Le Guillon Nr. 44 - DE

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ZEITSCHRIFT DES WAADTLÄNDER WEINS

WITH ENGLISH SUMMARY

NR. 44 1/2014

REVUELEGUILLON.CH


Avec l'aimable participation de la Sinfonietta de Lausanne - www.sinfonietta.ch et du Théâtre Grand-Champ de Gland / Crédits photographiques : imagevideo.ch

WWW. BADOUX- VINS. CH


LA REVUE DU VIN VAUDOIS

N° 44 1/2014

Revue Le Guillon GmbH Chemin de la Côte-à-Deux-Sous 6, CH-1052 Le Mont-sur-Lausanne Tel. +41 (0)21 729 72 68 – revue@guillon.ch

www.revueleguillon.ch Le Guillon, die Revue des Waadtländer Weins erscheint zweimal jährlich in den Sprachen Französisch und Deutsch, mit englischen Zusammenfassungen. WITH ENGLISH SUMMARY

REVUELEGUILLON.CH

Mineralität, Traum oder Realität? Gewohnt meisterhaft interpretiert von Régis Colombo, mit freundlicher Unterstützung des kantonalen Museums für Geologie (Sammlung Mineralogie). www.regiscolombo.com

Die Vorteile der Ungewissheit Françoise Zimmerli

Das zweite Semester 2013 hielt für die Waadtländer Weine Momente voller Emotionen und intensiver Entdeckungen bereit, in ihrer Heimat und jenseits der Grenzen. So machten sie sich im vergangenen September auf, um den japanischen Markt zu erkunden. Die Repräsentanten von 14 Kellereien, die mit auf der Reise waren, konnten mit einigem Erstaunen und nicht geringer Freude feststellen, wie sehr die japanischen Gastronomen unseren Chasselas zu schätzen wissen. Auch wenn ihre Art, diese Affinität auszudrücken, die Waadtländer bisweilen frappierte… bevor sie, wieder zu Sinnen gekommen, die Komplexität der Hommage begriffen, welche der Rebsorte ihrer Wahl da erwiesen wurde. Der Chasselas vermählt sich im Land der aufgehenden Sonne auf absolut raffinierte Weise mit der Subtilität der japanischen Gastronomie. Und dies nicht nur mit Sushi und Sashimi, denn die Waadtländer Weine haben noch andere Vorzüge, um in diesem Land, mit dem die Schweiz seit 150 Jahren enge diplomatische Beziehungen pflegt, als Spezialitäten zu glänzen. Gemäss dem OVV sollen diesen ersten positiven Kontakten weitere Begegnungen folgen, damit die PR-Aktionen nachhaltige Wirkung zeigen. Mit demselben Elan und in derselben Periode haben die Waadtländer zahlreiche Medaillen errungen, in schweizerischen und ausländischen Weinconcours. Dank all diesen goldenen Auszeichnungen haben sie an Bekanntheit zugelegt. Und liegen damit ganz auf der neuen Linie der offiziellen Weinschweiz, die unser Land in der Elite der Weinbaunationen plazieren will. Wir hegen die Hoffnung, dass das Jahr 2014 unseren Weinen eben so viele Höhenflüge bescheren wird wie das Jahr 2013, ungeachtet der Ungewissheit, die seit der Abstimmung zur Einwanderung auf unserem Land lastet. Einzig und allein ihre Fähigkeit, sich zusammenzuschliessen und die Zukunft mit dem Geist von Eroberern in Angriff zu nehmen, wird ihnen eine Hintertüre öffnen. Das sind die einzigen Vorteile der gegenwärtigen Ungewissheit. P. S. A big welcome to those of you reading the magazine in English. Whether you live in Switzerland or are just visiting, we hope you enjoy learning more about the exceptional wines made in the Pays de Vaud and our unique art of living.

Trend Mineralität – Traum oder Realität? Waadtländer Wein Grosser Auftritt des OVV an der IGEHO Waadtländisch-japanische Chronik 漫画 Manga 1er Cru Viel Edelmetall für den Pierrot der Familie Molliex

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Degustation Grand Prix du Vin Suisse 25 Weinconcours 26 Weisse Hochzeiten im Waadtland 28 Unsere Terroirs und ihre Talente Bex und Ollon, das Chablais in Rot und Weiss

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Unsere Regionen sind rare Perlen Die Schweizer Trüffel streckt ihre Nase aus der Erde

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Confrérie du Guillon Botschaft des Gouverneurs 51 Ressats 52 Propos de Clavende 62 Sechzig Jahr im Dienst des Waadtländer Weins 63 Cotterd 64 Die Quatre Heures du Vigneron 66 Nachruf 69 Lüften wir den Deckel 70 Guillon d'or 74 Die Kolumne von Michel Logoz 80

IMPRESSUM: Geschäftsführung: Dr. Jean-François Anken (Präsident), Gilbert Folly, Daniel H. Rey. Partner: Confrérie du Guillon; Office des Vins Vaudois; Qualitätslabel Terravin; Fédération des caves viticoles vaudoises; Section vaudoise de l’Association suisse des vignerons encaveurs; Service de l'agriculture (SAGR) – Office cantonal de la viticulture et de la promotion (OCVP); Service de la promotion économique et du commerce (SPECO). Verlagsleitung: Françoise Zimmerli. Mitarbeiter dieser Ausgabe: Pascal Besnard, Gilbert Folly, Romain Hofer, Michel Logoz, Claude-Alain Mayor, Richard Pfister, Pierre Thomas, Alexandre Truffer, Jean-Claude Vaucher, Eva Zwahlen. Übersetzung ins Deutsche: Evelyn Kobelt (Confrérie), Eva Zwahlen. Übersetzung ins Französische: Loyse Pahud. English adaptation: IP Communication in English. Art director: STLDESIGN – Estelle Hofer Piguet. Fotografen: Studio Curchod – Edouard Curchod, Diapo.ch – Régis Colombo, Kairos atelier photos – Sandra Culand, Philippe Dutoit, weinweltfoto.ch – Hans-Peter Siffert. Fotolitho und Druck: IRL plus SA. Anzeigenleitung und Abonnemente: www.revueleguillon.ch – revue@guillon.ch – ISSNN 1423-7393


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Trend

Mineralität –

Traum oder Realität? Die Komplexität des Weins hat im Lauf der Jahrhunderte Religionen und Mythologien inspiriert. Seine unzähligen Beschreibungen entwickelten sich mit der Zeit, gewisse Begriffe tauchen zyklisch immer wieder auf. Der Begriff Mineralität etwa ist heute zweifellos sehr en vogue. Ein Versuch, ihn besser zu verstehen. Richard Pfister – Foto: Régis Colombo Auch wenn nur wenige wissenschaftliche Publikationen zu diesem Thema erschienen sind und keine von ihnen als die Referenz in der Definition der Mineralität gelten kann, heisst das noch lange nicht, dass es eine solche Definition nicht gibt. Jeder Verkoster, der diesen Begriff zum Beschreiben des Weins verwendet, hat eine Definition im Kopf. Der Haken dabei: nur wenige sind sich einig in seiner Bedeutung. Christian Guyot, Professor für sensorische Analyse an der Ingenieurschule von Changins, unterstreicht den Mangel an Konsens, wenn es um Mineralität geht: «Es gibt etwa gleich viele Definitionen der Mineralität wie Degustatoren und Weinkritiker! Ich kann die Verwendung des Begriffs Mineralität in einer professionellen Weinbeschreibung nicht akzeptieren, solange ich keine klare Definition besitze. Ich habe Mühe, die Herkunft dieser lexikalischen Mode zu verstehen. Wer würde die Begriffe Floralität oder Fruchtigkeit verwenden? Dagegen verwende ich gerne das Adjektiv mineralisch so wie fruchtig, floral, animalisch, würzig… Begriffe, welche die Aromenfamilien der Weine bezeichnen.» Um etwas Klarheit in dieses Begriffswirrwarr zu bringen, scheint es wichtig, die beiden menschlichen Organe, welche die Mineralität wahrnehmen können, gesondert zu betrachten: die Nase und den Gaumen.

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Beginnen wir mit der Nase… Ein Konsens, der sich am Horizont abzeichnet, könnte die Aussage sein, dass sich Mineralität in einem Wein durch die Präsenz von mineralischen Noten in seinem Bouquet ausdrückt. Doch was ist eine mineralische Note? Ein Artikel in Le Guillon 42 (September 2012) bot eine Klassifizierung der Duftnoten, die diesen Punkt präzisiert: eine Note, die uns mittels Analogie an einen auf natürliche Weise abgesonderten Geruch von mineralischer Herkunft denken lässt, zumindest teilweise. Etwa an einen der folgenden: KREIDE EISEN IOD PETROL FEUERSTEIN TORF Gewisse mineralische Gerüche sind eher schwach, so wie Kreide. Andere, intensivere lassen bisweilen an Reduktion denken, wie die berühmte Feuersteinnote (der Geruch, der entsteht, wenn man zwei Feuersteine aneinander reibt). Ein Degustator könnte durchaus mineralische Seiten erschnuppern, während sein Nachbar den Eindruck hat, der Wein sei reduktiv. Besser versteht man das Problem, wenn man sich den Namen des schwefligen Moleküls anschaut, das in der Hauptsache für diese Note verant-

wortlich ist: Benzylmercaptan. In Weinen ist Mercaptan stets das Synonym für Reduktion… Léonard Pfister, Önologe bei Obrist, meint: «Meiner Meinung nach ist die Feuersteinnote sehr typisch für Mineralität, auch wenn es verschiedene Schwefelnoten gibt, welche die Degustatoren dazu bringen, mineralische Charakteristiken zu riechen.» Diese Schwefelnoten erwähnt auch Philippe Corthay, beratender Önologe: «Mineralität nehme ich als ein Element wahr, das Geruch, Geschmack und taktile Empfindungen im Gaumen betrifft. Mineralische Geruchsnoten gehören zum mineralischen Reich, wie Feuerstein, nasse Steine, erdige

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Trend

Noten, ein entflammtes Streichholz, Röstnoten, Schwefelnoten…» Dank Gewohnheit und Übung ist es möglich, in der Degustation die Zusammensetzung eines Bodens zu bestimmen, der sich hinter einem Wein verbirgt. Viel schwieriger ist es jedoch, die Mineralien herauszuspüren, welche die Rebwurzeln aufnehmen… Stéphane Burgos, Professor der Erdwissenschaften an der Ingenieurschule von Changins, bestätigt das: «2004 haben wir eine Studie über Feuersteinnoten gemacht; die Resultate zeigten eine Beziehung zu gewissen Funktionstypen von Böden. Dagegen fanden sich keine Zusammenhänge mit bestimmten Felsen, wie es viele Produzenten wünschten oder voraussagten…» Und im Gaumen? Sich auf eine Definition der Mineralität im Gaumen zu einigen, scheint schwieriger

«Die Schwierigkeit, den Begriff Mineralität einzugrenzen, stammt sicher daher, dass er mehrere Sichtweisen vermischt: einerseits die aromatischen Wahrnehmungen, andererseits eine Dimension der Struktur, verbunden mit einer Art von Spannung oder einem mineralischen Gerüst, und schliesslich den Eindruck von Lebhaftigkeit und Salzigkeit.» Jacques Perrin, CAVE SA

zu sein. Es gibt zahlreiche Erklärungsversuche, alle mehr poetisch als wissenschaftlich motiviert. In der Tat ist es nicht einfach, eine Definition für ein Wort zu finden, das in den Wörterbüchern der französischen Sprache (noch?) nicht existiert. Trotzdem könnte man eine vorschlagen, die das Verdienst hat, sich auf messbare Elemente zu stützen und folg-

lich leicht zu erklären ist. Versuchen wir es also… Nach Meinung derer, die den Begriff Mineralität verwenden, weisen nicht alle Weine Mineralität auf, die sich durch geschmackliche und zugleich taktile Weise ausdrücken soll. Könnte aufgrund dieser Kriterien nicht die Salzigkeit als ein guter Ausdruck von Mineralität gel-

