Le Guillon Nr. 42 - DE

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ZEITSCHRIFT DES WAADTLÄNDER WEINS

WITH ENGLISH SUMMARY

NR. 42 1/2013

REVUELEGUILLON.CH


Depuis 1933

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meilleur rosĂŠ suisse


Revue Le Guillon GmbH Chemin de la Côte-à-Deux-Sous 6 CH-1052 Le Mont-sur-Lausanne Tel. +41 (0)21 729 72 68 – revue@guillon.ch www.revueleguillon.ch Le Guillon, die Revue des Waadtländer Weins erscheint zweimal jährlich in den Sprachen Französisch und Deutsch, mit englischen Zusammenfassungen.

Einzigartig! Françoise Zimmerli Le Guillon, die Revue des Waadtländer Weins unterscheidet sich seit jeher von anderen Weinzeitschriften. In erster Linie, weil sich der Guillon auf das Waadtland konzentriert, das er mit all seinen faszinierenden Facetten auslotet. In der Schweiz ist das einzigartig. Im Ausland selten. Und hier wie dort ungewöhnlich. Um so mehr, als der Weinkonsum überall zurückgeht. Auch hier bei uns, doch die Aura des Waadtländer Weins bleibt sehr lebendig. Manche würden ihn gerne auf einen regionalen Wein reduzieren, ihn marginalisieren, doch siehe da: Der Waadtländer Wein wagt es, an seine Zukunft zu glauben, indem er sich in dieser Revue behauptet, wo Sie, geschätzte Leserin und geschätzter Leser, ihn aus nächster Nähe und in seiner ganzen Wahrheit verfolgen können. Die Waadtländer Weinkultur ist dank ihrer Geschichte, ihrer gelebten Erfahrung einzigartig, so wie die anderer bedeutender Weinregionen. Und da uns an Ihnen gelegen ist, die Sie uns lesen und unterstützen, haben wir es gewagt. Gewagt, die Titelseite neu zu gestalten, um auf das Ursprüngliche, Grundlegende zurückzukommen: ein Bild, ein Titel! Ganz in der Tendenz der heutigen Kulturzeitschriften. Mehr braucht man dazu nicht zu sagen. Blättern Sie einfach um und lesen Sie das Inhaltsverzeichnis, das Ihnen unzählige Pisten eröffnet – Themen, die Sie in dieser Nummer behandelt finden. Neu sind auch unsere Mailadresse und die unserer von Grund auf verjüngten Website. Ab April ist letztere die Verbindung zwischen Ihnen und Ihrer Revue. Eine Verbindung, um ein Abonnement zu bestellen, Werbefläche zu reservieren oder zwischen zwei Ausgaben Neuheiten von uns zu erfahren. Geben Sie einfach www.revueleguillon.ch ein und Sie werden sich wie zu Hause fühlen! P. S. A big welcome to those of you reading the magazine in English. Whether you live in Switzerland or are just visiting, we hope you enjoy learning more about the exceptional wines made in the Pays de Vaud and our unique art of living.

Titelbild: Régis Colombo Amphoren bei Bernard Cavé in Ollon Trend Ei Ei Ei…

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Waadtländer Wein Alles andere als ein Auslaufmodell Das OVV coacht die Zukunft Raymond Metzener krönt seine Karriere Das «Wyschiff» setzt ganz auf Schweizer Wein

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Degustation Servagnin und Plant Robert – zwei rote Sorten mit Parallelen Degustation Thierry Ciampi, der Önologe, der alles gewonnen hat Weinconcours in der Schweiz und im Ausland

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Dies und das

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Unsere Terroirs und ihre Talente Wenn das Terroir in die Stadt kommt

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Unsere Regionen sind rare Perlen Vully – Einigkeit macht stark

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Confrérie du Guillon Botschaft des Gouverneurs 51 Die Ressats der «Mercuriales» 52 Nachruf 62 Propos de Clavende 63 Cotterd 64 Die Quatre Heures du Vigneron in Cully 67 Porträt eines Conseillers 71 Wir lüften den Deckel 72 Guillon d’Or – Clos, Domaines & Châteaux 76 Etiketten: Die Gesichter des Weins 79 Die Kolumne von Michel Logoz 80

IMPRESSUM: Geschäftsführung: Dr. Jean-François Anken (Präsident), Gilbert Folly, Daniel H. Rey. Partner: Confrérie du Guillon; Office des Vins Vaudois; Qualitätslabel Terravin; Fédération des caves viticoles vaudoises; Section vaudoise de l’Association suisse des vignerons encaveurs; Service de l'agriculture (SAGR) – Office cantonal de la viticulture et de la promotion (OCVP); Service de la promotion économique et du commerce (SPECO). Verlagsleitung: Françoise Zimmerli. Mitarbeiter dieser Ausgabe: Jean-François Anken, Pascal Besnard, Edouard Chollet, Caroline Dey, Gilbert Folly, Michel Logoz, Fabien Loi Zedda, Claude-Alain Mayor, Pierre Thomas, Alexandre Truffer, Jean-Claude Vaucher, Eva Zwahlen. Übersetzung ins Deutsche: Evelyn Kobelt (Confrérie), Eva Zwahlen. Übersetzung ins Französische: Loyse Pahud. English adaptation by CFS Communication, Geneva. Art director: STLDESIGN – Estelle Hofer Piguet. Fotografen: Studio Curchod – Edouard Curchod, Diapo.ch – Régis Colombo, Kairos atelier photos – Sandra Culand, Caroline Dey, Philippe Dutoit. Fotolitho und Druck: IRL plus SA. Anzeigenleitung und Abonnemente: www.revueleguillon.ch – revue@guillon.ch – ISSNN 1423-7393


Trend

Ei Ei Ei… In den Waadtländer Weinkellern sind in den letzten Jahren neben Tanks, Holzfudern und Eichenbarriques merkwürdige eiförmige Behälter aufgetaucht. Diese Neuankömmlinge, Amphoren genannt, ergeben von den Weinkritikern hoch geschätzte Weine. Höchste Zeit also, sich mit diesem Ei und seinen mysteriösen Eigenschaften zu beschäftigen. Alexandre Truffer – Foto: Régis Colombo Die höchste Note beim Grand Prix du Vin Suisse 2012 gewann ein in Amphoren ausgebauter Johannisberg. Der Ovaille 1584, ein Premier Grand Cru, der für das Jahr 2012 zum Wein des Staatsrats auserkoren wurde, reifte ebenfalls in Amphoren. Zwei Beispiele, die zeigen, wie interessant dieser Behälter ist, der vor nicht einmal zehn Jahren erstmals in der Waadt auftauchte. Vom Ton zum Beton Die Bezeichnung Amphore kann verwirren. Mehr als tausend Jahre lange dienten Henkelvasen aus Ton als Transportgefässe für Handelswaren im gesamten Mittelmeerraum. Ab dem 2. Jahrhundert wurden Holzfässer zum wichtigsten Behälter im Weinhandel, waren sie doch leichter und einfacher zu handhaben. Gebrannter Ton dagegen blieb das Basismaterial für sehr grosse, in der Erde vergrabene Gefässe, in denen der Wein vergoren und ausgebaut wurde. Diese Amphoren, römische Dolien oder georgische Quevri, stehen heute bei gewissen innovativen Winzern wieder in Gunst. Doch die Amphoren, die uns interessieren, haben einen anderen Werdegang, wie uns Charles Rolaz, der Leiter von Hammel SA, erklärt: «Die Eier wurden von der Burgunder Firma Nomblot entwickelt, und zwar auf Anregung von Jean-Daniel Schlaepfer von der Genfer Domaine des Balisiers. Ihre besondere Form bewirkt eine andere Dynamik der Flüs-

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sigkeit.» Im Chablais bestätigt Bernard Cavé, der seit 2006 24 dieser Eier gekauft hat, dass «sich die frei schwebenden Feinhefen im Wein ohne Unterbruch drehen. Diese Bewegung ist von Auge nicht sichtbar, existiert aber durchaus und provoziert eine Hydrolyse der Hefen (eine Zersetzung in kleinere Elemente, die dem Wein Schmelz und eine runde Form bescheren, Anm. des Autors). Dank diesem Phänomen entfaltet sich der Wein besser.» Reynard Parmelin von der Domaine La Capitaine in Begnins fügt an: «Die Amphoren scheinen eine exzellente Lösung zu sein, um den Weinen zu Fülle ohne Holzaromen zu verhelfen. Wie die Barriques bestehen die Amphoren aus einem porösen Material, das eine natürliche Mikrooxygenation erlaubt.» Mineralische Weissweine und voll entfaltete Rotweine Die Amphoren unterstützen nicht nur die Arbeit der Hefen und lassen den Wein atmen, ohne ihn mit Holzaromen zu prägen, sie haben noch einen dritten Vorteil, den Charles Rolaz erläutert: «Der natürliche Zement, der für die Eier verwendet wird, besitzt eine andere thermische Trägheit als ein Edelstahltank. Mit dem Metall steigt die Temperatur während der Gärung recht schnell und man muss sie regulieren, im Zementei mit kleinerem Volumen (600 bis 700 Liter) hingegen bleibt die Temperatur von selbst bei 15 bis 16° Celsius.»

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Im Haus Hammel wurden die Eier vor allem mit weissen Sorten wie Chasselas oder Sava­ gnin Blanc getestet. «Die besten Resultate haben wir mit biodynamisch kultivierten und ohne biologischen Säureabbau vinifizierten Weissweinen erlangt. Nach einem Aufenthalt in der Amphore scheinen die Weine ziselierter und präziser zu sein. Auch ihr taktiler Eindruck im Gaumen ist anders, zudem wirken sie fruchtiger und komplexer.» Die Gipsadern von Ollon verleihen den Weinen einen mineralischen, fast salzigen Akzent. Bernard Cavé, der Chasselas, Pinot noir, Gamaret und Syrah in den Zementeiern ausbaut, glaubt, dass die Amphoren diese Charakteristik noch verstärken: «Das ist nicht nur beim Chasselas vorzüglich, sondern erlaubt es auch, Rote mit mineralischen Noten zu keltern. Selbstverständlich gewinnt man auch an Schmelz, doch die Schweizer Rotweine besitzen genügend Frische, um ausgewogen zu bleiben.» In Begnins hat Reynald Parmelin Versuche mit zwanzig Rebsorten gemacht. «Ausgezeichnete Resultate hatten wir mit tanninreichen, kräftigen Weinen. Einige Monate im Ei – und eher reduktive Sorten öffnen sich.» Der Pionier im Bioweinbau hat einen seiner traditionellen Chasselasweine in zwei Versionen vinifiziert, um seinen Kunden den direkten Vergleich zu ermöglichen. Das Verdikt? «Der Ausbau im Ei ergibt einen etwas weniger fruchtigen und spritzigen Wein, dafür ist er besser strukturiert und kraftvoller. Gastronomischer in gewissem Sinn.» Charles Rolaz kommt zum gleichen Schluss: «Der in Amphoren ausgebaute Chasselas besitzt ein genau definiertes Profil, das sich deutlich vom traditionellen Stil unterscheidet.» Doch wenn man ihn fragt, ob diese Gefässe eine Revolution in der Vinifikation des Chasselas, des Lémanweins schlechthin, auslösen werden, zeigt er sich kategorisch: «Die Amphore plaziert sich zwischen Inoxstahltank und Barrique. Sie bietet dem Önologen eine neue Nuance für seine Assemblagen und eine interessante Alternative für Terroirweine, wird aber den traditionellen Ausbau ganz sicher nicht ersetzen.»

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«Der in Amphoren ausgebaute Chasselas besitzt ein genau definiertes Profil, das sich deutlich vom traditionellen Stil unterscheidet.» Charles Rolaz

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Waadtländer Wein

Alles andere als ein Auslaufmodell Winzergenossenschaften, in den Jahren der Weltwirtschaftskrise von in ihrer Existenz bedrohten Winzern gegründet, spielen nach wie vor eine bedeutende Rolle in der Schweizer Weinwirtschaft. So auch die Uvavins mit Sitz in Tolochenaz bei Morges. Eva Zwahlen – Fotos: Sandra Culand

 Thierry Walz, Direktor der Uvavins – Cave de La Côte, findet seine Arbeit auch nach 31 Jahren bei der Kooperative so spannend wie am ersten Tag.

Die Uvavins – Cave de La Côte, 1929 gegründet und aus einem Zusammenschluss der Winzergenossenschaften von Morges, Nyon, Gilly und Saint-Prex entstanden, zählt heute 320 Winzer aus der ganzen Côte und ist damit die grösste Winzerkooperative der Waadt. Sie kellert die Ernte von 420 Hektaren Reben ein und gehört mit einer Produktion von 230 verschiedenen Weinen, insgesamt 3,5 Mio. Liter, und Importen von rund 2,5 Mio. Litern zu den zwanzig grössten Mitspielern auf dem Schweizer Weinmarkt. Man sollte dieses Haus also nicht unterschätzen. Eben so wenig wie Thierry Walz, der seit 1990 die Geschicke der Uvavins leitet. Der gebürtige Genfer, an der ETH Zürich zum Ingenieur-Agronomen ausgebildet, scheint Energie für drei zu besitzen, amtet er doch als Präsident der Fédération des caves viticoles vaudoises und der nationalen Vereinigung der Winzerkooperativen sowie als Vizepräsident des Branchenverbands und von Swiss Wine Promotion. Zudem sitzt er im Komitee der Schweizer Weinexporteure und ist Kellermeister der Confrérie du Guillon – bei den Ressats auf Château Chillon begeistert er durch Esprit, träfen Witz und brillante Rhetorik. Nach 31 Ernten im Dienst der Uvavins ist er Höhen und Tiefen gewohnt. «Meine Arbeit ist so spannend wie zu Beginn, auch wenn ich gelassener auf Krisen und Schwankungen des Marktes reagiere», meint er mit feinem

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Lächeln. «Im Moment macht uns der starke Franken zu schaffen, sind doch die importierten Weine dadurch deutlich billiger. Immer mehr Schweizer gehen ins nahe Ausland einkaufen, das spüren wir.»

 Rodrigo Banto, gebürtiger Chilene mit Schweizer Wurzeln, ist das «Gesicht» der Genossenschaft. Er verkörpert aufs Schönste Vielfalt, Passion, Weltoffenheit und zugleich eine bodenständige Erdverbundenheit.

Das enge Preiskorsett sprengen Strategien als Antwort auf diese Entwicklung? «Schweizer Weine bewegen sich in einem relativ engen Preissegment, das müssen wir durchbrechen. Mit unseren Spitzenweinen wollen wir in ein höheres Segment vorstossen, daneben aber auch klar billigere Tropfen anbieten: korrekte Landweine ohne AOC, die in einem günstigen Kanal konkurrenzfähig sind.» Thierry Walz weiss, dass ein grosses Haus wie die Uvavins nicht nur Spitzenweine produzieren kann. Schliesslich ist die Genossenschaft verpflichtet, sämtliche Trauben ihrer Mitglieder anzunehmen. Warum das? «Weil wir in Superjahren nicht ohne Trauben dastehen wollen, um in schwächeren Jahren mit Trauben überschwemmt

zu werden. Wobei: Dank Ertragsregulierung kennen wir nur noch gute bis sehr gute Jahre…» Das Image der Kooperative prägen die qualitativen Überflieger, die Jahr für Jahr Goldmedaillen von nationalen und internationalen Concours nach Hause bringen. 2013 etwa wurde der Œil-de-Perdrix Les Chaumes 2011 beim Grand Prix du Vin Suisse glanzvoll bester Rosé des Landes. Der Doral Expression 2010 gewann bei den Vinalies in Paris eine Goldmedaille, der Empreinte 2010 holte bei Chardonnay du Monde ebenfalls Gold. Trotzdem gibt es nach wie vor Sommeliers – «in der Regel Franzosen», wie Thierry Walz maliziös anmerkt –, die aus Prinzip nur Weine von Selbstkelterern auf die Karte setzen. Selber schuld! Doch was macht die Identität der Kooperative aus? «Die Identität unseres Hauses ist geprägt von unseren Marken und der Persönlichkeit unseres Önologen», meint Thierry Walz. Bei den Marken denke man etwa an die erfolgreiche Edellinie Collection «Le Vin Vivant», in enger Zusammenarbeit


mit Spitzenkoch Bernard Ravet kreiert, an die Terroir- und Domänenweine, nicht zuletzt den finessereichen Premier Grand Cru Château de Malessert, oder die Spezialitäten aus der Linie Inspiration, etwa den grossartigen Merlot Réserve. Rodrigo Banto ist verantwortlich für das gesamte Sortiment, vom kuranten Offenwein bis zur Prestigecuvée. Zurück zu den Wurzeln Rodrigo Banto, 1969 in Santiago de Chile geboren, hat seine Feuer- beziehungsweise Chasselastaufe längst bestanden. «Während der Vinifikation degustiere ich regelmässig jeden einzelnen Wein, die Hälfte meiner Zeit verbringe ich jedoch in den Rebbergen», betont er. Dass es ihn in die Schweiz verschlagen hat, ist kein Zufall. Immerhin war sein Grossvater ein Nidwaldner, der als Ingenieur in Chile sein Glück gesucht hatte. Sein Enkel ging nun den umgekehrten Weg. Nach Anstellungen bei renommierten Weinhäusern in Chile und Abstechern nach Bordeaux und Kalifornien

«Dieser kooperative Geist, diese soziale Seite sind uns wichtig. Hinter jedem Winzer steht eine Familie. Der Wohlstand verteilt sich viel gerechter auf alle – und auch das Risiko wird gemeinsam getragen.» Rodrigo Banto

lockte ihn das Schweizer Abenteuer. «Ich liebe Herausforderungen», bestätigt er und erinnert sich amüsiert an seine Anfänge in der Waadt: «Zuerst gaben sie mir fünfzig verschiedene Chasselas zu probieren, danach war ich fast tot…» Der Chasselas war für ihn ein unerforschtes Universum, das pure Gegenteil des internationalen Weissweinstils. «In Chile war es einfacher, da gab es nur zwanzig Weine zu vinifizieren.» Die Winzer begegneten dem Neuling mit Skepsis, doch griff ihm Petrus unter die Arme: «Mein erster Jahrgang, 2003, war eher chilenisch als schweizerisch. Das half!» Bald lernten die Winzer Rodrigo Banto zu respektieren.

A Model for the Future Uvavins in Tolochenaz (near Morges) was created in 1929 by winegrowers. Known then as Uvavins - Cave de la Côte it became a federation as cooperatives in Morges, Nyon and Gilly joined up. Now – with its 320 La Côte winegrowers, 420 hectares of vineyards and 230 wines (that’s 3.5mn liters of its own production and 2.5mn imported liters), it is Vaud’s largest winemaking cooperative and one of the 20 biggest players on the Swiss winemaking scene. Heading Uvavins since 1990 is Thierry Walz, a Genevois with a degree in agricultural engineering from the Swiss Federal Institute of Technology in Zurich. He also

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chairs, vice-chairs, or is a member of a long list of boards in the wine sector including Swiss Wine Promotion and the Swiss Wine Exporters’ Association. Walz says that “what gives Uvavins its identity is our brands and the personality of our enologist.” Brands include the “Vin Vivant” (Living Wine) Collection created in close collaboration with Michelin-starred chef Bernard Ravet, and specialty wines from the Inspiration line such as the splendid Merlot Réserve. The enologist is Rodrigo Banto (opposite): from open wines to the Cuvée Prestige, he’s the one in charge of the winemaking.  p. 9

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Und zu schätzen. «Zuerst gab es Diskussionen um den Erntezeitpunkt. Auch wenn die Trauben analytisch reif sind: Solange sich weder Vögel noch Wespen an den Trauben gütlich tun, gebe ich sie nicht zur Ernte frei.» Mittlerweile sind die Genossenschafter und ihr Önologe ein eingespieltes Team. «Wir zeigen den Winzern mit dem Glas in der Hand, welch grossen Einfluss ihre Arbeit auf die Qualität hat. Die Auszeichnungen, die unsere Weine gewinnen, sind ein weiterer Ansporn.» Nebst einem Bezahlungssystem, das Qualität konsequent belohnt. Rodrigo Banto entscheidet bereits in den 1800 (!) Rebparzellen, welche Trauben in welchen Wein kommen. «Wir müssen die Wuchskraft unserer Reben reduzieren, andere Klone, Selektionen und Unterlagsreben wählen, uns je nach Lage und Jahrgang für oder gegen Begrünung entscheiden…» Er unternimmt weniger Versuche als sein Vorgänger Philippe

Corthay, doch arbeitet auch er eng mit Changins zusammen. Für ihn ist klar: «Je besser wir in den Reben arbeiten, desto problemloser läuft es im Keller.» Früher warf man den Genossenschaften vor, Weinbau und Keller zu trennen. «Dabei funktioniert bei uns alles nur dank und mit den Winzern», unterstreicht Thierry Walz. «Zur Identität einer Kooperative gehört auch der Solidaritätsgedanke», wirft Rodrigo Banto ein. «Etwas, was heute wieder zunehmend aktuell wird.» Denn im Gegensatz zu privaten Händlern, die je nach Marktlage die Trauben ihrer Lieferanten ablehnen können, auch wenn sie diese damit ins Elend stürzen, ist die Kooperative verpflichtet, die gesamte Ernte ihrer Mitglieder anzunehmen. «Dieser kooperative Geist, diese soziale Seite sind uns wichtig», betont der Önologe. «Hinter jedem Winzer steht schliesslich eine Familie. Der Wohlstand

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verteilt sich viel gerechter auf alle – und auch das Risiko wird gemeinsam getragen.» Nur die Grossbanken verstehen diese Art ökonomischen Denkens nicht, meint Thierry Walz leicht sarkastisch. «Für die sind wir ein Risikobetrieb mit viel zu geringer Rendite…» 2009 stiess die passionierte Weinfachfrau Sylvie Camandona zur Führungscrew der Uvavins. Als Verkaufsdirektorin betreut sie Grossisten und Supermärkte wie auch Gastronomie und Privatkunden. «Es gibt viel zu tun», meint sie. «Wir produzieren anerkannt gute Produkte, doch müssen wir unseren Bekanntheitsgrad steigern, das Angebot für die Gastronomie und die Spezialitäten weiter ausbauen und im Export aktiver werden.» Ein Prozent der Produktion geht ins Ausland. «Das sind nur Nischenmärkte, aber für das Image ist der Export wichtig», betont Sylvie Camandona.

