings in einer sehr schlechten Übersetzung. Jetzt ist es neu übersetzt worden – und zeigt dabei alle Qualitäten des Originals. Die Sprache ist beeindruckend: Sie verändert sich jeweils einen Tick, je nachdem, ob die Atmosphäre beschrieben oder die Handlung vorangetrieben wird. In seinen anderen Büchern schreibt Zafón viel subjektiver als hier; in «Der Fürst des Nebels» nimmt er eine eher neutrale Position ein und überlässt uns Lesenden viel Interpretations-Spielraum. Das führt meines Erachtens dazu, dass dieses Buch eine sehr breite Leserschaft ansprechen kann: Jeder liest es wohl ein bisschen anders.

Vater gleich die Science-fiction-Romane von Isaac Asimov vorgesetzt bekommen. «Dann stieg ich auf Fantasy um – und heute lese ich vor allem Belletristik, denn im Fantasy-Genre sind in letzter Zeit nur wenige gute neue Bücher erschienen. Die neue Trilogie von Ange Guéro bildet da eine gewichtige Ausnahme.»

storben. Die Atmosphäre im Dorf, das immer unter einer dicken Nebendecke liegt, ist sehr unheimlich. Der 13-jährige Max Carver streift trotzdem umher und spürt, dass hier manches nicht stimmt. Schliesslich erfährt er von einem Mythos: Vor etwa 30 Jahren kenterte vor dem Dorf ein Schiff. Einziger Überlebender war ein Ingenieur, der dem Dorf zum Dank für seine Rettung einen Leuchtturm baute. Die Leute im Dorf behaupten: Der Sturm, der seinerzeit das Schiff zum Kentern brachte, sei vom Fürst des Nebels entfacht worden. Max vermutet, der Fürst sei eine Person, die im Dorf lebt. Er erfährt immer mehr über diese Gestalt: Sie erfüllt einem Wünsche – zu einem sehr hohen Preis. Es heisst, das Schiff sei nur gekentert, weil sich die Leute im Dorf einen Leuchtturm gewünscht hätten. Max findet schliesslich die Wahrheit heraus... «Der Fürst des Nebels» ist eigentlich ein Entwicklungsroman: Max steht an der Schwelle zur Pubertät, er verliebt sich zum ersten Mal und lernt, was Liebe wirklich heisst. Es kommen nur wenige Figuren vor, aber das

Fantasy-Fans empfehle ich noch zwei weitere Bücher, die schon etwas älter sind, aber in jede Sammlung gehören. «Das Amulett von Samarkand» ist der erste Teil der Bartimäus-Trilogie von Jonathan Stroud. Er spielt im heutigen Grossbritannien. Neben den gewöhnlichen Menschen gibt es die Kaste der Magier; diese können zwar nicht selber zaubern, aber Dämonen beschwören und versklaven. Der Nachwuchs-Magier Nathanael ist erst zwölf Jahre alt und darf deshalb noch keinen Dämon beschwören; er setzt sich aber über das Verbot hinweg und holt den Dschinn Bartimäus zu sich. Dummerweise ist das ein sehr vorwitziger und schlauer Dämon. Bartimäus kann sich von Nathanael befreien, steht ihm aber trotzdem zur Seite, weil er auf diese Weise viel Humbug treiben kann. Das Buch ist aus zwei Perspektiven geschrieben – aus der aberwitzigen von Bartimäus und der rationalen von Nathanael. Jonathan Stroud hat uns mit «Das Amulett von Samarkand» einen wunderbaren Auftakt zu einer Trilogie der etwas anderen Art beschert. Noch besser gefällt mir «Gevatter Tod». Autor Terry Pratchett ist der Schöpfer der «Scheibenwelt» – einer bizarren Welt, über die er bislang rund 40 Romane verfasst hat. Man kann diese Romane in beliebiger Reihenfolge lesen, «Gevatter Tod» ist aber ein guter Auftakt. Der Plot: Der 16-jährige

Mortimer wird Lehrling des Todes, der seinen Job gründlich satt hat und endlich ein gewöhnliches Leben führen will. Doch der Tod hat leider keine Seele und kann sich nicht einmal richtig betrinken. Und Mortimer ist als Todeslehrling völlig unbegabt; er verliebt sich in eine Prinzessin, die er sterben lassen sollte, und richtet damit ein unheimliches Chaos an. Terry Pratchetts Bücher sind ein exzellentes Beispiel für schwarzen britischen Galgenhumor. Seine Scheibenwelt ist ein völlig verdrehter Ort. Sie besteht aus einer grossen Scheibe, die von vier Elefanten getragen wird, die wiederum auf einer riesigen Schildkröte stehen. Die Wissenschaftler der Scheibenwelt behaupten natürlich, ihre Welt sei eine Kugel... Pratchett schreibt mit viel Wortwitz. Glücklicherweise ist die Übersetzung des Buchs sehr gut. Ich habe das Original zweimal, die Übersetzung dreimal gelesen – und war jedes Mal neu begeistert. Die Legende von Ayesha: Rune der Knechtschaft Ange Guéro 395 Seiten CHF 24.90 Penhaligon

Die Legende von Ayesha: Pakt der Könige Ange Guéro 400 Seiten CHF 24.90 Penhaligon

Die Legende von Ayesha: Volk der Verbannten (erscheint Juli 2010) Ange Guéro 400 Seiten CHF 24.90 Penhaligon

Der Fürst des Nebels Carlos Ruiz Zafón 300 Seiten CHF 29.90 Fischer Taschenbuch

Bartimäus 01 – Das Amulett von Samarkand Jonathan Stroud 544 Seiten CHF 19.90 Blanvalet

Gevatter Tod Terry Pratchett 329 Seiten CHF 18.90 Piper

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Fantastisch Junge Mitarbeitende von Orell Füssli geben weitere Tipps:

Janine Dübendorfer, 17, arbeitet im ersten Lehrjahr in der Filiale Zürich-Bellevue. Sie lebt in Zürich und liest regelmässig FantasyBücher, weil «mir erfundene Welten und Geschöpfe Abwechslung zum Alltag bieten». Ihr Tipp: «Elfenkuss». «Der 15-jährigen Laurel wachsen eines Morgens erschreckend schöne flügelartige Blütenblätter aus dem Rücken. Zusammen mit ihrem neuen Freund David versucht Laurel herauszufinden, was mit ihr geschieht. Schon bald muss sie sich entscheiden zwischen dem Leben als Mensch und der Bestimmung zur Elfe. Und zwischen dem attraktiven David und dem faszinierenden Frühlingselfen Tamani mit den grünen Augen. Vergessen Sie alles, was Sie bisher über Elfen gehört haben – und lassen Sie sich in diese bezaubernde und abenteuerliche Welt entführen...»

Elfenkuss Aprilynne Pike 349 Seiten CHF 31.90 Bertelsmann

Katharina Iten, 23, arbeitet am Kundendienst bei Orell Füssli Kramhof an der Zürcher Bahnhofstrasse. Sie lebt in Dübendorf. Fantasy-Bücher liebt sie, weil «die Geschichten in einer anderen Welt spielen, aber meistens sehr realistisch klingen – und weil sie fast immer ein Happyend haben». Sie empfiehlt: «Der Drachenbeinthron». «Der ungeschickte Simon ist ein Träumer und lebt als Küchenjunge auf der Königsburg. Dann nimmt ihn der Zauberer Doktor Morgenes unter seine Fittiche. Simon hat die verhängnisvolle Gabe, sich überall auf der Burg zu verstecken, um der Arbeit aus dem Weg zu gehen. Und so entdeckt er eines Tages den verschollenen Prinz Josua; der Bruder des Königs wird im Kerker der Burg gefangen gehalten. Simon und Doktor Morgenes verhelfen dem Prinzen zur Flucht. Das kostet den Doktor das Leben und wirft Simon aus seinem unbehelligten Küchenjungendasein hinaus in die aufregende und gefährliche Welt von Osten Ard. Allmählich begreift Simon, dass schreckliche Dinge im Gang sind – und dass sein König unter dem Bann des furchtbaren Sturmkönigs Ineluki steht. Ein Feuerwerk, das kein Fantasy-Leser, der etwas auf sich hält, verpassen darf. Nichts wie los in die nächste Buchhandlung!»

