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ZEITSCHRIFT DES WAADTLÄNDER WEINS • Nr. 40 1/2012 • WITH ENGLISH SUMMARY

Die Metamorphose: Im Herzen der Gärung

Waadtländer Weine Sexy Waadtländer Weine! Terravin: Die grosse Stunde von Jean-Luc Blondel Das Jahrhundert von Hugh Johnson Degustation Merlot im Aufwind Terroirs & Regionen Das Land, wo Chasselas und Honig fliessen (I) Geheimes Morges

Confrérie Die Schlaraffenland-Ressats Jean-Claude Vaucher am Steuer!


Morges, vom 18. bis 23. April 2012

Ehrengast

DIE SCHWEIZER WEINE Swiss Wine Promotion

www.arvinis.com


Trend Die Metamorphose: Im Herzen der Gärung

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Gute Gründe für Zufriedenheit Françoise Zimmerli

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Degustation Die Stimme des Schweizer Weins Merlot im Aufwind Die 2009er profitierten vom Jahrgang Weinconcours in der Schweiz und im Ausland

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Unsere Terroirs und ihre Talente Das Land, wo Chasselas und Honig fliessen (I)

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Unsere Regionen sind rare Perlen Geheimes Morges

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Confrérie du Guillon Botschaft des Gouverneurs 55 Die Schlaraffenland-Ressats 56 Propos de Clavende 67 Wir lüften den Deckel 68 Die Quatre Heures in Begnins 73 Jean-Claude Vaucher am Steuer! 76 Horizonte: Annick Jeanmairet 78 Die Kolumne von Michel Logoz 80

Titelbild: Cécile Hug und ihr Konzept der Metamorphose.

Die Metamorphose: Diese Nummer dekliniert sie auf verschiedenste Arten. Allen voran mit einem Beitrag zu den in der Önologie verwendeten Hefen und einem Eintauchen ins Herz der Gärung, die ungestört von Blicken abläuft. Doch auch mit dem neuen Image der Waadtländer Weine. Ihr Promotionsbüro, das lange mit dem traditionellen Image der Waadtländer Weinregion gespielt hat, wagt es dieses Jahr, sich davon zu befreien, um seinen letzten Slogan Befreien Sie Ihre Sinne besser mit einem etwas gewagten, aber aktuellen Image unserer Weine abzustimmen, kurz: Waadtländerwy macht sexy. Jeder wird das nach seinem eigenen Geschmack beurteilen, doch Le Guillon möchte diesem Schritt Respekt zollen, plaziert er doch unsere Weinregion im Kreis jener, die voll und ganz in ihrer Zeit leben. Obwohl die Waadt eng mit dem Chasselas verbunden bleibt, konstatieren wir eine weitere Metamorphose, den Übergang von traditionellen Rebsorten hin zu einst in der Waadt wenig verbreiteten Varietäten. So etwa zum schnell aufgestiegenen Waadtländer Merlot. Klimaerwärmung am Lac Léman, das Vorbild der Tessiner? Diesen Fragen wollen wir nachgehen. Selbst im Innern der Confrérie du Guillon vollzieht sich eine Metamorphose. Die Stabsübergabe an ihrer Spitze wird zwar nicht an ihren Grundfesten rütteln, sich aber in der Persönlichkeit ihres neuen Gouverneurs ausdrücken. Seit der Gründung der Bruderschaft hat jeder Gouverneur sie durch seinen persönlichen Touch mitgeprägt. Wir sind gespannt auf den von JeanClaude Vaucher, nachdem wir den von Philippe Gex verkostet und genossen haben… Eine Nummer, die Ihnen also diverse gute Gründe für Zufriedenheit bietet, angefangen bei einem experimentellen Titelbild. P. S. A big welcome to those of you reading the magazine in English. Whether you live in Switzerland or are just visiting, we hope you enjoy learning more about the exceptional wines made in the Pays de Vaud and our unique art of living.

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Waadtländer Weine Sexy Waadtländer Weine! Alte Chasselas der Ville de Lausanne Terravin: Die grosse Stunde von Jean-Luc Blondel Das Jahrhundert von Hugh Johnson Der Chasselas erlangt Weltformat Baronnie du Dézaley wird erwachsen

IMPRESSUM: Herausgeberin: Revue Le Guillon GmbH, Chemin de la Côte-à-Deux-Sous 6, 1052 Le Mont-sur-Lausanne; Geschäftsführung: Dr. Jean-François Anken (Präsident), Gilbert Folly, Daniel H. Rey. Partner: Confrérie du Guillon, Office des Vins Vaudois, Qualitätslabel Terravin, Fédération des caves viticoles vaudoises, Section vaudoise de l’Association suisse des vignerons encaveurs, SAGR, SELT. Le Guillon, die Revue des Waadtländer Weins erscheint zweimal jährlich in den Sprachen Französisch und Deutsch, mit englischen Zusammenfassungen. revue@guillon.ch Verlagsleitung: Françoise Zimmerli. Mitarbeiter dieser Ausgabe: Pascal Besnard, Caroline Dey, Gilbert Folly, Philippe Gex, Michel Logoz, Julien Neyrinck, Pierre Thomas, Alexandre Truffer, Eva Zwahlen. Übersetzung ins Deutsche: Evelyn Kobelt (Confrérie), Eva Zwahlen. Übersetzung ins Französische: Loyse Pahud. English adaptation by CFS Communication, Geneva. Art director: STLDESIGN, Estelle Hofer Piguet. Fotografen: Kairos atelier photos – Sandra Culand; Caroline Dey; Philippe Dutoit; weinweltfoto.ch – Hans-Peter Siffert; Studio Curchod. Fotolitho und Druck: Swissprinters Lausanne SA. Anzeigenleitung und Abonnemente: revue@guillon.ch – ISSNN 1423-7393


Trend

BROT UND BIER HABEN EINES MIT DEM WEIN GEMEIN: DEN PROZESS DER GÄRUNG. DIESE KOMPLEXE METAMORPHOSE VERLANGT NACH MIKROSKOPISCH KLEINEN WIRKSTOFFEN, «HEFEN» GENANNT. SEIT JAHRZEHNTEN VERSUCHT MAN DIESE MIKROORGANISMEN ZU VERSTEHEN UND ZU DOMESTIZIEREN, DOCH EINIGE WINZER WAGEN DIE RÜCKKEHR ZU SPONTANEN, IM MOST VORHANDENEN HEFEN. TAUCHEN WIR EIN IN DIE GEHEIMNISSE EINER KAUM BEKANNTEN ÖNOLOGISCHEN ETAPPE, DIE DEN MOST ERST IN WEIN VERWANDELT.

Die Metamorphose:

Im Herzen der Gärung Alexandre Truffer – Fotos: Serge Hautier, Ecole d’Ingénieurs de Changins «Hefen sind Mikroorganismen, die den Zucker des Traubenmostes während der alkoholischen Gärung in Alkohol verwandeln. Diesen Prozess darf man nicht verwechseln mit dem durch Bakterien ausgelösten biologischen Säureabbau. Wie Rebsorten oder Hunde wurden diejenigen Hefen selektioniert, die ganz besondere Charakteristiken aufweisen. So stammt eine der weltweit am häufigsten verwendeten Sauvignon-blanc-Hefen von der seit Jahrhunderten für ihren Sauvignon berühmten Domaine Château Smith Haut Laffite», erklärt Julien Dutruy, der Önologe der Frères Dutruy in Founex. Für diesen kantonal wie national oft ausgezeichneten Önologen «verleihen Spontanhefen einem Wein Komplexität, doch sind selektionierte Hefen viel präziser. Die Mikroorganismen, die auf

den Trauben leben und sich an die Besonderheiten einer Region akklimatisiert haben, setzen sich aus Hunderten von Mikroorganismuswurzeln zusammen, darunter auch Mitgliedern der Familie der Brettanomyces, die einem Wein Stallaromen verleihen können. Diese ganze kleine Welt arbeitet im Tank, und das Resultat ist viel stärker vom Zufall abhängig.» Er präzisiert, «dass Spontanhefen in grossen Terroirs ein Plus darstellen, aber auch das Risiko von Unregelmässigkeiten beinhalten.» Die einheimische Fauna domestizieren Raymond Paccot macht dieselbe Feststellung: «Ende der 70er Jahre ersetzten selektionierte Hefen die natürlichen Spontanhefen. Diese Evolution machte unsere Weine fruch-

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© EIC

 Die untere Hefe ist gerade dabei, sich auf asexuelle Weise, durch Teilung, zu vermehren (1000-fach vergrössert).

© EIC

 Selektionierte Hefen in einem Chasselasmost am sechsten Tag der alkoholischen Gärung (400-fach vergrössert).


© EIC

tiger und die Gärungen sicherer, indem sie Probleme mit Böckser eliminierte.» Der Winzer, der in der Regel spontane und selektionierte Hefen kombiniert, macht sich heute Sorgen angesichts einer Entwicklung, welche die Forscher dazu treibt, immer noch leistungsfähigere Hefen auf den Markt zu bringen. «Mit diesen ausnehmend präzisen, fast olympischen Hefen verliert man gewissermassen seine Unabhängigkeit.» Der Winzer aus Féchy glaubt einen grösseren Spielraum zu gewinnen, indem er seine eigenen Hefen «domestiziert». «Unter der Aufsicht eines Doktors der Biologie haben wir versucht, auf wissenschaftliche Art die Qualität der Hefen aus den drei Parzellen Le Brez, En Bayel und Le Petit Clos zu bestimmen. Da diese Parzellen seit Jahren biodynamisch bewirtschaftet werden, sind die Populationen von Mikroorganismen stark entwickelt. Wir möchten schliesslich die besten Populationen des Guts selektionieren, um zertifizierte Hefen mit der Herkunft La Colombe kreieren zu können.» Zurück in die Zukunft Die neue Prestigelinie von Badoux Vins in Aigle namens «Lettres de Noblesse» weist eine Besonderheit auf: Sie umfasst drei der seltenen Schweizer Weine, einen Chasselas, einen Merlot und einen Cabernet-Malbec, die

mit natürlichen Hefen und nicht nur in vertraulichen Mengen produziert wurden, sondern in einer Auflage von insgesamt 15 000 Flaschen. Auf den Degustationsblättern wird – welche Seltenheit! – erklärt, der Wein sei das Produkt einer Spontangärung (ohne Zusatz von selektionierten Hefen). Daniel Dufaux, der Önologe des Hauses, glaubt an die spontanen Hefen: «Ich habe vor drei Jahren angefangen, mit heimischen Hefen zu arbeiten und ich glaube, dass diese mittel-

 Bei einer spontanen Gärung beobachtet man oft einen kräftigen Schaum an der Oberfläche des Mosts. Im Bild der besondere Fall einer selektionierten Hefe, die ebenfalls zu starker Schaumbildung neigt.

«Spontanhefen verleihen einem Wein Komplexität, doch sind selektionierte Hefen viel präziser.» Julien Dutruy

fristig im grossen Stil zurückkehren werden.» Er räumt ein, dass es mehr Sorgfalt im Keller verlange, ausschliesslich mit den Mikroorganismen zu vinifizieren, die auf den Trauben vorhanden seien, um so mehr, als es mehr Zeit brauche, bis der Most ganz durchgegoren sei. «Doch es scheint logischer zu sein, spontane, heimische Hefen – die sowieso vorhanden sind – zu verwenden, wenn man die Charakteristiken eines Terroirs ausdrücken will, als eine im Labor hergestellte Selektion zu kaufen.»

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Waadtländer Weine

DIESEN WINTER RÜHMT EINE JUNGE, IN DIE WAADTLÄNDER FAHNE GEHÜLLTE FRAU DIE TUGENDEN DER WAADTLÄNDER WEINE. SIE VERKÖRPERT DEN WILLEN DES OFFICE DES VINS VAUDOIS, DAS IMAGE DER CRUS VOM LAC LÉMAN ZU VERJÜNGEN.

Sexy Waadtländer Weine!

© map.ch

Alexandre Truffer

 Natürlich, schön und stolz darauf, Waadtländerin zu sein: das neue Image der Waadtländer Weine.

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«Ich finde, diese Kampagne geht in die richtige Richtung. Sie hat uns ein wenig überrascht, unterscheidet sie sich doch beträchtlich von den vorangegangenen, aber sie vermittelt ein dynamisches Bild unserer Produkte.» Dieser Feststellung von Bernard Huber, Abbaye de Salaz in Ollon, kann Philippe Bovet nur beipflichten. Der Winzer aus Givrins findet es «eine gute Idee, mit einer Frau für die Waadtländer Weine zu werben. Heute besteht ein Drittel der Kunden aus Jungen, davon ein grosser Teil Frauen. Um sie von der Attraktivität unserer Weine zu überzeugen, sind auffallende visuelle Reize unverzichtbar.» Zwei Meinungen, die Nicolas Schorderet gern zur Kenntnis nehmen dürfte. Der Direktor des Office des Vins Vaudois erklärt, die Einkaufsgewohnheiten hätten sich verändert: «Der Wein ist keine Männerangelegenheit mehr. Dafür gibt es diverse Gründe. Bei den Paaren entscheiden die Frauen mehr und mehr, welcher Wein gekauft wird. Dazu kommt, dass die meisten Konsumenten keine Lagermöglich-

keiten haben. Und schliesslich werden Einladungen oft erst in letzter Minute organisiert und somit auch alles – inklusive Wein – im letzten Moment gekauft. Gerade im Grossverteiler wird immer öfter spontan eingekauft. Deshalb wurden unsere Plakate direkt neben den Verkaufsstellen ausgehängt.» Die Kampagne 2011, Ende November 2011 in der Deutschschweiz lanciert, berührte die grossen Städte: Luzern, Bern, Zürich, Winterthur, Sankt Gallen und Basel. Gegen 150 Plakate mit dem Slogan «Waadtländerwy macht sexy» sprachen die künftigen Käufer an. In der Westschweiz wurde der Zeitpunkt verschoben, um anlässlich der Feste zum Jahresende den grössten Effekt zu erzielen. So mussten die Romands die letzten beiden Wochen des Jahres abwarten, bis ihnen eine önophile junge Dame ihr Interesse für «Schlicht unwiderstehliche Waadtländer Weine» mitteilte. Die Kampagne, zu Anfang des Jahres auf die Beine gestellt, um mit den Veränderungen des Marktes mitzuhalten, verfügt über ein Budget von 100 000 Franken. Im Frühling und im Herbst 2012 soll sie weitergeführt werden. «Jedes Jahr lancieren wir zwei Plakatwellen, im Frühling und im Herbst. Um bei den Konsu-


Making Vaud Wines Sexy Alexandre Truffer The new poster campaign for Vaud wines features a shapely girl provocatively draped in a Vaud flag. She’s part of a new youthful image for Vaud wines that the OVV, Vaud’s wine promotion entity, is seeking to create. Winemakers Bernard Huber of Abbaye de Salaz in Ollon and Philippe Bovet of Givrins think the ad creates a dynamic image. “It’s a good idea for a woman to promote Vaud wines – a third of wine consumers are young and a lot of them are women.” OVV director Nicolas Schorderet would be delighted with these views. Buying patterns have indeed

changed, he says. More and more women, whether in a partnership or not, are making the wine choices, and – because most people don’t have homes with much cellaring capacity – wine is often bought spontaneously with the rest of the shopping, particularly in supermarkets. “That’s why the posters are concentrated around big food stores,” he says. The poster was launched in November in the German-speaking part of Switzerland, and closer to the holidays in the Frenchspeaking part. Despite the comehither girl and caption claiming that “Vaud wine makes you sexy”

 Das OVV hat seine Plakate in den Supermärkten ausgehängt, den wichtigsten Verkaufsstellen für Wein.

© map.ch

Gab es Proteste, in einer Zeit, da ewige Stänkerer mit dem aristokratischen Titel «besorgt» versehen werden? «Kaum», antwortet der Direktor des OVV. «Die Kampagne überraschte bisweilen durch ihren Stil, die mit den vorangegangenen bricht, doch sie macht von sich reden – und genau das ist ja ihr Ziel.» Das letzte Wort hat Philippe Bovet: «Es ist eine exzellente Idee, die Waadtländer Fahne in den Vordergrund zu stellen. Jedes Kind kennt die dreizehn Sterne des Walliser Wappens. Auch wir sollten stolz sein auf unsere Identität und unser Banner vor uns hertragen.»

the campaign overall has been well-received. The budget for the campaign, which will continue in 2012, was 100,000 Swiss francs. Schorderet says that for “maximum visibility with consumers, this campaign runs parallel to the one promoting all Swiss wines.” Significantly, the young woman in the Vaud promotion poster holds a glass of Chasselas. A propos this Vaud classic, Schorderet says: “Chasselas needs a more contemporary role in tune with today’s consumption habits. We want to get rid of the image of Chasselas as mainly an aperitif wine. By varying the way it’s vinified, Vaud winemakers are making modern Chasselas wines that work well with gastronomic food. Wine lovers seek versatility and novelty, and these Chasselas wines will really surprise them.”

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menten maximale Präsenz zu erlangen, arbeiten wir parallel auch mit der Werbekampagne der Schweizer Weine.» Auf Seiten der Profis – wo man offiziell keine von Konkurrenten realisierte Kampagne kommentieren will – räumt man ein, «das Ganze hat etwas vordergründiges, ist aber wirksam, direkt, dynamisch und überraschend.» Nicolas Schorderet, der sein Ziel also erreicht zu haben scheint, präzisiert: «Der Chasselas muss sein Image als reiner Apérowein loswerden. Man muss ihm eine zeitgemässere Rolle zuteilen, die zu den veränderten Konsumgewohnheiten passt. Mit dem Variieren der Vinifikationsmethoden schafft man moderne, gastronomische Weissweine, die eine immer unbeständigere, nach Neuheiten gierende Klientel zu überraschen vermögen.»

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Waadtländer Weine

DIE SOMMELIERS, DIE IN SCHWEIZER STERNERESTAURANTS WIRKEN, HABEN SELTEN WESTSCHWEIZER WURZELN. UM SIE IN DIE MAGIE DER ALTEN CHASSELAS EINZUFÜHREN, HAT JÉRÔME AKÉ EINIGE SEINER BERÜHMTEN BERUFSKOLLEGEN ZU EINER VERBLÜFFENDEN VERTIKALDEGUSTATION VON ALTEN JAHRGÄNGEN DER VILLE DE LAUSANNE EINGELADEN.

Alte Chasselas der Ville de Lausanne Alexandre Truffer – Fotos: map.ch

 Paolo Basso, dreimal zweitbester Sommelier der Welt, zeigte sich beeindruckt von der allgemeinen Qualität der alten Chasselas.

«Ich wollte die Alterungsfähigkeit des Chasselas demonstrieren und zeigen, wie interessant er für die Gastronomie ist, sobald er mit zunehmender Reife ein komplexes Profil entwickelt», erklärt Jérôme Aké, bevor er hinzufügt: «Diese alten Jahrgänge sind hochspannend, aber es braucht Profis, um sie in den Restaurants richtig zur Geltung zu bringen.» An diesem 12. Dezember 2011 ist der Sommelier der Auberge de l’Onde in Saint-Saphorin umringt von Tony de Carpentrie (Beau-Rivage, Lausanne), Geoffrey Bentrari (Terminus, Sierre), Thibaut Pannas (Hôtel de Ville, Cris-

sier), Grégory Mio (Richemond, Genf), Lionel Apollaro (Hôtel des Trois Couronnes, Vevey), Christoph Kokemoor (Les Trois Rois, Basel), Julien Authier (Kempinski, Genf) sowie Paolo Basso (bester Sommelier Europas 2010 und dreimal zweitbester Sommelier der Welt). Um dieses vornehme Gremium vom Pontential der weissen Hauptsorte der Waadt zu überzeugen, hatte Tania Munoz, die Önologin der Weine der Stadt Lausanne, fünf Weine der drei städtischen Domänen in der AOC Lavaux aus den Tiefen des Kellers geholt (einen pro Jahrzehnt):


• Saint-Saphorin Domaine du Burignon 1961 • Dézaley Clos des Abbayes 1961 • Dézaley Clos des Moines 1963 • Dézaley Clos des Moines 1975 • Saint-Saphorin Domaine du Burignon 1977 • Dézaley Clos des Abbayes 1979 • Dézaley Clos des Moines 1986 • Saint-Saphorin Domaine du Burignon 1987 • Dézaley Clos des Abbayes 1989 • Saint-Saphorin Domaine du Burignon 1990 • Dézaley Clos des Abbayes 1992 • Dézaley Clos des Moines 1995 • Dézaley Clos des Abbayes 2000 • Saint-Saphorin Domaine du Burignon 2005 • Dézaley Clos des Moines 2008 Für Tony de Carpentrie «war das eine tolle Sache, die man vor grossem Publikum wiederholen sollte. Die Leute würden Gewinn daraus ziehen, die Komplexität gereifter Chasselas zu entdecken.» Der Sommelier des Restaurants Anne-Sophie Pic gesteht sein besonderes Faible für den Clos des Abbayes 1992: «In der Nase Noten von Butter, Haselnüssen und Bienenwachs. Ein komplexer, vollständiger und ausgewogener Wein mit reichhaltigem Finale.» Paolo Basso, der sich beeindruckt zeigte von der allgemeinen Qualität dieser Chasselas, war besonders angetan vom Domaine du Burignon 1977: «Komplexe Nase mit Noten von Zitrusfrüchten, Trockenfrüch-

ten, Muskatnuss, Mohn, Kümmel und sogar einem Hauch von Blätterteig mit Sardellen. Dynamischer Auftakt im Gaumen, gestützt von etwas Kohlensäure. Schöne Säure, gute Struktur, einige durch die Oxydation bedingte Karamellnoten und ein anhaltendes Finale.» Eine Vorliebe, die Jérôme Aké teilt, der diesen «ausladenden, aber verblüffend bekömmlichen Wein mit langem, teuflisch frischem Finale» zu Kalbsbries «alla plancha» und knackigen Spargeln empfehlen würde.

 Jérôme Aké, Sommelier in der Auberge de l’Onde in Saint-Saphorin, führt seine Kollegen in die Geheimnisse gereifter Chasselas ein.

In December 2011, Jérôme Aké, sommelier at Auberge de l’Onde in Saint-Saphorin, hosted colleagues from other Swiss Michelin-starred restaurants at a lateral tasting of aged Chasselas wines from Lavaux estates belonging to the City of Lausanne. Paolo Basso, Europe’s Best Sommelier 2010, was also

there. Enologist Tania Munoz chose a wine each from Domaine du Burignon, Clos des Abbayes and Clos des Moines – one vintage per decade from 1961. Aké says he initiated the idea because he “wanted to show the complexity Chasselas develops with age, and its gastronomic potential.”