His Swiss grandfather emigrated to Chile; he did the opposite after working in Chilean wineries and a detour via Bordeaux and California. It is Banto who decides what grapes from 1,800 (!) parcels of vineyard will go into what wines. He actively collaborates with the Changins School of Engineering, the winegrowing and enology college, but as Walz says “the whole thing only comes together because of our growers.” A cooperative is not a private company that can refuse to buy grapes, it has to take them all thus ensuring revenues for all farmers – and “the cooperative spirit, the social side, is important,” Banto says. Sylvie Camandona (right) joined Uvavins as sales director in 2009. She works with wholesalers, restaurants and private buyers but stresses the importance of exporting. Currently only 1% of production is exported: “These may be niche markets but for reasons of image they’re important.” Uvavins: tradition, quality grapes, moti-

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Angst vor der Zukunft? Nein, die haben weder Thierry Walz noch Rodrigo Banto oder Sylvie Camandona. «Wir haben eine vernünftige Struktur, zeitgemässe Installationen und viele andere Trümpfe auf unserer Seite», stellt Thierry Walz fest. Tradition, gute Lagen, motivierte Winzer, bekannte Marken, ein weltoffener Önologe, eine Frau an der Spitze des Verkaufs, ein engagierter Direktor, soziales Verantwortungsbewusstsein – alles Elemente, die aus dem vermeintlichen Auslaufmodell Winzerkooperative ein Projekt mit Zukunft machen.

 Die passionierte Weinfachfrau Sylvie Camandona ist seit 2009 Verkaufsdirektorin der Genossenschaft.

vated growers – and managers –, renowned wines by a top enologist, a social conscience… the cooperative business model is often said to be no longer viable, but this one is facing the future with confidence.

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Das OVV coacht die Zukunft Seit September 2012 wird das Office des Vins Vaudois von einer neuen Equipe geleitet. Präsident Pierre Keller kann sich für die Tagesgeschäfte auf den 30-jährigen Direktor Nicolas Joss und dessen 28-jährigen Assistenten Benjamin Gehrig stützen. Ein kleiner Tour d’horizon mit Nicolas Joss nach seinen ersten 100 Tagen. Pierre Thomas Nicolas Joss, Sie stammen aus dem Waadtländer Chablais, aus Saint-Triphon-Gare. Was verbindet Sie mit der Welt des Weins? Ich wurde auf einem Familienbetrieb geboren, der weniger als eine Hektare Reben bestellte. Von klein auf habe ich in den Reben gearbeitet und bei der Lese geholfen. Die Trauben wurden einem Einkellerer geliefert. Schon als Kind wurde ich bei Tisch mit Wein vertraut. Trauben und Wein gehören zu meiner Erziehung! Aber Sie haben keinen Beruf im Weinmilieu gewählt? Ich habe eine Kochlehre im Hotel Victoria in Villars absolviert, bei Küchenchef Joël Quen-

tin, einem grossen Liebhaber wilder Kräuter. Damals konnte man die Kochlehre mit der Ausbildung als Sommelier verbinden, was ich getan habe. Danach habe ich die Hotelfachschule in Genf besucht. Dann haben Sie sich also vom Wein entfernt? Nicht wirklich! Zuerst habe ich die Genfer Weine kennengelernt, dank meinem passionierten Umfeld an der Hotelfachschule. In meinen Ferien bin ich ins Chablais zurückgekehrt, zur Weinlese bei Philippe Gex und Bernard Cavé. Und bei der Vinicole von Villeneuve, wo meine Mama Leiterin ist und vorher als Sekretärin und Buchhalterin gearbeitet hat. Dann habe ich alle europäischen Weinregionen bereist, von Spanien über Portugal, Italien und Frankreich bis Deutschland.

© OVV/Elise Guillod

 Nicolas Joss (links), der neue Direktor des OVV, und sein Assistent Benjamin Gehrig.

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Und dann haben Sie Ihre Karriere im Hotelfach begonnen… Im Grand Hotel Park in Gstaad, wo ich einen Stage machen wollte, bin ich schliesslich dreieinhalb Jahre geblieben, zum Schluss als Assistent des Food & Beverage Direktors. Dazu gehörte auch der Weineinkauf. Danach wollte ich zwei Saisons in der Stadt arbeiten. Ich wurde vom Lausanne Palace & Spa engagiert, und zwar als cost controller (Kontrolle und Kostenoptimierung), zuerst im Palace, dann für dieselbe Gruppe im Hotel Château d’Ouchy. Ich habe auch eine lange Reise gemacht, von Sydney nach Hongkong. In Australien habe ich mehrere Weinregionen besucht, in Asien hat mir dann der Wein doch sehr gefehlt. Zwei Jahre nach meiner Rückkehr brauchte ich eine neue Herausforderung. Der Zufall wollte es, dass Nicolas Schorderet (der ebenfalls aus der Hotelleriebranche stammte und die EHL absolviert hatte, AdR) das OVV zu jenem Zeitpunkt verliess. So habe ich mich beworben… Die Idee, für den Waadtländer Wein zu arbeiten, gefiel mir. Wie sehen Sie Ihre Rolle? Im Moment (Mitte Januar 2013, also 100 Tage nach Amtsantritt, AdR) bin ich noch dabei, zwei

 Vertikaldegustation von Château de Vinzel für die Sommeliers.  Mickaël Grou, Sommelier im Pariser Restaurant Georges V, versucht sich beim «tirer au Guillon».

© OVV

 Die Gruppe der französischen Sommeliers zu Gast bei Winzer Raymond Paccot.

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Achsen zu vertiefen. Zuerst: die Weinregion verstehen, und zwar unter einem anderen Blickwinkel als dem des Käufers, der ich bisher war. Ich muss mich in die Winzer versetzen, die dem Kunden gegenüberstehen. Das Chablais kenne ich zwar gut, die anderen Regionen muss ich mir noch aneignen. Dann muss ich erfassen, wie das OVV bisher funktioniert hat. Unnötig, allzu weit zurückzuschauen! In zwei Jahren hat sich der Markt entwickelt, und was vorher wahr war, ist es heute nicht mehr. Alle erwarten, dass ich das, was gut funktioniert hat, weiterführe und zugleich neue Projekte anstosse. Sie haben von neuem mit Hotellerie und Restaurants zu tun, dem sogenannte Horeca-Sektor? Das ist der wichtigste Kunde der Waadtländer Weine, ihr ständiges Schaufenster! Wir müssen der jungen Restauration entgegenkommen. Das ist unsere bevorzugte Kundschaft. Wir müssen mit den Jungen arbeiten. Unser Horeca-Projekt, das mein Vorgänger lanciert hat, wurde umgestaltet. Als Verantwortlicher wurde der Önologe Philippe Bujard engagiert, der sich mündlich in Französisch wie in Deutsch gleichermassen geläufig ausdrückt. Zusammen mit mehreren erfahrenen Ausbildnern wird er dieses Jahr dem Personal von Hotels, Restaurants und Cafés gegen 40 zweibis dreistündige Kurse erteilen, und zwar mit einer erweiterten Auswahl von Waadtländer Weinen. Erste Priorität hat der Kanton Waadt, damit die hiesigen Profis bewusst mehr Waadtländer Weine servieren, dann folgen aber auch Freiburg, Jura und Bern. Wollen Sie auch Sommeliers ansprechen? Wir werden Sommeliers einladen, um unter unserer Leitung eine zweitägige Reise durch die Rebberge zu machen und ihnen einige für ihre Regionen repräsentative Domänen vorstellen. Das haben wir diesen Januar schon mit französischen Sommeliers aus Annecy, Lyon und Paris gemacht. Das werden wir fortführen, mit kleinen Schweizer, aber auch ausländischen Gruppen, in Partnerschaft mit dem Office du tourisme des Kantons Waadt. Gegen Ende des Sommers wird Pierre Keller Waadtländer Winzer nach Japan begleiten…

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Was bringt Ihnen Prométerre, Nachfolger des Centre patronal als «Gastgeber» des OVV? Administrative Unterstützung für die Buchhaltung und die Räumlichkeiten. Wir sind hier in der Stadt, in Lausanne (in der Nähe von Ouchy, AdR), mit der Metro oder dem Bus erreichbar. Die Terroirprodukte, die Vereinigung von Lebensart, Landwirtschaft und Weintourismus – alle befinden sich unter demselben Dach und können zeitsparend miteinander kommunizieren. Und vergessen wir nicht: Mein Platz ist auf dem Terrain… nicht an einem Pult!  S. 15

Tag der offenen Kellertüren an Pfingsten «Wir glauben sehr an die offenen Kellertüren!», verkündet Nicolas Joss. Die vierte Ausgabe wird an Pfingsten stattfinden, am 18. und 19. Mai 2013. Im Jahr 2012 wurde die Besucherzahl auf mehr als 90’000 Personen geschätzt. Mehr als 1000 SBB-Arrangements wurden verkauft, und die Übung wird dieses Jahr wiederholt. Das Angebot verspricht 15% Rabatt auf dem Zugbillet und den «Eintrittspass» (Fr. 15.–). Neu dieses Jahr: am Pfingstsamstag sind die Kellertüren in der ganzen Waadt inklusive Vully ebenfalls offen. Und in zehn Städten, darunter Lausanne, aber auch Bern, Freiburg und Bulle, wird mit Ballontrauben und «Eintrittspässen», die es zu gewinnen gibt, auf den Anlass aufmerksam gemacht. www.cavesouvertes.ch

Promotion Office OVV

“Coaching the Future” Since Fall 2012, operations at the Office des Vins Vaudois (OVV) under President Pierre Keller – the high-profile former director of the University of Art and Design Lausanne (ECAL) – have been headed by Director Nicolas Joss, 30, and his assistant, Benjamin Gehrig, 28, whose respective ages point to one of the OVV’s main aims: ensuring a healthy future for Vaud wines by creating awareness among the young, encouraging them to opt for wine-related careers and serve Vaud wine with pride. Joss himself hails from a Vaudois vineyardowning family. After an apprenticeship as cook and sommelier, he graduated from Geneva’s Hotel School (EHG). Widely traveled across European wine regions Joss has also traveled in Asia and toured Australian wineries. Some key OVV projects this year are courses about Vaud wines for hotel, restaurant and café staff to be held in Vaud mainly but also Fribourg, Jura and Bern. Managing the courses is Philippe Bujard, a French and

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German-speaking enologist. Starting with a group from Annecy, Lyon and Paris, the OVV in conjunction with Vaud Tourism is also inviting sommeliers – from Switzerland and abroad – to tour Vaud wineries. Gehrig, a graduate of the Lausanne Hotel School (EHL), manages OVV relations with his alma mater: “We want to strengthen ties not only with students but alumni/ae and teachers,” say Joss and Gehrig, adding that they will also be working more closely with Montreux’s Ecole professionnelle des métiers de bouche (EPM).  p. 15

CAVES OUVERTES ON PENTECOST WEEKEND Caves Ouvertes – open house days of Vaud’s wineries – takes place on May 18 and 19, 2013. Last year an estimated 90,000 people attended and over 1,000 CFF (Railway) combo tickets were sold. The tickets offering a 15% discount on the cost of the train and Caves Ouvertes passes (CHF 15) are available again this year. On the Saturday before Caves Ouvertes, keep your eyes open for promos in Lausanne, Bern, Fribourg and towns such as Bulle: there are free passes to be won. www.cavesouvertes.ch.

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Les formations à l’Ecole d’Ingénieurs de Changins Haute Ecole Spécialisée, filière œnologie (HES) Bachelor HES-SO en Œnologie Master HES-SO en Life Sciences, orientation Viticulture et Œnologie Début des cours: mi-septembre de chaque année Ecole spécialisée (ESp) en viticulture, arboriculture et œnologie Brevet fédéral et/ou Diplôme ESp Début des cours: janvier et septembre 2013 Actuellement en voie de transformation en Ecole Supérieure. Ecole du vin (EdV) Formation modulaire destinée aux amateurs et professionnels du vin et de la table Début des cours: en fonction des modules

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Wie teilen Sie sich Ihre Aufgaben mit Ihrem Mitarbeiter Benjamin Gehrig? (Letzterer betritt den Raum und beide antworten im Chor:) Wir sind vielseitig und ergänzen uns gut! Wir gehen überall zusammen hin. (Dann ergreift wieder Nicolas Joss das Wort:) Und Benjamin (Absolvent der EHL und zwei Jahre lang Mitarbeiter von Pierre Keller an der ECAL, AdR) pflegt die Beziehungen zur Hotelfachschule Lausanne. Wir wollen die Bande zu den Studenten wie zu den Ehemaligen und den Unterrichtenden stärken. Und wir sind Partner von

Gastrovaud für einen Concours in der GratisWochenzeitung LausanneCités. Wir wollen uns auch den Berufsfachschulen Montreux annähern, die Lehrlinge in Berufen rund um Ernährung und Restauration ausbilden. Das OVV muss die Stütze sein, um die Zukunft zu coachen… Wir müssen den Jungen Lust machen, ihnen zeigen, dass Weinservice eine Passion ist und das Waadtländer Terroir sich perfekt eignet, um diese Passion auszuleben. So werden sie die Sensibilität für die Waadtländer Weine bewahren.

Das Einkassieren der kantonalen Taxe bringt pro Jahr 3,5 Mio. Franken ein. Ein Teil davon ist für die regionalen AOC reserviert. Nach Abzug der Beteiligung an Swiss Wine Promotion bleiben für das OVV 2,2 Mio. Franken übrig. Die administrativen Ausgaben sind auf 15% der 3,5 Mio. Franken begrenzt. Kommunikation (800’000 Franken) und Veranstaltungen (700’000 Franken) sind die beiden grossen Posten im Budget: einerseits eine neue Plakatkampagne mit neuer Grafik, aber auch eine neue Website, die sich an den Konsumenten wendet, verbunden mit einer (überarbeiteten) App für iPhone und einer neuen für Android; andererseits die Tage der offenen Kellertüren (die allein 300’000 Franken kosten, siehe Seite 13), aber auch Montreux Jazz Festival, Olma in Sankt Gallen, Zuger Messe, Expovina in Zürich, «Digne d’un Palace» in Lausanne

usw. sowie die Organisation der Selektion der Waadtländer Weine. 150’000 Franken werden in Publikationen investiert (darunter auch in Le Guillon. Neu aufgelegt werden dieses Jahr die Broschüren Guide du vignoble und die Siegerliste der Selektion). Ein vom Waadtländer Staatsrat bestellter Verwaltungsrat kontrolliert das OVV. Präsidiert wird er von Pierre Keller, die weiteren Verwaltungsratsmitglieder sind Sylvie Mayland (Cave de Bonvillars), Vincent Gränicher (Tartegnin) und, seit diesem Jahr, André Fuchs (Schenk, Rolle) sowie Philippe Gex (Yvorne). www.vins-vaudois.com

© OVV

MEHR ALS 2 MIO. FRANKEN FÜR PROMOTION

 Susi Scholl und Andreas Keller präsentierten bei der Expovina in Zürich am 12. und 13. November 2012 die 1er Grands Crus.

Waadtländerwein pure

Leidenschaft

With a 2013 budget of CHF 2.2mn, the OVV plans a new poster campaign, a revamped Internet site linked to iPhone and Android apps, and presence at events such as the Montreux Jazz Festival, Expovina in Zurich, and Digne d’un Palace at the Lausanne Palace Hotel. It will also be launching the Vaud Wine Awards. Publications include a new guide to Vaud’s wineries. The OVV also partially finances this magazine. www.vins-vaudois.com.

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Vins Vaudois,

la passion des

Grands Crus www.vins-vaudois.com

www.vins-vaudois.com

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Waadtländer Wein

Raymond Metzener krönt seine Karriere «Das hat er wirklich verdient!» Da waren sich alle einig, die den Sieger der fünften Platin-Lorbeeren von Terravin kennen. Die anderen hatten Gelegenheit, einen sympathischen Vollblutwinzer und stillen Schaffer zu entdecken, der mit seinem Clos de la Dame selbst grosse Namen aus dem Lavaux in den Schatten stellte. Die hohe Auszeichnung wurde ihm am vergangenen 22. November von seinen beiden Paten im Restaurant des Hôtel de Ville in Crissier überreicht: von Staatsrat Philippe Leuba und dem sympathischen Hausherrn, dem Sternekoch Benoît Violier. Eva Zwahlen – Foto: Philippe Dutoit Raymond Metzener ist Winzer. Mit Leib und Seele. Seit drei Jahrzehnten hegt und pflegt er wie vor ihm schon sein Vater, Grossvater und Urgrossvater die Rebberge der Domaine de Chatelanat in Perroy sowie einen Teil der Gemeindereben, insgesamt neun Hektaren.

«Eine Woche lang hörte das Telefon gar nicht mehr auf zu läuten, selbst am Sonntag trafen Bestellungen ein, sogar aus Japan…» «Erst 2001 gab es eine grosse Veränderung. Seither bin ich nicht mehr angestellt von der Besitzerfamilie, sondern Gesellschafter.» Seit 2001 trägt er auch die Verantwortung für Vinifikation und Verkauf. «Wäre ich noch jünger, hätte ich gerne alle Aspekte des Metiers gelernt…», meint er mit bedauerndem Unterton. Doch obwohl Kellermeister Claude Jacquard und der Önologe Thierry Ciampi

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(siehe S. 30) im Keller das Sagen haben, mischt sich Raymond Metzener leidenschaftlich gerne ein, wie er einräumt. Ein verschmitztes Lachen stiehlt sich auf sein Gesicht: «Anfangs haben Thierry Ciampi und ich uns richtiggehend gestritten, mittlerweile verstehen wir uns grossartig. Und er weiss ja, dass er nur guten Wein machen kann, wenn ich ihm gute Trauben liefere.» Dass er sich beim Jahrgang 2011 mit der Wahl der Hefe durchsetzen konnte, freut ihn nun, nach dem Sieg, um so mehr. «Da habe ich Recht bekommen!» In der Tat. Zu dritt degustieren Metzener, Jacquard und Ciampi regelmässig alle Weine der Domaine, die im alten Keller unter dem Herrenhaus ausgebaut werden, und diskutieren das weitere Vorgehen miteinander. Der Siegerwein, der einzige Clos bei der prestigereichen Vereinigung Clos, Domaines & Châteaux und seit Jahren regelmässig mit dem goldenen Qualitätslabel von Terravin ausgezeichnet, wächst im 12 700 Quadratmeter umfassenden Clos de la Dame in der Produk-

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tionszone von Féchy. Hier dominieren kiesige, sandreiche Böden, auf denen sich die Reben vor allem in eher feuchten Jahren in Bestform zeigen. So wie 2011, das einen dezent würzigen Chasselas mit Lindenblüten- und Zitrusnoten, elegantem Schmelz und feiner Mineralität hervorgebracht hat. «Eigentlich ist das ja erst der zehnte Jahrgang, für den ich voll und ganz verantwortlich bin», meint der ebenso unermüdliche wie bescheidene Qualitätsfanatiker Raymond Metzener, der die Teilnahme an Wettbewerben als Ansporn schätzt. «Das ist wie beim Skifahren, man gewinnt nicht gleich die erste Abfahrt. Und wer gewinnen will, muss auch lernen zu verlieren.» So wie die grossen Namen, mehrheitlich aus dem Lavaux, die bei der fünften Austragung der Lauriers de Platine von Terravin vom Clos de la Dame in den Schatten gestellt wurden, darunter mit Pierre-Luc Leyvraz und Jean Vogel & Fils zwei vormalige Preisträger. Zwei Wochen nach seinem fulminanten Erfolg scheint sich der ehemalige Feuerwehrkommandant und passionierte Musiker Metzener noch immer über die Aufmerksamkeit zu wundern, die ihm plötzlich zuteil wurde: «Eine Woche lang hörte das Telefon gar nicht mehr auf zu läuten, selbst am Sonntag trafen Bestellungen ein, sogar aus Japan…» Doch der Erfolg kommt nicht von ungefähr. Im Gegenteil: Er ist die Krönung und der verdiente Lohn für harte Arbeit. Raymond Metzener, viele Jahre IP-Kontrolleur in den Waadtländer Rebbergen und fleissiger Besucher von Weiterbildungskursen, legt höchsten Wert auf Sorgfalt und Strenge in den Reben, zügelt die Erträge, sorgt für gute Belüftung der Trauben, ohne sie allzu sehr der Sonne auszusetzen, führt den Reben Stickstoff zu, um in trockenen Jahren Bitternoten im Wein zu vermeiden, sucht den optimalen Erntezeitpunkt. Das alles verlangt Fingerspitzengefühl und Erfahrung: «Niemand von uns wird lange genug leben, um alle Geheimnisse im Rebberg zu entschlüsseln…» Um so schöner, wenigstens einmal wenn nicht das Ei des Kolumbus gefunden so doch die Lauriers de Platin von Terravin gewonnen zu haben! www.domaine-chatelanat.ch

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Schweizer Weine

Das «Wyschiff» setzt ganz auf Schweizer Wein Ein Projekt, organisiert von einer Vereinigung passionierter Winzer: von Rapperswil über Basel, Thun und Luzern bis Zug haben die Degustationen auf dem «Wyschiff» nur ein Ziel: den Konsumenten und Endverbrauchern Schweizer Weine vorzustellen und sie in direkten Kontakt mit den Produzenten zu bringen.

© Wyschiff

Text und Fotos: Caroline Dey

 Das Wyschiff in Basel.

Agenda 2013 Rapperswil: 28. Februar bis 3. März Luzern: 21. bis 24. März Basel: 4. bis 7. April Thun: 11. bis 14. April Zug: 14. bis 17. November. www.wyschiff.ch

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«Die Stärke des Projekts Wyschiff ist es, die Verbundenheit und Komplementarität der Schweizer Winzer zu zeigen», betont der Präsident der Fédération vaudoise des vignerons, Willy Deladoëy aus dem Chablais. «Wir wollten den Deutschschweizern Lust darauf machen, wieder Schweizer Weine zu konsumieren. Die Winzer sind auf dem Schiff anwesend, um ihre Weine persönlich zu präsentieren und von ihren Terroirs zu erzählen.» Die Idee zum Konzept hatte Guy-Louis Chappuis, ein Winzer aus Rivaz, der zu den Gründern des «Wyschiff» gehört. Dabei hat er sich von der Expovina in Zürich inspirieren lasen, die schon vor Jahr-

zehnten ein ähnliches Konzept umsetzte, allerdings auch mit ausländischen Weinen. «Unser Ziel war es, eine Messe zu organisieren, die ausschliesslich Weine aus allen Regionen der Schweiz präsentiert, und zwar in einem gemütlichen Rahmen – und auf dem Wasser», erklärt er. Der Wein als Kulturprodukt «Der Wein ist integrierender Bestandteil unserer Kultur, er ist das Produkt unserer Terroirs», fügt Guy-Louis Chappuis an, der beiläufig daran erinnert, dass er es war, der damit angefangen hat, seine Kunden von der Mustermesse Basel auf das Schiff zu bringen. «2008 haben wir unseren Präsidenten gewählt, Jean-Pierre Cavin von den Artisans Vignerons d’Yvorne, der sich mit grosser Leidenschaft in dieses Abenteuer stürzte.» Ein Sekretariat in der Person von Stephan Schnoz sichert das gute Funktionieren der Vereinigung. Zuerst mussten der Name der Gesellschaft hinterlegt, ein Logo gefunden, 35 Winzer aus verschiedenen Kantonen rekrutiert, Sponsoren gesucht und Werbung bei Tourismusbüros, in Zeitungen und Hotels gemacht werden.

