Le Guillon Nr. 43 - DE

Page 1

Zeitschrift des Waadtl채nder Weins

with english summary

NR. 43 2/2013

revueLeguillon.ch


Avec passion et avec vous.

Le domaine de Montagny est situé en Lavaux, une région riche d’une longue tradition viticole. La BCV veille sur ce patrimoine historique et poursuit son exploitation dans le respect du savoir-faire local.

TERROIR Ça crée des liens

www.bcv.ch


Revue Le Guillon GmbH Chemin de la Côte-à-Deux-Sous 6, CH-1052 Le Mont-sur-Lausanne Tel. +41 (0)21 729 72 68 – revue@guillon.ch

www.revueleguillon.ch

Daniele Finzi Pasca, Regisseur der Fêtes des Vignerons 2019, wird hier selber in Szene gesetzt, und zwar vom Fotografen Régis Colombo www.regiscolombo.com

Le Guillon, die Revue des Waadtländer Weins erscheint zweimal jährlich in den Sprachen Französisch und Deutsch, mit englischen Zusammenfassungen.

Fifty Shades of… Waadtländer Wein! Françoise Zimmerli Ach, was sage ich da! Viel mehr als nur fünfzig! Einmal ist er sexy, dann wieder jazzig, im Land von Sushi tritt er gar als veritabler Star auf. Der Nuancenreichtum des Waadtländer Weins ist deutlich grösser geworden. Mit der neuen Equipe, angeführt von Präsident Pierre Keller, hat sich die Zeit beschleunigt und der Uhrzeiger droht buchstäblich zu explodieren. Man wird sich daran gewöhnen müssen: Die Waadtländer Weine sind nicht mehr dieselben. Wenn auch nicht völlig andere. Zwischen Tradition, Innovation und Superqualität, setzen sie sich immer mehr durch im Kreis der Grossen. Sie legen eine unstillbare Lust an den Tag, ihren Weg weiterzuverfolgen und dürsten nach Anerkennung. Man hat sie aufgefordert, etwas zu wagen. Und nun wagen sie es – endlich! Beweise gefällig? Es genügt, ihr Abschneiden in den grossen internationalen Concours zu verfolgen. Nicht nur, dass sie sich regelmässig der Konfrontation mit der weltweiten Weinproduktion stellen, sie zeichnen sich dabei auch aus, gewinnen ohne jeden Komplex Medaille um Medaille. Kompliment auch an den Waadtländer Daniel Dufaux, den frisch gebackenen Sekretär der Union Internationale des Œnologues, und vor allem an den in Italien geborenen Tessiner Paolo Basso, der am 29. März 2013 glanzvoll zum besten Sommelier der Welt erkoren wurde. Seine Karriere begann er übrigens im Restaurant Raisin in Cully, wo er mit den Waadtländer Weinen vertraut wurde. Gratulieren möchten wir auch zwei Bruderschaften, der Confrérie du Guillon für ihre exzellenten Leistungen in den fast sechzig Jahren ihrer Existenz (nächstes Jahr feiert sie ihren runden Geburtstag) und der zeitlosen Confrérie des Vignerons de Vevey zur Wahl des talentierten Tessiners Daniele Finzi Pasca zum Regisseur der Fête des Vignerons 2019. Und auch wenn die Verkäufe der Waadtländer Weine (noch) nicht ganz mit ihrer Bekanntheit mithalten können, so setzen sie doch auf eine neue Generation von Konsumenten, die den Waadtländer Weinen – sehr zu Recht! – ihr Vertrauen schenken. P. S. A big welcome to those of you reading the magazine in English. Whether you live in Switzerland or are just visiting, we hope you enjoy learning more about the exceptional wines made in the Pays de Vaud and our unique art of living.

Trend Träumen wir das Fest!

3

Waadtländer Wein Fragen an Nicolas Joss Die Wahl des Staatsrats Terravin am Wendepunkt Paolo Basso – ein teuer erworbener Titel Zehn Jahrgänge Arte Vitis – und dann?

6 9 11 16 19

Degustation Rebberge in Gemeindebesitz Degustation der Gemeindeweine Weinconcours im Ausland Weinconcours in der Schweiz Mondial du Chasselas 2013

23 28 32 35 37

Unsere Terroirs und ihre Talente Die Rückkehr des Mont-d’Or

39

Unsere Regionen sind rare Perlen Die Côtes de l'Orbe auf Erfolgskurs

45

Confrérie du Guillon Botschaft des Gouverneurs Die Gipfel-Ressats Propos de Clavende Porträt eines Conseillers – Fabrice Welsch Freiburger Cotterd Porträt eines Conseillers – Jacques Henchoz Lüften wir den Deckel Horizonte – Frederik Paulsen Etiketten: Die Gesichter des Weins Die Kolumne von Michel Logoz

55 56 65 67 68 71 72 76 78 80

Impressum: Geschäftsführung: Dr. Jean-François Anken (Präsident), Gilbert Folly, Daniel H. Rey. Partner: Confrérie du Guillon; Office des Vins Vaudois; Qualitätslabel Terravin; Fédération des caves viticoles vaudoises; Section vaudoise de l’Association suisse des vignerons encaveurs; Service de l'agriculture (SAGR) – Office cantonal de la viticulture et de la promotion (OCVP); Service de la promotion économique et du commerce (SPECO). Verlagsleitung: Françoise Zimmerli. Mitarbeiter dieser Ausgabe: Pascal Besnard, Gilbert Folly, Michel Logoz, Fabien Loi Zedda, Claude-Alain Mayor, Pierre Thomas, Alexandre Truffer, Jean-Claude Vaucher, Eva Zwahlen. Übersetzung ins Deutsche: Evelyn Kobelt (Confrérie), Eva Zwahlen. Übersetzung ins Französische: Loyse Pahud. English adaptation: IP Communication in English. Art director: STLDESIGN – Estelle Hofer Piguet. Fotografen: Studio Curchod – Edouard Curchod, Diapo.ch – Régis Colombo, Kairos atelier photos – Sandra Culand, Philippe Dutoit, weinweltfoto.ch – Hans-Peter Siffert. Fotolitho und Druck: IRL plus SA. Anzeigenleitung und Abonnemente: www.revueleguillon.ch – revue@guillon.ch – ISSNN 1423-7393


LabeL Vigne d’Or La quête de l’excellence

Quintessence de la nature

Les Artisans Vignerons d’Yvorne ont réservé leurs meilleures terres et leurs meilleurs raisins à cette ligne d’exception. Microclimat, orientation, pente, ensoleillement et aptitude du sol à absorber et restituer l’eau confèrent à chaque parchet sa nature, sa force et sa personnalité. Cette rigoureuse sélection permet d’exprimer la parfaite adéquation des terroirs et des cépages, en donnant à ses vins une grande complexité aromatique et une empreinte hors du commun.

A r t i s A n s V i g n e r o n s d ’ Y V o r n e s o c i é t é co o p é r At i V e

www.avy.ch


Trend

Träumen wir das Fest! Machen Sie 2019 auf keinen Fall zwischen dem 27. Juli und dem 11. August Ferien! Denn dann steigt das Winzerfest von Vevey, die Fête des Vignerons. So hat es der Rat der Confrérie des Vignerons im vergangenen Mai bekanntgegeben und einstimmig entschieden, wer der grosse Mann hinter dieser einzigartigen Feier sein wird: der Tessiner Daniele Finzi Pasca. Françoise Zimmerli – Foto: Régis Colombo Sein Name sagt Ihnen vielleicht nichts, doch seine Schöpfungen sprechen für sich. Tatsächlich ist dieser kleingewachsene, 49-jährige Mann mit dem Gesicht eines «mondsüchtigen Pierrots» ein Riese in der globalen Theaterwelt, ein allseits anerkannter, grosser Künstler und eine markante Figur auf den internationalen Bühnen. Endlich wurde er sogar in seiner Heimat geehrt – 2012 erhielt er den HansReinhart-Ring, die höchste Auszeichnung der Schweizer Theaterszene.

Spiele, und das Lausanner Publikum kennt ihn vom Stück Donka – Une lettre à Tchekov, das zum 150. Geburtstag des russischen Schriftstellers und Dramaturgen aufgeführt wird. Die Zuschauer verlassen seine herausragenden Inszenierungen überwältigt, hingerissen

«Ich bin so zufrieden, dass ich gar nicht genug Gesichter für mein Lächeln habe.» Daniele Finzi Pasca, anlässlich seiner Ernennung zum Regisseur der Fête des Vignerons

Auf Erfolgskurs Daniele Finzi Pasca ist 18 Jahre alt, als er in humanitärer Mission für sieben Monate nach Indien reist, wo er Sterbende betreut – eine Erfahrung, die ihn zeichnet. Zurück in Lugano, will er «Geschichten erzählen, die gut tun» und arbeitet mit zwei Mitstreitern eine Vision der Clownerie, der Pantomime, des Tanzes, der Zirkuskunst und der Musik aus, die er «Theater des Streichelns» nennt. Damals kreiert er den Monolog des Icaro, der mehr als 700 Mal aufgeführt wird, sogar noch heute, zwanzig Jahre später. Auf Anfrage des Cirque Eloize kreiert er Nomade, Rain sowie, zusammen mit seiner eigenen Compagnia, Nebbia. Er zeichnet zudem verantwortlich für das Programm Corteo des Cirque du Soleil, das bis heute weltweit drei Millionen Zuschauer gesehen haben. Seine kreative Kraft führt ihn auch in die Welt der Oper, zuerst nach Sankt Petersburg, wo er im Mariinsky-Theater Aida inszeniert, dann nach Neapel, wo er Pagliaccio von Ruggero Leoncavallo auf die Bühne bringt. In Turin inszeniert er die Schlusszeremonie der Olympischen

Le Guillon

Nr. 43 2/2013

3


Trend

von der delikaten Kraft und der Transparenz seiner Kunst, der poetischen Leichtigkeit seines akrobatischen Theaters. Und erliegen seiner Sprache der Emotion, seiner Fähigkeit, die heutige Technik in immer noch gigantischeren Spektakeln zu meistern und als hochsensibler Mensch trotzdem seinen Markenzeichen Innerlichkeit und Empathie treu zu bleiben. Die Entscheidung der Confrérie des Vignerons, angeführt von ihrem Abbé-Président François Margot, lässt sich also bestens nachvollziehen. Wer würde sich besser dazu eignen, den Winzern und ihrem Metier die verdiente Ehre zu erweisen als dieser grossartige und grossartig bescheidene Künstler, der mit seinen Visionen Menschen auf der ganzen Welt verzaubert? Zurück zu den Wurzeln Für Daniele Finzi Pasca bedeutet dieses neue Abenteuer eine Rückkehr zu den Wurzeln – nach

4

langen Jahren des Reisens durch die Welt. Ein Bedürfnis nach Nostalgie, dem er nachgibt. Zu Hause ist er in Lugano, genauer an der Piazza Molino Nuovo, dem Quartier seiner Kindheit und nach wie vor Sitz seiner Compagnia, aber auch in Vevey, wo sein Vater einst eineinhalb Jahre lang gelebt hat, um sich als Fotograf auszubilden. Dieser Vater, der ihn gelehrt hat, dass «die Beleuchtung ein Objekt empfindlich verändern kann, indem es ihm Transparenz, Volumen oder Tiefe verleiht, die es andernfalls vielleicht nicht erlangen würde». Sohn des Windes Doch woher kommt seine Meisterschaft im Inszenieren grosser Spektakel? «Der Wind», sagt er, «der Wind ist es, der uns vorantreibt und Wege vorschlägt. Wenn du ein Schiff steuerst, dann suchst du den Wind und du ahnst voraus, wo du ihn finden wirst. Ein Regisseur

Le Guillon

Nr. 43 2/2013


legt seine Route auf die gleiche Weise fest.» Und fügt an: «Allein die Grösse eines Spektakels modifiziert die Strategie, der Wind aber ist immer derselbe.»1 Bevor er sich ganz der Fête des Vignerons widmet, plant er die Eröffnungsfeier der Paralympics in Sotchi 2014 und begleitet die Tournee seiner letzten Show La Verità, die am 9. Oktober 2013 in Lausanne ihre europäische Premiere feiert und dann in Zürich und Lugano gezeigt wird. Daniele Finzi Pasca bleiben sechs Jahre Zeit, um sich die Fête des Vignerons auszudenken, der Confrérie um sie zu organisieren – und uns künftigen Besuchern, um von ihr zu träumen und uns zu freuen. Kosten wir die Vorfreude also aus, sie ist bekanntlich die schönste Freude…

Emotion und Tradition Seit 1797 findet die Fête des Vignerons fünfmal pro Jahrhundert statt, immer auf einer temporären Bühne auf dem Marktplatz von Vevey. 1797 zählte sie 2000 Besucher und zwei Vorstellungen, 1999 verfolgten 240 000 Besucher insgesamt 14 Vorstellungen und eine Krönung. 2019 könnte das Fest 300 000 Personen willkommen heissen. Während das Budget 1999 rund 54 Millionen Franken betrug, dürfte es sich 2019 auf 65 bis 70 Millionen Franken belaufen. Der Preis für die Billette ist noch nicht fixiert. 1999 lag er zwischen 62 und 260 Franken.

La Verità, Salle Métropole, in Lausanne vom 9. bis 20. Oktober 2013. Theater 11 in Zürich vom 23. Oktober bis 3. November 2013.

1

Facundo Ponce de Leon: Daniele Finzi Pasca, Théâtre de la caresse, Montevideo 2010.

Daniele Finzi Pasca at the helm of the 2019 Fête des Vignerons The Fête des Vignerons of Vevey is one of the most typical of Swiss festivals. Except for leading roles, all parts are played by amateurs. Once in a generation this ancient tradition arouses the emotion of all the inhabitants by celebrating the labours, the merits and the joys of the wine-growers. Ever since the late Middle Ages the Brotherhood of Wine-growers pursues its mission of checking the progress of the wine-making and organising, five times a century, a spectacular festival. The Brotherhood Council has unanimously selected Daniele Finzi-Pasca, the internationally acclaimed stage director and choreographer from Tessin, to mastermind the 2019 edition. Finzi-Pasca is best known for his

Le Guillon

Nr. 43 2/2013

shows: Nomade, Nebbia and Rain for Cirque Eloize and Corteo for Cirque du Soleil. The emotional power of his unique stage productions, and their technical excellence, has dazzled audiences worldwide. His latest show, La Verità, will have its European premiere in Lausanne on 9th October, 2013. (FZi)

Some numbers The Fête des Vignerons always takes place in the market square in Vevey. Back in 1797, there were 2,000 spectators, in 1999 there were 240,000, and in 2019 300,000 are expected, while the budget has risen from CHF 54 million in 1999 to an estimated 68 million in 2019.

5


Waadtländer Wein

Fragen an Nicolas Joss Die Kommunikation, oft als effizientestes Mittel zur Verbesserung der ökonomisch schwierigen Situation der Waadtländer Weinregion bezeichnet, verlangt Klarheit und Kohärenz. Seit etwas mehr als einem Jahr im Amt, erklärt Nicolas Joss seine Philosophie und präsentiert die grossen Baustellen, an denen das OVV arbeitet. Alexandre Truffer – Fotos: Office de Vins Vaudois

 Im Lavaux an den Tagen

der Offenen Keller, trotz höchst unsicherem Wetter.

6

Ihre Aufgabe besteht darin, für Waadtländer Wein zu werben. Doch was ist überhaupt Waadtländer Wein? Ein Elixier, das seine Identität aus seinem Terroir zieht, eine Kraft, welche geografisch gesehen weit voneinander entfernte, kulturell unterschiedliche Weinregionen miteinander verbindet, und ein Bindeglied, das Leute zusammenführt, die sich im Waadtländer Wein wiedererkennen. Selbstverständlich ist der Chasselas von grosser Bedeutung für den Kanton, doch ist er nur die wichtigste Facette einer sehr diversifizierten Weinregion.

Seit einem Jahr leiten Sie das OVV. Wie definieren Sie Ihre Philosophie? Ich komme aus der Hotellerie, einer Branche, die sich durch ihre Dynamik und ihren Sinn für Gastfreundschaft auszeichnet. Diese zwei Qualitäten will ich in der Weinregion Waadt fördern. Ich wurde sofort ins kalte Wasser geworfen, denn einige wichtige Anlässe erforderten meine unmittelbare Aufmerksamkeit. Trotzdem habe ich mir die Zeit genommen für den Dialog mit den Winzern, nicht um ein Beschwerdeheft einzuführen, sondern um die Projekte zu präsentieren, die das OVV künftig unterstützen will. Wenn wir von bedeutenden Anlässen sprechen, wie sieht Ihre Bilanz der Offenen Keller 2013 aus? Das Wetter in diesem Frühling hat uns Kopfzerbrechen bereitet, trotzdem möchte ich zwei positive Punkte der Ausgabe 2013 hervorheben. Zuerst einmal: Die Jungen – ich spreche von der Altersgruppe zwischen 25 und 35 – waren sehr präsent. Unsere Anstrengungen in Kommunikation und Positionierung haben die junge Generation für die Weinkultur sensibilisiert. Einmal mehr haben viele Auswärtige am Anlass teilgenommen, vor allem Englischund Deutschsprachige. Die Schlussbilanz ist recht positiv, in allen Regionen. Eine weitere grosse Baustelle ist die Selektion der Waadtländer Weine, die einige Änderungen erfahren hat.

Le Guillon

Nr. 43 2/2013


 So werden die siegreichen Weine der Selektion der Waadtländer Weine ausgezeichnet: (von links) mit einem Diplom, den Resultaten in Form einer Broschüre und mit einer der Trophäen.

Es ist wichtig für uns, die Vielfalt unserer Produkte zeigen zu können; deshalb haben wir die Anzahl der Kategorien erhöht. Statt alle Rotweine zusammenzunehmen, degustieren wir sie in vier Gruppen: Gamay, Pinot noir, andere reinsortige Rotweine und Assemblagen. Bei den Chasselas wollten wir frischere Weine des Jahrgangs 2012 von den reiferen der Jahrgänge 2011 und 2010 trennen. Und um zu zeigen, dass eine Goldmedaille nur Weine von allerhöchstem Niveau krönt, haben wir die Mindestpunktzahl angehoben. Neu braucht es für eine silberne Auszeichnung 86 von 100 Punkten und für eine goldene 90. Zudem wurde eine neue Auszeichnung ins Leben gerufen: der Preis der ausländischen Verkoster. Sie degustieren die drei besten Weine jeder Kategorie und wählen ihren Lieblingswein aus – nach dem gleichen System wie beim letztes Jahr eingeführten Pressepreis. Mehrere Jahre lang wurden die Preise in Gstaad verliehen, neu wieder in der Waadt. Warum? Das Tennisturnier von Gstaad bot eine interessante Bühne, aber es wurde sehr wenig konsumiert. Das OVV hat mit dem Montreux Jazz einen exklusiven Vertrag für die Waadtländer Weine abgeschlossen, in der Hoffnung, in zwei Festivalwochen 20 000 Flaschen absetzen zu können. Ein guter Auftritt allein genügt nicht. Wir müssen Anlässen den Vorzug geben, die den Absatz von Wein garantieren und erst noch ein gutes Markenimage bieten.

Le Guillon

Nr. 43 2/2013

Aber bisher wurde doch immer die Deutschschweiz als Hauptmarkt für die Waadtländer Weine präsentiert? Wir planen auch weiterhin Aktionen jenseits der Saane. So ist das OVV für den Monat August eine Partnerschaft mit Globus eingegangen. Zwei Wochenenden lang stellten zwölf unabhängige Winzer in sechs grossen Deutschschweizer Städten ihre Weine vor. Und was ist mit weiter entfernten Märkten? Diesen Herbst wollen die Waadtländer Weine Japan erobern. Unsere Weine passen ausnehmend gut zur Küche Nippons. Sechs Tage lang wird das OVV 14 Domänen begleiten, die bereits Wein ins Land der aufgehenden Sonne exportieren. Damit wollen wir den Auftritt und die Kommerzialisierung unserer Weine in einem Markt stärken, der uns am meisten zu versprechen scheint.

ジャンーピエール・カヴァン アルチザン・ヴィニョロン・ディヴ ォンヌ協同組合

ヴォー州のワインが日本に

フィリップ・ジェックス ドメーヌ・ド・ラ・ピエール・ ラティネ

ワイナリー

ワイナリー

地質

地質

イヴォンヌ・ブドウ栽培家協 同組合。 120名が参加し、 醸 造、 販売も協業する。

イヴォンヌの南側斜面に7区 画の畑を持ち、 8種類のブド ウを栽培している。

1584年3月4日に発生した 地滑りでできた粘土質石灰 岩土壌の本質を引き出した ワインを生産。 面積:55ヘクタール

砂利まじりの石灰岩質の岩 石土壌。 水はけがよく痩せた 土地は、 シャスラ栽培に向い ている。 面積:6.5ヘクタール

Artisans Vignerons d’Yvorne Jean-Pierre Cavin Les Maisons Neuves 5 1853 Yvorne info@avy.ch www.avy.ch

Domaine de la Pierre Latine Philippe Gex Les Rennauds 2 1853 Yvorne pierrelatine.gex@bluewin.ch www.pierre-latine.ch

 Wenn sich die Waadtländer aufmachen, Japan zu erobern, dann ist ein kleiner Faltprospekt auf Japanisch von Nutzen.

7


Waadtländer Wein

ient stival sout ie x Jazz Fe erc Le Montreu ns vaudois et rem son ro ur ne po vig udois les s Vins Va l’Office de avec le MJF. t partenaria

 Am Montreux Jazz Festival

sind die Waadtländer Weine neuerdings omnipräsent – zur Freude der Weinliebhaber!

Zurück zum Montreux Jazz: Wie wurden die präsentierten Weine ausgewählt? Am Montreux Jazz waren zwei «Linien» vertreten: die offiziellen Weine des Festivals, neun an der Zahl, vier Weisse, zwei Rosés und drei Rotweine, die in einer grossen Degustation von Weinprofis (Journalisten und Courtiers), aber auch von Mitarbeitern des OVV und des Festivals selektioniert wurden. Die Weine wurden in drei Gruppen unterteilt: lokale Weine (Appellation Vevey-Montreux), regionale Weine aus dem Lavaux und kantonale Weine aus der ganzen Waadt. Wir wählten dieses Verfahren, damit alle Regionen am Anlass vertreten waren. Für das Chalet de Caux und die verschiedenen VIP-Bereiche traf das OVV die Wahl unter den Preisträgern der Selektion der Waadtlän-

«Ich komme aus der Hotellerie, einer Branche, die sich durch ihre Dynamik und ihren Sinn für Gastfreundschaft auszeichnet. Diese zwei Qualitäten will ich in der Weinregion Waadt fördern.»

der Weine; auch dabei wurde darauf geachtet, dass alle Regionen repräsentiert waren. Am Montreux Jazz gab es also ausschliesslich Waadtländer Weine zu trinken? Mit Ausnahme des Champagners, ja! Das war ja das Ziel dieser Partnerschaft. Pierre Keller, der im Stiftungsrat des Montreux Jazz sitzt, wollte, dass das Festival auf Weine aus der Nähe zurückgreift. Das entspricht übrigens auch dem Wunsch des Publikums. Die Besucher haben diesen Wechsel zweifellos geschätzt, denn die konsumierten Mengen während der zwei Wochen haben unsere Schätzungen übertroffen. Können Sie also schon eine Bilanz ziehen? Wir haben noch keine definitiven Zahlen, aber alle Indikatoren sprechen für grün. Es gibt natürlich einige Details zu verbessern, etwa beim Service oder dem Auftritt der verschiedenen Appellationen. Im Ganzen gesehen ist die Übung aber ein Erfolg, und alles deutet darauf hin, dass sich diese Premiere zu einer langwährenden Partnerschaft wandeln wird.

Nicolas Joss

8

©Philippe Dutoit

 Ein erfolgreiches Quartett: Nicolas Joss (OVV), Matthieu Jaton, der neue Boss des Montreux Jazz Festival, Pierre Keller und Benjamin Gehrig (beide OVV).