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ten? Oft filigran vorhanden, selten intensiv, besitzt Salzigkeit den Vorzug, eine Empfindung zu sein, die dank dem Wirken der… Mineralsalze wahrgenommen wird – welch eine Übereinstimmung! Diese Mineralsalze drücken sich nicht nur durch eine salzige Geschmacksnote aus, sie verleihen dem Wein auch Viskosität und runden ihn ab. Diese geschmackliche Komplexität könnte teilweise erklären, warum es so schwierig ist, Mineralität zu charakterisieren. Jacques Perrin, Direktor von CAVE SA , erkennt in der Mineralität auch eine gewisse Salzigkeit: «Der erste Zugang zur Mineralität ist zuallererst derjenige der Mineralsalze wie in einem Mineralwasser, deren Gehalt an Natrium, Kalzium, Magnesium usw. von einer Quelle zur anderen variiert.» Winzige Unterschiede im Mineralsalzgehalt können einen durchaus spürbaren organoleptischen Einfluss haben. Im Allgemeinen wirkt ein Wein, der eine höhere Konzentration an Mineralsalzen aufweist, runder. Allerdings wird die Erhöhung dieser Konzentration nicht immer linear wahrgenommen und kann für gewisse Degustatoren von «rund» auf «austrocknend» und dann wieder zu «rund» übergehen, wie es das Institut Œnologique de Champagne beobachtet hat. Vielleicht braucht es mehr als nur einen Schritt, um Mineralität mit Salzigkeit gleichzusetzen. Die Diskussion darüber ist eröffnet… Die multifaktorielle Mineralität Für manche ist Mineralität ein umfassenderer Begriff. Für Vincent Chollet, Winzer in Aran-Villette, «löst sie Erinnerungen an einen Ort, ein Terroir aus – heisse Steine, nasse Steine –, an die Pflanzen, die hier wachsen – eine Blume, eine Biene, die vorbeifliegt, den Honig – das ist ein Ganzes, träumen wir doch ein bisschen…» Laut Jacky Rigaux, Professor an der Universität des Burgunds, repräsentiert Mineralität vor allem die unbewusste Seite des Weins. Sie ist deutlicher ausgeprägt in biodynamisch kultivierten Terroirweinen als in technologischen Weinen. Sie manifestiert sich

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vor allem im Gaumen durch Saftigkeit, Viskosität, unterstrichen von der Säure. «Es ist nicht so, dass sie nicht existiert, nur weil es uns nicht gelingt, sie genau zu definieren.» Damit täte man ihr Unrecht. La dégustation géosensorielle (Editions Terre en vues), eines seiner Bücher, widmet mehrere Kapitel dem Thema Mineralität. Jacques Perrin betont, dass die Mineralität durch viele Einflüsse bedingt ist: «Die Schwierigkeit, den Begriff Mineralität einzugrenzen, stammt sicher daher, dass er mehrere Sichtweisen vermischt: einerseits die aromatischen Wahrnehmungen, andererseits eine Dimension

der Struktur, verbunden mit einer Art von Spannung oder einem mineralischen Gerüst, und schliesslich den Eindruck von Lebhaftigkeit und Salzigkeit.» Das Schlusswort? Wenn es um die Geruchseindrücke geht, scheint es wünschenswert, nicht von «Mineralität», sondern eher von «mineralischen» Duftnoten zu sprechen; das ist leichter zu verstehen und zu vermitteln. Bis wann wir eine klare Definition von Mineralität im Gaumen erwarten dürfen? Wer weiss? Doch irgendwann werden die Träume reif genug sein, um realisiert zu werden…

Les parfums du vin Sentir et comprendre le vin Richard Pfister

Das schön bebilderte Buch Les parfums du vin von Richard Pfister erforscht das olfaktive Universum der Weine, wobei sich der Autor auf seine Studien zur Degustation stützt, die er seit 2002 unternommen hat, sowie auf seine Erfahrungen in der Welt der Parfümerie. Das Buch beschreibt die 152 Weinnoten von Œnoflair, einer Klassifikation der Weinaromen, die Richard Pfister zusammen mit der Ingenieurschule von Changins kreiert hat.

Was das Buch bietet - 152 detailliert beschriebene Weinaromen - zahlreiche Weinbeispiele für jedes Weinaroma - Ratschläge zum Einprägen von Gerüchen - Beschreibung der Neuropsychologie der Olfaktion auf der Basis neuster wissenschaftlicher Erkenntnisse - Liste der ähnlichen Weinaromen - Klassifizierung Œnoflair Weitere Infos: www.oenoflair.com und www.delachauxtniestle.com Wollen Sie Les Parfums du Vin bestellen? Bitte schicken Sie ein Mail an richard.pfister@oenoflair.com. Preis: Fr. 35.– (+ Portokosten)

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Waadtländer Wein  Der Waadtländer Stand, kurz bevor

die Türen der Messe geöffnet werden: verblüffend modern, luftig und frisch.

Grosser Auftritt des OVV an der IGEHO

Beim ersten Auftritt der Waadtländer Weine an der Basler Fachmesse IGEHO (Internationale Fachmesse für Hotellerie, Gastronomie und Ausserhauskonsum) wurde mit grosser Kelle angerichtet. Mit Erfolg! Das OVV (Office des Vins Vaudois) hat es zusammen mit seinen vier Partnern – Terravin, Clos, Domaines & Châteaux, den Premiers Grand Crus sowie Arte Vitis – geschafft, die Waadtländer Weine als begehrenswerte Preziosen zu präsentieren. Und das an einem verblüffend modernen Stand. Eva Zwahlen - Fotos: Sandra Culand Alte Holzfässer, Reblaub oder nostalgische Kellerutensilien sucht man bei den Waadtländern in der Halle 2.1 an der IGEHO vergebens. Grosszügig, ausladend, luftig, frisch, modern und hell – so präsentiert sich der Stand der Waadtländer Weine, ohne einen Hauch von Understatement. Grossformatige Fotografien der sommerlichen Rebgebiete – dieselben, welche die gegenwärtige Plakatkampagne zieren – scheinen über blauem (See-) Grund zu schweben, elegante Glasvitrinen präsentieren edle Flaschen wie kostbare Schmuckstücke und ziehen die Blicke auf sich, weisse Steh-

tischchen und Barhocker laden zum Verweilen und Degustieren. Der Weinstand der Waadt – übrigens die einzige Schweizer Weinregion, die an der IGEHO offiziell vertreten ist – distanziert sich wohltuend vom verblichenen Fünfzigerjahre-Schick mancher Carnotzets. So viel Eleganz und Weltläufigkeit hat allerdings ihren Preis. Zwischen 80 000 und 100 000 Franken wird der fünftägige Auftritt auf grossem Fuss (sprich auf 100 Quadratmetern) kosten. «Ja, das ist eine grosse Investition», räumt Nicolas Joss, Direktor des OVV, unumwunden ein, «aber eine, die sich lohnt!»

Mit der Elite an die Messe Warum? «Schauen Sie sich um», fordert Nicolas Joss, «rundherum entdecken Sie grosse Stände für Weine aus Österreich, Italien, Südamerika, nebst einigen kleinen Ständen von einzelnen Schweizer Produzenten. Aber die Waadtländer sind die einzigen Schweizer, die einen grossen Auftritt wagen.» Und dieser soll bewusst anders sein, den Beginn einer neuen Ära markieren. «Im Mittelpunkt steht der Wein», unterstreicht Joss energisch, «und zwar der Wein als etwas Kostbares, Einzigartiges, als Qualitäts- und Luxusprodukt.»  André Fuchs (links, Präsident Clos,

Domaines & Châteaux) und Nicolas Joss (Direktor OVV) freuen sich über den Auftritt der Waadtländer.  Ernst «Aschi» Born präsentiert die

vorzüglichen Weine mit dem Label Terravin.

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Die Glasvitrinen, in denen die ausgewählten Weine präsentiert werden, könnten auch Edeluhren aus Schweizer Manufakturen beherbergen. Folgerichtig sind es denn auch einige der besten Waadtländer Weine, die dem Basler Fachpublikum vorgestellt werden. Mit den Partnern, denen das OVV Platz und Struktur zur Verfügung stellt, sind vier Vereinigungen vertreten, die in den letzten Jahren viel für Image und Qualität der Waadtländer Weine getan haben: Arte Vitis, eine verschworene Truppe von dreizehn Elitewinzern, Terravin, das exklusive Qualitätslabel, das seit fünfzig Jahren lediglich die besten fünf Prozent der produzierten Waadtländer Weine auszeichnet, die Premiers Grands Crus, die Spitze der offiziellen Waadtländer Qualitätspyramide, und die Vereinigung Clos, Domaines & Châteaux, die nicht nur Wert auf tadellose Qualität, sondern auch auf die historische Dimension eines Weinguts legt. Nicht Verkauf, sondern Imageverbesserung als Ziel Wie beurteilen die diversen Partner am Waadtländer Stand den gemeinsamen Auftritt auf der grossen Bühne? Jürg Perrot, der die Weine von Clos, Domaines & Châteaux ausschenkt, meint, der Publikumsandrang halte sich zwar in Grenzen, allerdings seien die Besucher

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«Wer an die Schweiz glaubt, der konsumiert auch Schweizer Produkte. Es steckt unglaublich viel Arbeit und Herzblut in einem Waadtländer Wein: Er besitzt eine Seele, verkörpert ein Stück Kultur, bringt einen zum Träumen… Es ist ein Wein voller authentischer Emotionen, geprägt vom Terroir, auf dem er wächst.» Nicolas Joss, Direktor des OVV

interessiert und würden gezielt degustieren. «Viele werden durch die eleganten Vitrinen angezogen, dann muss man sie ansprechen, damit sie ihre Scheu überwinden.» Es gehe bei der IGEHO nicht darum, Wein zu verkaufen, sondern die Waadtländer Produktion zu zeigen, das Image zu verbessern und Kontakte zu knüpfen. Das bestätigt auch Ernst «Aschi» Born, der am Stand von Terravin ganz in seinem Element zu sein scheint. Das Label von Terravin sei in der Deutschschweiz zwar noch nicht so bekannt wie in der Romandie, doch habe er den Eindruck, viele Deutschschweizer würden immer qualitätsbewusster und seien zunehmend auch bereit, für Qualität einen angemessenen Preis zu bezahlen. Besonders schätzt der Wahllausanner den Kontakt mit den vielen jungen Berufsleuten aus dem Hotel- oder Gastronomiegewerbe.

«Die bringen schon einiges an Kenntnissen mit und stellen gezielt Fragen zu Böden, Klima oder Vinifikation.» Am häufigsten probiert wird bei ihm natürlich der frischgebackene Sieger der prestigereichen Platinlorbeeren von Terravin, der Chasselas «Délices de Pierrot» aus Féchy. Und, schmeckt er den Besuchern? «Ja, sehr!» Qualität gut, Kommunikation ausbaufähig Louis-Philippe Bovard, am Tag unseres Besuchs zusammen mit seinem Winzerkollegen Christian Dugon als Vertreter von Arte Vitis in Basel, ist äusserst zufrieden mit dem Waadtländer Auftritt: «Zugegeben, ich bin nicht objektiv, denn schliesslich habe ich schon lange gesagt, dass die Waadtländer an der IGEHO präsent sein müssten», meint er unverhohlen zufrieden, um gleich fort-

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SERVAGNIN MORGES GRAND CRU

Le vrai goût DU du SERVAGNIN Servagnin

LE VRAI GOÛT

DESCRIPTION Seules les vignes plantées en Pinot Noir, clone Salvagnin, situées dans le lieu de production Morges, ont droit à l’appellation Servagnin de Morges. La production maximale ne doit pas dépasser 50 hectolitres à l’hectare et son raisin doit atteindre un minimum de 82 degrés Oechslé. Vinifié obligatoirement en barrique de chêne, son élevage doit durer au moins 16 mois. Il ne peut pas être commercialisé avant le 1er avril de chaque année. La Commission du Servagnin, qui contrôle toutes ces normes, attribue l’appellation Servagnin de Morges après avoir jugé par une sévère dégustation que les qualités obtenues correspondent à la haute définition exigée. Les bouteilles ayant obtenu l’agrément portent la capsule rouge d’authentification Servagnin de Morges.