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Pros Taste Aged Chasselas

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Waadtländer Weine

FÜR SEINE VIERTE AUSGABE DER VERLEIHUNG DER PLATIN-LORBEEREN SICHERTE SICH TERRAVIN DAS PATRONAT EINES GROSSEN DER WEINWELT: HUGH JOHNSON. DER BERÜHMTE ENGLISCHE AUTOR REFERIERTE ÜBER SEINE VISION DES WEINS IM WESTEN UND NAHM AN DER DEGUSTATION DER «LAURIERS DE PLATINE» TEIL, AUS DER JEAN-LUC BLONDEL ALS SIEGER HERVORGING.

Die grosse Stunde von Jean-Luc Blondel Alexandre Truffer «Geduld bringt… Lorbeerkränze!» Das dürfte sich Jean-Luc Blondel am Donnerstag, 24. November, gesagt haben, als er den Anruf erhielt, sein Chasselas La Perle 2010 habe die «Lauriers de Platine Terravin» gewonnen. Der Winzer aus Cully verfügt über Erfahrung in diesem Wettbewerb: 2008, bei der ersten Austragung dieser Waadtländer ChasselasMeisterschaft, gehörten seine beiden Aushängeschilder – La Perle und der Dézaley Côtes des Abbayes – zu den 16 selektionierten Finalisten. 2009 wurde sein Dézaley Dritter im Finale. 2010 erklomm er eine weitere Stufe und klassierte sich als Zweiter. Mit drei weiteren Chasselas – La Perle, Pré-Lyre und Arpège – unter den 16 Titelanwärtern, gelang Jean-Luc Blondel ein grossartiger Auftritt. Dieser hinterliess bei ihm zweifellos ein weh-

fallen war. Ein Missgeschick, das der Winzer dem Zeitpunkt zuschreibt: «Die Lavaux-Weine öffnen sich im Lauf des Jahres. Zu Beginn sind sie noch sehr reserviert im Vergleich zu den Chasselas aus anderen Regionen.» Doch im November hatte La Perle Zurückhaltung gegen Eleganz und Mineralität eingetauscht, die beiden Pfeiler, auf denen dieser hellgelbe, fast kristalline Wein ruht. In der fruchtigen, komplexen Nase liessen sich bereits Noten von Feuerstein wahrnehmen, der geradlinige Gaumen erstrahlte in delikater Eleganz und

«Die Lavaux-Weine öffnen sich im Lauf des Jahres. Zu Beginn sind sie noch sehr reserviert im Vergleich zu den Chasselas aus anderen Regionen.» mütiges Gefühl des Unvollkommenen, denn 2011 war der passionierte Musikliebhaber nur mit einem Wein vertreten und glaubte nicht an seine Chance. Um so mehr, als La Perle, der Chasselas, der am Grand Prix des Schweizer Weins 2011 eine Goldmedaille errungen hatte, als einziger Chasselas seines Guts bei der Selektion der Waadtländer Weine durchge-

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 La Perle 2010, Lauriers de Platine.


© Philippe Dutoit

mit bemerkenswert langem Finale. Ein Wein, der die Jury der «Lauriers de Platine» beeindruckte. Qualität mit Geduld und bewussten Entscheiden erarbeitet Jean-Luc Blondel bleibt bescheiden: «Bei Wettbewerben spielt immer auch das Glück mit.» Allerdings: Produzenten, die sich rühmen können, an drei von bisher vier Finalen der Platin-Lorbeeren von Terravin teilgenommen zu haben, kann man einer Hand abzählen. Es gibt kein Geheimrezept, nur den hartnäckigen Willen, das beste aus den wundervollen familieneigenen Parzellen im Herzen des Lavaux zu ziehen. Die Domaine BlondelDuboux wurde von zwei Vertretern traditionsreicher Winzerfamilien aufgebaut: Jean-Lucs Urgrossvater war der erste, der die Terrassen mit Flurnamen La Perle in Epesses bewirtschaftete; dessen Frau dagegen, Mitglied der 14 Generationen zählenden Dynastie Duboux, brachte Rebberge in den Produktionszonen Epesses, Calamin und Dézaley mit in die Ehe. Jean-Luc Blondel, sekundiert vom zurück-

haltenden Önologen François Meylan, dessen Talent allgemein anerkannt ist, meint: «Um Qualität zu erlangen, muss man die Rebarbeiten rechtzeitig erledigen, auch wenn man dafür nötigenfalls zusätzliches Personal einstellen muss. Dank frühen Laubarbeiten und grüner Lese kann die Pflanze ihre Lebenskräfte sehr früh auf die selektionierten Trauben konzentrieren.» Minutiöse Arbeit im Rebberg und zurückhaltendes Eingreifen bei der Vinifikation werden kombiniert mit einer gut durchdachten Kommerzialisierung:

 Jean-Luc Blondel, ein Winzer auf dem Gipfel seiner Kunst.

 Philippe Rochat, der diesen Frühling sein Restaurant seinem Nachfolger übergeben wird und stets Gastgeber der «Lauriers de Platine»-Degustationen war, erhält aus den Händen von Terravin-Präsident Pierre Monachon ein Diplom, das ihn als Ehrenmitglied der Goldenen Lorbeeren von Terravin ausweist, zum Dank «für seine aussergewöhnliche Unterstützung des Qualitätslabels».

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Waadtländer Weine

«Weine von der Domaine Blondel-Duboux wird man nie im Grossverteiler finden. Die Weine eines Selbstkelterers müssen exklusiv bleiben. Selbst anerkannte Marken verlieren, einmal im Supermarkt, ihren guten Ruf. Ich ziehe es vor, Offenwein zu verkaufen, statt meine Flaschen im Billigsegment anzubieten.» Doch

die Liebhaber dürfen aufatmen: Mit durchschnittlich 13 000 Flaschen pro Jahr gehört der Epesses La Perle nicht zu den raren Exklusivitäten. Und schlimmstenfalls wird der 2011er – dessen Ertrag Jean-Luc Blondel so kräftig reduziert hat wie noch nie zuvor – die Zuspätgekommenen trösten.

DAS JAHRHUNDERT VON HUGH JOHNSON Hotelfachschule Lausanne, 23. November 2011. Die Waadtländer Weinszene ist vollzählig versammelt, um Hugh Johnson zu hören. Der Autor von Der grosse Johnson und Der Weinatlas hat mehrere Generationen von Weinliebhabern und -profis geprägt. Seine Bücher, stets neu aufgelegt, erweisen sich als unerschöpfliche Quelle von Informationen zu den Weinregionen der Welt. Hugh Johnson vermittelte in seinem Vortrag seine Vision des abendländischen Weinbaus.

«Die Technologie hat die Weinwelt in den letzten fünfzig Jahren tiefgreifender verändert als in den zweihundert Jahren zuvor.» Erste Feststellung: «Trotz Kommunikationskampagnen und Weingurus existiert der globale Wein nicht, ebensowenig wie der gute Geschmack.» Die Konsequenz daraus: Sauvignons – «those of New Zealand are boring me to death!» – und Cabernets verderben zahlreiche Weinregionen, die wie die Schweiz das Glück haben, autochthone Rebsorten und ursprüngliche Methoden der Weinbereitung zu besitzen. Zweite Feststellung: «Die Technologie hat die Weinwelt in den letzten fünfzig Jahren tiefgreifender verändert als in den zweihundert Jahren zuvor.» Dies hat die Entwicklung der Weinregionen in der Neuen Welt ermöglicht, die unter einem zu heissen Klima  Hugh Johnson und Pierre Monachon, der Präsident von Terravin, vergleichen die verschiedenen Finalisten der PlatinLorbeeren miteinander.

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leiden und auf technische Installationen zur Kontrolle der Gärtemperaturen angewiesen sind. Dritte Feststellung: «Wein wird getrunken. Die Degustation ist nur eine Etappe, ein guter Wein muss sich bei Tisch bewähren. Wenn er den Tafelnden Lust darauf macht, eine zweite Flasche zu öffnen, dann verdient er die Qualifikation sehr gut.» Was bedingt, dass die Begriffe «saftig» und «bekömmlich» wieder zu den wichtigsten Schlüsselwörtern werden. Hugh Johnson, der ein Faible für «Weine, die sprechen, aber nicht schreien» einräumt, bezeichnete die Degustation der für die «Lauriers de Platine» selektionierten Chasselas als «Offenbarung», obwohl er nicht an eine internationale Verbreitung der «zu ausgeklügelten, zu wenig leicht zugänglichen» Rebsorte vom Lac Léman glaubt. Deshalb sein Rat: «Versuchen Sie nicht, Ihren Chasselas zu exportieren, trinken Sie ihn!»


And the winner is… Alexandre Truffer

Terravin asked internationally renowned British wine connoisseur Hugh Johnson to be the patron of its fourth Lauriers de Platine competition. Johnson also took part in the wine tasting.

“Everything comes in time to him who knows how to wait,” said Blondel describing the moment he got the call on November 24, 2011 announcing that his was the winning wine. Not that he was exactly going away empty-handed at previous editions of the competition. In 2008, his La Perle and Dézaley Côtes des Abbayes were among the 16 finalists. In 2009 and 2010, the same Dézaley made third, then second, place. And La Perle did, after all, win a gold medal at the 2011 Swiss Wine Awards.

Seconded by enologist François Meylan, Blondel makes his wines from grapes grown in the magnificent family vineyards in Lavaux. Domaine Blondel is the result of the marriage of two members of traditional winegrowing families. Blondel’s wife Francine is a member of the Duboux dynasty that has 14 generations of winegrowing under its belt – and added vineyards in Epesses, Calamin and Dézaley to the estate. The La Perle terraces in Epesses are from Blondel’s family: his great-grandfather was the first to work them. La Perle Chasselas stands out for its elegance, minerality, and pale almost crystalline color. The nose

is fruity and complex, marked by flinty notes. These qualities come together with refined delicacy in the mouth. The wine also has a remarkably persistent finish. It was certainly much appreciated by the Lauriers de Platine juries.

HUGH JOHNSON AT ECOLE HÔTELIÈRE LAUSANNE On November 23, 2011 the author of The World Atlas of Wine and other publications that have sold 15 million copies worldwide imparted his views to a full house. He stressed that wine producers should not try and make globally pleasing wine – just as the notion of “good taste” can’t be standardized, there will never be just one taste in wine, Johnson said. He added that not all wine-producing countries are as lucky as Switzerland, with its native grape varieties and original know-how. He called the Chasselas wines selected for the Lauriers de Platine competition a “revelation” but didn’t see Chasselas making huge inroads in the international market. It is “too sophisticated,” Johnson said – not easy enough for average wine drinkers to understand. His advice: “Don’t export your Chasselas. Drink it here!”

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The winner? La Perle 2010, an Epesses Chasselas from Cully winegrower Jean-Luc Blondel’s classics range (Gamme Classique).

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Waadtländer Weine

AM FREITAG, 6. UND SAMSTAG, 7. JULI 2012, WERDEN IM INTERNATIONALEN WEINMUSEUM IM SCHLOSS AIGLE DIE SIEGER DES ERSTEN CONCOURS MONDIAL DU CHASSELAS GEKRÖNT. EIN VON FRÉDÉRIC BORLOZ, DEM BÜRGERMEISTER VON AIGLE, PRÄSIDIERTES KOMITEE ARBEITET AN DEN VORBEREITUNGEN.

Der Chasselas erlangt Weltformat Pierre Thomas wortliche des Komitees. Er präzisiert, die Jury werde sich aus Weinprofis der teilnehmenden Länder zusammensetzen. Es sollen drei Sieger pro Kategorie ausgezeichnet werden. Die Hauptkategorie ist den trockenen Weissweinen ohne Barriqueausbau vorbehalten, die ohne Herkunftsangabe degustiert werden sollen. Ihr Sieger darf sich mit dem Titel «Chasselasweltmeister» schmücken. Barriqueweine, Süssweine, Schaumweine und alte Jahrgänge sollen in weiteren Kategorien beurteilt werden. Alle zwei Jahre ein Fest im Chablais Die Bewohner von Aigle sind bereit, den Wettbewerb jedes Jahr zu organisieren. Die Siegerehrung soll aber jedes zweite Jahr ausgelagert werden. Für 2012 rechnet man mit 500 Weinproben, darunter 100 deutsche Weine. Badenweiler will seinen regionalen Wettbewerb beibehalten, dessen Resultate am 26. April proklamiert werden. www.mondialduchasselas.com.

Terravin, offizieller Partner des Anlasses, ermutigt die Waadtländer Winzer zur Teilnahme an dieser Herausforderung.

© creatim.ch

Bis 2003 gab es einen Wettbewerb, der ganz dem (Schweizer) Chasselas gewidmet war: den Chasselas-Cup. Seither muss er sich mit kantonalen Selektionen (64 Waadtländer Goldmedaillen 2011) und einer Kategorie beim Grand Prix des Schweizer Weins begnügen (41 von insgesamt 79 Waadtländer Goldmedaillen für den Chasselas im Jahr 2011). Ein einziger internationaler Wettbewerb ist dem Chasselas gewidmet, der Gutedel Cup in Badenweiler, im Markgräflerland, in der Region von Basel, wo die Deutschen etwas mehr als 1000 Hektaren «ihres» Gutedels kultivieren, also «unseres» Chasselas (4000 ha in der Schweiz). Im vergangenen Jahr haben 99 Schweizer Chasselas in der Kategorie «international» mitgemacht. Als Delegierter des Komitees des Mondial du Chasselas wurde unter den Degustatoren Paul Baumann gewählt, Direktor der Obrist SA in Vevey. Seiner Meinung nach verdient der Chasselas einen umfassenden internationalen Wettbewerb, mit Beteiligung von Weinen aus der Schweiz, Deutschland, Frankreich (Elsass, savoyardisches Chablais und Pouilly-sur-Loire) und aus anderen Ländern. Letztere sind noch nicht präzisiert, findet man doch Chasselas in Rumänien, Ungarn, Italien und den USA… Der Concours, für dessen Logistik General Wine Services im Palais de Beaulieu in Lausanne verantwortlich zeichnet, findet direkt nach der Selektion der Waadtländer Weine 2012 statt und richtet sich nach den internationalen Regeln (u.a. 100-Punkte-System). Der Sekretär des Verbands Schweizer Önologen (VSOE), Alain Emery aus Aigle, ist der technische Verant-

DER CHASSELAS IN ZAHLEN Gemäss der eidgenössischen Statistik von 2010 wurde der Chasselas 2005 als Hauptsorte vom Pinot noir (4386 ha) entthront. Er bleibt aber mit 4043 ha die am meisten kultivierte weisse Sorte der Schweiz. Auch 2011 ist er in der Waadt die Nummer eins, mit 2326 ha oder 61% der Rebfläche, weit vor Pinot noir (13%) und Gamay (11%). In zehn Jahren hat man in der Schweiz gegen 1000 ha Chasselas ausgerissen, vor allem im Wallis (1999: 1693 ha, 2010: 1033 ha), wo eine Bundesprämie die Diversifikation förderte. Seit 1993 sind gemäss kantonalem Rebregister 2011 auch in der Waadt 377 ha (–14%) Chasselas verschwunden.

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© Karoline Eichler

JEAN-DANIEL DUBOIS

Eine unvergessliche Erinnerung «Ein bewegender Moment: Ich bin 15 oder 16 Jahre alt, sitze zusammen mit einem Winzer auf einer Rebmauer und degustiere seinen Dézaley, ohne Etikette oder Jahrgang. Er spricht von seinem Wein, und sofort vereint uns ein kraftvolles Band.»

«Der Dézaley ist der genetische Code der Familie Dubois». Diese ist seit dem 14. Jahrhundert in der Landwirtschaft tätig und emigrierte aus Mézières ins Lavaux, in die Tour de Marsens. Dann ins Herz von Epesses, in die Cave du Vieux Pressoir. Heute gehören zu ihr Grossvater Gaston sowie die Enkel und künftigen Inhaber der Kellerei Salomon, Emile und René, natürlich nicht zu vergessen Vater Jean-Daniel, eine wahre Persönlichkeit. Mit grossgewachsener Statur, aufmerksamem Blick und dem Bart eines Propheten, bleibt er nachhaltig in Erinnerung. Und Sie werden rasch feststellen, dass dieser passionierte, kartesianische Winzer, der es liebt, alle Arbeitsschritte eigenhändig zu meistern, nichts weniger als ein Philosoph ist. Er lebt sein Leben in der absoluten Gewissheit, dass der Dézaley eine «natürliche Universität» ist, auch wenn es sich um eine im 12. Jahrhundert von Mönchen erschaffene Natur handelt. Diese mythische, rauhe Konzentration von kleinen, terrassierten Parzellen, die jäh zum See abfallen, lehrt einen eine Art des Überlebens, wie der Winzermeister betont. Hier braucht es agile Waden, Ausdauer und den Schnauf eines Sportlers. «Der Wein», sagt er, «ist wahrscheinlich die letzte Verbindung zwischen Erde und Mensch und spricht direkt zu seiner Seele. Und im Dézaley spricht er mehr als anderswo.» Oder: «Wenn ich gerne etwas weitergebe, dann, um besser zu verstehen: die Handgriffe des Kunsthandwerkers, das Wissen, das Teilen». Werte, die ihm lieb und teuer sind, denn sein Chasselas Dézaley Marsens Hautcrêt bietet sich an für «Momente im Leben, in denen man Respekt hat vor der Zeit.»

© Karoline Eichler

LOUIS FONJALLAZ

Eine unvergessliche Erinnerung «Der Dézaley Clos des Moines 1969. Die Gedanken gehen auf Wanderschaft: Sorge, wenn man den Wein aus seiner Flasche befreit, dann das Glück, wenn man seine amberfarbene Schönheit im Glas entdeckt, schliesslich das Entzücken im Gaumen mit seinen Aromen von Mokka und getrockneten Früchten, seiner Tiefgründigkeit und Komplexität.»

«Das Dézaley ist kein komfortabler Ort, dafür ist es zu wild, zu einschüchternd. Es ist eher wie ein Leuchtturm, wenn man von einer langen Reise zurückkehrt und schon von weitem die Reihen von Reben und die Berge sieht. Das ist unwiderstehlich. Ja, ich weiss, ich bin weggegangen aus dem Dézaley, sogar bis nach Tasmanien. Damals erst verstand ich, dass ich nur hier in Epesses meine volle persönliche und berufliche Entfaltung finden würde. Das hat sich rasch bestätigt. Glauben Sie nicht, dass das nur mit der Tradition zu tun hat, denn ich bin mir bewusst, dass wir diversifizieren müssen, aber auch zutiefst davon überzeugt, dass es uns dieses sublime Terroir erlaubt, grossartige Erfahrungen zu machen. Ich will ihm einfach treu bleiben. Natürlich liebe ich den Chasselas, allen voran den Dézaley Grand Cru Les Gradins, aber mich fasziniert auch die Sorte Syrah, die ich den Mauern entlang und in zwei Parzellen unweit vom See gepflanzt habe. Mein Vater, Etienne Fonjallaz, ist der Baronnie beigetreten, als ich im Ausland war. Ihn hat die Dynamik angesprochen, der Eifer und die Zusammenarbeit in diesem Mosaik gelebter und in verschiedenen Betriebstypen auszulebenden Erfahrungen. Ich habe dieses Engagement keinen Moment lang in Frage gestellt. Es ist inspirierend auf allen Ebenen, vor allem in der Weinbaupraxis und im Marketing. Eine weitere positive Seite der Baronnie ist auch, dass sie sich dank dem Label der Grands Millésimes in die Dimension der Zeit einschreibt. Es ist passionierend, dies den Konsumenten zu vermitteln. Und Passion braucht es, um unser Label zu verkaufen.»


Waadtländer Weine

PROMOTION UND VERTEIDIGUNG DES DÉZALEY SIND DIE HAUPTZIELE DER 1994 GEGRÜNDETEN WAADTLÄNDER WINZERVEREINIGUNG. VERDIENSTE ERWERBEN SICH DIE ZWÖLF WINZER ALLERDINGS AUCH MIT IHRER KOLLEKTION DER GRANDS MILLÉSIMES – EINER INITIATIVE, DIE DEN DÉZALEY GRAND CRU IN DIE REIHE DER GROSSEN WEISSWEINE DER WELT EINSCHREIBT.

Baronnie du Dézaley wird erwachsen Eva Zwahlen Fotos: Hans-Peter Siffert Der Dézaley, dieser mythische, sagenumwobene Wein, gewachsen in einem der spektakulärsten Rebberge der Schweiz, mitten im Herzen des Lavaux (das mittlerweile die Weihen als Unesco-Weltkulturerbe empfangen hat), gilt gemeinhin als Inbegriff und Krönung des Chasselas. Wo wenn nicht hier zeigt diese jahrelang unterschätzte, den Waadtländern aber immer lieb und teuer gebliebene Sorte, dass sie zu wahrhafter Grösse berufen ist? «Im Dézaley bringt der Chasselas unbestritten Tropfen von internationalem Niveau hervor», meint Louis-Philippe Bovard, Grand Seigneur des Dézaley und verdienstvoller Begründer des Conservatoire du Chasselas in Rivaz, einer einzigartigen Sammlung alter, vom Aussterben bedrohter Chasselas-Varietäten. «Doch längst nicht alle Produzenten sind sich bewusst, welches Potential ein Chasselas bietet», bedauert er, der gezielt auf alte, wenig produktive, aber qualitativ vorzügliche Selektionen setzt. Die Produzenten der Baronnie du Dézaley, zu deren Begründern Louis-Philippe Bovard gehört, haben sich alle dem Chasselas verschrieben. Die zwölf Mitglieder, von Nichtmitgliedern bisweilen durchaus bewundernd, aber auch eine Spur missgünstig «die Barone» genannt, verpflichten sich zum Einhalten eines strengen Pflichtenhefts, das die Pflege der Reben, den Ausbau des Weins sowie die Vermarktung regelt. So dürfen die Mitglieder

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Waadtländer Weine

ihren Dézaley Grand Cru nicht vor einem gemeinsam zu bestimmenden Zeitpunkt auf den Markt bringen, frühestens aber am 1. Juni nach der Ernte. Ausserdem darf ein Dézaley, der Anspruch auf die Mitgliedschaft im Adels­ club erhebt, nur mit einem Naturkork verschlossen sein. Profane Drehverschlüsse sind untersagt.