Le Guillon

Nr. 43 2/2013


Interview with Nicolas Joss, director of the Vaud Wine Office (OVV) Your mission is to promote Vaud wine, but what actually is Vaud wine? It’s an elixir that derives its identity from the terroir, it’s a force that binds winegrowing regions that are geographically distant from each other and culturally different, and it’s a bond that connects connoisseurs. Of course, Chasselas is the principal grape, but that is only one important aspect of our highly diversified vineyards. In your view, how successful was the important Caves Ouvertes 2013 event? The weather last spring certainly made our task more difficult. Nonetheless, two very positive points emerged. Firstly, a lot of young people (in the 25-35 age group) attended the event, and secondly, there was once again a noteworthy presence of foreign clients, in particular English and German speakers. Overall, the event was relatively successful in all the regions.

Another important area of interest relates to the changes in the Selection des Vins Vaudois. We needed to highlight the diversity of our products, so we have increased the number of categories. And in order to demonstrate that a gold medal only goes to very high quality wines, we have raised by one point the minimum number of points required to obtain a medal. Thus, 86/100 is needed for a silver medal and 90 for a gold one. In addition, we have introduced a new prize which will be awarded by foreign tasters. They will taste the three best wines in each category and make their selections. (See results in central insert) After several years of wine awards held in Gstaad, this has now been transferred to Montreux. Why? The tennis tournament in Gstaad offered good visibility, but limited sales. The

OVV has signed an exclusivity agreement with the Montreux Jazz Festival, which should promote the sale of 20,000 bottles of Vaud wine during the twoweek event. Figures have not yet been announced, but results look positive. I think it is important for us to choose events which not only offer a good brand image but also provide good sales opportunities. And what about overseas markets? This autumn, Vaud wines are embarking on the conquest of Japan. Our wines pair particularly well with Japanese food. For six days the OVV will be accompanying fourteen wineries which already export wine to the land of the Rising Sun. In this way, we hope to develop the visibility and sales of our wines in what we consider our most promising export market. Questions from Alexandre Truffer

Waadtländer Wein

Die Wahl des Staatsrats

Le Guillon

Nr. 43 2/2013

Lausanne, der Dézaley La Gueniettaz von Christophe Chappuis und der Château La Bâtie, im Besitz von Cormis-Chiesa, ausgebaut und kommerzialisiert von der Cave Cidis SA (zu den Premiers Grands Crus, siehe Le Guillon Nr. 41). Und – man höre und staune! – der Wein wird begleitet von einem Waadtländer Terroirprodukt mit dem Namen «Fromage d’excellence du Conseil d’Etat». Der Staatsrat liess sich vom angenehmen, feinen Teig und dem floralen Aroma des Gruyère AOP der Käserei von HautJorat verführen, der in Peney-le-Jorat von Käsermeister René Pernet affiniert wird. Ein exzellenter Wein und ein exzellenter Käse werden also würdige Ambassadoren unseres Kantons sein. (FZi)

 Vorstellung der Waadtländer

Botschafter in Bougy-Villars, am 15. August: Staatsrat Philippe Leuba (Departement für Wirtschaft und Sport) zwischen René Pernet (Käserei von Haut Jorat) und Binia Ris (Besitzerin der Domaine de Fischer).

©Vincent Bailly/AGIR

Letztes Jahr hat sie es angekündigt, nun hält sie Wort: Künftig wird die Waadtländer Regierung ihren Gästen bei gewissen offiziellen Anlässen den «Vin du Conseil d’Etat» ausschenken; selektioniert wurde er blind aus den Waadtländer Premiers Grand Crus. Die Ehre kommt 2013 der Domaine de Fischer zu, mit ihrem Féchy Premier Grand Cru, einem von Hammel SA, Rolle, ausgebauten und verkauften Chasselas mit feinen Aromen von reifen Trauben, Pfirsich und Lindenblüten, dessen Alterungspotential auf mindestens zehn Jahre geschätzt wird. Vier neue Premiers Grands Crus wurden 2013 ebenfalls erkoren: Les Rueyres und Les Roches Plates, beide von der Domaine du Burignon, im Besitz der Stadt

9


WYSCHIFF RAPPERSWIL, LUZERN, BASEL, THUN, ZUG EINE REISE IN DIE ERLEBNISWELT DER SCHWEIZER WEINE

Auf dem Wyschiff präsentieren renommierte Schweizer Winzer mit Stolz ihre neuesten Weinkreationen. Die meisten von ihnen sind Selbstkelterer aus traditionellen Familienbetrieben. Viele der teilnehmenden Produzenten haben sich in den letzten Jahren durch höchste nationale und internationale Medaillenränge ausgezeichnet. Sie freuen sich, mit Ihnen ihre 300 Weine zu kosten. Sie sind gespannt auf Ihr Urteil – auf ein Gespräch unter Kennern in persönlicher Atmosphäre. Lassen Sie sich verführen und begeben Sie sich auf eine Reise in die Erlebniswelt der Schweizer Weine. Wir freuen uns auf Ihren Besuch!

WYSCHIFF - DATEN 2013 / 2014: Wyschiff Zug

14. – 17. November 2013

Wyschiff Rapperswil

27. Februar – 2. März 2014

Wyschiff Luzern

20. – 23. März 2014

Wyschiff Basel

03. – 06. April 2014

Wyschiff Thun

10. – 13. April 2014

Wyschiff Zug

13. – 16. November 2014

Verein Wyschiff Schweizer Winzer Postfach 962 CH-4102 Binningen 2 www.wyschiff.ch

Eintritt CHF 10.00 (im Preis ist ein WyschiffGlas inbegriffen)


Waadtländer Wein

Terravin am Wendepunkt Anfang Juli hat die Qualitätsmarke Terravin in Yvorne ihr erstes halbes Jahrhundert gefeiert. In einem völlig anderen wirtschaftlichen Umfeld als heute geboren, befindet sich Terravin an einem Wendepunkt. Bilanz und Aussichten. Pierre Thomas – Fotos: Terravin Terravin wurde 1962 in Yvorne geboren und hat sich dann auf den ganzen Kanton ausgedehnt. Zwei starke Persönlichkeiten der Waadtländer Weinwelt, miteinander im Duell liegend, waren an dieser Geburt beteiligt: der Weinhändler Henri Badoux aus Aigle, der dafür plädierte, dass Waadtländer Wein so breit wie möglich verteilt wird, und der Selbstkelterer Robert Isoz, leidenschaftlicher Verteidiger der Appellations d’origine contrôlée vor ihrer Zeit. Der erste, Präsident der Weinhändlerunion, einer der führenden Köpfe der Freisinnigen, Bürgermeister von Aigle und Nationalrat, hatte es geschafft, den Konflikt vor den Staatsrat zu bringen, der bereit war, auf die Herkunftsbezeichnung der Weine zu verzichten. Dem zweiten, Präsident der Fédération vaudoise des vignerons und liberaler Bürgermeister von Yvorne, gelang es, dieses Vorhaben zu blockieren, um Qualitätsweine speziell auszuzeichnen. Das war die (schöne) Epoche eines zwar sicherlich angespannten Marktes, auf dem die Verkäufer aber öfters gutes als schlechtes Wetter genossen, dank dem schützenden Schirm des Protektionismus, der sich über die Schweizer Weissweine breitete. Ein halbes Jahrhundert später hat sich die Landschaft radikal verändert. Von einem Handel im Sold der Verkäufer ist man zu einem Markt von Käufers Gnaden übergegangen. Die Schweizer Weine, die im Grossverteiler verkauft werden, sind davon weniger betroffen als die ausländischen, doch ihr Anteil am Gesamtkonsum macht kaum 40% aus, in einem Land, das dem Wein immerhin die Treue hält (36 Liter pro Kopf 2012).

Le Guillon

Nr. 43 2/2013

Einen besseren Auftritt anstreben In diesem Kontext, «der schlechtesten Periode seit 50 Jahren punkto Absatz unserer Weine», gemäss Philippe Herminjard, Geschäftsleiter von Terravin und Sekretär der Fédération vaudoise des vignerons, müsste das Qualitätslabel als Leuchtturm dienen. Doch, wie der Journalist Vincent Bailly in der Wochenzeitung Agri schrieb: «Terravin ist zwar visionär, aber nicht wirklich sichtbar.» Lange waren die Waadtländer Winzer stolz auf zwei Zahlen: Nur 5% der Waadtländer Weine mit Appellation d’origine contrôlée (AOC) haben das Anrecht auf das Label «Goldene Lorbeeren»; das waren 2012 genau 211 Weine. Und mehr als die Hälfte aller eingereichten Weine fällt durch die «Prüfung», wie es Pierre Monachon, Präsident von Terravin, nennt. Heute will Terravin weg von der diskreten Rolle als Spitze des Eisbergs und zur Speerspitze der Waadtländer Weinpromotion werden. Ohne den ganz auf die sensorische Analyse ausgerichteten Ansatz zu verleugnen. Doch der Kontext der Promotion hat sich entwickelt.

Die Entwicklung vom Label aus Yvorne zu den heutigen Goldenen Lorbeeren.

 Robert Isoz (1925-2007), der Gründer von Terravin.

11


Waadtländer Wein

 Von links: Ivor Shalofsky,

Der Konsument als Rettungsanker Philippe Herminjard sagt es ohne Umschweife: «Wenn die Konsumenten eines Tages im Laden

©Philippe Dutoit

Marketingkommission, Bernard Bovy, Degustationschef, Philippe Herminjard, Geschäftsleiter, Jean-Pierre Cavin, Marketingkommission, und Präsident Pierre Monachon.

Terravin, ursprünglich für die Hauptsorte des Kantons, den Chasselas, reserviert (der 2012 noch 61% der Fläche ausmachte), hat sich mittlerweile nicht nur allen Winzern, sondern auch allen Rebsorten geöffnet. Die ehemalige OVV-Guillon-Degustation ist zur Selektion der Waadtländer Weine geworden, deren Sieger jährlich in der Presse gross gefeiert werden. Ursprünglich war diese (Vor-) Selektion die Qualifikation für den nationalen Weinconcours. Heute sind die regionalen Selektionen unabhängig vom Grand Prix du Vin Suisse: Wer bei den ersten gute Noten holt, ist nicht automatisch für den nationalen Wettbewerb selektioniert. Dazu kommen der Mondial du Chasselas in Aigle und der Mondial des Pinots in Sierre, zwei zwar internationale Concours, die sich aber weitgehend auf hiesige Produzenten stützen. Der Geschäftsführer von Terravin stellt mit berechtigtem Stolz fest, dass 38% der Waadtländer Weine, die am 2. Mondial du Chasselas Gold geholt haben, gleichzeitig das Qualitätslabel Terravin tragen.

12

oder Restaurant nach dem Terravin-Label verlangen, dann haben wir es geschafft.» Und fügt an: «Das Konzept des Labels Terravin ist komplex und dem breiten Publikum nicht einfach zu erklären.» Denn Terravin ist nach eigener Definition kein Concours wie die anderen. Wenn der Durchschnittskonsument «prämierte Cuvée» auf dem Halsetikett oder auf dem goldenen Kleber sieht, kann man da vernünftigerweise von ihm erwarten, den Unterschied zu irgendeiner anderen Medaille zu erkennen? Philippe Herminjard bestätigt, dass das schwierig sei… Das Ganze ist für Uneingeweihte kompliziert, mit dem «Finale» der Lauriers de Platine, einem veritablen jährlichen Cup des Waadtländer Chasselas, bei dem eine Jury aus Produzenten und Journalisten jeweils mittels Eliminierung den besten Wein des Jahres bestimmt, ausgewählt aus den prämierten Terravin-Cuvées. Zwei Mitglieder von Arte Vitis – dem Kreis der Waadtländer Winzerelite (siehe S. 19) –, Pierre-Luc Leyvraz und JeanFrançois Neyroud-Fonjallaz, haben bisher am häufigsten reüssiert und vier ihrer Weine in fünf Concours unter die Besten gebracht. Ein deutliches Zeichen dafür, dass Arte Vitis genauso wie die Lauriers de Platine keineswegs Früchte des Zufalls sind… Doch die Reputation von Terravin bröckelt: Eine Umfrage auf Messen und Weinausstellungen hat 2012 gezeigt, dass es die über 46-Jährigen sind, die das Label (er-) kennen. Den Jungen hingegen sagen Schulteretikett und goldenes Label nichts. Pierre Monachon, den wir in seinem Carnotzet in Rivaz treffen, glaubt, das beste Mittel, um die Jungen von Terravin zu überzeugen, sei es, ihnen die Weine zum Probieren zu geben, ohne Kaufverpflichtung, beispielsweise an den Tagen der offenen Keller an Pfingsten: «Um sie zu bilden, könnte man sie unsere Weine nach dem Degustationsblatt von Terravin degustieren lassen.» Eine gute Idee, ist doch dieses Bewertungsblatt der ganze Stolz von Terravin. Vor zehn Jahren wurden die ehemals leicht folkloristisch angehauchten Degustationen nach dem 20-Punkte-Schema, in einem dunklen Lokal und mit merkwürdigen runden Gläsern (die immerhin deutlich besser

Le Guillon

Nr. 43 2/2013


waren als die einstigen Gobelets!) durch eine sensorische Analyse ersetzt. Diese umfasst 22 bis 25 Kriterien, findet in Marcelin statt und besitzt Schwellen, deren Unter- oder Überschreiten zum Ausschluss des Weins führen – eine ausgeklügelte Methode, ausgearbeitet von einem Geschmacksexperten, dem Franzosen Maurice Chassin, in Zusammenarbeit mit den Waadtländern. Die Jurys umfassen fünf Personen, ausgewählt aus einem Kontingent von 35, die selbstverständlich blind verkosten. Die Produzenten selbst überzeugen Dieser Ansatz scheint seriöser als derjenige der regionalen, nationalen oder internationalen Concours, mit einem Degustationsblatt, auf dem manuell oder per Mausklick Felder angekreuzt werden. Nun müssen nur noch die Produzenten zum Mitmachen überzeugt werden. «Ich verstehe nicht, warum die Branche selbst solche Mühe bekundet, sich für ihre eigene Qualitätsmarke zu mobilisieren», wirft Philippe Herminjard ein. «Damit das Label sichtbar wird, müssen 10% der Waadtländer Weine auf dem Markt es tragen», bestätigt Präsident Pierre Monachon. Die unverbesserlichen Gegner im Innern der Branche führen einige gute Gründe ins Feld. Zwei Argumente hört man immer wieder: Das Risiko, in einem Jahr das Label nicht zugesprochen zu erhalten, wird als Damoklesschwert empfunden und würde die Kundschaft verunsichern. Und die 20 Rappen, die der goldene Kleber oder die Halskrause kostet, scheinen vielen zu teuer. «Ich ziehe es vor, dieses Geld in eine andere Art der Werbung zu investieren, die ich selber bestimme», vertraut uns ein Selbstkelterer an. Zwischen Obstruktionsargumenten und künftigem Einsatz auf dem Markt zeichnet sich ein dritter Weg ab: die Verbindung der besten Waadtländer Weine, die das Label Terravin tragen, mit anderen Landwirtschaftsprodukten, die ein Label haben, etwa mit dem Vacherin Mont-d’Or AOP (siehe S. 39), seit dem Winter 2012 gemeinsam im Köfferchen «Symphonie der Sinne» (eine Flasche – ein Käse) angeboten. Diesen Sommer nun wurde «die ehrgeizigste Promotionskampagne, die der Kanton

Le Guillon

Nr. 43 2/2013

je unternommen hat» angekündigt: die Verlobung von Gruyère AOP (von dem die Waadtländer gut einen Drittel produzieren) und Terravin. Jede der beiden Vereinigungen wird vom Staat fünf Jahre lang 150 000 Franken pro Jahr kassieren, um die Aktionen zugunsten der beiden Terroirprodukte zu orchestrieren. Für Pierre Monachon ist das die letzte Gelegenheit: «Wir wollen auf eigenen Füssen stehen. Dafür müssen wir gegen 4 Mio. Terravin-Vignetten pro Jahr absetzen und die Kooperativen sowie die grossen Waadtländer Weinhäuser überzeugen, sich uns anzuschliessen.» Unter den diesjährigen Neumitgliedern, die erstmals das Terravin-Label für einen ihrer Weine erhalten haben, findet sich auch der Präsident der Fédération vaudoise des vignerons, Willy Deladoey. Ein Zeichen der Hoffnung und die Ermutigung, nicht aufzugeben!

 Die vierte Ausgabe der

«Lauriers de Platine» im November 2012 im Hôtel de Ville von Crissier, von links: Hugh Johnson, Philippe Rochat und der Sieger Jean-Luc Blondel.

 Das Köfferchen «Symphonie

der Sinne», entstanden in Zusammenarbeit mit Vacherin Mont-d’Or im Winter 2012.

Die neuen Preisträger 2013 Im Juli 2013, beim Verfassen dieses Artikels, haben folgende Produzenten und Weine neu das Label Terravin zugesprochen erhalten: Chaudet Vins SA in Rivaz für ihre Chasselas Domaine du Grillon, Rivaz, und Pierre noire Grand Cru, Saint-Saphorin; Daniel Malherbe in Grandvaux für seinen Chasselas de Villette Grand Cru; Michel und Solange Perey in Vufflens-le-Château für ihren Chasselas Clos Bellevue Grand Cru; die Gemeinde Féchy für ihren Chasselas Réserve Communale; Daniel Matthey in Vallamand-Dessus für seinen Chasselas du Vully Les Grippes; Georges Favre & Fils in Aigle für ihren Pinot blanc und ihren Chardonny Le Loup blanc; die Abbaye de Sallaz in Ollon für ihren Pinot noir und Willy Deladoëy in Bex für den Clos des Caillettes L’Aurélien Grand Cru, eine Assemblage aus Gamay, Pinot noir und Galotta, sowie für seinen Pinot noir Domaine Le Luissalet Grand Cru.

13


Edgard Andy Bovier Zaugg

Benoît Violier

LE CHOIX DES GRANDS

EXIGEZ le Label

VERLANGEN SIE

TERRAVIN

das Label TERRAVIN

Votre garantie de qualité

Ihre Qualitätsgarantie

50 ANS D’EXCELLENCE 50 JAHRE VORZÜGLICHKEIT Les crus primés sur www.terravin.ch Die prämierten Weine auf www.terravin.ch Office de la marque de qualité TERRAVIN - Tél. 021 796 33 00 - www.terravin.ch - info@terravin.ch

f


A turning point in Terravin’s history of producers and journalists designates the best wine of the year from among these distinguished cuvées. The winner, selected by a process of elimination, is honoured with the Platinum Laurel award. Terravin is now planning to expand its clout. It will spearhead the promotion of Vaud wines, without in any way abandoning its quality initiative based on sensory evaluation. Fifty years ago the label was reserved for Chasselas only. It then went on to encompass all the Vaud wines and today new promotional techniques have been adopted such as marrying wines with Mont-d’Or or Gruyère cheeses. All these measures serve the same purpose: to increase the consumption of Vaud wine.

©Bruno Gaeng

The Terravin quality label celebrated its first half-century at the beginning of July. When it came into being in Yvorne in 1963, the economic context was very different from that of today. We have since moved from a seller’s to a buyer’s market. Admittedly there are fewer Swiss than foreign wines on supermarket shelves, yet their share has dropped to below 40% in a market where per capita consumption has remained exceptionally stable. In this situation, the quality label must take on a leading role. Based on a draconian selection process, only 5% of the Vaud AOC wines - just 211 in 2012 - win the Terravin Gold Laurel distinction. Every November, a jury made up

A Swiss Sommelier at the Summit

©map.ch

In March 2013, in Tokyo, Paolo Basso, a Swiss national, born in Varese, Italy, was crowned the World’s Best Sommelier. Early on in his career he had come to Vaud

Le Guillon

Nr. 43 2/2013

to learn French, the language of gastronomy. He familiarised himself with Vaud wines at Le Raisin, Adolf Blockberger’s restaurant in Cully, where clients are always encouraged to appreciate regional wines. At Le Raisin, already 20 years back Chasselas was left to age to reveal its gastronomic qualities, beyond its merit as an aperitif wine. According to Basso, although lacking in acidity, Chasselas has depth and, importantly, is pleasant and accessible offering a perfect match with local food. Basso admits that assemblage wines are superior to single-varietal ones, but the monocépage grapes of Vaud, perfectly suited to

the soil, make wines that are typical and unique – their best selling points at export. A good example is the Plant-Robert. By 2015 the world market will be flooded with inexpensive Chinese wines, but even if one day the Chinese were to produce a decent Chasselas, they will never manage a Dézaley. Swiss wine, food and tourism should take full advantage of the spin-offs of this nomination. Basso continues to promote Swiss wines, recently participating in the Mondial du Chasselas awards and in a presentation cruise for Calamin and Dézaley wines, which regained their AOC Grand Cru status.

15


Waadtländer Wein

Paolo Basso

Ein teuer erworbener Titel Paolo Basso, «bester Sommelier der Welt», hat zu Beginn seiner Karriere im Restaurant Raisin in Cully gearbeitet. Dort hat er die Waadtländer Weine bestens kennengelernt. Ein Interview. Pierre Thomas – Foto: Philippe Dutoit Er erhielt die höchsten Weihen am 29. März 2013 in Tokyo – ein Ziel, das in den letzten Jahren sein Antrieb war. Vor 47 Jahren in der Nähe von Varese in Italien, an der Tessiner Grenze, geboren und mittlerweile eingebürgert, hat der «beste Sommelier Europas» von 2010 seither einen reichhaltigen Parcours absolviert. Noch bevor er seinen allerersten Schweizer Titel errang, machte er sich mit den Waadtländer Weinen vertraut. Wie sind Sie nach Cully gekommen? Ich kannte die Romandie bereits. Nach meinem Militärdienst in Italien kam ich hierher, um französisch zu lernen, denn das ist die Sprache der Gastronomie. Ich arbeitete in Crans-Montana, danach in Genf, im Cygne, zusammen mit Eric Duret (dem besten Sommelier Europas 1998, Anmerkung der Redaktion). Adolf Blockbergen suchte einen Sommelier. Er fragte mich: Wer sind die besten Kunden? Ich antwortete: die Deutschen. Und wurde engagiert! (lacht) Ich habe 1995 und 1996 dort gearbeitet. Haben Sie gute Erinnerungen an diesen Aufenthalt in der Waadt? Es waren beruflich konstruktive Jahre, menschlich hingegen eher schwierige. Meine künftige Frau wohnte im Tessin…, wohin ich danach zurückgekehrt bin. Crans habe ich gemocht, ich bin ein passio­nierter Ski- und Mountainbikefahrer. Le Raisin, das war noch eine andere Welt. Inwiefern? Die sehr offene Kundschaft liess sich gern beraten. Als Sommelier konnte ich

16

mich richtig ausleben. Es war meine Aufgabe, die Gäste, welche Weine entdecken, aber nicht zu viel dafür bezahlen wollten, zufrieden zu stellen. Unsere Mission war es, die Weine der Region zu empfehlen. Das war unsere Devise. Erinnern Sie sich an den ersten Waadtländer Wein, den Sie getrunken haben? Nicht genau, nein, aber die Chancen stehen gut, dass es ein Dézaley war, vielleicht La Médinette von Louis-Philippe Bovard, in Crans-Montana. Und in Cully haben Sie dann die Winzer der Region kennengelernt? Ein Sommelier zählt seine Arbeitsstunden nicht. Ja, die Weinregion kannte ich, ich habe die Corniche und das Lavaux in allen Richtungen mit dem Velo erkundet, von oben nach unten und umgekehrt. Ich erinnere mich an einen sehr guten Pinot gris von Samuel Cossy, ein idealer Gas­ tronomiewein. In Cully waren wir natürlich nahe bei den Frères Dubois. Und Testuz spielte eine wichtige Rolle, auch dank dem Import vorzüglicher Weine. Ich begann die lokale Psychologie der Winzer zu verstehen, die an ihren Rebbergen hängen und stolz sind auf ihre Weine. Doch damals fehlte es diesen Winzern ein wenig an Offenheit. Vom Lavaux sprechen heisst über den Chasselas reden… Im Raisin hatten wir eine schöne Auswahl von Waadtländer Weinen. Schon damals, vor bald zwanzig Jahren, liessen wir die Chasselas reifen. Bevor das zur Mode wurde, waren wir schon der Meinung, ein

reifer Chasselas sei gastronomisch interessant. Wir legten regelmässig die besten Flaschen zur Seite. Was halten Sie vom Chasselas? Er hat nur einen einzigen Fehler, seinen Mangel an Säure. Dafür bietet er Tiefgründigkeit. Und vor allem ist er gefällig und leicht zugänglich – ein kommerzieller Vorteil. Für mich ist er ein Botschafter der gesamten Waadtländer Weinregion, von der Côte über das Lavaux bis zum Cha­ blais. Der Chasselas ist eine Rebsorte, die eng mit der lokalen Kultur verbunden ist. Glauben Sie, der Sie die ganze Welt bereisen, dass man den Chasselas exportieren sollte? Ich zweifle daran, dass er auf internationalem Niveau je grossen Erfolg haben wird. Er drückt das Terroir einer Region aus und verbindet sich perfekt mit ihrer Küche, vor allem mit Käsegerichten. Eine andere Gastronomie läuft Gefahr, seine weiche Seite hervorzuheben. Dann stösst er an seine Grenzen. Welche anderen Waadtländer Weine haben Ihre Aufmerksamkeit auf sich gezogen? Auch andere Rebsorten, vor allem rote, gedeihen hier gut. Sie eignen sich ausnehmend gut für Assemblagen: mit ihnen spielend, kann man wundervolle Weine kreieren. Waren Sie schon versucht, selbst Wein zu produzieren? Ja, ich habe schon Wein gemacht. 2011, bevor ich in Tokio gewonnen habe. Es ist nur noch nicht klar, wie er kommerzialisiert werden soll… Ich bin auch regel-