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Künftige Projekte «Basel ist am erfolgreichsten», erklärt der Präsident. Das Schiff wird ausserhalb der «Messezeiten» von Unternehmen wie der UBS gemietet, die darauf zweimal jährlich «Cocktails dînatoires» für ihre Kunden organisiert. «Wir bieten den Traiteurservice zusammen mit den Weinen an. Die Unternehmen sind sehr zufrieden mit unseren Angeboten: Sie lieben den Rahmen und die angenehme Ambiance. Das Vermieten des Schiffs würden wir gerne auch in anderen Städten entwickeln, immer in Zusammenarbeit mit der UBS. Für 2013 ist das für Rapperswil vorgesehen. In Basel organisieren wir am 5. und 6. April 2013 zwei Wine-andDine-Abende, richtige Gourmetkreuzfahrten, auf denen zwölf Winzer ihre Weine vorstellen.» In Basel, wo alles angefangen hat, nehmen die Besucherzahlen von Jahr zu Jahr zu: von 700 Eintritten im Jahr 2004 auf 5000 im Jahr 2012. Es dauerte vier Jahre, bis die Messe rentabel wurde, Kunden gewann und an sich binden konnte. Die Messe verfügt übrigens über zahlreiche Partner, darunter die vor 650 Jahren gegründete Zunft zu Rebleuten, die jedes Jahr einen in der Branche hoch angesehenen Weinpreis vergibt, der mit 3000 Franken dotiert ist. Eine Jury aus lokalen Spezialisten wählt jeweils den besten auf dem «Wyschiff» angebotenen Wein, der im Rahmen einer festlichen Zeremonie am letzten Abend der Messe ausgezeichnet wird. «In Zukunft möchten wir auch auf dem Lac Léman kreuzen, auf dem Neuenburgersee, im Tessin und in Graubünden», sagt Jean-Pierre Cavin, der auf die Unterstützung von Swiss Wine Promotion hofft. «Eine Messe dauert nur vier Tage. Das heisst, man muss einen Anlass kreieren, von Lokalradios und Spezialzeitschriften unterstützt werden, Sponsoren

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suchen, Annoncen in Zeitungen und auf Internet schalten.» Die Vereinigung arbeitet auch mit Hotels, welche zwei Wochen vor und nach der Messe die Messeweine in ihren Restaurants ausschenken. Das Ziel all dieser Aktionen: die Bekanntheit der Schweizer Weine erhöhen. Fast eine Familie Wie sehen die Winzer das Projekt? «Wir präsentieren unsere Spitzenweine», meinen die Frères Kursner aus Féchy. «Der Rahmen ist angenehm und entspannt, was die Kundschaft schätzt. Die Messe bietet eine grosse Vielfalt von Schweizer Weinen, die von ihren Produzenten selbst vorgestellt werden. Die Besucher lieben diesen direkten Austausch mit den Winzern ganz besonders. Die Beteiligung der Vereinigung Terravin, welche die Promotion des Waadtländer Weins sichert, ist ein zusätzliches Plus.» Willy Deladoëy, Winzer aus Bex, meint: «Wir wollten unsere Weine auch in der Zentralschweiz und im Kanton Bern vorstellen, deshalb haben wir 2008 das Wyschiff in Zug, 2009 in Luzern, 2010 in Rapperswil und 2012 in Thun lanciert.» Jean-François Chevalley von der Domaine de la Chenalettaz im Dézaley betont: «Der Vorteil dieser Messen ist , dass sie jedes Jahr ein noch grösseres, interessiertes Publikum anziehen und dass die Winzer sich gegenseitig helfen, zusammenarbeiten und bei Bedarf die Weine ihrer Kollegen empfehlen. Wir sind fast wie eine grosse Familie!»

 Von links nach rechts: Willy Deladoëy, der aus dem Chablais stammende Präsident der Fédération vaudoise des vignerons, Jean-Pierre Cavin von den Artisans Vignerons d’Yvorne (AVY), Präsident der Vereinigung Wyschiff, Guy-Louis Chappuis, Winzer in Rivaz, die Brüder Kursner, Winzer in Féchy, und Jean-François Chevalley von der Domaine de la Chenalettaz im Dézaley: fast wie eine grosse Familie.

Nota Bene: Das Lavaux Vinorama in Rivaz bleibt auch während der Bauarbeiten an der hydraulischen Zentrale von Forestay geöffnet. Die Arbeiten dauern bis Ende August 2013. Das Vinorama ist nach wie vor einen Besuch wert!


WYSCHIFF RAPPERSWIL, LUZERN, BASEL, THUN, ZUG EINE REISE IN DIE ERLEBNISWELT DER SCHWEIZER WEINE

Auf dem Wyschiff präsentieren renommierte Schweizer Winzer mit Stolz ihre neuesten Weinkreationen. Die meisten von ihnen sind Selbstkelterer aus traditionellen Familienbetrieben. Viele der teilnehmenden Produzenten haben sich in den letzten Jahren durch höchste nationale und internationale Medaillenränge ausgezeichnet. Sie freuen sich, mit Ihnen ihre 300 Weine zu kosten. Sie sind gespannt auf Ihr Urteil – auf ein Gespräch unter Kennern in persönlicher Atmosphäre. Lassen Sie sich verführen und begeben Sie sich auf eine Reise in die Erlebniswelt der Schweizer Weine. Wir freuen uns auf Ihren Besuch!

WYSCHIFF - DATEN 2013: Wyschiff Rapperswil

28. Februar – 3. März 2013

Wyschiff Luzern

21. – 24. März 2013

Wyschiff Basel

04. – 07. April 2013

Wyschiff Thun

11. – 14. April 2013

Wyschiff Zug

14. – 17. November 2013

Verein Wyschiff Schweizer Winzer Postfach 962 CH-4102 Binningen 2 www.wyschiff.ch

Eintritt CHF 10.00 (im Preis ist ein WyschiffGlas inbegriffen)


“Wine Boat” Spotlights Swiss Wines "The strength of the Wyschiff idea is that it shows that Swiss producers are not only united but complementary," says Willy Deladoey, President of the Federation of Vaud Winegrowers. It’s an idea that Lavaux producer Alexandre Chappuis says was inspired by Expovina Zurich. But instead of several boats on one lake and wines from around the world, he and his co-founders figured one boat on various lakes (see 2013 Dates) and Swiss-only wines could be a winner too. They were right. Chappuis got the ball rolling by drawing Basel Mustermesse clients aboard a Rhine boat. By 2009 Wyschiff was a full-fledged association of 35 producers with Jean-Pierre Cavin of the Artisans Vignerons d'Yvorne (AVY) as

president. Basel visitor figures went from 700 in 2004 to 5,000 in 2012. Cavin says that in Basel companies like UBS rent the wine boat for client receptions, and Wyschiff is developing that at other locations. Basel’s Rebleuten Guild not only holds a prizegiving ceremony on the boat – it awards a CHF 3,000 prize to the Wyschiff wine its tasters think is best. Open to the public are Wine and Dine cruises during which 12 winemakers present their wines. As Wyschiff steams into the future on its mission to promote Swiss wine, the association aims to develop a presence on Lac Léman and in Neuchâtel, Ticino and Graubünden.

2013 Dates Rapperswil: February 28-March 3 Lucerne: March 21-24 Basel: April 4-7 Thun: April 11-14 Zug: November 14-17 www.wyschiff.ch.

Top Distinction for a La Côte Wine “The phone hasn’t stopped ringing, we’ve even had orders from Japan!” says Raymond Metzener, the Domaine de Chatelanat winegrower whose wine won Terravin’s 5th “Lauriers de Platine” distinction – the Platinum Laurel award that goes to just one Vaud wine a year. The wine that took the prize in 2012 is the

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Domaine’s Chasselas Clos de la Dame 2011 Appellation La Côte. Obviously Chatelanat caviste Claude Jacquard and enologist Thierry Ciampi share the glory with Metzener, but Ciampi is the first to say that it’s the quality of the grapes that makes a wine. And the grapes are Metzener’s job along with management of the Perroy wine estate where his father, grandfather and great-grandfather were winegrowers before him. Metzener also cultivates

most of Perroy’s communal vineyards, for a total of 9 hectares. Over the years Clos de la Dame has regularly won Terravin Gold Laurel distinctions – it is from a year’s Gold winners tasted by pros that the Platinum winner is determined. Clos de la Dame is also the only Clos wine among the wines of the highly prestigious Clos, Domaines & Châteaux association of which Domaine de Chatelanat was a founding member.

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Degustation  Sowohl beim Plant Robert (im Bild) als auch beim Servagnin liegt der Akzent auf dem Weinbau.

Servagnin und Plant Robert – zwei rote Sorten mit Parallelen Der Chasselas ist nicht die einzige Rebsorte, die das Waadtländer Terroir ausdrückt. Das tun auch zwei lokale Klone von Pinot noir und Gamay, der Servagnin de Morges und der Plant Robert aus dem Lavaux. Historische Orientierungspunkte und eine Paralleldegustation. Pierre Thomas – Fotos: Sandra Culand Wagen Sie ja nicht, den Winzern der «Produktionszone» Morges zu sagen, sie gingen ähnlich vor mit ihrem roten Aushängeschild wie ihre Kollegen in der AOC Lavaux! Und umgekehrt… Denn auf beiden Seiten Lausannes hält sich jeder für absolut einzigartig. Doch die Initiativen und der Geist, in dem sie unternommen werden, ähneln sich stark, wie unsere Tabelle zeigt (Seite 25). Ja, noch besser: Die mit «Salvagnin de Saint-Prex» und mit «Plant Robert» bepflanzten Rebflächen sind identisch: haargenau je 4,2 Hektaren. Jede dieser beiden mikroskopischen Rotweine erzählt seine ganz persönliche Geschichte, ob klein oder gross, ob authentisch oder in Romanform… Ein Pinot noir aus dem Burgund Die Académie internationale du vin hat sich delektiert am «Epos» des Servagnin, erzählt von Raoul Cruchon, der im letzten Dezember aufgenommen wurde. Vom Journalisten Constant Bourquin in Genf gegründet, hat die Académie noch immer hier ihren Sitz und vereinigt eine illustre Auswahl von Persönlichkeiten aus aller Welt, die dem Wein verbunden sind. Gestützt auf das Buch «Les vignobles vaudois» von Jacques Dubois, hat ihnen der Einkellerer aus Echichens erzählt, dass Marie de Bourgogne, die vor der Pest nach Saint-Prex geflüchtet

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war, den Bewohnern des Städtchens im Herbst 1420 aus Dank einige Stecklinge ihrer Lieblingsrebsorte «Servagnin» geschenkt haben soll. Um ihn vom Pinot noir zu unterscheiden, blieb dieser Klon unter dem Namen «Salvagnin de St-Prex oder, seltener, Vieux Plant Salva­ gnin» bekannt. Die vom Office des Vins Vaudois in den 1960er Jahren unterstützte Kommerzialisierung eines Waadtländer Rotweins unter dem Namen «Salvagnin» trübte dann allerdings sein Image… Die Pflanze selbst wäre um ein Haar verschwunden. Dem Vorarbeiter einer Strassenbaufirma, Werner Kaiser, ist die «Rettung» der letzten Rebstöcke in den 1950er Jahren zu verdanken. Mit Hilfe eines Winzers aus SaintPrex, Pierre-Alain Tardy, konnte der Salvagnin mit nur drei Rebstöcken, von denen ein einziger überlebt hat, neu lanciert werden. Ab 1990 wurden Rebstöcke in verschiedenen Terroirs gepflanzt. Dann, 1996, fand Raoul Cruchon, Präsident der Promotionsvereinigung der Appellation Morges (APAMO): «Die Geschichte ist so schön, dass es idiotisch wäre, keinen Nutzen daraus zu ziehen.» Der Salvagnin wurde zum Serva­gnin, eine «kommerzielle Marke im Besitz der Weine von Morges». Der erste Jahrgang, der 1999 erstmals hätte auf den Markt kommen sollen, wurde auf 2000 verschoben.

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Ein dem Beaujolais «entwendeter» Gamay Auch beim Plant Robert dient Jacques Dubois nochmals als Quelle; er zitiert ein Buch von Burnat und Anken, das 1911 die Existenz dieser Lavaux-Spezialität erwähnt. Einer Spezialität, die mehrere Namen haben kann, wie Plant Robez oder Plant Robaz, sprich: die «gestohlene» Pflanze. Also importiert… was eine weitere Geschichte der Irrungen und Wirrungen nach sich zieht, auf den Spuren des Gamay, der zu Beginn des 19. Jahrhunderts aus dem Beaujolais zu uns gekommen ist. Dieser «feine Gamay aus dem Lavaux» drohte zu Beginn der 1960er Jahre, als die Autobahn Lausanne–Martigny gebaut wurde, ebenfalls zu verschwinden. Er wurde in letzter Minute vom Winzer Pierre Paley (1908-1972) und in der Folge vom Rebschulisten Robert Monnier gerettet. 1975 begann Winzer Henri Chollet ihn wieder anzupflanzen, 1996 gründete er zusammen mit Jean-François Potterat und Blaise Duboux die Vereinigung «der Marke Plant Robert, Plant Robez, Plant Robaz», kurz «3 PR». Wie beim Servagnin ging es zuerst darum, das weinbauliche Material zu sichern. Dank einer strengen Selektion konnten die «guten» Pflanzen ab den 1960er Jahren reproduziert werden, auch wenn eine DNA-Analyse bestätigt,

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Vaud’s Very Own Reds Chasselas isn’t Vaud’s only home-grown grape variety – there are also two clones of Pinot Noir and Gamay respectively: Servagnin from Morges and Plant Robert from Lavaux (see table p. 29). According to Jacques Dubois in Les vignobles vaudois “to thank the people of St. Prex Mary of Burgundy, fleeing the plague, gifted them with shoots of ‘salvagnin,’ her favorite grape, in 1420.” The plant now called Servagnin nearly didn’t make it through the 1950s, but the variety took off again when Saint-Prex winemaker PierreAlain Tardy planted some. It’s now a Morges brand, registered in 1997 with Swiss intellectual property authorities by the Association de promotion de l’appellation Morges (APAMO), which has since become Les Vins de Morges. Jean-François Crausaz is the current president of the Servagnin Commission. Plant Robert – the “fine Gamay of Lavaux” – also nearly disappeared but was saved in extremis by Pierre Paley and Robert Monnier. Henri Chollet planted some in 1975, and by 1996 he and fellow producers Jean-François Potterat and Blaise Duboux had founded an association dubbed the “3 PR” to protect “the Plant Robert, Plant Robez, Plant Robaz brand.” Producers of Servagnin and Plant Robert wines are listed on www.vinsdemorges.ch and www.plantrobert.ch.  p. 29

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Degustation

 Für den Servagnin sieht das Pflichtenheft präzise Praktiken in Weinberg und Keller vor. Jean-François Crausaz, Önologe von Bolle und Präsident der Servagnin-Kommission, beim Aufrühren der Hefen (Bâtonnage).

 Vincent Chollet und seine Frau Valérie, beide mit einem Diplom in Weinbau und Önologie in der Tasche, haben Henri und Claire Chollet in der Leitung des Familienweinguts abgelöst.  Der (kurze) Schnitt der Reben ist ein wichtiger Schritt zur Zügelung des Ertrags.

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dass sich der Plant Robert genetisch nicht vom Gamay unterscheidet. Mit anderen Worten: Er ist ein Gamay-Klon. Noch heute werden die Pflanzen durch drei Rebschulisten von «MutterParzellen» entnommen und vermehrt. Freiheit oder Korsett im Keller? In Morges wie im Lavaux gibt es ein Pflichtenheft, aber die «Zertifizierung von der Rebe bis ins Glas durch das interkantonale Zertifika­ tionsorgan OIC» gibt es nur beim Plant Robert, wie Blaise Duboux unterstreicht. Beim Servagnin garantieren eine gemeinsame Flasche und Etikette, beide zum zehnten Geburtstag neu gestaltet, das Bestehen aller «Schikanen», inklusive Einstufungsdegustation. Beim Plant Robert vermittelt nur die rote Banderole nach dem Vorbild des Chianti Classico Vertrauen. Sonst herrscht bei Flaschen und Etiketten volle Freiheit – um nicht zu sagen: Anarchie! Abgesehen vom Rebberg sind den Winzern keine Zügel angelegt, denn das Pflichtenheft des Plant Robert schreibt den Ausbau nicht vor, im Gegensatz zum Servagnin, der mindes-

tens neun Monate in Eichenholzfässern reifen muss. Die besten Plant-Robert-Produzenten bauen ihren Wein allerdings in Barriques aus, wie die Chollets. Vater Henri (67) hat die Leitung des Betriebs Sohn Vincent (32) und dessen Frau Valérie übergeben. In Morges bietet jeder Produzent nur einen Servagnin an – die Cruchons kultivieren ihn biodynamisch und vinifizieren ihn meistens mittels Ganztraubengärung –, die Chollets dagegen keltern nicht weniger als vier Versionen des Plant Robert: zwei Lagenweine (Clos de Nant und Clos de la Maisonnette) mit einer mittellangen Maische­ gärung von 30 Tagen, einen in Barriques ausgebauten Lagenwein namens Sous-Savuit und die in mehreren Parzellen gewachsene Cuvée Chant de la Terre, teilweise aus Trauben von Reben gekeltert, die zu den ältesten des Guts gehören und oberhalb von Villette wachsen. Zur Erinnerung: Die Chollets produzieren dreissig Weine aus zwanzig Rebsorten, auf einem Weingut mit sieben Hektaren, die zu 40% mit roten Sorten bestockt sind: Walliser Verhältnisse im Lavaux…

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Wenig Erfahrung mit der Entwicklung Ob in Morges oder im Lavaux, die kodifizierte Produktion von Terroirrotweinen ist neu. Soll man diese zwischen 18 und 26 Franken verkauften «Nischenweine» also im Keller lagern? «Ich empfehle, unsere Plants Roberts jung zu trinken, auf dem Höhepunkt ihrer Frucht und Frische», antwortet Henri Chollet ohne Zögern. «Wir haben wenig Erfahrung mit ihrer Entwicklung», fügt sein Sohn Vincent bei. Um die Lagerfähigkeit zu garantieren, muss man die Anstrengungen in den Rebbergen verstärken, die Erträge begrenzen. «Ich war auf Anhieb überzeugt vom Konzept des Servagnin und wir meistern seinen delikaten Ausbau in Barriques immer besser», meint Jean-François Crausaz Önologe des Maison Bolle und neuer Präsident der Servagnin-Kommission. Die Einkellerer von Morges und ihre Kollegen aus dem Lavaux berufen sich auf jahrhundertealte Weinbautraditionen, sind sich aber bewusst, dass sie dem Einsatz moderner Vinifikationsmethoden nicht entrinnen.

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Kriterien Rebsorte Region Bezeichnung Unterscheidungsmerkmale Anzahl Produzenten Rebfläche Ertrag Minimale Oechslegradation Ausbau

Verschnitt (mit einer anderen Sorte) Deklassierung

Auf den Markt gebracht Erster Jahrgang Internet

Servagnin Pinot-noir-Klon «Vieux Salvagnin de Saint-Prex» Produktionsort Morges, AOC La Côte Grand Cru gemeinsame Flasche und Etikette 14 (2011) 4,2 ha, minutiös erfasst 50 hl/ha 82°

Plant Robert Gamay-Klon, selektionierte und zertifizierte Rebstöcke AOC Lavaux Grand Cru, falls der Produktionsort präzisiert wird Banderole über dem Korken 11 (2011) 4,2 ha, minutiös erfasst 75 hl/ha (1 kg/m2) 85°

mindestens neun Monate in Eichenfässern von maximal 600 Litern 5%

keine Vorschriften

zum «Pinot noir»

kann Plant Robert bleiben, wird aber ohne Banderole über dem Korken kommerzialisiert am 1. September des Jahres nach der Ernte 2006 www.plantrobert.ch

16 Monate nach der Ernte (Präsentation an der Arvinis) 2000 Ein QR-Code auf den Flaschen leitet einen auf die ServagninSeite: www.vinsdemorges.ch

5%

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Degustation

Degustation Die Degustation fand am 11. Dezember 2012 in der Weinbar Midi 20 in Lausanne statt. Marco Grognuz, Selbstkelterer aus Villeneuve und Chefdegustator von Terravin, Thierry Ciampi, «Chapeau noir 2012» (siehe Porträt S. 30), Jean Solis und Pierre Thomas degustierten zwölf Plants Roberts 2011 und vier aus dem Jahr-

gang 2010 sowie zehn Servagnins 2010. Von diesen 26 Weinen wurden fünf mit 17 bis 18 von 20 Punkten und damit mit drei Sternen ★★★ ausgezeichnet. Neun Weine erhielten 15 bis 16 Punkte, was zwei Sternen ★★ entspricht. Die Plants Roberts 2011 waren erst gerade abgefüllt worden, die Mehrheit der Serva­

Plant Robert 2011 ★★★ Clos de Nant, Chardonne Grand Cru, Henri und Vincent Chollet, Aran www.mermetus.ch oder www.arte-vitis.ch In mehrjährigen 225-l-Barriques ausgebaut; 1000 Flaschen; Fr. 21.– Strahlende Robe mit violetten Reflexen. Typische Gamaynase mit Veilchen- und Himbeernoten. Auftakt mit Noten von reifen Früchten, schönes Potential, viel Schmelz, ausgewogen, fruchtig und frisch, auf Kirschsteinnoten endend. Ein schön ziselierter Wein.

★★★ Clos de la Maisonnette, Epesses Grand Cru, Plant Robert, Henri und Vincent Chollet, Aran www.mermetus.ch oder www.arte-vitis.ch In mehrjährigen 225-l-Barriques ausgebaut; 600 Flaschen; Fr. 21.– Violette Reflexe. Feine Nase mit Noten von kleinen roten Früchten. Feinkörniger Auftakt, viel Schmelz und sehr ausladend

in der Mitte des Gaumens; Finale geprägt von der Finesse der Tannine. Ein Wein von grosser Frische, ein sortentypischer Gamay für Feinschmecker, gestützt von einer feinen Säure.