 Die Baronnie du Dézaley im Februar 2012 im Hotel Waldhaus in Sils-Maria: wahrhaft mythisch…

Alte und neue Ziele Die ursprünglich gesetzten Ziele – den Dézaley in der ganzen Schweiz bekannt zu machen und seinen Platz im kulturellen Erbe der Waadt und der gesamten Schweiz zu sichern – hat die Baronnie du Dézaley erreicht, wie Winzer Luc Massy, seit 2004 Präsident der Vereinigung, unterstreicht. In der Tat hat sich die Baronnie mit medienwirksamen Anlässen in elegantem Ambiente – Noblesse oblige… – immer wieder ins Gespräch gebracht, sodass der Dézaley «heute eindeutig bekannter ist als vor der Gründung der Baronnie im Jahr 1994», wie Luc

Massy unterstreicht. «Wichtig ist aber auch der Zusammenhalt unter den Produzenten, der gemeinsame Auftritt, die gemeinsame Werbung. Am Schönsten jedoch ist das sehr greifbare Resultat: Es gab unter den Mitgliedern diverse Produzenten, die nur einen Teil ihres Dézaleys in Flaschen verkaufen konnten, den anderen Teil dagegen offen absetzen mussten. Das hat sich grundlegend geändert: Heute werden höchstens noch 10% offen verkauft…» Ist die Arbeit also erledigt, hat sich die Vereinigung selbst überflüssig gemacht? Luc Massy verneint energisch: Es gebe noch viel zu tun, etwa in den Restaurants von Zürich, wo auf vielen Weinkarten fast nur ausländische Provenienzen zu finden seien, aber kaum ein Dézaley. Besonders dringlich ist aber ein politisches Projekt: die Änderung der kantonalen Regelung zu den Waadtländer Appellationen, die 2009 den Grand Cru Dézaley mit seiner 1000-jährigen Geschichte sowie erwiesenermassen einzigartigem Terroir und Mikroklima

Von links: Daniel Lambelet, (Lambelet & Fils), Grégoire Dubois (Les Frères Dubois), Louis-Philippe Bovard (Domaine Louis Bovard), Markus Weisser (J. & P. Testuz SA), Toni Sigliola (Famille Fonjallaz & Cie), Alexandre Duboux (Claude & Alexandre Duboux), Salomon Dubois (Dubois Fils), Pierre Fonjallaz (Domaine Pierre Fonjallaz), Véronique Chaudet Briaux (Chaudet Vins SA), Luc Massy, Louis Fonjallaz (Etienne & Louis Fonjallaz). Es fehlt der zwölfte Mann auf dem Bild, nämlich Alain Paley.


auf einen Schlag mit Weinen aus den unbedeutendsten Waadtländer Gemeinden auf eine Stufe stellte. Seither genügt es nämlich, wenn ein beliebiger Wein fünf Oechslegrade mehr als das kantonale Mittel auf die Waage bringt – und schon darf er sich «Grand Cru» nennen. Eine Absurdität, welche nicht nur zu Empörung bei den Produzenten des historisch gewachsenen Grand Cru Dézaley, sondern immerhin auch zu einer Annäherung zwischen den beiden Dézaleyvereinigungen Baronnie und Appellation Dézaley Grand Cru geführt hat. Luc Massy bestätigt die enger werdende Zusammenarbeit – das sei schliesslich ein gemeinsamer Kampf, der da auszufechten sei. «Doch die Baronnie wird es weiterhin als eigenständige Organisation geben», beeilt er sich anzufügen. Les Grands Millésimes Lange galten Schweizer Weine im Allgemeinen und Waadtländer Chasselas im Besonderen als süffige, jung zu trinkende Tropfen. Doch Kenner wissen längst, dass ein Dézaley in seiner Jugend seine grossen Anlagen – Mineralität, mächtige Struktur, tiefgründige Komplexität – erst andeutungsweise offenbart. Er braucht Zeit, um zu reifen, sich zu öffnen und seinen Zenith zu erreichen. Erst dann zeigt er, was in ihm steckt: eine wahrhaft grosse Persönlichkeit, die jahre- und gar jahrzehntelang vorteilhaft altert und es durchaus mit weissen Gewächsen aus dem Burgund aufnehmen kann. In ihrer Kollektion «Les Grands Millésimes» versammelt die Baronnie du Dézaley mindestens sechs Jahre alte Weine, die zu spannenden gastronomischen Verbindungen einladen und nicht von ungefähr auf den Karten einiger der besten Schweizer Punkteköche anzutreffen sind. Um einen Jahrgang zu bewerten, degustiert eine kleine, handverlesene Fachjury jeweils vier ausgewählte Weine aus dem betreffen-

den Jahr und gibt dann ihr Urteil ab. 2011 etwa wurden folgende Jahrgänge beurteilt: 2002 noch recht jugendlicher Jahrgang mit harmonisch-frischen Weinen, die grosses Trinkvergnügen bereiten; Weine, die noch warten können. 2003 absolut aussergewöhnlicher Jahrgang mit tiefgründigen, komplexen und sehr sinnlichen Weinen, stoffig, konzentriert und trotzdem noch jugendlich. Weine, die noch warten sollten., 2004 eher strenge Weine von mittlerer Struktur und Länge. Zu welch wunderbaren olfaktiven und geschmacklichen Höhenflügen ein Dézaley einladen kann, belegte zum Abschluss der Verkostung ein schlicht und einfach grossartiger 1969er, mit spannenden Noten von Petrol, Feuerstein, Pilzen, Nüssen und Sherry in der Nase, im Gaumen unglaublich facettenreich, opulent und tiefgründig. Ein Erlebnis! Wenn es der Baronnie du Dézaley gelingt, Weinliebhaber dazu zu bringen, zu einer speziellen Gelegenheit und einem erlesenen Gericht hin und wieder einen Dézaley statt einen Chardonnay zu öffnen und sich gelegentlich auf das Abenteuer eines reiferen Weins einzulassen, dann hat sie in der Tat erreicht, was sie ursprünglich wollte, dem Dézaley seine Adelsbriefe zurückzugeben. www.baronnie.ch

«Wichtig ist aber auch der Zusammenhalt unter den Produzenten, der gemeinsame Auftritt, die gemeinsame Werbung.» 17


Avec passion et avec vous.

Le domaine de Montagny est situé en Lavaux, une région riche d’une longue tradition viticole. La BCV veille sur ce patrimoine historique et poursuit son exploitation dans le respect du savoir-faire local.

TERROIR Ça crée des liens

www.bcv.ch


Coming into its own: the Baronnie du Dézaley Eva Zwahlen

One of the association’s major initiatives in promoting Dézaley is their “Les Grands Millésimes” collection – their very finest Dézaley Chasselas wines, six years and older, selected by a small, handpicked panel of experts and available via their website

www. baronnie.ch. Many still think of Swiss wines and Chasselas from Vaud in particular as wines best drunk when young. Connoisseurs know different, however – that while characteristics such as minerality, impressive structure, depth and complexity are present in young Dézaley, they need time to reach their apex. One of the founders of the Baronnie, Louis-Philippe Bovard – who also founded the Conservatoire du Chasselas in Rivaz, a collection of old Chasselas varieties threatened with extinction – says: “There’s no question in anyone’s mind now that Dézaley Chasselas wines are world-class.” The Baronnie’s original goal to make Dézaley known throughout Switzerland and ensure its place as part of Vaud’s – and Switzerland’s – heritage has long been met. But as Luc Massy, president of

the association since 2004, says: “Although Dézaley is clearly much better known now than before the Baronnie was founded, there’s still a way to go in Switzerland. There are restaurants in Zurich, for example, with wine lists that practically only feature wines from abroad and seldom a Dézaley.” When the Baronnie du Dézaley gets things to the point, he says, that wine lovers pick a Dézaley instead of a Chardonnay to celebrate a big occasion or accompany an haute cuisine dish, and become fully aware of the discoveries to be made from drinking older vintages, the Baronnie will be able to consider its mission accomplished – although far from over, as it gears up to lobby against new cantonal regulations about appellations, a cause that ironically enough has brought it closer to rival association Appellation Dézaley Grand Cru.

english

Founded in 1994, the Baronnie du Dézaley is an association of twelve Vaud winemakers who produce Dézaley – Chasselas grown in one of Switzerland’s most spectacular vineyards in the heart of UNESCOdesignated heritage site Lavaux with its 1,000 years of history, unique terroir and microclimate. Baronnie members subscribe to a quality charter with strict rules about vine care, winemaking, bottling (only natural corks allowed), and marketing. No wine, for example, can be put on the market before the June following the harvest.

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Un autre regard sur Lavaux...

J&M DIZERENS

l e s p é c i a l i s t e d e s v i n s d e L ava u x

CHEMIN DU MOULIIN 31 - 1095 LUTRY - SUISSE - WWW.DIZERENSVINS.CH


Degustation

DAS MÉMOIRE DES VINS SUISSES, KURZ MDVS – DIE VISIONÄRE SCHATZKAMMER DES SCHWEIZER WEINS –, PRÄSENTIERT SICH ZEHN JAHRE NACH SEINER GRÜNDUNG ALS NICHT MEHR WEGZUDENKENDER MITSPIELER AUF DER BÜHNE DES HELVETISCHEN WEINBAUS.

Die Stimme des Schweizer Weins Eva Zwahlen Foto: Hans-Peter Siffert

Ursprünglich ins Leben gerufen, um den Beweis anzutreten, dass Schweizer Weine entgegen allen Vorurteilen durchaus vorteilhaft altern können (und damit eines der entscheidenden Kriterien für einen «grossen Wein» erfüllen), hat sich das MDVS längst zu einer gesamtschweizerischen Organisation gemausert, die Winzer aus allen sechs Anbauregionen in Freundschaft verbindet und abseits von «Kantönligeist» und Partikularinteressen die Weinschweiz in starken Auftritten im In- wie auch im Ausland vertritt. «Monsieur Mémoire» Andreas Keller, Weinjournalist, Gründungsmitglied und Seele des Vereins, betont, die Vereinigung setze sich für das Renommee des gesamten Schweizer Weins ein und sei kein simpler Promotionsclub: «Wir wollen dem Schweizer Wein eine Stimme geben. Wir entwickeln uns immer mehr in Richtung einer Akademie des Schweizer Weins, denn im Gegensatz zu den offiziellen Promotionsstellen und Verbänden müssen wir nicht für Weine werben, die qualitativ nicht überzeugen.» 45 der besten Winzer des Landes gehören mittlerweile zum exklusiven Club, darunter auch neun Waadtländer (die wir im nächsten Guillon näher vorstellen werden). «Doch wir wollen dynamisch bleiben», unterstreicht Andreas Keller. Schliesslich soll auch Jungwinzern und Quereinsteigern der Zugang zum Mémoire nicht verwehrt sein, falls sie

denn die strengen Qualitätskriterien erfüllen. Zudem ist geplant, den Verein auch für Weinjournalisten und der Branche nahestehende Wissenschafter zu öffnen. Im Frühling 2012 lädt das MDVS zur jährlichen Vertikaldegustation ein. Wer den spannenden degustativen Rundgang durch die Schatzkammer des Schweizer Weingedächtnisses nicht verpassen will, fährt Ende März nach Martigny. Im August folgt dann der einzigartige Grossanlass im Kongresshaus, wo die rund 140 Produzenten von Mémoire & Friends einmal mehr ein erfreulich grosses und junges Publikum anziehen werden. Und im Herbst schliesslich soll das zehnjährige Jubiläum mit einem Bildband gebührend gefeiert werden. www.mdvs.ch

 «Monsieur Mémoire» Andreas Keller: «Wir wollen dem Schweizer Wein eine Stimme geben.»

Die Schatzkammer öffnet ihre Tore 29.3.2012: Vertikaldegustation in Martigny 27.8.2012: Mémoire & Friends, Kongresshaus Zürich

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Degustation

DER MERLOT IST EINE DER ROTWEINSORTEN, DIE IM WAADTLAND SEIT 1993 AM MEISTEN ZUGELEGT HABEN. DIE KLIMAERWÄRMUNG UND DAS VORBILD DER TESSINER MERLOTS ERKLÄREN DIESE VORLIEBE.

Waadtländer Merlot im Aufwind Pierre Thomas Fotos: Hans-Peter Siffert Der rasante Aufstieg des Waadtländer Merlots erklärt sich vor allem durch die Klimaerwärmung. François Murisier, ehemaliger Chef der Abteilung Weinbau und Önologie der Forschungsanstalt Agroscope ChanginsWädenswil, erinnert sich, dass «der Merlot in den 1970er Jahren in Pully-Caudoz nur jedes zweite oder dritte Jahr reif wurde». Die Waadtländer Terroirstudie zeigte, dass der Boden weder für Merlot noch für Gamaret eine entscheidende Rolle spielt. Noch besser: Der Merlot liebt Feuchtigkeit. «Im Wallis steigt der Zuckergehalt rasch an, dabei ist eine langsame Reife viel vorteilhafter. Das Waadtländer Klima gleicht dem von Bordeaux. Man findet Merlots mit 12,5%-vol. Alkohol

«Es wurde schnell klar, dass es dem Merlot am Seeufer gefällt.» ohne Grüntöne und solche mit 14%-vol., die vegetabil sind», erklärt der Wissenschafter. Zudem hat die Studie gezeigt, dass der Merlot empfindlich ist auf Stickstoffstress. «Schon Ende der 80er Jahre hat Charles Rolaz internationale Sorten in Mont-surRolle gepflanzt», bemerkt Fabio Penta, der Önologe der Domaines Hammel. «Es wurde schnell klar, dass es dem Merlot am Seeufer gefällt. Natürlich muss man seine Erträge limitieren, auf etwa 700 Gramm pro Quadrat-

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meter, bei Cabernet franc, Cabernet Sauvi­ gnon und Syrah sogar auf 500 Gramm.» Der Merlot macht Lust auf mehr Heute findet man Merlot in der Côte (21,2 ha), im Chablais (8,3 ha) und im Lavaux (6,5 ha). In der vom Guillon organisierten Degustation dominierten folglich die Weine aus der Côte. Hammel bietet seit 2009 je einen Merlot von jeder seiner Domänen an, in der Côte (Domaine de Crochet, Mont-sur-Rolle) und im Chablais (Clos du Châtelard in Villeneuve, Clos de la George in Yvorne und Domaine du Montet in Bex). Von Hand verlesene Trauben, langer Barriqueausbau von 14 bis 18 Monaten, 70% davon in neuem Holz, gehören zum «Rezept», nach denen Fabio Penta diese Weine – fast 20 000 Flaschen – bereitet. Überall steht der Merlot hoch im Kurs. Vor allem im Lavaux, wo mehrere Winzer ihn schon vor Jahren anpflanzten, oft entlang der Mauern. Sie mischen ihn in ihren roten Dézaley, so wie Jean-François Chevalley. Einige bieten ihn aber auch seit Jahren reinsortig an, so etwa Pierre Monachon oder seit 2009 Louis-Philippe Bovard, dessen Wein sich auf Anhieb an der Spitze unseres Klassements plazieren konnte. In der Côte produziert die Stadt Lausanne Merlot auf Château Rochefort, ebenso wie (Fortsetzung des Artikels auf Seite 25)


WAADTLÄNDER MERLOT? DIE ENTSPRECHUNG EINES BORDELAISER WEINGUTS Gemäss dem Waadtländer Rebbauregister haben drei rote Rebsorten in den letzten zwanzig Jahren einen explosionsartigen Aufschwung erlebt. 1993 belegten Gamaret und Garanoir noch weniger als drei Hektaren, 2011 waren 132 Hektaren mit Gamaret und 106 Hektaren mit Garanoir bestockt. Die Merlotfläche wuchs im selben Zeitraum von 1,2 auf 36,6 Hektaren. Gleichzeitig legten nur eine weitere Rotweinsorte, der Pinot noir (+ 63 ha), und vier weisse Varietäten, Doral (+ 25 ha), Chardonnay (+ 19 ha), Pinot gris (+ 13 ha) und Pinot blanc (+ 7 ha) zu. Die Verlierer dieser Diversifizierung sind in erster Linie Chasselas mit einem Verlust von 377 Hektaren (– 14%)

und Gamay mit 145 Hektaren weniger (– 26%). Heute pflegen zahlreiche Waadtländer Winzer einige Merlotstöcke: Es sind mehr als fünfzig verschiedene Etiketten. Auf den 36,6 Hektaren Merlot wurden 2011 271 000 Liter Wein produziert, also eine Flasche (75 cl) pro Quadratmeter. So ist die Merlotfläche in der ganzen Waadt kleiner als die der beiden Saint-Emilion-Châteaux Pavie und Monbousquet (je 50 000 Flaschen), die Gérard Perse gehören und zu 60% mit Merlot bestockt sind. In Pomerol verfügt die Merlot-Referenz schlechthin, Petrus, über elf Hektaren Merlot (plus 5% Cabernet franc) und produziert 30 000 Flaschen.

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Degustation

Schenk auf Château de Vinzel. Wenn man die Vizeschweizermeister der roten Assemblagen, die Brüder Blanchard in Tartegnin, fragt, ob ein reinsortiger Rotwein sie nicht reizen würde, nennen sie ohne zu zögern den Merlot… Vincent Beetschen aus Bursins holte mit dem Merlot von seiner Domaine in Coinsins am Mondial du Merlot 2011 in Lugano Gold. Auch in drei Parzellen in Gilly kultiviert er Merlot, auf drei Unterlagen. Und die erste Parzelle, die der Schweizer Chasselasmeister 2012, Jean-Marie Roch, in Perroy bestockt hat, umfasst 1800 m2 Merlot. «Mein Vater kaufte Tessiner Merlot bei Meinrad Perler (AdR: dem «Winzer des Jahres» 2010). Ich ziehe Merlot vor, produziere aber auch Gamaret-Garanoir.» Merlot versus Gamaret? Soll man also Merlot mit Gamaret vergleichen? François Murisier beobachtet, dass der Gamaret perfekt ans Klima am Lac Léman angepasst ist. Er «ergibt Weine, die sich von Jahrgang zu Jahrgang kaum unterscheiden.» Der Merlot ist anspruchsvoller: «Im kühleren Jahr 2008 wies er mehr Grün- und Efeutöne auf, war trockener und bitterer.» Fabio Penta nimmt den Ball auf: «Ich hoffe, dass der Merlot nicht den Weg von Gamaret und Garanoir einschlagen wird, von denen man unterschiedlichste Qualitäten antrifft.» Philippe Meyer, Önologe bei Bovard in Cully, doppelt nach: «Wir produzieren nur in guten Jahren einen reinsortigen Merlot, dann aber auf höchstem Niveau.» Die Guillon-Jury (siehe Seite 27), François Murisier, Marco Grognuz und Laurence Keller, unterstreicht die erfreuliche Qualität der präsentierten Weine. Der Winzer von La Tourde-Peilz stellt «den Willen, etwas Gutes zu schaffen» fest. «Die leicht vegetabile Note lässt sich bisweilen durch junge Reben erklären. Und der Barriqueeinsatz scheint gut gemeistert.» Die beratende Önologin unterstreicht: «Der Merlot bietet im Rebberg wenig Spielraum, tendiert er doch zur Überproduktion; auch im Keller muss man stets achtsam

bleiben.» François Murisier gibt zu bedenken, dass es für die Waadt eine neue Herausforderung sei, Rotweine mit gutem Alterungspotential zu produzieren. Hommage an die Tessiner Nach den Assemblagen, die ein Jonglieren erlauben, um das bestmögliche Gleichgewicht zu erlangen, markiert der Merlot eine Rückkehr zur reintönigen Ausdruckskraft. Doch Vorsicht vor Klima (im Fall von kühlen Jahrgängen) und Mode! Innerhalb von zwanzig Jahren hat sich die Merlotanbaufläche weltweit verdoppelt, auf 250 000 Hektaren. Wer den Film Sideways (2004) gesehen hat, der in den USA die Rückkehr des Pinot noir einläutete, erinnert sich an den Ausruf des Schauspielers Paul Giamatti: «I am not drinking any fucking merlot!» Doch so weit sind wir nicht: «Dank dem Tessin (AdR: wo er seit 1906 auf 1000 ha kultiviert wird) ist das Image des Merlots in der Schweiz gut geblieben», bestätigt François Murisier. Die Tessiner waren allerdings ein wenig beleidigt, als 2010 ein Merlot der Caves Cidis SA in Tolochenaz zum besten Wein des Mondial du Merlot in Lugano erkoren wurde… 2011 errang derselbe Önologe, Rodrigo Banto, mit

«Rotweine mit gutem Alterungspotential? Das ist eine neue Herausforderung für die Waadtländer Winzer.» dem Bernardin 2009 dreimal Gold: in Zürich (Expovina), Sierre (Grand Prix du Vin Suisse) und Lugano (Mondial du Merlot). Derselbe Merlot wurde in der Ermitage von Vufflensle-Château ausgeschenkt, als Vater und Sohn Ravet im Mai 2011 das spanische Königspaar zum offiziellen Staatsdiner empfingen. Ein Wein, der zum Zeitpunkt der GuillonDegustation leider nicht erhältlich war. Der Waadtländer Merlot scheint bereits zu einer Exklusivität zu werden…

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Publireportage

Willkommen am Œnovideo-Festival in Aigle, vom 31. Mai bis zum 3. Juni 2012 Auf Einladung der Gemeinde Aigle findet das Œnovideo-Festival zum 19. Mal in der Hauptstadt des Waadtländer Chablais statt. Das Festival wird immer bekannter, und zwar dank seiner Qualität und seinem festen Willen, eines der fundamentalen Elemente der Weinwelt ins richtige Licht zu rücken: das Bild. Mithilfe modernster technologischer Mittel und der Präsentation von Filmen oder TV-Sendungen verspricht der Anlass zahlreiche Überraschungen und reichhaltige Ausdrucksformen rund um Rebe und Wein. Die in der Weinbranche aktiven Persönlichkeiten erweisen sich oft als passionierte Akteure, die ihr Wissen und ihre Erfahrungen gerne weitergeben. Wie andere Festivals besitzt auch das Œnovideo-Festival eine eigene Jury, präsidiert von jemandem aus der Welt des Kinos. Doch auch andere Partnerjurys verlei-

Commune d'Aigle

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hen den gezeigten Filmen Preise. So wurde etwa 2011 der im Rahmen des Vinoramas in Rivaz gezeigte Film Une année vigneronne mit zwei Preisen ausgezeichnet, unter anderem mit dem Preis der Vereinigung der Weinjournalisten und -autoren (Fédération des Journalistes et Ecrivains du Vin = FIJEV). Das unterstreicht das Ziel des Festivals: allen die Möglichkeit zu geben, unsere vielfältigen Weinregionen und Gebräuche kennenzulernen. Unter einem internationalen Blickwinkel betrachtet, bietet das Festival mit Sitz in der Schweiz, in Aigle, eine wunderbare Gelegenheit, um das Image des Schweizer Weinbaus zu stärken. 15 Stunden Filmvorführung in den Sälen des Kinos Cosmopolis, fruchtbarer Austausch unter den Teilnehmern, gemütliches Beisammensein, kurz: ein dynamisches, offenes Festival. Fotografie und Filmprojektionen verbindend, zeigt die Ausstel-

lung Terroirs d’Images im Museum der Rebe und des Weins im wundervoll restaurierten Schloss Aigle Bilder zum Thema «Toutes les couleurs de la vigne au vin» (Alle Farben von den Reben bis zum Wein). Die 19. Ausgabe dieser Ausstellung ist eine schöne Ergänzung zu den zeitgenössischen Mitteln, um den kulturellen Aspekt der spannenden Weinwelt zur Geltung zu bringen. Sie möchten gerne teilnehmen am Œnovideo-Festival? Verlangen Sie eine Einladung bei der Redaktion der Revue Le Guillon (revue@guillon.ch) oder bei Madame Isabelle Rime, Hôtel de Ville, Place du Marché, 1860 Aigle. E-mail: oenovideo2012@aigle.ch www.oenovideo.oeno.tm.fr


Degustation

Die 2009er profitierten vom Jahrgang Für diese Degustation luden wir folgende Fachleute ein: François Murisier, ehemaliger Chef der Abteilung Weinbau und Önologie von Agroscope Changins-Wädenswil und heute Präsident der Vereinigung VINEA, die den Mondial du Merlot in Lugano organisiert, Marco Grognuz, Selbstkelterer und Leiter einer der beiden Degustationskommissionen des Labels Terravin, sowie Laurence Keller, beratende Önologin (oenoconcept.ch) in SaintPrex. Die Degustation der 33 angeforderten Proben fand in zwei Durchgängen statt. Die Produzenten durften maximal drei Weine von noch erhältlichen Jahrgängen einreichen. Zwanzig Weine stammten aus dem Jahr 2009, zehn von 2010, drei aus früheren Jahrgängen. Degustiert wurde in fünf Serien à sechs bis sieben Weine (zwei Serien von 2010 und älteren Jahrgängen, drei von 2009). In der ersten Runde selektionierte die Jury in jeder Serie drei Weine und legte ihre Rangfolge fest, ohne Noten oder Kommentare abzugeben. Runde um Runde war sich die – natürlich blind degustierende – Jury einig. Dann wurden die 15 Weine einzeln nochmals degustiert, nach dem 20-PunkteSystem benotet und kommentiert. Die Schlussfolgerung? 1. Den Produzenten, die zwei oder drei Merlots einsandten, gelang es, mindestens zwei in die Endauswahl zu bringen. 2. Die Waadtländer präsentieren ihre Weine gerne beim Mondial du Merlot. Einen Monat nach der Degustation in Lugano hat die Verkostung in Lausanne die im Tessin errungenen Medaillen bestätigt, mit zwei Ausnahmen: Clos de la George 2009 (Gold) und Domaine de Marcy 2009 (Silber) verpassten bei uns die Qualifikation.