Le Guillon

Nr. 43 2/2013


«Man sollte die Gelegenheit, den besten Sommelier der Welt in der Schweiz zu haben, nicht verpassen.»

mässig als Berater in Italien tätig, wo ich degustiere und Assemblagen vorschlage. Ich bin davon überzeugt, dass die Assemblage dem reinsortigen Wein überlegen ist, mit Ausnahme von ganz wenigen Regionen, wo die Rebsorte perfekt mit dem Boden übereinstimmt. Genau das sagt man dem Waadtländer Terroir nach… Zu Recht! Nehmen Sie den Plant Robert. Das ist ein einfacher und einzigartiger Wein, wunderbar! Genau diesen unverwechselbaren Charakter muss man verkaufen. In zehn Jahren wird der Weltmarkt von billigen chinesischen Weinen überschwemmt sein. Dann muss man die Karte der Typizität, der Einmaligkeit ausspielen. Die Chinesen werden nie einen Dézaley produzieren, selbst wenn es ihnen gelingen sollte, guten Chasselas zu keltern. Die grossen internationalen Wettbewerbe haben Sie per definitionem von den Schweizer Weinen entfernt. Wie wollen Sie den Kontakt wieder aufnehmen? Sobald ich kann, werde ich erneut durch die Schweizer Weinregionen streifen. Meine Weingesellschaft, Ceresio Vini,

Le Guillon

Nr. 43 2/2013

wird zu Paolo Basso Wine und ich wohne in Ligornetto, einem Tessiner Winzerdorf, zusammen mit meiner Frau Elena und meiner Tochter Chiara, die acht Jahre alt ist. Ich habe auch Swiss Wine Promotion meine Dienste angeboten. Mit Ihnen hat ein Schweizer zum ersten Mal diesen Weltmeistertitel geholt. Könnte das Auswirkungen auf das ganze Land haben? Ja, wenn die betroffenen Personen scharfsichtig sind. Die Welt des Weins, der Gastronomie, des Tourismus sollte direkt von diesem Titel profitieren können. Ich habe mich anerboten, Schweizer Weine auf Restaurantkarten zu bringen, Sommeliers auszubilden und die Schweizer Weine im Ausland vorzustellen. Man sollte die Gelegenheit, den besten Sommelier der Welt in der Schweiz zu haben, nicht verpassen. Werden Sie auch weiterhin mit der Ecole du vin von Changins zusammenarbeiten? Im Moment sind wir im Gespräch, vor allem punkto Sommelier-Brevet. Werden Sie regelmässig in die Region zurückkommen, um Degustationen zu leiten? Ja, das bleibt mein Basisberuf, den ich in den letzten 15 Jahren ausgeübt habe.

Ich leite regelmässig Degustationen an Anlässen, von privater Seite oder von Banken organisiert beispielsweise. Ende Mai war ich in Féchy, bei den Brüdern Pierre-Yves und Jean-Luc Kursner, die vor zwanzig Jahren den Familienbetrieb übernommen haben und das nun feierten; da kommentierte ich ihre Weine. Ich werde meinem Publikum auch weiterhin aufzeigen, was sich im und hinter dem Wein verbirgt. So habe ich auch die Preisverleihung des Mondial du Chasselas anfangs Juli kommentiert und in der darauf folgenden Woche eine Kreuzfahrt, auf der die Weine der wieder zur Grand Cru AOC gewordenen Lage Dézaley präsentiert wurden. Im November werde ich am Salon des Goûts et Terroirs ein Seminar anbieten. Und als Folge des Titelgewinns 2013 werden Sie rund um die Welt reisen. Wie organisieren Sie Ihre Agenda? Ich musste einen Agenten engagieren, um meine Termine zu koordinieren. Ich konzentriere mich zuerst auf Europa. So war ich an der Vinexpo in Bordeaux, dann in England. Im Herbst folgen Asien und die USA, im Januar die Karibik.

17


ĂŠal accorD iD se! has avec la c

Depuis 1933

www.cidis.ch

meilleur rosĂŠ suisse

Des vins qui se Distinguent

1933-2013

ww w.c id is.c h


Waadtländer Wein

Zehn Jahrgänge Arte Vitis – und dann? Arte Vitis ist (noch) kein Verein und besitzt keine Statuten. Was die dreizehn Mitglieder zusammenhält, sind Freundschaft und professioneller Respekt. Mit zehn Jahrgängen im Rücken, vertrauen sie zunehmend der jungen Generation. Pierre Thomas – Fotos: Marie-Jo Valente Am ersten Juniwochenende feierte Arte Vitis seine zehn Jahrgänge in Form von Degustationsateliers und einer kulinarischen «Show» im Lausanne Palace & Spa. Doch die Waadtländer Winzer waren nicht allein. Sie hatten ihre zwölf Bündner Winzerkollegen (und Verteidiger des Pinot noir) von Vinotiv eingeladen. Zudem sitzen die Waadtländer selten bloss zu dreizehnt am Tisch, denn zunehmend sind auch Vertreter der neuen Generation

dabei. Stabsübergabe ist natürlich noch längst kein Thema bei Blaise Duboux; seit Beginn des Abenteuers Präsident, bleibt er im Amt. Doch in den nächsten Jahren sollte sich Arte Vitis strukturieren, um zu überdauern. Der Winzer aus Epesses, dieses Jahr auch Präsident der Communauté des vins de Lavaux geworden, hat sich deshalb zwei gestandene Männer an seine Seite und ins Arte-VitisBüro geholt, den gesetzten Charles Rolaz

und den eloquenten Raoul Cruchon. Sein «Politbüro», so Blaise Duboux, bestehe weiterhin aus Pierre-Luc Leyvraz, Philippe Gex und Louis-Philippe Bovard. An die Arbeit! Zur Arbeit «verknurrt» wurden Lionel Widmer (Domaine de Marcelin), Vincent Chollet (Henris Sohn) und Catherine Cruchon (Raouls Tochter) – die drei können sich die Zähne an Kommunikation  Raoul Cruchon mit seiner Tochter Catherine.  Waadtländer Weine und Spitzengastro-

nomie.

Le Guillon

Nr. 43 2/2013

19


Waadtländer Wein

 Die neue Flasche namens «Arte Vitis».  Von links: Nicolas Joss, Direktor des

OVV, Blaise Duboux, Präsident von Arte Vitis, und Andreas Keller, (Mémoire des Vins Suisse), Weinjournalist aus Zürich, beim Jubiläumsanlass.

20

und Marketing ausbeissen. Blaise Duboux kann sich «etwas Regelmässiges in Zürich» vorstellen. Und präzisiert sofort: «Wir haben uns nicht als Gruppe zusammengeschlossen, um zusammen Wein zu verkaufen.» Pierre-Luc Leyvraz fasst zusammen: «Wir sind alle Konkurrenten, aber wir ziehen am gleichen Strick. Arte Vitis hat mir in der Deutschschweiz Türen geöffnet. Und ohne Arte Vitis hätte David Schildknecht niemals meine Weine probiert.» (David Schildknecht, Robert Parkers Mitarbeiter, publizierte anfangs 2013 im Wine Advocate erstmals sehr anerkennende Kommentare zu den Chasselas von Blaise Duboux und Pierre-Luc Leyvraz.) Angesichts dieser «Summe vieler gut gemachter Kleinigkeiten, so wie im Wein», wie der Winzer aus Chexbres sagt, wie sieht nach elf Jahren der offenen Kameradschaft «in vollstem Vertrauen» die Bilanz aus? «Wir haben Fragen aufgeworfen, auf die wir keine definitiven Antworten wissen», antwortet Präsident Duboux, eine Genferseemetapher anfügend: «Arte Vitis ist ein kleines Segel-

schiff, das gut am Wind liegt… Niemand ist seekrank. Und die Geschwindigkeit behagt uns.» Einige der Mitglieder – neben den bereits genannten Rodrigo Banto, Önologe der Caves Cidis, Raymond Paccot aus Féchy, Generalsekretär der Académie internationale du vin, Christian Dugon, durch den die Côtes de l’Orbe aus der Anonymität getreten sind, Pierre Monachon aus Rivaz, Präsident von Terravin, und Jean-François Neyroud-Fonjallaz aus Chardonne – äussern bisweilen den Wunsch, die Bewegung in einen Workshop zu neuen Rebsorten oder Vinifikationsmethoden wie Oxigenation des Mosts zu verwandeln. Jenseits aller Unterschiede Das Wesentlich ist allerdings etwas anderes. Für Charles Rolaz «ist Arte Vitis wirklich repräsentativ für den Waadtländer Weinbau, mit seinen 13 Winzern, die alle von der Sorge beseelt sind, ihre Terroirs zu respektieren und ins richtige Licht zu rücken. Sie weisen eine konstante intellektuelle Neugier auf: Jeder ist tief verwurzelt, gleichzeitig aber ein innovativer Geist, von der Vinifikation des Chasselas bis zur Diversifizierung der Sorten.» Dasselbe könnte man vom Mémoire des Vins Suisses auf nationalem Niveau sagen: «Und das ist der Grund, weshalb mehrere Winzer Mitglied bei Arte Vitis und beim Mémoire sind», unterstreicht Charles Rolaz, als Nachfolger des Tessiners Christian Zündel neuer Präsident des Mémoire des Vins Suisses. Neben zwei Hauptsitzungen pro Jahr, im Frühling und im Herbst, und zwei weiteren, weniger gewichtigen, gibt es nur eine Konstante: die mittsommerliche Weinbar am Paléo Festival. Tausend Flaschen werden da jeweils ausgeschenkt, im Glas, nicht im Plastikbecher und an sitzende Weinliebhaber. «Auch wenn man es vielleicht nicht glauben mag: Der Waadtländer Wein interessiert die

Le Guillon

Nr. 43 2/2013


Leute!», wirft Blaise Duboux ironisch ein. Man könnte annehmen, die Arte-VitisFlasche (siehe Publireportage S. 22), die diesen Frühling zum Auftakt der Arvinis auf der Domaine Cruchon lanciert wurde, diene als Verbindungsmerkmal. Wer das glaubt, verkennt die «Waadtländer Bande»: «Wir bleiben dreizehn starke Individuen, und die freiwillig verwendete Flasche fasst alles bestens zusammen», kommentiert Blaise Duboux. «Bei uns ist nichts obligatorisch. Niemand dominiert. Wir legen unsere Beiträge entsprechend den jährlichen Zielen fest. Die Diskussion bleibt immer offen… Wir alle sind interessiert an einer dauerhaften Entwicklung und offen für Bio und Biodynamik.» Mit ähnlich gestrickten Winzern… Diese Botschaft wurde zum 10. Geburtstag eins zu eins umgesetzt. Der Geist

der Öffnung manifestierte sich in der Einladung an zwölf Produzentinnen und Produzenten aus dem Bündnerland. Vinotiv wird sich bei der Waadtländer Elite revanchieren, und zwar 2014 in Bad Ragaz, direkt gegenüber der Bündner Herrschaft, wo Vinotiv seine hochgesteckten Ideale des Pinot noir, der Schweizer Hauptsorte, verteidigt. So wie Arte Vitis den Chasselas, die weisse Schweizer Hauptsorte, in den Vordergrund rückt, aber – äxgüsi! – nicht nur den Chasselas. Ein nächstes Mal soll die Tessiner Elite eingeladen werden. Und warum nicht die Toqués des Dentelles (de Montmirail), ein Freundschaftsverein aus den Côtes du Rhône von ähnlichem Schlag, der seinerzeit Louis-Philippe Bovard inspirierte. www.arte-vitis.ch

 Ein Familienfoto fürs Album:

Die Zehnjahresfeier von Arte Vitis im Lausanne Palace & Spa.

Now ten years old, Arte Vitis looks ahead Pierre Thomas Arte Vitis is a grouping of 13 wineries in Vaud’s La Côte, Côtes-de-l’Orbe, Lavaux and Chablais wine regions. Charles Rolaz says members share “respect for terroir, intellectual curiosity, an innovative spirit.” The group celebrated its 10th anniversary this year with workshops and a cooking show at the Lausanne Palace & Spa. Its invited guests were the members of Vinotiv, 12 winemakers from canton Graubünden who have grouped together to promote Pinot Noir. What do the next 10 years hold? Some members would like to see Arte Vitis become

Le Guillon

Nr. 43 2/2013

a lab for exploring new varieties or winemaking methods. Add to that: concern for sustainability, and interest in organic and biodynamic cultivation. Belonging to the group raises profiles, says PierreLuc Leyvraz: “Without Arte Vitis, David Schilknecht [who works with Robert Parker and for the first time, in 2013, gave high praise in Wine Advocate to a Chasselas made by B. Duboux and Leyvraz], would never have tasted my wines.” Some members sell wine in an Arte Vitis bottle (see advertorial p. 22) but so far they have only one joint public sales outlet: the Paléo summer music festival bar.

But right now president Blaise Duboux is focusing on structure: forming an operations committee with Rolaz and Raoul Cruchon while continuing to be advised by his “Politburo” (Leyvraz, P. Gex and L.-P. Bovard); working with Lionel Widmer, H. Chollet’s son Vincent, P. Monachon's son Basile, and Cruchon’s daughter Catherine on communication and marketing; and opening “something permanent in the Zurich area.”

www.arte-vitis.ch

21


Publireportage

Vaudoise Arte Vitis 75CL

Von Nachbarn, für Nachbarn Die Vaudoise-Flaschenform verkörpert ein Stück Heimat, es gibt sie nur in der Schweiz. Die charakteristischen Merkmale sind die ausgeprägte Schulterpartie und die typische Mündungsform. Das Original der Vaudoise gab es nur in den traditionellen Massen: Der «Pot» fasste 1,4 Liter, der klassische «Demi-Pot» 0,7 Liter und die «Picholette» 0,35 Liter. Nur Wein aus dem Waadtland kam in diese Flaschen. Sie wurden bis Ende des 19. Jahrhunderts noch in sorgfältiger Hand- beziehungsweise Mundarbeit hergestellt. Heute haben diese Arbeit Glasblasmaschinen übernommen; aber die Sorgfalt ist geblieben. Das schätzen die Kunden des VetropackWerks in St-Prex. Hier mitten in der Waadtländer La Côte wird nicht nur hochwertiges Verpackungsglas produziert, sondern auch aktive Nachbarschaft gepflegt. Die «Vaudoise» ist ein sehr gutes Beispiel dafür. Ein Beispiel das zeigt, dass man seinen Wurzeln treu und dennoch innovativ bleiben kann. So hat die Flaschenfamilie inzwischen viele Gesichter bekommen, der Traditionsgedanke ist

www.vetropack.com

aber immer noch bei allen Modellen klar zu erkennen. Vielfältig, aber immer einzigartig Seit 1998 füllen Winzerinnen und Winzer des Groupement «Le Pot Vaudois 1822» ihre ausgelesenen Tropfen in für sie exklusiv gestaltete Weinflaschen ab. Als Grundform dienten der traditionelle Demi-Pot und der Pot Vaudois, einzigartig ist das Relief «Vin Vaudois» auf der Schulterpartie. Die Flasche und ihr Inhalt sind auf den ersten Blick erkennbar. Vetropack hat im 2010 die DionysLinie lanciert, leicht, gemäss den heutigen Marktanforderungen, mit einer BVS- und einer Korkmündung. Die Flaschen in der edlen Farbe Olive sind leichter, die Schulterpartie gefälliger und der Halsverlauf für ein einfacheres Anbringen der Colerette angepasst. Vetropack produziert sie als 0,7- und 0,75-Liter-Variante. Auch das Winzer Groupement Arte Vitis entwickelte zusammen mit Vetropack ein neues 75-cl-Modell, das auf das Ur-Modell aus dem Jahre 1825 zurückgreift. Die elegante weibliche Form zeichnet sich durch einen

dünnen Mündungsring aus und wurde in der exklusiven Farbe Cuvée erstmals anfangs 2013 produziert. Die Glasspezialisten von Vetropack sind die richtigen Ansprechpartner, wenn es um Weinflaschen geht – ob für Standardflaschen oder individuelle Wünsche. Die Nähe zu unseren Kundinnen und Kunden schafft Vertrauen und geht Hand in Hand mit der Förderung regionaler Produkte einher. Ausserdem leisten Vetropack zusammen mit ihren Schweizer Kundinnen und Kunden dank der kurzen Transportwege einen bedeutenden Beitrag zum Schutz der Umwelt.


Degustation

Rebberge in Gemeindebesitz

Ein kostbares Erbe Es gibt Verwaltungen, die ihre Beziehungen zur Weinwelt darauf beschränken, Steuern zu erheben und pedantische Regelungen zu erlassen. Einige Gemeinden am Ufer des Lac Léman dagegen hätscheln ihre kommunalen Rebberge und sind stolz darauf, Weine zu produzieren, die das Gemeindewappen tragen. Ein Anachronismus? Alexandre Truffer – Fotos: Philippe Dutoit Natürlich gibt es in diversen Schweizer Kantonen derartige «Staatsreben», doch angesichts der Anzahl von Gemeinden (selbst ausserhalb der Weinregionen), die ihren eigenen Wein produzieren, ist die Waadt ein Sonderfall.

Morges: das Ringen um Autonomie Im März 2013 hat sich die Domaine de la Ville de Morges in eine GmbH verwandelt. «Auch wenn die Bürgergemeinde die einzige Aktionärin bleibt, nähern wir uns dem Status eines selbständigen

 Der Clos des Abbayes, in seiner für die Versteigerung bestimmten «Kleidung».


Degustation

 Die Etiketten der Stadt Morges inklusive

Logo wurden überarbeitet. Links die Version für die Weissweine, rechts diejenige für die Roten.

 Das neue Trio, das den Rebbergen der

Stadt Morges neue Dynamik einhauchen soll (von links): Julien Neirynck (Verkauf), Marc Vicari (Direktion) und Luc Tétaz (Rebberge).

24

Einkellerers an, was es uns erlaubt, schneller auf die Entwicklungen des Marktes zu reagieren», erklärt der neue Direktor Marc Vicari. Das markiert einen historischen Bruch in einer Stadt, die seit 1547 ihre eigenen Reben besitzt. Heute kellert der Betrieb die Ernte von 15 ha ein und kommerzialisiert fast die Hälfte der Menge in Flaschen. «Eines unserer Ziele ist das Steigern der Verkäufe, damit wir diesen Prozentsatz erhöhen können», fährt Marc Vicari fort. Seiner Meinung nach haben «Luc Tétaz im Rebberg und Frédéric Hofstettler in der Vinifikation hochstehende Weine produziert, die aber zu wenig zur Geltung kamen. Wir besitzen ein wundervolles Weingut, einen bestens eingerichteten Keller – und ein echtes Potential in dieser Gourmetstadt.» Neuer Direktor und neuer Firmenname waren nicht die einzigen Änderungen. Die Kellerei wurde in ein gemütliches Empfangslokal umgebaut, die Kommunikation soll professioneller werden, ein Mitarbeiter für den Verkauf, Julien Neirynck, wurde engagiert und die Etiketten modernisiert. Das alte Logo macht Platz für ein schlichtes «Domaine de la Ville»,

begleitet vom Wappen von Morges. «Die Einwohner von Morges erkennen sich darin sofort wieder. Für auswärtige Konsumenten ist diese neue visuelle Identität eine Marke wie jede andere, ohne den Hauch eines Funktionärsweins. Indem wir autonom werden, entfernen wir uns von der Politik, aber nur, um uns den Konsumenten noch mehr anzunähern», schliesst Marc Vicari. Die Metamorphose der Weingüter der Stadt Lausanne «Das neue Sortiment der Stadt Lausanne, das diesen Frühling präsentiert wurde, will Schluss machen mit der Konkurrenz zwischen den Weinen der Versteigerung, die von Dritten vermarktet werden, und den von der Stadt direkt verkauften Crus», erklärt Tania Gfeller-Muñoz, Önologin der Domaines de la Ville de Lausanne. Die Unterscheidung «garantiert die Exklusivität der versteigerten Weine und erlaubt es uns, diese jährlich in der Waadtländer Hauptstadt stattfindende Versteigerung besser ins richtige Licht zu rücken. Eines Tages könnte sie durchaus ein so bedeutendes Ereignis werden wie die Versteigerung der Hospices de Beaune.» Bevor sie zur Konkurrenz für das Burgund werden können, «mutieren die Lausanner Weinberge in die Tiefe». Neben dem neuen Sortiment, das 24 Weine in sieben verschiedenen Kollektionen umfasst, dem Erhalt des Labels Premier Grand Cru für den Chasselas Les Roches Plates von der Domaine du Burignon, die Umstellung auf Biodynamik derselben Domäne und dem Führen eines Reifekellers, in dem mehr als 30 000 Flaschen lagern, beaufsichtigt Tania Gfeller-Muñoz die touristische Wende, die zwei der fünf Stadtgüter betrifft. «Das Château de Rochefort funktioniert fast ausschliesslich dank Mund-zu-Mund-Propaganda. Es hat zwei Betten, keinen Fernseher, keinen Internetanschluss – eine Art Zurück-zu-denWurzeln. Auf der Domaine de Burignon

Le Guillon

Nr. 43 2/2013


 Die Abbaye de Mont in Mont-sur-Rolle.  Tania Gfeller-Muñoz, Önologin der Domänen der Stadt Lausanne, zwischen den Winzern Aimé Berger (links, Château Rochefort, Allaman), und François Gaillard (Abbaye de Mont).

können wir 50 Personen empfangen; sie bietet Platz für zehn Personen zum Übernachten. Das Publikum ist eher urban und kosmopolitisch.» Ob auch die anderen Weingüter – Clos des Moines, Clos des Abbayes und Abbaye de Mont – zu Orten der Gastfreundschaft werden, ist noch offen. «Der Weintourismus verlangt viel Einsatz von den Winzern, die auf diesen Domänen wohnen. Das ist ein langfristiges Konzept auf partnerschaftlicher

Basis und nicht eine simple administrative Anordnung», präzisiert die Önologin und weist darauf hin, dass zwischen 2014 und 2017 ein grosser Generationenwechsel auf den Domänen ansteht, gehen doch vier Vignerons-Tâcherons in Pension. Mit 33 Hektaren, verteilt auf fünf Weingüter, deren Ernte von zwei unterschiedlichen Unternehmen vinifiziert wird, bilden die Lausanner Domänen eine komplexe Einheit, die auf einem angespannten Markt

 Die beiden Lavaux-Güter Domaine du

 Im Dienst der Domänen der Stadt Lausanne (von links):

Burignon (St-Saphorin) und Clos des Moines (Dézaley).

Le Guillon

Nr. 43 2/2013

 Der Chasselas der Domaine du Burignon wurde im Sommer 2013 zum Premier Grand Cru geadelt. Er gehört zum neuen Sortiment von 24 Weinen, präsentiert sich in neuem «Look» und wird direkt auf dem Gut verkauft.

Robert Martin (Clos des Moines), Mario Guidi (Clos des Abbayes) und Luc Dubouloz (Domaine du Burignon).