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Waadtländer Wein

 Martin Federer, Deutschschweizer

Vertreter des Maison Hammel in Rolle, diskutiert mit zwei Besucherinnen über die Vorzüge der neu geschaffenen Waadtländer Premiers Grands Crus.  In frischen Farben, in sattem Grün und

leuchtendem Blau, präsentieren sich die grossformatigen Fotos der neue OVV-Kampagne – genauso wie der grosszügige, modern und luftig wirkende Messestand der Waadtländer.

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Waadtland, Weinland, Wunderland !

Lupe suchen.» Und das sei ein Problem. «Wer an die Schweiz glaubt, der konsumiert auch Schweizer Produkte», fordert er unmissverständlich. «Es steckt unglaublich viel Arbeit und Herzblut in einem Waadtländer Wein: Er besitzt eine Seele, verkörpert ein Stück Kultur, bringt einen zum Träumen… Es ist ein Wein voller authentischer Emotionen, geprägt vom Terroir, auf dem er wächst.» Genau deshalb will Nicolas Joss das Image des Waadtländer Weins als (durchaus erschwingliches) Luxusprodukt fördern, inspiriert von der weltweit einzigartigen Schweizer Uhrmacherkunst – und als Gegenentwurf zum gesichtslosen Massenprodukt Wein. Selbstbewusst meint Nicolas Joss: «Wir wollen zu einer Referenz werden. Waadtländer Wein trinken, das ist wie das Tragen einer guten Schweizer Uhr…» Ein Statement. Ein Bekenntnis. Ein Stil.

Waadtland, Weinland, Wunderland !

Pays de Vaud, terre de grands crus Côtes de l’Orbe, Arnex-sur-Orbe, 7 juillet 2013

Lavaux, Epesses, 6. September 2013

Vully, Môtier, 8. August 2013

vins-vaudois.com

© OVV / Foto : Erol Gemma

© OVV / Photo : Erol Gemma

Die Gastronomen als Botschafter der Waadtländer Weine Martin Federer, Vertreter des Roller Weinhauses Hammel in der Deutschschweiz, der den IGEHO-Besuchern die Waadtländer Premiers Grands Crus vorstellt und erklärt, hält die Präsenz der Waadtländer Weine an dieser bedeutenden Fachmesse für äusserst wichtig. «Die Waadtländer Weine haben an Akzeptanz verloren, das zeigt ein Blick in die Weinkarten vieler Restaurants. Das Image hat gelitten. Gerade der Chasselas geniesst in der Deutschschweiz – zu Unrecht! – einen zweifelhaften Ruf; manchmal muss man die Leute fast dazu

nötigen, einen Chasselas zu probieren. Das Resultat ist immer dasselbe: Sie sind bass erstaunt darüber, dass Chasselas so gut sein kann…» Federer betont, die Qualität der Waadtländer Weine sei top, auch die der Rotweine, «die sind mittlerweile richtig toll und bestechen erst noch durch ein grossartiges Preis-Leistungsverhältnis.» Federer ist überzeugt: Die besten Verbündeten bei der Aufgabe, ihr Image zu verbessern, finden die Produzenten in der Gastronomie. «Deshalb ist unsere Präsenz hier so wichtig.» Das kann Nicolas Joss nur bestätigen. «Die Restaurateure sind für uns noch bedeutender als die Privatkunden, sind sie doch ein Spiegel der einheimischen Produktion», meint er und moniert: «In anderen Produzentenländern findet man in den Restaurants kaum ausländische Weine, bei uns hingegen muss man die einheimischen auf der Karte fast mit der

© OVV / Foto : Erol Gemma

zufahren: «Das Image der Waadtländer Weine hat vor allem in der Deutschschweiz gelitten, und es ist dringend notwendig, etwas dagegen zu unternehmen.» Dass vier Elitevereinigungen unter dem Schirm des OVV nach Basel gereist sind, ist aus dieser Optik nur logisch, denn es sind die Lokomotiven der Weinregion, die den Konsumenten, Wiederverkäufern und Gastronomen zeigen sollen, was sie verpassen, wenn sie keine Waadtländer Weine konsumieren. «Nur die Baronnie du Dézaley fehlt noch, doch die wird in zwei Jahren, bei der nächsten IGEHO, hoffentlich auch dabei sein.» Selbstkritisch merkt er an, solche Auftritte verlangten von den beteiligten Winzern eine gewisse Dynamik, «man muss auf die Leute zugehen, sie in ein Gespräch verwickeln und darf sich nicht hinter den Flaschen verstecken.»

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Waadtländischjapanische Chronik Der Titel drängt sich auf, in Anlehnung an den glänzenden Klassiker «Japanische Chronik» des Genfer Reiseschriftstellers Nicolas Bouvier. Von Wein ist darin kaum die Rede; noch heute ist Japan kein Land der Weintrinker. Nichtsdestotrotz ist eine Gruppe von Waadtländer Winzern, angeführt vom Präsidenten des Office des Vins Vaudois (OVV) Pierre Keller, zu einer Mission nach Japan aufgebrochen, vom 1. bis zum 6. September 2013. Es waren vier intensive und vielversprechende Tage. Pierre Thomas Die rund 120 Mio. Japaner konsumieren 2 Liter pro Kopf und Jahr. Und in den Statistiken der Organisation Internatio­ nale de la Vigne et du Vin (OIV) steht Japan wertmässig an sechster Stelle der Importländer, zwischen China und… der Schweiz. «Das ist eine Kultur, die ihnen fehlt», bestätigt Pierre Bouvier, Besitzer von Château Le Rosey in Bursins und Neffe des verstorbenen Nicolas. Japan ist ansteckend: Er ist ein bedingungsloser Japanliebhaber. Zudem gehört dieser Bouvier zu den Repräsentanten der 14 Waadtländer Kellereien auf der Reise.

1.9 Die Waadtländer wissen

2013

ihren Tag zu wählen Die Waadtländer Winzer haben Stunde und Ort ihrer Ankunft klug gewählt. Um zehn Uhr morgens, im Imperial Hotel. Auf die Stunde genau vor 90 Jahren zerstörte ein Erdbeben die Stadt Tokyo, damals die grösste der Welt; Zehntausende von Menschen fielen ihm zum Opfer. Setsuvo Inumaru, die Nummer Drei des Tokyoter Hotels und Freund von JeanJacques Gauer, dem Patron des Lausanne-Palace & Spa, der ebenfalls mit von der Partie ist, gehört zur HotelierDynastie, die dieses Palacehotel seit drei Generationen leitet. Sein Grossvater hatte das Hotel seinerzeit offiziell eröffnet. Das in einem aztekisch-ägyptisch anmutenden Stil vom grossen amerikanischen Architekten Frank Lloyd Wright erbaute

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Hotel widerstand dem Erdbeben. Aber nicht den Spitzhacken und Abrissbirnen der Abbrucharbeiter ein halbes Jahrhundert später… Heute steht ein Gebäude ohne jede Grazie an seiner Stelle. Und die Inumarus sind nach wie vor mit dem Hotel verbunden. Setsuvos Sohn, Yoichiro, beendet gerade seine Ausbildung an der Hotelfachschule Lausanne. Die Waadtländer Delegation bricht auf zu einer Besichtigungstour durch die Stadt. In einer Allee vor dem ersten besuchten Tempel erhebt sich eine Mauer aus SakéFässern, dem traditionellen japanischen Reisschnaps. Und, gegenüber, reihen sich Eichenfässer von… Burgunderweinen. Gilbert Hammel versäumt es nicht, sein Fass des Clos des Varoilles zu fotografieren: «Jahr für Jahr schicke ich drei Flaschen meines Weins an den Urherber dieser wunderbaren Promotion für den Burgunder.» Das Weinhaus aus Rolle dagegen hofft, schon bald in nächster Zeit zum allerersten Mal Schweizer Wein zu exportieren.

2.9 Die Waadtländer werden 2013

sogleich beruhigt Unruhe und Besorgnis machen sich breit bei den Waadtländer Winzern, dem Direktor des OVV, Nicolas Joss, und seinem Stellvertreter Benjamin Gehrig, der dieses japanische Abenteuer auf die Beine gestellt hat. Einladungen wurden an einige Dutzend Weinprofis, Importeure, Sommeliers und Journalisten geschickt. Doch werden sie der Einladung Folge leisten? Kaum öffnet sich die Saaltür, herrscht ein wahrer Ansturm. Rund 120 Personen interessieren sich für die Winzer und degustieren die 42 präsentierten Weine. Mehrere Importeure haben Broschüren auf Japanisch verfasst – und auch der Prospekt des OVV liegt in Japanisch auf. Merkwürdigerweise sprechen die Japaner kaum Englisch. Einige dagegen kultivieren gar ihr Französisch, so wie Takako Inoué, die stolz ihre Visitenkarten verteilt, die sie als «Spezialistin für Schweizer Weine» ausweisen: Sie kennt die Waadt-

«Chasselas is nothing!» Ein Moment der Fassungslosigkeit… Die schnell der Erleichterung Platz macht: Denn wenn der Chasselas «nichts» ist, dann weil sich diese Rebsorte im Hintergrund hält und dem Terroir sowie dem Savoir-faire der Waadtländer Winzer den Vortritt lässt. Katsuyuki Tanaka, japanischer Journalist und Verkoster

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Waadtländer Wein

länder Weine gut und hat mit glänzendem Erfolg beim damals noch vom OVV organisierten Concours Jean-Louis mitgemacht. Und einen in Japan wohlbekannten Führer publiziert, der ihren Landsleuten bei ihren Reisen in der Schweiz helfen soll. Darin nimmt der (Waadtländer) Wein einen wichtigen Platz ein. Im Feuer des Gefechts erinnert sich Sala Yamamoto angesichts von Louis-Philippe Bovard an die Zeit, als sie Bovards Nachbarin war. Sie servierte nämlich Wein im Hôtel du Raisin in Cully! Heute kauft und verkauft sie Wein in einem Kaffeegeschäft: «Ich liebe den Chasselas, seinen trockenen Geschmack, so wie beim besten Saké. Aber ich muss Weine für unter 5 Franken finden, damit ich sie für 1000 Yen (10 Franken) verkaufen kann», sagt sie. Der Franzose Yves Ringler, der die Weinbar Le Terroir betreibt und seine Winterferien im Wallis verbringt, gesteht: «Ich wusste nicht einmal, dass Waadtländer Weine nach Japan importiert werden. Der Chasselas ergibt sehr mineralische, wenig aromatische Weine. Mit der japanischen Küche harmonieren sie eher punkto Textur als geschmacklich. Ihr trockener Charakter passt gut zu rohem Fisch.» Beim Eingang des Saals wird Patrick Fonjallaz, der (noch) keinen Importeur hat, von einem nach Japan ausgewanderten