Amos König, 18, arbeitet im zweiten Lehrjahr in der Filiale Kramhof Zürich. Er ist ein enthusiastischer Leser fantastischer Geschichten. Sein aktueller Tipp: «Metro 2033». «Das Buch erzählt die Geschichte des jungen Artjom, der in der Moskauer Metro eine seltsame und zugleich spannende Odyssee erlebt. Die Metro ist in Dmitry Glukhovskys Erstlingswerk einer der wenigen Orte, an denen nach der nuklearen Katastrophe noch Menschen leben.
Artjom muss sich von seiner Station auf die andere Seite der Metro durchschlagen. Seinen Irrweg kreuzen allerlei seltsame Gestalten und kauzige Persönlichkeiten. Ideologische Fanatiker wie die ‘Rote Linie’ und das ‘Vierte Reich’ haben sich in der Metro ausgebreitet und machen Artjom das Leben schwer.
Das Buch besticht vor allem durch seine Atmosphäre, die abgedrehten Charaktere und den absolut perfekt in die Geschichte eingewobenen Ort, die Metro – sie ist neben Artjom stille Hauptperson.»

Metro 2033 Dmitry Glukhovsky 784 Seiten CHF 26.90 Heyne

Das Geheimnis der grossen Schwerter 01 Der Drachenbeinthron Tad Williams 975 Seiten CHF 43.90 Klett Cotta

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Buchtipps

Thor

Rattentanz

Wolfgang Hohlbein

Michael Tietz

Wenn er jemals einen Namen gehabt hatte, so hatte er ihn vergessen. Wenn er jemals Eltern gehabt hatte, so erinnerte er sich nicht an sie. Wenn er jemals geboren worden war, so wusste er nicht mehr, wann: Ein Mann ohne Namen. Ein Hammer in seiner Faust. Ist es Mjölnir, die sagenumwobene magische Waffe? Ein Rudel geifernder Wölfe im peitschenden Schnee. Der riesige weisse Wolf, der ihn vor dem Rudel rettet, ist Fenrir – dessen ist sich der Mann sicher. Ein Blitz, der die Wolken zerreisst, und ein Grollen von Donner in der Ferne. Wer ist dieser Mann? Ist er wirklich Thor, der Gott des Donners? Und ist er gekommen, die Menschheit zu retten – oder sie zu vernichten?

Wellendingen im Südschwarzwald. Alles scheint in bester Ordnung – bis eines Morgens der Strom ausfällt. Der Verkehr bricht zusammen, Telefone und Computer stehen still, Kühlschränke verweigern ihren Dienst. Der wirksamste Computervirus, der je ersonnen wurde, schleudert die Welt zurück ins Mittelalter. Als der erste Jumbojet vom Himmel fällt, dämmert der Dorfgemeinschaft, dass nichts mehr so sein wird, wie es einmal war. Jeder ist sich plötzlich selbst der Nächste. Für Eva und Hans Seger beginnt ein Überlebenskampf, auf den sie niemand vorbereitet hat. Der Weg nach Hause zu ihrer Tochter Lea entpuppt sich bald als Trip durch die Hölle...

864 Seiten

848 Seiten

CHF 35.90

CHF 27.90

Lübbe Hardcover

Ullstein Taschenbuch

ISBN 978-3-7857-2392-0

ISBN 978-3-548-28251-0

Paris – Stadt der Rebellen

Mani

Ramón Chao und Ignacio Ramonet

Patrick Leigh Fermor

Barrikaden, Bohème und Libertinage – keine Frage: Paris ist die Stadt der Revolten. Als im Mai 68 die Studenten auf die Strasse gingen, errichteten sie Barrikaden – und griffen damit auf eine alte Pariser »Erfindung« zurück. Revolutionäre wie Karl Marx, Rosa Luxemburg, Ho Chi Minh liessen sich vom Genie der Stadt anregen. Sie debattierten in Cafés, trafen Künstler, die für Unruhe sorgten: Émile Zola, Simone de Beauvoir, André Breton und viele andere. Dieser ungewöhnliche Stadtführer lädt ein zu Streifzügen durch die Arrondissements, dorthin, wo Rebellinnen und Revolutionäre diskutierten und agitierten, wo sie schrieben und malten, wo sie lebten und starben.

1952 wanderte Patrick Leigh Fermor in das bitterschöne Land der Manioten bis an den südlichsten Zipfel des Peloponnes. Hier, in der Mani, ging er auf Spurensuche nach uralten Bräuchen und Gepflogenheiten: Die aus dem Stegreif gesungene Totenklage, bei der sich die Sängerin die Haare rauft, scheint zum Beispiel direkt aus dem mythischen Altertum zu stammen. «Es gibt kaum einen Fels oder Bach, zu dem es keine Schlacht und keinen Mythos gibt, kein Wunder, keinen Aberglauben, keine Geschichte... Meine Streifzüge durch Griechenland gelten den entlegensten Landstrichen, denn dort findet man, wonach ich suche», sagt der Autor. Und was er findet, das sind Leckerbissen der Reiseliteratur.

Aus dem Französischen von Barbara Heber-Scherer Mit Fotos von Silvia Luckner und zahlreichen historischen Abbildungen

400 Seiten

480 Seiten

CHF 49.90

CHF 39.90

Rotpunktverlag

Doerlemann

ISBN 978-3-85869-418-8

ISBN 978-3-90877-752-6

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Kaffeepause

2 Frauen und

3 Bücher Was machen zwei Buchhändlerinnen in der Kaffee­pause? Sie trinken Kaffee – und plaudern über Bücher. books hat sich im «Starbucks» der Filiale Bellevue zu den Orell-Füssli-Mitarbeiterinnen Patrizia Melaugh und Barbara Imboden gesetzt. Aufzeichnung: Marius Leutenegger

ten zu sich, sondern als eine Art Ersatztochter. Maria lebt nun bei der Frau, die sie ihre Tante nennt. Bald merkt sie, dass die Tante in der Nacht manchmal verschwindet. Erst im Alter von etwa 15 Jahren findet Maria heraus, dass die Tante eine so genannte Accabadora ist: jemand, der Sterbenden zu sterben hilft.

books: Drei Bücher liegen vor uns... Patrizia Melaugh (P.M.): Beginnen wir doch mit dem wunderschönen «Accabadora» der sardischen Schriftstellerin Michela Murgia. Die Geschichte spielt in Sardinien: Das Mädchen Maria ist die jüngste von vier Töchtern. Ihr Vater ist tot, die Schwestern sind schon fast erwachsen, Maria steht der Mutter eher im Weg. Eine ältere alleinstehende Frau wird auf diese Situation aufmerksam und fragt die Mutter, ob sie Maria als ihre «Fill‘e anima» aufnehmen dürfe, als ihre Herzenstochter. Marias Familie ist so arm und das Angebot der Frau so gut, dass die Mutter nicht nein sagen kann.

books: Gibt es solche Frauen in Sardinien tatsächlich? P.M.: Das weiss man nicht genau. Barbara Imboden (B.I.): Man erfährt nur am Rande, was die Tante tut: Sie betäubt die Sterbenden und erstickt sie. Auf diese Weise hilft sie auch einem 23-Jährigen, aus dem Leben zu scheiden. Als Maria erfährt, was geschehen ist, kann sie das nicht ertragen und geht weg. Zwei Jahre lang arbeitet sie in Turin als Kindermädchen. Dann wird sie zurückgerufen, weil es der Tante sehr schlecht geht. Maria pflegt die Tante, deren Lebensfaden immer dünner wird, die aber einfach nicht sterben kann. Allmählich begreift Maria: Was die Tante machte, war vielleicht doch nicht so verwerflich.

books: Maria ist also so etwas wie ein Verdingkind? P.M.: Die Frau holt Maria nicht zum Arbei-

books: Sterbehilfe ist in Italien, der Heimat der Autorin, ein sehr emotionales Thema. Vor einem Jahr kam es wegen des Falls ei-