© Philippe Dutoit

Pierre Thomas Präsentation und Kommentare

Der Jahrgang spielte eine wichtige Rolle (siehe Hauptartikel). Die 2010er stehen klar hinter den 2009ern zurück (im Finale wurden die Weine nicht nach Jahrgängen getrennt verkostet). Drei Merlots von 2007 und 2008 haben die Qualifikation nicht geschafft. Insgesamt wurden 17 Weine aus der Côte und je acht aus dem Chablais und dem Lavaux verkostet, ins Finale schaffte es überraschenderweise nur ein einziger Wein aus dem Chablais, gegenüber zehn aus der Côte und vier aus dem Lavaux. Bei den Letztgenannten ziehen die 2010er gleich mit denen aus der Côte, wobei der Merlot des Châbles 2010 von Martial Neyroud die beste Note erhielt. Bei den 2009ern schlug der Merlot aus dem Dézaley von Bovard um Haaresbreite den Domaine de Crochet, Mont-sur-Rolle (La Côte), und La Lieue von der Domaine du Montet in Bex (Chablais).

 Degustation vom 12. Dezember 2011 in der Weinbar Midi 20 in Lausanne, von links: François Murisier, Marco Grognuz, Laurence Keller und Pierre Thomas.

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Degustation

Die schöne Überraschung

Jahrgangsverschnitt): 15 Jahre; erster Jahrgang: 2007; 5000 Flaschen; im Tank; Fr. 13.50 Dunkles Purpur. Sortentypische Nase mit Noten von Cassis und kaltem Rauch. Gute Säure, rund, mit Schmelz und Karamellnoten; dichte Struktur, lang anhaltend und leichte Bitternote im Finale. Die Brüder Dizerens haben auch einen zweiten Wein unter die Finalisten gebracht (Collection Z).

★ Domaine de la Grappe d’Or 2010 Founex (vinifiziert von Philippe Bovet) www.cavegrappedor.ch Alter der Reben: 8 Jahre; erster Jahrgang: 2006; 900 Flaschen; 11 Monate in Barriques; Fr. 21.– Violette Reflexe. Nase mit Noten von roten Früchten, trockenen Kräutern und Schokolade. Runder, geschmeidiger Auftakt, frisch und rund, schöne Struktur mit etwas austrocknenden Tanninen im Finale.

★ Merlot Privilège 2009 Berthaudin, Tartegnin info@berthaudin.ch

★★/★

Merlot Philippe Bovet 2010, Givrins www.philippebovet.ch Alter der Reben: 8 Jahre; erster Jahrgang: 2006; 1200 Flaschen; 11 Monate in Barriques; Fr. 26.–

Bertrand de Mestral 2009 Bourgeois Vins, Ballaigues (vinifiziert von Uvavins) www.bourgeoisvins.ch

Granatrote Reflexe. Feine Nase mit Noten von schwarzen Früchten und Schokolade. Saftiger Auftakt, reichhaltig und voller Schmelz; gute Säure, aber eine leicht vegetabile Note; lebhafte, jugendliche Tannine. Silbermedaille am Mondial du Merlot 2011.

Alter der Reben (90% Merlot, 10% Cabernet franc): 4 Jahre; erster Jahrgang: 2009; 4000 Flaschen; je zur Hälfte 6 Monate in 300-l-Fässern und im Tank; Fr. 11.50; Goldmedaille bei der Selektion der Waadtländer Weine 2011

Alter der Reben: 20 Jahre; erster Jahrgang: 2009; 1000 Flaschen; Stahltank; Fr. 18.50 Dunkles Rot. Diskrete Nase mit Pilznoten. Im Finale geprägt von Unterholz, Graphit und Bleistiftminen, was sehr typisch ist für die Sorte; kräftige, strenge Tannine. Ab dem Jahrgang 2010 wird dieser von alten Reben stammende Merlot in Barriques ausgebaut.

Format «Mondial du Merlot»

Gut vinifiziert vom Uvavins-Önologen Rodrigo Banto ist die am besten bewertete Assemblage (mit einem Hauch Cabernet franc). Schöne, dunkle Robe. Nase mit Noten von schwarzen Früchten, Holunder und Cassis. Schöne Frische, ausgewogen und fruchtbetont, mit dezentem Holz.

Eine Bestätigung

★ Domaine de Famolens 2010 Mont-sur-Rolle (vinifiziert von Uvavins) www.cidis.ch

★★★ Domaine de Crochet 2009 Mont-sur-Rolle (vinifiziert von Fabio Penta, Hammel, Rolle) www.hammel.ch Alter der Reben: 20 Jahre; erster Jahrgang: 1999; 3500 Flaschen; 16 Monate in Barriques; Fr. 34.– Wunderschöne, fast schwarze Robe. Schöne Nase mit Noten von Vanille, elegantem Holz und Kokosnuss. Auftakt mit viel Schmelz auf Noten von schwarzen Früchten, gute Struktur, schönes Gleichgewicht und Finale von fruchtiger Frische. Grosses Alterungspotential. Ein Wein in modernem Stil und von internationaler Klasse.

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Alter der Reben: 5 Jahre; erster Jahrgang: 2007; 3000 Flaschen; 6 Monate in 300-l-Fässern; Fr. 15.70 Dunkles Rot. In der leicht vegetabilen Nase Noten von Liebstöckel. Lebhafter, frischer Auftakt auf rotfruchtigen Nuancen, jugendlich und angenehm, mittlere Fülle, sehr fruchtig. Vinifiziert von Rodrigo Banto, dem Önologen von Uvavins, der mit dem Bernardin 2009, Collection Le Vin Vivant, Bernard Ravet, am Mondial du Merlot 2011 eine Goldmedaille gewonnen hat.

★★ J & M Dizerens 2010 www.dizerensvins.ch Alter der Reben (85% Merlot der Domaine de La Crausaz in Villette und 15% Merlot aus Aubonne,

★★/★ Cachoteries 2009 Vincent Beetschen, Bursins www.cavebeetschen.ch Alter der Reben: 20 Jahre; erster Jahrgang: 2009; 1000 Flaschen; 30 Monate in Doppelbarriques (500 l); Fr. 35.– Eine schöne Bestätigung der Goldmedaille am Mondial du Merlot 2011. Bemerkenswert ist das respektable Alter der Rebstöcke in Coinsins: 20 Jahre. Fast schwarze Robe. Diskrete Nase. Mächtiger Auftakt, dicht gewobene, konzentrierte Struktur und Mentholnoten; schöne Dichte im Gaumen, mit mehr Wucht als aromatischer Komplexität; frisches Finale und gutes Alterungspotential.


«Medaillenwürdige» Wucht

Noten von roten Früchten und Karamell; im Finale sehr dichte, etwas grünliche und leicht bittere Tannine. Diese Assemblage (im Rahmen der erlaubten 15%, um die Haupt­sorte auf der Etikette erwähnen zu dürfen) hat am Mondial du Merlot 2011 eine Silbermedaille eingeheimst.

Der beste 2010er

★ Merlot de Saint-Saphorin 2010 Château de Glérolles www.glerolles.ch

★★/★

Chantemerle 2009 Nicolas Jaccoud, Tartegnin www.tartegnin.com Alter der Reben: 8 Jahre; erster Jahrgang: 2007; 2200 Flaschen; 14 Monate in Barriques; Fr. 23.– Der 2008er wurde am Mondial du Merlot 2010 mit Gold ausgezeichnet. Den 2009er betrachtete der Selbstkelterer als zu jung, um ihn am Mondial 2011 zu präsentieren. Dunkles Purpur. Nase mit Noten von eingelegten Früchten, eine Spur vegetabil. Im Auftakt Mentholnoten, im Finale dann Aromen von roten Früchten; kräftige, gut eingebundene Tannine, schöne Länge, rassig, jugendlich und mit gutem Alterungspotential.

Alter der Reben: 10 Jahre; erster Jahrgang: 2007; 1000 Flaschen; 10–12 Monate in Barriques; Fr. 28.– Leicht orangefarbene Reflexe. Etwas fleischige Nase; anmutiger Auftakt auf Noten von geröstetem Holz, runder, cremiger Gaumen; der Gaumen schmeichelt deutlich mehr als die Nase, trotz etwa austrocknenden Tanninen. Am besten jetzt geniessen, da er sich angenehm ausgewogen präsentiert.

Der Wurf eines Meisters

★★/★ Merlot des Châbles 2010 Martial Neyroud, Blonay www.domainesneyroud.ch Alter der Reben: 8 Jahre; erster Jahrgang: 2006; 1300 Flaschen; 12 Monate in Barriques; Fr. 26.– Dunkle Robe. In der Nase Mentholnoten. Auftakt geprägt von roten Früchten; viel Schmelz und ausgewogene Struktur, gut eingebundene Tannine. Ein ausladender Wein mit leicht alkoholischem Finale.

Der Chablais-Vertreter

★ Cave du Consul 2009 Laurent et Nicolas Martin, Perroy www.caveduconsul.ch Alter der Reben: 10 Jahre; erster Jahrgang: 2005; 1300 Flaschen; 11 Monate in Barriques; Fr. 17.– Rubin. In der Nase Röst- und Graphitnoten. Frischer Auftakt im Gaumen, etwas wenig Körper und Kraft, trotz einem leicht alkoholischen Eindruck; schöne Frische im Abgang. Die (nicht verkostete) Cuvée L’Amphore 2009 wurde am Mondial du Merlot 2011 mit Silber ausgezeichnet.

★ Collection Z 2009 J & M Dizerens, Lutry www.dizerensvins.ch Alter der Reben (85% Merlot aus Aubonne, 15% Syrah aus Etoy): 12 Jahre; erster Jahrgang: 2009; 1200 Flaschen; 12 Monate in Barriques; Fr. 25.– Dunkles Purpur. Holzbetonte Nase mit Kaffeearomen. Geschmeidiger Auftakt auf

★★★ Dézaley Merlot 2009 Domaine Louis Bovard, Cully, www.domainebovard.com Alter der Reben: 15 Jahre; erster Jahrgang: 2009; 1200 Flaschen; 12 Monate in Barriques; Fr. 32.– 2009 wurden drei Barriques dieses reinsortigen Merlots aus dem Dézaley produziert, den die Jury mit der höchsten Note bewertet hat. Schönes Purpur. Nase geprägt von reifen Früchten und feinem, diskretem Holz. Ausladender Auftakt mit viel Schmelz, schöne Komplexität, Noten von reifen Cassisbeeren und frisch geröstetem Kaffee. Ein sehr ausgewogener Wein, machtvoll und elegant, mit angenehm langem, frischem Finale und gutem Alterungspotential.

★★★ La Lieue 2009 Domaine du Montet, Bex (vinifiziert von Fabio Penta, Hammel, Rolle) www.hammel.ch Alter der Reben: 15 Jahre; erster Jahrgang: 2009; 3000 Flaschen; 16 Monate in Barriques; Fr. 34.– Dunkle, dichte Robe. Mächtige Nase (Röstnoten, Vanille und Bitterorangen). Geschmeidiger Auftakt im Gaumen, geprägt von Menthol- und Kaffee, kräftige, aber gut eingebundene Tannine. Ein ausladender, warmherziger Wein voller Eleganz und mit schönem Alterungspotential.

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Merlot From Vaud: A Hot Contender!

english

Pierre Thomas

Led by wine writer Pierre Thomas, François Murisier (who is also president of VINEA, organizer of Mondial du Merlot), winemaker Marco Grognuz (head of one of the Terravin tasting panels), and St. Prex enologist/consultant Laurence Keller (oenoconcept.ch) tasted some of the best Vaud Merlots.

Those who saw Sideways (2004) may remember actor Paul Giamatti protesting: “I’m not drinking any f---ing Merlot!â€? Not a remark likely to be heard in Switzerland: “Thanks to Ticino [where 1000 hectares of Merlot have been under cultivation since 1906], the variety’s image has remained good in this country,â€? says François Murisier, former head of viticulture and enology at the federal Agroscope ChanginsWädenswil research station. Because of that positive image – and with some help from global

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warming – Merlot is a variety that has seen one of the biggest surges in popularity with Vaud growers since 1993. La Côte now grows 21.2 ha, Chablais 8.3 ha, Lavaux 6.5 ha. Under some 50 labels, 271,000 liters of Merlot were produced in Vaud in 2011. The Ticinese were a bit taken aback when, in 2010, a wine produced by Caves Cidis SA in Tolochenaz was voted the World’s Best Merlot at Mondial du Merlot in Lugano. Gold medals for Vaud Merlots have multiplied since.


Tasting Notes High marks ★★/★ Merlot des Châbles 2010 Martial Neyroud, Blonay www.domainesneyroud.ch

Age of the vines: 8 years; first vintage: 2006; 1,300 bottles; barrel-aged for 12 months; CHF 26

Dark color with purplish glints; menthol nose; attack marked by red fruit; unctuous, with a balanced structure; well-enveloped tannins; a full wine, with some warmth on the finish.

Mondial du Merlot winner ★★/★ Cachoteries 2009 Vincent Beetschen, Bursins www.cavebeetschen.ch

Age of the vines: 20 years; first vintage: 2009; 1,000 bottles; 30 months in a 500-liter wooden barrel; CHF 35

Lives up to its gold medal at Mondial du Merlot 2011. Note is taken of the respectable age of the Coinsins vines – 20 years. Black color; discreet nose; powerful attack, tight, concentrated structure; menthol notes; fine density in the mouth with more strength than aromatic complexity; fresh finish, good cellaring potential.

A confirmation ★★★ Domaine de Crochet 2009 Mont-sur-Rolle (wine made by Fabio Penta, Hammel, Rolle) www.hammel.ch

Age of the vines: 20 years; first vintage: 1999; 3,500 bottles; barrel-aged for 16 months; CHF 34

The Merlot vine stock from which this wine is made is 20 years old. Magnificent, almost black color; fine vanilla nose, elegant wood, with notes of coconut; unctuous attack marked by black fruit; beautiful structure and balance with a fruity fresh finish; considerable cellaring potential; modern style, international class.

★★★ Dézaley Merlot 2009 Domaine Louis Bovard, Cully www.domainebovard.com

Age of the vines: 15 years; first vintage: 2009; 1,200 bottles; barrel-aged for 12 months; CHF 32

In 2009, three barrels of this pure Dézaley-grown Merlot – which won the tasting panel’s highest mark – were produced. Lovely purple color; nose of ripe fruit, fine, discreet wood; full, unctuous attack; beautiful complexity on the finish with notes of ripe blackcurrants and roasted coffee; a wine finely balanced between strength and elegance; long fresh and agreeable finish, good cellaring potential.

english

Masterful first try

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Des racines

un savoir-faire

du caractère

Choisir une spécialité IGP, c’est surtout se faire plaisir. Mais c’est aussi valoriser un savoir-faire traditionnel. Les produits IGP suisses appartiennent à la richesse de notre patrimoine culinaire et culturel. www.aoc-igp.ch

Appellation d’origine contrôlée / Indication géographique protégée

www.charcuterie-vaudoise.ch


Degustation

MIT 19 VON 66 NOMINIERTEN HABEN SICH DIE WAADTLÄNDER BEI DER 5. AUSGABE DES GRAND PRIX DU VIN SUISSE GUT AUS DER AFFÄRE GEZOGEN. AM 25. OKTOBER 2011 WURDEN IN BERN DIE PREISTRÄGER PROKLAMIERT. DIE WAADTLÄNDER KONNTEN ZWEI SCHWEIZER MEISTER UND VIER ZWEITPLAZIERTE FEIERN.

Die Waadtländer mischen ganz vorne mit

© Hans-Peter Siffert

Pierre Thomas

Zum dritten Mal in Folge errang Reynald Parmelin aus Begnins den Titel als bester Bio-Winzer der Schweiz mit seinem weissen Johanniter 2010. Ein weiterer Winzer aus der Côte, Jean-Marie Roch aus Perroy (oben), stand ebenfalls zuoberst auf dem Podest: Sein Grand Cru de Perroy 2010, La Vaudoise des Quatre-Vents wurde bester der sechs Chasselas-Finalisten. Hinter diesem Wein steht der Önologe Fabio Penta. Im Juli war ihm in Sierre das Kunststück gelungen, nicht weniger als drei Weine unter die sechs nominierten Chasselas zu bringen. Eine persönliche Selektion Beim 39 Jahre alten Jean-Marie Roch tritt der stellvertretende Direktor der Hammel SA in Rolle erst im Keller in Aktion. Der Winzer kultiviert elf Hektaren Chasselas. Weder sein

Grossvater noch sein Vater noch er selbst haben je selbst vinifiziert, der grösste Teil des Mostes wird nach dem Pressen an Händler verkauft. In seinem traditionellen Keller in Perroy, in dem zehn hundertjährige Eichenholzfuder stehen, haben er und Fabio Penta vier Fässer ausgewählt. Diese Selektion ergab die nun preisgekrönten 20 000 Flaschen La Vaudoise des Quatre-Vents, eine Anspielung auf die Etikette (eine Frau in Waadtländer Tracht) und einen Flurnamen in Perroy (QuatreVents). Jean-Marie Roch ist stolz auf seinen Sieg, vor fast 500 anderen Chasselas: «Ich habe diesen 2010er mit dem Label Terravin immer geliebt. Der trockene September mit seiner Bise hat diesen Wein gemacht: Die Traubenbeeren waren klein und konzentriert.» Er freut sich, dass sein bereits Anfang Dezember ausverkaufter Wein, gepuscht durch Goldmedaille und Meistertitel, sich gut verkauft hat, vor allem in der Deutschschweiz. Die anderen Crus des Guts, rote wie weisse, werden übrigens in Perroy vinifiziert, bei Œnologie à façon. Die Waadtländer stellten beim Chasselas zwar fünf Finalisten, der zweite Platz ging aber an einen Wein aus dem Freiburger Vully (Christian Vessaz, Cave de l’Hôpital, Môtier). Bronze errangen Anne-Catherine und Sébastien Ruchonnet aus Rivaz, und zwar mit ihrem

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Degustation

Ruchonnette 2010, einem Saint-Saphorin, Lavaux AOC.

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Mehrere zweite und dritte Plätze Bei den Rosés plazierten sich die Waadtländer hinter einem Neuenburger Œil-de-Perdrix: Zweiter wurde der «Blanc de Noirs» 2010, Grand Cru, von André Chevalley in Savuit. Der Ausbau dieses Weintyps (Assemblage aus Gamay, Gamaret, Garanoir, sofort abgepresst und weiss vinifiziert) war eine Premiere. Auf dem dritten Rang landete ein klassischer Œil-de-Perdrix von der Côte, ein Habitué des Guide Hachette des Vins, Les Chaumes, kommerzialisiert von der Cidis SA, Tolochenaz. Bei den Gamays dasselbe Bild, hinter dem Walliser Sieger: zweiter Platz für den Domaine de Sarraux-Dessous 2010 (1), Luins Grand Cru, vom grössten zusammenhängenden Waadtländer Gut, vinifiziert von Bolle et Cie SA, Morges, und dritter Rang für den Domaine de la Treille 2010 der Frères Dutruy, Founex. Bei den Merlots klassierte sich hinter einem Tessiner die Réserve des Moines 2009 von der Abbaye de Salaz in Ollon, eine Überraschung, ist doch das Familiengut aus dem Chablais wenig bekannt. Die Merlotstöcke wurden von Vater Franz gepflanzt, der junge Önologe Bernard Huber lernte im Bordelais, Merlot zu vinifizieren, im Kontakt mit Hubert de Boüard, dem Besitzer des Château Angélus in SaintEmilion.