New Yorker unterstützt, der seit zwanzig Jahren Unternehmen hilft, in Japan Fuss zu fassen. In exzellentem Französisch gesteht Larry Greenberg: «Ich liebe Schweizer Weine! Sie sind geschmeidig und direkt. Wenn ich einen Schweizer Wein trinke, dann weiss ich, was mich erwartet. Die Japaner haben kein Problem, exzellente Produkte zu suchen und zu finden – und auch ihren Preis zu bezahlen.» Cyril Séverin von der Domaine du Daley nickt zustimmend. Dank ihm ist Pierre Keller überhaupt auf die Idee zu dieser Expedition gekommen: «Es ist das achte Mal in sechs Jahren, das ich hierher komme. Ich knüpfe mein Netz wie eine Spinne. Ich habe bereits drei Importeure und visiere für 2014 rund 8000 bis 10 000 Flaschen an. Wenn die Weine gut sind und das Vertrauen wächst, dann sind die Japaner sehr treu.» Fuichi Vauthier Morimoto fühlt sich wohl in ihrer Muttersprache. Für die Produzentin aus Aubonne, die «27 Jahre hier und 35 Jahre im Waadtland» gelebt hat, ist diese Degustation in Tokyo eine Premiere. «Wir hätten bereits vor zwanzig Jahren in offizieller Mission hierher kommen sollen», meint sie. Die Domaine du Moulin exportiert 30% ihres Chasselas nach Japan, an Privatkunden… Am Abend geht es ins Restaurant im Erdgeschoss des Hyatt-Regency von

Shinjuku, ein Franchisingunternehmen von Michel Troisgros. Der Journalist Katsuyuki Tanaka meint bedeutungsvoll: «Chasselas is nothing!» Ein Moment der Fassungslosigkeit… Die schnell der Erleichterung Platz macht: Denn wenn der Chasselas «nichts» ist, dann weil sich diese Rebsorte im Hintergrund hält und dem Terroir sowie dem Savoir-faire der Waadtländer Winzer den Vortritt lässt. «Von allen Weinen, die ich degustiert habe, ist der Chasselas der Wein, der dem Nichts am nächsten kommt. In der Gastronomie erträgt er die Reintönigkeit der Gerichte. Er dominiert sie niemals. Er ist bescheiden, zurückhaltend, ohne Exzess. Wenn Sie Chasselas trinken, trinken Sie nicht nur Wein, sondern auch den Charakter der Schweizer. Der demjenigen der Japaner sehr ähnlich ist…» Das Essen erweist sich als bemerkenswerte Synthese zwischen japanischer und französischer Küche. Am Tisch sitzen eine Gastronomiejournalistin, die gerade den Wein entdeckt, angeleitet vom Importeur Tsuji Hidenori, einem Informatiker, der sich vor drei Jahren in die Weine von fünf Waadtländer Produzenten verliebt hat, die er nun importiert, und der Winzer Raymond Paccot, der mit seinem herrlichen Pinot noir Colombe Noire 2010 vertreten ist. «Es ist wichtig, auf die

 Takako Inoué (links) und Akemi

Sugiyama mit der Zürcher Weinjournalistin Chandra Kurt in ihrer Mitte.

A Japanese © Takako Inoué

The title is inspired from the brilliant 1950’s journal of the Swiss traveller and writer, Nicolas Bouvier. His nephew Pierre Bouvier, owner of Château Le Rosey, was among the 14 Vaud winemakers on the Japanese trip organised by OVV President, Pierre Keller, 1-6 October 2013.

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Le Guillon Nr. 44 1/2014


«Die Japaner vergleichen den Chasselas oft mit Saké, denn die besten und teuersten Sakés sind die reintönigsten und geschmacklich die neutralsten!» Eric Bovy, Winzer in Chexbres

© HUBLOT

Leute zuzugehen, auch wenn wir fast alle unsere Weine in der Schweiz verkaufen», erklärt der Winzer aus Féchy schlicht. «After» treffe ich erneut auf Eric Bovy. Der Winzer aus Chexbres kommt zum zweiten Mal dieses Jahr nach Japan. Im Februar hat er eine Tournee durch Nagasaki, Kyoto und Osaka gemacht, mit mehreren Wine and Dine. In der Schweiz empfängt die Familie Bovy jährlich etwa 5000 japanische Touristen in Chexbres. «Ich spreche sogar ein bisschen Japanisch… Die Aufnahme des Lavaux ins Weltkulturerbe der Unesco im Jahr 2007 war der Auslöser. 2008 konnten wir statt sieben 70 Gruppen empfangen, 2013 waren es bereits mehr als 200», freut sich der Waadtländer. Zusammen mit seinem Vater hat er einige japanische Weingüter in der Präfektur Yamanachi besichtigt, am Fuss des Fuji, und auf den Spuren des Koshu, «einer roten Rebsorte, die weiss vinifiziert wird und oft einen Foxton aufweist.» Er hat auch den Saké schätzen gelernt, diesen vergorenen und dann destillierten Schnaps auf Reisbasis:

 Philippe Gex fühlt sich offensichtlich wohl in der Gesellschaft

einer japanischen Chasselas-Bewunderin.

3.9 Die Waadtländer paktieren mit 2013

der Edeluhrmacherei Am Morgen organisiert mir die Zürcher Journalistin Chandra Kurt, die ein Buch über den Chasselas vorbereitet und eine Linie von sechs weissen Waadtländer «Terroirweinen» mit Bolle & Cie in Morges entwickelt, ein Rendez-vous mit Katsuyuki Tanaka und seiner Frau, für einen Besuch des Fischmarktes. Dass die Olympischen Sommerspiele 2020 zum zweiten Mal nach 1964 Tokyo zugesprochen werden, dürfte das Aus für diese Lagerhallen bedeuten.

Wir packen die Gelegenheit beim Schopf und degustieren zum Frühstück einige Sushi und einen Kaffee in einer der winzigen Bars. Dann besuchen wir eine Vinothek: Nur wenige der rund fünfzig japanischen Weine finden Gnade vor dem gestrengen Auge des lokalen Journalisten. Tanaka ist ebenso erbarmungslos wie ein Schweizer Journalist es wäre, wenn er einem Japaner Weine aus seinem Land empfehlen müsste. Aber er wiederholt seine Überzeugung über den Chasselas, die von Chandra Kurt bestä

Fortsetzung S. 15

Chronicle Sunday, 1st September The winegrowers are greeted at the Tokyo Imperial Hotel by Setsuvo Inumaru, whose grandfather presided the 1923 official opening of the Frank Lloyd Wrightdesigned hotel. Monday, 2nd September The delegation, including Nicolas Joss, the OVV director and Benjamin Gehrig,

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his assistant, anxiously await their guests. Some 120 wine professionals, importers, merchants, sommeliers and journalists arrive for this 42-wine presentation and tasting. Takako Inoué, a Swiss wine specialist, who distinguished herself in the OVV-organised Jean-Louis competition, is among them. Louis-Philippe Bovard listens to Sala Yamamoto as she recounts

her experience as a wine waitress at Cully’s Hotel du Raisin, next door to his Dézaley winery. The French wine barman, Yves Ringler asserts that Chasselas wines pair well with Japanese raw fish dishes. Patrick Fonjallaz’s local consultant praises Swiss wines and informs that the Japanese select the finest products and are ready to pay the price.  cont. p. 15

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tigt wird: «Das ist der einzige Wein, den man trinken kann, nachdem man alle anderen gekostet hat, etwa während eines mehrgängigen Essens. Er ermüdet niemals!» Die Waadtländer sagen sogar, dass er «nach mehr schmeckt» und «den Durst niemals stillt»… Am Abend dann der People Event von Hublot im Palace Hotel. Ambiance schwarze Klasse, nur für geladene Gäste. Die Japaner kultivieren mit Vergnügen eine entspannte Art, sich exzentrisch zu kleiden. Die Teilnehmer amüsieren sich prächtig bei einem Blind Test einiger Waadtländer Weine… Dann erweist Pierre Keller «meinem Freund Bibi» die Ehre. Der Patron der (bis Ende 2013) in Nyon ansässigen Firma Hublot, Jean-Claude Biver, schon am Abend zuvor bei Troisgros in Hochform, ist auf seiner 118. Reise ins Land der aufgehenden Sonne: «Japan ist die Schweiz Asiens, einfach ohne den ständigen Ärger mit den Banken!» Und eignet

sich die Metapher von Tanaka vom Vorabend an: «Wenn Sie unseren Wein trinken, dann trinken Sie ein bisschen von der Schweiz, das ist einzigartig.» Zum Aperitif gibt es Alpkäse des Uhrenbosses und ein Glas seines Chasselas, der von Pierre-Alain Dutoit, Fous du Roi, vinifiziert wird (er weilte übrigens eine Woche zuvor in Japan in den Ferien). Alle Produzenten sind entzückt. Sylvie Camandona, Verkaufsdirektorin von Cidis, hatte am Vorabend präzisiert, der Export der Kooperative der Côte umfasse Chasselas romand und Weine des unteren Preissegments (mit 11 000 Flaschen im Jahr 2013 ist Japan der grösste Exportmarkt der Uvavins). Sylvie Camandona erzählt, dass die Japaner auch Doral und Gamaret mögen: «Es gibt ein Potential für Spitzenweine in Japan!» Louis-Philippe Bovard bezeugt: «Ich glaube an dieses Potential. Doch wir sollten in drei bis fünf Jahren wie-

derkommen.» Paul Baumann, Direktor von Obrist und bis jetzt ohne Importeur, präzisiert: «Man muss das Weinsegment und die Positionierung des Weins vertiefen. Bemerkenswert ist, dass die Japaner selber finden, der Chasselas passe gut zu ihrer Küche. Zwei Drittel der Weine, die ich hier in den Weinhandlungen gesehen habe, stammen aus Frankreich. Dass die Waadtländer Französisch sprechen, ist also nur ein Vorteil!» Jean-Pierre Cavin von den Artisans d’Yvorne meint: «Die Japaner, in Sachen Rotwein sehr auf Bordeaux fixiert, lieben unseren Weisswein. Wir sollten unbedingt wiederkommen.» Und Philippe Gex ist begeistert: «Das wirft auch ein anderes, positiveres Licht auf das OVV, mit einer Aktion, die wirklich einen Effekt hat. Das ist eine grossartige Sache. Es gibt schlechtere Ideen, als die besten Weine mit den edelsten Uhren zu verbinden.» 

Fortsetzung S. 16

 Im Palace Hotel (von links): Jean-Claude

Biver, CEO von Hublot und mittlerweile Leiter des Uhrenbereichs bei der französischen Luxusgütergruppe LVMH, Pierre Keller, Präsident des OVV, Urs Bücher, Schweizer Botschafter in Tokyo, und Emmanuel Pratt, Präsident von LVMH Japan.

Cyril Séverin, the owner of Domaine du Daley, confirms Japanese loyalty to quali­ ty products. Domaine du Moulin’s Swiss-Japanese Fuichi VauthierMorimoto underscores the importance of this event. That evening at the Michel Troisgros restaurant at the Shinjuku Hyatt-Regency, the journalist Katsuyuki Tanaka proclaims “Chasselas is nothing” referring to its self-effacing nature, relying on the wine-growers’ know-how, and its modesty and restraint which means it can partner the purest of dishes. I share this remarkable Franco-Japanese meal with a gastro-

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© HUBLOT

A Japanese Chronicle (cont.)

nomic journalist and Raymond Paccot, whose Colombe Noire 2010 is honoured. After dinner, I meet the Chexbres winemaker, Eric Bovy. His winery has seen an increase in Japanese visitors since Lavaux became a UNESCO World Heritage site in 2007.  cont. p. 17

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Waadtländer Wein

 Zur Feier von 150 Jahren diplomatischen

Beziehungen zwischen Japan und der Schweiz reisten im Februar 2014 auch zwei Waadtländer nach Tokyo und posierten zusammen mit dem Schweizer Bundespräsidenten Didier Burkhalter: Benoît Riboulet von der Domaine du Rosey (links) und Bernard Cavé, Önologe in Ollon und Aigle (rechts).