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ner Komapatientin, die sterben sollte, beinahe zur Staatskrise. Ist das Buch in diesem Zusammenhang zu sehen? P.M.: Sterbehilfe wird nicht plump oder vordergründig thematisiert; uns Lesenden wird keine Weisheit eingelöffelt. In erster Linie handelt das Buch vom Leben auf Sardinien. Mir gefällt, wie subtil mit dem schwierigen Thema umgegangen wird, wie sorgfältig alles beschrieben ist – zum Beispiel die Dorfgemeinschaft oder das Verhältnis der beiden Frauen zueinander. B.I.: Ich bin vom Buch ebenfalls sehr angetan; ich finde es sprachlich sehr schön, fast poetisch. books: Für wen eignet sich dieses Buch? B.I.: Für alle, die eine gute Sprache schätzen. «Accabadora» ist kein Unterhaltungsroman. Das Buch hat mich übrigens an die Werke der sardischen Autorin Milena Agus erinnert und wird sicher allen gefallen, die schon deren Bücher kennen. P.M.: Es ist aber viel besser! B.I.: Ja, aber die Bücher von Milena Agus haben mir auch schon gut gefallen. P.M.: «Accabadora» hat mehr Inhalt, Tiefe und Charakter. Doch, ich bin richtig begeistert von diesem Buch. Der Kontrast zwischen den Hauptfiguren ist wunderschön: Das Mädchen ist hell, die Tante zwar lieb, aber eher dunkel... diese Buch wird sicher vielen gefallen. books: Bereits auf sehr grossen Anklang gestossen ist das zweite Buch auf unserem Tisch: «Ein Jude als Exempel» von Jacques Chessex. Der erfolgreiche Westschweizer Autor verstarb im vergangenen Jahr. Das französische Original dieses Buchs wurde bereits 33‘000 Mal verkauft. B.I.: Das ist ein happiges Buch! Er erzählt eine wahre Begebenheit aus Payerne. Jacques Chessex ist in dieser Waadtländer Gemeinde aufgewachsen und war acht Jahre alt, als sich die Geschichte im April 1942 ereignete. Fünf einheimische Judenhasser und Hitlerverehrer werden von einem ehemaligen Pfarrer dazu angestiftet, einen Juden umzubringen – einfach so. Sie erhalten eine Liste mit Todeskandidaten und suchen sich einen davon aus. Die Wahl fällt auf den Viehhändler Arthur Bloch. Sie ermorden ihn brutal; das geht einem sehr unter die Haut. Das Grausame ist, dass der Viehhändler viele Gelegenheiten zur Flucht hatte. Sie verhandeln


Kaffeepause Accabadora Michela Murgia 173 Seiten CHF 32.90 Wagenbach

Ein Jude als Exempel Jacques Chessex 96 Seiten CHF 23.90 Nagel & Kimche

Ein ungezähmtes Leben Jeannette Walls 365 Seiten CHF 35.90 Hoffmann & Campe

Barbara Imboden, 25,lebt in Luzern und arbeitet in der Abteilung Belletristik der Filiale Bellevue. Sie liest selber viel Belletristik, Krimis und Bücher über den Zweiten Weltkrieg. Sie besitzt zwei Katzen.

mit ihm über eine schöne Kuh; dreimal kommt er in den Stall zurück, wo sie ihn ermorden wollen, bis sie sich wirklich getrauen, die Tat zu begehen. Sie töten den Händler, zerstückeln die Leiche und versenken sie im Neuenburgersee. Dafür erhalten die Mörder 20 bis 30 Jahre Zuchthaus. Der Pfarrer flieht nach Deutschland, wird nach dem Krieg ebenfalls verhaftet und bekommt auch 30 Jahre Zuchthaus. Aufwühlend an diesem Buch finde ich vor allem, dass es einem bewusst macht, wie stark der Antisemitismus in der Schweiz einmal war. P.M.: Man erfährt viel über das allgemeine Klima zu dieser Zeit – und darüber, was alles toleriert wurde. Es gibt eine Szene, in der sich ein Jude bei der Polizei beschwert, weil ihm ins Fenster geschossen wurde. Die Polizisten beschwichtigen nur und finden, das sei nicht so schlimm. books: Was löst das Buch aus? P.M.: Es erinnert uns daran, dass Hassgefühle sehr schnell aufkommen können. Dass die Angst vor Fremden zu schlimmen Taten führen kann. Dass ein friedliches Nebeneinander sehr fragil sein kann. Es läuft einem kalt den Rücken hinunter, wenn man merkt, was sich hier anbahnt. Ich finde, es braucht immer wieder solche Bücher, die einen daran erinnern, dass man wachsam sein muss. B.I.: Und die einen aufrütteln. Ich fand gut, eine solche Geschichte aus der Schweiz zu

lesen. Sonst werden solche Ereignisse ja eher vertuscht. P.M.: Darüber hinaus ist das Buch sprachlich extrem gut, alles wird sehr kraftvoll beschrieben. B.I.: Ja, die Sprache sorgt dafür, dass das Buch schöne Momente hat – man liest es trotz allem gern. P.M.: Das stimmt. Das ist aber dennoch kein Buch, das man jemandem als nettes Geschenk bringt. B.I.: Aber ich empfehle es im Laden allen, die sich für ein solches Thema interessieren könnten. Die meisten Kundinnen und Kunden sagen zwar, sie wollten nichts mehr vom Zweiten Weltkrieg hören; ich konnte das Buch dennoch schon einige Male verkaufen. Ich gebe es vor allem den Stammkundinnen, die gute Literatur schätzen. books: Wir haben jetzt über zwei recht ernsthafte Bücher gesprochen... kommen wir noch zu einem fröhlichen? B.I: Na, fröhlich? P.M.: Das dritte Buch auf unserem Tisch, «Ein ungezähmtes Leben», erzählt von einer starken und mutigen Frau, der Grossmutter der Autorin. Sie heisst Lily Casey und kommt zu Beginn des 20. Jahrhunderts in den USA zur Welt. Sie macht einfach alles Denkbare in ihrem Leben, ist Rancherin, Lehrerin... ach, ich weiss gar nicht, wie ich dieses Buch zusammenfassen soll! B.I.: Es passiert so viel!

P.M.: Diese Frau ist ein richtiges Original. Auf der Ranch des Vaters lernt sie anpacken. Im Alter von zwölf Jahren schmeisst sie die Ranch bereits allein, denn der Vater hat eine Gehbehinderung und die Mutter ist eine Dame, die sich die Hände nicht schmutzig macht. Mit zwölf geht Lily auch erstmals für ein halbes Jahr zur Schule, dann aber kann der Vater das Schulgeld nicht mehr bezahlen – er hat sein ganzes Geld in die erfolglose Zucht von Dänischen Doggen investiert. B.I.: Später wird Lily Aushilfslehrerin. Sie findet eine Stelle in einem weit entfernten Ort und muss 500 Meilen allein durch die Wüste reiten. Du hast Recht, Patricia, es passiert so irrsinnig viel, das kann man gar nicht erzählen – das muss man lesen. Wie sich Lily immer wieder neu aufrappelt... diese Geschichte mit den ersten Autos, für die sie sich sofort begeistert, ihre Liebe zu den Flugzeugen... das Buch endet mit der Geburt der Enkelin, also der Autorin Jeannette Walls. Sie wollte eigentlich erst ein Buch über ihre Mutter verfassen, aber die fand, sie solle doch über die Grossmutter schreiben, die sei viel interessanter. Ihr eigenes Leben beschrieb Jeannette Walls bereits in «Schloss aus Glas» – das neue Buch ist also die Geschichte davor. P.M: Diese Lily Casey finde ich sehr faszinierend – aber ich glaube, ich wäre ihr wohl lieber nicht begegnet. Sie hätte mich sicher eingeschüchtert. books – Mai 2010 – 39


Urlaub genießen unterwegs und zuhause

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Patrizia Melaugh, 58, lebt in Schaffhausen und arbeitet in der Abteilung Belletristik der Filiale Kramhof. Sie mag vor allem Bücher aus dem englischen Sprachraum. Ihre zwei Kinder sind bereits erwachsen. Sie besitzt eine Katze.