Vizekönig der roten Assemblagen Und noch ein zweiter und dritter Rang für Waadtländer Weine bei den roten Assem­ blagen, hinter einem Wein von zwei Sierrois, dem Winzer Maurice Zufferey und Jacques Perrin, Weinhändler von Cave SA in Gland (VD); dieser Wein hatte die höchste Punktzahl des Concours erhalten. David und François Blanchard aus Mont-sur-Rolle erreichten den zweiten Platz mit dem Cellier du Mas 2009. Die Brüder, die sich die Arbeit in Reben und Keller teilen, produzieren diesen Wein seit 2002. Der 2009er setzt sich aus je 25% Gamaret, Merlot und Diolinoir zusammen, vervollständigt durch Mara (den Bruder von Gamaret und Garanoir) und wenig Cabernet Sauvignon. Diese Assemblage wurde schon mehrmals ausgezeichnet (Gold 2005 an den Vinalies von Paris). 2009 bauten die Brüder Blanchard erstmals im Bordelaiser Stil und ebenfalls in Barriques die Assemblage Le Manoir aus (50% Merlot, je 25% Cabernet Sauvignon und Cabernet franc). Den dritten Platz auf dem Siegertreppchen nahm der Vigne d’Or, cépages nobles, élevé en fût de chêne 2009 der Artisans Vignerons d’Yvorne ein. Bisher konnte übrigens noch nie ein Waadtländer den Titel «Winzer des Jahres» erringen; er ging 2011 an Diego Mathier aus Salgesch, der ihn bereits vor fünf Jahren, nach der ersten Durchführung des Wettbewerbs, tragen durfte.

Vaud Prizewinners at Internatio

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Concours International du Gamay 2012, Lyon, France, www.concoursgamay.com

• Confidentiel 2010 (5), Cave du Château de Valeyres, Gold for both the 2009 and 2010;

• Domaine de Sarraux-Dessous 2010 (1), Bolle & Cie, Morges, Great Gold;

Concours des 7 Ceps 2011, Bourg-enBresse, France, www.concours7ceps.com

• Prestige 2009 (2), Artisans Vignerons d’Yvorne, Gold.

• Gamaret Côtes-de-l’Orbe AOC 2009, Daniel Marendaz, Mathod, Gold;

• Le Gamay 2007 (3) barrel-aged, Bolle & Cie, Morges, Gold;

• Gamaret La Côte AOC 2009 and white Savagnin 2010, both Gold, Domaine de Marcy, Saint-Prex;

• Atlantique (4), Philippe Bovet, Givrins, Gold for both the 2009 and 2010 vintages;


Gamays, Gamarets und Merlots Rücken an Rücken In der ersten Prüfung des Jahres 2012, Mitte Januar, am Concours international du Gamay in Lyon, errang der Domaine de SarrauxDessous 2010 (1), Schweizer Vize-Champion, eine Grosse Goldmedaille. Bolle & Cie in Morges konnte sich zudem über eine Goldmedaille für den Gamay 2007, Barrique (3) freuen – der Beweis, dass der Gamay gut altern kann! Zwei Waadtländer errangen je zwei Goldmedaillen für die Jahrgänge 2010 und 2009: Philippe Bovet, Givrins, mit seinem Atlantique (4), und das Château de Valeyres sous Rances mit dem Confidentiel (5). Die Artisans Vignerons d’Yvorne (AVY) vervollständigen das goldene Bild mit ihrem Prestige 2009 (2). Im Herbst 2011 hatte die weisse Assemblage La Tour Blanche 2010 von Obrist SA, Vevey, eine von 783 Goldmedaillen des Concours Mundus Vini im deutschen Rheinland-Pfalz gewonnen; der seit zehn Jahren organisierte Wettbewerb gehört zu den meist besuchten Europas, doch präsentieren nur wenige Schweizer hier ihre Weine. Auf interregionalem Niveau haben mehrere Waadtländer Gamarets am Concours des 7 Ceps in Bourg-en-Bresse, Anfang November,

Aufsehen erregt. Daniel Marendaz, Mathod, holte eine Goldmedaille mit seinem 2009er, Côtes-de-l’Orbe AOC, ebenso die Domaine de Marcy in Saint-Prex, mit ihrem 2009er, La Côte AOC. Das letztgenannte Gut verdoppelte seinen goldenen Erfolg bei den Weissweinen mit seinem Savagnin 2010, sekundiert vom Viognier 2010 der Cave Cidis, Tolochenaz. Letztere holten unter dem Namen Uvavins Cave de La Côte, Tolochenaz, eine weitere Goldmedaille für einen Muscat Mousseux de Romandie. Die Schaumweine werden als einzige regionenübergreifend und nicht in regionalen Serien degustiert. Der Mondial du Merlot in Lugano, Mitte November, brachte drei Goldmedaillen für Waadtländer Weine, alle aus dem Jahrgang 2009. (Siehe unser Dossier auf S.22) In unserer Degustation klassierte sich der Merlot en barriques aus der Linie «Cachoteries» der Cave Beetschen in Bursins gut, während sich der Merlot d’Yvorne Clos de la George von Hammel SA nicht für das Finale klassieren konnte. Le Bernardin der Cave Cidis, Tolochenaz, war zum Zeitpunkt unserer Degustation nicht lieferbar. (PTs)

(3)

(4)

• Viognier 2010, Cave Cidis, Tolochenaz, Gold;

Mondial du Merlot 2011, Lugano, Switzerland, www.mondial-du-merlot.ch

• Muscat Mousseux de Romandie, sparkling wine, Uvavins Cave de La Côte, Tolochenaz, Gold.

• Cachoteries 2009, Cave Beetschen, Bursins, Gold;

Mundus Vini 2011, Neustadt, RhinelandPalatinate, Germany, www.mundusvini.de • La Tour Blanche 2010, white blend of Chardonnay, Pinot Noir pressed white, and Pinot Gris, Obrist SA, Vevey, Gold.

• Clos de la George Yvorne 2009, Hammel SA, Gold; • Le Bernardin 2009, Cave Cidis, Tolochenaz, Gold. (5)

english

onal Competitions

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LabeL Vigne d’Or La quête de l’excellence

Quintessence de la nature

Les Artisans Vignerons d’Yvorne ont réservé leurs meilleures terres et leurs meilleurs raisins à cette ligne d’exception. Microclimat, orientation, pente, ensoleillement et aptitude du sol à absorber et restituer l’eau confèrent à chaque parchet sa nature, sa force et sa personnalité. Cette rigoureuse sélection permet d’exprimer la parfaite adéquation des terroirs et des cépages, en donnant à ses vins une grande complexité aromatique et une empreinte hors du commun.

A r t i s A n s V i g n e r o n s d ’ Y V o r n e s o c i é t é co o p é r At i V e

www.avy.ch


Unsere Terroirs und ihre Talente

DIE ÄGYPTER VERWENDETEN IHN ALS MEDIZIN, DIE GRIECHEN BETRACHTEN IHN ALS NAHRUNG DER GÖTTER UND IN ROM GALT ER ALS (HALB-) FLÜSSIGES GOLD. DIE WAADTLÄNDER BIENENZÜCHTER PRODUZIEREN IHN MIT GROSSER LEIDENSCHAFT UND SCHÜTZEN IHN VOR DER KONKURRENZ MIT EINEM HUNDERTPROZENTIGEN WAADTLÄNDER LABEL.

Das Land, wo Chasselas und Honig fliessen (I) Julien Neirynck, mit Françoise Zimmerli Es ist sieben Uhr morgens. Die ersten Sonnenstrahlen tauchen das Waadtland in ein mildes Licht. Es ist Mitte Juli und die Bienen fliegen bereits aus, auf der Suche nach Blütenpollen. Wildblumen blühen rundherum in ausreichender Menge, und auch an Obstgärten mangelt es nicht. Kein Wunder also, wurde die Waadtländer Vereinigung der Bienenzüchter (Fédération vaudoise des sociétés d’apiculture = FVA) schon vor mehr als hundert Jahren von passionierten Liebhabern gegründet. Im Angesicht ernsthafter Herausforderungen Unter den gegenwärtigen Umständen, da intensiv über das Verschwinden der Bienen diskutiert wird, hat die FVA keine einfache Aufgabe, obwohl sich die Situation im Frühling 2011 dank einer frühen Saison und exzellenten klimatischen Bedingungen vorübergehend entschärft hatte (eine «Aufhellung», die sich im Verlauf des Jahres nicht bestätigt hat). Paradoxerweise «haben die Medien das Publikum für die Bienen sensibilisiert, indem sie den Verlust zahlreicher Kolonien thematisierten», bemerkt der Präsident der FVA, Jakob Troxler, ausgebildeter Ingenieur-Agronom und einst Forscher bei Agroscope Changins. Das Interesse an Bienen ist so gross, dass man heute mehr als 900 Waadtländer Imker zählt, verteilt auf die 18 recht aktiven kantonalen Sektionen zwischen Coppet und Paysd’Enhaut. Einige unter ihnen stellen seither gar eine Verjüngung ihrer Mitglieder fest.

© Sébastien Durussel 2011

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© Sébastien Durussel 2011

© Remy Destraz

 Die Waadtländer Imker am Comptoir Suisse in Lausanne: ein verführerischer Auftritt.

Guter Honig, bekannt für seine Heilkräfte, enthält unter anderem Wasser, Kohlenhydrate, Aminosäuren, mineralische Substanzen und zahlreiche Vitamine. Er ist reich an direkt assimilierbaren Zuckerarten und der einzige natürliche Süssstoff mit vielen nährenden Elementen und hohem Energie­ gehalt.

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Gérald Bosshard/Edipresse

Ein weiteres Paradox: Die Knappheit an Honig fördert den Verkauf. «Als Folge des Desinteresses der Grossverteiler für unsere Produkte haben wir erfolgreich den lokalen Direktverkauf entwickelt. Wegen der Kosten deckten sich die Grossverteiler im Ausland ein; mit dem Honigmangel kommen sie nun wieder auf unsere Produkte zurück», stellt der Präsident mit Befriedigung fest. Die verschiedenen Sektionen der FVA, organisiert wie die Bienen in ihren Stöcken, begleiten die Waadtländer Imker auf ihrem Weg – von der Organisation von Ausbildungskursen für Anfänger bis zur Tätigkeit als Berater, etwa beim Kauf einer Bienenkolonie oder beim Erwerben eines Branchenlizenzvertrags. Die Kontrolle der Bienenstöcke hingegen obliegt staatlichen Inspektoren. Die wichtigste Aufgabe der Sektionen: Amateurimker ausbilden und ermutigen, eigene Bienenstöcke aufzubauen und eigene Königinnen zu züchten, was das Risiko eingeschleppter Krankheiten durch im Ausland gekaufte Königinnen vermindert. Jakob Troxlers wichtigstes Anliegen: der Schutz vor der schrecklichen, aus Asien stammenden Varroamilbe, welche als Parasit die Bienen befällt und sie mit Viren infiziert, die unter anderem zu deformierten Flügeln führen. Man sieht: Die Aufgaben der FVA sind riesig, doch kann sie auf den Enthusiasmus ihrer Mitglieder zählen. Ein 100%-iger Waadtländer Honig und viele Initiativen 2011 hat die FVA das Label «Miel du Pays de Vaud» eingeführt, auf das sie alleiniges Anrecht hat. Diese Marke, ein echtes Qualitätszeichen, bezeugt die Respektierung eines strikten Pflichtenhefts: Der Honig wird obligatorisch im Kanton Waadt produziert und die Bienen wohnen in Holzwaben auf Waadtländer

Boden, auch im Winter. Es darf nur natürlicher Wachs für die Bienenwaben verwendet werden, verboten sind nicht anerkannte und von den offiziellen Stellen nicht vorgeschriebene Behandlungen, um die Bienenvölker gesund zu halten. Diese positive Entwicklung ermutigt die Waadtländer Imker, auf Qualität zu setzen und in die Promotion zu investieren: Ihre wachsende Präsenz an Messen wie dem Comptoir Suisse in Lausanne, die von ihnen organisierten Anlässe, ihr Angebot auf verschiedenen Märkten oder der Direktverkauf via Internet – alles trägt dazu bei, die Bindung zwischen Produzenten und Konsumenten zu stärken und Letztere für Biodiversität und Produkte aus der Nähe zu sensibilisieren. Auch die Stadt liefert Honig Selbst die Städte fördern diese Aktivitäten. Man braucht nicht bis New York oder Paris zu reisen, selbst die Waadtländer Hauptstadt hat in Zusammenarbeit mit der Lausanner Imkervereinigung sechs Bienenstöcke mitten in der Stadt aufgestellt, drei auf dem Friedhof von Bois-de-Vaux und drei auf den Dächern der Stadtverwaltung. «Geerntet» wurde im Juni und Juli 2011, insgesamt rund 50 Kilo, die im Handumdrehen verkauft waren. «Während es auf dem Land, in der Ebene, nach dem Heuen von ökologisch bewirtschafteten Wiesen im Juni bisweilen zu einer Flaute kommt, finden die Bienen in der Stadt immer genug Nahrung, denn in Pärken und Gärten blühen stets irgendwelche Blumen», bemerkt Jakob Troxler. Der Stadthonig ist gesucht, da berühmt für seine Qualität. Analytisch erweist er sich als sehr rein, konnten doch keine Rückstände von Spritzmitteln oder Schwermetallen nachgewiesen werden. Der Honig ist ein exzellenter


Unsere Terroirs und ihre Talente  Über den Dächern von Lausanne freut sich Pascale Aubert von der Abteilung für Park- und Grünanlagen über den ersten Topf mit städtischem Honig.

Honig: ein Terroirprodukt Die Natur wollte es so: Wie ein grosser Wein so reflektiert auch der handwerklich produzierte Honig die Arbeit des Menschen, der voller Passion die Seele seiner Region auszudrücken versucht. Pascale Schiesser ist eine dieser Angefressenen. Die Imkerin in ChampPittet, bei Yverdon-les-Bains, besitzt ein wundervolles Bienenhaus von 1920 (unten). Hier hegt und pflegt sie ihre kleinen Schützlinge seit 1993, als sie ihre erste Kolonie erwarb. Heute gehören ihr nicht weniger als zehn. «Man nennt mich hier Madame Biene», meint die Französin stolz, die bei Spitex arbeitet. «Ich setzte mich mit allen Kräften für die Bienen ein: Sie geben uns so viel. Seit mehr als 60 Millionen Jahren aktiv, sind die Bienen viel zu kostbar, als dass man sie verschwin-

den lassen könnte.» Die Imkerin versteht es, den vielen Schulklassen, die ihr Bienenhaus regelmässig besuchen kommen, ihre Passion zu vermitteln. Sie erzählt den Kindern mit ganz besonderem Feuer von der wunderbaren Biodiversität des Naturschutzgebiets, das an ihren Bienenstock angrenzt, von den unbehandelten Blumen, in denen die Bienen eine grosse Menge von erstklassigen Pollen sammeln können, und von der unermüdlichen Arbeit, mit der die Insekten vom Frühling bis zum Sommerende ihre reiche Ernte in die Bienenwaben bringen, wo sich der Nektar in Honig verwandelt. Honiggewinnung Sobald die Bienenwaben gefüllt sind, werden sie von den Bienen mit dünnen Wachsdeckeln verschlossen. Das ist der Moment für den Imker, zur Honiggewinnung zu schreiten. Mithilfe einer speziellen Gabel mit langen, feinen und spitzen Zinken (rechts) entfernt der Imker die Wachsdeckel auf den Waben. Diese werden in eine spezielle (mit Motor oder Handkurbel betriebene) Zentrifuge, eine sogenannte Honigschleuder, gespannt. Durch die Zentrifugalkraft wird der Honig aus den Waben geschleudert. Der so gewonnene Honig ruht einige Tag lang in einem Dekantiergefäss, wo Luftbläschen und Unreinheiten an die Oberfläche steigen. Danach muss man den Honig nur noch abfüllen… und geniessen!

© Remy Destraz

In der nächsten Nummer: Honig II, kulinarischer Streifzug in Zusammenhang mit Wein. Weitere Informationen: FVA: www.apiculture.ch. Die Website bietet eine Fülle von Informationen, Links und die Liste der Mitglieder, bei denen Sie Honig kaufen können. Waadtländer Honig finden Sie auch in der Halle Romande, rue de Genève 100, Lausanne: www.halle-romande.ch

© Julien Neyrinck

Indikator für die Qualität unserer Umwelt, sodass man beruhigt sein darf bezüglich der Gesundheit der Lausanner Umgebung. Je nach Jahreszeit amberfarben oder in hellem Gelb, je nach Ort von Blüten oder aus dem Wald stammend, präsentieren sich die städtischen Honigsorten sehr aromatisch, in der Region Chauderon weisen sie gar Kastaniennoten auf. Ermutigt durch diese ersten Erfahrungen, hat die Stadt bereits weitere Bienenstöcke aufgestellt, im Park von Valency und auf den Dächern der Sporthalle des Collège de l’Elysée; geplant sind bis 2013 zwölf Bienenstöcke. Eine ähnliche Initiative läuft zurzeit in Renens und in Yverdon-les-Bains.

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Sichere Weinlese

© Christian Sanzey

© Beatrice Preve

Welche Vorsichtsmassnahmen sind geboten? Im Herbst beleben sich die steil abfallenden Weinberg-Terrassen des Lavaux im Waadtland, denn es ist die Zeit der Weinlese. Von überall her kommen Erntehelfer, um in den Rebbergen zu arbeiten. Inmitten dieses emsigen Treibens ist ein Unfall schnell passiert und so ist es ratsam, sich mit einer Versicherung vor den Folgen solcher Unfälle abzusichern. M. Blanc*, Winzer aus der Region, kann davon ein Lied singen. An einem Septemberabend schickt er einen seiner Angestellten, J. Moret*, los, um eine letzte Ladung Trauben einzuholen. Er und die restliche Equipe arbeiten in der Zwischenzeit an der Weinpresse. J. Moret, der nicht viel Erfahrung hat im Umgang mit Kleintraktoren, verliert auf den kurvigen und engen Strässchen im steilen Rebberg die Kontrolle über das Fahrzeug und trägt unheilbare Verletzungen an beiden Armen davon. Die Untersuchung ergibt: Der Kontrollverlust von J. Moret über den Reb-

traktor ist zwar eine der Ursachen des Unfalles, jedoch hat auch Weinbauer Blanc Verantwortung für den Unfall zu tragen. Indem er seinen unerfahrenen Angestellten in die als unwegsam bekannte Zone der Weinberge schickte, handelte er fahrlässig. Beraten von GENERALI, hatte M. Blanc glücklicherweise für einen solchen Fall vorgesorgt. Die Unfallversicherung, die er für seine Angestellten abgeschlossen hat, deckt zuerst die Behandlungskosten von J. Moret sowie die ersten IV-Renten. Da die Verantwortung von M. Blanc feststeht, wendet sich die Unfallversicherung in einem zweiten Schritt an den Weinbauer. Nun kommt dessen Betriebshaftpflicht zum Zug und übernimmt die Spesen in der Höhe von mehreren hunderttausend Franken. Ohne Versicherung hätte M. Blanc aufgrund seiner fahrlässigen Handlung selber dafür aufkommen müssen. *alle Namen geändert

Was sagt das Gesetz? Laut OR, Art. 328 Abs. 2, hat der Arbeitgeber „zum Schutz von Leben, Gesundheit und persönlicher Integrität der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Massnahmen zu treffen, die nach der Erfahrung notwendig, nach dem Stand der Technik anwendbar und den Verhältnissen des Betriebes oder Haushaltes angemessen sind“. Der Arbeitgeber ist also verantwortlich für die Schäden, die seine Angestellten aufgrund mangelnder Vorsichtsmassnahmen erleiden.

© Pasticcio

Welche Deckungen bietet GENERALI? Das Produkt MODULA wurde speziell für die Bedürfnisse von KMU konzipiert: es beinhaltet eine Betriebshaftpflicht und sichert Ihr Unternehmen gegen die finanziellen Folgen unvorhersehbarer Ereignisse ab. GENERALI bietet für KMU ausserdem EAK/UVG-Produkte (Erwerbsausfallund Unfallversicherungen). Mehr Informationen finden auf www.generali.ch/kmu


Busy Bees in Town & Country: Vaud Honey

So FVA member Société d’apiculture de Lausanne teamed up with the

city to set up six hives, three of them on the roofs of administration buildings. The honey, a best seller, is known for its quality and purity (analyses show an absence of pollutants). Amber or pale yellow depending on the season and whether the source is flowers or forest trees, the taste of the honey is delicious and – when the bees have been over in the Chauderon area – even has a hint of chestnut. Six more hives are being installed in the Parc de Valency and roofs of the Collège de l’Elysée’s sports complex.

Renens and Yverdon-les-Bains are now setting up hives of their own – which is not to discount non-urban producers among the 900-member strong FVA. Keep your eyes peeled for the Miel du Pays de Vaud label. More info (French only) at www.apiculture.ch. To buy: Halle Romande, rue de Genève 100, Lausanne, www.halle-romande.ch.

english

Honey is a natural and nutritious sweetener. Production is also usually associated with the countryside – so: city honey? In Lausanne, yes. And there are even advantages to urban production, says Jakob Troxler, president of the Federation of Vaud Beekeeping Societies (FVA). While rural bees may periodically run out of sources, not so their city colleagues “because there’s always something in flower in parks and gardens.”

© Sébastien Durussel 2011

Julien Neirynck, with Françoise Zimmerli


Š Siffert/weinweltfoto.ch


Unsere Regionen sind rare Perlen

MORGES IST BEKANNT FÜR SEINE SCHWERGEWICHTIGEN AUSHÄNGESCHILDER DES WAADTLÄNDISCHEN WEINBAUS WIE UVAVINS, BOLLE ODER DIE DOMAINE HENRI CRUCHON. DOCH IN MORGES GIBT ES AUCH WENIGER BEKANNTE, ABER QUALITATIV HOCHSTEHENDE WEINGÜTER ZU ENTDECKEN. DIE REGION LEBT VON DER DYNAMIK IHRER WINZER UND DER AUSSTRAHLUNG DER ARVINIS, DES WICHTIGSTEN WEINSALONS DER WESTSCHWEIZ.

Geheimes Morges Alexandre Truffer Fotos: Caroline Dey – Porträts: Sandra Culand


LES CHAUMES Collection Tradition La Côte aoc Couleur brillante, pâle avec des reflets abricot. Parfum intense de petits fruits rouges (fraises des bois, framboises, airelles et cerises).

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La bouche est ample et aromatique. Excellent équilibre entre la fraîcheur et le gras.