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Pierre Bouvier ist ebenfalls ganz verzaubert: «Daraus könnte eine Liebesgeschichte werden.» Und sein Mitarbeiter Benoît Riboulet ist stolz auf den Erfolg des Rosé du Rosey. Alain Leder, Vizedirektor von Schenk (und designierter Nachfolger von Paul Baumann an der Spitze von Obrist), begrüsst angesichts von 10 000 Flaschen Schweizer Wein (Waadtländer Wein und… Fendant), die pro Jahr nach Japan exportiert werden, die «Mund-zuMund-Propaganda, das Kapital für die Bekanntheit der Weine, die bis anhin nur einem kleinen Kreis von Eingeweihten vorbehalten waren!»

4.9 Die Waadtländer feiern – etwas 2013

verfrüht – 150 Jahre Diplomatie Rendez-vous mittags in Ginza, dem schicken Quartier im Stadtzentrum, um Sushi zu essen mit Sakemi Sugiyama. Sie war meine Sitznachbarin bei den letzten Lauriers de Platine. Die Frau eines Lebens-

mittelimporteurs und Mutter eines Sohnes von 19 Jahren namens Yoshimi, der das Gymnasium in Leysin besucht und nun sein Studium im Fach Family Business in London angefangen hat, ist eine leidenschaftliche Liebhaberin von Waadtländer Weinen. «Ich träume davon, ein Buch über die Kombination von Sushi und Chasselas zu schreiben», gesteht sie uns. Zu Meister Shinji Kanesaka hat sie eine Flasche des letzten Lauriers-de-Platine-Gewinners mitgenommen, von dem sie einige hundert Flaschen importiert hat. Der 41 Jahre junge Küchenchef, der zwei Filialen in Singapur eröffnet hat, eine davon im berühmten Raffles, handhabt sein Yanagiwa (Messer) mit dem Ebenholzgriff mit atemberaubender Fertigkeit. Er schneidet Fische für Sashimi und Sushi von extremer Frische. Die Stoppuhr zeigt es: Er braucht genau 18 Sekunden, um eine kleine Reiskugel mit Fisch zu formen, die delikat mit Essig und Wasabi gewürzt ist.


 Der Sushi-König Shingi Kanesaka,

lich grösser sein. Zum Schluss kostet Pierre Keller seinen Triumph aus: «Es waren drei Abende mit ganz unterschiedlicher Kundschaft. Ich stelle fest, dass der Wein in Japan über die Frauen läuft. Dass die people der Hublot-Soiree die Ehre erwiesen haben. Und dass die Schweizer Botschaft, indem sie uns ihre Residenz zur Verfügung gestellt hat,

dem Ganzen einen offiziellen Anstrich verliehen hat.» Am Donnerstag, 5. September, schauen sich die Waadtländer Winzer den Fujiyama von Nahem an. Doch da sitze ich bereits wieder im Flugzeug auf dem Heimflug. Mit einer Träne im Auge, habe ich ihn doch nicht ein einziges Mal zu Gesicht bekommen!

 Die komplette Waadtländer Winzerdelegation.

Tuesday, 3rd September The Zurich journalist, Chandra Kurt, organises a morning trip to the fish market in the company of Katsuyuki Tanaka and his wife. Tanaka restates his faith in Chasselas, a wine that never tires. In the evening, a joint Hublot event is held at the Palace Hotel. After the blind tasting, Pierre Keller pays tribute to Hublot CEO, Jean-Claude Bivier. His Alpine cheese appetiser is accompanied by a PierreAlain Dutoit Fous du Roi Chasselas. Sylvie Camandona, Cidis sales director, affirms there is a potential in Japan for high-end Doral and Gamaret. LouisPhilippe Bovard agrees but suggests giv-

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ing it another few years. Obrist CEO, Paul Baumann, proposes better segmentation and positioning; the Japanese themselves assert that Chasselas marries well with their cuisine. Jean-Pierre Cavin of Artisans Vignerons d’Yvorne adds that the Japanese like Bordeaux reds and Swiss whites. Philippe Gex appreciates the wine/watch alliance, while Schenk assistant director, Alain Leder, acclaims this promotional expedition. Wednesday, 4th September Sushis at the great chef Shinji Kanesaka’s restaurant with Akemi Sugiyama who is passionate about Vaud wines and is planning a book on the sushi-Chasselas

otos

A Japanese Chronicle (cont.)

© iStockph

© HUBLOT

Besonders stolz ist er auf ein Stück roten, gut gelagerten Thunfisch, 500 Franken das Kilo. Auf die Frage, ob Chasselas zu allen Sushi passt, antwortet er: «Das hängt von der Geschmacksintensität des Fisches ab.» Die japanische Küche legt grossen Wert auf die Übereinstimmung von Gerichten und Weinen. Der Höhepunkt unserer japanischen Tournee ist der Empfang in der Schweizer Botschaft. Warum sonst wären Pierre-Luc Leyvraz und seine Frau auf diese Reise mitgekommen, wenn nicht, um für ihren Les Blassinges zu werben, der von Terravin ebenso wie von Parker mit höchsten Ehren überhäuft wurde? Dieser Chasselas ist der exklusive Wein der Schweizer Botschaft. Botschafter Urs Bücher und seine Frau haben diesen Wein vor einigen Jahren entdeckt und ihn nach Tokyo kommen lassen. Die rund 3000 Japaner, die pro Jahr in der Botschaft empfangen werden, kommen in seinen Genuss… Die Weinauswahl für die Feier der seit 150 Jahren bestehenden diplomatischen Beziehungen zwischen Japan und der Schweiz, die vom 5. bis zum 8. Februar 2014 stattfindet, wird natür-

© Akemi Sugiyama

fotografiert von Pierre-Emmanuel Buss, Journalist bei Le Temps.

partnership. The high point of the trip is a reception at the Swiss Embassy where we are served their exclusive Chasselas Pierre-Luc Leyvraz’s highly awarded Les Blassinges. Pierre Keller wraps up on a triumphant note!

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Waadtländer Wein

漫画

er

Manga 1 Cru

Ein Manga, ein japanischer Comic, um den Wein, seine Ge-­ heimnisse und seine Komplexität zu entdecken, mit Hilfe akkurater, ja mystischer Beschreibungen? Eine harmonische Mariage, in welcher das Lesen des Weins zu Emotion wird. Les Gouttes de Dieu (Die Tropfen Gottes), die Manga-Serie zum Thema Wein, ist eine Referenz – weit über das Land der aufgehenden Sonne hinaus.

© Ed. Glénat

Ein Erfahrungsbericht von Romain Hofer, Kommunikationsberater Ich liebe es, einen gute Flasche Wein mit meinen Freunden zu teilen. Und ich liebe es, Comics zu lesen. Aber eine ganze Manga-Serie zu verschlingen – Mangas lesen sich umgekehrt, das heisst von hinten nach vorn und von rechts nach links –, darin Weine zu entdecken sowie eine beeindruckende Anzahl von Anekdoten, Ratschlägen und Degustationsbeschrieben, die einen in eine Welt voller Emotionen eintauchen lassen, hätte ich niemals erwartet. Doch es ist eine wahrhaft göttliche Mariage, welche Les Gouttes de Dieu bieten. Die Geschichte spielt auf allen fünf Kontinenten, aber hauptsächlich in Japan. Yutaka Kanzaki, ein renommierter, weltweit anerkannter Önologe, besitzt eine der berühmtesten Weinkollektionen ganz Asiens, deren Wert auf mehr als zwölf Mio. Euros geschätzt wird. Sein Testament sorgt nach seinem Tod für Verblüffung: Sein ausserordentlicher Keller geht an denjenigen seiner beiden Söhne – Shizuku Kanzaki, der zunächst nichts von Wein versteht, oder den Adoptivsohn Issei Tomine, den berühmten jungen Experten und hochbegabten Önologen –, der zwölf Rätsel löst, indem er zwölf Apostel sprich zwölf Grands Crus enthüllt. Und dabei einen dreizehnten entdeckt, einen mysteriösen, vollkommen unbekannten Wein mit dem Übernamen Les Gouttes de Dieu. Jedes Rätsel ist eine detaillierte, poeti-

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sche, ja gar mystische Beschreibung, die unsere Helden auf eine abenteuerliche Suche führt und das Leben der so gegensätzlichen Brüder auf den Kopf stellt. Während dieses ganzen Duells entdeckt der Leser das Universum des Weins, seiner Sprache, seiner Besonderheiten, seiner Traditionen und einige der prestigereichsten Crus: Romanée Conti, Château Mouton Rothschild, Château Lafite Rothschild, Château La Tour Haut-Brion, Château Lynch-Bages. Die Weinbeschreibungen sind umfassend und minutiös, die Zeichnungen der Flaschen und Etiketten fast real, die Ratschläge zur Kombination von Speisen und Weinen sachdienlich. Und während der Degustationen entführen einen Wörter, Bilder und andere Referenzen in eine majestätische Welt. Bei der Beschreibung des zweiten Apostels zieht der Autor eine Parallele zwischen zwei Jahrgängen von Château Palmer und der Theorie, nach welcher Leonardo Da Vinci zwei Bilder der Mona Lisa gemalt haben soll, das eine mit Herz und voller Zuneigung (Château Palmer 1999), das andere überbordend vor Jugendlichkeit und Macht (Jahrgang 2000). Ein solches Enigma durch einen Wein auszudrücken, kommt einer Gross­ tat gleich. Gilles Wannaz vom gleichnamigen Weingut, biodynamischer Produzent und Comic-Liebhaber, erkennt in Les Gouttes

de Dieu ein reichhaltiges önologisches Vokabular und eine Emotion, die in der professionellen Weinsprache nur allzu oft fehlen. «Der hedonistische Zugang, die emotionale Lektüre des Weins und seine neue Interpretation» haben ihn berührt, und er fügt an, die Konsumenten hätten zu oft einen Komplex, um vom Wein zu sprechen. «Daran sind teilweise die Profis  Zwei Weinjahrgänge, verglichen mit zwei Versionen der Mona Lisa.


 In Japan sind bereits 40 Bände erschienen,

31 davon wurden auf Französisch übersetzt. Der 32. wird im März 2014 erwartet.

«Erzählen, etwas in Ihnen zum Vibrieren bringen, Emotionen hervorrufen, das ist letztlich das Prinzip von Les Gouttes de Dieu.» Gilles Wannaz

mit ihrer intellektuellen und technischen Lesart schuld. Die Wahrnehmung eines Weins ist persönlich, intuitiv, da jeder auf seine eigenen Lebenserfahrungen zurückgreift, um sich auszudrücken.» Die technische macht in dieser Serie einer emotionalen Lesart Platz. Der Wein wird «neu interpretiert, auf eine neue, nonverbale Form kommuniziert, mit all seiner Energie und seinen Vibrationen. Manchmal genügen Worte nicht, und die Zeichnung, eine erweiterte Form der Realität, ermöglicht es, sein Inneres zu besichtigen. «Erzählen, etwas in Ihnen zum Vibrieren bringen, Emotionen hervorrufen, das ist letztlich das Prinzip von Les Gouttes de Dieu», schliesst Gilles Wannaz.