Der Erlebnisführer · Die 55 schönsten Genusstouren für Jung und Alt, für Familien mit Kindern, für Feinschmecker, kulturell Interessierte usw. 144 Seiten · 224 Abbildungen ISBN 978-3-8354-0637-7

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Das Praxisbuch: die mediterranen Gartentypen – von toskanisch bis griechisch – mit Pflanzlisten · Viele Pflanzenporträts · Pflegepraxis. 160 Seiten · 190 Abbildungen ISBN 978-3-8354-0624-7

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40 – books – Mai 2010

«Das Buch hat mich an die Werke der sar­dischen Autorin Milena Agus erinnert und wird sicher allen gefallen, die schon deren Bücher kennen.» «Es ist aber viel besser! Es hat mehr Inhalt, Tiefe und Charakter.» B.I: Oh doch, ich hätte sie unbedingt kennen lernen wollen! books: Warum soll man dieses Buch lesen? B.I.: Weil es einen richtig hineinzieht in Lily Caseys Welt. P.M.: Hattest du auch das Gefühl, du wärst sofort bereit, mit ihr durch die Wüste zu reiten? B.I.: Ja, ich dachte beim Lesen immer wieder: Das will ich auch erleben! Plötzlich habe ich zum Beispiel gespürt, dass ich zu wenig in die Natur gehe und die Natur ei-

gentlich vermisse. Darüber hinaus finde ich, dass das Buch auch eine starke Botschaft hat: dass man sich selber treu sein soll. Wie Lily Casey 1920 auf den Tisch haut, ist schon faszinierend. P.M: Es ist sehr sympathisch, dass sie so offen ist für Neues. Als sie ein künstliches Gebiss erhält, findet sie das ganz toll – das ist wirklich lustig. books: Ist das ein Buch für alle und jeden? P.M.: Ja, es eignet sich auch für jemanden, bei dem man nicht weiss, was er gern liest. B.I.: Man muss sich aber schon ein bisschen für die Themen und Leute interessieren, die darin vorkommen. Ich weiss nicht, ob ich dieses Buch einem Geschäftsmann empfehlen würde. P.M.: Dem täte das vielleicht gut! B.I.: Ein bisschen offen muss man schon sein. «Ein ungezähmtes Leben» ist sozusagen ein weibliches Cowboy-Buch. Dass es mir wirklich gefallen hat, zeigt schon die Tatsache, dass ich mir jetzt auch das andere Buch von Jeannette Walls besorgt habe, «Schloss aus Glas». P.M.: So? Du wirst es nicht glauben – das habe ich mir jetzt auch gekauft!


Buchtipps

Delizioso!

Spa-Hotels im Trend

Gino D’Acampo

Gabrielle Attinger

Nach «Fantastico!» stellt Gino D’Acampo sein neustes Kochbuch «Delizioso!» mit 100 Schlemmerrezepte für die schlanke Linie vor. Er kombiniert die leckersten, frischesten und gesündesten Zutaten zu köstlichen typisch italienischen Rezepten, die man mit bestem Gewissen geniessen kann - und die sich in der heimischen Küche problemlos zubereiten lassen. Dabei orientiert sich der neapolitanische Spitzenkoch in «Delizioso!» sowohl an den neuesten ernährungswissenschaftlichen Erkenntnissen als auch an den traditionell gesundheitsfördernden Eigenschaften der mediterranen Küche. So purzeln die Pfunde, ganz nach Ginos Leitmotiv: mit minimalem Aufwand und maximalem Genuss!

Die Auswahl an Wohlfühloasen wird immer unübersichtlicher, das Angebot an Behandlungen ist immens. Der neue Wellnessführer «Spa-Hotels im Trend» ist eine gute Orientierungshilfe: 50 Hotels in der Schweiz und im nahen Ausland werden auf jeweils vier Seiten vorgestellt – ausführlich und kompetent. So lassen sich die Angebote mühelos miteinander vergleichen. Alle Häuser sind auf ihre Art einzigartig, sei es aufgrund einer speziellen Anlage, einer exklusiven Behandlung oder einer eigenen Kosmetiklinie. Gemeinsam ist ihnen, dass sie zum Wohlbefinden beitragen: Sie verwöhnen, spenden neue Energie und helfen heilen – wie es die aktuellsten Trends im Spa-

192 Seiten

208 Seiten

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Werd Verlag

Werd Verlag

ISBN 978-3-85932-639-2

ISBN 978-3-85932-637-8

Sträucher

Bananagrams

Andrew McIndoe

Rena Nathanson

Sträucher sind wesentliche Elemente eines jeden Gartens. Mit ihren vielfältigen Erscheinungsformen, Farben und Strukturen setzen sie Akzente oder bilden sie die Kulisse für jahreszeitabhängige, farbige Rabattenpflanzungen. Da Sträucher langlebige Gartenelemente sind, sollte man ihre Auswahl, Pflanzung und Pflege nicht dem Zufall überlassen. Dieser Ratgeber erleichtert die richtige Auswahl beim Sträucherkauf. Wer die Standortbedingungen sowie die Vorschläge des Autors berücksichtigt, wird mit einem interessanten und dauerhaft schönen Garten belohnt.

144 Buchstaben liegen in der Banane, und jeder Spieler erhält davon einen gewisse Anzahl – verdeckt! Dann geht die fröhliche Wortlegerei los: horizontal, vertikal oder von links nach rechts. Alles ist erlaubt, solange es nur einen Sinn ergibt. Wenn ein Buchstabe partout keinen Anschluss finden will, darf er getauscht werden – gegen drei neue. Um das Wörterlegen extra herausfordernd zu gestalten, wird nicht in Runden gespielt, sondern alle versuchen gleichzeitig, ihre Wörter zu platzieren. Gewonnen hat, wer seinen Buchstabensalat als erster in sinnvolle und richtig geschriebene Begriffe verwandelt hat. Und dann ist Zeit für die Revanche.

216 Seiten

ab 8 Jahren, für 1 bis 8 Spieler

CHF 39.90

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Delius Klasing

Kosmos

ISBN 978-3-7688-2664-8

EAN 4002051691097

Bereich verlangen.

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Reiseberichte

Für Bücherwürmer und Zugvögel © «100 einzigartige Orte», Knesebeck

Fast alle Bücher führen uns in fremde Welten – Reiseberichte tun das meist sogar buchstäblich. Ein Streifzug durch die Geschichte der Reiseliteratur und durch die riesige Zahl an Neuerscheinungen ist selber schon fast eine Abenteuerreise. Text: Marius Leutenegger

«Aber verkündige mir und sage die lautere Wahrheit: Welche Länder bist du auf deinen Irren durchwandert, und wie fandest du dort die Völker und die prächtigen Städte?» Der Vers stammt aus der «Odyssee» von Homer – und damit aus dem 8. Jahrhundert vor Christus. Er belegt: Es war offenbar schon immer ein Herzenswunsch neugieriger Menschen, mehr über ferne Länder und deren Bewohner zu erfahren.

Daheim bleiben und die ganze Welt sehen Reiseberichte erfüllen im Wesentlichen zwei Funktionen. Zum einen dienen sie der Vorbereitung auf eine eigene Reise, zum anderen entführen sie uns in fremde Welten – und können das Reisen selbst damit fast schon überflüssig machen. Bücher ermöglichen uns, die abenteuerlichsten Ausflüge zu unternehmen, ohne auch nur einen Fuss vor unsere Haustür zu setzen. Nichts als die Welt Reportagen und Augenzeugenberichte aus 2500 Jahren 681 Seiten CHF 143.00 Galiani

42 – books – Mai 2010

Auch der Verfasser des ersten gedruckten Reiseführers überhaupt, der Basler Humanist Sebastian Münster, war eher Bücherwurm denn Zugvogel. Für sein 1544 erstmals aufgelegtes Werk «Cosmographia» – «eine Beschreibung der ganzen Welt mit allem, was darinnen ist» – sammelte Münster während 20 Jahren das Wissen von 120 Gelehrten und liess deren Beschreibungen durch Kupferstecher illustrieren. Weil nicht alle Quellen sehr zuverlässig waren, ist «Cosmographia» weniger ein Abbild der Welt als von den Vorstellungen, die sich die Menschen seinerzeit von der Welt machten: Das dicke Buch berichtet von sagenhaften Geschöpfen, von Menschen, die nur einen riesigen Fuss haben und sich damit auf dem Rücken liegend beschatten, von Seeungeheuern und Doppelköpfigen. Das alles kam sagenhaft gut an: Die «Cosmographia» erschien bis 1628 in 46 Ausgaben und erreichte die damals schier unvorstellbare Auflage von 60’000 Exemplaren – das reichte noch heute zum Bestseller-Status.