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Unsere Regionen sind rare Perlen

Arvinis: Vergleich mit den Weinen der Welt zur Promotion der lokalen Crus Vom 18. bis zum 23. April 2012 findet in den SBB-Hallen von Morges zum 17. Mal die Arvinis statt. Dieser Weinsalon zieht jedes Jahr gegen 20  000 Besucher an, die rund 2500 Weine aus allen Ecken der Welt verkosten können. Diese Vielfalt haben die Gründer der Arvinis, Nadège und Philippe Fehlmann gewollt, obwohl sie betonen, an den umliegenden Weinregionen zu hängen. «Wir haben die Schweizer und besonders die Waadtländer Weine stets verteidigt. Unsere Idee ist simpel: Die Konsumenten sollen die lokalen Weine mit ihrer Konkurrenz aus aller Welt vergleichen, um bewusst wählen zu können. Die Schweizer Winzer, die den Weg der Qualität eingeschlagen haben, können so beweisen, dass ihre Produktion den Vergleich nicht zu scheuen braucht. Das haben unsere Besucher übrigens bestens verstanden», erklärt der Präsident der Arvinis. «Wir haben diesen Anlass ins Leben gerufen, um die lokalen Weine zu verteidigen», fügt Nadège Fehlmann bei. «1995 beobachteten wir in einem Geschäft ein junges Paar, das eine Flasche für Freunde kaufte. Nach einigem Zögern entschieden sie sich für einen Burgunder mit bekanntem Namen und hübscher Etikette. Das schien uns absurd, und wir waren empört, dass sie nicht einmal in Betracht gezogen hatten, eine Flasche aus der Region zu kaufen. So entstand die Idee des Weinsalons.» Damals war Philippe Fehlmann Präsident von Morgexpo, einer Messe, die alle zwei Jahre in Zelten stattfand. Um die Kosten für das Aufstellen der Zelte nur einmal bezahlen zu müssen, beschlossen die Fehlmanns, die beiden Anlässe direkt hintereinander zu organisieren. Eine grosse Herausforderung. «Wir erhielten weder damals noch heute Subventionen, sondern bezahlten alles aus unseren persönlichen Ersparnissen. Viele meinten, ein im Herzen der Côte organisierter Salon, der den Weinen der Welt gewidmet ist, könne nur Schiffbruch erleiden. Der erste Morgen war für die Profis reserviert, es kam keine Menschenseele. Das breite Publikum strömte dann zum Glück in Scharen herbei… Wir verzeichneten

9000 Eintritte», erinnert sich die Direktorin des Salons. Die Skepsis in der Region siegte nicht, gewisse Produzenten erkannten sofort das Potential des Anlasses. «Die Vereinigung Vins de Morges, damals präsidiert von Raoul Cruchon, war auf Anhieb begeistert. Es kamen auch viele Walliser, ebenso die Vins de Genève, unser erster Schweizer Ehrengast. Wir zählten 60 Aussteller, viele von ihnen gehören noch heute zu den treuen Mitgliedern», erklärt Philippe Fehlmann. Seit ihrem dritten Jahr findet die Arvinis in den SBB-Hallen von Morges statt. Statt 9000 kommen heute 20 000 Besucher, doch das Ziel bleibt das gleiche: einen gemütlichen Raum für die Degustation bieten, einen freien Parcours ohne jede Kaufverpflichtung. «Die Besucher der Arvinis sind keine Offenweinkonsumenten. Es macht Spass, ihre Neugierde zu sehen, die unsere Ehrengäste regelmässig erstaunt. Letztere scheinen eine derart gut informierte Kundschaft nicht gewohnt zu sein», kommentiert Philippe Fehlmann. Die Kellereien veröffentlichen zwar keine Umsatzzahlen, deshalb gibt es keine vertrauenswürdigen Statistiken.

 Philippe und Nadège Fehlmann, die Seele der Arvinis.

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Unsere Regionen sind rare Perlen

 David Kind, gebürtiger Zürcher und Wahlwaadtländer, ist ein erdverbundener Winzer.

Trotzdem lassen empirische Schätzungen vermuten, der Tagesumsatz der Arvinis-Aussteller belaufe sich auf stolze 1,5 Mio. Franken. Und die Zukunft? 2012 hat die Arvinis – mittlerweile mit modernisierter Grafik und mit Facebook als Kommunikationsmittel – die Schweizer Weine als Ehrengast ausgewählt, genauer: Swiss Wine Promotion, welche die anwesenden Kellereien nicht konkurrieren, sondern die unbekannten Sorten der Schweiz vorstellen will. Mondeuse, Altesse, Freiburger, Mara, Charmont, Resi, Completer,

Humagne blanche, Plant Robert, Durize oder Lafnetscha sind nur einige der Spezialitäten, welche die Besucher am grössten Stand der Arvinis entdecken werden. Irgendwann wird sich die Frage der SBB-Hallen stellen, die in absehbarer Frist abgerissen werden sollen. Doch Nadège Fehlmann versichert: «Wenn es nötig ist, werden wir umziehen, aber die Arvinis wird sicher nicht sterben!» Arvinis - SBB-Hallen in Morges 18. bis 23. April 2012 www.arvinis.com

David Kind, der Winzer, der das Leben durch die rosa Brille sieht David Kind gehört zu den Winzern, die regelmässig bei nationalen und internationalen Wettbewerben ausgezeichnet werden. Der Produzent, der versichert, «nur an vier Concours teilzunehmen, nämlich an der Selektion der Waadtländer Weine, am Grand Prix des Schweizer Weins, am Mondial du Merlot sowie am Concours des 7 Ceps», hat schon bei jedem dieser Wettbewerbe eine Medaille geholt. 2009 war sein Rosé – ein Gamay mit 10% Garanoir –

gar des beste Rosé der Schweiz, bei der kantonalen Selektion bestätigte er das mit einem zweiten Platz. 2010 machte sein Merlot mit einem Sieg in Bourg-en-Bresse und einer Goldmedaille am Mondial du Merlot Furore. Ein Erfolg, der um so schöner ist, als sich der Produzent nicht «nur» um seine 5,6 Hektaren Reben kümmern kann, betreibt er doch auch Acker- und Obstbau. Die Domaine de Terre-Neuve ist zwar ein Familienbetrieb – sein Urgrossvater kaufte den Hof 1918 von Alexis Forel –, doch David Kind hat nichts von einem traditionellen Waadtländer Winzer. Er wuchs in Winterthur auf und durchstreifte Kanada, bevor er an die Gestade des Lac Lémans zurückkehrte. Hier wandelte er den Sortensatz von Grund auf um und ersetzte die Monokulturen von Chasselas und Gamay durch Pinot gris, Gamaret, Merlot, Garanoir und Chardonnay. Heute kultiviert er zwölf Rebsorten und verkauft elf Weine, die sowohl in der Romandie wie in der Deutschschweiz gut ankommen. Sein jüngstes Kind ist ein in 500-Liter-Barriques ausgebauter Sauvignon blanc; 75% des Weins werden sechs Monate lang im neuen Holz verfeinert, bevor sie mit dem im Tank ausgebauten Rest assembliert werden. Sein Sauterreneuve – ein Strohwein aus Chardonnay – erntete ebenfalls Ruhm, doch David Kind beherrscht auch perfekt die Basis: Chasselas und Pinot noir ergeben Spezialcuvées, die in den fünf Schweizer Niederlassungen der Hotelkette Novotel aus-


geschenkt werden. Und die 6000 Flaschen des im Tank ausgebauten Gamays, aus Trauben von mehr als 35 Jahre alten Stöcken gekeltert, die von Natur aus nur 500 g/m2 Ertrag ergeben, reichen längst nicht, um die grosse Nachfrage zu befriedigen. Domaine de Terre-Neuve - 1162 Saint-Prex Besuche nach Voranmeldung: Tel. 079 216 94 44 - www.terreneuve.ch

Luc Tétaz, das Herz der Stadt Laut dem Gemeindearchiv von Morges hat die Stadt ihr Weingut im Jahr 1547 gekauft. Viereinhalb Jahrhunderte später bewirtschaftet das Gut immer noch 15 Hektaren Reben in Marcelin, zehn davon eigene, fünf gepachtet. Die Kellerei liegt direkt gegenüber der Landwirtschaftsschule, die ebenfalls eigene Reben besitzt. Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, dass das Fortbestehen des städtischen Weinguts einiges an Einsatz verlangte. 1639 untersagte ein Edikt jedem Bürger von Morges, ausländischen (sprich: nicht auf dem Territorium von Morges gewachsenen) Wein zu trinken; Zuwiderhandelnden drohte Verlust des Bürgerrechts oder der Wohnung. Später, zu Beginn der 1930er Jahre, wurde auch Morges von der Wirtschaftskrise erschüttert. Damals versteigerte die Stadt ihren Most und vinifizierte ihn in den Kellern von Couvaloup. Vier Jahre in Folge, von 1930 bis 1933, fand sie allerdings keinen Käufer. Diese kommerzielle Katastrophe brachte die Stadt dazu, einen Chefwinzer zu engagieren, George Bernard, der die Arbeit in den Reben und die Trauben­ annahme mechanisierte. Luc Tétaz, der heutige Chefwinzer, ist seit 1980 im Amt. «Damals füllte die Stadt nur den Wein ab, der für repräsentative Zwecke gebraucht wurde», erklärt der zurückhaltende Mann, der sechs Jahre später, als die Kellerei nach Marcelin umzog, auch für die Vinifikation zuständig wurde. Der passionierte und kompetente Winzer Luc Tétaz liebt den Boden und die Reben und ärgert sich über die grossmäulige Kommunikation rund um den Wein. Sprechen Sie ihn auf aussergewöhnlich frühreife Jahrgänge an, und er wird Sie fragen, «ob die

rasche Zunahme der Graufäule wirklich nichts mit dieser Frühreife zu tun» habe. Tétaz ist stolz auf seine Chasselas – «die Basis!» – und bedauert es, wenn Kunden beim Degustieren der Assemblagen des Hauses in Begeisterungsstürme ausbrechen, es aber ablehnen, einen traditionellen Weissen zu verkosten. Klassisch, aber offen hat der Chefwinzer die Entwicklung des Sortiments begleitet. Neu dazu gekommen sind eine weisse, in Barriques gereifte Assemblage, ab 2012 ein Servagnin und ein Gamaret-Garanoir, sodass nun insgesamt elf Weine im Angebot sind. «Der Liebling der Kundschaft ist unbestritten der Süsswein», meint Luc Tétaz lächelnd. Diese Assemblage aus Doral, Chardonnay und Pinot gris, bei der Selektion der Waadtländer Weine zweimal mit einer Medaille ausgezeichnet, kann von der Erfahrung eines weiteren diskreten und talentierten Berufsmanns profitieren, nämlich von Frédéric Hofstettler, der ihn vinifiziert. Domaine de la Ville de Morges Vins de Terroir Ch. de la Morgettaz 2 - 1110 Morges Tel. 021 801 60 19 www.vinsdeterroirmorges.ch Geöffnet Mittwoch und Freitag, 16 bis 18 Uhr Am Samstag nach Vereinbarung: 079 473 47 35

 Luc Tétaz, Winzer aus Leidenschaft, ist es am wohlsten inmitten seiner Reben.

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© C. Dey

EIN GESCHICHTLICHER RÜCKBLICK Caroline Dey  Blick aus dem Schlosshof auf den imposanten Donjon des Château de Vufflens.

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Das CHÂTEAU DE VUFFLENS, ein Meisterwerk der militärischen Baukunst aus der späten Gotik, ist ein imposantes Denkmal aus dem 15. Jahrhundert. Bevor das heutige Schloss erbaut wurde, stand am selben Ort eine frühere Festungsanlage, die 1011 erstmals unter dem Namen «Wuoflings» erwähnt wurde und einem «Wulf» (= Wolf) gehörte. Im 12. Jahrhundert waren Ländereien und Schloss im Besitz einer Ritterfamilie, die sich 1175 dem Bischof von Lausanne unterwarf, und dann, ab 1235, der Familie der Cossonays. Danach gelangte die Herrschaft im 13. Jahrhundert durch Erbfolge an die Familie Duin und 1390 an Henry de Colombier, den illustren Cousin der Herzoge von Savoyen, der die alte Festung in ein zwar bescheideneres, aber wohnlicheres Schloss umwandelte. Henry de Colombier war ein erfolgreicher Feldherr, Diplomat und Ingenieur und hatte eingehend die Mailänder Militärarchitektur studiert. Er engagierte talentierte Piemonteser Bauarbeiter, die sich 1415 ans Werk machten. Dank seinem Sekretär wissen wir, dass der Herzog von Savoyen «den Zimmerleuten und Maurern des Herr von Vufflens 1416 das Trinken bezahlte». Der 50 Meter hohe Donjon, 1334 von einem italienischen Architekten erbaut, wird von

vier rechteckigen, durch eine Ringmauer mit Wehrgang miteinander verbundenen Türmen umringt. 1860 restauriert, diente er als Unterkunft für Soldaten und als Festsaal. Zum Schloss gehören zwei durch Mauern verbundene Wohntrakte. Der Osttrakt weist vier schlanke, runde Ecktürme auf, die mit steilen Kegeldächern bedeckt sind. Das riesige Dach des zinnenbewehrten Wachtturmes wird von einem im 19. Jahrhundert erbauten Glockentürmchen geziert. Im Erdgeschoss befindet sich ein schöner Saal mit Kreuzrippengewölbe. Das dazugehörige Weingut von acht Hektaren Reben, alle in der Appellation Morges gelegen, wird vom Haus Bolle & Cie SA in Morges bewirtschaftet. Das Château Saint-Maire in Lausanne sowie das Château de Vufflens sind die einzigen Schlösser im Kanton, die aus Backstein gebaut wurden. Vufflens ist heute in Privatbesitz und nicht öffentlich zugänglich. Das MAISON LINDER in Morges, an der Grand’Rue Nummer 94, scheint an der Stelle eines aus dem Jahr 1460 stammenden Hauses errichtet worden zu sein. Seine Fassade wurde vom Maurermeister Pierre Billon 1682 konzipiert. Die Fassade wie die drei Galerien im Innenhof zeigen toskanische, ionische und


Unsere Regionen sind rare Perlen

© C. Dey

korinthische Ordnungen. Dieses Prinzip der übergeordneten Säulenordnungen steht ganz in der Architekturtradition der Renaissance. Manche Räume des Hauses besitzen noch bemalte Decken von 1693 und Wandgemälde, die städtische Landschaften zeigen – ein recht seltenes Motiv in jener Zeit. Das Maison Linder wurde 1912 von Rose Mayor erworben, die darin einen Kolonialwarenladen einrichtete. Wegen der Lebensmittelrationierung entschloss sich ihr Sohn zu Beginn des Zweiten Weltkriegs, auf den Verkauf von Lebensmitteln zu verzichten und nur noch Tabakwaren und Zeitungen anzubieten. Er wandelte das Erdgeschoss in ein exklusives Tabak- und Zigarrengeschäft um, das die ganze Schweiz belieferte, und renovierte später die wunderbaren Malereien, die unter einer Gipsschicht entdeckt worden waren. 1985 verkaufte er das Haus dem Architekten Jean-Pierre Rufenhart, der für seine Restauration preisgekrönt wurde.

Zwischen 1515 und 1521 erbaute der Maurermeister Jean Coquet das HÔTEL DE VILLE mit seiner prachtvollen polygonalen Treppe aus Molasse; das Eingangstor wurde von Pierre Billon gestaltet. Das Hôtel de Ville wurde 1620 renoviert. 1741 diente das Gebäude als Getreidelager. In einer Nische in der Ecke des Gebäudes steht eine Statue der Justitia mit ihrer phrygischen Haube, eine Skulptur von Jean Baptiste Gallo aus dem Jahr 1651. Das angrenzende Gebäude ist in neoklassizistischem Stil gehalten und datiert aus dem Jahr 1822. Es ist das Werk des Architekten Henry Perregaux. Der Ratsaal im ersten Stock ist bekannt für seine wunderschöne französische Decke von 1620. Im Erdgeschoss, in den Hallen, fand früher der Getreidemarkt statt.

 Das Hôtel de Ville von Morges ist ein Meisterwerk der Gotik und der Renaissance, erbaut aus rötlichbraunen Molassesteinen.

Am Ausgang von Morges, in Richtung SaintPrex, befindet sich das PETIT MANOIR. Früher Villa Berlin genannt, wurde dieses Gebäude 1764 vom Traiteur Marc-Antoine Perret erbaut und genutzt. Gegen 1825 wurde im Süden ein ländlicher Anbau angefügt. Das Haus wurde 1934 von Louis Bosset renoviert. Es besitzt ein zweistufiges Dach und regelmässig über die Fassade verteilte Fenster mit zentriertem Fenstersturz. Der grosse Salon führt in einen wundervollen Garten mit einem aus Buchsbäumen gebildeten Labyrinth. Einst im Besitz der Familie Etienne, wurde das Petit Manoir von der Gruppe BOAS aufgekauft, deren Direktor Frédérique Rusi alte Gebäude liebt. 2009 wurde das Haus renoviert. (siehe Seite 51).

 Im Maison Linder findet man prachtvolle Wand- und Deckenmalereien, so beispielsweise diese Friese aus dem 16. Jahrhundert.

 Das Petit Manoir, ein Gebäude aus dem 17. Jahrhundert, hat sich zu einem Gourmet­ tempel gemausert.

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CLAIR UE FILET D’ R J LISITE

LabeL Terravin: SymboLe d’excepTion

CLAIR UE

ART DE IVRE

LeS LaurierS d’or SignéS

FILET D’ R J LISITE

ART DE IVRE

CLAIR UE

CAPRICE DE ADAME CLAIR UE FILET D’ R CLAIR UE

FILET D’ R

J LISITE

CAPRICE DE ADAME F I L E T D ’ R J L I S I T E ART DE IVRE monT-Sur-roLLe

Féchy

J LISITE

vinzeL

ART DE IVRE

aLLaman


Lucie und Solange Perey, die Schwestern von der Domaine des Abbesses «Bei der Arvinis, wenn gewisse Besucher uns keines Blickes würdigen, würde ich bisweilen gerne ein Plakat vor mir hertragen, auf dem steht: Ich habe eine hoch spezialisierte Ausbildung absolviert und bin eine kompetente Berufsfrau, die ein Weingut mit fünf Hektaren Reben leitet», erklärt Lucie Perey von der Domaine des Abbesses. Den eidgenössischen Fähigkeitsausweis als Winzerin in der Tasche, hat sie die Domaine des Abbesses in Echandens gemeinsam mit ihrer Schwester Solange, einer diplomierten Önologin, übernommen. Das war 2009, und die beiden waren 22 beziehungsweise 24 Jahre jung. «Zu Beginn wurde in der Presse recht oft von uns gesprochen. Das hat uns zu mehr Glaubwürdigkeit verholfen», fährt die Winzerin fort. Die Geschichte der Domaine des Abbesses verliert sich im Dunkel der Vergangenheit. Wie der Name vermuten lässt, war das Weingut einst im Besitz eines Frauenklosters. Der erste historische Beleg für die Existenz der Domäne stammt allerdings erst aus dem Jahr 1836; damals erwarb die Familie Martin das Gut. Bis 2009 wurde es durch den heutigen Besitzer geleitet: Philippe Martin. Dieser suchte einen Nachfolger und schenkte sein Vertrauen den beiden Schwestern, die einen Pachtvertrag über 15 Jahre unterzeichneten. «Die Anfänge waren schwierig», räumt Lucie ein. Glücklicherweise hat die Kundschaft die

Herausforderung angenommen und ist den beiden jungen Frauen gefolgt, um die Innovationen zu entdecken, die das weibliche Duo eingeführt hatte: neuer grafischer Auftritt, modernisierter Empfangsraum, in Barriques ausgebaute Cuvées. Überzeugende Änderungen, wenn man in Betracht zieht, dass die gesamte Produktion in Flaschen verkauft wird und die Rotweine (rund ein Drittel der Fläche) die Nachfrage nicht befriedigen können. Die nächste Etappe für die Schwestern Perey ist die Annäherung an die Domaine de la Balle in Vufflens-le-Château, die ihrem Vater Michel Perey gehört. Jede Einheit wird ihre Identität und ihre Produkte behalten – mit Ausnahme des Servagnin de Morges, der gemeinsam produziert werden soll –, aber Administration und Verkauf werden vereinfacht. Im Rebberg wurde gerade eine neue Sorte angepflanzt; in drei Jahren soll die erste Altesse des Abbesses abgefüllt werden.

 Solange (links) und Lucie Perey, das Tandem, das hinter der Domaine des Abbesses steht.

Domaine des Abbesses Les Abbesses 40 1026 Echandens Tel. 021 701 47 40 Der Keller ist geöffnet am Mittwoch, von 17 bis 19 Uhr oder nach Vereinbarung. www.vins-lesabesses.ch

GASTRONOMISCHE ABSTECHER Hostellerie Le Petit Manoir

Restaurant des «Club Nautique»

BAM La Voie des Sens

Das kürzlich renovierte Petit Manoir bietet elf luxuriöse Zimmer, die den Charme früherer Zeiten mit moderner Infrastruktur verbinden. Das Restaurant, bekannt für seine raffinierte Gourmetküche, konzentriert sich ganz auf saisonale Gerichte. Der junge Küchenchef, der Franzose Julien Rettler, wurde vom GaultMillau 2012 zur Entdeckung des Jahres gewählt und auf Anhieb mit 14 Punkten ausgezeichnet. Im Caveau werden Degustationen der regionalen Weine organisiert.

Die Nähe des Sees ist einer der grössten Vorzüge des Restaurants des «Club Nautique» von Morges. Die Habitués kommen allerdings vor allem in dieses diskrete, im Schatten des Schlosses verborgene Lokal, um die präzise, aromatische Küche von René Müller zu geniessen. Schöne Auswahl von Schweizer Weinen, mit einigen spannenden Spezialitäten zu vernünftigen Preisen.

Die Eisenbahnlinie Bière–Apples–Morges durchquert eine bukolische Landschaft, reich an handwerklichem und gastronomi­ schem Erbe. Dank BAM La Voie des Sens kann man bei gastronomischen Zwischenhalten originelle Terroirprodukte kennenlernen. Mehrmals pro Jahr bietet BAM Saveur, ein Nostalgiezug aus der Mitte des 20. Jahrhunderts, gastronomische Fahrten zu verschiedenen Themen an.