Die Serie ist noch nicht abgeschlossen, enthüllt doch der 30. Band (der 32. erscheint im März 2014 auf Französisch) erst den zehnten Apostel: Grands-Echezeaux 2002, Domaine Robert Sirugue Bourgogne, Côte de Nuits. Das Duell zwischen den beiden Brüdern bleibt spannend, jeder von ihnen hat bisher je fünf Apostel entdeckt. Das Szenario stammt von Tadashi Agi, ein Pseudonym, hinter dem sich Yuko und seine Schwester Shin Kibayashi verbergen, die gekonnten Zeichnungen sind von Shu Okimoto, der dank seinem grafischen Talent auch mangaungewohnte Leser dazu bringt, diese Serie ohne jedes kulturelle Vorurteil zu lesen. Haben die Schweizer Weine einen Platz in diesem weltweit erfolgreichen Mangauniversum? Im Prinzip schon. Doch Nicolas Joss, Direktor des OVV, betont: «Wir wären nicht in der Lage, der Nachfrage zu entsprechen, denn unsere Produktion ist zu klein. Wir visieren lieber das obere Segment an, etwa exklusive Privatclubs auf der Suche nach einzigartigen Produkten.» Obwohl er einräumt,

dass das Plazieren der Produkte in Les Gouttes de Dieu «dazu beiträgt, das Image eines Weins bei jungen Erwachsenen zu kreieren». Unsere Helden machen sogar eine Reise ins Wallis, um das Matterhorn zu besteigen – und den Fendant zu entdecken! Seine Vermählung mit der japanischen Küche erweist sich als göttlich. Stellen Sie sich vor: Diese Erwähnung im 17. Band der Serie ist «eine Frucht des Zufalls und eine schöne Überraschung», wie uns Adeline Rouiller, Projektleiterin Marketing bei Provins, versichert. Zum Erfolg der Serie meint Philippe Duvanel, Direktor des Comic-Festivals BD-FIL in Lausanne, «sie hätte auch in Frankreich existieren können» und obwohl er die Dramaturgie etwas anzweifelt und fürchtet, sich «auf die Dauer zu langweilen», so bleibe die Serie doch spielerisch und stark. Er unterstreicht zudem «die Qualität der Recherchen, die Genauigkeit, die treue Wiedergabe der Orte, Flaschen und Etiketten». Und er gesteht, die Serie «oft in den Vordergrund gerückt und sie gerne an Freunde verschenkt zu haben». Wir sagten es: Les Gouttes de Dieu feiern einen Riesenerfolg in Asien. In der Schweiz verkaufte sich die Serie bisher mit je rund 300 Exemplaren pro Band, «und die Verkäufe steigen mit jedem Band, ein Achtungserfolg», vertraut uns Edith Malzahm von den leider soeben geschlossenen Editions Glénat an. Die Welt der Mangas wird leider und zu Unrecht noch immer nur mit Jugendlichen assoziiert. Ich schäme mich nicht, meinen Einstieg in die Welt des Weins durch die Lektüre dieser Serie gefunden zu haben. Falls Mangas Sie abschrecken, möchte ich Ihnen die Comics Les Ignorants empfehlen, die Frucht einer aufsehenerregenden Zusammenarbeit zwischen Richard Leroy, dem Loirewinzer, und Etienne Davodeau, dem Zeichner und Drehbuchautor. «Une initiation croisée», wie es im Untertitel heisst, ein menschliches Abenteuer, lustig und berührend zugleich. Les Gouttes de Dieu, Editions Glénat. Les Ignorants, Editions Futuropolis.

© Ed. Glén

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Waadtländer Wein

Viel Edelmetall für den

Pierrot der Familie Molliex Die Gemeinde Féchy frohlockt: Bereits zum dritten Mal gehen die begehrten Platinlorbeeren von Terravin an einen Wein, der in ihren Gemarkungen gewachsen ist. Der glückliche Preisträger, Thierry Molliex, verpasste allerdings die Ehrung, da er gerade im Militärdienst weilte. So konnte Vater Pierre-Louis die hohe Auszeichnung entgegennehmen. Eva Zwahlen – Fotos: Hans-Peter Siffert Grund zur Melancholie? Bewahre, den hat der rotgewandete Pierrot der Familie Molliex, der sämtliche Etiketten des Hauses ziert (und einst von Pierre-Louis’ Mutter Renée Molliex für ihren Mann gezeichnet wurde), nun wahrlich nicht. Im Gegenteil. Der Délices de Pierrot 2012 hat im Jahr 2013 nämlich so richtig abgeräumt: Er gewann Gold bei der Selektion der Waadtländer Weine, beim Mondial du Chasselas und beim Grand Prix du Vin Suisse – und zur Krönung sogar die prestigereichen Lauriers de Platine von Terravin. Der beste Waadtländer Chasselas des Jahrgangs ist also alles andere als ein Zufallssieger. «Als der Anruf kam, wollte mein Mann zuerst gar nicht glauben, dass wir gewonnen haben», erinnert sich die sympathische Anne-Lise Molliex, das Epizentrum der Winzerfamilie, lachend, «ich musste ihn fast zwingen, nach Crissier zu fahren.» Nach dem Sieg stand das Telefon ein paar Tage lang kaum mehr still. «Sogar zwei, drei Winzerkollegen haben gratuliert…», meint Pierre-Louis Molliex trocken. In der Waadt ist die Familie wohlbekannt, zierte doch das Konterfei von Vater Pierre-Louis Molliex – gewissermassen das Fleisch gewordene Klischee eines bodenständigen und gemütlichen Winzers – jahrelang die Plakate der Waadtländer Kantonalbank. Im lauschigen Dörfchen Féchy (Dessus, nicht Dessous!)

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 Pierre-Louis

Molliex zusammen mit dem Paten des prestigereichen Anlasses «Lauriers de Platine», dem Dreisternekoch Benoît Violier.

bewirtschaftet Pierre-Louis zusammen mit Sohn Thierry 7,5 Hektaren Reben, sechs davon eigene, den Rest, welcher der Gemeinde gehört, als VigneronsTâcherons. 90% der Rebfläche liegen in Féchy, 10% in Aubonne und Perroy. Mit 80% behauptet der Chasselas souverän die Leaderposition, sein Gefolge besteht aus Pinot noir, Gamay, Gamaret, Garanoir, Viognier und Gewürztraminer. Der 28 Jahre junge Thierry, der den Betrieb offiziell am 1.1.2015 übernehmen wird, aber bereits jetzt die Federführung

«Diese Profidegustation zeigt uns, ob wir auf dem richtigen Weg sind oder nicht. Ausserdem legen immer mehr Konsumenten Wert auf dieses Qualitätsmerkmal.» Thierry Molliex

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Waadtländer Wein  Der 28-jährige Thierry Molliex hatte

Pech: Die Siegerehrung, bei der sein Délices de Pierrot 2012 mit den Platinlorbeeren bekränzt wurde, verpasste er wegen dem «Dienst am Vaterland» (und zweifellos ass er an diesem Tag deutlich weniger gut als sein Vater…). Dafür hatte er kurz zuvor den «Chapeau Vert» gewonnen, den grünen Hut, den sich der beste Waadtländer Degustator unter 30 aufsetzen darf.  Der verspielte Pierrot ziert sämtliche

© Philippe Dutoit

Etiketten des Hauses Molliex. Gezeichnet wurde er von Pierre-Louis Molliex’ Mutter Renée Molliex zum 50. Geburtstag ihres Mannes. Die gebürtige Französin war nicht einfach «nur» Winzersfrau und Mutter, sondern auch eine begabte Schriftstellerin, die mehrere Werke veröffentlichte.

in Reben und Keller innehat, gibt sich, ganz seines Vaters Sohn, eher wortkarg. «Wir arbeiten konventionell», lässt er sich schliesslich entlocken, «vinifizieren aber jede Parzelle separat und versuchen, den Wein so wenig wie möglich zu manipulieren.» Obwohl der Betrieb weitgehend mechanisiert ist, werden Blattarbeiten und Lese von Hand erledigt. Für die Gärung des Chasselas kommen fünf bis sechs selektionierte Hefen zum Einsatz, ausgebaut wird der Wein klassisch in emaillierten Tanks. «Der Chasselas Délices de Pierrot ist immer eine Assemblage verschiedener Parzellen, nur der Grand Cru stammt stets aus demselben Rebberg, der mit alten Reben bestockt ist.» Als Berater

im Keller fungieren zwei renommierte Önologen: einerseits Nicolas Mairhofer und andererseits Thierry Ciampi, der für das Haus Schenk tätig ist, das seit vierzig Jahren 60% der Molliex-Weine offen aufkauft. Thierry hat Changins absolviert und bereitet sich momentan auf die Meisterprüfung vor. Vor wenigen Monaten ist er Vater von Zwillingen geworden – und konnte sich gleichzeitig den Chapeau Vert aufsetzen. Diese Auszeichnung steht dem besten Waadtländer Degustator unter 30 Jahren zu. Die grösste Herausforderung «für meine Generation ist es allerdings, auf dem Markt zu bestehen», meint er. Terravin sei dabei durchaus eine Hilfe. «Diese Profidegus-

tation zeigt uns, ob wir auf dem richtigen Weg sind oder nicht. Ausserdem legen immer mehr Konsumenten Wert auf dieses Qualitätsmerkmal.» Und warum sind dann nicht alle Flaschen mit dem goldenen Label von Terravin ausgerüstet? Vater Pierre-Louis wirkt etwas verlegen: «Nun, das ist eine mühsame Sache, das muss alles von Hand gemacht werden…, aber die Lauriers de Platine haben wir natürlich aufgeklebt!» Wer übrigens den eleganten, nach Lindenblüten und frischen Früchten duftenden Délices de Pierrot probieren möchte, wird über seinen Preis staunen: Fr. 8.80 für die 7-dl-Flasche! Das ist schon sehr wenig für einen Wein, der mehr als Gold wert ist…  Der grosse Moment der Preisverleihung:

(von links) Pierre Monachon, Präsident von Terravin, Staatsrat Philippe Leuba, der Sieger Pierre-Louis Molliex, der sein Glück noch nicht so ganz fassen kann, und das Gastgeberpaar, Brigitte und Benoît Violier.  Weinjournalisten,

Önologen und andere Profis beim Degustieren und Bewerten der Weine.

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The Terravin Platinum Laurels award goes to Délices de Pierrot, Féchy, 2012 The commune of Féchy is rejoicing. It is the third time that a wine from its vineyards has obtained the Terravin Platinum Laurels distinction. Pierre-Louis Molliex collected the award on behalf of his son Thierry, who was away on military service. The Pierrot one sees dancing on the labels of the Molliex wines has no reason to be sad. The Délices de Pierrot 2012 had already won a gold, Swiss wine Grand Prix at the 2013 Mondial du chasselas. The Platinum Laurels award was not by any means a random distinction! The family has become well-known in the Vaud Canton thanks to the portrait of Pierre-Louis Molliex, the jovial winegrower on Banque Cantonale Vaudoise posters. Pierre-Louis and his 28-yearold son Thierry grow their vines on 7 ½ hectares of land. Six hectares are owned by the family and the rest belongs to the Féchy commune. Chasselas is king; it represents 80% of production. Other grapes

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include Pinot Noir, Gamay, Gamaret, Garanoir, Viognier and Gewurztraminer. Thierry is already in charge of the vineyards and the cellar, and by 1st January, 2015 he will take full responsibility of the domain. He explains that their wine-making methods are conventional, but each vineyard lot is vinified separately, with minimal handling. Although the domain has been mechanised, leaf plucking and harvesting are done manually. The fermentation is carried out by means of 5 to 6 selected yeasts and the wine is aged in the classical manner, in enamel vats. The Délices de Pierrot is an assemblage of Chasselas from different vineyard lots only the Grand Cru comes from the same, old vine stocks. Two famous oenologists, Nicolas Mairhofer and Thierry Ciampi, are the wine-making advisors. The latter consultant also works with Maison Schenk which has been buying 60% of Molliex unbottled wine for the last forty years.

Thierry Molliex graduated from Changins and is now working on a master’s degree. According to him, the greatest challenge facing his generation is to maintain one’s place in the market. In this respect, Terravin is a great help. “These professional wine tasting sessions can tell us whether we’re on the right track. What’s more, consumers now attach far more importance to the Terravin Quality label.” It may seem rather surprising that not all Mollieux wine bottles actually carry the Terravin gold logo. Somewhat embarrassed, Pierre-Louis Molliex explains that it is not that simple because the sticking has to be done by hand. But, of course, the Platinum Laurels stickers have already been attached to all the bottles! By the way, if you wish to try this elegant Chasselas, with rich aromas of linden blossom and fresh fruit, you will be pleasantly surprised by its price: CHF 8.80 the 7dl bottle. That is really not a lot for a wine that is worth more than gold!