Reise um die Welt Georg Forster 648 Seiten CHF 170.00 Eichborn

Fettnäpfchenführer Südafrika Elena Beis 256 Seiten CHF 18.90 Conbook Medien

Die besten Reportagen der Zivilisationsgeschichte Die «Cosmographia» findet man in keinem Buchladen mehr, allenfalls kann man sich an einer Auktion ein Exemplar zum Gegenwert eines Mittelklassewagens erstehen. Doch es gibt Alternativen zu dieser legendären Textsammlung: Letztes Jahr erschien der zweieinhalb Kilogramm schwere, fast 700 Seiten dicke und grossformatige Prachtband «Nichts als die Welt». Er vereint über 160 «Reportagen und Augenzeugenberichte aus 2500 Jahren» – darunter viele, viele Reiseberichte. Herodot schildert seine Begegnungen im Alten Ägypten (450 v. Chr.), Strabo erzählt vom Niedergang der einst blühenden Stadt Babylon (ums Jahr 0), Marco Polo von der Begegnung mit Kublai Khan und Christoph Kolumbus von seinen Gefühlen, als er auf seiner ersten «Indienreise» endlich Land sah. In dieser Anthologie fehlt keiner der grossen Reiseschriftsteller: Mark Twain berichtet von einer Fahrt durchs Wallis, Graham Greene aus Liberia. Zusammengestellt Gebrauchsanweisung für Rom Birgit Schönau 214 Seiten CHF 26.90 Piper

Lesereise Burgund Susanne Pollak 130 Seiten CHF 26.90 Picus


Reiseberichte

Mit Forster die Welt erforschen Selbstverständlich ist auch Georg Forster in «Nichts als die Welt» vertreten – mit einer Reportage über Thaiti. Der deutsche Universalgelehrte zählt zu den Pionieren der wissenschaftlichen Reiseliteratur. Zwischen 1772 und 1775 nahm Forster an der zweiten Weltumseglung des legendären James Cook teil. Seine Schilderungen dieses Abenteuers ist jetzt wieder unter dem Titel «Reise um die Welt» veröffentlicht worden. Das Buch gleicht «Nichts als die Welt» fast aufs Haar – ist aber sogar noch etwas schöner, weil es auch die farbigen Naturzeichnungen enthält, die Forster auf seiner Reise durch die Südsee anfertigte. Darüber hinaus besticht Forsters Werk vor allem durch die plastischen Schilderungen der verschiedenen Völker und ihrer Gebräuche. Wer tief in die Zeit eintauchen will, als die Welt noch jungfräulich war und jedes Stück Holz, das auf dem Meer trieb, eine neue Entdeckung verhiess, wird dieses Buch nicht mehr aus den Händen legen.

Tourismusförderer Goethe Reisen war bis zu Forsters Zeit das Privileg einer verschwindend kleinen Minderheit – ein Bauer oder Handwerker hatte schliesslich keine Ferien. Allenfalls lag einmal im Leben eine Reise nach Santiago de Compostela oder nach Rom drin; viele frühe Reiseberichte stammen denn auch von Pilgern. Dass sich das Reisen im 19. Jahrhundert zum Breitensport entwickelte, ist nicht zuletzt Schriftstellern zu verdanken. Jean-Jacques Rousseau formulierte den Ausruf «Zurück zur Natur» und löste unter europäischen Intellektuellen einen wahren Alpen- und Naturboom aus. Johann Wolfgang von Goethe brachte Italien den Deutschen näher, Lord Byron die Bergwelt den Engländern; die Briten wurden zu Pionieren des Alpinismus’ und eroberten die schönsten Alpendörfer. Zeugnis dieser EntGrand Canyon und Las Vegas Freddy Langer (Hrsg.) 156 Seiten CHF 23.90 Ellert & Richter

wicklung und der Faszination, welche die damals noch fast unbekannten Alpen auf die Reisenden ausübten, legt eine schöne Neuerscheinung ab: «Mythos Alpen» von Christian Brandstätter. Der üppige Bildband, der praktisch ohne Text auskommt, präsentiert kolorierte Glasdiapositive aus der Zeit zwischen 1900 und 1925. Dass sie an Gemälde von Caspar David Friedrich erinnern, ist wohl kein Zufall: Schroffe Gipfel waren einst gängige Symbole für die Erhabenheit der Natur – und deren Überlegenheit über die Zivilisation.

Bericht aus der Schaltstelle der Reisegesellschaft ml.

Eine

Neuer-

scheinung, die sich aus einer ganz besonderen Perspektive mit dem Reisen beschäftigt, ist «AirLaurent Denimal

und kommentiert hat die Sammlung Georg Brunold; das Resultat seiner aufwändigen Bemühungen ist nicht nur ein Geschenk für alle, die gern lesen, sondern auch für jene, die schöne Bücher schätzen.

port» von Alain de Botton. Der Schriftsteller

verbrachte

seine Kindheit in Zü-

Baedeker und 1000 Nachfolger

rich und lebt heute in London. Sein Markenzei-

Als die Fotos in «Mythos Alpen» geschossen wurden, waren Reiseführer schon seit einiger Zeit ein wichtiges Standbein der Buchbranche. Karl Baedeker hatte 1828 den ersten Rheinreiseführer «Rheinreise von Mainz bis Cöln» publiziert – und damit das Genre revolutioniert. Neu war, dass die Baedeker-Reiseführer die Touristen mit präzisen Angaben unabhängig von örtlichen Fremdenführern machten. Mit dem roten Buch in der Hand konnten nun auch Ungeübte in die Welt hinausziehen; Karl Baedeker gilt damit als einer der Väter des Massentourismus. Baedeker-Reiseführer gibt es bis heute, sie haben aber eine riesige Konkurrenz bekommen. Die Floskel «Qual der Wahl» ist in diesem Zusammenhang für einmal angebracht – es gibt für fast jeden Ort dieser Erde Führer in jeder Ausstattung und Preislage.

chen ist die Verwebung von Philosophie und Alltagsbetrachtungen – mit Leichtigkeit bringt er seinen Leserinnen und Lesern komplexe Gedankengebäude näher. «Airport» ist das Produkt eines ungewöhnlichen Experiments: Die Firma Grupo Ferrovial, die mehrere Flughäfen betreibt, beschäftigte den Schriftsteller als «Heathrows ersten Writer-in-Residence». Alain de Botton konnte sich eine Woche lang frei auf dem Londoner Flughafen bewegen und dabei Eindrücke für sein Buch sammeln. Herausgekommen ist eine grossartige Beschreibung einer Welt, die wir eigentlich alle kennen, über die wir uns aber kaum Gedanken machen: Für uns mögen Flughäfen Umschlagplätze sein, bei Botton werden sie zu Kathedralen der Gegenwart. Wie er sich in das Universum des Flughafens einfügt, lässt Bilder des Films «The Terminal» hochkommen (wir erinnern uns: Tom Hanks spielt darin einen Osteuropäer, der auf dem New Yorker Flughafen strandet und den

Was habe ich bloss falsch gemacht?