★★★ Rouge Ardent, Plant Robert, Union Vinicole Cully – www.uvc.ch Mehrheitlich in Barriques ausgebauter Wein, 60% in zwei- und dreijährigem, 20% in neuem Holz und 20% im Stahltank; 2400 Flaschen; Fr. 20.50 (50 cl: Fr. 15.10) Ins Violett spielende Robe. Ausdrucksvolle Nase mit Aromen von reifen Früchten und Röstnoten. Sehr fruchtiger Auftakt, frisch, komplette, gut verbundene Struktur, ausgewogenes Finale mit Noten von roten Früchten. Ein sehr aromatischer Wein mit gutem Alterungspotential!

★★ Plant-Robert de Lavaux, Patrick Fonjallaz, Epesses www.fonjallaz.info In Barriques ausgebaut (20% neue); 3000 Flaschen; Fr. 17.50 Rubin. Spürbare Holznoten in der Nase, die etwas vegetabile Aromen überdecken. Im Gaumen gutes Gerüst, schöne Fülle und ein Hauch Süsse, etwas adstringierendes Finale. Ein rustikaler, noch von seinem Ausbau geprägter Wein.

★★ Plant Robert, Jean-Daniel Porta, Villette www.vins-porta.ch In Doppelbarriques (500 Liter) ausgebauter Wein; 1300 Flaschen; Fr. 22.–

Rubin mit zinnoberroten Reflexen. Reife Nase mit Noten von eingekochten Erdbeeren und süssen Gewürzen. Geschmeidiger, reichhaltiger Auftakt, in der Mitte des Gaumens etwas wenig Fülle, aber schön geradliniges, von reifer Frucht geprägtes, leicht austrocknendes Finale. Angenehmer, eher einfacher Wein.

★★ Epesses Plant Robez, Blaise Duboux, Epesses – www.blaiseduboux.ch oder www.arte-vitis.ch In Doppelbarriques (500 Liter) ausgebauter Wein; 3400 Flaschen (und halbe Flaschen); Fr. 26.– Rubin mit violetten Reflexen. Nase noch ein wenig verschlossen. Auch im Gaumen präsentiert sich der Wein im Moment noch zurückhaltend, konstruiert aus sehr gutem Traubenmaterial. Finale auf kraftvollen, noch etwas rauhen Tanninen. Gutes Alterungspotential.

★★ Le Chant de la Terre, Plant Robert, Lavaux AOC Villette, Henri und Vincent Chollet, Villette – www.mermetus.ch oder www. arte-vitis.ch In mehrjährigen Eichenfässern von 225 und 450 Litern Inhalt ausgebaut; 4500 Flaschen; Fr. 22.– Dunkles Rubin. Nase etwas belegt, Cassisnoten. Geschmeidiger Auftakt auf Noten von roten Früchten, frisch und bekömmlich. Das Finale ist etwas austrocknend und brandig, mit rauhen Tanninen und Graphitnoten, die an Bleistiftminen denken lassen.

 Die «Fascetta», die rote Banderole, ist das Erkennungsmerkmal des zertifizierten Plant Robert. 26

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© Philippe Dutoit

 Die Guillon-Jury, von links: Jean Solis, Marco Grognuz, Pierre Thomas und Thierry Ciampi.

gnins 2010 dagegen (schon) ausverkauft. Gemäss Pflichtenheft wird der 2011er erst im April präsentiert, 16 Monate nach der Weinlese, und zwar bei der Arvinis (17. bis 22. April 2013) in Morges. Die «Vins de Morges» führen einen Stand an der Arvinis, wo man alle auf dem Markt erhältlichen Servagnins verkosten kann.

Servagnin 2010 ★★★ Domaine Henri Cruchon, Michel & Raoul Cruchon, Echichens www.henricruchon.com oder www.arte-vitis.ch

 Alle Servagnins haben die gleiche Etikette, nur der Name des Produzenten variiert.

In mehrjährigen Barriques ausgebaut (10% neues Holz); 4000 Flaschen; Fr. 20.– Strahlendes Rubin. Nase mit Noten von reifen Früchten und einem Hauch Cassis und Holunder. Reichhaltiger Auftakt, viel Schmelz und Fülle, getragen von feinen und zugleich kraftvollen Tanninen; schöne Weichselnoten des Pinot noir. Ein Wein mit aussergewöhnlichem Gleichgewicht im Gaumen. ★★★ Bolle 2010, Bolle & Cie, Morges www.bolle.ch In zweijährigen Barriques ausgebaut; 2100 Flaschen; Fr. 18.50 Dichtes Karminrot. Komplexe Nase mit Noten von reifen Früchten, gekochten Erdbeeren und süssen Gewürzen. Schöner Stoff und viel Schmelz im Gaumen, reichhaltig und vinös, mit dichten, gut eingebundenen Tanninen. Feine Säure im Finale, getragen von frischer Frucht – sehr gelungen! ★★ Les Trois-Terres, Domaine de Valmont, Cofigo SA, Morges www.lestroisterres.ch Ausbau in mehrjährigen Barriques; 700 Flaschen; Fr. 20.– Dunkles Rubin. Herbe Nase mit Cassis- und etwas vegetabilen Noten. Fülliger Auftakt voller Schmelz, geschmeidig und rustikal zugleich, gestützt von bereits schön verschmolzenen Tanninen.

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★★ Domaine de la Ville de Morges, Luc Tétaz, Morges www.vinsdeterroirmorges.ch In zu einem Drittel neuen Barriques ausgebaut; 800 Flaschen; Fr. 18.50 Rubin mit zinnoberrotem Rand. Sehr reife, sortentypische Pinot-Nase mit Noten von nasser Wolle. Frischer, reichhaltiger Auftakt, reifer Stoff, gut verschmolzene Tannine und ein von Röstnoten geprägtes Finale. ★★ Domaine de Marcelin 2010, Ecole cantonale d’agriculture et de viticulture, Marcelin-sur-Morges www.agrilogie.ch/presentation/ Marcelin/marcelin1.html oder www.arte-vitis.ch

★★ Domaine du Crêt-Blanc, Michel und Martial Gros, Echichens www.cavedubon.ch In zweijährigen Barriques ausgebaut; 700 Flaschen; Fr. 18.50 Rubin. In der Nase Noten von roten Früchten und Weichseln. Im Auftakt leichte Kohlensäure, präsente Tannine, die dabei sind, mit dem Wein zu verschmelzen. Ein von Säure getragener, bereits leicht gereift wirkender Pinot, der etwas trocken endet. ★★

Ausgebaut in zu 10% neuen Barriques aus Schweizer Eiche; 1300 Flaschen; Fr. 20.–

Domaine Le Moulin, Félix Pernet, Villars-sous-Yens www.domaine-lemoulin.ch

Rubin mit zinnoberrotem Rand. Stark vom Holz und von Röstnoten geprägte, schon recht entwickelte Nase. Im Auftakt etwas Kohlensäure, Fülle, reife Frucht, aber durch das Holz trocken wirkendes Finale. Das Ganze bleibt aber verführerisch und von Röstnoten geprägt.

Rot mit zinnoberrotem Rand. Fragile Nase mit Holznoten. Geschmeidiger Auftakt, füllig, reichhaltig und mit Schmelz; kraftvolle, gut eingebundene Tannine, die von schönen, gut ausgereiften Trauben künden.

In einer zweijährigen Barrique ausgebaut; 300 Flaschen; Fr. 20.–

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SERVAGNIN MORGES GRAND CRU

Le vrai goût DU du SERVAGNIN Servagnin

LE VRAI GOÛT

DESCRIPTION Seules les vignes plantées en Pinot Noir, clone Salvagnin, situées dans le lieu de production Morges, ont droit à l’appellation Servagnin de Morges. La production maximale ne doit pas dépasser 50 hectolitres à l’hectare et son raisin doit atteindre un minimum de 82 degrés Oechslé. Vinifié obligatoirement en barrique de chêne, son élevage doit durer au moins 16 mois. Il ne peut pas être commercialisé avant le 1er avril de chaque année. La Commission du Servagnin, qui contrôle toutes ces normes, attribue l’appellation Servagnin de Morges après avoir jugé par une sévère dégustation que les qualités obtenues correspondent à la haute définition exigée. Les bouteilles ayant obtenu l’agrément portent la capsule rouge d’authentification Servagnin de Morges.

Association pour la promotion des Vins de Morges Case postale 72 1110 Morges 1 T 079 869 28 94 vinsdemorges@bluewin.ch www.vinsdemorges.ch


Continued from page 23 Criteria

Servagnin

Plant Robert

Variety

clone of “Vieux Salvagnin de Saint-Prex” Pinot Noir Region place of production Morges, AOC La Côte Designation Grand Cru Distinctive signs all producers use same bottles and labels Number of producers 14 (2011) Grown on 4.2 hectares (ha), all listed Yield 50 hl/ha Oechslé (minimum) 82° Aging at least 9 months in oak barrels of max. 600 liters Blending (with another variety) 5% Declassification to “Pinot Noir” Market launch First vintage Internet

16 months after harvest (presentation at Arvinis, in 2013, April 17-22) 2000 QR code on bottles sends consumers to Servagnin page on www.vinsdemorges.ch.

Gamay clone from carefully selected and certified plants AOC Lavaux Grand Cru, if place of production is given neck label (“fascetta”) 11 (2011) 4.2 ha, all listed 75 hl/ha (1 kg/m2) 85° no imposed conditions 5% can still be called Plant Robert but not sold with the “fascetta” September 1 of year following the harvest 2006 www.plantrobert.ch.

Tasting Notes On December 11, 2012, at the Midi 20 wine bar in Lausanne, wine tasters Marco Grognuz (a Villeneuve-based producer who is chief taster for the Terravin label), award-winning enologist Thierry Ciampi, Jean Solis and Pierre Thomas put twelve 2011 vintage and four 2010 vintage Plants Roberts, and ten 2010 Servagnins, to the test. Of the 26 wines, 5 rated between 17 and 18 points of 20, or three stars ***, and nine rated between 15 and 16 points, or two stars **. The Plants Roberts had just been bottled, while most of the Servagnins were sold out. In accordance with production rules for these two wines (see above), 2011 Servagnin doesn’t go on the market until April – 16 months after harvest – at the Arvinis wine fair in Morges, taking place from April 17 to 22 in 2013. Check out the “Les Vins de Morges” stand to sample them. Following are four of the wines, all barrel-aged, that got three stars at the December 2012 tasting.

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Servagnin 2010 ★★★

Plant Robert 2011 ★★★ Clos de Nant, Chardonne Grand Cru, Henri et Vincent Chollet, Aran www.mermetus.ch or www.arte-vitis.ch Brillant red, purplish glints. Nose of violets, raspberries; ripe fruit attack; cherry stone finish. Fruity, fresh, full, balanced.

★★★ Rouge Ardent, Plant Robert, Union Vinicole Cully – www.uvc.ch Purplish color. Nose of ripe fruit with toasty notes; fresh fruity attack, unified structure; balanced finish on red fruit. Should bottle-age well.

Domaine Henri Cruchon, Michel & Raoul Cruchon, Echichens www.henricruchon.com or www.arte-vitis.ch Brillant ruby. Nose of ripe fruit with notes of black currant and elder; rich, full attack; fine firm tannins, aromas of morello cherry at the finish. Remarkably balanced.

★★★ Bolle 2010, Bolle & Cie, Morges www.bolle.ch Vivid crimson. Complex nose mixes ripe fruit and cooked strawberry with light spiciness; rich and full, sophisticated tannins; at the finish, beautiful fresh fruit balanced by acidity.

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Degustation

 Thierry Ciampi, mit Chasselas gross geworden, hat den begehrten «Chapeau noir» gewonnen.

Thierry Ciampi,

der Önologe, der alles gewonnen hat Wer ist «Chapeau noir»? Und Gewinner des «Goldenen Glases», der Waadtländer Degustationsmeisterschaft? Und sogar der Platinlorbeeren für den besten Waadtländer Chasselas mit dem Qualitätssiegel von Terravin? Die Antwort ist immer dieselbe: Thierry Ciampi! Pierre Thomas – Foto: Philippe Dutoit Im Alter von 34 Jahren hat Thierry Ciampi, Önologe der Gruppe Schenk SA, alles gewonnen, was es 2012 zu gewinnen gab. Ein verblüffender Parcours! Sein Vater, ein Waisenkind aus Avellino, im Hinterland von Neapel, hat mit 18 Jahren sein Glück in der Schweiz versucht. Er arbeitete als Garagist, bevor er sich in die Tochter des Vigneron-Tâcheron des Château de La Bâtie in Vinzel verliebte. Im Alter von 37, längst mit ihr verheiratet, übernahm er selbst die Arbeit in den Rebbergen. Sein Vater begnügte sich damit, Traubenmost abzuliefern, ohne Kenntnisse der Kellerarbeit, Thierry Ciampi hingegen entwickelte genau hier seine Stärke. «Dabei interessierte mich zuerst, als ich nach dem Gymnasium in Nyon nach Changins kam, vor allem der weinbauliche Aspekt.» Zwölf Jahre später – zwischen 1998 und 2001 bildete er sich zum IngenieurÖnologen aus – möchte er seine Stelle um keinen Preis wechseln. 2004 wurde er «Chefkellermeister» bei Schenk und trat damit in die Fussstapfen von Alain Gruaz, der wiederum Armand Dufour ablöste. «Es gibt nicht viele Stellen wie diese in der Schweiz. Sie sind rar und interessant.» Jahr für Jahr prägt Thierry Ciampi mit seiner Handschrift 8 bis 10 Mio. Liter Waadtländer, Genfer und Walliser Wein aus 40 Rebsorten. Wie viele verschiedene Cuvées? «Darüber denke ich lieber nicht nach», vertraut er uns an. Doch dass der Féchy aus Perroy, Clos de la Dame 2011, die Lauriers de

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Platine von Terravin gewonnen hat, überrascht ihn nicht: «Ich habe ihn während der ganzen Vinifikation einmal pro Woche vor Ort begleitet, und es ist ein wirklich schöner Wein!» Dies die Gewissheit eines mit Chasselas gross gewordenen Önologen. Ein Degustationsprofi Und was macht dieser waschechte Degustationsprofi («das füllt meine Arbeitstage aus») am Wochenende? Natürlich, er degustiert… «Mein Papa hat mich auf den Geschmack gebracht, als ich 15 oder 16 war. Übung macht den Meister, ich brauchte tausend Anläufe!» Für ihn wird 2012 ein perfekter Jahrgang bleiben: an einem Wochenende den begehrten Titel Chapeau noir und über die ganze Saison verteilt an 14 verschiedenen Prüfungen («ich habe sie alle absolviert») das Goldene Glas erringen, «das ist etwa so, wie wenn man die Olympischen Spiele und die Weltmeisterschaft im selben Jahr gewinnt. Dazu braucht es auch Glück… Das Comptoir fand vor der Weinlese statt, sonst hätte ich den Kopf nicht frei gehabt dafür.» Thierry Ciampi ist verheiratet und Vater der vierjährigen Tessa und des sechs Monate alten Tiziano. Er kocht liebend gerne und spielt in der Blasmusik von Mont-sur-Rolle Bassposaune: «Posaune spielte ich schon, bevor ich mit dem Degustieren anfing.» In der Önologie spielt er mittlerweile nicht Posaune, sondern die erste Geige…

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Weinconcours

Auf den Ehrenplätzen Noch immer kein Waadtländer Winzer des Jahres, auch nach der sechsten Durchführung des Grand Prix du Vin Suisse! 2012 ging der Titel an den Tessiner Weinhändler Claudio Tamborini. Doch zwei Waadtländer Önologen gewannen je eine nationale Trophäe, die ihnen am 23. Oktober in Bern anlässlich der Gala der Schweizer Weine verliehen wurde. Und auf der nächsten Seite die Waadtländer, die sich in internationalen Concours klassiert haben. Pierre Thomas Die Weihen erhielt der Präsident der Union der Schweizer Önologen, Daniel Dufaux, der für das Maison Henri Badoux in Aigle eine Kollektion von barriquegereiften Weinen namens Lettres de Noblesse produziert. Seine rote Assemblage 2009 aus Malbec und Cabernet gewann den Preis. Dieser Wein ging als bester der 346 roten Assemblagen aus dem Wettbewerb hervor. Der höchste Preis in der Kategorie der Rosés (mit 148 Proben) ging an den Œil-dePerdrix Les Chaumes 2011 der Cave Cidis in Tolochenaz, vinifiziert vom Önologen Rodrigo Banto. In derselben Kategorie erreichte JeanJacques Steiner aus Dully den dritten Rang, ebenfalls mit einem Œil-de-Perdrix de La Côte 2011, Parfum de vigne. Vier nationale Vize-Champions Vier Waadtländer wurden Vize-Champions in ihrer Kategorie. Als einziger bei den (insgesamt 452) Chasselas reüssieren konnte der Villette 2011 Champ-Noé von der Domaine (Jean-Luc) Blondel in Cully, der sich hinter dem Fendant 2011 Balavaud Grand Cru de Vétroz klassierte; der Siegerwein stammt vom Präsidenten von Swiss Wine Promotion, dem Walliser Gilles Besse. Hinter einem weiteren Walliser landete der Varietas Vigne d’Or 2010 der Artisans Vignerons d’Yvorne (AVY) auf dem zweiten Platz der weissen Assemblagen (92 Weine). Um ein Haar hätte er den Hattrick geschafft, nach Gold in Paris und Brüssel (Le Guillon Nr. 41). Eine Bestätigung für den Apicius 2009 vom Clos du Châtelard in Villeneuve, Hammel SA: Der beim Mondial du Merlot als bester Merlot der Schweiz ausgezeichnete Wein musste

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sich nur dem Tessiner SanZeno Costamagna 2009 beugen, produziert vom Winzer des Jahres Claudio Tamborini (insgesamt 139 Merlots). In der neuen Kategorie der Schaumweine wurde die Cuvée Rogivue, Blanc de Blancs 2010 aus Saint-Saphorin, produziert von den Fils Rogivue aus Chexbres Vizechampion. Als einziger Schaumwein von nur 39 Proben eine Goldmedaille gewonnen hatte der Bouvier Brut von Châtenay-Bouvier in Boudry (NE). Zwei weitere Waadtländer konnten sich auf dritten Rängen klassieren: bei den Gamays (107 Weine) der 2010er der Celliers du Cha­ blais SA in Aigle und bei den roten Assemblagen (346 Weine) der Dominoir 2010 der Cave des Rossillonnes von Jean-Paul und Martial Besson in Vinzel. Diese Titel sind die Spitze des Eisbergs am Grand Prix du Vin Suisse, an dem sich 600 Produzenten mit 3000 Weinen beteiligt hatten. 2012 gewannen 68 Waadtländer Weine dabei eine Gold- und 194 eine Silbermedaille (von 748 ausgezeichneten Weinen, das entspricht 25% aller Teilnehmer). www.grandprixduvinsuisse.ch

 Daniel Dufaux, Önologe des Hauses Badoux, und Direktor Kurt Egli.  Rodrigo Banto, Önologe von Uvavins, und Sylvie Camandona, Verkaufsdirektorin der Kooperative.

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Weinconcours

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Vorteil Pinots Bei den internationalen Weinwettbewerben der zweiten Jahreshälfte 2012 haben die Waadtländer Weine beim Mondial des Pinots in Sierre mit zwölf Goldmedaillen ihr gesamthaft bestes Resultat erzielt. 1300 Weine aus 24 Ländern wurden diesmal von der internationalen Jury bewertet. Die Öffnung auf andere Formen des Pinots (sprich andere Farbvarianten und Vinifikationen) hat den Waadtländern Glück gebracht. Drei Kellereien ist gar ein zweifacher Triumph gelungen: der Domaine Croix Duplex (Vogel in Grandvaux) mit ihrem Pinot noir 2011 (1) und einem Œil-de-Perdrix 2011 (2), Henri Cruchon in Echichens (Raoul und Michel Cruchon) mit dem Pinot noir Champanel 2009 (3) und einem Pinot blanc 2011 (4) sowie Henri Badoux in Aigle (Daniel Dufaux, Önologe) mit dem Pinot noir La maison du lézard 2010 (6) und dem Pinot gris Lettres de Noblesse (8) desselben Jahrgangs. Zudem wurde der Pinot gris 2011 Parfum de vigne Clos Saint-Bonnet,

Grand Cru aus Bursinel, mit Gold ausgezeichnet. Des weiteren erhielten folgende Pinots noirs eine Goldmedaille: Les Romaines Grande Réserve 2009 der Frères Dutruy, Founex, der Domaine de Chantemerle 2010 des gleichnamigen Guts in Bursins, der Vufflens-le-Château 2011 der Kollektion «Le Vin Vivant de Bernard Ravet» von der Cave Cidis, der Feu d’amour 2010 der Artisans vignerons d’Yvorne (AVY) und der Pinot noir Barrique 2010 von Alain Neyroud und Gianni Bernasconi in Chardonne. Der beste Schweizer Merlot kommt aus der Waadt Beim Mondial du Merlot, von der VINEA aus dem Tessin nach Sierre verlegt, holten die Waadtländer nur eine einzige Goldmedaille, und zwar für den Apicius 2009 (7), Clos du Châtelard in Villeneuve von der Hammel SA. Das Duo Charles Rolaz, Besitzer, und Fabio Penta, Önologe, gewannen aber nicht «nur» Gold, sondern den Titel für den besten rein-

Awards At Home and 4

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At the Mondial des Pinots, held in Sierre (Valais) in August 2012, Vaud wines won no less than 12 gold medals awarded by an international jury that tasted 1,300 wines from 24 countries. The competition doesn’t just feature Pinot Noir but all the Pinots as the following double distinctions show: two golds each went to the Domaine Croix Duplex (Vogel, Grandvaux) for its Pinot Noir 2011 (1) and Oeil-de-Perdrix (Pinot Noir rosé) 2011 (2); to Henri Cruchon (Raoul & Michel Cruchon, Echichens) for its Pinot Noir Champanel 2009 (3) and its Pinot Blanc 2011 (4); and finally to Henri Badoux in Aigle (Daniel Dufaux, enologist) for its Pinot Noir La Maison du Lézard 2010 (6) and Pinot Gris Lettres de Noblesse 2010 (8). The other winners were: • Pinot Gris 2011, Parfum de Vigne, Grand Cru de Bursinel, Clos Saint-Bonnet

• Pinot Noir 2009, Les Romaines Grande Réserve, Frères Dutruy, Founex • Pinot Noir 2010, Domaine de Chantemerle, Bursins • Pinot Noir 2011, Vufflens-le-Château Collection Le Vin Vivant de Bernard Ravet, Cave Cidis • Pinot Noir 2010, Le Feu d’Amour, Artisans vignerons d’Yvorne (AVY) • Pinot Noir barrique 2010, Alain Neyroud and Gianni Bernasconi, Chardonne. More at www.mondial-des-pinots.com. At the 2012 Mondial du Merlot on October 17, Apicius 2009 (7), Clos du Châtelard Villeneuve, made by Hammel SA (Charles Rolaz, owner, Fabio Penta, enologist), not only took gold – it was pronounced the best Swiss Merlot. The international competition featured 300 different Merlots this year. www.mondial-du-merlot.com.