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© Siffert/weinweltfoto.ch

Waadtländer Wein


Grand Prix du Vin Suisse

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12 Waadtländer auf dem Siegertreppchen Noch nie waren die Waadtländer so zahlreich auf dem Siegertreppchen vertreten wie am 29. Oktober 2013, bei der Siegerehrung des Grand Prix du Vin Suisse in Bern. Drei Champions standen gar auf der obersten Stufe. Allerdings wurde auch bei der siebten Ausgabe kein Waadtländer «Winzer des Jahres». Im Vergleich mit den Wallisern, die sich über den Titel «Team des Jahres 2013» (nicht Winzer des Jahres!) für die Kooperative Provins freuen konnten, haben die Waadtländer nur in einer Kategorie weniger den Champion gestellt (in drei gegenüber vier) und bei den drei Erstplazierten gleichgezogen, mit nicht weniger als sechs «Kronprinzen» und drei Drittplazierten, bei 20 Waadtländer Nominierten (siehe Le Guillon Nr. 43). Beim nationalen Concours wurden gegen 3000 Weine von 600 Produzenten aus der ganzen Schweiz bewertet. Champions in den Kategorien Chasselas, Rosé und reinsortige Rotweine Der Präsident der Union Suisse des Œnologues, Daniel Dufaux, durfte sich über den nationalen Titel in der Kategorie Chasselas freuen. Der Petit Vignoble d’Yvorne 2011 (1), Henri Badoux SA, gewann vor einem weiteren Waadtländer, ebenfalls einem Yvorne, dem Grand Cru 2011 (2) der Kollektion Chandra Kurt (Zürcher Weinpublizistin), vinifiziert von der Bolle & Cie SA in Morges. Ein richtiger Exploit, waren doch nicht weniger als 471 Chasselas im Rennen. Ein weiterer Erfolg: Eine Humagne 2011 (3) vom Lac Léman, Château de Glérolles in Saint-Saphorin, zehn Monate im Eichenholz ausgebaut, schaffte es, in der Kategorie «andere reinsortige Rotweine» (342 Weine) einen Cornalin und eine Humagne, beide aus dem Wallis,

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auf die Plätze zu verweisen. Der dritte Titel, in der Kategorie Rosé, ging an Alain Parisod von der Domaine de la Grille in Grandvaux und seinen Melrose 2012 (4). In dieser Kategorie (163 Konkurrenten) gingen alle drei ersten Plätze an Waadtländer: Zweiter wurde Rodrigo Banto, Chefönologe von Uvavins Cave de La Côte in Tolochenaz mit dem Rosé 2012, einer Assemblage aus Gamaret und Garanoir, Dritter ein weiterer renommierter Produzent der Côte, Philippe Bovet aus Givrins mit seinem Méditerranée 2012. Bovet konnte sich ausserdem über einen zweiten Platz seines Brut non millésimé bei den Schaumweinen freuen (55 Weine). Rotes Doppel Einen zweiten Platz erreichte auch Martial Neyroud von der Domaine des Châbles, Blonay, mit seinem 1807 blanc 2012, hinter einem Freiburger aus dem Vully, Jean-Daniel Chervet, mit seiner Cuvée de l’Arzille 2011 bei den weissen Assemblagen (90 Weine). Ebenfalls Zweiter wurde bei den Gamays (105 Weine) der Château de Lully 2012 (5), Grand Cru, von Bolle & Cie SA in Morges, gefolgt von Les Romaines Grande Réserve 2009 (6) der Frères Dutruy in Founex. Der Clos du Châtelard in Villeneuve (7), Hammel SA, war zweifach erfolgreich: sein Apicius 2010 (8) landete auf dem zweiten Platz bei den Merlots (164 Weine), seine Cuvée des Sens 2010 auf dem dritten in der Kategorie Pinot noir (441 Weine). (PTs)

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Weinconcours (9)

Verschiedene Gold (10)

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Die Waadtländer zeigen sich mehr oder weniger beständig in den zahlreichen Weinconcours der Welt. Zusammenfassung der gewonnenen Goldmedaillen im zweiten Halbjahr 2013. Bereits zum 16. Mal fand der von der Vinea organisierte Mondial des Pinots in Sierre statt, bei dem sich zahlreiche Waadtländer Weine auszeichnen konnten, in allen Mutations- und Vinifikationsarten der am meisten kultivierten Schweizer Rebsorte; insgesamt waren 1359 Weine aus 23 Ländern am Start. Eine schöne Überraschung war die Grosse Goldmedaille für den Schaumwein aus Champagne (VD), den Brut Rosé l'Orphelin (9) der Domaine Champagnoux von Eric Schopfer, Selbstkelterer in Champagne. Gesetzlich hat dieser Wein kein Anrecht mehr auf die Erwähnung der Appellation, sie wurde durch die von

Bonvillars ersetzt. Gleichzeitig holte dieser Wein den Titel «bester Schaumwein» des Wettbewerbs. Am meisten Goldmedaillen gewannen die Waadtländer aber mit traditionellen Blauburgundern, so aus dem Lavaux der Pinot noir 2011 (10) aus Saint-Saphorin, Domaine Bovy, Chexbres, Le Portaroux 2012 (11), Domaine J.-D. Porta, Villette, und L’Amarante 2012 (12), Fils Rogivue, Chexbres, aus der Côte der Château de Crans (13), Céligny, der Domaine de Chantemerle 2011, Tartegnin, der Grand Cru 2012 aus Saint-Livres, Richard Aguet, Féchy, und der Domaine de La Treille 2012, Founex. Dazu gesellen sich der Œil-

Swiss wine Grand Prix: 12 (15)

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The president of the Swiss Union of Oenologists, Daniel Dufaux, presented the national Chasselas title to Henri Badoux SA - Petit Vignoble d’Yvorne 2011. Another Schenk group wine came second, Grand Cru 2011 Collection Chandra Kurt, vinified by Bolle & Cie SA, Morges. With 471 wines competing, this was no meagre achievement. Another winner, in the pure reds category, was a 2011 Humagne, matured ten months in oak barrels, produced by Château de Glérolles, Saint-Saphorin. The third rosé title went to Alain Parisod’s Domaine de la Grille, Grandvaux – Melrose 2012. Other distinguished rosés in this category were the Uvavins Cave de La Côte, Tolochenaz – Gamaret-Garanoir assemblage – Le Rosé 2012, and the Philippe Bovet Givrins –

Méditerranée 2012. Their non-vintage brut was also runner up in the sparkling wine category. Martial Neyroud, Domaine des Châbles, Blonay, came second in the white assemblage group with his 1807 Blanc 2012. Another second place went to the Gamay Château de Lully 2012, grand cru, vinified by Bolle & Cie SA, with third place going to Frères Dutruy, Founex – Les Romaines Grande Réserve 2009. In the red category, second and third places went to Apicius 2010 and Cuvée des Sens 2010 resepctively, both from Le Clos du Châtelard, Villeneuve, vinified by Hammel SA, Rolle. Gold medals for Vaud wines At the Vinea Mondial des Pinots, the

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medaillen de-Perdrix 2012 von Parfum de Vigne (14), Dully, und der Blanc de Noirs d’Aigle Le Frimeur (15) von Sébastien Chappuis, Arc-en-Vins SA in Puidoux. Die Kooperative der Côte an allen Fronten Beim selben Concours in Sierre, diesmal aber bei den Weissweinen, gewann der Pinot gris Expression 2012 (16) von Uvavins-Cidis, Tolochenaz, ebenfalls Gold, ebenso wie eine Reihe anderer Weine der Kooperative bei anderen Wettbewerben: Bei Mundus Vini in Deutschland errangen Doral (17) und Sauvignon blanc (18), beide Jahrgang 2012, der neuen Linie Emblem je eine goldene Auszeichnung, auch der Süsswein aus Pinot gris 2012 (19) und der Gewürztraminer 2011 (20) holten Gold beim Concours des

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Sept Ceps in Bourg-en-Bresse. Dieser interregionale Concours, im letzten November zum 15. Mal durchgeführt, hat einige treue Teilnehmer aus der Waadt. Zum ersten Mal wurden der am höchsten bewertete Weiss- und Rotwein des Wettbewerbs ausgezeichnet. David Kind von der Domaine de Terre-Neuve, SaintPrex, gewann den Preis (und Gold) bei den Roten mit seinem Merlot 2012 (21), der Chardonnay 2011 von der Domaine de Marcelin (22), Morges, bei den Weissen. Mehr und mehr (Deutschschweizer) Winzer schicken ihre Weine an den Riesenconcours AWC Wien (Österreich). Ein einziger Waadtländer Wein schaffte es 2013 unter die zwanzig Schweizer Goldmedaillen, nämlich der Diolinoir Optimus 2009 (23) aus Saint-Saphorin, Domaine Bovy, Chexbres. (PTs)

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Vaud wines on the podium gold awarded to Eric Schopfer’s dry rosé sparkling wine, Orphelin, was a nice surprise as his Champagnoux estate, Champagne (VD), had recently lost its ‘Champagne’ appellation. Traditional Pinot Noir wines collected the most golds: Domaine Bovy Chexbres – SaintSaphorin Pinot noir – 2011; Domaine J.-D. Porta, Villette – Le Portaroux - 2012; Fils Rogivue, Chexbres – Amarante 2012; Château de Crans, near Céligny; Domaine de Chantemerle, Tartegnin (2011); SaintLivres Grand Cru 2012 - Richard Aguet, Féchy; and Domaine de La Treille, Founex (2012). And more golds for Oeil-de-perdrix 2012, Parfum de Vigne, Dully, with its screen-printed label, and the Arc-en-Vins SA, Puidoux, Sébastien Chappuis – Aigle Blanc de noir de pinot noir - Le Frimeur.

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Cooperative de la Côte did extremely well The white Uvavins-Cidis, Tolochenaz – Pinot Gris Expression 2012 was also awarded gold at Vinea, while the new Emblem line Doral 2012 and Sauvignon Blanc 2012 were winners at Mundus Vini, in Germany. Both a Pinot Gris 2012 dessert wine, and a Gewurztraminer 2011 won first prizes at Bourg-en-Bresse where David Kind’s red Domaine de Terre-Neuve, Saint-Prex – Merlot 2012, and the white Domaine de Marcelin, Morges – Chardonnay 2011 both obtained first prizes. Finally, the Domaine Bovy, Chexbres – Saint-Saphorin Diolinoir – Optimus 2009 obtained a gold medal at the Vienna AWC competition, 2013.

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Degustation

Weisse Hochzeiten im Waadtland

Muss man zwei, drei oder mehr weisse Rebsorten in einem Wein vereinigen? Zu welcher Hochzeit und mit welchen Rebsorten? Einige Überlegungen dazu, im Licht der gelungensten der dreissig von unserer Jury degustierten Waadtländer Weine. Pierre Thomas – Fotos: Philippe Dutoit Weisse Assemblagen? Vielleicht, liebe Degustatorin, lieber Konsument, wissen Sie gar nicht, dass die existieren? Wie viele es sind? Schwer zu sagen: Die Statistiken berücksichtigen nur die kultivierten Rebsorten (siehe Tabelle S. 31). Und nicht das, was der Winzer daraus macht – so wie beim Rosé, der unter den roten Sorten, aus denen er gekeltert wird, aufgeführt ist. «Weisse Spezialitäten» nehmen in der Waadt nur einen Anteil von 3,6% der Ernte 2013 ein. Mit Abstand an der Spitze steht der Chasselas (68,47%), vor der Gesamtheit der roten Sorten (28%, davon 18,6% Pinot noir und Gamay). Dreissig davon haben wir versammelt, wie uns scheint, eine repräsentative Auswahl für das, was man auf dem Markt findet.