Terminal aus rechtlichen Gründen nicht mehr

Trotz der unüberschaubaren Menge an bereits veröffentlichten Führern gelingt es findigen Autoren und Verlegern immer wieder, mit ihren Publikationen aus der grossen Masse herauszuragen. Eine unterhaltsame Reihe veröffentlicht zum Beispiel der auf Reiseliteratur spezialisierte Verlag Conbook Medien: Die «Fettnäpfchenführer». Alle Bände der Reihe folgen dem gleichen Muster: In lockerem Plauderton erzählen Reisende von ihren Kulturkollisionen, die sie in den USA, in Grossbritannien oder Italien erlebten, zum Beispiel während eines Essens mit Einheimischen.

verlassen kann). Alain de Botton ergänzt seine

Frankreich – eine literarische Entdeckungsreise Christian Schärf (Hrsg.) 220 Seiten CHF 15.90 Fischer Taschenbuch

Truman Capote, auf Reisen Truman Capote 171 Seiten CHF 25.90 Kein & Aber

Beschreibungen mit vielen Gedanken, die man selber vielleicht auch schon hatte – die man aber nie so knapp und klar formulieren könnte, wie er das tut.

Airport Alain de Botton 128 Seiten CHF 29.90 S. Fischer

Die ganze Welt, noch immer da 40 Autorinnen und Autoren 250 Seiten CHF 25.90 Lenos

Asiatische Absencen Wolfgang Büscher 158 Seiten CHF 17.90 Rowohlt

books – Mai 2010 – 43


Reiseberichte Dann folgt ein etwas seriöserer Teil, der sachlich darüber aufklärt, was der Erzähler bei seinem Erlebnis alles falsch machte. Wie dabei Vorurteile teils entkräftet, ziemlich häufig aber auch bestätigt werden, ist witzig und informativ zugleich. Wer einen solchen Führer gelesen hat, ist wohl dafür gerüstet, eine Reise in einen anderen Kulturkreis anzutreten – sofern er oder sie dann überhaupt noch will.

Hauptziel: Atmosphäre vermitteln Im Zeitalter des Internets verlieren Reiseführer im Baedeker-Stil wohl an Bedeutung – topaktuelle Tipps und Adressen findet man heute online. Unersetzlich bleiben aber jene Bücher, die uns atmosphärisch auf ein Reiseziel einstimmen und uns auf eine «Lesereise» mitnehmen. Eine ähnliche Reihe wie die «Fettnäpfchenführer» veröffentlicht Piper mit seinen «Gebrauchsanweisungen». Soeben erschienen ist die «Gebrauchsanweisung für Rom»; als typischer Vertreter der Reihe ist der Band unterhaltsam verfasst, voller Anekdoten und Insiderwissen. «Römer unterscheiden sehr wohl zwischen Touristen und Gästen»,

schreibt Autorin Birgit Schönau. «Das protestantische Prinzip: Ich zahle, also will ich dafür eine Leistung, funktioniert hier nicht. In Rom sein zu dürfen, meinen die Römer, ist ohnehin unbezahlbar.» Da haben die Römer wohl Recht – was einem spätestens nach dem Lesen dieses vergnüglichen Buchs wieder bewusst wird. Auch der Wiener Picus-Verlag bietet eine in jeder Hinsicht eindrückliche Reihe von Reiseberichten an – die «Lesereisen». Es gibt über 160 lieferbare Titel. In der neuen «Lesereise Burgund» berichtet die Autorin Susanne Pollak vor allem von persönlichen Erlebnissen und liefert viele kleine Puzzlestücke, die sich am Ende zu einem vielfältigen Gesamteindruck zusammenfügen. Das Buch macht richtig Lust, die Gegend kennenzulernen – was lässt sich Besseres über einen Reisebericht sagen?

Mit Hemingway im Bistro Eine Erwähnung verdienen auch drei weitere attraktive Reihen. Aus dem Verlag Ellert & Richter stammt die Serie «Reiselesebücher». Sie unterscheidet sich von den «Lesereisen» des Picus-Verlags durch

die Autorenvielfalt: Jeder Band kombiniert Beiträge heutiger Reisejournalisten und Texte aus vergangenen Epochen. Die Neuerscheinung «Grand Canyon und Las Vegas» vermittelt damit auch gute Eindrücke von der Zeit, als es in der Gegend noch keine Spieler, dafür aber Indianer und mutige Entdecker gab. Noch einen Schritt weiter geht der Fischer-Taschenbuch-Verlag mit seinen «Literarischen Entdeckungsreisen»: Die Bücher vereinen ausschliesslich Texte renommierter Schriftstellerinnen und Schriftsteller. Frankreich wird uns zum Beispiel durch Baudelaire, Hemingway, Fontane, Tucholsky, George Sand, Julien Green und viele andere näher gebracht. Der Herausgeber Christian Schärf meint im Nachwort: «Das Problematische jeder Anthologie, die Frage des Weglassens, kommt bei einem solch umfangreichen Thema noch mehr zum Vorschein als bei übersichtlicheren Gebieten.» Aus Leserwarte kann man ihn beruhigen: Die Auswahl ist sorgfältig und sorgt für viel Lesespass. Einen ganz anderen Ansatz verfolgen die Malik National Geographic Taschenbücher – laut Verlag «die grösste Abenteuerreihe

GEWINNEN SIE EINE REISE IN DIE KRIMI-STADT STOCKHOLM UND ENTDECKEN SIE MIT EIGENEM AUTO DIE UMGEBUNG! Beantworten Sie die folgende Frage und geben Sie den Talon in Ihrer Orell Füssli Buchhandlung oder im nächsten STA Travel Shop ab: Wie heisst die Heimatstadt von Inspektor Wallander? Ystad

Göteborg

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Mitarbeiter der Orell Füssli Holding AG und deren Angehörige sind von der Teilnahme ausgeschlossen. Über den Wettbewerb wird keine Korrespondenz geführt. Die Gewinner werden schriftlich benachrichtigt. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Anpassungen des Reiseprogramms behält sich STA Travel vor. Abgabeschluss ist der 31. Juli 2010


Reiseberichte

«Mythos Alpen» von Christian Brandstätter und Christian H. Stifter (Hrsg.), 143 Seiten, CHF 49.90, Brandstätter

Welt, du bist so schön! der Welt». Veröffentlicht werden in dieser vielfältigen Serie die besten Reisereportagen, die es vermutlich gibt; dafür bürgt das Siegel National Geographic. Im April erschien der Titel «Ararat – Pilgerreise eines Ungläubigen» des Niederländers Frank Westermann. Der Autor vereint Sachkenntnis, historisches Interesse, Abenteuerlust und Neugier an Menschen ideal und behandelt sein Thema so grundsätzlich, dass man sich selber wie Münster fühlen kann, der die ganze Welt kannte, ohne je über seine Heimat hinauszukommen.

ml. Dieses Buch könnte künftige Generationen so staunen lassen, wie wir uns heute über die Stiche in Münsters «Cosmographia» wundern. «100 einzigartige Orte, die schon bald verschwinden könnten» zeigt in schönen Fotoaufnahmen genau das, was der Titel verspricht: Inseln, die bald untergehen, Gesellschaften, die verblühen, Naturschauspiele, denen der Klimawandel vielleicht den Garaus macht. Das Buch kann Reisefieber auslösen und ist eine wahre Pracht – die sich allerdings nicht unbeschwert geniessen lässt. Denn die klugen Texte und Essays zu den 100 Orten sprechen eine ganz andere Sprache als die Hochglanzfotografie. Und rufen uns zu: Reist, so lange es sich noch lohnt – denn vergänglich ist all diese Schönheit!

100 einzigartige Orte, die schon bald verschwinden könnten Paul Arnedal, Ulla Kayano Hoff 289 Seiten CHF 67.00 Knesebeck

Subjektiv – und attraktiv Ähnliche plastische Eindrücke erhält man auch durch das Büchlein «Truman Capote, auf Reisen»; es enthält zehn Reportagen des 1984 verstorbenen amerikanischen Exzentrikers. Sie sind nicht alle gleich gut, aber alle gut. Auch hier stehen nicht nur Orte, sondern vor allem Begegnungen im Zentrum – mit Mussolinis Witwe, den Agnellis oder mit sich selbst. Capote im Text «Nach Europa»: «Es war also richtig, dass ich nach Europa gereist war – und nur, um das Staunen wieder zu lernen. Wenn man eine bestimmte Alters- und Weisheitsgrenze überschritten hat, wird es nämlich sehr schwer, etwas noch mit Verzauberung anzuschauen.» Damit haben jene 40 Autorinnen und Autoren offenbar keine Mühe, von denen man je einen Text in der neuen Anthologie «Die ganze Welt, noch immer da» findet. Das

Buch ist zum 40. Geburtstag des Basler Lenos-Verlags erschienen und beschreibt voll Lust das pralle Leben auf unserem Planeten. Mit diesem Lesebuch stimmt man sich vielleicht nicht auf eine bestimmte Reise ein – dafür bekommt man wieder einmal einen süffigen Eindruck von der grossen Vielfalt des Lebens, Fühlens und Denkens.