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sortigen Schweizer Merlot von insgesamt 300 Weinen. Die Beteiligung ist zwar nicht enorm, doch beim Concours des 7 Ceps im November in Bourg-en-Bresse war sie mit 134 Weinen noch bescheidener, darunter 28 aus der Waadt (von 37 aus der Schweiz). Dieser Wettbewerb gibt sich einen olympischen Anstrich, indem er pro Land nur je ein Medaillenset für Weiss- und Rotweine vergibt. Gold gewann der Süsswein Cuvée Euphonie 2011 der Cave Cidis, eine Silbermedaille der Süsswein Cuvée Trilogie 2011 von der Uvavins, Bronze schliesslich ging ex aequo an den Faveur des Muses 2011 der Artisans vignerons d’Ollon sowie die Réserve blanche 2010 der Domaine de Marcelin. Bei den Roten lagen drei Waadtländer Weine aus der Côte an der Spitze: Gold errang der Merlot 2010 Grand Cru der Domaine de Terre-Neuve in Saint-Prex, Silber der Esprit Carmin 2010 der Domaine de Marcelin und Bronze der Gamaret Réserve 2011 der Cave Cidis.

Waadtländer Gamays in Lyon: Schätze… Wenn es einen internationalen Weinconcours gibt, bei dem sich Waadtländer Weine an der Spitze klassieren, dann den Gamay-Concours in Lyon (19. Januar 2013: www.concoursgamay.com). Die Cave des 13 Côteaux, die Winzergenossenschaft der Côtes-de-l’Orbe, konnte eine der vier «grossen Goldmedaillen» gewinnen, die in die Schweiz gingen, und zwar mit ihrer Cuvée Aurore XIIIor (ausgesprochen «trésor» = Schatz!) 2011 (5). Die Version 2010 desselben Weins erhielt darüber hinaus Gold, ebenso zwei Waadtländer Klassiker, die schon an anderen Orten Medaillen geholt hatten, nämlich der Atlantique 2010 von Philippe Bovet in Givrins und der Gamay Barrique 2010 von Bolle & Cie SA in Morges. Die Siegerliste wurde vervollständigt durch den aus Gamay gekelterten Schaumwein Rosé de la sorcière von Pierre Mandry in Founex und den Gamay de Buchillon Violette des Prés 2011 vom Maison du Moulin in Réverolle.

© C. Jaccard /www.vaud-photos.ch

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Abroad At the 7 Ceps competition in Bourg-enBresse (France) in November, 37 of the 134 wines rated were Swiss. A Cave Cidis sweet wine, Cuvée Euphonie 2011, won the gold medal for a Swiss white wine, and the Domaine de Terre-Neuve in Saint-Prex won the gold medal for a Swiss red with its Merlot 2010 Grand Cru. www.concours7ceps.com. Finally: at the Grand Prix du Vin Suisse award ceremony held in Bern on October 23, the big winner in the red blend category was a 2009 blend of Malbec and Cabernet produced by Henri Badoux in Aigle. The winery’s enologist, Daniel Dufaux, is also president of the Swiss Union of Enologists. Top prize in the rosé category went to Cave Cidis, Tolochenaz (Rodrigo Banto, enologist) for its Oeil-de-Perdrix Les Chaumes 2011. Check out the many other

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Vaud winners at www.grandprixduvinsuisse.ch. BULLETIN January 2013: Vaud Wines Win Big at International Gamay Competition in Lyon! • Grand Gold, Aurore XIIIor 2011 (5), Cave des 13 Côteaux, Côtes-de-l’Orbe • Gold, Aurore XIIIor 2010, Cave des 13 Côteaux, Côtes-de-l’Orbe • Gold, L’Atlantique 2010, Philippe Bovet, Givrins • Gold, Gamay Barrique 2010, Bolle & Cie SA, Morges • Gold, Rosé de la Sorcière (sparkling Gamay), Pierre Mandry, Founex • Gold, Gamay de Buchillon Violette des Prés 2011, Maison du Moulin, Réverolle More at www.concoursgamay.com.

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Un autre regard sur Lavaux...

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Dies und das

Vincœurs, la clé des vignes Wein war noch nie so «in» wie heute. Junge Unternehmer sprühen nur so vor Ideen, wie man den Wein anders verkaufen könnte. Etwa mit der Karte Vincœurs, einem Pass, der Begegnungen zwischen Weinliebhabern und Produzenten direkt auf dem Weingut fördern soll. 17 Winzer, von Julien Beauverd wegen ihres Renommees ausgewählt, lehren die Besucher ihre Weine, die sie mit Liebe und Passion ausgebaut haben, zu verstehen und zu schätzen. Beim gemütlichen Beisammensein profitieren Sie bei Ihrem ersten Besuch bei jedem der 17 Weinproduzenten systematisch von einem exklusiven Rabatt von 25%. Preis des Passes, der bis 31. Dezember 2013 gültig ist: Fr. 80.–. Bestellungen auf: www.vincoeurs.ch

Festival Oenovideo 2012

25.03.10 16:11

Der Prix «Revue Le Guillon» wurde der Fotografie «Detail der Presse auf der Domaine Gilles und Odette Miolanne» verliehen, und zwar bei der 7. Internationalen Ausstellung Terroir d’images im Rahmen des Œnovideo-Festivals 2012 in Aigle. Aufgenommen hat das Siegerbild der Autodidakt Pierre-Alain Heydel (www.pa-heydel.fr). Die Jury, bestehend aus Estelle Hofer, Alexandre Truffer und Françoise Zimmerli, bewunderte vor allem den an ein Gemälde grosser Meister erinnernden Zugang dieser Fotografie: den Pinselstrich, die Textur, die Kraft der Farben, ihre Vibration – und dies in perfekter Übereinstimmung mit dem geforderten Thema «Alle Farben von der Traube bis zum Wein». Der Preis wurde dem Fotografen am 28. September 2012 im Palais du Luxembourg in Paris überreicht, und zwar in Form von zwei «Pots vaudois 1822», gefüllt mit den zwei identitätsstiftenden Waadtländer Rebsorten Chasselas und Plant Robert. Die Siegerliste des 19. Œnovideo-Festivals, als dessen Präsident der Schauspieler Claude Brasseur amtete, findet sich auf: www.oenovideo.oeno.tm.fr. Der Preis für den besten «Promotions- und Verkaufsfilm» ging an den Waadtländer Winzer Vincent Graenicher für sein Werk Vin Vaudois, un instant de séduction. 37


Unsere Terroirs und ihre Talente

Wenn das Terroir in die Stadt kommt In der Rue de Genève 100, im Westen von Lausanne, zieht die «Halle Romande» Önophile, Terroiristen und Gourmets jeder Art an. Dieses Geschäft knüpft die Verbindung zwischen urbanen Konsumenten und welschen Produzenten und bietet gegen 700 Artikel an. Wir haben Suzanne Gabriel, die gute Seele des Projekts, getroffen. Alexandre Truffer – Fotos: Sandra Culand

 Ein nicht zu unterschätzendes Plus der Halle romande ist der herzliche Empfang, hier durch Corinne Zambaz.

«Obwohl wir die Mitglieder von ProTerroir in den Vordergrund rücken, arbeiten wir mit Produzenten aus der gesamten Westschweiz», erklärt Suzanne Gabriel. Wer an den Regalen vorbeischlendert, entdeckt in der Tat Bleuchâtel neben Etivaz, Walliser Rohschinken in Kohabitation mit Boutefas und die Biere aus den Freibergen in Gesellschaft einer schönen Selektion von Waadtländer Chasselas. «Die

Halle Romande wurde im September 2011 eingeweiht. Dieses Geschäft ist ein Projekt von ProTerroir, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, 2000 von Prométerre gegründet, um die Waadtländer Terroirprodukte zu bewerben und zu verkaufen», führt die Winzertochter aus Lutry, die zehn Jahre lang als Einkäuferin für Manor tätig war, weiter aus. Köstliche Aromen hängen in der Luft. Direkt neben uns werden Geschenkkörbe aufgereiht, bereit zur Auslieferung. Die «Carrés vaudois», eine lokale Variante der Basler Läckerli, verströmen zarte Noten von Gewürzen und Nüssen, die sich mit dem diskreten Duft von Karamel aus salziger Butter und Waldhonig mischen, zwei weiteren Spezialitäten, die die Angestellten der Halle flink in die Geschenkkörbe packen. «Das sind alles Leute, die der Landwirtschaft nahe stehen und die sich bestens mit Terroirprodukten auskennen», präzisiert Suzanne Gabriel. Zertifizierte Qualität «Wir garantieren unseren Kunden Rückverfolgbarkeit und perfekte Qualität unserer Produkte. Die meisten Produkte, die wir anbieten, sind vom interkantonalen Organ für Zertifizie-

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 Stets frisches Saisongemüse, das ist die Philosophie von Lydia Michel (hier mit einem Lieferanten).

rungen zertifiziert. In gewissen Fällen, etwa beim Bier, ist das nicht möglich, weil die Basisinhaltsstoffe importiert sind. Abgesehen von diesen Ausnahmen entsprechen alle unsere Artikel einem Pflichtenheft, das für mindestens 90% der Inhaltsstoffe eine Herkunft aus dem Kanton verlangt; der Rest muss aus der Schweiz stammen.» Das Label allein ist allerdings noch kein «Eintrittsticket» in die Halle, wie uns die Verantwortliche von ProTerroir erklärt: «Alle hier verkauften Waren haben eine Selektionsdegustation überstanden. Zuerst haben wir dem Schweizer Concours der Terroirprodukte das Mandat anvertraut, doch mittlerweile bilden wir ein Ad-hoc-Komitee.» Aber macht dieser komplexe Prozess nicht die Rentabilität zu einem frommen Ziel? «Wir haben uns drei Jahre gegeben, um rentabel zu werden. Heute laufen gewisse Produkte wie verrückt, während andere mehr Mühe bekunden. Doch die Zahlen sind ermutigend: Die Hälfte der in der Halle getätigten Käufe gehen auf das Konto von Stammkunden, die einmal pro Woche zu uns kommen. Wir haben berechnet, dass ihr durchschnittlicher Warenkorb einen Wert von über 100 Franken aufweist, was beträchtlich ist.» Eine Vielzahl von Projekten Ein Laden, Geschenkkörbe, «assiette du jeudi» (Tagesteller vom Donnerstag), ein Traiteurservice – ist es überhaupt möglich, das Angebot der Halle noch auszubauen? «Wir haben ein Gesuch eingereicht für einen Raum, in

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Terroir in the City Located at rue de Genève 100, to the west of Lausanne, the Halle Romande attracts locavores, gourmets, winelovers – whatever label you pin on them, they come to this store because it offers a direct link between urban consumers and farm producers. Of the 700 items stocked, the Halle’s driving force Suzanne Gabriel says: “we do put the spotlight on the production of ProTerroir members, but we work with producers from the entire Swiss-French part of Switzerland” – an assertion that a stroll through the aisles readily bears out: Vaud specialties like l’Etivaz cheese, boutefas sausage and Chasselas wine are matched by Bleuchâtel (Neuchâtel blue cheese), Valais cured ham, and Franches Montagnes beer. Gabriel points out that while all items are at least 90% local or otherwise Swiss, traceability per se does not for a great product make: taste does – and “we taste everything before agreeing to stock it,” she says, adding that half the products sold are bought by regulars who shop here once a week. Some tips: forest honey, Carré Vaudois cookies, and salted butter caramels. For wine lovers: a different winemaker presents his or her wines every Saturday – and they can be tasted.  p. 41

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Unsere Terroirs und ihre Talente

 Neben dem Feinkostladen bietet die Halle romande ihren Kunden diverse weitere Dienstleistungen an, die alle ein Ziel haben: Westschweizer Terroirprodukte in den Mittelpunkt zu stellen. Sämtliche Angebote findet man auf: www.halle-romande.ch.

 Im Gegensatz zu den Grossverteilern bietet die Halle romande zahlreiche Mehlsorten zum Brotbacken an, die auch nicht den kleinsten importierten Inhaltsstoff aufweisen.

dem man Tapas und ein Glas Wein geniessen kann. Zu Beginn umfasste unser Konzept ein Geschäft und ein Restaurant. Wir hatten Ouchy im Auge, doch die Mietkosten war exorbitant. Aber wir legen die Hände nicht in den Schoss. Die Halle braucht einen Degustationsraum, doch langfristig hoffe ich ein im Zentrum von Lausanne gelegenes Lokal zu finden, um darin ein Restaurant ProTerroir zu eröffnen.» In der Zwischenzeit stehen andere Projekte vor ihrer Realisierung. So soll 2013 ein neues, mehr auf den Kanton Waadt zentriertes Logo eingeführt werden. «Der Begriff romand wird verschwinden, doch werden wir weiterhin Produkte aus den anderen Regionen anbieten, die allerdings als Gastregionen eingeführt werden», präzisiert Suzanne Gabriel. Ein weiteres Projekt, das schon weit gediehen ist: die Umwandlung

des ehemaligen Feuerwehrlokals in Epesses in einen Degustationsraum mit Produkten der Halle. Die Weine stammen natürlich weiterhin exklusiv von den Winzern aus Epesses. Zur Verkürzung der Wartezeit auf die Eröffnung ihrer Weinbar, lädt die Halle jede Woche einen Winzer ein, seine Spezialitäten den Samstagskunden auszuschenken. Als wir kürzlich vorbeischauten, trafen wir auf Laurent Berthet, einen vielversprechenden Winzer aus dem Lavaux. Halle Romande rue de genève 100 1004 lausanne 021 614 25 65 info@halle-romande.ch www.halle-romande.ch


 Suzanne Gabriel, die Seele der Halle romande (links), und ihre Assistentin Marianne Dizerens. Auf dem Bild fehlt die Gerantin Laetitia Guignard.

DER ERSTE TERRAVIN-LADEN Im November 2012 haben Suzanne Gabriel und Philippe Herminjard, Generalsekretär des Qualitätslabels Terravin, das erste Präsentationsgestell von Terravin eingeweiht. Wein gehörte zwar schon immer zu den angebotenen Produkten der Halle Romande, die neue Zusammenarbeit erlaubt es den Konsumenten nun aber, eine beachtliche Selektion von mit den goldenen Lorbeeren ausgezeichneten Weinen zu entdecken. Die Terravin-Wand ist nicht zu übersehen und umfasst rund vierzig Weine aus sämtlichen Waadtländer Appellationen. Das Büro der Qualitätsmarke organisiert den Turnus, sodass alle Winzer, die das gerne möchten, ihre Crus der Lausanner Kundschaft vorstellen können. «Wir wollten den Kunden nicht einfach vierzig Chasselas präsentieren», führt Philippe Herminjard aus, «deshalb achten wir darauf, immer auch Rotweine und Spezialitäten im Angebot zu haben, die unsere Jurymitglieder für würdig befunden haben, die Lauriers d’Or zu tragen.» Im November 2012 kam es noch zu einer weiteren Partnerschaft, und zwar zwischen Terravin und Vacherin Mont-d’Or. Die Beziehung zwischen diesen beiden exklusiven Waadtländer Produkten liegt für viele Gourmets auf der Hand. Nun kann man sie in einem Gastronomiekarton namens Symphonie des Sens kaufen, der eine Flasche Terravin-Wein und einen Vacherin enthält. Ein Feinschmeckerangebot, das selbstverständlich zu den 700 Produkten der Halle Romande gehört.

First Terravin sales point In November 2012, Suzanne Gabriel and Philippe Herminjard, Secretary General of the Terravin wine label, launched a space where Halle Romande customers can taste a rotating selection of 40 wines crowned with Terravin’s highly prestigious Lauriers d’Or distinction. Herminjard explains that “we didn’t just want to offer customers different Chasselas options – we make a point of also presenting reds and specialty wines that our tasting juries thought merited a Laurier d’Or.” Terravin is also partnering with Vacherin Mont-d’Or on a pack called Symphonie des Sens that contains a cheese and a bottle of Terravin wine. La Halle Romande also offers… Catering services: For groups of 30 to 1,000. Six kinds of gift baskets: The “apéro” version includes those iconic Vaud cork-shaped goodies, Bouchons Vaudois, while the many different items in “connoisseur” baskets include a bottle of Johanniter wine, Boxer Old beer, salt with herbs – and sinfully good meringues. Basket of the week: fresh produce – subscribe for six months or a year to a single, couple or family-sized basket and come get it once a week. The Thursday special: a “balanced, healthy” – and seasonal – dish, served at the store. www.halle-romande.ch.

Erratum: Bettschen ist nicht gleich Beetschen! Der erste heisst Steve und präsentiert seine (faszinierende) Erfahrung mit Wein auf der Website www.phusis.ch. Die Cave Beetschen dagegen liegt in Bursins, www.cavebeetschen. ch, und bietet ein einzigartiges Konzept (siehe Le Guillon Nr. 37). Leider haben wir den Namen des ersten im Honigartikel (Nr. 41, S. 38 und 39) falsch geschrieben, wofür wir tausendmal um Entschuldigung bitten. 41


LabeL Vigne d’Or La quête de l’excellence

Quintessence de la nature

Les Artisans Vignerons d’Yvorne ont réservé leurs meilleures terres et leurs meilleurs raisins à cette ligne d’exception. Microclimat, orientation, pente, ensoleillement et aptitude du sol à absorber et restituer l’eau confèrent à chaque parchet sa nature, sa force et sa personnalité. Cette rigoureuse sélection permet d’exprimer la parfaite adéquation des terroirs et des cépages, en donnant à ses vins une grande complexité aromatique et une empreinte hors du commun.

A r t i s A n s V i g n e r o n s d ’ Y V o r n e s o c i é t é co o p é r At i V e

www.avy.ch


Vully – Einigkeit macht stark

Unsere Regionen sind rare Perlen

© Hans-Peter Siffert

2010 verbannte der Bund den Waadtländer und den Freiburger Vully von der Liste der AOC. Zwei Jahre später haben die beiden Einheiten fusioniert und profilieren sich als Region in vollem Aufschwung, die sich durch die Vielfalt ihres Sortensatzes und die hochstehende Qualität ihrer Produktion auszeichnet. Alexandre Truffer – Fotos: Sandra Culand Seit dem 1. Juli 2012 geniessen Waadtländer und Freiburger Vully Anrecht auf eine gemeinsame AOC und haben sich wieder ins Konzert der helvetischen Appellationen eingegliedert. Trotz dieser Fusion, die voraussetzt, dass man heute nur noch vom Vully ohne kantonale Unterscheidung spricht, scheint es nützlich, einen Blick auf die Geschichte des ehemaligen Freiburger Vully zu werfen. Zur Entwicklung des einstigen Waadtländer Vully siehe Le Guillon Nr. 34. Eine kapitale Weinregion Die noch etwas vage Geschichte des Vully soll 2013 enthüllt werden, inspiriert von den Forschungen des Mediävisten Ivan Mariano. In der Zwischenzeit hat uns Christian Vessaz, verantwortlich für den Cru de l’Hôpital und Präsident der Vereinigung der Einkellerer aus dem Vully bereits einiges verraten: Der Weinbau in der Region reicht zweifellos bis in die römische Epoche zurück, denn Avenches, das friedliche Städtchen mit 3000 Einwohnern, war damals unter dem Namen Aventicum die Hauptstadt des römischen Helvetiens und Wohnsitz für über 20’000 Personen. Die Legenden knüpfen eine Verbindung zwischen Königin Bertha von Burgund und den Reben des Vully, die ersten schriftlichen Dokumente stammen allerdings erst aus dem 15. Jahrhundert. Damals kaufte die Burgerschaft von Murten Reben, um das Hospiz der Stadt zu finanzieren und Wein für die Kranken zu produzieren.

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Ende des 19. Jahrhunderts führten zwei bedeutende Ereignisse zu grossen Veränderungen in der Weinregion Vully. «Vor der Phylloxera umfasste der Waadtländer Vully 150 Hektaren Reben, heute sind es noch fünfzig», erklärt Christian Vessaz. Auf der Freiburger Seite passierte genau das Gegenteil: Durch die Korrektur der Juraflussläufe gewann man Landstriche am Seeufer, die zuerst mit Obstbäumen und später zunehmend mit Reben bepflanzt wurden. «Das fundamentale Element für unsere Weinregion war allerdings die Melioration in den 1960er Jahren», fährt der junge Önologe fort. «Ohne das hätten die Rebberge Immobilien weichen müssen und wären verschwunden. Nach Abschluss der Melioration waren die Parzellen von beachtlicher Grösse und standen unter Schutz, was unseren Weinbau gerettet hat.» Während die einzelnen Betriebe die Parzellen nach einer pragmatischen Logik untereinander verteilten, beeinflusste eine Persönlichkeit die Bestockung des ganzen Vully: «Louis Chervet, der Vater von Jean-Daniel Chervet von der Domaine Chervet in Praz, gehörte zu den ersten Weinbautechnikern und war damals einer der am besten ausgebildeten Fachleute. Er bereiste ganz Europa auf der Suche nach modernen Weinbaumethoden und an unser Klima angepasste Rebsorten. Er hat unter anderem den Freiburger (eine Kreuzung von Pinot gris und Sylvaner) und den Traminer (im Rest der Schweiz Gewürztraminer genannt) eingeführt», meint Christian Vessaz.