25


Y

Y

Pub Commune 8.13 demi vecto.indd1 1

2.9.2013 10:39:52

Les formations à l’Ecole d’Ingénieurs de Changins Haute Ecole Spécialisée, filière œnologie (HES) Bachelor HES-SO en Œnologie Master HES-SO en Life Sciences, orientation Viticulture et Œnologie Début des cours: mi-septembre de chaque année Ecole spécialisée (ESp) en viticulture, arboriculture et œnologie Brevet fédéral et/ou Diplôme ESp Début des cours: janvier et septembre 2013 Actuellement en voie de transformation en Ecole Supérieure. Ecole du vin (EdV) Formation modulaire destinée aux amateurs et professionnels du vin et de la table Début des cours: en fonction des modules

Ecole d’Ingénieurs de Changins Route de Duillier 50 Case postale 1148 CH-1260 Nyon + 41 22 363 40 50 office@eichangins.ch

www.eichangins.ch


Degustation

 Ein eingeschworenes Team, das stolz ist auf seine Ausnahmereben: (hinten, von links) die Winzer Claude Perotti und Jean-François Schini, (vorne, von links) der Önologe Fréderic Blanc und Alain Bassang, der für Reben und Keller zuständige Gemeinderat.

ihre Rentabilität beweisen muss. Auf die Frage nach einem allfälligen Verkauf, antwortet die Önologin ohne Umschweife: «Diese Frage wird in jeder Legislatur von neuem aufgeworfen. Allerdings ohne weitere Folgen. Sowohl Stadtregierung wie Bürger sind stolz auf dieses fast 500 Jahre alte Erbe.» Auch wenn eine Trennung von den Clos nicht in Frage kommt, so möchte Lausanne trotzdem, dass die Stadtreben ihren aktuellen (ausgeglichenen) buchhalterischen Status verlassen, um rentabel zu werden. Um dieses Ziel zu erreichen, will Tania Gfeller-Muñoz die Präsenz ihrer Weine auf lokalem Niveau verstärken: «Früher verkaufte die Stadt mehr Wein in der Deutschschweiz als in Lausanne selber. Wir müssen unsere Präsenz in den führenden Institutionen wie UNIL, EPFL oder EHL verstärken und uns in den fast 80 Restaurants, die der Stadt gehören, bestätigen. Selbstverständlich drängen wir unsere Weine niemandem auf, doch wir wollen diesen Partnern die qualitativen Fortschritte unserer Weine aufzeigen. Wenn sie sie

Le Guillon

Nr. 43 2/2013

schätzen, dann werden sie sie auch auf ihre Karte setzen.» Yvorne: ein stolzer Botschafter In dieser Weinbaugemeinde des Chablais versteht man Prioritäten zu setzen. Fast könnte man sagen, die Gemeindeverwaltung stehe nicht nur auf der Domaine de la Commune, sondern auch in ihrem Dienst. Angeregt wurde das Gebäude (unten Keller, oben Gemeindehaus) namens La Grappe (die Traube) von Robert Isoz, dem Vater des Labels Terravin, leidenschaftlicher Winzer und von 1966 bis 1985 Bürgermeister von Yvorne. Unter seinem Regime erlangte das Gemeindegut seine jetzige Ausdehnung (etwas mehr als 6 ha) und wurde das Degustations­ caveau von Yvorne errichtet. Ihm ist auch die Erschliessung des Clos de L’Abbaye (auszusprechen wie «abeille») zu verdanken, die zu Ehren der Partnergemeinde Yvornes im Waadtländer Jura so heisst. «L’Abbaye ist die erste Ortschaft im Telefonbuch, Yvorne die letzte. Sie haben Käse, einen See und keinen Wein, bei

uns ist es genau umgekehrt», kommentiert Frédéric Blanc, der die Weine der Gemeinde vinifiziert. Der Spitzenchasselas Clos de L’Abbaye sollte 2014 in den sehr geschlossenen Kreis der Premiers Grands Crus aufgenommen werden. «Es ist schwierig unseren Kunden zu erklären, warum dieser Chasselas mehr als 20 Franken kostet. Die Leute sind wenig sensibel für die Anstrengungen, die wir in Rebberg und Keller unternehmen. Mit dem Label Premier Grand Cru wäre die Hierarchie klarer», erklärt Alain Bassang, der für die Rebberge zuständige Gemeinderat. Der Druckereiangestellte, der für Kommunikation und Kommerzialisierung zuständig ist, hat sich freiwillig für dieses Amt gemeldet, das er seit zwei Jahren voller Elan ausfüllt. Die harmonische Kohabitation zwischen Gemeindegut und privaten Kellereien hat übrigens Priorität. «Wenn wir potentielle Kunden angehen, stellen wir immer dieselbe Frage: Haben Sie bereits einen Wein aus Yvorne? Wenn die Antwort positiv ist, stellen wir die Verhandlungen ein, denn die Gemeinde darf die Produzenten des Dorfes niemals konkurrenzieren», präzisiert Alain Bassang. «Aber es gibt noch zu viele Restaurants, die keinen Yvorne auf ihrer Karte haben. So ist diese selbst auferlegte Zurückhaltung für uns kein wirkliches Hindernis.»

27


Weisse Gemeindeweine ★★★

★★

★★

Chasselas Es Ruffinel 2012 Gemeinde Montreux Strahlende Robe. Komplexe Nase mit floralen und Zitrusnoten. Im Gaumen besitzt dieser mächtige Wein ohne jede Schwere eine schöne Intensität und Fülle. Eine leichte Kohlensäure verleiht ihm Frische und Spannung. Kleine Feuersteinnote im Finale. www.commune-de-montreux.ch

Sève-Resses, Clos de Pevret 2012 Stadt Pully Dieser gut vinifizierte Süsswein, eine Assemblage aus Sylvaner und Sauvignon blanc, ist ausgesprochen verführerisch. Zu seinen Vorzügen gehören ein schönes Goldgelb und eine charmante Nase mit Noten von eingemachten Früchten, Rosinen, Quittenpaste, Orangenconfit, Litschi und sogar ein Hauch von Rosen, im Gaumen gesellen sich noch Aprikosen und Trockenfrüchte dazu. Schönes Gleichgewicht, trotz dem recht hohen Restzucker. www.pully.ch

Chasselas Es Rueyres 2012 Gemeinde Vevey Dieser Chasselas aus der gleichnamigen Parzelle wird in Eichenholzfudern ausgebaut. Er ist eher untypisch, besitzt aber fraglos Persönlichkeit und zeigt sich nach Belüftung von seiner besten Seite. Die Nase wird dominiert von Feuersteinnoten, der Gaumen ist füllig, mit recht viel Schmelz und einer verblüffenden mineralischen Bitternote. Gut strukturiert und von bemerkenswerter Länge, wird dieser Charakterchasselas in den nächsten Monaten noch an Harmonie gewinnen. www.vignesdevevey.com

★★★ Calamin 2011 Gemeinde Bourg-en-Lavaux Schöne Robe mit strohgelben Nuancen. Die Nase bietet ein komplexes Bouquet mit Noten von reifen weissen Früchten (Birnen, Äpfel) und Ananas sowie floralen und mineralischen Nuancen. Der Gaumen gefällt mit Finesse und Gradlinigkeit eines eleganten Crus, aromatisch dominieren Noten von weissen Früchten und Zitrusfrüchten, im anhaltenden Finale abgelöst von Akzenten warmer Steine. Ein sehr schöner Wein mit echtem Reifepotential. www.b-e-l.ch

28

★★ Chasselas 2012 Gemeinde Aigle Helle, fast durchsichtige Robe. Nase von mittlerer Intensität, die klar im mineralischen Register spielt. Feuerstein und warme Steine lassen floralen und fruchtigen Noten nur wenig Raum. Der Auftakt ist getragen von etwas aufdringlicher Kohlensäure. Ein frischer, eher eleganter Weisswein, der in einem recht lang anhaltenden kreidigen Finale ausklingt. www.aigle.ch

★★ Chasselas 2012 Gemeinde La Tour-de-Peilz Dieser typische Chasselas zeichnet sich durch helles Gelb, eine ausdrucksvolle, komplexe Nase (Lindenblüten, frische Butter, Zitrone und Feuerstein) sowie einen aromatisch sehr kohärenten Gaumen aus, getragen von recht elegantem Gleichgewicht, Fülle und relativ mineralischem Finale. www.la-tour-de-peilz.ch

Le Guillon

Nr. 43 2/2013


Degustation der Gemeindeweine

Die Verkostung Zehn Gemeinden im Besitz eigener Rebberge haben sich an der Degustation beteiligt. Jede Gemeindeverwaltung konnte einen Weiss- und einen Rotwein nach freier Wahl einreichen, ungeachtet der Rebsorten oder des Jahrgangs (unter der Bedingung, dass der Wein im Handel erhältlich ist).

Die Weine wurden am 25. Juli in Changins degustiert. Die Jury, rekrutiert von Romain Cellery, dem Verantwortlichen der Ecole du vin, umfasste zwei seiner Schülerinnen, Delphine Guex, Projektchefin bei Nespresso und Kaffeetesterin, und Vanessa Jeanneret, Restaurateurin in Ausbildung zur Sommelière, sowie den frisch gebackenen Önologen David Sossauer und Aristide Furasola aus Mont-Ventoux, Student im zweiten Jahr an der Fachhochschule Changins.

©weinweltfoto.ch

Rote Gemeindeweine ★★★

★★

★★

L’Assemblage 2010 Gemeinde Montreux Komponiert aus dem Rebsortenquartett Garanoir, Merlot, Cabernet franc und Diolinoir, präsentiert diese Assemblage in dunklem Granatrot eine komplexe Nase mit Noten von Gewürzen, Rauch, schwarzer Fruchtkonfitüre und Rosenblüten. Im Gaumen reife Frucht, geschmeidige Tannine, gut integrierter Ausbau und frisches Finale. Kein Zweifel: Diese Cuvée wurde mit viel Talent vinifiziert und befindet sich jetzt auf ihrem Höhepunkt. www.commune-de-montreux.ch

Les Guérites 2011 Stadt Morges Diese in Barrique ausgebaute Assemblage aus Gamaret und Garanoir präsentiert sich in fast blickdichter Robe. Die Nase, intensiv und komplex, vermählt schwarze Früchte mit Eukalyptus, Kakao, Gewürznelken und einer feinen Schokoladenote. Im stoffig-machtvollen Gaumen finden sich dieselben Aromen wieder, die Tannine sind kräftig und das Finale noch vom Ausbau geprägt. Dieser mächtige, gut vinifizierte, fast verführerische Rotwein hat noch viele schöne Jahre vor sich. www.vinsdeterroirmorges.ch

Galaxie 2011 Gemeinde Yvorne Schönes, intensives Granatrot. Komplexe Nase mit Noten von Gewürzen, Waldbeeren, Eukalyptus und einem Hauch Peperoni. Der Gaumen bietet schon im Auftakt eine schöne Frische, ein interessantes Gleichgewicht zwischen Lebhaftigkeit und Struktur, reifen Tanninen und saftigem Finale. Komponiert aus dem Rebsortenquartett Merlot, Gamaret, Cabernet franc und Diolinoir und zwölf Monate in Barriques gereift, überzeugt dieser Wein mit Rasse und schönem Alterungspotential. www.commune-yvorne.ch

★★

★★

Gamaret Château Rochefort 2011 Stadt Lausanne 24 Monate lang in Barriques ausgebaut, präsentiert sich dieser Gamaret sehr charaktervoll. Seine Robe ist dunkel und dicht, die Nase opulent, ausdrucksvoll und sehr würzig, mit Noten von Pfeffer, Gewürznelken, Lakritze, Tinte, Leder und Pflaumen. Der Auftakt im Gaumen, ebenso mächtig wie würzig, und das anhaltende, von Kakao geprägte Finale rahmen einen reichhaltigen, opulenten Gaumen mit reifen, gut integrierten Tanninen ein. www.lausanne.ch

Récolte des vignes de la commune 2011 Gemeinde Blonay Leicht ins Violett spielende Robe mit schönen Reflexen. Backpflaumen, Kirschen, Eukalyptus, aber auch Lakritze bilden das komplexe und verführerische aromatische Profil in der Nase. Rotfruchtiger Auftakt im Gaumen, getragen von einer ziselierten und von eleganten Tanninen eingefassten Struktur, ausklingend in einem frischen Finale. Ein ausgewogener, saftiger Rotwein. www.blonay.ch

★★★ Plant Robert Villette 2010 Gemeinde Bourg-en-Lavaux Recht helles Rot mit leicht violetten Reflexen. Ausdrucksvolle Nase mit Gewürzen wie Curcuma, Gewürznelken, Koriander und Curry, daneben schwarze Kirschen und ein Hauch Leder. Der Gaumen ist vom Auftakt bis ins Finale frisch – ein Gamay aus dem Lavaux von superber Eleganz! Dieser Plant Robert spielt mit der Finesse der Tannine, der Delikatesse der Aromen, der Präzision seiner Vinifikation – und endet in einem lebhaften, von Röstnoten geprägten Finale. www.b-e-l.ch

Le Guillon

Nr. 43 2/2013

29


BONVILLARS

Une région, des vins et un terroir à découvrir

Yverdon-les-Bains

Dégustations et visites personnalisées, cours de dégustation, apéritifs et petite restauration.

The Communal

An uncom

Lausanne

45’ Montreux

Heures d’ouverture de la Vinothèque: Lundi au mercredi de 8h à 12h et de 13h30 à 18h et jusqu’à 19h le jeudi et le vendredi, le samedi de 9h à 12h30… à bientôt! Chemin de la Cave 1 I 1427 Bonvillars I Tél. 024 436 04 36

E_110x148.indd 1

27.08.13 11:17

Some administrative authorities limit their dealings with wine growers to tax collecting and fastidious rule-setting, but on the shores of Lake Geneva one finds communal vineyards pampered by municipalities which proudly produce bottles bearing their coats of arms. Ville de Lausanne A new range of 24 wines, segmented into 7 different collections, has been introduced. The aim is to put an end to the competition between auctioned wines, sold by third parties, and those sold by the Ville de Lausanne. These exclusive wines will also raise the profile of the annual Vaud auctions. Other novelties: Premier Grand Cru status for the Les Roches Plates Chasselas of the Domaine du Burignon, now converted to biodynamic practices, and a 30,000-bottle cellar for aging wine. The Lausanne vineyards cover an area of 33 hectares divided into 5 estates (see picture above for the prestigious Clos des

30

Le Guillon

Nr. 43 2/2013


Vineyards

mon patrimony Abbayes estate in Lavaux, in the Dézaley area) and have two different companies producing the wine. This constitutes a complex entity which needs to be made profitable. One strategy of the oenologist Tania Gfeller Munoz will be to step up sales by supplying leading local university institutions and the 80 communal restaurants. Ville de Morges In March 2013, after more than five centuries of direct ‘state ownership’, the Domaine de la Ville de Morges became a

limited company which means it can now react considerably faster to changing market conditions. At present, about half of the wine produced from the 15 hectares of vineyards is bottled. One of the objectives of Marc Vicari, the new manager, is to raise this proportion by increasing marketing activities and boosting sales of these hitherto under-promoted, highquality wines.

the Domaine de la Commune cellars, was the mastermind of Robert Isoz, the founder of the Terravin label, a passionate wine-grower and mayor of the commune from 1966-1985. Thanks to him the wine-growing area spread to more than 6 hectares, a wine-tasting cellar was instituted, and the Clos de l’Abbaye was developed – a high-quality Chasselas which should obtain the select Premier Grand Cru status by 2014.

Commune d’Yvorne The La Grappe communal administrative building, which stands on - and serves -

Wine tasting These wines were among those tasted at Changins, in July, by a jury selected by Romain Cellery, head of the Wine School. White communal wine

★★★

Chasselas Es Ruffinel 2012 Commune of Montreux Brilliant colour and a complex nose blending floral notes and citrus flavours. Powerful but not heavy, this wine has intensity and volume in the mouth. Slightly carbonic, it has freshness and tension with a slight final note of silica. www.commune-de-montreux.ch Red communal wines

★★

Les Guérites 2011 Ville de Morges This barrel-aged Gamaret-Garanoir assemblage has an almost opaque colour, and an intense and complex

Le Guillon

Nr. 43 2/2013

nose of dark berries, eucalyptus, cocoa, cloves and a slight chocolaty note. The taste is consistent with the nose, firm tannins, a powerful body, and final notes of barrel aging are perceptible. Slightly flattering, this powerful, well-made red has long years ahead. www.vinsdeterroirmorges.ch

★★

Gamaret Château Rochefort 2011 Ville de Lausanne Barrrel-aged for 24 months, as mentioned on the new label with the Ville de Lausanne arms, this Gamaret has character. Colour: dark and opaque. Nose: opulent, expressive and very spicy combining notes of pepper and clove with hints of liquorice, ink, leather and plum. Powerful, spicy attack and a persistent cocoa finish, the wine is rich and opu-

lent in the mouth with ripe, wellintegrated tannins. www.lausanne.ch

★★

Galaxie 2011 Commune d’Yvorne It has a deep red colour and a complex nose with notes of spices, berries, eucalyptus and a touch of sweet pepper. The attack is fresh with an interesting balance between vivacity and structure; mature tannins and a sapid finish. Made from 4 grapes – Merlot, Gamaret, Cabernet Franc and Diolinoir – and barrel-aged for 12 months, this Galaxie is elegant with good aging potential. www.commune-yvorne.ch

31


Weinconcours

Eklektische Concours Im ersten Semester 2013 haben es Waadtländer Weine auf die Siegerlisten von Concours in aller Welt geschafft oder doch fast, von Paris über Bratislava bis Québec.

1 2 3

Pierre Thomas Am 2. Mondial du Chasselas gewann ein Gutedel aus Baden (siehe S. 37) die Hauptkategorie, im Mai waren umgekehrt 25 Schweizer Repräsentanten beim Gutedel-Cup von Badenweiler am Start. Der Aigle Les Murailles 2011 AOC Chablais von Badoux Vins klassierte sich als zweiter Schweizer hinter dem Fendant 2012 der Cave Ardévaz in Chamoson. Daniel Dufaux, Präsident der Union Suisse des Œnologues und Sekretär der Union Internationale des Œnologues, war nicht nur im Markgäflerland anwesend, sondern nahm an

4

32

mehreren internationalen Concours als Verkoster teil. So auch an den Sélections mondiales in Québec, wo drei Rotweine des Jahrgangs 2010 aus der Edellinie Lettres de Noblesse, die er für Badoux vinifiziert, Gold holten: ein Malbec-Cabernet franc (1) aus Saint-Saphorin sowie ein Pinot noir (2) und ein Merlot (3) aus Yvorne. Merlots von der Côte mit viel Schwung Der von der Vinea, Sierre, organisierte Concours mondial du Merlot 2013 wurde auf den Frühling vorverschoben, was einige vermeintliche Champions überrascht haben muss… Drei Waadtländer Weine gewannen trotzdem eine Goldmedaille: der Barrique 2009 von Henri und Jean-Pierre Debluë, Domaine des

International Competiti During the first half of 2013, Vaud wines obtained international awards in Paris, Quebec and Bratislava. At the second Mondial du Chasselas, in Aigle, the first prize in the principal category (dry white wines) was awarded to a Baden wine while Luc Pellet’s Mont-sur-Rolle Saint-Livres 2012 came second. At the Gutedel-Cup in Badenweiler, among the 25 Swiss contenders the first was the Fendant 2012 from Cave Ardévaz, in Chamoson, followed by L’Aigle Les Murailles 2011 AOC Chablais, produced by Badoux Vins. Daniel Dufaux, president of the Swiss Union of Œnologists and now secretary of the International Union of Œnologists, attended the Markgäflerland event and other international

wine-tasting competitions. These included Sélections Mondiales in Quebec, where three high-end reds from the Badoux Lettres de Noblesse line, all 2010, won gold medals: a Saint-Saphorin Malbec-Cabernet Franc(1), and a Pinot Noir (2) and a Merlot (3) both from Yvorne. Merlot wines of La Côte in good spirits The 2013 Concours Mondial du Merlot, organised by Vinea, in Sierre, was brought forward to the spring. Three Vaud wines obtained gold medals: the Domaine des Biolles Barrique 2009, Henri and Jean-Pierre Debluë, Founex; the Domaine Bovy Reverentia 2010, Dézaley Grand Cru, Chexbres; and the Domaine de Crochet 2010, Grand Cru de Mont-sur-Rolle, Hammel, Rolle.

Le Guillon

Nr. 43 2/2013


6

Biolles in Founex, der Reverentia 2010, Dézaley Grand Cru, von der Domaine Bovy in Chexbres und der Grand Cru de Mont-sur-Rolle 2010 von der Domaine de Crochet, Hammel, in Rolle. Ein Merlot war auch der einzige Waadtländer Rotwein, der beim Concours mondial de Bruxelles 2013 mit Gold ausgezeichnet wurde, nämlich der Château de Vufflens 2011 aus dem Hause Bolle & Cie in Morges. Die drei weiteren Waadtländer Goldmedaillen des Wettbewerbs, der mit 8200 Weinen aus 50 Ländern zu den grössten der Welt gehört und im Mai in Bratislava stattfand, gingen an Weissweine, so an die notorischen Wiederholungstäter Réserve Blanche 2011 vom Château de Glérolles in Saint-Saphorin und an die weisse Assemblage Varietas 2011 der Artisans vi­gnerons d’Yvorne, sowie den Doral Expression 2012 der Caves Cidis. Ein vergoldeter Chasselas in Paris An den Vinalies internationales 2013 in Paris, im März, wo 3425 Weine antraten, errangen die Waadtländer wie am Concours mondial vier Goldmedaillen. Ein weiterer Wein aus

Yvorne schaffte den auf diesem Niveau seltenen Exploit für einen Chasselas: Gold für den Tréchêne 2011 (4) der Commune d’Yvorne (die ab dem Jahrgang 2013 mit dem Clos de l’Abbaye über einen 1er Grand Cru verfügt). Philippe Bovet aus Givrins schaffte ein schönes Doppel mit seiner Spitzenassemblage Léman Noir 2011 (5) und seinem Gamay Atlantique 2011 (6). Ebenfalls ein Gamay, der barriquegereifte Le Gamay 2010 (7), brachte Bolle & Cie eine Goldmedaille. Am Mondial du Rosé an der Côte d’Azur, wie die Vinalies organisiert von den Œnologues de France, pflegen die Schweizer stets drei Goldmedaillen zu gewinnen, das ist bekannt... Auch ein Waadtländer holte Gold: der As de Cœur 2012 (8), eine Assemblage aus Gamay, Garanoir und Pinot noir der Cave de Jolimont SA in Montsur-Rolle. Kein Waadtländer in den vorderen Rängen dagegen beim Concours Chardonnays du Monde, wo das goldene Schweizer Trio aus Genf und Neuenburg stammt. Leer gingen die Waadtländer auch beim Concours Syrahs du Monde aus; drei Walliser konnten sich dagegen über Gold freuen.

7

8

ons The only red Vaud wine that won gold at the 2013 Brussels Concours Mondial was also a Merlot: Château de Vufflens 2011, Bolle & Cie, Morges. The three other gold medals awarded to Vaud wines at this well-attended competition (8,200 wines from 50 countries!), held in May, in Bratislava this year (back to Brussels in 2014), went to whites: the Château de Glérolles Réserve Blanche 2011, Saint-Saphorin; the white assemblage Varietas 2011, produced by Artisans vignerons d’Yvorne; and the Cave Cidis Doral Expression 2012. A Chasselas wins gold in Paris At Vinalies internationales 2013, held in Paris, in May, (with 3,425 wines competing) Vaud wines again won four gold medals – just as

Le Guillon

5

Nr. 43 2/2013

they had done in Bratislava! Another Yvorne wine was crowned - a rare feat for a Chasselas at this level of competition: the Tréchêne 2011 (4) from the Commune d’Yvorne (whose Clos de l’Abbaye is eligible for Premier Grand Cru status in 2013). Philippe Bovet, from Givrins, was awarded two gold prizes for his reds, his top-end assemblage Léman Noir 2011 (5) and his Gamay, Atlantique 2011 (6). The same grape obtained gold for Bolle & Cie’s barrel-aged Gamay 2010 (7). At the Mondial du Rosé, organised by Œnologues de France on the Côte d’Azur, the As de Cœur 2012 (8), an assemblage of Gamay, Garanoir and Pinot noir from Cave de Jolimont SA, in Mont-sur-Rolle, was the only Vaud rosé wine to win a gold medal.