Place de la Navigation 1 – 1110 Morges Tel. 021 801 51 51 - www.restaurant-cnm.ch

Komplettes Programm: www.lavoiedessens.ch

Avenue Paderewski 8, 1110 Morges Tel. 021 804 12 00 - www.lepetitmanoir.ch

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LEICHT FÜR DIE UMWELT

Starke Argumente für leichtes Glas

CO2-Einsparung per Mio.Stück

Glaseinsparung per Mio.Stück

Gewichtsreduktion

Weinflasche 250 ml

204 g

180 g

24 g

24 t

17 t

Weinflasche 750 ml

400 g

350 g

50 g

50 t

34 t

Weinflasche 1000 ml

500 g

420 g

80g

80 t

55 t

Bierflasche A 330 ml

205 g

185 g

20 g

20 t

14 t

Bierflasche B 330 ml

200 g

175 g

25 g

25 t

18 t

Bierflasche C 330 ml

190 g

160 g

30 g

30 t

21 t

Konservenglas 720 ml

300 g

280 g

20 g

20 t

12 t

Gewürzglas 99 ml

127 g

116 g

11 g

11 t

7t

1100 g

1050 g

50 g

50 t

31 t

Konservenglas 3400 ml

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Von der Gewichtsreduktion profitieren alle, insbesondere die Umwelt. Die Produktion von leichten Flaschen benötigt weniger Rohstoffe und die Ressourcen werden geschont. Gleichzeitig sorgen der wesentlich tiefere Materialverbrauch und der hohe Anteil an Altglas als Sekundär-

Leichtglas

Starke Argumente auf einen Blick

Konventionelles Glas

Glas ist beständig, undurchlässig, hygienisch, formbar, ästhetisch, natürlich und LEICHT. Die Leichtglas-Technologie erlaubt es, Glasverpackungen ohne Sicherheitsund Qualitätseinbussen leichter zu machen als ihre konventionellen „Vorgänger“.

rohstoff für deutlich weniger CO2Emissionen. Die Einsparungen liegen inzwischen bei 12 bis 17 Prozent. Die Leichtglastechnologie garantiert dünnwandige Glasbehälter, die in Bezug auf Stabilität und Festigkeit den Vergleich mit konventionellen Verpackungen aus Glas nicht scheuen. Ebenso bleiben alle ökologischen Vorteile erhalten: Leichtglas ist zu 100 Prozent recyclierbar und verhält sich absolut neutral gegenüber dem Inhalt. Zudem vereinfacht das geringere Gewicht den Transport für Produzenten und Konsumenten. www.vetropack.ch


Secret Morges Few people know that Morges – usually identified with wine heavyweights like Uvavins, Bolle and Domaine Henri Cruchon – also has lesser-known but choice winemakers. And it is home to Arvinis. The most important wine fair in French-speaking Switzerland Arvinis presents wines of the world. And 20,000 visitors turn up annually to check out some 2,500 of them. Founders Nadège and Philippe Fehlmann say: “Our idea is simple: to give consumers the possibility of testing Swiss wines, particularly from Vaud, against global competition so they can make informed choices.” Also important, they say: a convivial tasting atmosphere with no obligation to buy. But many do, judging by estimated daily sales of 1.5 million Swiss francs. Swiss Wine Promotion is guest of honor this year. Arvinis 2012 – 19th edition – Halles CFF de Morges April 18-23, 2012 – www.arvinis.com David Kind Winemaker Kind’s prizewinning wines include a Gamay/Garanoir that, in 2009, was voted best rosé in the country. In 2010, it was his Merlot’s turn to win gold. Stand-outs include a Gamay made from old vines and an oak-aged Sauvignon Blanc. Don’t miss his sweet Sauterreneuve, a Chardonnay Passerillé. Domaine de Terre-Neuve, Saint-Prex By app’t (+41 (0)79 216 94 44) – www.terreneuve.ch Luc Tétaz Head winegrower at the town of Morges’s own estate, Tétaz singles out their Chasselas wines, a white oak-aged blend, a Gamaret/Garanoir – and the “real darling of our clients,” a prizewinning blend of Doral, Chardonnay and Pinot Gris that attests to the expertise of estate winemaker Frédéric Hofstettler. Domaine de la Ville de Morges, Morges +41 (0)21 801 60 19 – Open Wed and Fri 4-6 pm Sat by app’t (+41 (0)79 473 47 35) – www.vinsdeterroirmorges.ch

Where to stay and eat Hostellerie Le Petit Manoir Renovated 18th century villa by the lake. Eleven rooms, gourmet restaurant, wine tasting. Avenue Paderewski 8 +41 (0)21 804 12 00 www.lepetitmanoir.ch

Restaurant du Club Nautique Seasonal cuisine, freshest of fish, fine Swiss wines. Place de la Navigation 1 +41 (0)21 801 51 51 www.restaurant-cnm.ch

Check out the Bière-ApplesMorges train for excursion ideas www.lavoiedessens.ch

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Lucie and Solange Perey One a viticultural expert, the other an enologist, the Perey sisters took the helm at Domaine des Abbesses in 2009 when they were 22 and 24 respectively. Here they create red blends so sought after they don’t have enough to meet demand. For a truly local tipple try the Pinot Noir called Servagnin. For now, their whites are all made from Chasselas, but they’ve planted Altesse grapes and except to be vinifying them within three years. Domaine des Abbesses, Les Abbesses 40, Echandens +41 (0)21 701 47 40 – Open Wed 5-7 pm or by app’t – www.vins-lesabbesses.ch

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Signing the Confrérie du Guillon Guest Book

After the ritual known as tirer au guillon – during which about-to-be members of the Confrérie draw their own wine from the barrel – the next phase of the induction ceremony at Château de Chillon

is signing the guest book, or Livre d’Or. All those present gather round, sometimes offering jovial advice, as inductees pen their thoughts about their happiness, the privilege, the honor, of being welcomed into this holy of holies of Vaud wine. Some come prepared, and bring out a small scrap of paper from which to copy what they wish to commit to the pages of the book. Others improvise. The signed pages are later carefully bound and kept as part of the records of each one of these grand ceremonial occasions known as ressats.

The Confrérie du Guillon has nearly 60 years of comments penned by the great and the good – government leaders, captains of industry, stars of the visual and performing arts. Periodically, Le Guillon magazine publishes excerpts of entries in the Livre d’Or chosen for their eloquence, sensitivity, feeling or wit. The diversity of messages, in all tones and styles, adds up to a large rich tapestry of tribute to the brotherhood and Vaud wine over time, and to all those who have been and are members of the Confrérie du Guillon.


Szenenwechsel Am 9. März 2001 hatte ich die besondere Ehre, als Gouverneur der Confrérie du Guillon eingesetzt zu werden. Verbunden mit der Ehre empfand ich ein grosses Vergnügen, in intellektuelle Feinschmeckerei eingehüllt zu sein in einem Umfeld, wo die Freundschaft oberste Devise ist, wo Geiz und Mittelmässigkeit in der Garderobe bleiben. Elf Jahre und 154 Ressats später ist es Zeit, sich diskret zu verabschieden und das legendäre «dienen und abtreten» umzusetzen. Die aussergewöhnliche Tribüne hat es mir erlaubt, dieses Land zu beobachten, manchmal über das Funktionieren seiner Institutionen zu staunen und festzustellen, wie sehr wir an ihm hängen. Im Weiteren habe ich die Rolle gesehen, die der Wein in unserer Gesellschaft spielt, diese wundersame Alchemie, die den Einfachsten unter uns zu Glück und Zufriedenheit führt. Auch wenn es der Fakultät vielleicht missfällt, versichere ich ohne Umwege, dass der Wein gut ist, ja heilbringend, dass er die Menschen einander näher bringt und sie wenn nicht tugendhafter so doch nachsichtiger macht. Manchmal entdeckt man sogar in der trüb­ sten Pupille eine Glücksspur und ein vergnügliches Blitzen, wenn der Becher zum Mund gelangt. Verachten wir diese flüssigen, goldbraunen und anmutigen Köstlichkeiten nicht, die uns manchmal denken machen, dass der düsterste Querulant menschliche Tresore beherbergt. An der Grenze zwischen der

Botschaft des Gouverneurs Philippe Gex

Zügellosigkeit eines in der Art von Rabelais überbordenden Depardieu und der rigorosen Askese eines strengen Calvinisten scheint es mir einen Mittelweg zu geben, eine Piste zwischen der Gosse und der harten Züchtigung der Entbehrungen. Ehren wir deshalb den Wein, der uns seit Noah Gütigkeit beschert und uns für einen Moment glauben macht, dass wir schön, geistreich, charmant und warum nicht von der Gunst gesegnet sind. Das Vergnügen ist flüchtig, aber auf einer Welt voller Schmerz ist jeder Glücksmoment zu ergreifen wie ein Leckerbissen, ein Bonbon, eine Süssigkeit… Die Confrérie du Guillon erlaubt das, stellt den Wein, den Verstand, die Freude und die Anerkennung auf den Altar des Vergnügens. Der Auftrag ist vorgegeben, die Zielsetzung lobenswert, das Ziel in Reichweite. Heute übernimmt ein 6. Gouverneur die Geschicke unserer Confrérie. Jean-Claude Vaucher, subtile Mischung von Witz und ruhiger Stärke, ist unser Mann, um in Richtung 60. Geburtstag des Guillon zu gleiten. Mit der Faust eines Patron, der Eleganz des Gentleman und dem Humor eines Winzers wird er unsere Boje und unser Kapitän sein. Ich liebe den Guillon von ganzem Herzen. Er wird ihn noch mehr lieben. Voilà, der Szenenwechsel ist erfolgt, der Vorhang öffnet sich auf eine neue Geschichte. Danke Jean-Claude, gegrüsst sei mein Gouverneur!

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Pascal Besnard, Echotier Fotos: Studio Curchod

Die Schlaraffenland-Ressats

Gex sagt Adieu Das Schlaraffenland… Traumland, in dem alles im Überfluss vorhanden ist, wo gefeiert und geprasst wird, wunderbar, genüsslich. Kurz, das Paradies auf Erden… Ganz offensichtlich wurden die Ressats vom vergangenen Herbst diesem Anspruch gerecht. Dank den feinen Gerichten unserer Spitzenköche, Robert Speth, Star aus Gstaad, und Nino Cananiello, Papst aus Dorigny, dank den vereinten Talenten und der guten Laune der Gais Compagnons, der Trompettes, der Trompes d’Hauteville, des Prévôt, der Hérauts, der Chantres und Clavendiers, dank der aufmerksamen und effizienten Bedienung durch die Fanchettes und die Kellermeister. Danke Euch, Companons und Freunde der Confrérie. Danke Schloss Chillon, dem magischen Ort mit seinem neuen Licht-Kleid. Viel hätte es vielleicht nicht hinzuzufügen gegeben, wenn nicht dieser 26. November 2011 gewesen wäre, das Datum des letzten Ressats, durch das unser eleganter, sonnengebräunter und charismatischer Gouverneur Philippe Gex führte. Kurz vor Mitternacht, zum Zeitpunkt der Dankesworte, stimmten die für das Fest Verantwortlichen «Un Violon, Un Jambon» von Serge Gainsbourg an, aber mit den Worten von Claude-A. Mani, Héraut und Ménestrel der Confrérie du Guillon:

Suspends un jambon, un violon à ta porte Et tu verras rappliquer les copains Et tous les soucis, le diable les emporte Jusqu’à demain Philippe, ce soir, tu nous laisses seuls au monde Tous seuls pour continuer Faut trois fois rien pour chanter à la ronde Comme on t’a apprécié (Refrain) On pourrait croire que tu nous largues sur la route Mais ça n’est pas sérieux Tu as tout donné ça ne fait aucun doute Pour que tout se passe au mieux (Refrain) Même si ce ne sera plus jamais la même chose Ne t’en fais donc pas, On veut te dire avant tout que l’on t’aime Et qu’on ne t’oubliera pas Merci gouverneur que les bons vents te portent Tu nous verras rappliquer, c’est certain Un jour ou l’autre nous frapperons à ta porte Pour glorifier le vin. Um hier mit einem Ausspruch zu enden, den Gouverneur Gex mochte: «Die emotionalen Wannen haben sich weit geöffnet…»

Alle Fotos der Ressats sind abrufbar auf www.guillon.ch

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Die Schlaraffenland-Ressats

28. Oktober Châtelaine d’un soir Annamaria Barabas Sängerin Compagnon Mathieu Barbay Féchy Jacques Bonard Corsier-sur-Vevey Jasmine Hamouche Bottens Jean-Pierre Schafer Fontainemelon Philippe Sordet Lutry Jean-Pierre Stammbach Rolle Béatrice Villiger Grandvaux

29. Oktober Compagnon d’honneur Ueli Maurer Bundesrat Compagnon Claude Amiet Mur (VD) Toni Frisch Thörishaus Myriam Graber-Blondel Mont-sur-Rolle Stéphane Vionnet Troistorrents Simon Vogel Grandvaux

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1. Ein Arsenal mit Fässern und ein goldenes Buch für Ueli Maurer. 2. Das gastfreundliche Trio: Der Maisonneur Hansruedi Gerber, der Koch Robert Speth und der Gouverneur Philippe Gex. 3. Um das Mass für einen Klettermast zu nehmen, stelle man einen Préfet daneben (hier jener von Bern, Hansueli Haldimann).

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4. November Compagnon d’honneur Marie-Gabrielle IneichenFleisch Staatssekretärin für Wirtschaft Compagnon Fabio Berguglia Pully Jean-Jacques Coquillard Roisan Laurent Curchod Dommartin Bernard Dénéréaz Savigny Laurent Dorthe Bossonnens Stéphane Favre Granges (VS) Peter R. Geiser Langenthal Jacques Henchoz Château-d’Œx Ursula Reichenbach Aigle Albi von Felten Erlinsbach

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Die Schlaraffenland-Ressats

5. November Compagnon d’honneur Ignazio Cassis Nationalrat Roger de Weck Generaldirektor SRG-SSR Compagnon ministérial Dimitri Mages Schlagzeuger, Trompettes du Guillon Compagnon Jean-Bernard André Prangins Patrick Birchmeier Les Thioleyres Claude Cherbuin Jongny Pierre Fellay Montagny-près-Yverdon Sébastien Freymond Saint-Cierges Kristina Greco Cadenazzo Jörg Looser Küssnacht am Rigi Hubert Monod Estavayer-le-Lac Andy Müller Horw Laurent Nebel Neuenburg Eric Nicole Luzern Hanspeter Preiswerk Birsfelden Karine Rausis Saint-Cierges Franz Saladin Gunzwil Alfons Simonius Zürich Bruno Stemmer Luzern Muriel Wider-Verda Epesses

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1. Die Trinkschale für einen Tessiner Nationalrat: Geehrt wird Ignazio Cassis. 2. Prosatext statt Verse für den Glaskönig Claude R. Cornaz. 3. Michel Logoz und Roger de Weck sind offensichtlich auf der gleichen Wellenlänge. 4. Sissigno Murgia leistet den Eid.

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11. November Compagnon d’honneur Claude R. Cornaz CEO Vetropack Compagnon majoral Sissigno Murgia Direktor Coop Westschweiz Compagnon Bertrand Bladt Payerne Yves Cachemaille Bussigny Eugène Chollet La Conversion Alexandre Col Genf Bruno Hug Mies Yvan Schmidt Ollon (VD) Wolfgang Sickenberg Morges Catherine Vioud Publier Michaël Voruz Moudon François Yenny Savigny

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Die Schlaraffenland-Ressats

12. November Compagnon d’honneur Robert Deillon Generaldirektor Flughafen Genf Compagnon majoral Robert Speth Chef des Restaurant Chesery, Gstaad Compagnon juré Guy Rey Gemeindepräsident von Aubignan (F) Compagnon Michel Aubert Penthalaz Jean-Marc Chatelanat Payerne Eric Dubrit Daillens Christophe Echenard Bex Markus Gygax Lausanne Gérard Haeberli Grandson Didier Imhof Rivaz Nadège Mivelaz Penthalaz Thomas W. Paulsen Epalinges Alain Perroud Palézieux-Village Bertrand Sager Blonay Stephen Sola Belmont-sur-Lausanne Jean-Yves Thévoz Daillens Olivier Thévoz Apples Alison Thomson Chemin-Dessous Ronald Hew Thomson Ravoire

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1. Claude Piubellini, entsetzlich berlusconisch... lustig! 2. Viele Conseillers kommen zum letzten Ressat von Gouverneur Gex. 3. «un violon, un jambon» in neuer Version...emotionaler Einschub der Gais Compagnons. 4. Eveline Widmer-Schlumpf zusammen mit anderen Promovierten.

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18. November Compagnon juré Simone de Montmollin Direktorin des Verbandes Schweizer Oenologen Compagnon Patrick Assal Epalinges Marc Corminboeuf Lausanne Raymond Feinberg Lausanne Pierre-Michel Genolet Pully Florence Guala Les Agettes Olivier Loeffel Colombier (VD) Nathalie Nicolazzi Paudex Raphaël Quarroz Carouge Bekim Syla Bex Nicolas Vuillemin Eclépens Claude Wastiel Cossonay-Ville Hanspeter Zenger Préverenges

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Die Schlaraffenland-Ressats

19. November Conseiller Fabrice Welsch Direktor der BCV, Lausanne Compagnon Philippe Bort Echandens Siegfried Chemouny Saint-Légier Michel Cochard Villars-sur-Glâne Didier Crausaz Champagne Gérard Desarzens Val-d’Illiez Manon Félix-Siegenthaler Lausanne Franco Fontana Chexbres Aline Haenni-Perren Crissier Bernard Jaton Pully Christelle Luisier Brodard Payerne Francine Malherbe Pully Alexis Overney Granges-Paccot Joseph Papotto Forel (Lavaux) Tristan Perey Vufflens-le-Château René Pernet Peney-le-Jorat

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25. November Compagnon d’honneur Pascal Vandenbergh Generaldirektor der Buchhandlung Payot Compagnon Marc Badoux Préverenges Henri Bourgeois Saint-Livres Luc Bron Pully Roland Fastrez Brüssel Roger Gros Vullierens Josette Lüthi Yvorne Bertrand Nanchen Blonay Pascal Rossier Villeneuve

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André Tinguely Satigny Vincent Vocat Echandens Kurt Wicki Grandvaux Anne Neyroud Corseaux, Preisträgerin der Toqués du Terroir 2011

26. November

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Compagnon d’honneur Eveline Widmer-Schlumpf Bundesrätin Compagnon juré Daniel Dufaux Präsident des Verbandes Schweizer Oenologen Compagnon ministérial Christophe Mani Trompe d’Hauteville Compagnon Jean-Marc Chatelan Bercher Pierre-Alain Cochand Vufflens-la-Ville Cédric Delamadeleine Epalinges Daniel Dietrich Echandens Vincent Eberhard Boudry Olivier Ferrari Jongny Philippe Gardiol Payerne Georges Minisini Echallens Pierre Tenger Bussigny

1. Wenn ein Weinmensch über einen Weinmenschen spricht: Der künftige Gouverneur Jean-Claude Vaucher stellt den neuen Compagnon juré Daniel Dufaux vor. 2. Die Trinkschale des Guillon vor dem Präsidium des Bundesrats für Eveline Widmer-Schlumpf. 3. Eric Longchamp kümmert sich darum, dass die Robe von Fabrice Welsch sitzt. 4

4. Emotionen, aber gut gelaunte... hoch lebe der Gouverneur!

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Propos de Clavende

L’œuf poché sur sa purée de persil et champignons, à la crème de truffe Jamais, au cours de nos presque soixante ans d’existence, l’œuf n’a été à l’honneur. Avec l’ostracisme méprisant d’un Marc Bonnant pour les émasculés du subjonctif et les bègues de la syntaxe, nous avons ignoré l’œuf, nous l’avons relégué en deuxième ligue, nous l’avons condamné à jouer les fantômes. Nous l’avons contraint à se camoufler en clandestin, dans les soupes, les sauces, les pâtes, les crèmes, les sabayons, en ne lui offrant jamais le rôle de la vedette sur la scène d’un de nos menus. Pas une voix parmi nous pour vanter les vertus de l’œuf, les mérites de sa mère la poule, pour flatter la cocotte, la prendre dans ses bras, la caresser dans le sens de la plume en lui susurrant comme Jean Gabin à Michèle Morgan dans Quai des Brumes: «T’as de beaux œufs, tu sais.» (…) Non, rien, pas un mot pour dire que l’œuf est la providence des célibataires au foyer, des veufs dont l’épouse s’est envolée avec les secrets de la casserole, des écolos végétariens défenseurs des poules errantes et aventureuses, bref pour clamer que l’œuf est l’ultime recours existentiel de tous les balourds et rustauds pour lesquels les recettes de cuisine sont aussi énigmatiques que les sourates islamiques et qui n’ont, les pauvres, pour seule planche de salut que d’aller se faire cuire un œuf. Au lieu de cela, nous n’avons offert à l’œuf que le sombre destin d’un histrion dans une misérable série B. Quelle ingratitude! Aucun de nous pour dire encore que l’œuf, c'est le lien de la mixité sociale, le champion du multiculturalisme, le militant de base à tout faire, qu’à lui

seul, l’œuf, c’est tout un programme. On ne comprendra jamais pourquoi les socialistes français ne l’ont pas pris pour emblème. On aurait eu l’œuf mollet pour la gauche molle, l’œuf dur pour la gauche dure et les œufs brouillés pour Martine Aubry et François Hollande.

Michel Logoz

(…) Force est de constater que, bien qu’à l’état de moribonde, la cuisine moléculaire bouge encore. On pensait qu’après la retraite de Ferran Adrià, le souverain pontife de la cuistance Magic Circus, les intellos du frichti branché avaient sifflé la fin de ces pitreries. Non et non! Les affidés tensio-actifs sont de retour ce soir dans nos assiettes. Le coupable? Il a pour nom Hervé This, celui-là même qui a mis sur orbite les Ferran Adrià et autres tontons flingueurs de la cuisine classique. Grand sorcier de la chimie, Hervé This a voué à l’œuf un amour lubrique en le vampirisant sous toutes les formes. Sous le titre «L’œuf à 66 degrés», il nous livre le secret de la réussite du plat qui vous est servi ce soir. Un coup de génie, à coup sûr! Tout tient dans la séparation du blanc et du jaune d’un œuf cuit à 66°C au four. A cette température précise, le blanc de l’œuf est cuit, mais très tendre, entre le laiteux et le cotonneux. Tout le reste n’est que garniture et littérature. Et, dans le genre, Hervé This ne se prive pas de floculer à l’infini dans une bamboula d’éprouvettes et de gloses savantes. Glose toujours, tu m’intéresses! Lorsqu’on lit la somme de sa prose sur les avatars des œufs, on se dit que, vraiment, on ne fait pas d’homme de lettres sans casser des œufs.

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Wir lüften den Deckel

AM 28. UND 29. OKTOBER, UND DANN AUCH AM 4., 5., 11. UND 12. NOVEMBER HAT SICH SCHLOSS CHILLON IN EIN SCHLARAFFENLAND VERWANDELT, INSBESONDERE DANK DER BEZAUBERNDEN KOCHKUNST EINES MAGIERS AUS… DEM SAANENLAND!