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Unsere Regionen sind rare Perlen

Der mythische Traminer Während der Gewürztraminer in den anderen Waadtländer AOC Mühe bekundet sich zu entfalten – mit Ausnahme winziger Produktionen von Süsswein aus getrockneten Trauben –, gelingt es dem Vully, aus dieser Rebsorte grosse trockene und alterungsfähige Weissweine zu keltern. Das beweist etwa der Jahrgang 2011 von Jean-Daniel Chervet, der zu den Finalisten des Grand Prix du Vin Suisse 2012 gehörte, oder derjenige des Cru de l’Hôpital, der von Mémoire des Vins Suisses selektioniert wurde. «Der Ruf des Traminers aus dem Vully datiert nicht erst von gestern», erklärt Christian Vessaz. «1985 wurde ein Traminer 1983 der Kellerei Weltmeister beim internationalen Weinconcours von Ljubljana. Damals war das einer der wenigen existierenden Wettbewerbe; mit dem besten Weisswein zu gewinnen, wollte da schon etwas heissen… Die Resonanz war enorm, wurde aber leider schlecht genutzt. Der damalige «Bundesönologe» Jean Crettenand versuchte die Kellerei dazu zu bewegen, die Mehrheit der Flä-

che mit Traminer zu bepflanzen, aber der verkaufte sich zum Preis eines Chasselas und war damit nicht rentabel. Sobald es still wurde in den Medien, geriet der Traminer aus dem Vully wieder in Vergessenheit – nur bei den Profis von Changins nicht.» Der Önologe schickt sich an, neben seinem normalen Traminer, dessen Preis in zehn Jahren von 12 auf 23 Franken gestiegen ist, eine sehr hochstehende Parzellenselektion zu lancieren. «Ich hatte das Glück, mich auf Anhieb bestens mit dem Traminer zu verstehen. Beim Chasselas dagegen brauchte ich zehn Jahre, bis ich zufrieden war mit dem Resultat, und ich glaube, ich habe noch immer nichts vom Pinot noir verstanden…» Sein Prestigetraminer wird – wie sein Spitzenchasselas, der beim Grand Prix du Vin Suisse 2011 zweiter wurde – aus der Lage Fichillien kommen. Diese sandigen Parzellen auf Molasseuntergrund, die Weissweine von erlesener Finesse und intensiver Mineralität ergeben, bilden das Herz des Weinguts. Der auf dem grossen Terroir von Fichillien gebo-

Vully: Strength Throu In 2010, the Vully regions in Vaud and Fribourg found that they’d been removed from the federal list of AOCs. Two years on, they’ve joined forces profiling the diversity of the grape varieties they grow and the high quality of their products. And since July 1, 2012 they’re also back on the AOC list sharing the Vully appellation. Christian Vessaz, the man behind the Cru de l’Hôpital (Domaine de la Bourgeoisie de Morat, Môtier) and president of the Vully Winemakers’ Association, says the oldest documents about winegrowing in the area go back to the 15th century, when the Bourgeoisie de Morat bought vineyards to finance the hospital and make wine for patients to drink.

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Winegrowing thrived in the area, and in the 19th century Louis Chervet, one of the first technician growers, scoured Europe on the lookout for state-of-the-art cultivation methods and varieties that would work well in the Vully climate. Not much of his work would have survived, however, if 1960s laws to check a Vully real-estate boom – which would have spelled an end to winegrowing – hadn’t been passed, Vessaz points out. Among the varieties Chervet brought back were Freiburger and Traminer, both whites. A cross between Sylvaner and Pinot Gris, outside Vully Freiburger is known as Freisamer. Vully is now best known for its Freiburger and Traminer

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rene Traminer wird sehr speziell vinifiziert. «In der Schweiz sind wir die Könige der fruchtigen Weine, aber ich will die Weinigkeit und die Mineralität dieses Weins entwickeln, und zwar durch eine originelle Technik, die ich in Slowenien entdeckt habe: Die Traubenbeeren werden drei Monate lang ganz eingemaischt, zuerst im Most, dann im Wein, der durch Kälte stabilisiert wird. Um ein einziges Barrique zu produzieren, muss man 1000 Traubenbeeren von Hand verlesen – eine verrückte Arbeit! Der erste Jahrgang 2011 wird im Februar 2013 präsentiert.» Der Codex Vully, Garantie für Qualität Neben dem Traminer besitzt die Region Vully noch eine weitere emblematische Sorte, den Freiburger. In der restlichen Welt ist diese Kreuzung aus Sylvaner und Pinot gris unter dem Namen Freisamer bekannt. 1916 in der deutschen Forschungsanstalt von Freiburg im Breisgau von Doktor Charles Müller gezüchtet, wurde er zu Ehren seiner Geburtsstadt Freiburger getauft. In den 1960er Jahren wechselte

ugh Unity wines to the extent that “Vully is starting to become a brand,” according to Madeleine Ruedin, a Salavaux-based enologist who makes her own wines and also works for Pierre Gentizon’s Cave des Marnes in Constantine. What does the future hold? Ruedin agrees with Vessaz when he says: “The most promising variety is Traminer” – and there are already some superlative, dry Traminer de Vully vintages out there with a reputation as great keepers.

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er den Namen, weil die europäische Gesetzgebung untersagte, dass eine Rebsorte den Namen einer Stadt trägt. Nur der Vully, wo er zehn Jahre zuvor von Louis Chervet eingeführt worden war, bewahrt ihm seinen ursprünglichen Namen. Diese Kuriosität, die kaum zwei Hektaren Rebfläche bedeckt, zeichnet sich durch eine fruchtige, oft exotisch anmutende Nase sowie eine reichhaltige Fülle im Gaumen aus. Als vielversprechende Varietät eingestuft, könnte der Freiburger zusammen mit dem Traminer Objekt einer spezifischen Qualitätscharta des Vully werden, des Codex Vully. «Wir wollen diese Rebsorten nach dem Vorbild der Amigne,

 Christian Vessaz lauscht aufmerksam dem Werden eines grossen Weissweins.


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die das Publikum heute automatisch mit Vétroz identifiziert, ins richtige Licht rücken. Der Traminer und der Freiburger müssen zu den identitätsstiftenden Sorten des Vully werden.» Aber wäre es nicht einfacher, daraus einen Grand Cru zu machen, jetzt, da die ganze Region Anrecht auf diese Waadtländer Appellation erheben darf? Der Präsident der Einkellerer nimmt kein Blatt vor den Mund: «Wir haben vor einigen Jahren darüber nachgedacht, dann aber darauf verzichtet, denn diese Gesetzgebung ermöglicht es 70% der Produktion, den Titel Grand Cru zu tragen. Das verunmöglicht die Realisierung von etwas Vernünftigem.»

 Madeleine Ruedin und Pierre Gentizon, ein eingespieltes Duo.

Madeleine Ruedin, die Erneuerung von Salavaux «Die Region besitzt ein exzellentes Potential für Weinbau. Ausserdem beginnt Vully eine Marke zu werden. Es wurde gut kommuniziert

und die Kundschaft anerkennt die Qualität der Weine, die in unserer kleinen Appellation produziert werden», erklärt Madeleine Ruedin auf die Frage, warum sie, die Neuenburger Winzertochter, sich nach neun Jahren Arbeit im Chablais im Vully niedergelassen hat. «Ich hatte eine gefühlsmässig Bindung an diese Region, denn das Haus, in dem ich mein Degustationscaveau eingerichtet habe, gehörte meinen Grosseltern», erzählt die Önologin, die Teilzeit bei der Cave des Marnes von Pierre Gentizon arbeitet. Dieses 1968 von Frédéric Gentizon gegründete Gut umfasst zehn Hektaren zwischen Bellerive, Vallamand und Constantine und profitiert wie der gesamte Vully vom wohltuenden Einfluss des Sees, der Temperaturexzesse mildert. «Auf der Domaine des Marnes wachsen Chasselas, Pinot noir, Pinot gris, Chardonnay, Müller-Thurgau, Traminer, Merlot, Gamaret, Garanoir, Galotta und Mara», zählt Madeleine Ruedin auf, die sich über diese Vielfalt freut. Auf ihrem eigenen Gut ist die Auswahl geringer: Die Trauben für Gamaret, Sauvignon und den Süsswein auf der Basis von Müller-Thurgau kauft sie ausserhalb der Region, selbst kultiviert sie dagegen Pinot noir und Chasselas. Ihr BellesRives, ein feiner, lebhafter, fruchtiger und sehr mineralischer Wein, wird übrigens in Amphoren ausgebaut, eine noch wenig verbreitete Vinifikationstechnik, die sie während ihrer Zusammenarbeit mit Bernard Cavé kennengelernt hat. Was die Zukunft betrifft, ist Madeleine Ruedin einig mit Christian Vessaz: «Die vielversprechendste Sorte ist zweifellos der Traminer. Er hat hier ein Terroir gefunden, das ihm bestens behagt, auch wenn es noch einiges an Arbeit braucht, um ihm zu Gleichgewicht und Struktur zu verhelfen. Die Arbeit im Keller kann verbessert werden, doch die wahre Leistung ist im Rebberg gefragt.» Sie unterstützt die Schaffung einer Charta, deren Hauptpunkte Maximalerträge von 700 Gramm pro Quadratmeter, Handlese und mindestens 90° Oechsle wären. «Es ist sinnvoll, die Vorteile der verschiedenen Rebsorten auszuloten, aber danach muss man sich auf die besten Spezialitäten konzentrieren», schliesst Madeleine Ruedin, «und sie zu Spitzenweinen machen.»

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DAS MAISON DE GUÉVAUX, ZWISCHEN WAADT UND FREIBURG Text und Foto: Caroline Dey

Die von Rebbergen geprägte Landschaft am Ufer des Murtensees, zwischen Vallamand-Dessous und Môtier, war seit dem 15. Jahrhundert eine bei Freiburger und Berner Aristokraten beliebte Gegend für die Sommerfrische. Die Berner errichteten hier Herrenhäuser, darunter das Maison de Guévaux, das im Freiburger Vully liegt, während das dazu gehörende Winzerhaus, durch eine Strasse vom Haupthaus getrennt, im Waadtländer Vully steht. Das Winzerhaus, 1766 erbaut, ist heute Sitz der Domaine de la Douane und diente früher als Zoll zwischen den beiden Kantonen. Zwei Cousins und ein Weingut 1657 war ein Berner namens Nicolas Fischer Besitzer des Hauses. 1742 kaufte Jean-Bernard Kilchberger den Freiburger Herrensitz, auch Les Rondas genannt. Die Wirtschaftsgebäude wurden gegen 1760 erbaut, als die Strasse in den Norden des Guts verlegt wurde. Sein Cousin Nicolas Kilchberger, Vogt von Avenches, errichtete 1747 das Haus auf der Waadtländer Seite, das 1825 von

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Auguste Roulet aus Neuchâtel und später, 1880, von der Familie Rivier erworben wurde. Das ehemalige Wirtshaus wurde 1818 in eine Papeterie umgewandelt. Die Kilchbergers waren nicht nur Cousins, sondern auch Schwäger, hatten sie doch die beiden Schwestern Marianne und Catherine geheiratet. Doch das Nachbarschaftsverhältnis der beiden war nicht ungetrübt. 1753 riefen sie gar die Berner Regierung an, die ein Urteil in ihren Streitigkeiten fällen sollte. Ähnliche Pläne wie in französischen Schlössern Die beiden Gebäude formen ein U, gebildet aus einem Ehrenhof mit Haupttrakt, flankiert von den beiden Flügeln mit den Nebengebäuden. Sie gleichen dem Château de l’Isle, 1696 nach den Plänen von Jules Hardouin Mansart erbaut. Der Architekt von Guévaux ist leider nicht bekannt. Eine Residenz mit traumhaften Gärten Auf den von Albert Knecht 1750 gezeichneten Plänen sieht man, dass

Jean-Bernard Kilchberger für seinen Freiburger Sitz einen charmanten französischen Garten mit einem kleinen Springbrunnen vorgesehen hatte. Als 1872 die erste fahrbare Strasse zwischen Salavaux und Môtier errichtet wurde, mussten die Kilchbergers den Eingangshof anpassen. Die erste Korrektur der Wasserläufe aus dem Jura, im Jahr 1868, die dem See einige Dutzend Quadratmeter Land abgetrotzt hatte, ermöglichte das Anlegen eines weiteren Gartens. Bis heute ist dieses zweigeteilte Herrenhaus ein kultureller Schatz des Vully, den es zu entdecken gilt.

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PATRICK FONJALLAZ Au Clos de la République RUELLE DU PETIT-CRÊT – EPESSES (LAVAUX)

TEL. 021 799 14 44 • FAX 021 799 21 71 • E-MAIL: info@patrick-

PROPRIÉTAIRE DES GRANDS CRUS QUI DEPUIS ONT FAIT LA RENOMMÉE DE LA FAMILLE FONJALLAZ

Für einen Augenblick der Entspannung und der Erholung, den wir für Sie – so hoffen wir doch sehr – unvergesslich gestalten werden. Ein Glas in der Hand, im Schatten der Maulbeerbäume, den Blick voll staunender Bewunderung über die aussergewöhnliche Reblandschaft schweifen lassend. Haben Sie Lust auf eine kleine Köstlichkeit oder steht Ihnen der Sinn nach etwas Handfesterem? Wir organisieren es Ihnen mit Vergnügen!


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Eine Sitzung ausserhalb des Gewohnten, ein Seminar, ein Betriebsausflug, eine Konferenz oder ein vergnügliches Treffen für bis zu 100 Personen, ein Apéro, ein Cocktail oder – in diesem Fall für 70 Personen – ein Bankett: Wir haben den idealen Rahmen dafür, nur wenige Minuten von Lausanne entfernt und in nächster Nähe zu einer Autobahnausfahrt.


The Robes of Confrérie du Guillon Councilors

Pascal Besnard Photo: Edouard Curchod

Artist Pierre Estoppey took his inspiration from Etienne Marcel, 14th century provost of the merchants of Paris, in his designs for the robes of the Confrérie du Guillon’s Councilors. For the Confrérie’s inaugural meeting on July 9, 1954 at Château de Glérolles, the seven members of the Small, or Executive, Council wore red robes while half of the 14 members of the Grand Council

wore yellow and the other half brown robes. The colors were meant to evoke the autumnal hues of a vineyard during the harvest season. The robes themselves stayed pretty much unchanged for over half a century. In their choice of colors, however, the Confrérie’s Governors have provided a bit of variety. Robert Anken, André Perey and Louis Ormond gave us a “green period,” Philippe Gex and the present Governor, Jean-Claude Vaucher, a “blue period” – cobalt in Gex’s case, navy in Vaucher’s. And today, red is no longer the prerogative of members of the Small Council: all Councilors are outfitted in yellow, brown or red depending on their order in the hierarchy. Constable and Lieutenant-Governor wear blue the same shade as the Governor’s robes. The prefects of Confrérie chapters known as cotterds wear brown robes with yellow and violet surplices.


Verwechseln wir nicht Alkohol und grosse Weine

Botschaft des Gouverneurs Jean-Claude Vaucher

Das Bundesamt für Gesundheit hat im letzten Herbst die ersten Auswertungen seiner Datensammlung zum Konsum psychoaktiver Substanzen bekannt gegeben. Diese zeigen, dass ein Fünftel der Schweizer Bevölkerung ihren Alkoholkonsum nicht unter Kontrolle hat, weil er entweder chronisch Alkohol konsumiert oder aber zu viel auf einmal. Natürlich haben sich die Medien im Schlepptau von Alkoholgegnern auf die Daten gestürzt und die Resultate in Szene gesetzt. Auch bei vernünftigen und regelmässigen Trinkern von guten Weinen wurden Schuldgefühle und Ängste geweckt. Diese Betrachtungen setzen sich darüber hinweg, dass die am meisten konsumierten alkoholischen Produkte aus dem Rebbau stammen, dass sie Teil unserer Kultur, unseres Erbes, unserer Geschichte und unserer Gastronomie sind und nicht grundsätzlich schädlich. Nur Missbräuche sind ein Problem und müssen bekämpft werden. Ja, das Rauschtrinken, vor allem bei jungen Leuten, ist eine echte Plage. Aber haben Sie oft junge Leute gesehen, die ein binge drinking im Dézaley, in Yvorne oder in Bonvillars organisiert haben? Nein, diese schädlichen Trinkgelage werden mit klarem Alkohol durchgeführt, der sehr günstig importiert und den jungen Leuten aufgrund der perversen Wirkung eines blinden Wirtschaftsliberalismus zugänglich gemacht wird. Dies geschah mit

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der Senkung der Zollgebühren für Spirituosen auf das Niveau der Steuern für einheimische Destillate. Das Resultat: die einheimische Produktion ist praktisch verschwunden und die jungen Leute können sich sehr günstig betrinken. Diese Plage muss unbedingt bekämpft werden. Aber lassen Sie uns bitte nicht alles vermischen. Der kostbare Saft unserer Reben – hedonistisches, gastfreundliches Produkt mit gesellschaftlichen Tugenden – darf nicht in den Rang einer harten Droge mit verheerender Wirkung erhoben werden. Das undifferenzierte Anprangern des Alkohols aus dem Weinbau und der billigen Spirituosen schadet unseren grossen Weinen, aber auch unseren Winzern, und vor allem erreicht man damit nichts im Kampf gegen das Rauschtrinken. Denn die Schweizer Weinwirtschaft leidet heute ebenso an übertriebener Prävention wie an ausländischer Konkurrenz. Die Philosophie unserer Confrérie besteht denn auch darin, die Kenntnis vom Waadtländer Wein zu verbessern und zu verbreiten. Dabei zeigen wir auch auf, wie man diesen mit Vernunft, mit Mass und Respekt, aber doch regelmässig geniessen kann. Das ist zweifellos die beste Prävention. Dabei sind wir uns bewusst, auch wenn das die Moralisten und Abstinenzler nicht gerne hören, dass ein regelmässiger Weinkonsum mit Mass zur guten Gesundheit beiträgt, und das ist wissenschaftlich erwiesen.

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Die Ressats der «Mercuriales» Pascal Besnard, Echotier – Fotos: Edouard Curchod Mercuriale? Unter dem Ancien Régime Versammlung der Gerichtshöfe, die zweimal jährlich an einem Mittwoch abgehalten wurde und in deren Verlauf der Präsident Bemerkungen über die Art und Weise machte, wie Recht gesprochen worden war. Oder: Pflanze der Familie der Euphorbiazeen mit abführenden Eigenschaften (Bingelkraut). Und Merkur? Römischer Gott des Handels oder Nachbarplanet der Sonne oder Bezeichnung für Quecksilber… An Inspiration dürfte es da eigentlich nicht fehlen… oder doch? Zwischen Ende Oktober und Ende November 2012 jedenfalls waren die «Mercuriales» inspirierend: Merkurisiert oder nicht haben die eleganten Worte des Gouverneurs, des Prévôt, der Hérauts, die sprachlichen Ausschweifungen der Chantres et Clavendiers, die Lieder der Gais Compagnons, die Töne der Trompes und Trompettes, wie üblich lächelnde Gesichter, schallendes Gelächter, Gemütsbewegungen aller Art und frenetisches Klatschen provoziert… Auch bei den Speisen hat es nicht an Inspiration gefehlt. Die festlichen Gerichte, die nacheinander von zwei Freunden der Confrérie, den Küchenchefs Andy Zaugg und Didier Schneiter zubereitet wurden, zeugten davon: vom verfeinerten Solothurner Süppchen zum gebratenen Hirsch-Karree, vom Kalbsbries-Ravioli und den Steinpilzen an Salvagnin zum Entenfilet, vom Ananas-Carpaccio an grünen Limetten zur modernisierten Apfel-Tatin… Selbstverständlich wurden die Gerichte von den besten Waadtländer Tropfen begleitet, die sich in die Gläser mit dem Wappen des Guillon schmiegten. Merkur soll sich darin richtiggehend aufgelöst haben! Alle Fotos der Ressats sind abrufbar auf www.guillon.ch

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Die Ressats der «Mercuriales»

Freitag, 26. Oktober Compagnon majoral André Simonazzi Vizekanzler im Bundesbern Châtelaine d’un soir Yvonne Amacker 100-jährige Compagnon Cédric Buttex Lutry Gilbert Coignet Yens Claude-Michel Salamin Veyras Sébastien Weiss Perroy

Samstag, 27. Oktober Compagnon d’honneur Raphaël Domjan Präsident von Planet Solar Compagnon Alexandre Berthoud Neyruz-sur-Moudon Yves Bonnard Pully André Gondroz Sugnens Jürg Zbinden Corseaux 1

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1. Vizekanzler in Bundesbern und ganzer Compagnon majoral. 2. Gelobt sei der Prévôt Gilbert Folly! 3. Yvonne Amacker (mit ihrer Enkelin), hundert Kerzen am 26. Oktober… 4. Ein Hauch Feuchtigkeit und schön glänzende Augen. 5. Ein feierlicher Moment, aber nicht übertrieben!

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TOBIAS MATHIER

Glücklich! Der Generaldirektor und Leiter des Hauses Jean & Pierre Testuz SA in Treytorrens ist ein glücklicher Mann: Mit nur 36 Jahren hat Tobias Mathier bereits einen Teil seiner Träume verwirklicht. «Als ich als blutjunger Mann mit meinem Vater in der Waadt auslieferte und wir vor diesem wundervollen Weinhandelshaus im

Herzen des Lavaux vorbeifuhren, fühlte ich mich bereits stark angezogen von diesem Familienbetrieb mit fast 500-jähriger Geschichte.» Schon 1538 liess sich die Familie Testuz im Dézaley nieder. «Als Vertreter der dritten Generation einer Winzerfamilie aus Salgesch, verbunden mit Tradition und Wein, war mir die Bedeutung einer solchen Dynastie wohl bewusst.» Doch bis sich seine eigene Geschichte mit derjenigen der Testuz’ verschmelzen sollte, brauchte es noch einige Wege und Umwege. Doch 2007, mit kaum 30, übernahm der Walliser die Leitung des ehrwürdigen Waadtländer Hauses. Angesprochen auf die Partnerschaft zwischen dem Haus Testuz und der Baronnie du Dézaley, meint Tobias Mathier, man müsse mit einer Stimme kommunizieren, wenn es um dieses einzigartige Produkt mit grossem Mehrwert, also den Dézaley, gehe. «Verkaufen wir ihn wie Gold, wie ein ganz kostbares Gut», fordert er. Der Dézaley La Borne, ein Charakterchasselas mit warmherzig-grosszügi-

gem Finale fungiert als Botschafter von Testuz bei der Baronnie. «Von klein auf habe ich gelernt, mit der Natur zu arbeiten und auf mein Bauchgefühl zu hören. Ich liebe es, meinen Vorgängern nachzuspüren, um zu verstehen, was sie gemacht haben.» Es genügt, ihn von Jean Testuz sprechen zu hören, um zu verstehen, was er meint. Denn Monsieur Jean, wie er ihn nennt, ist gewissermassen sein Idol. «Ich stöbere oft in den Archiven, um diesen mittlerweile verstorbenen Mann und die Summe seiner Kenntnisse besser fassen zu können. So lerne ich Tag für Tag dazu. Und da ich für diesen Beruf lebe, für den Wein und durch den Wein, ist das eine Art, mich mit der Geschichte des Hauses und des Dézaley zu identifizieren.» Eine unvergessliche Erinnerung «Von der Standseilbahn aus sehe ich Reben, Rosen, den See, die Berge, so weit das Auge reicht. Dazu gehören Wein, Stille, Verlässlichkeit, Schönheit…» Ein Bild vom Paradies?