33


Véronique Chaudet Briaux

«Ich habe meine ganze Kindheit und Jugend rund um Reben und Wein verbracht. Meine Wurzeln – sie reichen tief – verbinden mich also sehr eng mit diesem Stück Erde.» Als ihr Bruder den Betrieb verlässt, ist es unvorstellbar für die Ärztin, die Anstrengungen ihrer Vorfahren – sie verkörpert die viere Generation – nicht fortzusetzen. Nach dem Weinhändlerkurs in Changins übernimmt sie also das Weingut mit seinen 4 ha Reben, 0,5 ha davon im Dézaley, und widmet sich vor allem anderen der Kommerzialisierung. Die Reben

werden von erfahrenen Vignerons-Tâcherons gehegt, für die Vinifikation ist Laurence Keller zuständig, frei schaffende Önologin und «eine Frau, welche die Typizität der Weine und die Vielfalt unserer Chasselas respektiert». Zierlich, aber lebhaft und energisch, ist Véronique der Typ Frau, der man nicht so schnell etwas vormacht. Sie verbindet mit Schwung zwei Passionen – Gynäkologie und Wein – und hat zusammen mit ihrem Mann Jean-Marie fünf Kinder grossgezogen, die heute alle studieren. Nichts von künstlerischer Verschwommenheit also! Bekehrungseifer ist ihr fremd, Wein und Reben betrachtet sie als lebende Wesen und den Frauen, die gerne geniessen, vermittelt sie keine Schuldgefühle. In der Baronnie, wo sie sich mit Enthusiasmus in der Marketingkommission engagiert, repräsentiert ihr Grand Pertuis, Dézaley Grand Cru AOC, das Haus Chaudet Vins: ein authentischer, von

seinem Terroir geprägter Chasselas. «Die Reben im Dézaley werden weiterhin ausschliesslich von Hand kultiviert; der Wein, der hier wächst, ist ein Ausnahmeprodukt. Er ist das Objekt all unserer Überlegungen, ja, unserer Zuneigung, ungefähr so wie ein einzigartiges, handwerklich produziertes Luxusprodukt. Das ist es, was den Unterschied ausmacht.» Eine unvergessliche Erinnerung «Ich liebe es, auf das Dézaley hinunterzuschauen, am liebsten in der Morgendämmerung, wenn ich direkt nach dem Aufstehen in den Rebbergen joggen gehe. Verzaubert schaue ich auf diese prachtvolle Landschaft, die jeden Tag anders aussieht. Klar, ich war schon immer empfänglich dafür, doch der Charme wirkt unermüdlich, und ich verstehe heute, warum unsere Eltern uns diese Landschaft als einen mythischen Ort präsentierten.»

Denis & Antoine Bovard

Nachahmung, Komplizenschaft? Schwierig zu unterscheiden, wer in diesem Binom den Ton angibt, denn wenn der eine einen Satz beginnt, macht ihn der andere fertig und umgekehrt. Diese enge Vater-Sohn-Beziehung fällt einem als erstes auf, wenn man im Degustationsraum des Weinguts sitzt, neben dem eindrücklichen alten Torkelbaum von 1868, und man beobachtet die beiden mit grösstem Vergnügen – sodass man fast das Ziel des Besuchs aus den Augen verliert. Doch jeder, Vater und Sohn, hat – genau wie die Weine der beiden – seinen eigenen Charakter, seine eigene Persönlichkeit und kultiviert seine Unabhängigkeit 34

mit unterschiedlich gewählten Farbtupfern und Flugbahnen. Antoine (68) leitet 15 Jahre lang den Familienbetrieb Louis Bovard SA in Cully, bevor er eine Ausbildung in Weinbau und Önologie in Montagibert absolviert, gefolgt von einem Auslandaufenthalt in der Pfalz. Sein Streben nach Unabhängigkeit treibt ihn dazu, sein eigenes Weingut zu gründen. Seither lebt er seine Lebensphilosophie voll aus, mit grösstem Respekt vor den Reben – die 7 ha umfassende Domäne im Lavaux wird teilweise biodynamisch (1,2 ha im Dézaley), teilweise nach den Regeln der Integrierten Produktion bewirtschaftet –, aber auch vor der Authentizität der Weine und der handwerklichen Seite seines Berufs, der er eng verbunden ist. Denis (27) hingegen, der Jüngste von Antoines vier Söhnen, hat sich Zeit gelassen und vor allem darauf geachtet, seinen Horizont zu erweitern, bevor er ganz ins Berufsleben als Winzer «eingestiegen» ist. Nach der Matura studiert er Russisch an der Universität Lausanne, um dann Russland zu berei-

sen und zu entdecken. Eine Erfahrung, die ihm heute beruflich zahlreiche Türen öffnet. Zurück in der Schweiz, widmet er sich ein Jahr lang Buchhaltung und Marketing auf dem Familiengut, bevor er – noch unentschieden über seine wahre Berufung – eine Winzerlehre bei Michel Perey in Vufflens-le-Château und bei den Schwarzenbachs in Meilen, am Zürichsee, absolviert. Mittlerweile hat er seinen Weg gefunden: Was er vor allem anderen liebt, ist die Arbeit mit der Erde und den Kontakt mit den Kunden. «Das ist zwar anstrengend, macht mich aber ruhig und zufrieden.» Eine unvergessliche Erinnnerung Antoine: «Die Emotion, die mich überfällt, wenn ich meine Nase ins Glas stecke und ich das Potential eines Weins erkenne, der mir bisher unbekannt war. Einzigartig!» Denis: «Ein Dézaley zu meinem 25. Geburtstag, der gleich alt war wie ich, zu einem perfekt gereiften Gruyère Caramel. Das ideale Paar!»


Weinconcours

Die Waadtländer setzen auf Sieg Von 72 «Nominierten» des Grand Prix du Vin Suisse kommen 20 aus der Waadt. Versteckt sich unter ihnen gar der «Winzer des Jahres 2013»? Wer es wissen will, muss sich bis zur Gala der Schweizer Weine gedulden. Pierre Thomas Der Titel wird jeweils im Casinosaal Bern verliehen – alles also nur Glückssache? Sicher nicht beim Chasselas, wo die Waadtländer drei von sechs Nominierten stellen (von 471 Proben). Und dieses Trio hat sich bereits beim 2. Mondial du Chasselas in Aigle ausgezeichnet: der Clos Maijoz 2011 von der Commune d’Aigle (92 Punkte), der Yvorne Grand Cru 2011 der Collection Chandra Kurt von Bolle & Cie (91) und der Petit Vignoble 2011 der Henri Badoux SA (89,8). Rosés: fünf Waadtländer unter den sechs Nominierten! Für die grosse Überraschung sorgten die Rosés (alles 2012er): fünf von sechs Nominierten kommen aus der Waadt! Und nur einer von ihnen hat schon bei der Selektion der Waadtländer Weine auf sich aufmerksam gemacht: Le Rosé von Uvavins, gekeltert aus Gamaret und Garanoir. Ihm zur Seite stehen der Melrose von der Domaine de la Grille, Grandvaux, der Rosé de Gamay von der Domaine des Ours, Bursinel, der Rosé de Gamay von der Domaine de la Doye, Frères Dutruy, Founex, und der Méditerrannée von Philippe Bovet, Givrins. Die beiden letztgenannten wettbewerbserprobten Weingüter aus der Côte schaffen das Double: Philippe Bovet mit dem einzigen Waadtländer Schaumwein in den vordersten Rängen, seinem Brut non millésimé, und die Frères Dutruy mit ihrer Gamay Grande Réserve 2009, in derselben Kategorie wie der Château de Lully 2012, Grand Cru von Bolle & Cie. Und, zur Vervollständigung der Liste mit den zweifach Zitierten: Der Clos du Châtelard aus Villeneuve, eine der Domänen von Hammel, plaziert zwei seiner Rotweine unter den Besten: die Cuvée des Sens 2010 in der Kategorie Pinots noirs, in Begleitung des Spina Nera 2010

Le Guillon

Nr. 43 2/2013

von Etienne und Louis Fonjallaz, Epesses, und zum zweiten den Apicius 2010 bei den Merlots, zusammen mit dem Merlot 2011 von der Cave du Consul, Perroy. Das Wallis erhält Konkurrenz Vier Waadtländer sind in zwei Kategorien präsent: die Domaine Delaharpe in Bursins mit La Céleste 2010 und die Domaine des Châbles in Blonay mit ihrem 1807 blanc 2012, zwei weisse Assemblagen, die schon bei der Selektion der Waadtländer Weine gut abschnitten (mit 90,2 beziehungsweise 90 Punkten). Bei den reinsortigen roten Weinen werden zwei Waadtländer die Walliser in Verwirrung stürzen, mit dem Syrah 2011 aus Saint-Saphorin von der Cave des Rois, La Tour-de-Peilz, und dem Humagne rouge 2011 der Cave du Château de Glérolles, Saint-Saphorin. Obrist SA mit dem Clos du Rocher Grand Cru d’Yvorne 2011 ist der einzigen roten Assemblage aus der Waadt. Kein einziger Waadtländer findet sich hingegen beim Müller-Thurgau, bei den Süssweinen und, wirklich überraschend, in der mit 621 Weinen beliebtesten Kategorie der anderen reinsortigen Weissweine. 81 «nationale» Goldmedaillen Der Grand Prix du Vin Suisse, unterteilt in drei «Etagen» (nationaler Concours, Nominierte, tatsächliche Sieger), verteilt «nationale» Goldmedaillen. Mehr als 3000 Weine (3087) von fast 600 Produzenten (598) wurden von 150 Verkostern bewertet. Die 733 Waadtländer Weine (23,74% der Teilnehmer) wurden mit 81 Goldund 167 Silbermedaillen ausgezeichnet. An der Gala in Bern, am 29. Oktober, werden die ersten drei aller zwölf Kategorien geehrt. www.grandprixduvinsuisse.ch

35


L e pl u s s u bl i m e n’ e s t - i l pa s d e déguster le vin comme à la vigne, face au lac et à l’ombre d’une tonnelle? Notre œnothèque vous transporte d ans un espace hors du temps et d u stress pour profiter de l’instant e t g oûter “Lavaux” tout entier dans son verre. Du mardi au vendredi de 10h00 à 12h30 et de 15h00 à 18h30

design : www.diabolo.com

Le samedi de 10h00 à 16h00

36

Le Petit Versailles CH-1096 Cully (Suisse) Tél. +41 21 799 22 22 Fax +41 21 799 22 Le 54Guillon w w w. l f d . c h

Nr. 43 2/2013


Weinconcours

Mondial du Chasselas 2013 Deutsche Gutedel haben zwei von vier Kategorien beim Mondial du Chasselas gewonnen und damit daran erinnert, dass diese Sorte nicht nur am Genfersee wächst. Die zweite Ausgabe des Mondial du Chasselas präsentierte sich sehr international. Alexandre Truffer - Foto: Philippe Dutoit «Im Januar nach mehreren Frosttagen bei mehr als 200° Oechsle gelesen und im Inoxstahltank ganz ohne Holzkontakt ausgebaut, ist unser Eiswein aus Gutedel (Sieger der Kategorie Weissweine mit mehr als 4 g Restzucker) ein Überlebender», erklärt Frank Ternes vom Winzerkeller Auggener Schäf. Die Kooperative – sie zählt 400 Winzer, die 500 ha kultivieren – hat die Vinifikation ihrer Weissweine angepasst. «Der Geschmack hat geändert. Vor zehn Jahren produzierten wir mehrheitlich süsse Weine. Doch dann stellten wir fest, dass unsere Kunden trockene Weine bevorzugen, die besser zur Gastronomie passen. Heute machen Weine ohne Restzucker zwei Drittel unserer Produktion aus.» Lebender Beweis für diese Entwicklung ist der Chasslie, ein konzentrierter, auf seinen Feinhefen ausgebauter Chasselas von der Bezirkskellerei Markgräflerland, der mit 92,4 von 100 Punkten die Hauptkategorie gewann. «Im Gegensatz zu den meisten unserer Chasselas (40% der 900 von der Genossenschaft eingekellerten Hektaren) hat dieser Wein den biologischen Säureabbau beendet. Der Ausbau auf den Feinhefen verleiht ihm mehr Gehalt und Komplexität», präzisiert Siegbert Ortlieb, der extra nach Aigle gereist ist, um den Weltmeistertitel 2013 entgegenzunehmen.

falls glanzvoll aus der Affäre: Der Larmes de Passion 2011 von Obrist (im Holz und auf den Feinhefen ausgebaut, ohne biologischen Säureabbau) gewann die Kategorie Spezielle Vinifikation, während der Lutry Tradition 2012 von Terres de Lavaux den Titel Bester Wein mit einer Produktion von mehr als 15 000 Flaschen sicherte. Der Lieblingswein der Pressevertreter war der Blanche Loye 2011 von der Domaine de Chambleau, dritter in der Königskategorie und bester Neuenburger. Zu erwähnen ist noch der Saint-Livres 2012 von Luc Pellet, der in der Kategorie der trockenen Weine zweiter wurde und den Sieg nur um einen Zehntelpunkt verpasste.

Alle Resultate auf www.mondialduchasselas.ch

 Alle Preisträger 2013 (von links): Yvonne Heistermann (Präsentatorin), Emilienne

Hutin (bester Genfer Wein), Louis-Philippe Burgat (bester Neuenburger Wein und Lieblingswein der Presse), Thomas Basler (Sieger in der Kategorie Weine > 4g/l), Jean-Charles Estoppey (bester Wein der Kategorie Produktion von mehr als 15 000 Fl.), Frédéric und Grégoire Dubois (Sieger bei den alten Jahrgängen, beste Bewertung überhaupt, bester Waadtländer Wein), Günter Ehret (sitzend, Sieger der Hauptkategorie und bester deutscher Wein), André Hotz (Sieger spezielle Vinifikation), Paolo Basso (Präsentator).

Die Siegerliste Zwar hat ein deutscher Wein in der Hauptkategorie triumphiert, doch es war ein Waadtländer, der die Degustatoren am meisten begeisterte. Der Dézaley Marsens de la Tour 1984 der Frères Dubois gewann drei Trophäen: die für die höchste Bewertung des Wettbewerbs (93,8), die für den besten Waadtländer Wein und die für den Sieg in der Kategorie Alte Jahrgänge. Zwei weitere Waadtländer zogen sich eben-

Le Guillon

Nr. 43 2/2013

37



Unsere Terroirs und ihre Talente

Die Rückkehr des Mont-d’Or September, das ist die Rückkehr des Mont-d’Or! Dieser Vacherin aus dem Waadtländer Jura hat seinen Jahreszeitenrhythmus beibehalten. Zehn Jahre nachdem er die Appellation d’Origine contrôlée (AOC) – heute protégée (AOP) – erhalten hat, als zweiter Waadtländer Käse nach dem Etivaz, verteidigen nicht mehr als rund 15 Produzenten und Affineure seine Originalität. Pierre Thomas – Fotos: Sandra Culand

Der Mont-d’Or begeht sein Fest dieses Jahr am 21. September, eine gute Woche, nachdem er am Freitag, den 13. offiziell auf den Markt gekommen ist. Die in einer Interprofession zusammengeschlossenen Produzenten sind nach dem langen, harten Winter offenbar nicht abergläubisch. Zu ihrem 17. Fest laden sie die Walliser Eaux-de-vie AOP ins Dorf Les Charbonnières im Vallée de Joux, was Jean-Michel Rochat, einen ihrer Sprecher, nicht im mindesten stört. Im Gegenteil, ist er doch mittlerweile ein bekehrter Destillateur von Enzian geworden… Dieser Rochat, einer der letzten «reinen» Vacherinaffineure, ist auch das wandelnde Gedächtnis des Vacherins. Sein Sammlergeist hat ihn dazu gebracht, in Les Charbonnières ein Museum des Mont-d’Or zu eröffnen, zu besichtigen nur auf Voranmeldung und nur für Gruppen. Das Holz, aus dem der Vacherin gemacht ist Auch wenn der Vacherin den Namen eines rund 1460 Meter hohen und von

Le Guillon

Nr. 43 2/2013

einem Eisenbahntunnel der Jura-Simplon-Strecke durchbohrten Gipfels an der französisch-schweizerischen Grenze angenommen hat, so ist der Käse doch hier, in Les Charbonnières, geboren. Ein Film im Museum beschreibt minutiös die Etappen dieses «Weichkäses mit gewaschener Rinde». Damit ein Mont-d’Or ein Mont-d’Or wird, braucht es 1. einen Fichtenholzgurt (aus der Rotfichte von Risoux), 2. eine Schachtel, die meistens in Bois-d’Amont, in der französischen Verlängerung des Vallée de Joux produziert wird, allerdings aus Holz, das strikt aus der Schweizer Käse-AOP stammt, und 3. Milch, geliefert von den Bauern aus einem genau bezeichneten Einzugsgebiet, auf den Höhen des Jura und seiner Ausläufer. Das Holz dient nicht als Alibi: es gehört untrennbar zu diesem Lebensmittel. Bei der Degustation sprechen die Spezialisten – wie die der Bewertungskommission, die fünfmal pro Saison bei jedem Produzenten vorsprechen und die Käse mit Punkten zwischen 16 und 22 benoten – von einem

 Jean-Michel Rochat, der Gründer des

Museums, das ganz dem Mont-d'Or gewidmet ist.

Im Internet: www.vacherin-montdor.ch www.vacherin-le-pelerin.ch (Musée du Mont-d’Or) www.tyrode.ch www.hauser-authentique.ch

39


 Im Sommer werden dünne Späne von

den Fichtenstämmen abgehobelt.

leichten «Tannin». Genau wie im Wein! Dieser Zarge genannt also wird in den Wäldern der AOP gewonnen, und zwar mit einem Instrument, das mehrere Namen besitzt, darunter «Löffel», ein Hinweis auf das nützliche Besteck, mit dem man das fertige Produkt geniesst, wenn es «richtig fliesst». Auch die Spanschachtel ist nicht einem Zufall zu verdanken. Der Gurt hält den Käseteig zusammen und wird durch einen Behälter aus Tannenholz ergänzt, mit einem unteren Teil und einem Deckel, in den mit einem Brenneisen die Marke eingeprägt wird. Nach dem Anlegen des Gurts und bevor er in eine kleinere Schachtel gedrückt wird, wird der Käse 21 bis 30 Tage lang auf Fichtenbrettern affiniert. Zwischen «boëtte» und «vachelin» Der Vacherin in dieser Form geht auf den Anfang des 19. Jahrhunderts zurück, damals «fromage de boëtte» geheissen. «Vacherin» definiert einen Kuhmilch-

Vacherin Mont-d’Or season is here Pierre Thomas Vacherin Mont-d’Or celebrates the 10th anniversary of its AOC (now AOP) on September 21 – just eight days after the 2013 season for the cheese starts. A soft cheese with a washed rind, its name Mont-d’Or comes from the 1,460m (4,790ft) peak in the nearby French Jura Mountains – but the cheese itself originated in Les Charbonnières, Vaud. To be able to use the Mont-d’Or name not only the box but also the band encircling the cheese must be made of spruce. The wood has to be from a specific geographical area as does the milk from which the cheese is made. The wood plays a role in the way the cheese tastes.

40

After banding but before boxing the cheese is aged for between 21 and 30 days on spruce slabs. Packaging Vacherin this way dates back to the 19th century. The cheese’s name comes from vache – cow – because it’s made from cow’s milk. At its annual fall dinner Vaud’s Guillon wine brotherhood has traditionally served Vacherin with Dézaley. But JeanMichel Rochat, one of the big names in Vacherin and founder of the Mont d’Or Museum in Charbonnières, prefers “a Château de Châtagneréaz Chasselas – a Premier Grand Cru to go with the Premier Grand Cru of cheeses.”

Patrick Hauser of Le Lieu calls Vacherin “the most monitored cheese in the world” – a role that falls to Pascal Monneron at the Moudon–based inter-professional Vacherin Mont d’Or association, which furnishes cheese makers with necessary cultures and checks on sanitation. He also handles the CHF 500,000 a year promotion budget. Hauser sells his cheese directly to retailers including the Coop, Migros and Denner chains that sell over two-thirds of Vacherin. In 2012, a Hauser-made Mont-d’Or was the first Vacherin to win the Best Swiss Cheese award at the Swiss Cheese Awards.

Le Guillon

Nr. 43 2/2013


Unsere Terroirs und ihre Talente

käse; vor dem 17. Jahrhundert soll man ihn «vachelin» genannt haben. Selbst auf Château de Chillon ab 1260… Genügend historische Gründe also, dass die Confrèrie du Guillon seit ihrer Gründung 1954 ihre Herbstressats mit diesem Käse krönt, der in der Regel mit einem Dézaley serviert wird. Jean-Michel Rochat, der auch Weinhandel betreibt, bevorzugt allerdings einen «Château de Châtagneréaz: einen Chasselas 1er Grand Cru mit dem 1er Grand Cru der Käse!» Le Combier ist einer der letzten Affineure. Das neue Geschäftsmodell orientiert sich an Produzenten, die selbst affinieren und so die Rückverfolgbarkeit des Produkts garantieren. Die Interprofession mit Sitz in Moudon liefert die für den Käse notwendigen Fermente, überprüft die Hygiene – «der Mont-d’Or ist der weltweit am besten kontrollierte Käse», versichert Patrick Hauser – und kümmert sich um die Promotion (500 000 Franken werden jährlich investiert, also ein Franken pro

verkauftes Kilo). Seit 13 Jahren hat das «Einmannorchester» Pascal Monneron, 52 Jahre alt, diese dreifache Rolle inne. Er stammt aus der Broye; ein Milchmann mit Meisterprüfung als Käser, der in L’Isle gelernt hat, Mont-d’Or zu produzieren. Ein Mont-d’Or mit dem Schweizer Meistertitel Der Käser Patrick Hauser in Le Lieu, 43 Jahre alt, ist der einzige, der die Produktion von Gruyère unterbricht, um sich vom 15. August bis zum 15. Januar voll und ganz dem Vacherin widmen zu können. Unter den Schweizer Käsen beansprucht der Mont-d’Or eine Sonderstellung. Die Affineure tragen das kommerzielle Risiko, das vom Markt abhängt: «Wir schwanken immer zwischen zu viel und zu wenig. Das ist stressig!», gesteht Patrick Hauser. Er verhandelt direkt mit den Wiederverkäufern oder Grossverteilern (Coop, Migros und Denner verkaufen mehr als zwei Drittel der Produktion), setzt aber auch einen

kleinen Teil seiner Käse in der Käserei von Le Lieu und den Geschäften in Ecublens und Lausanne ab. Im steten Wechsel zwischen Gruyère im Sommer und Vacherin im Winter (letztes Jahr waren es 143 Tonnen), findet der Käser aus Le Lieu zum Rhythmus der Vorfahren zurück: Der Vacherin wurde geboren in den Chalets der jurassischen Alpen, am Schluss der Gruyèreproduktion, als jeweils nicht mehr genug Milch für derart grosse Käselaibe übrig war. Die Bauern assen ihn selbst, erst später vertrauten sie ihn den Affineuren an. Dass Patrick Hauser all seine Anstrengungen in den Vacherin investiert, hat sich bezahlt gemacht: 2012 gewann zum ersten Mal ein Mont-d’Or – seiner! – bei den Swiss Cheese Awards den Titel «bester Käse der Schweiz». Und dieses Jahr wurden die Vacherins durch die Interpro S. 43  Patrick Hauser ist dank seinem Vacherin

Mont-d’Or Schweizer Meister geworden.