Gewagtes Ei! Pascal Besnard, Echotier Fotos: Studio Curchod

Robert Speth, Restaurant Chesery, Gstaad Zum ersten Mal in der Geschichte der Ressats hat es ein Koch gewagt, ein pochiertes Ei aufzutischen, und das an sechs Abenden, und für 240 Gäste. Perfekt in der Konsistenz ist dieses feine Ei zweifellos allen in Erinnerung geblieben. Aber auch die andern Gänge sind keineswegs in die feuchte und düstere Vergessenheit der Savoyer-Festung geraten… Poularden-Terrine und Gänseleber an Pistazien, Zander-Medaillon auf einem Lauchbett, Wachtel im Teig auf grünen Linsen, Köstlichkeiten aus Rougemont gefüllt mit Trüffeln und Fondant mit Bitterschokolade, Zwetschgen und Tabakeis. Allein schon bei der Lektüre dieses Menus fliesst einem das Wasser im Mund zusammen und die Zunge gleitet über die Oberlippe! Robert Speth, ein Stern im Michelin, 18 Punkte im Westschweizer GaultMillau. 2005 wurde er von letzterem Restaurantführer mit dem begehrten Titel «Kochs des Jahres» geehrt, was sein kulinarisches Talent besiegelte. Ursprünglich spezialisierte sich dieser Ravensburger aus Baden-Württemberg als Patissier. Nach der Ausbildung war es ihm aber rasch langweilig, weil «die Patisserie zu repetitiv ist, zu strikt; das Rezept muss genau eingehalten werden. Und dann all der Zucker…» Aber auch heute noch fertigt Robert Speth jedes Jahr vor Weihnachten 5000 Schokoladen an für die Gäste des Chesery!

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Er machte dann eine zweite Lehre als Koch, bei einem Burgunder-Chef, der sich in Deutschland niedergelassen hatte, Albert Boulay. Dann sammelte Robert Speth zahlreiche Erfahrungen, zuerst im Mittelmeerraum, am Cap d’Antibes, dann in zwei prestigeträchtigen Restaurants, die in den 80ern mit drei Sternen ausgezeichnet waren, das Tantris von Winkler in München und das Oasis d’Outhier in Mandelieu-la-Napoule. Darüber hinaus vervollständigt Robert Speth seine Ausbildung an der Hotelfachschule in Heidelberg. Und Gstaad? Robert Speth gibt seinen Einstieg 1984, im Alter von 29 Jahren, überzeugt davon, dass er nicht mehr als eine Saison bleiben würde: «Ich wollte nicht in der Schweiz bleiben, schon wegen dem Klima nicht!» Aber das Virus Saanenland packte ihn rasch. Gebaut von Prinz Sadruddin Aga Khan für seine Gäste und von einer lokalen Investorengruppe aufgekauft wurde das Chesery (Käserei) das Gasthaus von Robert und Susanne Speth… Nach 22 Jahren in der Küche des Chesery verspürt der Chef keine Müdigkeit! Er ist auch der Jet-Set-Klientel nicht überdrüssig. «Sie sind kompliziert, aber Kenner und viel weniger snob als die Leute meinen.» Robert Speth ist der Koch der Stars in Gstaad… und der Starkoch der Confrérie du Guillon!



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Lüften wir den Deckel

Pochiertes Ei auf Petersilienpüree und Champignons an Trüffelcreme Rezept für 4 Personen

Zutaten 4 Eier, ganz frisch Fleur de sel Trüffelpaste oder 1 Trüffel (weiss) Petersilienpüree 1 Bund Blattpetersilie, gezupft und blanchiert 1 dl Doppelrahm 50 g Butter Die blanchierte Petersilie zusammen mit dem erhitzten Doppelrahm und den Butterflocken fein mixen. In der Zwischenzeit aus:

Zubereitung Die Trüffelpaste zusammen mit wenig Knoblauch in der Butter etwas anrösten, mit Portwein ablöschen, reduzieren und mit dem Rahm auffüllen. Ca. 5 Minuten bei leichter Hitze einköcheln lassen. Die Butterflocken zugeben und mit wenig Trüffelöl und Salz abschmecken. Das Ei im Salz-Essigwasser pochieren und anschliessend auf dem Petersilienpüree anrichten. Mit der Trüffelsauce nappieren und den Trüffel darüber hobeln. Ggf. etwas Fleur de sel auf das pochierte Ei geben. Mit gebratenen Champignons garnieren.

150 g Kartoffeln, mehlig kochen 0,5 dl Milch 50 g Butter Salz, Pfeffer, Muskat ein feines Püree herstellen und dieses mit der pürierten Petersilie mixen. Abschmecken und bis zum Anrichten in einen Dressierbeutel warmstellen. Trüffelcrème 30 g Trüffelpaste oder fein geschnittener weisser Trüffel 20 g Butter wenig Knoblauch 0,4 dl weisser Portwein 2,5 dl frischer Rahm 30 g Butterflocken zum untermixen Trüffelöl, Salz

Um dem ziemlich mineralischen Charakter der Verbindung Ei-Petersilie gerecht zu werden, war ein junger und gut strukturierter Wein gefragt. Robert Speth hat den Dézaley von JeanFrançois Neyroud-Fonjallaz aus Chardonne gewählt, um das Gericht zu begleiten.

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TĂŠl. 024 436 04 36 1427 Bonvillars www.cavedebonvillars.ch


Die Quatre Heures in Begnins

Die Quatre Heures in Begnins: Weine von hier und aus Luins! Pascal Besnard, Echotier Fotos: Studio Curchod Colombey hat einen General und zwei Kirchen… Begnins seinen Wein und zwei Herkunftsbezeichnungen… Selbstverständlich ist das ein gefundenes Fressen für den einheimischen Gemeindepräsidenten, der zwei Vornamen trägt, Antoine Nicolas. Eine der Herkunftsbezeichnungen liege auf der Hand, Begnins, die andere stimme ebenfalls, nämlich Luins.

Gemeindepräsident Antoine Nicolas

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Die Quatre Heures in Begnins

1. Auf der Suche nach dem geheimnisvollen Aroma... 2. Grosses Gedränge unter den Blättern... in Erwartung der Degustation 3. Noémie Graff, Winzerin

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Damit konnte er definitiv den Horizont der herbeigeeilten Scharen und geübten Degustatoren erweitern, die zu zweit oder in Gruppen antraten, um die Kommunion der Quatre Heures zu empfangen. Gemeindepräsident Nicolas klärte die Anwesenden sogleich auf, dass man Begnins nicht [bégnins] ausspricht, dass die Bewohner Begninois heissen, und nicht Béninois, dass man auch die Weine begninois oder luinois nennt und dass sich Luins definitiv nicht [Lüins] ausspricht, sondern [loin]! Belehrt aber durstig machten sich die Compagnons mit ihren Begleitpersonen auf, die prächtigen lokalen Tropfen zu kosten, die von den liebenswürdigen und grosszügigen Winzern von Begnins angeboten wurden, und die von den Gütern von Jean-Paul Métroz, Sarraux-Dessous, Serreaux-Dessus, Le Petit Cottens, Le Satyre, Praz Nuovoz, La Cave du

Fort, La Cave des 3 Clos und vom Château de Martherey stammen. Dann, mit glänzendem Auge und heiterem Gemüt, zu dem Zeitpunkt, in dem die Quatre Heures ihrem Namen alle Ehre machen, strömten die Degustatoren mit grossem Hunger und noch verbleibendem Durst in Richtung Fleuri-Saal für den finalen Höhepunkt: das schmackhafte und stärkende Mahl, zubereitet von Catherine Jemmely, und - wie es die Tradition verlangt - gewürzt mit rednerischen Leistungen und hochkarätigen musikalischen Einschüben und natürlich begleitet von feinen Weinen, jenen mit den Herkunftsbezeichnungen Begnins und Luins. Dankesworte des Gouverneurs, Empfehlungen des Héraut, spontaner Applaus, allgemeine Herzlichkeiten… und Freude auf das Wiedersehen am letzten Samstag im August und am ersten Samstag im September 2012 in Cully, Gemeinde Bourg-en-Lavaux.

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Grusswort von Prévôt Gilbert Folly (Auszug) Am 31. August 1985, auf dem Boden von Sarraux-Dessous, teilten unsere Compagnons, Conseils und unsere geladenen Gäste unter strahlendem Sonnenschein ihr erstes verbessertes Picknick, das damals nach den Quatre Heures der Schlösser an der Côte genannt wurde. Ein einziger Nachmittag, ohne zweite Auflage, bot sich den 300 Teilnehmern an, um die Runde der Keller zu machen und das Panorama zu bewundern, um den einheimischen Tropfen und auch den Spezialitäten, den Würsten und dem Beinschinken die Ehre zu erweisen. Seither sind wir zwar etwas bürgerlicher geworden, aber das Rad der Zeit dreht sich weiter, denn da stehen wir doch erneut in Begnins, um den Weinen vom Ort und von Luins die Ehre zu erweisen. Bald beginnt auch die Lese. Gegen den 15. September sind wir wieder hier. Jetzt werden die Kisten gereinigt, die Presse auf Hochglanz gebracht, die Menus für die Weinleserinnen und –leser zusammengestellt und die Rebscheren gewetzt: Es wartet viel Arbeit! Und trotzdem nehmen sich die Winzerinnen und Winzer Zeit, uns zu empfangen. Sie sind stolz, für uns die besten Flaschen zu öffnen, stolz auch über die vielversprechende Ernte, die noch an den Rebstöcken in den gepflegten Weinbergen hängt. Zögern Sie nicht und lassen Sie sich auf ein Gespräch ein. Sie werden eine grundlegende Wahrheit kennenlernen, die weiseste, die Louis Pasteur entdeckt hatte, nämlich dass mehr Philosophie und Weisheit in einer Flasche Wein steckt als in allen Büchern. Gestärkt mit dieser Weisheit, und mit der Feststellung, dass wenn der Wein gut auch das Leben lebenswert ist, werden Sie zusammen mit uns ausrufen: Gelobt sei der Wein!

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Stabübergabe

Jean-Claude Vaucher am Steuer! Gilbert Folly, Prévôt

Frühling 2011. Der Petit Conseil ist in Aufregung. Unser Gouverneur Philippe Gex möchte nicht länger unser Aushängeschild sein. Flehen nützt nichts, sein Entscheid ist unwiderruflich. Sehr schnell auch schicken wir uns darin. Seine Argumente sind stichhaltig: Nach 11 Jahren an der Spitze der Confrérie du Guillon ist die Zeit für einen Wechsel gekommen, selbst wenn der Gouverneur seine Funktion nach wie vor mit Freude erfüllt und nach wie vor voll bei der Sache ist. Aber wichtig ist die Zukunft der Institution. Die Conseillers haben dann die Wahl des Petit Conseil mit Applaus quittiert: Jean-Claude Vaucher wird ihr 6. Gouverneur. Konnten wir eine bessere Wahl treffen als diesen Weinkenner mit dem Jahrgang 1954? Jean Revillard / Rezo.ch

Man müsste schon ein ewiggestriger Nörgeler sein um ihm vorzuwerfen, dass er aus dem neuenburgischen Fleurier stammt und in Biel geboren wurde. Immerhin hat er sich zu einem waschechten Waadtländer gemausert. Nach einer kaufmännischen Ausbildung, die mit einer Eidgenössischen Matura ergänzt wurde, erinnerte er sich, dass er früher an den Gestaden des Bielersees in den Weinbergen gearbeitet hatte. Diese Erfahrung hatte ihn auf den Geschmack der Arbeit im Freien gebracht. So wanderte er ins Wallis aus, um in den Reben und Kellereien des Weinhauses Gilliard zu arbeiten. Dann folgte die Ingenieursschule in Changins, die er mit einem Ingenieur-Titel für Önologie und Weinbau verliess. Er heuerte darauf bei


den Caves Mövenpick in Bursins an, wo er für den Kauf ausländischer Weine zuständig war. Nächste Station war Rolle, wo er bei Schenk SA die Karriereleiter bis hin zum Vizepräsidenten des Verwaltungsrats des grössten Waadtländer Weinbergs auf Walliser Boden erklamm: dem Mont d’Or. Heute präsidiert er die Generaldirektion der Schenk-Gruppe. Sehr gut in den Fachkreisen integriert präsidierte Jean-Claude Vaucher während 11 Jahren die CIVV, die Communauté Interprofessionnelle du Vin Vaudois. Heute ist er Vizepräsident der Schweizer Weinhandelskontrolle, einer privatrechtlichen Stiftung, die mit der Überwachung der geografischen Bezeichnungen, des Handels und der Einhaltung önologischer Vorgaben beauftragt ist. Bezüglich Familie blenden wir zurück, an die Gestade des Bielersees. Dort liess die Arbeit in den Reben Jean-Claude Zeit, die Winzerin zu umwerben, besser gesagt Sylvia, die Tochter eines Winzers aus Schafis, deren Ausbildung ähnlich verlief wie jene von Jean-Claude: Handelsschule und dann Weinhändler-Ausbildung in Wädenswil. Im kleinen Familienunternehmen wurden zwei Buben geboren, Jean-Marc und Lionel. Heute besucht der erste die Hotelfachschule in Lausanne, während der zweite nach einer BankAusbildung weiterstudiert. Zu viert verfolgen sie in der Freizeit die gleichen Interessen: Segeln, gemeinsame Unternehmungen im Freien sowie schmackhafte Picknicks mit besten Weinen. Denn bei den Vauchers ist keiner bereit, sich mit der erstbesten Flasche zufriedenzugeben. Auch das Wasser steht hoch im Kurs, aber um zu schwimmen oder zu segeln. Jean-Claude war früher ein Schwimm-Wettkämpfer, bevor er Wasserpolo zu spielen begann. Jean-Marc führt die Tradition weiter und spielt heute in Nyon in der B-Liga. Der werdende Gouverneur konzentriert sich mehr auf das Segeln. Er ist ein guter Steuermann und sein Schiff, die Deep Blue, gleitet oft als erstes über die Ziellinie. Dieser Sport hat auch Lionel überzeugt und der Sohn wird bald schon seinen Vater schlagen. Jean-Claude ist schliesslich

auch Fischer. Diesen Sport übt er zusammen mit seinen Robenbrüdern Bernard Bovy und André Linher aus. Jean-Claude Vaucher hat – Sie haben es verstanden – eine Vorliebe für das Wasser und den Wein. Und natürlich den Guillon. 1986 wurde er Compagnon der Confrérie. In dieser Zeit schrieb er einen Artikel über die verschiedenen Waadtländer Anbaugebiete, was die Aufmerksamkeit der Conseils erregte, zu denen er sich am 11. November 1988 gesellte. Er nahm die Herausforderung mit der Bedingung an, nie Mahlzeiten oder Weine vorstellen zu müssen, was dann eine seiner ersten Aufgaben wurde. Er durchlief alle Kommissionen: Weinauswahl, Wein und Rebe, Aktivitäten, Menu- und Kochwahl, Verantwortlicher der Chantres et Clavendiers, und jetzt wird er Gouverneur. Mit der Unterstützung seiner Familie und seines Unternehmens, in dem man zu glauben scheint, dass es über dem Präsidenten der Schenk-Gruppe nur noch den Gouverneur der Confrérie du Guillon gibt. Als solcher hat er sich das Ziel gesetzt, das Leistungsniveau zu erhalten und die Waadtländer Weine noch besser in Szene zu setzen. Natürlich verlangt diese Aufgabe auch viele Opfer, viel Arbeit, viele Verpflichtungen. Aber er weiss, dass ihn seine Frau Sylvia unterstützt und noch mehr verwöhnen wird, wenn er zuhause ist. Seine Söhne meinen dazu: «Toll! Da können wir öfter das Schiff benutzen!» Wir wünschen dir, Jean-Claude, guten Wind am Steuer der Confrérie du Guillon!

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Horizonte

Annick Jeanmairet Im kleinsten Fernseh­ studio der Welt

Gilbert Folly, Prévôt; Foto: Studio Curchod Genau wie Sie hätte ich Annick Jeanmairet am Freitagabend um 18.40 Uhr im Westschweizer Fernsehen sehen können. Um dieses Horizonte zu schreiben, musste ich sie aber doch persönlich treffen. Ein Mail, ein Telefon, und das Rendezvous stand. Kommen Sie zu mir, in meine Küche. Und wenn Sie verhindert sein sollten, so rufen sie mich bitte an. Auf meinem Mobile, weil Anselme sonst erwacht. In der Tat ist die Präsentatorin der Sendung Pique-Assiette seit ein paar Monaten Mutter eines kleinen Jungen, Anselme. Darum Ruhe! Wir betreten das weltweit kleinste Fernsehstudio, die Küche von Annick Jeanmairet, im obersten Stock eines Gebäudes mitten in Genf, auf den Zehenspitzen. Das Dekor ist ihnen vielleicht bekannt: Gegenüber der Türe ein Fenster, links ein Gasherd, eine Arbeitsfläche und ein Spülbecken, rechts der Kühlschrank und ein Holztisch. Alles ist winzig und ich kann der Versuchung nicht widerstehen, unseren Chancelier Edouard Chollet zu zitieren, der dem neuen Compagnon Majoral der Confrérie, Annick Jeanmairet, auf Schloss Chillon eine Lobrede gewidmet hat. Er erklärte, um Hörnli aufzuwärmen gehe es schon, aber für einen Rehrücken gebe es sofort ein grosses Raumplanungs-Problem. Mit 15 m2 lasse sich zwar ein Rehrücken realisieren, aber unter der Bedingung, dass man die Spätzli in der Stube warten lasse, bis sie an der Reihe seien. So habe ich am kleinen Holztisch erfahren, dass die redegewandte Frau mit den runden und neugierigen Augen in Genf geboren wurde und dort politische Wissenschaften studierte. Als Journalistin arbeitete sie u.a. für das Journal

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de Genève, wo sie für die Rubrik Notre Epoque zuständig war. In ihren Worten spürt man die Nachwehen einer Zeit der Fusionen und Einstellung von Tageszeitung am Genfersee, einer Zeit, die alle damals dort tätigen Journalisten geprägt hat. Selbst mit einer Grossmutter, die als Köchin arbeitete, war Annick Jeanmairet nicht prädestiniert für die kulinarische Chronik. Für die Küche begann sie sich während dem Studium zu interessieren. Frau musste essen, und dann lieber gut, auch wenn die Mittel beschränkt waren. Am Wein fand die aus einer Wasser trinkenden Familie stammende Frau Gefallen, als sie mit dem Inhalt des Sparkässelis für 32 Fr. eine Flasche Château Figeac kaufte. Ja, das war die gute alte Zeit! Und das war der Auslöser. Ohne zu zögern schrieb sie sich für den ersten Jahrgang an der Weinschule in Changins ein, wo sie zur geübten Degustatorin wurde. Seither gilt ihre Leidenschaft dem Wein und der Küche, Bereiche nicht enden wollender Entdeckungen. Sie entwickelte ein Konzept für Fernsehsendungen, die ihr Gelegenheit geben, einfache Rezepte vorzustellen, die jeder nachkochen kann. Sie inspiriert sich an der mediterranen Küche und verwendet nur gute Produkte. Wenn die Zutaten im internationalen Genf leicht zu finden sind, so ist das aber nicht überall der Fall. So präsentiert Annick Jeanmairet immer auch leicht zugängliche Ersatzprodukte. Ihr liegt viel daran, dass der Geschmack der Produkte authentisch ankommt: «Zu viel Geschmack im Teller tötet den Geschmack», meint sie. Die Rezepte findet man auf der Website


pique-assiette.ch oder in den von ihr geschriebenen Kochbüchern. Da sind das Carnet de pâtes d’Annick, das soeben neu aufgelegt wurde, das Carnet de patates d’Annick und das kürzlich erschienene Carnet de douceurs d’Annick. Die Zeit eilt und meine Neugierde ist nicht befriedigt: Wie muss man sich die Realisierung einer Sendung Pique-Assiette vorstellen? Annick Jeanmairet verweist auf zwei Träger, die von einer Wand zur andern reichen, über dem Fenster und über der Türe. Hier werden die Beleuchter befestigt. Vor das Fenster klebt man ein transparentes, gebläutes Papier, damit Gegenlicht verhindert wird. Die ganze Equipe ist im Raum! Wobei die Equipe hier aus zwei Personen besteht: Annick und der Kameramann Laurent Matthew Perret. Er hält die Kamera in der einen Hand und reicht ihr mit der andern die Küchengeräte und gibt ihr Antworten. Zu zweit

nehmen sie die Funktion von etwa zehn Leuten wahr, die für die Realisierung einer Fernsehsendung nötig sind: Animatorin, Produzentin, Kameramann, Requisiteur usw. Aber ja, Lucien habe ich noch vergessen, Lulu für die Freunde, den Haushund, der manchmal aufs Bild darf. Wenn die Sendung auch nur knapp zehn Minuten dauert, so sind doch fünf bis sechs Stunden Drehzeit einzurechnen. Das darf man wohl «langsames kochen» nennen! So, jetzt wissen wir ein wenig mehr über diese Autodidaktin, die ihre Leidenschaft gerne teilt. Wir müssen aufbrechen. Auf den Zehenspitzen verlassen wie die Küche von Annick Jeanmairet, damit wir Anselme nicht wecken. Lucien, der bei meiner Ankunft gebellt hatte, blickt mir ruhig nach. Man ist gastfreundlich bei dieser Neuenburgerin aus Genf, die – wie ihre Küche – etwas mediterranes haben muss.

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Die Kolumne von Michel Logoz

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Auf du und du mit den Waadtländer Weinen! Alle mit Chasselas getauften Waadtländer Gemeindemitglieder erwarteten ein prophetisches Wort vom grossen Oberpriester Hugh Johnson, als er im letzten November in Lausanne Station machte. Sicher hat unser Wahrsager nicht den Weltuntergang vorhergesagt. Aber er hat auch brav darauf verzichtet, seinen Zuhörern das zu sagen, was sie gerne gehört hätten. Nämlich dass die Zeiten nahe seien, wo unsere Weine einen weltweiten Ruf kennen und von den Robert Parker und anderen Magiern des Weinplaneten in himmlische Höhen katapultiert würden. Und doch, das Versprechen eines goldenen Zeitalters zeichnete sich ab, als Hugh Johnson sich zum Herold einer Rückkehr zum Klassizismus bei den Konsumenten machte, als er die Tugenden der diskreten Weine lobte, die fruchtig sind und sich auch als Aperitif und zum Ausklang eignen und zu häufigen Treffen einladen. Er zeichnete so das ideale Porträt unserer Chasselas. Aber gleich darauf verwischte Hugh Johnson das klare Bild und versicherte, die Weingurus interessierten sich nur für das Aussergewöhnliche, für die ausgezeichneten Stars. Wenig Hoffnung somit, dass sich ihre Scharen von Groupies Weinen wie den unsrigen zuwenden, die nichts von Madonna und andern Popstars haben. Wir dürfen somit nicht glauben, dass wir als grosse Angeber, Operetten-Casanovas oder als strahlende Bomben die Partie gewinnen werden! Imitieren wir nur nicht die Parkerisierten Weine, die den Gaumen sättigen und das Hirn plombieren. Stellen wir vielmehr die sanfte und geheimnisvolle Magie in den Vordergrund, mit der unsere Weine langsam starten, leicht und wendig, wie sie sich in das Gespräch einschleichen, um das Vergnügen, den Schalk und den unehrerbietigen Humor anzukurbeln. Fordern wir für unsere Weine den raffinierten Geist, die ermunternde Bruderschaft!

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