Sinnlich, spannend – und erst noch klein genug fürs Gepäck Das Problem, Orte nicht mehr mit Verzauberung anschauen zu können, kennt wohl auch Wolfgang Büscher nicht. Der erfahrene deutsche Reiseschriftsteller, den man auch aus der «Neuen Zürcher Zeitung» kennt, kann noch überall staunen und sich ganz einer neuen Erfahrung hingeben. Das spürt man in seiner jetzt auch als Taschenbuch veröffentlichten Textsammlung

«Asiatische Absencen» auf jeder Seite – lassen Sie sich vom gespreizten Titel des Buchs bloss nicht abschrecken! Büschers Texte sind sinnlich, spannend, zwischen den Buchstaben dampfen die Düfte dieser Welt. Eine besonders empfehlenswerte Leseprobe ist sein Bericht über eine Reise zu Schamanen im Himalaya. Wie die CapoteSammlung ist auch Büschers Buch klein und leicht – und damit der ideale Reisebegleiter für alle, die noch kein E-Book besitzen. «Warum reisen wir? Auch dies, damit wir Menschen begegnen, die nicht meinen, dass sie uns kennen ein für allemal; damit wir noch einmal erfahren, was uns in diesem Leben möglich sei – es ist ohnehin schon wenig genug!» Max Frisch

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DVD 2 4

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1

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Sherlock Holmes Helen Action

Unter Bauern – Retter in der Nacht

Drama

1

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Unterhaltung

Verdammnis Thriller

3

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Arthur Conan Doyles weltberühmter Detektiv kehrt auf die Leinwand zurück, um einen äusserst kniffligen Fall zu lösen. Es geht um ein mörderisches Komplott, das nicht weniger als den Untergang des ganzen Landes zur Folge haben könnte. Doch Holmes wäre nicht Holmes, würde er sich des Falls nicht mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln annehmen. Bald muss er handfest mit seinen besonderen Kampftechniken ins Geschehen eingreifen. Ein rasantes Filmvergnügen!

Helen (Ashley Judd) kämpft um ihr Leben und um ihre Familie. Denn sie hat ein Geheimnis, das ihre heile Welt zu zerstören droht: Sie hat Depressionen. Verständnis findet sie bei der sensiblen Studentin Mathilda, die ihr Schicksal teilt. Zwischen den beiden Frauen entwickelt sich bald eine tiefe emotionale Freundschaft. Am Ende steht Helen vor einer besonders schweren Entscheidung – zwischen ihrer Freundin und ihrem bisherigen «vollkommenen» Leben.

Als der Pferdehändler Menne mit seiner Frau Marga und der Tochter Karin 1943 in den Osten deportiert werden soll, bietet der alte Kriegskamerad Aschoff Hilfe an. Marga und Karin leben fortan unter falschem Namen auf Aschoffs Hof, während Menne von Bauer Pentrop versteckt wird. Alles scheint gut zu gehen, bis Marga von einer Wirtin erkannt wird. Es kommt zu einem lebensbedrohlichen Drahtseilakt: Linientreue aus Prinzip – oder Hochverrat an neuen Freunden?

Mikael Blomkvist erhält Informationen über eine hochbrisante Story: Verdiente Amts- und Würdenträger sollen am Sklavenhandel mit russischen Frauen beteiligt sein. Blomkvist recherchiert gemeinsam mit Lisbeth Salander. Wenig später wird einer der Hauptverdächtigen tot aufgefunden; auf der Tatwaffe werden Lisbeths Fingerabdrücke entdeckt. Eine gnadenlose Hetzjagd beginnt. Grossartiger Thriller nach dem Bestseller von Stieg Larsson (siehe Seite 15).

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Wenn Liebe so einfach wäre

Fame

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Up in the Air Komödie

5

Bright Star – Meine Liebe. Ewig. Romanze

6

Komödie

Musikfilm

7

8

Ryan Bingham (George Clooney) ist ein passionierter Vielflieger. Sein Ziel: Der siebte Mensch zu werden, der als Frequent Flyer die sagenumwobene Schallmauer von zehn Millionen Flugmeilen durchbricht. Doch dann treten zwei Frauen in Ryans Leben, die ihm einen Strich durch die Rechnung machen könnten. Die eine weckt seine Gefühle, die andere will seiner beruflichen Vielfliegerei ein Ende bereiten; Ryans Nomadenleben gerät mit einem Mal aus den Fugen.

Die Liebe zwischen der zwar klugen und schlagfertigen, aber nicht sonderlich gebildeten Schneiderin Fanny (Abbie Cornish) und dem jungen und sehr begabten, aber auch reichlich schwermütigen Poeten John (Ben Whishaw) scheint zum Scheitern verurteilt. Weder Johns Mentor noch Fannys Mutter sind über die Beziehung begeistert und beobachten sie mit Misstrauen. Immer wieder werden Fanny und John getrennt, doch ihre Liebe überdauert – bis John schwer erkrankt...

Nach über einem Jahrzehnt der Trennung pflegt die erfolgreiche Bäckereibesitzerin und Mutter dreier erwachsener Kinder Jane (Meryl Streep) eine mittlerweile freundschaftliche Beziehung zu ihrem Ex-Mann Jake (Alec Baldwin). Doch plötzlich flammen die alten Gefühle zwischen den beiden wieder auf, und es entwickelt sich eine heisse Affäre. Doch Jake ist wieder verheiratet. Und dann gerät auch noch der Innenarchitekt Adam ins Kreuzfeuer der Romanze.

Die Neuauflage des legendären Musikfilms erzählt die Geschichte junger Talente an der New Yorker School of Performing Arts. Prinzessinnen und Ballerinas, Sänger und Tänzer versuchen, ihren eigenen Weg ins Showgeschäft zu finden. Dieser Weg ist jedoch steinig und steil, gepflastert mit Niederlagen und unvorhersehbaren Entwicklungen. Doch alle Künstlerinnen und Künstler erleben etwas Ähnliches: Sie finden nach vielen Umwegen zu sich selbst.

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PLZ / Ort E-Mail


Veranstaltungen

Veranstaltungen von Orell Füssli

© Lina Ikse Bergmann

Lesung mit Henning Mankell: Der Feind im Schatten

Veranstaltung von Orell Füssli in Zusammenarbeit mit dem Tages-Anzeiger und dem Kaufleuten. Deutsche Lesung: Axel Milberg. Montag, 31. Mai 2010, 20 h Kaufleuten, Pelikanplatz 18, 8001 Zürich

Enjoy @ The Bookshop Treat yourself to a home made pie. Samstag, 29. Mai 2010, ab 11 h Samstag, 19. Juni 2010, ab 11 h Samstag, 24. Juli 2010, ab 11 h Treat yourself to a famous donut. Samstag, 26. Juni 2010, ab 11 h Samstag, 28. August 2010, ab 11 h Taste and buy delicious British Cheese. Samstag, 10. Juli 2010, ab 11 h Orell Füssli The Bookshop, Bahnhofstrasse 70, 8001 Zürich

Krimi-Zeit: Spannende Geschichten zum Rätseln und Mitraten Die vier jugendlichen Meisterdetektive Jann, Sherlock, Madleina und Mattia – kurz JSMMTeam – erleben auf ihrer Schweizer Reise rätselhafte, verzwickte und geheimnisvolle Dinge. Die Spürnasen lösen die neusten Fälle – und zählen dabei auf die Unterstützung der Zuhörerinnen und Zuhörer! Mittwoch, 7. Juli 2010, 15 h Orell Füssli Westside, Gilberte-de-Courgenay-Platz 4, 3027 Bern