In l’Auberson, Vincent Tyrode is proud of the gold medal he won for his Vacherin in 2013 at the World Cheese Awards in Birmingham, UK. Tyrode says he has conducted “trials with raw milk, but cheese made from thermized milk and aged 30 days tastes better.” You may see Vacherin sold with a bottle of Terravin white wine – it should be available at Coop this season. As for buying Vacherin abroad: some 30 tons – of a total of 578 tons produced in 2012-13 – go to upscale Neuilly (Paris). Several pallets go to Canada, the U.S. and Japan. Never more than 7% of production – then again, that is a lot more than exports of Swiss or Vaud wines! More at www.vacherin-montdor.ch www.vacherin-le-pelerin.ch (Mont-d’Or museum, by app’t and for groups only) www.tyrode.ch www.hauser-authentique.ch

Le Guillon

Nr. 43 2/2013

41



Unsere Terroirs und ihre Talente

 Vincent Tyrode hat seine Käserei vergrössert und modernisiert.

fession beim 5. Concours der Terroirprodukte von Courtemelon (bei Delémont) angemeldet; der Wettbewerb findet am 28. und 29. September statt. Junge, die an den Vacherin glauben In Auberson, oberhalb von Sainte-Croix, «ganz am Ende der Schweiz», ist der 38 Jahre junge Vincent Tyrode stolz auf seine zwei Goldmedaillen, die er 2013 bei den World Cheese Awards in Birmingham, in den englischen Midlands, gewonnen hat, und zwar für einen 18 Monate lang in seinem neuen Keller gereiften Gruyère sowie für einen Vacherin, der nach einem seiner drei Kinder «Le Chardon Marie genannt wird. Die aus dem französischen Jura stammende Familie Tyrode glaubt an die Zukunft der Schweizer Käse: «Für Qualität hat es immer Platz!» Unter drei verschiedenen Marken produziert der Käser fast 100 Tonnen Vacherin, 2012 waren es noch 80. Er fabriziert selber und deckt sich auch in Ballaigues und L’Isle ein, wo Junge die Produktion übernommen haben. Der Zyklus des Reifeprozesses

Le Guillon

Nr. 43 2/2013

ist kurz, zwischen 21 und 30 Tagen. In den modernen Kellern mit kontrollierter Temperatur (10°) ist es möglich, die Affinage um ein paar Tage zu verlangsamen, um ein Produkt zu erhalten, dass dem Konsumenten wirklich gefällt. Denn der Geschmack ändert sich… In der dunklen Periode zwischen 1985 und 1988, als der Mont-d’Or um ein Haar verschwunden wäre, zermürbt von tödlichen Bakterien, erregte die Frage der «Thermisierung» der Milch (20 Sekunden lang auf 60° erhitzen) die Gemüter der Gourmets. «Ich habe Versuche mit Rohmilch gemacht», gesteht Vincent Tyrode. «Selbst ich habe mich getäuscht bei 30 Tage lang affinierten Käsen aus Rohmilch und thermisierter Milch! Es war offensichtlich: gut affinierte Käse aus thermisierter Milch waren besser.» Ein Köfferchen mit Terravin Weichkäse, zunehmend industriell gefertigt, gibt es in grosser Zahl und der Markt macht dem handwerklichsten aller Weichkäse das Leben schwer… Mittlerweile hat es die Interprofession aufgege-

Der Mont-d’Or wird «umgürtet».  ben, um jeden Preis die Grenze von 600 Tonnen pro Jahr (578 Tonnen 2012/13) anvisieren zu wollen. Im Verkauf setzt sie auf die Komplementarität so beim Waadtländer Käsetrio (Etivaz, Maréchal und Mont-d’Or), das ab diesem Winter in den Verkaufsgestellen zu finden sein sollt. Oder das Köfferchen mit einem Vacherin und einer Flasche Weisswein mit dem Label Terravin. Auf Anregung des Waadtländer Departements für Wirtschaft und Sport (und Landwirtschaft) und kraft des neuen Landwirtschaftsgesetzes finanziell unterstützt von der AOP Mont-d’Or, wurde dieses Köfferchen im November 2012 lanciert. Ein Grossverteiler (Coop) wird es in dieser Saison zumindest punktuell anbieten. Zudem gibt es trotz starkem Franken und Krise den Export nach Frankreich (rund dreissig Tonnen pro Jahr). Und einige Paletten fliegen gar nach Kanada, in die USA und nach Japan. Doch das macht nicht mehr als 7% der Produktion aus. Was allerdings immer noch deutlich mehr ist als beim Schweizer und Waadtländer Wein!

43


Anthologie Anthologie 2013 2013

15 15starke fortes starkeIdentitäten identités Identitäten Caves FCVV : :Bex - -Ollon - -Yvorne --Aigle --Villeneuve --Vevey-Montreux --Corseaux --Cully --Lutry -- Morges -- Aubonne -- Gilly - Nyon - Orbe - Bonvillars FCVV FCVV Kellern Kellern Bex : Bex Ollon - Ollon Yvorne - Yvorne Aigle - Aigle Villeneuve - Villeneuve Vevey-Montreux - Vevey-Montreux Corseaux - Corseaux Cully - Cully Lutry - Lutry Morges - Morges Aubonne - Aubonne - Gilly - Nyon - Orbe - Bonvillars

Anzahl Anzahl Kartons Kartons «Anthologie»: «Anthologie»: Nb cartons «Anthologie»:

CHF CHF 159.– 159.– CHF 159.–

zumzum Sonderpreis Sonderpreis vonvon au prix exceptionnel de

Total: Total: .– CHF .– CHF (MwSt. (MwSt. inbegriffen) inbegriffen) Total: .– CHF (TVA incluse) Bitte senden Sie Sie mirmir meine Bestellung perper PostPost (Portokosten vonvon CHFCHF 14.50 Bitte senden meine Bestellung (Portokosten 14.50 Veuillez m’envoyer ma commande par poste (frais de port CHF 14.50 par carton propro Karton werden zusätzlich verrechnet). Lieferung undund Rechnung werden durch Karton werden zusätzlich verrechnet). Lieferung Rechnung werden durch facturés en plus). La livraison et la facturation sont effectuées par Cave Cidis SA. Cave Cidis SA SA durchgeführt. Cave Cidis durchgeführt. Livraison à domicile souhaitée la semaine du : 2013 Zustellung bitte an meine Adresse in der Woche vomvom : : 2013 Zustellung bitte an meine Adresse in der Woche 2013 Je viens chercher ma commande au Pavillon de Cave Cidis à Tolochenaz Ich Ich hole meine Bestellung im Pavillon derder Cave Cidis in Tolochenaz ab ab hole meine Bestellung im Pavillon Cave Cidis in Tolochenaz Je viens chercher ma commande au Pavillon de Cave Cidis à Nyon Ich Ich hole meine Bestellung im Pavillon derder Cave Cidis in Nyon ab ab hole meine Bestellung im Pavillon Cave Cidis in Nyon * Dans la limite des disponibilités des millésimes et des stocks. * Limitierte Auflage: solange Vorrat undund Verfügbarkeit derder Jahrgänge reichen. * Limitierte Auflage: solange Vorrat Verfügbarkeit Jahrgänge reichen.

Vorname Vorname : : Prénom : Strasse Strasse undund Nr :Nr : Rue/No : PLZPLZ : : NPA :

OrtOrt : : Localité :

Tel.Tel. : : Tél. :

Geburtsdatum Geburtsdatum : : Date de naissance :

E-mail E-mail : : E-mail : Datum Datum undund Unterschrift Unterschrift (obligatorisch) (obligatorisch) : : Date et signature obligatoires: MitMit meiner meiner Unterschrift Unterschrift bestätige bestätige ich,ich, über über 18 Jahre 18 Jahre alt zu alt sein. zu sein. Par ma signature, je certifie avoir 18 ans révolus.

So So bestellen bestellen SieSie Passez commande Diese Diese Karte Karte perper PostPost einsenden einsenden : FCVV : FCVV – 1131 – 1131 Tolochenaz/Morges Tolochenaz/Morges

en retournant cette carte par poste : FCVV – 1131 Tolochenaz/Morges perper FaxFax : 021 : 021 804804 54 54 55 55 – per – per E-Mail E-Mail : cidis@cidis.ch : cidis@cidis.ch par fax : 021 804 54 55 – par e-mail : cidis@cidis.ch Tel.Tel. 021021 804804 54 54 64 64 – www.anthologie.ch – www.anthologie.ch Tél. 021 804 54 64 – www.anthologie.ch

GUI-D 13

Ja,Ja, ich ich bestelle bestelle diedie offizielle Selektion Selektion FCVV FCVV «Anthologie», Oui, je commande la offizielle sélection officielle FCVV ««Anthologie», Anthologie » bestehend bestehend aus aus 15 15 grossen grossen Waadtländer Waadtländer Weinen Weinen : : composée de 15 grands vins vaudois: 15 bts 70/75 cl : 15blancs, 15 Flaschen Flaschen 70/75 70/75 cl1:cl8rosé. : Weisse, 8 Weisse, 6 Rote, 6 Rote, 1 Rosé. 1 Rosé. 8 6 rouges,

Name Name : : Nom :

GUI-D GUI-F 13

Profitieren Profitieren Sie vom vom Anthologie Anthologie Spezialangebot Spezialangebot 2013* 2013* Profitez de Sie l’offre spéciale Anthologie* édition 2013 der der FCVV FCVV : 15 : 15 Waadtländer Waadtländer Spitzenweine Spitzenweine zum zum geniessen geniessen de la FCVV : 15 grands vins vaudois pour votre plaisir ! ! !


Unsere Regionen sind rare Perlen

Die Côtes de l'Orbe auf Erfolgskurs Die Winzer der Côtes de l’Orbe konnten sich nie auf ihren Lorbeeren ausruhen. So waren sie gezwungen, eigene, auch unkonventionelle Wege zu gehen. Was sich heute bezahlt macht. Eva Zwahlen – Fotos: Hans-Peter Siffert Die Côtes de l’Orbe, Ende des 19. Jahrhunderts der grösste Weindistrikt des Kantons, umfassen heute mit 172 Hektaren Reben nur 4,5 Prozent der Waadtländer Rebfläche. Sie sind mit 80% roten Sorten das rote Schaf in der weissen Waadtländer AOC-Herde. Schuld daran sind Boden und Klima. Die Reben wachsen auf nach Südosten ausgerichteten Mergelhängen und auf sandigem Kies, die Ebenen werden von Molasse dominiert, einem Gemisch aus Sand, Sandstein und Mergel – perfekt für Rotweine! Die Niederschläge, 800 mm pro Jahr, liegen deutlich unter denen am Genfer- oder Neuenburgersee, was den Roten ebenfalls behagt. Bestens geeignet ist dieses Terroir zudem für unabhängige Persönlichkeiten, deren Geist so offen ist wie die Landschaft.

«Benoît Violier hat ihn für seine Karte ausgewählt», stapelt er tief, «er scheint also nicht ganz uninteressant zu sein…» Trotz seiner Liebe für Neuheiten, nicht zuletzt aus der «Küche» des kongenialen Jurassiers Valentin Blattner, und seinem Händchen für Cuvées hält Christian Dugon der alten Varietät Gamay d’Arcenant und dem Pinot noir, «der feinsten aller Rebsorten», die Treue. «Der Pinot verträgt keinen Hauch einer anderen Sorte», meint er entschieden, «schon ein, zwei Prozent verfälschen ihn.» Und obwohl er auch als Doral-Pionier in die Annalen eingegangen ist, weiss er: «Die Côtes de l’Orbe sind und bleiben ein Rotweinland.»

 Christian Dugon, Aushänge-

schild und Lokomotive der Appellation, mit seinen zwei Hilfskräften für die Bodenbearbeitung in den Reben.

Ein Pionier im Rotweinland Einer, der seiner Zeit stets voraus war, heute aber auf sich warten lässt, ist Christian Dugon. Er schart in Bofflens eine bunte Menagerie um sich, darunter drei Pferde, zwei davon als Helfer im Rebberg engagiert. Endlich erscheint der Pionier, Aushängeschild und Lokomotive der Appellation. In Zusammenarbeit mit den Forschungsanstalten pröbelte Christian Dugon schon mit neuen Spezialitäten, als andere Winzer Diversifizierung noch für ein Schimpfwort hielten. Der Avantgardist macht nicht gern grosse Worte, lieber lässt er seine Weine sprechen. Etwa den Adagio, eine wunderbar komplexe Assemblage aus resistenten roten Sorten.

Le Guillon

Nr. 43 2/2013

45


Unsere Regionen sind rare Perlen

 Die Reben, die zum Château

d’Eclépens gehören, existieren nachweislich seit dem 9. Jahrhundert; sie wachsen zu Füssen des Clos du Mormont. Leiter des Weinguts ist Schlossherr François de Coulon (rechts).

 Steve Bettschen, überzeugter

Anhänger der Biodynamik, Chemiker und Philosoph, produziert einen grossartigen Pinot noir (oben).

Natur und Philosophie Dem widerspricht Steve Bettschen nicht, er, der einen einzigen Wein produziert: einen Pinot, der es mit manchem Burgunder aufnehmen kann. Seine Finesse und seine tiefgründige Kraft schöpft dieser Wein aus den gelben Kalkböden des Clos du Mormont in La Sarraz. Seit 2011 hätschelt Bettschen, ausgebildeter Chemiker, ganz ohne Chemie seine 2700 Quadratmeter – biodynamisch, in unermüdlicher Handarbeit, immer darauf hörend, was ihm die Rebe sagt. Im Wallis bewirtschaftet er eine weitere Parzelle. Triebe und Blätter flicht er zu Zöpfen und wickelt sie um die Drähte, die von Hölzchen auseinandergehalten werden. «Als

ich diese Parzelle gesehen habe, wusste ich: das ist es!» Verständlich. Wir bewundern wilde Erdbeeren und betörend duftende Kräuter in diesem Garten Eden mit bezauberndem Weitblick und wildem Charme. Bettschen, elf Jahre beim Weinclub Cave tätig und bei der Vinifikation von Marie-Thérèse Chappaz unterstützt, gibt seine Weinpassion in Kursen weiter. Nur selten huscht ein Lächeln über sein Gesicht, unergründlich und ernst sind Philosophie und Wein des Sokratesanhängers. «Ich suche nach verborgener Tiefe, will das Unsichtbare sichtbar machen…», erklärt er. Wer seinen Pinot noir Phusis 2011 verkostet, dieses atemberaubende Muster an Finesse, burgundischer Eleganz, ziselierter Komplexität und raffinierter Einfachheit, beginnt zu ahnen, was er meint… Im Zeichen der Geschichte Zu Füssen des Clos du Mormont und damit eines keltischen Heiligtums von europäischer Bedeutung, wachsen seit dem 9. Jahrhundert die Reben des Château d’Ecclepens. In siebter Generation leitet der Politikwissenschafter François de Coulon das Schlossgut. Beraten lässt er sich von Spitzenwinzer Blaise Duboux und dem ehemaligen Kantonsönologen Denis Jotterand. Ein Teil der Ernte wird vom Maison Schenk ausgebaut und unter dem prestigereichen Label Clos, Domaines & Châteaux kommerzialisiert. «Jahrelang haben die Rotweine

46

Le Guillon

Nr. 43 2/2013


aus unserer Region die damals schmalbrüstigen Roten von der Côte aufgepeppt, heute werden sie unter eigener Etikette abgefüllt», betont er nicht ohne Stolz. Steve Bettschens Ansatz der Biodynamik findet er spannend: «Das Waadtländer Appellationssystem ist zu kompliziert, doch der biologische Weinbau wird uns retten. Wer Terroirweine produzieren will, muss langfristig auf Bio umstellen», ist er überzeugt, wenn er auch einräumt, dass das Klima die Winzer nicht gerade unterstützt. Obwohl er selbst erst ganz am Anfang steht, glaubt er an die Zukunft von resistenten Sorten. Doch vorläufig ist das Zukunftsmusik. Sein Aushängeschild bleibt der Gamay, ein würziger, fruchtig-frischer Rotwein mit zarten, bestens integrierten Holznoten. Gamay – Ehre, wem Ehre gebührt Der Gamay, der in den Côtes de l’Orbe trotz schwindendem Anteil mit 70 Hektaren immer noch die Hälfte des Rotweins ausmacht, spielt auch eine Hauptrolle im Sortiment von Benjamin Morel, dem wachen Hausherrn von Château de Valeyres im verschlafenen Dörfchen Valeyres-sous-Rances. Als barriquegereifter Gamay Confidentiel, eine strenge Selektion aus den besten Parzellen, bringt er Frucht, Würze und Rustikalität der Sorte zum Strahlen. Als der junge Önologe nach diversen Stages sowie Ausflügen in Gastronomie und Weinhandel das heimische Gut übernehmen wollte, traf er einen mutigen Entscheid: Er

verkaufte die Reben und setzte auf Weinproduktion und Verkauf. Da aber guter Wein nur aus guten Trauben entsteht, ging er eine enge Partnerschaft mit drei befreundeten Winzern ein, auch mit dem Käufer seiner Parzellen. Eingekellert wird die Ernte von acht Hektaren. «Manchmal fehlt es uns heute sogar an Wein…» Er scheint es selber kaum zu glauben. Dabei ist das kein Wunder, bei dem vorzüglichen

 Benjamin Morel hat unkonven-

tionelle Wege eingeschlagen, um das Überleben von Château de Valeyres zu garantieren. Mit Erfolg.

Les pains de mon chemin Wer Bäcker Marc Haller in L’Abergement (Montag und Freitag nachmittags) oder auf dem Markt in Yverdon besucht, sollte sich Zeit nehmen. Viel Zeit. Denn bei Marc Haller kauft man nicht einfach Brot. Vorzügliches Holzofenbrot aus strikt biologisch produzierten Zutaten übrigens. Nein, bei Marc Haller gibt es als Zugabe ein Pfünderli Lebensweisheit und mehr als eine Prise Zuversicht. Geübt knetet er von Hand seinen Teig, während er uns vom Weg erzählt – dem Weg seines Lebens, dem Weg nach Santiago de Compostella und zu tieferer Erkenntnis. Zur Offenbarung auf seiner Pilgerfahrt wurde ein Brot. Ein Brot aus alten Getreidesorten, nahrhaft, gesund, gut. «Da habe ich meinen Beruf von Grund auf neu erlernt», erinnert er sich und lächelt still in sich hinein. «Um gutes Brot zu machen, braucht es neben besten Zutaten Stille, saubere Luft, eine gesunde Umgebung – und Zeit!» 24 Stunden, um genau zu sein. Das Ziel ist hoch gesteckt: «Wir säen ein paar Getreidekörner, statt MacDonalds zu zerstören…» Der Effekt, so hofft er, wird langfristig der gleiche sein. www.lespainsdemonchemin.ch

Le Guillon

Nr. 43 2/2013

47


Unsere Regionen sind rare Perlen

 Der «XIIIOr» (Trésor = Schatz)

2011 der Cave des 13 Coteaux hat am Concours du Gamay in Lyon im Januar 2013 seinem Namen alle Ehre gemacht und eine Grosse Goldmedaille geholt.

Preis-Qualitätsverhältnis. Das Sortiment ist verblüffend vielfältig, pflegte doch schon Grossvater Morel, Anwalt und passionierter Winzer, neue Sorten auszuprobieren oder – in den Sechzigerjahren ein Sakrileg – die Reben zu begrünen. Der Enkel schmunzelt: «Wissen Sie, wir im Nord Vaudois sind sehr frei, uns schaut niemand über die Schulter…» Eine Kellerei mit und ohne Keller Eine Kellerei ohne Reben also. Eine Kellerei ohne Keller gibt es in den Côtes de l’Orbe ebenfalls. Die Genossenschaftskellerei in Arnexsur-Orbe, Cave des Treize Coteaux genannt, ist ökonomisch wichtig für die Appellation. Um das Überleben ihrer fünfzig Mitglieder, die zusammen 52 Hektaren bewirtschaften, garantieren zu können, wurde der Keller wegrationalisiert. Das funktioniert bestens, sind sich Präsident Yvan Monnier (zugleich grösster Lieferant) und Geschäftsleiter Patrick Keller einig. Der ausgebildete Kellermeister und Önologe Keller – immerhin ein Keller also – erklärt: Die Trauben werden auf den Dorfplatz

 An der Spitze der Kellerei ohne Keller stehen Präsident Yvan Monnier (links)

und Patrick Keller, Geschäftsleiter, Kellermeister und Önologe.

48

von Arnex gebracht, sondiert und dann an die vier Häuser Testuz, Schenk, Vinicole de Corseaux und Uvavins geliefert und verarbeitet. Drei Viertel der Roten «gehen im Salvagnin auf, verlieren also den Namen, aber nicht die Qualität», die «Réserve» – ein gepflegtes Sortiment – kommt in Flaschen abgefüllt zur Cave zurück und wird hier unter eigener Etikette verkauft. «Bei unseren Weinen gebe ich die Linie vor und begleite die Vinifikation eng. So benutzen wir etwa nur Barriques aus Schweizer Eiche. Diskussionen gibt es höchstens mit dem Önologen in Corseaux.» Warum? «Nun, das ist eine Frau… Meine Frau, um genau zu sein!», lacht Patrick Keller. Rasch wird er wieder ernst: «Vielen Produzenten hier liegt der Rebbau ganz besonders am Herzen, er ist ihr Lieblingskind, für das sie sich begeistern.» Vom Neben- zum Haupterwerb Bis vor kurzem gehörte auch die Familie Gauthey zu den Lieferanten der Kooperative. Sohn Bernard konzentriert sich inzwischen auf Rebbau und Vinifikation, der Vater kümmert sich

 Bernard Gauthey setzt im Gegensatz zu seinem

Vater ganz auf Weinbau.

Le Guillon

Nr. 43 2/2013


Zauberhafte Weisse aus dem Rotweinland Auch wenn die Winzer der Gegend als Baby nicht im Chasselas badeten, so findet man doch verblüffend schöne Weissweine. So etwa beim jungen Winzer Pierre-Yves Poget. Nach der Landwirtschaftsschule absolvierte er Changins und setzte ganz auf Wein. 2007 bauten die Pogets am Dorfrand einen modernen Keller, die letzten Kühe wurden schon vor Jahren verkauft. Der Grossteil der 3,5 Hekt-

Schlemmen und Schlafen in der Auberge von Baulmes Im behäbigen Bauerndorf Baulmes, am Fuss des Juras, geben sich Gourmets gerne ein Stelldichein. In der sympathischen Auberge wird man von zwei Spätberufenen verwöhnt: Die beiden Freundinnen, in leitenden Pflege- und Lehrberufen tätig, hängten ihre Karrieren an den Nagel und frönen seither ihrer Leidenschaft: Christiane Martin (rechts) steht am Herd, Pierrette Gander bewirtet die Gäste, die sich die marktfrischen Saisongerichte schmecken lassen, natürlich begleitet von erlesenen Weinen. Die fünf Gästezimmer versprechen himmlische Ruhe… www.lauberge.ch

Le Guillon

Nr. 43 2/2013

aren ist natürlich mit roten Sorten bestockt, von Gamay über Pinot noir, Gamaret, Garanoir und Merlot bis hin zu Cabernet franc, Cabernet Sauvignon und Cabernet Dorsa. Das Aushängeschild ist der komplexe, höchst elegante Gamay von 35 Jahre alten Reben, der bei der Selektion der Waadtländer Weine 2011 mit 91,4 Punkte bewertet wurde und das Label Best of Swiss Wine 2012 erhielt. Als unser heimlicher Favorit aber entpuppt sich der Savagnin rose aromatique, ein bestechend reintöniger, finessereicher Gewürztraminer von seltener Rasse. Die Zukunft allerdings gehört den roten Sorten, und zwar den resistenten. Davon ist Pierre-Yves Poget überzeugt. Gut möglich, dass die Côtes de l’Orbe sich auf diesem Sektor als Avantgardisten entpuppen werden.

 Punktet mit wunderbaren

Rotweinen, aber auch mit bemerkenswerten Weissen: Pierre-Yves Poget von der Cave Mirabilis.

Informationen und Anschriften aller Winzer aus den Côtes de l’Orbe: www.cotes-de-lorbe.ch.

© smartbox.com

um Ackerbau und Viehzucht. Zwei Drittel der drei Hektaren sind mit roten Sorten bepflanzt, der Gamay hat Konkurrenz bekommen von Pinot noir, Gamaret, Mara, Dornfelder und Merlot. «Der Merlot verlangt rigorose Strenge und Geduld. Das gilt auch für den Gamay d’Arcenant, der würziger, pfeffriger, wilder ist als der normale Gamay.» Nachdem Bernard Gauthey Changins absolviert hatte, wagte die Familie das Abenteuer Vinifikation und baute einen Weinkeller. «Glücklicherweise hat die Kooperative das toleriert. Wir konnten unsere Lieferungen nach und nach verkleinern und parallel unseren Betrieb aufbauen. Das war ein Segen!» Mittlerweile produziert der Winzer nicht nur reinsortige Rotweine, etwa einen charaktervollen, barriquegereiften Gamaret, sondern auch diverse Assemblagen und einen exotisch angehauchten Chardonnay.

