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OWNER PORTRAIT ALOISIA RUF

Äußerlich und technisch war der 912 mit dem 911 nahezu identisch. In seinem Heck sorgte jedoch der 1,6-Liter-Vierzylinder-Boxermotor aus dem 356 SC für den Antrieb.

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s ist November. Die Tage sind mittlerweile kurz, die Temperaturen niedrig und auch das malerische Herbstlaub weicht der Wintertristesse. Zum Glück ist es dunkel. Ich treffe Aloisa in München. Meine Chance! Denn in den warmen Monaten ist sie viel unterwegs und reist zu Oldtimer-Events wie Villa d'Este, Goodwood und Pebble Beach. Oder sie genießt die schönen Straßen des Großglockners am Steuer des Porsche 912 – ihrem treuen Daily Driver. Aloisa Ruf. Ihr Name lässt Kenner aufhorchen. Ja, sie ist die Tochter von Alois Ruf, dessen Betrieb im bayerischen Pfaffenhausen exklusive Sportwagen entwickelt und baut, die weltweit als begehrte Sammlerstücke gelten. Und nein, heute beschäftige ich mich nicht mit der Geschichte dieses traditionsreichen Familienunternehmens. Stattdessen stelle ich mir die Frage: Wer ist Aloisa und was ist ihr Mittel zum Glücklichsein? Zum Shooting erscheint sie stilsicher in ihrem Porsche 912 und schon durch die Frontscheibe sehe ich: ein Lächeln. Es ist ihr Markenzeichen und begleitet mich den gesamten Abend. Ich versuche es zwar ab und zu mit dem typischen Fotografen-Befehl »Jetzt schau mal

Enachdenklich in die Ferne!«, aber nach einer Sekunde lacht Aloisa wieder los: »Das kann ich einfach nicht, das wäre nicht ich.« Sie ist ein glücklicher Mensch und das zu verbergen ist völlig unnötig. Doch ist der Grund ihrer Freude tatsächlich »Bertha«? In der Szene und auf Instagram ist der Name ihres vierrädrigen Alltagsbegleiters bereits wohl bekannt. »Bertha« kommt vom althochdeutschen »berath« und bedeutet »glänzend«, »strahlend«. Na, das passt ja! Und auch sonst hat der Porsche mit seiner schmalen Karosse und dem Vierzylinder-Boxermotor Charakter. Es ist kein durchrestauriertes Museumsstück, sondern sticht durch seine Patina aus der Masse heraus. »Repariert, nicht restauriert«, ergänzt Aloisa. Das ist ihr Motto, seitdem sie den 912, der eine lange Zeit vergessen in einem Lager stand, wieder auf die Straße gebracht hat. Eigenhändig und Schritt für Schritt. Schrauben ist für sie wie Meditation, ihr Ruhepol. Und wenn der Motor dann läuft und das Auto rollt, das mache sie dann glücklich, erzählt sie mir.

Die Faszination für Form und Funktion: 912er Porsche Oldtimer

Etwas eigenhändig zu erschaffen, liegt Aloisa im Blut – auch abseits der Automobilwelt. Die 20-Jährige studiert Kommunikationsdesign, zu ihren Leidenschaften zählen auch Mode und Fotografie. Regelmäßig veröffentlicht sie auf www.aloisaruf.net limitierte FineArt-Prints, mit denen sie auf ihre ganz eigene Art Stillleben und Portraits interpretiert: »Ich möchte mich immer weiterentwickeln und das mit meinem persönlichen Stil. Egal was passiert, ich gehe jedes Projekt mit Enthusiasmus und voller Hingabe an.« Das beweist Aloisa auch beim heutigen Shooting. Sah man sie noch kurz vorher in einem Shift-Dress im Stil der 70er Jahre auf dem Goodwood Revival, steht Aloisa jetzt in Bootcut-Jeans und schwarzer Lederjacke im Schein der Laterne an ihrem weißen Porsche 912. Die Komposition der Szenerie, bestehend aus Location, Licht, Auto, Mensch und Outfit passt perfekt!

Doch jetzt wollen wir fahren. Der Porsche stand lange genug, wurde zwischendurch nur schnell von links nach rechts und von einer Fläche auf die andere bewegt. Eine kleine blaue Wolke und eine laute Fehlzündung beim Start signalisiert: »Jetzt ist Bertha etwas sauer, weil sie nur herumstehen durfte.« Eine Aussage, die zeigt, dass dieses Fahrzeug für Aloisa viel mehr ist als nur ein Daily Driver. »Autos sind ja auch nur Menschen«, ergänzt sie lachend. Aloisa legt den ersten Gang ein und es geht los. Dann folgt der Zweite, der Dritte und mittendrin das Aufheulen des Vierzylinder-Boxermotors. Sie ist in ihrem Element. Geht es Bertha gut, geht es ihr gut. Das ist das Resultat der eigenhändigen Wiederbelebung eines in Vergessenheit geratenen und eingestaubten Klassikers. Aloisas kreativer Weg sich selbst zu verwirklichen. Ich bin nur noch ein stiller Beobachter dieses Moments und er spricht Bände.

Ein Porsche gilt nicht mehr als Mittel zum Zweck, schnell und trocken von A nach B zu gelangen. Vielmehr wandelten sie sich zu Kulturgütern, deren Besitz, Einsatz und Pflege auch Aloisa Ruf größte Freude bereitet.

Der PorscheKlassiker ist eine Ikone, die bis heute fasziniert

Was den meisten Autoenthusiasten verwehrt bleibt, ist die Perspektive eines Beobachters, der das Auto mit dem Besitzer einfach nur vorbeifahren sieht. Simpel, aber doch bedeutsam. Diesen Blick möchte ich jetzt zum Schluss noch für Aloisa festhalten. Wir suchen uns einen ruhigen Straßenabschnitt, wo sie mit Bertha unkompliziert ihre Kreise ziehen kann und ich genug Zeit habe, mich bei den dunklen Lichtverhältnissen zu arrangieren. «Nichts leichter als das!«, sagt sie, fährt los und braust immer wieder an mir vorbei.

Während ich die Fotos zwischendurch auf meinem kleinen Bildschirm sichte, springt mir erneut ihr Lächeln ins Gesicht und ich muss selbst lachen. Die herzliche Art von Aloisa färbt einfach ab. Aber wir haben alles im Kasten und ich winke sie zu mir heran. «So könnte ich noch Stunden weitermachen«, sagt Aloisa. Ihre Definition von Glücklichsein. Wobei sie auch nichts gegen kurvige Landstraßen bei sonnigem Alpenpanorama habe. Nichts leichter als das!

Ein Porsche ist immer etwas Besonderes. Bei dem einen löst er wehmütige Kindheits- und Jugenderinnerungen aus, bei der anderen die Sehnsucht nach einer nicht selbst erlebten Epoche.

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