FAMILLE FONJALLAZ & Cie

Reben in Epesses, seit 1552 im Familienbesitz, und ein Paar, das 2001 das Weingut von 1,2 Hektaren übernimmt, «weil wir es retten und die Tradition fortführen wollten», meinen Agathe und Toni Fonjallaz Figliola wie aus einem Mund. Es ist eine bisweilen schmerzhafte Geschichte. Sie ist zwar die Erbin, er aber seit jeher der Winzer. Und vielleicht der noch Angefressenere der beiden. Von

1979 bis 1981 hat er auf dem Clos des Abbayes der Stadt Lausanne gearbeitet. «Ohne meinen Mann hätte ich das Weingut zweifellos verlassen», räumt die Brünette mit den feurigen Augen ein. «Aber es sind die Reben meines Vaters, Michel Fonjallaz.» Nach verschiedenen Zwischenfällen und Umwegen funktionieren sie endlich, 48 und 44 Jahre alt geworden, als Binom. Er in den Reben, sie in der Verwaltung und im Verkauf. Der Wein wird in der Cave La Cornalle in Epesses vinifiziert, bei Philippe Rouge, mit dem sie sich für diesen Produktionsschritt zusammengeschlossen haben. Eine gute Arbeitsteilung, die sie zufriedenstellt und mit Stolz erfüllt – so wie ihr Dézaley, der ihre Kellerei in der Baronnie repräsentiert und von dem sie etwa 3000 Flaschen ausbauen, denn «einen Wein erziehen, das ist die Vollendung der Arbeit im Rebberg», unterstreicht Toni, dessen Vater Giuseppe 1960 aus Apulien in die Schweiz kam, um sein Leben als Vigneron-Tâcheron im Lavaux zu verdienen.

Sie freuen sich über ihre Zugehörigkeit zur Baronnie du Dézaley, denn «sie verleiht unserer Arbeit Sinn, macht uns bekannt und ermöglicht uns den Zugang zu einer anderen Kundschaft». Einer Kundschaft, die sie lieben wie ihr Metier. Denn: «Wein verkaufen ist gut. Ihn aber mit Liebe zu verkaufen ist besser», merkt Agathe an. Eine unvergessliche Erinnerung «Der Chemin de la Dame, die mythischste Ecke des Dézaley, zeigt den Hang in seiner ganzen Steilheit: er vermittelt einen Eindruck von Schwindel, gebannt zwischen Reben und See – das ist einzigartig! Hier während der Lese den Znüni geniessen, das ist ein privilegierter Augenblick», sagt Toni. Agathe erinnert sich an ein beängstigendes und prägendes Erlebnis: «Als Kind war ich mit meinem Vater in den Reben, da rutschte ich aus und glitt in erschreckender Geschwindigkeit den Hang hinunter, fast bis zum See. Diesen Körperkontakt mit dem Dézaley habe ich nie vergessen.»


Die Ressats der «Mercuriales»

Freitag, 2. November Compagnon d’honneur Sébastien Loeb Mehrfacher Rallye-Weltmeister Guy Fréquelin CEO Citroën Sport Compagnon Jean-Daniel Aubry Crans-près-Céligny Nicolas Baudet Cossonay-Ville Thierry Chauvet Lausanne Yannick Liniger Chevilly Olivier Mivelaz Singapur Simon Monnard Attalens Cédric Ottet Oron-le-Châtel Olivier Pichot Morges David Platel Oron-la-Ville

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1. Sébastien Loeb wird Compa­ gnon d’Honneur: endlich ein Titel, den er nicht wieder abgeben muss! 2. Fast wie ein Pokal für den bereits zweimal ausgezeichneten Guy Fréquelin.

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Die Ressats der «Mercuriales»

Samstag, 3. November Compagnon majoral Frédéric Borloz Präsident des Vereins Schloss Aigle Commune combourgeoise Vully-les-Lacs Compagnon Jean-Michel Bardet Saint-Aubin (FR) Claude Bessard Salavaux Liliane Burdet Chardonne Giordano Coletti Blonay Moritz Habermacher Ebikon Dominique Haldi Echallens Bernard Houte Meylan Jean-François Isoz Avenches Sandra Joye Rivaz Patricia Rey Chexbres Virginie Rouiller Troinex Luc Sergy Pensier

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1. Eric Hoesli ist es offensichtlich wohl… und er wird Compagnon d’Honneur. 2. Blaise und Steve Bugnon sind überzeugt dabei. 3. Vom Vinorama Lavaux zum Schloss Chillon: Sandra Joye wird Dame Compagnon. 4. Beim Ziehen am Guillon tropft es immer beim ersten Schritt! 5. Vully-les-Lacs, die neue Commune combourgeoise der Confrérie du Guillon. 6. Und noch ein Titel für Frédéric Borloz, jener des Compagnon majoral.

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Freitag, 9. November Compagnon d’honneur Eric Hoesli Publizistischer Leiter Tamedia-Publikationen Compagnon Francis Bouvier Bois d’Amont Blaise Bugnon Croy Steve Bugnon Saint-Prex Paul-Antoine Darbellay Lausanne Urs Heitz Münchenstein Dominique R. Maillard Châtel-Saint-Denis Thierry Maurer Mont-sur-Rolle François Menzel Vaux-sur-Morges Christine Mercanton Saint-Saphorin-sur-Morges Laurent Papaux Villars-sur-Glâne Adrian Rickli Grandvaux

Samstag, 10. November 4

Compagnon Eric Barbay Begnins Francesco Cavicchi Genf Cyril Chacornac Morges Jean-Blaise Defago Wabern Laurent Freymond Montricher Nicolas Gonet Céligny Adeline Mayor Vevey Isabelle Métroz Begnins André Monnard Begnins Jacques Mühlemann Signy-Centre Antoine Nicolas Begnins Brigitte Polonovski Vauclair Genf Raymond Walther Begnins

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Die Ressats der «Mercuriales»

Freitag, 16. November Compagnon d’honneur Bernard Poupon Verwaltungsrat von Reitzel SA Compagnon Michel Barnoud Thonon-les-Bains Gregori Calcagno Blonay Pierre-Alain Cossy Lausanne Alain Daragon Thonon-les-Bains Philippe Guignard Crissier Françoise Marx Publier Sylvain Richard Les Paccots Christophe Tron Thonon-les-Bains

Samstag, 17. November Compagnon d’honneur Philippe Morel Chirurgischer Direktor des Westschweizer Transplantationszentrums Compagnon juré Thomas Dürlewanger Leiter Getränkeeinkauf Spar-Gruppe Compagnon Nicole Conrad La Croix-sur-Lutry René Diserens Peney-le-Jorat Yann Fergeau Genf José Naef Sainte-Croix Enzo Stretti Savigny Claude Verdon Bursinel

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Freitag, 23. November Châtelaine d’un soir Paule Necker Besitzerin Schloss Ripaille Compagnon Mario Canapa Bex Julien Chautems Agiez Pascal Durussel Duillier

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Coraline Egger Duillier Jonathan Egger Carrouge Jean Lauber Allaman Olivier Mesple Lausanne Marcel Portmann Bottmingen Sébastien Rod Lutry Jean-Frédéric Theobald Villars-Mendraz Pascal Udry Echallens Frédéric Zurcher Belmont-sur-Lausanne

Samstag, 24. November

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1. Diese Schleife ist ein echtes Schmuckstück! Coraline Egger hat den Ritterschlag erhalten. 2. Paule Necker, zweifache Schlossherrin: für einen Abend auf Chillon und jeden Tag in Ripaille!

Compagnon d’honneur Laurent Favre Präsident Branchenverband Schweizer Reben und Wein Compagnon juré Gérard-Philippe Mabillard Direktor Walliser Branchenverband Reben und Wein Compagnon Bernard Bally Trélex Olivier Chenuz Cheseaux-sur-Lausanne Olivier Girardet Cugy (VD) Daniel Jaccoud Lausanne Stéphanie Jaquet Cheseaux-sur-Lausanne Kevin Koch Lausanne Blaise Mettraux Echallens Caroline Pariat-Brocard Crassier Nicolas Potterat Cully Cédric Potterat Lausanne Guillaume Potterat Cully

3. Didier Schneiter (rechts von Maisonneur Hans-Ruedi Gerber) und seine aufgestellte Küchenbrigade. 4. Die gekonnte Geste der Kellermeister der Confrérie.

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© Edouard Curchod

Nachruf

Jean-François Massy, der junge Draufgänger in der Schar der Conseillers, die am 9. Juli 1954 auf Schloss Glérolles inthronisiert wurden, ist im Verlauf der Zeit zum letzten noch lebenden Gründungsmitglied der Confrérie du Guillon geworden. Seine damalige Berufung war keineswegs ein Zufall. Im Alter von 33 Jahren, im Jahr 1950, hatte er nach dem Tod seines Vaters (Oberst Massy) das Familiengut Clos du Boux in Epesses übernommen. Von seiner herrschaft-

Jean-François Massy

«Unser letztes Gründungsmitglied hat uns verlassen» lichen Bleibe aus überwachte er seine Weinberge, darunter den bekannten «Dézaley – Chemin de Fer». Als echter Freisinniger engagierte er sich früh schon in der Lokalpolitik. Als Gemeindepräsident von Epesses (1966 bis 1970) und Grossrat aus dem Lavaux (1962 bis 1970) bekannte er sich immer wieder als der Winzertradition und der Achtung ihrer Werte zutiefst verbundener Mann. Aber hier wollen wir vor allem auf seine beispielhafte Art der Lebensführung verweisen. Mit schollennaher Weisheit verstand er es, in völliger Harmonie die Arbeitszeit, die Zeit mit der Familie, seine berufliche und soziale Verantwortung mit der Pflege der Freundschaften, den Kellerbesuchen und Reisen in Einklang zu bringen. Diese Ausgeglichenheit, die

er bei seinen Aktivitäten und seiner Freizeit in der Natur, in anderen Ländern, mit immer neuen Leuten fand, verlieh ihm seine Offenheit andern gegenüber, die stolze Eleganz, die er sich bis zum letzten Tag im 95. Lebensjahr bewahrte. Da er lange der einzige Überlebende der Conseillers der ersten Stunde war, wurde er zum von der Confrérie du Guillon verehrten Patriarchen. Man feierte ihn bei jedem seiner Auftritte, bis hin zu seinem letzten am Einsetzungs-Ressat im Frühjahr 2012. Marcelle, seiner geliebten Frau, Luc, unserem Robenbruder, und Margaret, seiner Familie und seinen Freunden entbieten wir unser tief empfundenes Beileid. In unserer Erinnerung wird unser verehrter Jean-François Massy weiterleben. M.L

© Edouard Curchod

Jean-Marc Sauvant

«Ein aufmerksamer Beobachter der Schwächen unserer Zeit» Am 28. Januar 2012 hat Jean-Marc Sauvant die Confrérie du Guillon auf den Fussspitzen verlassen, nachdem er ihre Aktivitäten lange mit seinem züngelnden und belebenden Geist geprägt hatte. 1927 in La Chaux-de-Fonds geboren, später in Vallamand-Dessus wohnhaft, in einem avantgardistischen Adlerhorst mit Blick auf den Murtensee, wirkte er zuerst als Gemeindesekretär in seiner Heimatstadt, dann als Jurist in der Bundeskanzlei in Bern. 1968 wurde er zum Vizekanzler der Eidgenossenschaft gewählt. Bald sollte er seine bereits profunden Kenntnisse der Geheimnisse von Bun-

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desbern noch ausbauen, indem er von 1981 bis 1992 Generalsekretär der Bundesversammlung und Chef der Parlamentsdienste wurde. Wortsicher, mit feinem Humor und pamphletistischem Schwung, als aufmerksamer Beobachter der Schwächen unserer Zeit, Ästhet unter den Ästheten, war er uns ein Begleiter von seltener Subtilität, mit einer phänomenalen Kultur und in echter Freundschaft. Alles schien diesem Mann leicht zu fallen, insbesondere die zwischenmenschlichen Kontakte. Nach und nach Compagnon d’honneur, Conseiller, Légat, Mitglied des Petit Conseil und schliesslich strahlen-

der Clavendier unserer Confrérie hinterliess er die Spur eines grossen Dieners des Waadtländer Weins, der Schönheit und Einfachheit schätzte. Seine Robenbrüder entbieten seiner Witwe Alice und seiner Familie mit diesen Zeilen ihr tiefes Beileid. E.C.

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Propos de Clavende

Lavaux AOC Dézaley Grand Cru 2010 Vacherin Mont d’Or AOC Jean-François Anken, Lieutenant-Gouvernal J’en ai assez! Défiant les lois de la statistique me voici désigné de nouveau pour vous présenter nos duettistes éternels vacherin et Dézaley. Plus de 600 fois chantres et clavendiers vous ont tout dit sur ces deux larrons. Ce soir, on m’a puni; le chef m’a dit: «Tu as une nouvelle robe, alors tu t’y colles.» Avec le vacherin, ça allait de soi! Alors j’ai cherché: vous parler du sultanat du Mont d’Or, de son calife Haroun al Vacherine et du grand vizir Habdallah Dézaley? Trop difficile, c’était l’al-Quaidature du cercle d’épicéa du Risoux qui sangle notre bonne pâte. Me tournant vers le cinéma; dialogue Jouvet-Simon: «Vacherin, vacherin, vous avez dit vacherin? Moi, j’ai dit vacherin? Comme c’est bizarre…» Ou, parodiant Sacha Guitry le misogyne: «A Chillon, Mesdames, vous verrez combien le vacherin vous ressemble. Doté d’une rotondité parfaite, il est malheureusement comme vous: avec l’âge il se flétrit…» Evoquer plutôt que vacherin et Dézaley d’autres duos célèbres de la région? Vacheron et Constantin? Jaeger et LeCoultre? Audemars et Piguet? Patek et Philippe? Et même, pourquoi pas, Blanc et Pain. Mais, là, on tourne en rond comme une horloge ou la boîte en sapin de notre combier. Et la piste scientifique? Faisant fi des

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méchantes langues qui disent qu’à la vallée de Joux la matière grise est aussi rare que la fourrure sur un poisson, il faut nous pencher sur la matière blanche du vacherin et, pour cela, il nous faut le LHC; non, Mesdames et Messieurs, pas le Lausanne Hockey Club qui, lui, hélas, n’a plus de matière du tout. Là je veux parler du LHC: grand collisionneur de hadrons: anneau de 27 km de circonférence creusé sous le Pays de Gex. C’est là qu’il y a trois mois on a mis en évidence la particule élémentaire de toute matière, y compris le vacherin: le boson de Higgs. C’est lui qui, petite particule lente et lourde, avec des milliards de congénères, a composé une piscine de mélasse cosmique permettant à l’énergie de se transformer en matière. Il y a dans votre assiette un peu de l’alchimiste créateur. En 1906, chez les Combiers, on ne parlait pas de boson, on s’arrêtait à la beuse, reste peu digeste des vaches laitières employée comme engrais et que l’on retrouve dans l’expression enjouée des mamans photographiant leur progéniture: «Fais un petit sourire à papa qui revient des beuses.» Un siècle plus tard il faut moderniser le marketing: j’ai alors fait part de mes préoccupations à un confrère: Doc Gynéco, sous spécialité le rap, qui m’a dit: «Passe-moi le fromage, je vais le mettre en musique.»

Alors voilà les paroles; pour la musique, Doc Gynéco n’a pas encore accouché… Frères et sœurs super fresh, super cool, Breakers fous de tout âge Allez les soul brothers Allez les soul sisters On va faire le smurf Sur le rap des fromages. On commence en grande première Par le roi du rap, Le fromage de Gruyère C’est celui que ce râpe le plus… Et tout de suite après le gruyère, ça va être, le tour du camenbert. On continue dans notre fromagerie En breakant à fond sur le fromage de Brie. Le coulommiers, un d’ceux qui pue le plus. On n’oublie pas non plus le fameux port-salut, Ni le reblochon et encore plus fort: Le bleu d’Auvergne et le roquefort. La cancoillote qui coule, Tout ça c’est super cool. Génial aussi il est le livarot, vraiment trop, mais trop le livarot. Sans oublier l’edam et le gouda, Chester, parmesan et le gorgonzola. Enfin génius moelleux, c’est pas rien, Celui qu’on kiffe ici, c’est le vacherin! Pour accompagner cette star, il faut bien sûr un grand nectar, et seul le Dézaley peut assumer ce rôle.

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Cotterd

Claude-Alain Mayor, Tabellion Fotos: Edouard Curchod

Ein Vorzeichen!

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Man weiss es ja: Der kleine Neue will immer alles besser machen, um die Alten zu verblüffen. Diesen Eifer erwähnte schon La Fontaine mit dem Frosch, der so gross werden wollte wie der Ochse. Aber dieser Eifer kann auch ein unvermutetes Organisationstalent offenlegen und entsprechende Erfolge feiern. Diese Erfahrung machten die rund zwanzig Conseillers, die am Freitag, den 7. September 2012 das Privileg hatten, den Léman zu überqueren oder dem Ufer zu folgen, um zum Schloss Ripaille zu gelangen, wo die Feierlichkeiten für die Gründung des Cotterd von Savoyen angesagt waren. Empfangen wurden die Gäste im Ehrenhof der Sommerresidenz von Fürst Amédée VIII. Die insgesamt 120 Teilnehmer spazierten durch den gutseigenen Wald zu einem wunderschönen Jagdpavillon hoch über dem See, wo sie von den klingenden Jagdhörnern und einem unwiderstehlichen Buffet mit lokalen Produkten, begleitet von Ripaille-Weinen, erwartet wurden. Diese ausgezeichnete Einführung war aber nur ein bescheidenes Vorspiel im Hinblick auf die Gaumenfreuden, die sich den Gästen ankündigten, die von Pendelbussen zum Schloss zurückgeführt wurden. Im schattigen Garten wurden auf sechs weiss betuchten Tischen ebenso viele Savoyer-Weine angeboten, die vom Compagnon Juré Eric Duret ausgewählt worden waren, dem besten Weinkellner Europas 1998. Begleitet wurden sie von Appetitanregern, die an Originalität rivalisierten. Die Gäste konnten die Weine von Samuel und Benoît Delalex von der Domaine Lucas und der Domaine de La Goutte d’Or kennenlernen, darunter einen eindrücklichen Crépy 1992, einen Chasselas, der einmal mehr von der Haltbarkeit dieser Sorte zeugt. Erwähnenswert ist, dass zwei Weine in Amphoren gekeltert worden waren, die jenseits des Léman poetisch «Zementfässer in Eiform» genannt werden. Die Versammlung begab sich darauf in den herrschaftlichen Speisesaal, um an Tischen

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Ripai Zentrum ei

Platz zu nehmen, die für die Gelegenheit mit den Namen von Weinbaugebieten in der Waadt und in Savoyen benannt worden waren. Ohne Berücksichtigung der Herkunft befand man sich im Chablais, an der Côte oder auch in Marignan oder Crépy. Das war schliesslich nicht so wichtig, zumal das Essen an allen Tischen aus der Küche von Charles Plumex stammte, dem Chef des Prieuré in Thonon – ein Stern im Michelin – und, wie es die Tradition will, von Waadtländer Weinen begleitet wurde. Das Festessen war dem Ort und dem Ruf des Kochs gewachsen. Die aufeinanderfolgenden Gerichte gefielen den vom Willkommensgruss von Préfet Bernard Vioud belustigten Tischgenossen. Sie erfreuten sich auch der humorvollen Rede von Gouverneur Jean-Claude Vaucher, der die Situation der Schweiz und ihrer Weine innerhalb der EU unter die Lupe nahm, und der wortgewaltigen und feurigen

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ille im einer Taufe Präsentation von Speise und Trank durch Héraut Christian Dénériaz. Nach einer zarten Gänseleber, die dank einer Reduktion von Himbeeren und Cassis voll zur Geltung kam, genossen die Gäste kurz gebratene Jakobsmuscheln und verstummten dann über einem besonders zarten und schmackhaften Stück Kalbfleisch. Vor dem Schlussbouquet erzählte Louis Necker, Chef vor Ort, die erstaunliche industrielle Geschichte des Guts. Dem lokalen Genie wurde dann mit der Käseplatte gefrönt, auf der ein Tomme de Savoie, ein Abondan­ce de la Vallée und ein Chèvre des Plagnes lagen. Zum Dessert schliesslich rundeten eine Schokoladenmünze sowie eine Zitronencreme begleitet von einer Pistache- und Schokoladegarnitur das Wohlbefinden der Gäste ab. Gesättigt von den Gütern dieser Welt, zumindest jener von Hochsavoyen, brachten die Anwesenden ihr Glücksgefühl zum Ausdruck,

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indem sie in den Aznavour-Refrain der Gais Compagnons einstimmten: «Il me semble que la misère serait moins pénible au soleil». Diese Vermutung war übrigens völlig imaginär, denn die Sonne schien den ganzen Tag und von Elend konnte nicht die Rede sein… Zusammenfassend sei gesagt: Ripaille kann Chillon das Wasser reichen, und für seine Taufe hat der Sovoyer Cotterd die Latte für andere Cotterds und die Conseils der Confrérie du Guillon sehr hoch gelegt.

1. Empfang der Gäste im Schlosshof. 2. Die Gais Compagnons beim Aperitif im Jagdpavillon. 3. Der Préfet und der Gouverneur nehmen Schlossherrin Paule Necker in die Mitte.