49


The Côtes-de-l’Orbe region Reds that speak for themselves The Côtes-de-l’Orbe wine growers never had time to rest on their laurels and have always had to invent new ways ahead for themselves. They are now reaping the fruit. At the end of the nineteenth century they were the largest wine-growing region in the canton while today they account for only 4.5% of the area. Due to the climate and the soil, they are the ‘red sheep’ among the AOC Vaud whites: 80% of the area is planted with red grapes. A pioneer in the land of reds Christian Dugon of Bofflens, was one of the first to diversify. His Adagio, which Benoît Violier has put on his wine list, is a magnificent and complex assemblage of resistant red grapes. Yet he also remains loyal to the old Gamay

50

d’Arcenant and to Pinot Noir, “the most refined of them all, and it must stay pure”. Although he pioneered the Doral grape, Christian Dugon knows full well that the Côtes de l’Orbe will remain a land of red wine. A historical perspective The Château d’Eclépens vines have been growing at the foot of the Clos du Mormont, an important European sacred Celtic site, since the ninth century. A part of production is vinified by Maison Schenk and marketed under the prestigious Clos, Domaines & Châteaux brand. François Coulon, a seventh generation representative of the family that acquired the chateau in 1807, proudly declares that the reds of the region are now a brand in their own right.

Le Guillon

Nr. 43 2/2013


Honour to Gamay – and to merit Even though Gamay production is in decline, it still represents half of all the Côtes-de-l’Orbe reds. It plays an important role for Benjamin Morel, the lord of the Château de Valeyres who produces a marvellous Gamay Confidentiel which expresses the fruity, spicy and rustic notes of the grape. He has now sold the family vines and devotes himself to production and sales. His extremely rich palette of wines is also excellent value for money. A cooperative delegates the wine-making The Arnex-sur-Orbe cooperative, Cave des Treize Coteaux, has 50 members. To ensure their survival, the wine is made elsewhere. The grapes are examined at a central depot and then sent to Testuz, Schenk, Vinicole de Corseaux and Uvavins for vinification, under the vigilant supervision of the cellar master/œnologist. Three-quarters becomes

Le Guillon

Nr. 43 2/2013

Nature and philosophy At the Clos du Mormont in La Sarraz, Steve Bettschem, a lover of nature and philosophy, produces unique organic reds that can rival with some Bourgogne wines. An example is his stunningly refined Pinot Noir Phusis 2011.

© Thierry Laprand

Salvagnin, losing its name but not its quality, while the rest, carefully selected and aged exclusively in Swiss oak barrels, is bottled and sold under the Cave des Treize Coteaux label.

Organic bread Marc Haller bakes organic bread in his wood-fired oven in L’Abergement. www.lespainsdemonchemin.ch

From part-time to full-time Gauthey son now devotes himself exclusively to wine-growing, predominantly red grapes, including Pinot Noir, Gamay, Gamaret and Merlot. He makes both single-varietal (notably, a very expressive barrel-aged Gamaret) and assemblages. Enchanting whites in red country In 2007, Pierre-Yves Poget converted exclusively to wine growing and built a modern cellar. He grows mainly reds – his Gamay has won the Best of Swiss Wine quality label – yet our favourite is the very classy aromatic Savagnin rose Gewurztraminer.

© LaFourchette.ch

He also firmly believes that the way ahead is to develop organic production, a less complicated certification system than the ‘appelations’ in the Vaud canton. Although only starting to grow them himself, he is convinced that resistant grapes are the varieties of the future. His flag-ship product is a Gamay, a spicy red, fresh and fruity, with subtle and well-blended woody notes.

Good food at L’Auberge de Baulmes Market produce and wellchosen wines. Calm location, with 5 rooms. www.lauberge.ch

More information and the addresses of all the Côtes-de-l’Orbe wineries can be found at: www.cotes-de-lorbe.ch.

51


PATRICK FONJALLAZ Au Clos de la République RUELLE DU PETIT-CRÊT – EPESSES (LAVAUX) TEL. 021 799 14 44 • FAX 021 799 21 71 E-MAIL: info@patrick-fonjallaz.ch • www.fonjallaz.info

PROPRIÉTAIRE DES GRANDS CRUS QUI DEPUIS ONT FAIT LA RENOMMÉE DE LA FAMILLE FONJALLAZ

Entdecken Sie im Herzen des Weinbaugebiets Lavaux die Mysterien seiner Keller sowie die Geheimnisse seiner Ressourcen. Apéros, Fest- und Geschäftsessen, Konferenzen oder Seminare – für all das bieten wir einen einzigartigen und exklusiven Rahmen. Die Speisen werden von einem erfahrenen Küchenchef gemäss Ihren persönlichen Wünschen zubereitet. Sie werden auch in den Genuss einer Terrasse mit herrlichem Blick auf Rebberge, See und Alpen kommen, selbst im Winter. Der Zugang via Route du Lac oder Autobahn in einfach zu finden.



The Confrérie du Guillon Charter* We rejoice in the gift of the vine, the miracle that is the harvest, the mysteries of the transformation of grape to wine.

hail nature’s bounty while tapping into myths and memories buried deep in the collective psyche.

The souls of grape and vineyard are present in wine, and this unites us both to the soil and to each other.

Our laughter generous, healthy, and freeing;

Aigle, Epesses, Vallamand, Tartegnin, Bonvillars – all of Vaud comes alive through its wines, and in its vineyards our alliance and fraternal joy are sealed. Confrérie “ressats” pass on the tradition of the meals that farmers and winegrowers share with their helpers in thankfulness and exaltation after the harvest. Our celebrations align with the seasons – the flowering of the vine in spring, the grape harvest in fall – and

54

May our reasoning be always robust, frank and true; Our powers life-enhancing, innovative and creative; And may we know measure in all things. Through the Confrérie du Guillon, whose values we share, we espouse the spirit of companionship and fellowship. Let the wine flow, let it bring everyone together! *Shortened excerpts of the French text adopted on July 9, 1974 by the Confrérie du Guillon at Château de Glérolles on the occasion of the wine brotherhood’s 20th anniversary.


Botschaft des Gouverneurs Jean-Claude Vaucher

Der Chasselas,

ein grosser Wein der gut altert Unser bevorzugter Wein, der früher oft von nach Aufmerksamkeit lechzenden Journalisten verschrien wurde, gewinnt insbesondere in der Westschweiz seine Adelsbriefe zurück. Wenn wir uns über diese Entwicklung nur freuen können, dann müssen wir aber doch feststellen, dass sich die Konsumgewohnheiten bei diesem noblen Getränk verändern. Heute, wo die Tradition des Aperitifs den Einflüssen der neuen Lebensweisen immer öfter weichen muss, ist der Konsum des Chasselas, der unbestrittenermassen diese privilegierten Momente begleitete, rückläufig. Im Gegensatz dazu begleitet er heute in seiner jugendlichen und süffigen Form häufiger unsere traditionellen Käseplatten und unsere Süsswasserfische. Aber er bestätigt sich auch als ausgezeichneter gastronomischer Wein, sobald er ein paar Jahre alt ist. Die Möglichkeiten, den Chasselas altern zu lassen, kennt die grosse Öffentlichkeit aber immer noch zu wenig. Dieser reife Wein lässt sich sehr gut mit unserer traditionellen gastronomischen Küche, aber auch mit stärker gewürzten und profilierteren Gerichten aus dem europäischen wie auch asiatischen Raum kombinieren. Die subtilen und raffinierten Eigenschaften des jungen Chasselas machen nach und nach komplexen Aromen Platz, so dass der reife Wein problemlos mit den grössten Riesling-Weinen oder, je nach Jahrgang, mit den angesehensten Chardonnay rivalisieren kann. Was anfänglich nur eine Feststellung von Önologen und Winzern war, überzeugt langsam aber sicher

Le Guillon

Nr. 43 2/2013

auch die Weinliebhaber und Feinschmecker. Dabei wissen die einen und die andern, dass der Reifeprozess erst etwa seit zwanzig Jahren richtig erfolgreich ist, seit sich die Qualität der Weine spektakulär verbessert hat. Parallel zur Entwicklung der Aromenvielfalt bewahrt der Chasselas selbst nach mehreren Jahren eine gewisse Frische, was die grossen weissen Burgunder vor Neid erblassen lässt, weil sie oft schon sehr bald Spuren von Oxydation ausweisen. Diese Veranlagung, dem Zahn der Zeit gut zu widerstehen, kann sich durch die Präsenz von Kohlensäure im jungen Wein (perlend) erklären, die den negativen Einfluss von Sauerstoff im Alterungsprozess bremsen kann. Übrigens haben sich auch die grossen Küchenchefs nicht täuschen lassen und immer mehr hoch benotete Restaurants bieten heute auf ihrer Karte Chasselas an, die fünf bis zehn Jahre und sogar älter sind. Gerne weisen wir auch darauf hin, dass Vereinigungen wie die Baronnie du Dézaley, Clos Domaine et Château oder der Mondial du Chasselas, ganz zu schweigen von unserer Confrérie, aktiv für diese Weinsorte Werbung machen und dabei den reifen Chasselas besonders viel Platz einräumen. Abschliessend gilt, dass der Wein «für jeden Zeitpunkt und jede Gelegenheit», der Chasselas, perfekt altern kann. Diese Fähigkeit trägt dazu bei, die Bekanntheit und den guten Ruf dieser Sorte bei einem breiten Publikum zu verbessern und so zur Zufriedenheit der kundigen und geduldigen Geniesser beizutragen.

55


Die GipfelRessats Pascal Besnard, Echotier – Fotos: Edouard Curchod «Wir sind Tage und Nächte marschiert… Wir haben haufenweise Felsen erklommen… Wir haben in der Sonne geschwitzt… Wir haben in Schnee und Eis gefroren… Wir sind von Lawinen verschüttet worden…» Whymper am Matterhorn? Herzog am Anapurna? Oder Sir Edmund Hillary nach der Besteigung des Everest? Oh nein, es handelt sich um «Haddock in Tibet», und der Kapitän beendet seine klagende Aufzählung vor dem Abt (Grossmufti) durch das schlimmste Ereignis: «Der Yeti hat mir meine letzte Flasche Whisky geklaut!» Die unter dem hochwürdigen Patronat unseres leicht bläulichen Panchen Lama stehenden Frühjahrsgäste auf Chillon wurden keinen solchen Kalamitäten ausgesetzt. Nach einem Empfang zu den Klängen der lokalen Dungchen (auch Alphorn genannt) haben sie kulinarische Gipfel erklommen (trotz dem Fehlen von Tsampa und ranzigem Buttertee) und nach einer Etappe im Fünften – eine Art Zwischenlager im Basiscamp von Michael Rochat und Théotime Bioret – den siebten Himmel erreicht. Der Aufstieg wurde momentan von Schwindelgefühlen (Humorexzess) begleitet, hervorgerufen durch Sherpas in Roben und verzauberte Streckenabschnitte, die von den Gais Compagnons ausgesteckt wurden. Der Säufer von einem Schneemensch wurde – als vorbeugende Massnahme – in das Gefängnis von Bonivard eingeschlossen. Am Tisch liess er sich – alle heulenden und jaulenden Höllenhunde – keinen Tropfen vom Waadtländer Wein entgehen.

56

Le Guillon

Nr. 43 2/2013


Die Gipfel-Ressats

Alle Fotos der Ressats sind abrufbar auf www.guillon.ch Le Guillon

Nr. 43 2/2013

57


Freitag 26. April Compagnon d’honneur Frederik Paulsen CEO von Ferring Pharmaceuticals, Honorarkonsul von Russland in Lausanne, Polarforscher Compagnon juré Jean-Michel Borel Ehrenmitglied der Confrérie de l’Etiquette Conseiller Antoine Nicolas Compagnon Cédric Bachelard Grens Charles Balladur Vevey Pascal Colombo Genolier Benjamin Gehrig Lausanne Fabien Guimtrandy Pully François Huguenet Lausanne Azélina Jaboulet-Vercherre Lausanne Stéphane Leopizzi Cugy (VD) Bertrand Pariat Gland Patrick Schwab Thônex

1

1. Frederik Paulsen, Forschungs­ reisender und Compagnon d’honneur 2. Eine Schar Compagnons im Banne des Prévôt Gilbert Folly 3. Ein herzlicher Empfang inter­ pretiert von Christophe Romanens 4. Antoine Nicolas, Gemeinde­ präsident von Begnins, wird Conseiller 5. Das Gästebuch für den Eitket­ ten-Mann Jean-Michel Borel

58

3

4

Le Guillon

Nr. 43 2/2013


Die Gipfel-Ressats

Samstag 27. April Compagnon juré Thierry Ciampi Chapeau noir 2012, Verre d’Or Châtelain d’un soir Frédéric Coulon Präsident der Echansonnerie des Papes Conseiller Eric Nicole Préfet des Luzerner Cotterd Compagnon Dominique Chervet Môtier (Vully) Serge Cogliati Lutry Jean-Yves Collet Chamblon Denis Kunz Plan-les-Ouates Nicolas Moret Cheseaux-Noréaz Daniel Posse Torgon Philippe Sarda Bex Jerzy Ullmann Montreux Hans Vogt Liestal Peter von Niederhäusern Zofingen Heinrich Winiger Buchrain

2

5

Le Guillon

Nr. 43 2/2013

59


Freitag 3. Mai Compagnon majoral Andreas Banholzer Direktor von Waadtland Tourismus Compagnon Sandy Beetschen Lausanne Mara Carrisi-de Brito Vevey Alain-Stéphane Dorthe Aubonne Philipp Kühne St. Gallen Sophie Max Les Plans-sur-Bex Didier Müller Bossonnens Denis Pittet Morges Alexandre Rosset Mollens (VD) Luc-Etienne Rossier Aubonne Julien-Vincent-A. Vogel Chenaux

1

1. Luc-Etienne Rossier, Gemeinde­ präsident von Aubonne und fröhli­ cher Compagnon! 2. Die Geadelten vom 3. Mai gleich nach dem Ritterschlag 3. Was erzählen sich ein Gou­ verneur und ein Ex-Gouverneur, die sich treffen? (Jean-Claude Vaucher und Louis Ormond) 4. Der Direktor von Waadtland Tourismus, Andreas Banholzer, wird Compagnon majoral 5. Maria Carrisi-de Brito, Finalistin der Toqués du Terroir 2012

60

3

Le Guillon

Nr. 43 2/2013


Die Gipfel-Ressats

2

4

5

Le Guillon

Nr. 43 2/2013

61


© Siffert/weinweltfoto.ch

Die Ressats der «Mercuriales»

62

Le Guillon

Nr. 43 2/2013


Die Gipfel-Ressats

Samstag 4. Mai Compagnon majoral Michael Rochat Théotime Bioret Chefs des Restaurant Cinq, Lausanne Conseiller Eric Loup Compagnon Youri Diserens Lausanne Michel Duvillard Chavornay Pierre-André Genet Bex Pierre Gottreux Blonay Philippe Grobéty Vers-l’Eglise Nicolas Maire Vuarrens Philippe Meuwly Avenches Adel Michael Saint-Sulpice Pascal Moix Vevey Christian Ponty Paris Patrice Rod Préverenges Patrick Schouwey Villarepos Gabriel Wepf Yverdon-les-Bains 1. Der Gouverneur überreicht die Schale… ein symbolischer Akt…

1

2

3

2. Eric Loup, neuer Conseiller 3. Eher so… scheint Keller­ meister Thierry Walz zu sagen

Korrigendum für Nr. 42 Gerne möchten wir Guy Fréquelin, dem Chef von Citroën Sport, sein Band als Compagnon d’honneur und seine Identität zurückgeben: Er befindet sich rechts des Gouverneurs (und damit links auf dem Bild!).

Le Guillon

Nr. 43 2/2013

63



Propos de Clavende

La feuillantine de chocolat pur Caraïbes à l’arabica et sa crème glacée à la noisette Claude-Alain Mayor, tabellion Un Ressat des cimes suggère une certaine hauteur, et après les sommets gastronomiques, je vous propose donc un moment d’élévation spirituelle, avec un roman de Jacques Neirynck, génie littéraire méconnu, sauf des électeurs PDC. Dans La Révélation de l’Ange, on trouve en effet une théorie qui dénote chez l’auteur une profonde connaissance de l’élaboration du vin, doublée d’une intime compréhension de la culture vaudoise. «Au bord du Léman, à quatre cents mètres d’altitude, le bon sens commande de ne pas essayer de produire du vin. Seul mûrit le chasselas, qui produit naturellement un vin insipide. Le palliatif consiste à interrompre la fermentation du moût par une bonne dose de soufre. Le breuvage toxique, résultant de cette manipulation, engendre des maux de têtes chez certains et des diarrhées chez d’autres.» Si l’on en croit ces élucubrations, vous avez absorbé ce soir au moins quatre verres de breuvage toxique – beaucoup plus chez certains –, ce qui vous laisse juste le choix entre le cachet d’Alka-Seltzer pour desserrer l’étau et le comprimé d’Imodium pour resserrer le tuyau. Mais rassurez-vous: les symptômes prophétisés participent de l’affabulation. Si vous voulez contracter à la fois des maux de tête et la diarrhée, il est beaucoup plus sûr de lire la prose filandreuse de certains conseillers nationaux. De surcroît, il nous est proposé maintenant le plus doux des contrepoisons: le chocolat, connu pour ses propriétés constipantes, puisqu’il évite la descente intempestive du bol alimentaire en gardant le cacao.

Le Guillon

Nr. 43 2/2013

Nous voici donc à deux doigts d’attaquer une feuillantine de chocolat pur Caraïbes à l’arabica et sa crème glacée à la noisette. Il s’agit manifestement d’un dessert extra­ glucide: vous en mangez une bouchée et vous pouvez prédire avec certitude que demain, sur la balance, vous accuserez deux kilos supplémentaires. Ces douceurs sont dès lors doublement proscrites par l’Union européenne. D’une part, parce qu’elles sont une insulte aux programmes d’austérité, d’autre part, parce que les Caraïbes sont bien connues pour accueillir l’exil fiscal, comme par exemple l’exil Caïman ou l’exil Vierges. D’un autre côté, l’avantage avec le café et le cacao, c’est qu’on sait ce qu’on mange: canne à sucre, oui, mais canasson, non! Bon, les médias ont fait des gorges chaudes de l’arnaque aux lasagnes, mais la tromperie sur la marchandise est monnaie courante en politique. Si, chez Findus, on annonce du bœuf pour du cheval, c’est l’inverse chez les Vert’libéraux, où l’on met en exergue Isabelle Chevalley, qui peut être une vraie peau de vache. Une dernière précision historique: les créateurs du chocolat ne sont pas les Suisses. Non, les inventeurs du chocolat sont les Mayas. Un peuple créatif, puisqu’ils ont aussi inventé la forme la plus rudimentaire de tricot: une maya l’endroit, une maya l’envers! Il nous reste maintenant à déguster cette splendide composition chocolatée. Et si, contre toute attente, elle devait avoir le goût de bouchon, c’est peut-être que le chocolat est liégeois…

65


Avec l'aimable participation de la Sinfonietta de Lausanne - www.sinfonietta.ch et du Théâtre Grand-Champ de Gland / Crédits photographiques : imagevideo.ch

WWW. BADOUX- VINS. CH


Porträt eines Conseillers

Fabrice Welsch Gilbert Folly, Prévôt – Foto: Edouard Curchod Der 1966 in Genf geborene Fabrice Welsch – seine Eltern wohnten in Presinge – absolvierte seine Schulen in Genf und zog dann nach Paris. Er studierte Wirtschaftswissenschaften und arbeitete anschliessend für die Vereinten Nationen. Seine Aufgabe bestand darin, die Ausfuhren von Entwicklungsländern (Kamerun, Madagaskar, Tunesien) zu begünstigen, und das im Auftrag der Sitze in New York und in Genf. Mit 25 Jahren wechselte er zu einer Versicherungsgruppe, die ihn in Europa herumreisen machte: Paris, London, Brüssel. In zehn Jahren zügelt er zwölf Mal. Da hätte er sich wohl besser ein Mobilheim gekauft! Dann folgte der Glücksfall für die Confrérie du Guillon: Gerade als er sich in England einrichten sollte, folgte er dem Ratschlag eines Freundes und kehrte in die Schweiz zurück, wo er bei der Versicherungsgruppe Phenix eine neue Arbeit antrat. Die Lästermäuler folgerten, dass er den Chasselas einer Tasse Tee vorzog. Vielleicht stimmt es ja, und man müsste ihm recht geben! Und wer Chasselas sagt, der sagt Waadtländer. Das nahm sich auch Fabrice Welsch zu Herzen und stellte seine Kompetenzen als Wirtschaftswissenschafter, als Statistiker, als Versicherungsstatistiker und Finanzmann in den Dienst der Waadtländer Kantonalbank. An der Spitze einer Gruppe mit 65 Mitarbeitern, die gerne den Kontakt mit der Kundschaft pflegt, befasst er sich in erster Linie mit der Beruflichen Vorsorge (BVG), der dritten Säule, dem Steuerrecht und den Nachfolgeproblemen. Als Sportler, Golfer und grosser Wanderer teilt er mit seiner Partnerin seine Leidenschaft für den Wein und die Reisen. Seinen Kindern hat er seinen philanthropischen Geist übertragen, er, der Chirurg in Afrika werden wollte. Beim Bogenschiessen traf unser Bankier dann den Ehrengouverneur Philippe Gex, der seinen Pfeil ideal platzierte, als er ihn einlud, sich den

Le Guillon

Nr. 43 2/2013

Conseils der Confrérie du Guillon anzuschliessen. Gex‘ Pfeil traf ins Schwarze. Aber unter welchem Sternzeichen ist er denn geboren, Fabrice Welsch? Mit Sicherheit nicht im Zeichen des Murmeltiers, denn dieser angriffige und arbeitswillige Steinbock hat seine Gewohnheiten. Der Lesebegierige gesteht, dass er erst um 3 Uhr morgens schläft, um bereits um 6 Uhr wieder aus dem Bett zu springen. Die Zukunft gehört den Frühaufstehern, sagt man so schön. Deshalb wetten wir gerne darauf, dass wir noch lange das Vergnügen haben, ihn auf Schloss Chillon zu hören.