Lesung: Best of Nackenbeisser Lassen Sie sich die gefühlvollsten, üppigsten und blumigsten Szenen aus ausgesuchten Nackenbeisser-Romanen in den Ohren zergehen. Samstag, 29. Mai 2010, ab 14 h Orell Füssli Kramhof, Parterre Füsslistrasse 4, 8022 Zürich

Bastle deine eigene Schultüte... ...und freue dich auf den ersten Schultag. Mittwoch, 4. August 2010, 14 bis 17 h Orell Füssli Westside, Gilberte-de-Courgenay-Platz 4, 3027 Bern

Märlistunden für Kinder ab 3 Jahren Samstag, 29. Mai 2010, 11 h Samstag, 26. Juni 2010, 14.30 h Samstag, 31. Juli 2010, 11 h Samstag, 28. August 2010, 14.30 h Orell Füssli Buchhandlung Luzern, Frankenstrasse 7-9, 6003 Luzern Samstag, 5. Juni 2010, 14 h Samstag, 4. September 2010, 14 h Orell Füssli Kramhof, Füsslistrasse 4, 8022 Zürich Samstag, 26. Juni 2010, 10.30 h Samstag, 31. Juli 2010, 10.30 h Samstag, 28. August 2010, 10.30 h Orell Füssli Buchhandlung Frauenfeld, Bahnhofstrasse 70/72, 8500 Frauenfeld Join Dave to an hour full of stories, fun and activities. Samstag, 5. Juni 2010, 10 h Samstag, 3. Juli 2010, 10 h Samstag, 4. September 2010, 10 h Orell Füssli The Bookshop, Bahnhofstrasse 70, 8001 Zürich

Bemale ein T-Shirt... ...zum Thema Wasser und Sommer. Mittwoch, 2. Juni 2010, 14 bis 17 h Orell Füssli Westside, Gilberte-de-Courgenay-Platz 4, 3027 Bern

Buchpräsentation: Über Stock und Stein 2 …und weiter geht die Pilgerreise von Nik Hartmann und Hündin Jabba. Der Radio- und Fernsehmann enthüllt erneut die verborgenen Reize Schweizer Alltagsgegenden. Freitag 4. Juni 2010, 18 h, Orell Füssli Kramhof, Kaffeebar im 1. Stock Füsslistrasse 4, 8022 Zürich

Im Reich des Regenbogenfischs Erforsche mit Autor und Zeichner Marcus Pfister die Welt des Regenbogenfischs!

Mittwoch, 1. September 2010, 15 bis 16 h Orell Füssli Westside, Gilberte-de-Courgenay-Platz 4, 3027 Bern

Lesung mit Daniel Germann Der Sportjournalist berichtet vom «Milliarden-Business Sport» Dienstag, 8. Juni 2010, 18 h Orell Füssli Kramhof, Füsslistrasse 4, 8022 Zürich

Mehr Veranstaltungen und Informationen finden Sie auf www.books.ch/veranstaltungen books – Mai 2010 – 49 books – Mai 2010 – 49


Kolumne Es ist so: Wenn ich in den Armen ein Ameisenlaufen spüre, weiss ich, dass mein rechter Schläfenlappen aktiv wird. Ich setze mich umgehend hin, schliesse die Augen und höre zu, wie sich mein Bewusstsein leise gluckernd ins Nichts entleert. Dieser präkreative Vorgang ist angenehm beseeligend. Ist kein einziger Gedanke mehr vorhanden, kann ich sehen, wie meine Hand den Stift ergreift, kann spüren, wie die Sätze zu strömen anfangen, und ich lasse mich tragen von diesem Strom in eine unendliche dunkelblaue Zuversicht, Blatt um Blatt. Gar nicht wahr. Es ist so: Ich tippe einen ersten Satz und lösche ihn und schreibe ihn neu und lösche ihn und schreibe ihn neu, bis er glüht – dann ist die Geschichte entfacht. Ich bleibe

abverlangt. Ich wäge die Wörter: Zu schwer, zu leicht? Ich registriere den Rhythmus der Sätze: Swingt er, schlurft er? Ich beobachte meine Figuren: Tun sie, was sie sollten? Ich rüttle an der Geschichte: Hält sie, wackelt sie? Ich bemühe mich, mir bei Geschwätzigkeit ins Wort zu fallen. Abgenutzte Redewendungen zu entsorgen. Begriffe nicht unbesehen zu verwenden. Bricht das Herz? Ist doch gar kein Knochen. Dastehen wie vom Blitz getroffen? Daliegen wäre logischer. Der Koffer wartet aufs Abgeholtwerden? Nein, Koffer können nicht warten. Schreiben ist ein permanentes Quiz mit sich selbst: Wie überwintert ein Schmetterling? Googeln! Schreibt man Lilliput so? Dudeln! Ist Fingerbeere ein Helvetismus? Karlheinz fragen! Wie hört es sich an, wenn Wasser

kreative Paste verstrichen. Am folgenden Tag um die gleiche Zeit mache ich weiter. Schreiben ist wie gesagt eine Arbeit. Eine, die mir gefällt. Am besten gefällt sie mir, wenn ich damit fertig bin.

Schweizer Autorinnen und Autoren erzählen in books, wie sie schreiben. Heute: Angelika Waldis dran über Stunden, schiebe die Glut hastig von Abschnitt zu Abschnitt, fiebernd fast, vergesse zu essen, zu schlafen, der erhitzte Computer rauscht, und die Seiten fallen knisternd aus dem Drucker. Ich lese sie, zerknülle sie, keine gefällt mir, und morgen geht es von vorne los. Ich tippe einen ersten Satz und lösche ihn und schreibe ihn neu... Gar nicht wahr. Es ist so: Ich habe vor Jahren in London einen kleinen Pelzkragen von Katherine Mansfield ersteigert, den lege ich mir beim Schreiben um. «Wenn ich über Enten schreibe, ich schwöre, dann bin ich selber eine Ente», hat die wunderbare Erzählerin Mansfield gesagt, und diesen Satz zitiere ich laut, bevor ich in die Tasten greife. Der Satz hilft, der Pelz auch: Es gelingt mir einigermassen, präzis zu sein, in meiner Einfühlsamkeit knapp zu bleiben, und die tragischen Elemente ganz beiläufig einfliessen zu lassen. Gar nicht wahr. Es ist so – und das ist nun wahr: Mein Schreiben hat nichts Zauberhaftes und nichts Fieberhaftes, es ist ganz einfach eine Arbeit, die mir Zeile für Zeile Verschiedenes 50 – books – Mai 2010

auf Wasser fällt? Ausprobieren! Eine gute Gelegenheit, kurz vom Computer abzuhauen, um dann mutig wiederzukommen in der Hoffnung, das bislang Geschriebene sei gut. Aber schon ist die Verunsicherung wieder da: Kann ich stehen lassen, dass der Himmel blaufingrig in die Hügel greift? Ja, warum nicht. Kann ich «geistige Verwirrung» mit «Kabelsalat» vergleichen? Nein, weg damit. Löst der letzte Abschnitt Kopfschütteln aus? Und soll ich das riskieren? Der russische Lyriker Ossip Mandelstam soll gesagt haben: «Aus guten Gedichten kann man heraushören, wie die Schädelnähte gesteppt werden.» Das gefällt mir, obwohl ich nicht weiss, warum. Wenn ich so schreiben kann, dass ich es selber gern lesen würde, bin ich zufrieden. Manchmal gelingt es mir. Glück! Manchmal liegen Text und Absicht nicht genau aufeinander, sind wie zwei leicht verschobene Scherenschnitte. Frust! Und manchmal reden ich und ich gänzlich aneinander vorbei. Delete! Nach rund zwei Stunden und knapp zweitausend Zeichen – das ist etwa die Hälfte dieser Textlänge – mag ich vorerst nicht mehr. Die Tube ist leer, die ganze

Die mehrfach preisgekrönte Autorin Angelika Waldis, 60, lebt bei Zürich. Soeben ist von ihr ein neuer Roman erschienen: Einer zu viel 240 Seiten CHF 33.90 Kein & Aber


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