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Š Siffert/weinweltfoto.ch


Die Quatre Heures du Vigneron in Cully

Weinland Bourg-en-Lavaux Pascal Besnard, Echotier – Fotos: Edouard Curchod

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Die Quatre Heures du Vigneron in Cully

Der Zusammenschluss von Riex, Epesses, Villette, Grandvaux und Cully am 1. Juli 2011 hat die grösste Waadtländer Weinbaugemeinde entstehen lassen. So ist für die fröhliche Truppe der Kenner der Confrérie du Guillon ein kleines Paradies entstanden. Folgerichtig wurde sie aufgefordert, am letzten Augustsamstag und am ersten Septembersamstag des Jahrgangs 2012 ihre Geruchs- und Geschmackssinne in den gastfreundlichen Kellern einzusetzen, die in Cully die feinen Tropfen beherbergen. Jene der Berthet, Blondel, Bovard, Dubois, Ponnaz, Potterat und Weber, und natürlich jene der Union viticole, und wir vergessen auch die «Guests stars» nicht, die Gäste des Kelterhauses Maison Jaune, Bujard und Chollet aus Aran, Chollet aus Montagny, Bron aus Chenaux, Duboux und Fonjallaz aus Epesses, Mal-

herbe aus Grandvaux; und last but not least die Baronnie du Dézaley, die nur einen Zapfensprung vom blauen Léman entfernt ist. Das Wetter zeichnete sich an besagten Samstagen durch Unbeständigkeit aus, die Worte wurden den Umständen angepasst und die Wortspiele erhielten den Stempel exzellent, ganz wie die Lavaux-Weine und die dazu gereichten Gerichte, die von Benoît Thürler zubereitet und im Ruvines-Saal von den Fanchettes mit der üblichen Eleganz serviert wurden. Die Quatre Heures in Cully, in der Gemeinde Bourg-enLavaux, hinterliessen in den Blicken der Compagnons und der Gäste etwas Leuchtendes, einen feuchten Glanz. Und allen, die diesen grossen Moment in der Gemeinschaft vorbereitet haben, spricht die Confrérie ihre Anerkennung aus.

1. Max Graf, der erste Gemeindepräsident von Bourgen-Lavaux. 2. Moment der Gastfreundschaft in der Kellerei Potterat – auf der Gartenseite! 3. Compagnons und Conseillers vereint unter dem neuen Banner der Confrérie du Guillon. 4. Im Ruvines-Schulhaus, dem Rahmen des letzten Akts der Quatre Heures, der Mahlzeit.

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Grussbotschaft des Prévôt Gilbert Folly

(Auszüge) Bourg-en-Lavaux, das sind Cully, Epesses, Grandvaux, Riez und Villette. Was für eine schöne Weinkarte! Vor dieser verlockenden Wahl, und ohne die vier andern schlecht zu machen, haben sich die Conseils der Confrérie du Guillon für Cully entschieden, einen Ort, der uns lieb ist, weil wir da bereits 1994 unsere Quatre Heures verbrachten. Also praktisch gestern! Cully gehört zu den geheiligten Orten des Guillon, weil der erste Gouverneur, François Cuénoud, hier Gemeindepräsident war. (…) Und wenn ich vom IQ spreche, dem Intelligenzquotienten, dann denke ich an Tapolet, einen guten Kerl aus meinem Dorf (in meinem Dorf gibt es übrigens nur gute Kerle), aber Tapolet schaute oft etwas zu tief in die Flasche. Eines Tages wollte ihm der Pfarrer ins Gewissen reden: «Du weisst doch, Tapolet, zu viel Alkohol schadet der Gesundheit. Er hat es auf das Gehirn abgesehen und zerstört die Neuronen.» Tapolet blieb die Antwort nicht schuldig: «Herr Pfarrer, eine Schafherde passt ihren Schritt immer dem schwächsten Tier in ihren Reihen an. Und wenn der Wolf die Schafe angreift, dann stürzt er sich auf das schwächste Element. Wenn dieses vom Wolf gerissen wurde, dann kann die Herde etwas rascher vorwärtsziehen. Mit meinem Kopf ist es nicht anders: Der Alkohol zerstört die schwächsten Neuronen, so dass mein erleichtertes Hirn besser reagieren kann. Ich fühle mich ähnlich wie Einstein, Verlaine und Mozart!» Da mein IQ ist, was er ist, grüsse ich euch, liebe Leute aus Cully und von anderswo, ganz herzlich im Namen der Conseils der Confrérie du Guillon. Gelobt sei der Wein!

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Porträt eines Conseillers

Daniel H. Rey:

Von den Immobilien zu Rebe und Wein! Gilbert Folly, Prévôt Foto: Edouard Curchod Zweifellos ist der Apfel nicht weit vom Stamm gefallen. Aber obschon Papa bereits in der Immobilienbranche tätig war, ist Daniel H. Rey – im Gegensatz zu Obelix – bei seiner Geburt am 5. November 1964 nicht in den Immobilientopf gefallen. Nach der obligatorischen Schulzeit trat er bei der Waadtländer Kantonalbank eine Lehre an. Den Militärdienst beendete er als Hauptmann und nahm dann eine Stelle bei der Credit Suisse an, zuerst in Lausanne, dann – nach einem Sprachaufenthalt in Deutschland – in Zürich. Die folgenden zwei Jahre erlernte er in Zusammenarbeit mit seinem Vater die Grundlagen eines Berufs, den er nicht sofort ausüben sollte, weil er während eines Jahres kreuz und quer durch die Schweiz reiste, um Publi-Reportagen für Bilan zu verkaufen. Dann kehrte er ins Geschäft zurück. Zuerst in einer Immobilienverwaltung in Blonay, bevor er, mit 29 Jahren, DHR Gérance Immobilière SA gründete. Zwei Jahre später rief er zusammen mit seinem Vater die GDR Promotions ins Leben und brachte fast 200 Wohnungen im Stockwerkeigentum auf den Markt. Seine Immobilientätigkeit führte ihn dann zu Reben und Wein. 2005 übernahm er die Caves du Petit-Versailles und ging dabei eine Verbindung ein mit zwei Vertretern der dritten Generation der Familie Dubois, Grégoire und Frédéric. Das Trio sorgte für das Weiterbestehen des tradi-

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tionsreichen Unternehmens der Waadtländer Weinwirtschaft. Damit stand Daniel-Henry einer Gesellschaft vor, die rund zwanzig Personen beschäftigt, etwa zehn Hektaren Reben besitzt und Ernten kauft, die sie in ihren Einrichtungen in Puidoux verarbeitet. Dazu gehören die Trauben des Weinbergs, den die Stadt Lausanne im Lavaux und in der Gemeinde Bourg-en-Lavaux besitzt. Nach nur zwei Jahren übernahm Rey auch die Kellerei und den Weinberg von Schloss Glérolles. Über die Société Patrimoine Pierre SA, deren Verwaltungsratspräsident er ist, wurde er zudem Besitzer des Schlosses. Seine vielseitigen beruflichen Aktivitäten lassen Daniel H. Rey noch genug Zeit, um Golf zu spielen. Und im Winter trifft man ihn auch auf den Skipisten an. Im Sommer verbringt er zudem seine Ferien in Island beim Fliegenfischen. Er soll

sich dabei sehr geschickt anstellen. Die Lachse müssen sich in Acht nehmen! Wer weiss, dass unser Mann auch noch Mitglied der Rotarier im Lavaux ist und verschiedene Sportclubs unterstützt, der wird sich fragen, ob unser Conseiller auch noch Zeit findet für die Familie? In der Tat! Die Herausforderung hat er zur Zufriedenheit von Patricia angenommen, die er 1994 heiratete und mit der er zwei Kinder hat: Raphaëlle besucht den Unterricht an der Schule für Gestaltung in Lausanne und Jérémie geht in die obligatorische Schule. Bei den Reys gibt es übrigens so etwas wie eine Arbeitsteilung. So hat Madame nicht gezögert, das Band einer Dame Compagnon der Confrérie du Guillon umzuhängen. Die Bänder für Raphaëlle und Jérémie sind bereits bestellt! Für die Zukunft der Confrérie ist gesorgt!

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Lüften wir den Deckel

Rückkehr des Freunds aus Solothurn Andy Zaugg, Zum Alten Stephan, Solothurn Pascal Besnard, Echotier Fotos: Edouard Curchod Im Herbst 2008 schlug Andy Zaugg zum ersten Mal seine Zelte in der Küche von Schloss Chillon auf (*). Dieser Abstecher weckt bei den Gästen der damaligen Serie nach wie vor positive Erinnerungen: «Seither sind in meinem Restaurant täglich zwei oder drei Tische von den Compagnons der Confrérie du Guillon belegt», erklärt der Solothurner Spitzenkoch. Für ihn selbst ist die Erinnerung an das Jahr 2008 nicht nur positiv. Die Stimmung an den Ressats hatte ihm sehr zugesagt, aber zur gleichen Zeit musste er einen hohen Preis bezahlen: Der Michelin hatte ihm seinen Stern aberkannt. Der Gastronomieführer «bestrafte» seine Exkurse in die Molekularküche. «Schlussendlich hat mich das neu stimuliert», kommentiert der Chef, «ich habe begriffen, dass man seine Leidenschaft und seinen Stil nie verleugnen soll». Andy Zaugg lernte schnell, berief sich erneut auf die alte Leidenschaft und sein Knowhow und holte so den Stern wieder zurück. Sein Können fand auch im Gault et Millau seinen Widerhall: Er verbucht dort 17 von 20 Punkten, wie einige andere grosse Küchenchefs in der Schweiz. Und die Rückkehr nach Chillon im Herbst 2012, wie erlebte er die? «Mit einer grossen Last auf den Schultern, weil ich weiss, dass die Teil-

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nehmer an den Ressats ausgesprochene Feinschmecker sind. Am Anfang des ersten Abends war ich wie ein Tiger auf dem Sprung! Aber weil alles rund gelaufen ist, hatte ich nachher eher das Gefühl, in einer entspannten Stimmung für gute Freunde zu kochen… »

«Wir sind keine Stars, unser Auftrag ist es, unsere Kunden gut zu bedienen.» Andy Zaugg

Andy Zaugg betont immer neu, ein Küchenchef, auch ein bekannter, müsse mit beiden Füssen auf dem Boden bleiben. «Wir sind keine Stars, unser Auftrag ist es, unsere Kunden gut zu bedienen.» Und die «Kunden» von Schloss Chillon wurden verwöhnt. Beispielsweise mit dem überraschende Solothurner Süppli, einer traditionellen Vorspeise im Zum Alten Stephan, das dem kulinarischen Solothurner Erbe zugerechnet wird, aber von Andy Zaugg deutlich leichter und bekömmlicher zubereitet wird… Übrigens, wann ist der nächste Besuch des Solothurner Freunds auf Schloss Chillon geplant? (*) Siehe Le Guillon Nr. 34, Seite 53

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Lüften wir den Deckel

Solothurner Weissweinsuppe interpretiert von Andy Zaugg Für 4 Personen

Zutaten für die Suppe 4 dl Weisswein 4 dl Hühnerbouillon 4 dl Rahm 1 El Kalbsfond 1 El Basilikum-Pesto 1 KL Sambal Olek Salz, Pfeffer • Alle Zutaten zusammen aufkochen. • Warm stellen. • Vor dem Servieren mixen. Suppeneinlage 30 g Butter 40 g Lauch in Julienne 40 g Karotten in Julienne 80 g geräuchertes Poulet in Brunoise • Die Gemüse blanchieren. • Gemüse und Poulet in der Butter anbraten.

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Dekoration 1 dl Vollrahm, geschlagen 20 g Schnittlauch Paprika • Die Einlage in die Suppentassen füllen. • Eine Rahmhaube auf den gefüllten Tassen anrichten. • Mit Schnittlauch und Paprika bestreuen. Der Wein Um das von Andy Zaugg neu zubereitete Solothurner Süppchen zu begleiten, hat der Küchenchef einen Yvorne vom Château Maison-Blanche Jahrgang 2011 gewählt. Zuerst, weil es sich um einen Chasselas handelt und dieser auch in der Suppe vertreten ist. Dann aber auch, weil dieser grosse Waadtländer Weisswein säurehaltig und doch harmonisch ist, Qualitäten, die man auch im Süppchen findet. Andy Zaugg empfiehlt, den Yvorne mit Kellertemperatur auszuschenken, also nicht zu kalt.

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Guillon d’Or

Guillon d’Or – Clos, Domaines & Chât Claude-Alain Mayor, Tabellion – Fotos: Edouard Curchod

 Gut gelaunt überreicht Gouverneur Jean-Claude Vaucher der Preisträgerin den Guillon d’Or. Die dazugehörige Karaffe wird ihr der Präsident von CD&C André Fuchs übergeben.

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Die erste Auflage des Guillon d’Or im Jahr 2011 krönte mit EPFL-Präsident Patrick Aebischer die wissenschaftliche Aura und die unternehmerische Vision. Die Jury 2012, präsidiert von Jean-Claude Vaucher und zusammengesetzt aus Jean-Jacques Gauer, Hotelier, Pierre Keller, Präsident des Office des Vins Vaudois, Philippe Gex, Gouverneur d’honneur, Peter Rothenbühler, Mitglied der Direktion von Edipresse, und Sekretär Claude-Alain Mayor, wurde von einer künstlerischen Faser inspiriert, als sie entschied, das unermessliche Talent und die ausserordentliche Karriere der Schweizer Schauspielerin Marthe Keller zu ehren. Am Montag 25. September war der Salon Delamuraz im Lausanne Palace bis auf den letzten Platz gefüllt, um diese grosse Dame, Charme-Botschafterin unseres Landes, zu

empfangen. Mit einigen Minuten Verspätung eingetroffen legte sie Wert darauf, sich ehrlich, natürlich und mit Humor zu entschuldigen und so das Publikum für sich zu gewinnen. Den Auftakt der Ehrung machte Jean-Claude Vaucher, der die Gewinnerin und das Publikum, dem insbesondere auch Staatsrat Philippe Leuba angehörte, zu begrüssen. Der Gouverneur rief die Geschichte und den Zweck des Preises Guillon d’Or – Clos, Domaines et Châteaux in Erinnerung, der unsere Confrérie und die Promotion der Waadtländer Weine mit einer international bekannten, hochstehenden Persönlichkeit assoziiert, die unseren guten Ruf in die Welt hinausträgt. Conseiller Claude-Alain Mayor hatte das Privileg, die Verdienste der Preisträgerin aufzuzählen. In Basel geboren und zuerst dem klassischen Ballett zugeneigt, wandte sich Marthe Keller in der Folge den deutschen Bühnen zu, wo sie Erfahrungen sammelte. Dann begab sie sich nach Frankreich, wo sie mit der Fernsehserie La Demoiselle d’Avignon Erfolge feierte und mit Philippe de Broca, Gilles Grangier und Claude Lelouch drehte. Von John Schlesinger entdeckt startete sie 1976 ihre Karriere in Hollywood (Marathon Man, Bobby Deerfield, Fedora), wo sie u.a. mit Dustin Hoffman, Al Pacino, Laurence Olivier und Marlon Brando auf der Leinwand zu sehen war. Die Oscars waren in Griffweite, aber die unersättliche Perfektionistin suchte neue Herausforderungen. Sie kehrte nach Frankreich zurück, wo sie ihre Zeit zwischen Kino, Fernsehen und Theater aufteilte. Auf der Bühne glänzte sie 2004 mit Don Giovanni in der Metropolitan Opera in New York, und 2009 mit dem gleichen Stück im Grand Théâtre in Genf.

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âteaux 2012 Im Kino hatte sie André Dussolier, Matt Damon und Gérard Depardieu als Partner. Die anspruchsvolle Marthe Keller liess sich nicht katalogisieren und lehnte auch erfolgversprechende Rollen ab, wenn sie diese nicht spürte. Sie verfolgte eine völlig unabhängige Karriere, abseits von Modeerscheinungen, mondänen Anlässen und dem Showbusiness. Gegenwärtig wohnt sie in Paris, sie bleibt aber der Schweiz eng verbunden, wo sie sich immer öfter aufhält und in Verbier erholt. Sie durchquert somit oft das Waadtland und schaltet in Lausanne einen Halt ein, um an der ECAL oder in der Schule des Théâtre des Teintureries Kurse zu erteilen. Der Höhepunkt der Feierlichkeit war erreicht, als der Gouverneur und der Präsident von Clos, Domaines et Châteaux, André Fuchs, der Gewinnerin im Blitzlichtgewitter ihre Trophäen überreichten: einen Kristall-Guillon mit eingraviertem Namen und die dazugehörige Chasselas-Karaffe. Dazu gehörte das Versprechen, 36 Kartons mit Waadtländer Qualitätsweinen zu liefern, die von CD&C offeriert werden, dem grosszügigen Spender des Preises. In ihrer Dankesrede betonte Marthe Keller maliziös, es sei das erste Mal, dass trotz der Anwesenheit einer grossen Zahl von Journalisten ihr Leben getreulich und genau nachgezeichnet wurde. Sie beteuerte mit Überzeugung ihre Leidenschaft für die Westschweiz, ihre Landschaften, die Leute und die Weine, die sie sowohl in Paris wie in Verbier, wohin die Kartons übrigens geliefert werden, ihren Gästen zusammen mit selbst gekochten Mahlzeiten ausschenken wird. Zum Abschluss der Preisverleihung versammelten sich alle Teilnehmerinnen und

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Teilnehmer in der Rotonde zum Aperitif. Die strahlende Heldin des Abends schritt von einer Gruppe zur andern und beteuerte immer neu ihren Dank und ihre Freude, dass sie diese entspannenden Momente gemeinsam mit Leuten verbringen dürfe, die sie schon als alte Bekannte betrachte. Die grosse Medienpräsenz und ein beglücktes Publikum zeugen klar von der guten Wahl der Jury anlässlich dieser zweiten Preisverleihung.

 Während Marthe Keller und der Connétable ganz Ohr sind für die Lobrede von ClaudeAlain Mayor, sieht der Chancellier nur die Preisträgerin.

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1er Grand Cru

Un millénaire d’excellence Entrez dans l’univers d’exception d’un 1er grand cru www.chatagnereaz.ch Les 1ers Grands Crus vaudois, nouveaux symboles d’excellence Membre de l’Association


Waadtländer Weinmuseum – Schloss Aigle

Etiketten: Die Gesichter des Weins Fabien Loi Zedda, Präsident und Conseiller

In dem 1971 von der Confrérie du Guillon gegründeten Museum steht die zweite von drei Phasen der völligen Umgestaltung vor dem Abschluss. Die erste und wichtigste war mit der grossen Einweihung am 24. April 2010 besiegelt worden. Ein Raum allein für die Weinetiketten… Kleine Bilder, Zeichnungen, Stiche: Die Etikette ist immer einmalig, wie eine Person oder eine Unterschrift. Das sagt auch der Name des neu gestalteten Raums im Rebbau- und Weinmuseum auf Schloss Aigle: Die Gesichter des Weins! Mobiliar im Baukastensystem, harmonische Beleuchtung, interaktive Säulen: Alle Mittel wurden eingesetzt, um die ausserordentliche Sammlung des Museums zu präsentieren. Unter der Leitung von Pierre Schulthess, Préfet des Tessiner Cotterd und

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anerkannter Sammler und Spezialist, hat die Museumskommission eng mit der Etiketten-Confrérie, mit Nicola Isoz, dem Konservator, und Claire Halmos, der museologischen Projektleiterin, zusammengearbeitet. Von den insgesamt mehr als 300‘000 Etiketten in der Sammlung wurden für die Ausstellung deren 1200 ausgewählt, die sich wiederum auf diverse Themenbereiche verteilen. Sie zeigen Bilder von Schlössern, aus der Politik, aus Comics, lustig-frivole Szenen, Künstler, Landschaften, Winzerfeste oder auch historische Ereignisse. Besondere Ehre wird einer der bekanntesten Weinmarken des Landes zuteil, dem Aigle les Murailles. Auch aktuelle Einflüsse finden sich. So ist ein spezieller Bereich den Etiketten der Weine der Stadt Lausanne gewidmet, die in Kürze eine neue Serie von Etiketten lancieren wird. An zwei interaktiven Säulen können die Besucherinnen und Besucher in die Sammlungen des Museums Einblick nehmen. Zu diesem Zweck wurde eine spezielle Datensammlung erstellt. Eingeweiht werden die neuen Räumlichkeiten am Samstag, den 20. April 2013. In Aigle können Sie eine einmalige, lebendige, spielerische und veränderbare Ausstellung entdecken. www.museeduvin.ch

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Domaine de la Grille Alain Parisod Propriétaire-encaveur 1091 Grandvaux

Die Kolumne von Michel Logoz

1412 – 2012 Tél. 021 799 48 15 e 600 anniversaire Fax 021 799 48 16 25 générations de tradition Natel 079 607 44 20 E-mail : alain.parisod@parisod.ch www.parisod.ch

Treffpunkt mit den Konsumenten! «Wenn du nicht zu Lagardère kommst, kommt Lagardère zu dir!» Die bekannte Tirade stammt aus dem Melodrama mit Umhang und Schwert Le Bossu. Müssten sie unsere Schweizer Weinproduzenten nicht als Schlachtruf übernehmen, um die schimpflich der Konkurrenz überlassenen Märkte zu erobern (oder zurückzuerobern)? Wird es trotz dem starken Franken und dem konstant sinkenden Konsum unserer Schweizer Weine ausreichen, an die patriotische Faser zu appellieren, das «Swissness»-Banner zu schwenken oder den Weintourismus zu fördern, damit sich die Miteidgenossen vom unwiderstehlichen Bedürfnis getrieben sehen, zu unseren Winzern zu eilen? Alle diese Initiativen kann man selbstverständlich nur begrüssen, genauso wie die Überzeugungskampagnen auf Internet, über die sozialen Netze, die Medien- und Plakatkampagnen im ganzen Land sowie an den Messen und Ausstellungen. Wenn man aber weiss, dass die Grossverteiler allein 40 Prozent des Verkaufsvolumens (alle Produktionsorte zusammen) auf sich vereinen, muss man sich eingestehen, dass die grossen Schlachten auf diesem Boden ausgetragen werden. Mit Strategien, die leider oft zufällig sind, wenn man sich daran erinnert, dass die Importeure und Verteiler bei den ausländischen Weinen über zwei Mal höhere Margen verfügen als bei den Schweizer Weinen. Werden sich die Weine aus unseren Kantonen im Flaschendschungel aller Nationalitäten, die die Ladengestelle füllen, weiterhin an privilegierter Lage platzieren und Werbung für die einheimische Produktion machen können? Ja, da werden wir kämpfen und Präsenz markieren müssen, um die Konsumenten bei ihrer Wahl zu leiten und zu führen. Dort, wo der Markt in Bewegung ist, müssen wir aktiv sein, etwa in den grossen städtischen Zentren, mit «Swiss Wine Bars» im Herzen der Einkaufszonen. Schliesslich geht auch das päpstliche Oberhaupt aktiv auf seine Schäfchen zu!

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Epesses Domaine Maison Blanche

Pinot-Noir Villette « Domaine de la Grille »

Villette « Domaine de la Grille » Chasselas Terravin

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Avec passion et avec vous.

Le domaine de Montagny est situé en Lavaux, une région riche d’une longue tradition viticole. La BCV veille sur ce patrimoine historique et poursuit son exploitation dans le respect du savoir-faire local.

TERROIR Ça crée des liens

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