67


Cotterd

Freiburger Cotterd Claude-Alain Mayor, Tabellion – Fotos: Edouard Curchod

1

68

Wenn es einen Cotterd gibt, der bei den Waadtländern hoch im Kurs steht, dann jener von Freiburg. Die einen werden sagen, dass die geografische Nähe und die Sprache eine entscheidende Rolle spielen. Sie machen es sich damit etwas einfach. Der Guillonneur in Freiburg ist vielmehr ein Garant für ein gemeinsames Erlebnis der aussergewöhnlichen Art, sowohl was die Gastfreundschaft als auch die Gastronomie betrifft. Dann beinhaltet er immer auch eine Entdeckung, weil der Rahmen jedes Jahr anders ist. Am ersten Frühlingstag 2013 sind rund 70 Gäste der Einladung von Préfet Jacques Piller gefolgt und haben am traditionellen Jean-Louis-Wettbewerb in den Räumlichkeiten von Gastrofribourg am Primelnweg teilgenommen. Dann dislozierten sie zur Brasserie Beausite, einer prächtigen Freiburger Institution aus der Belle Epoque, um dort ein Feinschmeckermenu zu geniessen, das die Waadtländer Weine erstrahlen liess. Tartar mit geräuchertem Lachs, gebratenes Zanderfilet auf seiner Haut, Kalbsmilken-Medaillons, Rindsfilet und ein Parfait mit Grand-Marnier traten nacheinander auf, perfekt zubereitet von der Chefin Muriel Hauser… Dreizehn Jahre nach ihrer Premiere, denn sie hatte bereits einmal das Privileg, die Confrérie du Guillon im Casino de la grande Société de Fribourg zu bewirten. Ein Vorwand für den Autor dieses Textes, mit den Worten des Préfet die Vergangenheit und einige pikante Erinnerungen aufleben zu lassen. Der oben erwähnte Anlass zur Jahrhundertwende ist wegen einem Trompeten- und Orgelkonzert, das anlässlich des Auftaktes in der Kathedrale St. Nikolaus gegeben wurde, in lebhafter Erinnerung geblieben. Das musikalische Intermezzo wurde vom Publikum dermassen geschätzt, dass es nach dem Essen in die Kathedrale zurückkehrte, um sich das

Le Guillon

Nr. 43 2/2013


Orgelstück «L’Orage» von Jacques Vogt anzuhören, das alle Geister wieder erweckte. Ein Teilnehmer erinnert sich noch lebhaft an seine Rückkehr nach Hause um zwei Uhr morgens. Auf die Frage seiner Gattin, woher er um diese Zeit komme, sagte er wahrheitsgetreu: «Ich komme aus der Kirche.» Unnötig festzuhalten, dass diese Erklärung mehr auf Skepsis denn auf Freude stiess. Der Préfet kann stundenlang in Erinnerungen schwelgen. So erinnert er sich an die ersten Guillonneurs im L’Epicurien, dem Gewölbesaal, den alle echten Freiburger kennen. Das Menu fiel damals noch bescheiden aus. Nach der Degustation wurde eine Paëlla aufgetischt. Und wem das nicht passte, der konnte eine Pizza bestellen. Die monatlichen Apéros wurden regelmässig mit einem Fondue beschlossen. Die Ansprüche an die kulinarischen Freuden sind mit der Zeit gestiegen, so dass man schliesslich im Pérolles landete, wo sich über hundert Gäste einfanden, begleitet von den Gais Compagnons, deren gute Nase den Genuss gerochen hatte. Pierrot Ayer bewältigte den Ansturm ohne Augenzwinkern, aber der Verantwortliche erinnert sich noch gut, wie er am nächsten Tag zusammengestaucht wurde. Immerhin darf man davon ausgehen, dass die grossen Freiburger Küchenchefs nicht miteinander reden, denn Alain Bächler hatte später

keine Einwände gegen den Einzug des Guillon im Trois Tours in Bürglen (Bourguillon). Etwas näher bei uns hat sich der Guillonneur auf Wanderschaft begeben, und dabei die Bezirke besucht. Der Abstecher nach Bulle sorgte für Aufsehen, weil einige Teilnehmer etwas zu tief ins Glas geschaut hatten und die Nacht auf einem Heuwagen verbrachten. Im Sensebezirk wurde dann der erste gemeinsame Guillonneur Bern-Freiburg im Senslerhof durchgeführt. Eine Wiederholung drängt sich auf, denn die Beteiligung übertraf alles. In Kenntnis der schlechten Gewohnheiten der Verkehrspolizei organisiert Jacques Piller übrigens jedes Mal einen Transport, der die Teilnehmer davor bewahrt, ins Röhrchen blasen zu müssen. Was für ein glücklicher Cotterd, der jedes Jahr eine Rekordbeteiligung vermelden kann und die gastronomische Vielfalt mit den ausgezeichneten Waadtländer Weinen verheiratet. Zudem wird er von einem authentischen und herzlichen Préfet angeführt, dem die guten Ideen nie ausgehen.

3

1. Ein Blick aus der Vogelperspek­ tive auf die Gäste der Brasserie Beausite 2. José Progins folgt den Erklä­ rungen von Simon Vogel während dem Jean-Louis 3. Der Préfet empfängt die Gäste vor dem Guillon-Fass: Die Herren Derron (von hinten) und Aeby

2

Le Guillon

Nr. 43 2/2013

4

4. Micheline Lanthmann lässt die Nase von einem Glas zum andern wandern

69


Un autre regard sur Lavaux...

J&M DIZERENS

l e s p é c i a l i s t e d e s v i n s d e L ava u x 70

CHEMIN DU MOULIIN 31 - 1095 LUTRY - SUISSE - WWW.DIZERENSVINS.CH

Le Guillon

Nr. 43 2/2013


Porträt eines Conseillers

Jacques Henchoz… vom Pays-d’Enhaut Gilbert Folly, Prévôt Foto: Edouard Curchod Um eine echte Waadtländer Confrérie zu sein, steht es dem Guillon gut an, in seinen Reihen auch einen Conseiller aus dem Pays-d’Enhaut zu zählen. Seit Mai 2012 ist diese Auflage erfüllt, denn Jacques Henchoz, ein 1956 in Château-d’Oex geborener Bauernsohn, der dort auch seine ganze Schulzeit verbracht hatte, gesellte sich zu denen, die auf Schloss Chillon rote, braune oder gelbe Roben tragen. Jacques gehört nicht zu jenen, die sich um Verantwortlichkeiten drücken. Der Beweis: Nachdem der Vater zum Präfekt gewählt wurde, haben Jacques und sein Bruder, damals 16 und 15 Jahre alt, nicht gezögert, die Bewirtschaftung des familieneigenen Hofs zu übernehmen. Als geborener Sportler konzentrierte sich Jacques recht erfolgreich auf das Langlaufen. Er gehörte der Junioren-Nationalmannschaft an und klassierte sich 1972 gleich hinter dem Schweizer Meister. Obschon es in Château-d’Oex einige Schulen für begüterte Töchter gibt, warf er sein Auge auf eine Lehrerin: Isabelle, die Französisch unterrichtete und die er 1978 heiratete. Wenn Obelix in den Topf mit dem Zaubertrank gefallen ist, so könnte man sagen, dass Jacques Henchoz in das Käsekessi stürzte! Bedenken Sie, dass er 1982 Mitglied des Verwaltungsrates der Etivaz-Genossenschaft wurde, 1994 deren Präsidium übernahm und sich während 21 Jahren in dieser Institution einsetzte. Nachdem er 2004 den Hof seinem Sohn JeanRodolphe übertragen hatte, war Jacques bis 2011 Chef des Eidgenössischen Registers für Ursprungsbezeichnungen. Dann nahm er wiederum eine Kurve um 180° und wurde zuerst

Le Guillon

Nr. 43 2/2013

Amtschef und dann stellvertretender Dienstchef des Bauamtes der Stadt Lausanne. Während vielen Jahren zeigte Jacques Henchoz sein Engagement als Gemeinderat in Château-d’Oex und als Abgeordneter im Waadtländer Grossen Rat. Er setzte sich ein für die Bergbahnen, die Ursprungsbezeichnungen, bauliche Verbesserungen und präsidierte sogar die Westschweizer Vereinigung der Sensen-Mäher, was uns erlaubt, mit einer kleinen Anekdote abzuschliessen: In Châteaud’Oex wollte man wegen zu zahlreicher Maulwurfhügel schon einen Mähwettbewerb absagen. Da stellten die Organisatoren eine Vielzahl von Fallen auf und liessen sich jeden Maulwurfschwanz etwas kosten. Das führte in der Zeitschrift L’Hebdo zu einem grossen Titel: In Etivaz tötet man Minnie. Gefundenes Fressen für die Presse!

71


Lüften wir den Deckel

Le Cinq… oder die Küche mit vier Händen! Michael Rochat & Théotime Bioret, Le Cinq, Lausanne Pascal Besnard, Echotier – Fotos: Edouard Curchod Man kann nicht sagen, dass sie sich ähnlich sehen, Michael Rochat und Théotime Bioret. Der erste ist gross und schlank, der zweite… eher gedrungen. Bescheiden gesteht Michael seinem Partner Théotime mehr kulinarisches Talent zu als sich selbst. Théotime seinerseits überlässt die Rolle des Managers gerne Michael. Aber eigentlich ist das alles unwichtig. Was zählt, ist das Duo, das Tandem, das Binom: Die Quelle ihrer Stärke. Sie haben ihre Hosenböden nicht auf den gleichen Schulbänken abgewetzt, aber nachher haben sich ihre Wege wiederholt gekreuzt. Die Mutter von Théotime wartete mit einer ausgewogenen vegetarischen Küche auf. Den Geschmack qualitativ guten Gemüses hat der Sohn verinnerlicht. Aber das Fleisch, das er während der Lehre entdeckt, steht heute auf dem Menu der ganzen Familie.

An dieser Lausanner Adresse gibt es kein Menu, aber eine Schiefertafel, die vom Anspruch auf frische Produkte und aktuelle Angebote zeugt. Nach der Lehre im Lausanne Palace macht Théotime Bioret in Irland und anschliessend im Wallis Station. Im September 2000 schlägt ihm Jean-Jacques Gauer, der Chef des Lausanne Palace, vor, im Raisin in Cully zu arbeiten. Diese Gourmet-Adresse verdankt ihren Ruf dem bedauerten Adolfo Blockbergen und Peter Hassler, dem Mann, den Théotime sei-

72

nen Meister nennt. So bleibt er fünf Jahre in Cully, wo er die Bekanntschaft eines Gehilfen macht, von Michael Rochat! Michael war Lehrling von Frédy Girardet, dann von Philippe Rochat in Crissier. Seine Papillen wurden ebenfalls von der Mutter, einer ausgezeichneten Köchin, geprägt. Nach der Ausbildung liess er sich von den Jahreszeiten treiben: Im Winter stand er bei Roland Pierroz in Verbier am Herd, im Sommer in Saint-Jean Cap Ferrat, und wieder im Winter im Palace in Gstaad … Die zwei Köche treffen im Frühjahr 2005 im Trois Couronnes in Vevey wieder aufeinander. Michael ist Chef, Théotime die Nummer zwei. Der eine ist 25-jährig, der andere 26. Das gemeinsame Abenteuer dauert viereinhalb Jahre. Die Kurve wird an einem Abend vor einem Bier in einer Lausanner Bar genommen. «Und wenn wir uns selbständig machen würden?...» Sie haben ihr Auge auf den früheren Pélican geworfen, der zum «Le 5e» geworden und für die Neueröffnung am 2. November 2009 in «Le Cinq» umgetauft wurde. Der Aufstieg erfolgt rasch – und nicht nur wegen den Aufzügen, die ins Restaurant und auf die Terrasse führen. An dieser Lausanner Adresse gibt es kein Menu, aber eine Schiefertafel, die vom Anspruch auf frische Produkte und aktuelle Angebote zeugt. 14 Punkte im Gault&Millau. Und im Frühling ein Triumph auf Schloss Chillon unter der Flagge der Confrérie du Guillon… Die Stärke des Binoms…

Le Guillon

Nr. 43 2/2013




Lüften wir den Deckel

Milken-Cannelloni mit Pilzen Schaumige Petersiliensauce mit Parmesan Rezept für 4 Personen

Zutaten 2 cl Milch 150 g rohe Kalbsmilke 200 g gemischte Pilze 20 g fein geschnittene Schalotten 20 g zerkleinerte glattblättrige Petersilie 50 g Geflügelfleisch 2 dl Rahm 35% 2 handgefertigte Lasagneblätter, gekocht ca. 25 x 15 cm 1 Spritzer Tabasco Salz Pfeffer aus der Mühle ½ dl Olivenöl

Zubereitung • Kalbsmilke in der Milch mit einer Prise Salz 6 – 7 Minuten blanchieren • Die Pilze im Olivenöl braten • Die Schalotte, Petersilie und die Hälfte des Rahms zugeben und 1 Min. kochen • Geflügelfleisch mit der andern Rahmhälfte mixen und würzen • Die kalte Milke zerkleinern, zur Geflügelmasse geben, die Pilze hinzufügen, wenn nötig nachwürzen und kaltstellen • Die Lasagneblätter bissfest kochen und kalt abschrecken • Die Blätter ausbreiten, die Masse der Länge nach darauf verteilen, eng rollen und kaltstellen • In vier Portionen schneiden

Zutaten für die schaumige Sauce 100 g glattblättrige Petersilie 1 dl Milch 1 dl Rahm 35% 1 dl Weisswein 25 g Butter Salz Pfeffer

Schaumige Sauce • Petersilie in gesalzenem Wasser etwa 4 Minuten blanchieren und mit 1 dl Kochwasser mixen • Rahm, Milch, Butter, Weisswein daruntermischen und etwa 10 Minuten leicht köcheln lassen • Allenfalls nachwürzen Anrichten • Die Cannelloni in einem Dampfkörbchen wärmen • Auf tiefe vorgewärmte Teller verteilen • Sauce dazugeben und sofort servieren Der Wein Die Chefs von «Le Cinq» haben den Villette La Combe 2012 von Beat und Philippe Bujard wegen der Harmonie zwischen dem Gericht und dem Wein ausgewählt. Dieser Villette zeichnet sich durch einen schönen Mineralgehalt und eine gewisse Üppigkeit aus, Qualitäten, die ihn zum perfekten Partner der Milken machen.

Le Guillon

Nr. 43 2/2013

75


Horizonte

Frederik Paulsen, von einem Pol zum an  Gilbert Folly, Prévôt – Fotos: zVg vom Ferring International Center Zwischen dem Nord- und dem Südpol, in SaintPrex am Genfersee, hat der grosse Forscher und Industrielle Frederik Paulsen sein Basislager eingerichtet, nämlich sein Heim und den Sitz seiner Gesellschaft Ferring. Frederik Paulsen ist ein äusserst vielseitiger Mann: Akademiker, Honorarkonsul der Russischen Föderation in Lausanne, Forscher, Industrieller, Verleger, Philanthrop (hat er nicht gesagt: Helfen ist ein Muss?). Die Familie von Frederik Paulsen stammt von der nordfriesischen Insel Föhr, die einige Kilometer von Dänemark entfernt zu finden ist. Von den Nazis verfolgt verliess sein Vater Friedrich, ein Arzt, der in Basel studiert hatte, 1937 sein Land, um nach Stockholm zu flüchten, wo er die schwedische Staatsbürgerschaft erwarb. Hier

76

gründete er die Pharma-Gruppe Ferring, die heute von Frederik Paulsen geleitet wird und hauptsächlich Medikamente gegen Diabetes und Unfruchtbarkeit herstellt. Das Unternehmen hat seinen Standort seit bald zehn Jahren in Saint-Prex. Nach dem Chemiestudium an der Universität Christian Albrecht in Kiel hat Frederik Paulsen seine Ausbildung an der Universität von Lund in Schweden mit einem Business- und Verwaltungsabschluss ergänzt. Als Philanthrop, mit einer Sensibilität für die demografischen Probleme in Russland, unterstützte er ein Programm zur Unfruchtbarkeitsbehandlung in diesem Land. Als grosser Reisender und leidenschaftlicher Polarforscher ist Frederik Paulsen der erste Mensch, der die 8 Pole erreicht hat, die unsere gute alte Erde zählt, nämlich die geografischen, die geomagnetischen, die magnetischen und die der Unerreichbarkeit. Man darf auch sagen, dass er einer der Menschen ist, die sich dem Zentrum der Erde bestmöglichst genähert haben, da er im August 2007 an Bord eines russischen Unterseebootes den Meeresgrund unter der Eiskappe senkrecht zum Nordpol berührt hatte. Dafür konnte er von Vladimir Putin die prestigeträchtige Auszeichnung „Orden der Freundschaft“ entgegennehmen. Seine Abenteuerlust ist damit nicht gestillt und er nimmt bis heute an bedeutenden wissenschaftlichen Expeditionen teil, die das Klima, die prähistorischen Menschen und den Mammut erforschen. Man darf sich vorstellen, dass diese Reiselust auf der Suche nach dem Unmöglich erblich ist. Frederik Paulsen weiss nämlich, dass sein Urgrossvater, verheiratet und Vater von zwei Kindern, mit 18 Jahren als Matrose und dann als Kapitän auf Reisen ging. Als er nach 12-jähriger

Le Guillon

Nr. 43 2/2013


dern

Als grosser Reisender und leidenschaftlicher Polarforscher ist Frederik Paulsen der erste Mensch, der die 8 Pole erreicht hat, die unsere gute alte Erde zählt, nämlich die geografischen, die geomagnetischen, die magnetischen und die der Unerreichbarkeit.

Abwesenheit zurückkehrte, begrüsste er die seinen nicht, denen er nie ein Lebenszeichen gegeben hatte. Er erkundigte sich auch nicht nach deren Befinden, sondern begnügte sich mit der Fragen, was es denn zu essen gebe an diesem Abend. Doktor Honoris Causa der Universität von Lund, der Medizinischen Fakultät der Universität Christian Albrecht in Kiel, der Universität MGIMO in Moskau: Diese Qualifikationen hätten gereicht, damit die Confrérie du Guillon ihm den Titel eines Compagnon d’Honneur verleiht. Das wurde im Frühjahr gemacht. Dabei könnte die Welt des Weins vergessen gehen, für die sich dieser Anhänger der Kunst des guten Lebens interessiert. Als Eigentümer eines Weinguts auf der Föhr-Insel hat er die Wein- und Spirituosengruppe Marussia Beverages gegründet, die in mehr als zwanzig Ländern vertreten ist. Über ihre Filialen in Russland, in England, in Frankreich und in Georgien stellt die Gruppe nicht nur die Promotion und den Verkauf der eigenen Produkte sicher, sondern ist auch im Bereich Önotourismus aktiv, insbesondere mit Reiseziel Georgien, wo der Wein schon vor 8000 Jahren bekannt gewesen sein soll. Und dieses Interesse floriert weiter, denn Frederik Paulsen hegt noch viele ehrgeizige Projekte im Zusammenhang mit dem Wein. Und was machen die Waadtländer Weine in diesem Angebot? Frederik Paulsen verheimlicht nicht, dass er ihnen gegenüber misstrauisch war, als er sich in der Schweiz niederliess. Nach einigen sehr positiven Erfahrungen hat er sich aber überzeugen lassen und schätzt heute insbesondere einige Tropfen von der Côte besonders. Im Restaurant von Ferring geht Frederik Paulsen mit dem guten Beispiel voran und

Le Guillon

Nr. 43 2/2013

schenkt Weine aus der Region aus. Damit gibt er den Besuchern und den Angestellten Gelegenheit, diese Weine besser kennen und schätzen zu lernen. Nachahmer sind willkommen!

77


Waadtländer Weinmuseum – Schloss Aigle

Die Etikette als Aushä Fabien Loi Zedda, Präsident und Conseiller Im Rebbau- und Weinmuseum im Schloss Aigle, das 1971 von der Confrérie du Guillon gegründet wurde, ist die zweite von drei Umbauphasen abgeschlossen. Ein neuer Raum ist ausschliesslich den Etiketten der Weinflaschen gewidmet. Die Ausstellung wurde am 20. April 2013 im Zwischengeschoss eröffnet, das auf dem Rundgang das Erdgeschoss mit dem ersten Stock verbindet. Die zehn Ausstellungsräume im Hauptgebäude sind damit neu gestaltet.  Einweihung des neuen Ausstellungsraums durch Frédéric Borloz, Gemeindepräsident von Aigle, und Fabien Loi Zedda, Präsident des Museums  Eine edle und gross-

Etiketten aus 34 Jahrhunderten: Vom Text zum Bild Handgeschrieben, gemalt, gedruckt – Buch-, Stein- oder Siebdruck –, am Computer bearbeitet… die Weinetiketten haben die Welt erobert.

zügige Präsentation

78

Le Guillon

Nr. 43 2/2013


ngeschild für den Wein Schon in der Antike, im 14. Jahrhundert vor Christus in Ägypten, dann in Griechenland, im römischen Reich, …, verbuchte man mit Farbe die Weinsorte, das Produktionsjahr und den Produktionsort auf den Amphoren oder Fässern. Die eigentliche Geschichte der Etikette, des kleinen, handbeschrifteten oder bedruckten Papierstücks, beginnt im 18. Jahrhundert, mit dem Anfang der Kommerzialisierung des Champagners, von grossen Bordeaux-Weinen und andern qualitativen Weinen in Flaschen. Die Lithografie, die 1797 erfunden wurde, erlaubte es, leicht und in grosser Quantität alle möglichen Illustrationen zu drucken, was der Flaschenbeschriftung sehr dienlich war. Rasch wird die Etikette für vielfältige Illustrationen genutzt: dekorative Motive umrahmen den Namen des Produktionsortes, Alltagsszenen, Landschaftsbilder, eigentliche Kunstwerke oder auch die Reproduktion von Medaillen, die bei Wettbewerben gewonnen wurden, zieren die Etiketten. Andere setzen ausschliesslich auf die Buchstaben und die Typografie, wobei den Modeerscheinungen Rechnung getragen wird. Die Ausstellung im Rebbau- und Weinmuseum zeugt von der grossen Diversität und stellt eine grosse Zahl von sinnbildlichen und aussergewöhnlichen Etiketten vor. Zum grossen Reichtum der Ausstellung, besonders was die Comics-Reproduktionen betrifft, hat nicht zuletzt Pierre Schulthess mit seiner grosszügigen Schenkung beigetragen. Zwei interaktive Säulen, die laufend aktualisiert werden, laden dazu ein, die Sammlung des Museums zu erforschen und spielerisch die aussergewöhnlichen Etiketten zu entdecken. Sie können auch auf der Website des Museums WWW.MUSEEDUVIN.CH jederzeit von zuhause aus bewundert werden.

Le Guillon

Nr. 43 2/2013

 Der interaktive und

spielerische Austausch gefällt den Besuchern

79


Die Kolumne von Michel Logoz

Wer hat Twitter und Facebook die Idee verkauft, weltweite Carnotzets einzurichten?

Den Waadtländern ist es etwas in den Kopf gestiegen, wenn sie zu verstehen geben, dass Twitter oder Facebook nur fehlgeleitete Wandlungen unserer guten alten Carnotzets sind! Da wo man tratscht, da tobt man sich aus, nörgelt, stichelt, stellt sich zur Schau, erzählt Dummheiten und vernetzt sich. Wer würde schon bestreiten, dass die Waadtländer Winzer die Carnotzet-Formel schon erprobt haben, lange bevor die grossen Orgeln von Google unseren Alltag in Musik umgesetzt haben? Hier geht das Entdecken der guten Weine im Gleichschritt mit der Kameradschaft der Papillen-Argonauten, die sich unter dem gleichen Dach versammelt haben. Unsere Winzer haben das Carnotzet zum idealen Ort gemacht, um 25.03.1 unsere Launen zu verwässern, unsere Gesundheit zu pfle-Dubois&Fils irl.indd 1 gen, uns mit der Menschheit zu versöhnen. Ein geeigneter Ort, damit all jene die unerlässliche mentale Hygiene erwerben können, die noch eine gewisse Zeit leben möchten, ohne sich von Moralisten jeder Art und dem Kasernenhofgeist der 1412 – 2012 Tél. 021 799 48 15 e vorherrschenden Ideen anstecken zu lassen. Auf seinem Weg 600 anniversaire Fax 021 799 48 16 25 générations de tradition rundet der Wein die Kanten und Antagonismen ab. Die GastNatel 079 607 44 20 freundschaft floriert in allen Tönen. Als Beichte-Treiber vollE-mail : alain.parisod@parisod.ch www.parisod.ch bringen der Dézaley oder der Yvorne wahre Wunder, indem sie von Hemmungen befreien. Die momentanen Freunde sind ebenso gut wie die Millionen wertlosen Freunde, die man sich einfährt, wenn man die Finger auf dem Computer turnen lässt, wo man sich der Welt nur öffnet, um sein Ego aufzuwerten und einen Rauchstreifen zu hinterlassen. Wenn man mit seinem Nachbarn einen komplizenhaften Blick, ein Zeichen heimlichen Einverständnisses austauschen kann, dann gewinnt das Zwischenmenschliche seinen vollen Sinn. Demgegenüber verblasst und erschöpft sich der Dialog, wenn man niemand anders gegenüber hat als einen Bildschirm und man seine Aussagen auf 140 Zeichen reduzieren muss. Die Messe ist vorüber. Fahren Sie, gleiten Sie auf den dionyEpesses sischen Wellen unserer Carnotzets! Domaine Maison Blanche

Domaine de la Grille Alain Parisod Propriétaire-encaveur 1091 Grandvaux

Pinot-Noir Villette « Domaine de la Grille »

80

Villette « Domaine de la GrilleLe » Guillon Chasselas Terravin

Nr. 43 2/2013


1er Grand Cru

Un millénaire d’excellence Entrez dans l’univers d’exception d’un 1er grand cru www.chatagnereaz.ch Les 1ers Grands Crus vaudois, nouveaux symboles d’excellence Membre de l’Association


W E i n b r au c h t G l a s . Emotional, beständig, elegant. Edler Wein ist ein Versprechen – Glasverpackungen bewahren es für Nase, Gaumen, Augen und Herz. Machen auch Sie aus Ihrem Wein ein Gesamtkunstwerk. Wein braucht Glas – und Glas braucht Vetropack.

Vetropack AG CH-8180 Bülach, Telefon +41 44 863 34 34, www.vetropack.ch


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.