Unter denen, die von unserer Jury zu den besten gezählt wurden (siehe folgende Doppelseite), finden sich Weine für das breite Publikum, wie etwa der As de cœur blanc, Cave de Jolimont, eine Trilogie aus Chardonnay, Charmont und Doral, oder die für Coop bestimmte Assemblage aus Saint-Saphorin sur Morges von Uvavins, die weisse und (weiss abgepresste) rote Sorten verbindet. Ein Aligoté- und Pinot-gris-Pionier Die grosse Überraschung der Degustation ist ein «négociant-éleveur» aus Luins, Jean-Michel Walther. Sein Grossvater, Sohn eines Lehrers, der ein paar Rebparzellen besass, gehörte zu den ersten in der Waadt, welche die Sorten Aligoté, Chardonnay und Pinot gris in die

 Jean-Michel Walter in Luins «affiniert» seine Weine in 600-Liter-Fässern.

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Schweiz einführten. Der Lehrer sagte seinem Sohn: «Du wirst Winzer, das hat Zukunft!» Nach der kantonalen Schule in Marcelin reiste der heute 47 Jahre alte Jean-Michel durch die Welt, vor allem durch die USA, bevor er vor zehn Jahren in die Heimat zurückkehrte. Die Kultivierung seiner 3,6 Hektaren Reben hat er Nachbarn anvertraut. Aber er wacht über seinen Keller. Hier «affiniert» er seine weissen und roten Weine, in einem noch ungewöhnlichen Eichenfass: in Demi-Muids genannten, 600 Liter fassenden Fässern, die er sorgfältig bei Seguin-Moreau, dem Rolls Royce der Bordelaiser Küfer, auswählt. Obwohl unsere Jury keinen ausgesprochen «Lieblingswein» hatte, haben es zwei von Walthers Weinen an die Spitze des Klassements geschafft. In seinem 1984 erbauten Keller in Luins entdeckt man im Hintergrund das Bild einer Harley Davidson und eine Sammlung von Islay-Whiskys. Jean-Michel Walther entschuldig sich, dass er diesmal keine Diplome und Medaillen vom letzten Grand Prix du Vin Suisse vorweisen kann. Der Tod seines Vater im Frühling 2013 hinderte ihn daran, am Concours teilzunehmen. Jean-Michel, leidenschaftlicher Hobbykoch, der sogar schon Kurse für Profiköche gegeben hat, ist auch ein passionierter Anhänger des «zunehmenden Mondes», der Qualität des Eichenholzes («der Holzgeschmack stört mich») und der Alchemie der Assemblage. «Le Cu­rieux» wurde nicht erst gestern ins Leben gerufen, sondern 1994: «Mein Vater und ich pröbelten mit einer Assem-

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 Reynald Parmelin, der Biopionier des

Waadtlandes.

 Auf der Domaine des Châbles in der

Nähe von Blonay vergrössert Martial Neyroud den Sortensatz bei den roten wie den weissen Varietäten.

blage, brauchten aber mehrere Jahre, bis sie uns gelang. Seither hat sich die Formel nicht geändert, denn die drei Rebsorten ergänzen sich perfekt: der Chardonnay ist eher quadratisch, der Pinot gris floral und fein und die Aligoté fügt dem Ganzen eine zitronige Dimension hinzu.» Nachdem er den Keller übernommen hatte, gab Jean-Michel jedem seiner 19 (!) Weine einen Phantasienamen. Appellation und Rebsorte sind von der Etikette verbannt, die Assemblagen nehmen zu. «Wie ein einfallsreicher Koch bin ich nicht der Typ, der jeden Tag Steak und Pommes frites vorschlägt!» Und er, der seine Kunden im Grossraum Genf inklusive Pays de Gex aufsucht, ist nicht wenig stolz darauf, von den Franzosen «Alchimist» genannt zu werden. Er erwähnt auch seine Freundschaft mit Küchenchefs wie Carlo Crisci: «Die gastronomischen Restaurants führen Tag für Tag Kunden zu mir.» Ein Wunsch der Gastronomie Unweit von hier, in der Ebene unterhalb von Begnins, wirkt Reynald Parmelin. Er wurde durch die Gastronomie überhaupt dazu gebracht, eine weisse Assem­blage anzubieten. Sein Weingut, La Capitaine, hat sich im vergangenen Frühling nochmals um vier Hektaren auf 21 vergrössert; das ganze Gut wird biologisch kultiviert: klassisch biologisch und biodynamisch, ausnahmslos für jeden Wein mit dem offiziellen Label Bio Knospe oder Demeter. «Die Fischrestaurants der Region verlangten seit langem einen fruchtigen, aber trockenen Weisswein von mir.» Vor 15 Jahren, bevor er seinen Johanniter (den dreifachen Schweizermeister der Bioweine) pflanzte, komponierte er die zu Recht so geheissene «Réserve gastronomique». Die Einkäufer von Coop wählen aus der Fülle der

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Rebsorten (ohne Sauvignon blanc) eine «Cuvée noble»: Sie bestimmen Jahr für Jahr im Februar die Anzahl der Flaschen, die Bestellungen steigen (12 000 Flaschen im Jahr 2013, in dem Coop den 20. Geburtstag seines Labels Naturaplan feierte). «Ich bin selten vollkommen überzeugt von weissen Assemblagen», gesteht der Selbstkelterer. «Oft ist das ein Wein, der dem Önologen entgegenkommt, hilft er ihm doch, Volumen zu produzieren oder die Jahrgänge zu glätten, allerdings auf Kosten des Charakters.» Für ihn muss eine gute Assemblage «aromatische Komplexität in der Nase und im Gaumen» aufweisen. «Er darf kein zweiter Chardonnay sein!» Seine «Réserve gastronomique», in blauen 75- und 50-cl-

Flaschen angeboten, verkauft sich am Genfersee wir frische Brötchen. Die beiden Cuvées für Gastronomie und Grossverteiler baut Reynald Parmelin weder im Holz noch in der Amphore aus, im Gegensatz zu all seinen anderen Weissweinen, mit Ausnahme des Gewürztraminers (den er schon bald als Schaumwein anbieten wird). Das Spiel mit Zucker und Säure Auch der 34 Jahre junge Martial Neyroud, der aufsteigende Stern aus dem Lavaux, verwendet kein Holz. Sein «1807» – die Postleitzahl von Blonay! – landete beim letzten Grand Prix du Vin Suisse (siehe S. 25) auf dem zweiten Rang der weissen Assemblagen. Unsere Jury hat ihn weniger gut bewertet, wegen seiner

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Degustation

Weisse Rebsorten im Waadtland 1) 2) 3) 4) 5) 6) 7) 8) 9) 10) 11) 12) 13) 14) 15) 16) 17)

Chasselas 2312 ha Chardonnay 40 ha Pinot gris 32 ha Doral 26 ha Pinot blanc 14 ha Sauvignon blanc 13 ha Viognier 12,7 ha Gewürztraminer 11 ha Müller Thurgau 5,7 ha Charmont 5,2 ha Muscat/Muscat Ottonel 3,7 ha Sylvaner 3,5 ha Altesse 3 ha Auxerrois 1,5 ha Aligoté 1,4 ha Savagnin blanc 1,3 ha Chenin blanc 1,2 ha

60,71% 1,06% 0,86% 0,70% 0,37% 0,35% 0,33% 0,29% 0,15% 0,14% 0,10% 0,09% 0,08% 0,04% 0,04% 0,04% 0,03%

Quelle: Kantonales Rebregister 2013

 Der Winzer Jean-Daniel Suardet (links) und der Önologe André Hotz auf

dem Clos des Rennauds, der dem Dichter Ramuz lieb und teuer war.

Restsüsse, die der Selbstkelterer ohne Federlesens einräumt: «Ich lasse ihm 4 bis 5 Gramm Restzucker, dafür verzichte ich auf den biologischen Säureabbau.» Direkt neben seiner Domaine des Châbles, die er seit zehn Jahren bewirtschaftet, hat Martial Neyroud erst kürzlich Chenin blanc gepflanzt, die grosse Rebsorte der Loire. Es ist allerdings noch nicht sicher, ob sie sich für eine «ménage à trois» eignen wird. Der «1807» läuft also Gefahr, weiterhin aus 60% Pinot gris und 40% Doral gekeltert zu werden. 2012 wurden die beiden Sorten zusammen gelesen und in der Presse assembliert, vor der Vinifikation im Stahltank. «Ich liebe Rotweine aus dem Holz, aber bei den Weissen stört es mich.» Während gewisse Winzer wie etwa der Elsässer Jean-Michel Deiss neue Wege im Weinbau erforschen und auf derselben Parzelle verschiedene weisse Sorten zusammen anpflanzen, so wie auch Raymond Paccot für seinen Curzille oder Charles Rolaz für die Cuvées aus seinen Weingütern im Chablais (Clos du Châtelard in Villeneuve, Montet in Bex), hat sich Obrist entschieden, den Clos des Rennauds in Yvorne vierzuteilen. Unsere Jury hat die Version 2011 bevorzugt, ein Quartett aus Chasselas (im Stahltank), Chenin blanc, Arvine und Riesling

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(separat in Barriques vinifiziert, dann assembliert und zusammen ausgebaut). Weniger überzeugt haben die beiden Duos Chasselas–Chenin und Riesling– Arvine 2012. Ein Clos in der Hochburg von Yvorne Diese Assemblagen, die in Aigle gepresst, aber im Barriquekeller in Vevey ausgebaut werden, tragen die Handschrift von André Hotz. Der Zufall hat ihm 2012 bei den Kellerarbeiten die Hand geführt… Doch der Önologe schliesst nicht aus, dass er in Zukunft keine Assemblagen, sondern vier reinsortige Weine ausbauen wird. «Der Konsument kommt auf reinsortige Weine zurück», beobachtet er, der mit 60 seine zehnte Ernte für Obrist betreut. Für das Haus Obrist, das zur Gruppe Schenk gehört, repräsentiert der Clos des Rennauds mit seinen 6000 Quadratmetern Reben, die biodynamisch kultiviert werden, den «Forschungsund Entwicklungssektor». Nicht zuletzt in­spiriert von diesem Clos des Rennauds schrieb Charles-Ferdinand Ramuz, der als Jugendlicher jeweils seine Ferien in Yvorne in dem direkt oberhalb der Reben gelegenen Haus verbrachte, seine erste autobiographische Erzählung namens «Vendanges».

Schon in seinen ersten Sätzen bietet der Schriftsteller die perfekte Lösung für die – marginale! – Frage der Waadtländer Assemblagen angesichts der Beständigkeit des Chasselas, des Königs der Waadtländer Rebberge: «Das Renommee der Weine, wie auch der Menschen, ist voller Ärgernisse, Unsicherheiten und Änderungen. Und heute, so glaube ich, wagt es der Yvorne nicht einmal mehr, seinen Namen zu tragen. Die Mode hat sich verlagert. (…) Alle Moden gehen vorüber; und so soll dieser schöne goldene Wein von einst heute suspekt wirken, da der sogenannte vin gris Mode ist, also ein Wein ohne Farbe, ein Wein für Leute, die nicht wissen was Wein ist, ein Wein für ausländische Kundschaft, ein Wein für Wasser- oder Schnapstrinker. (…) Unser Hygiene- und Prophylaxezeitalter misstraut allem, was vollkommen, sprich lebendig ist. Man pasteurisiert, trennt, dekantiert – und verwechselt Reinheit mit Sterilität.» Diesen schönen Text, im Sommer 1927 verfasst, als Ramuz auf die Fünfzig zuging, kann man in den «Ecrits autobiographiques» nachlesen, die 2011 bei Slatkine erschienen sind. Und lange darüber nachsinnen, in der Hand ein Glas Yvorne, Chasselas oder eine weisse Assemblage, je nachdem…

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Degustation

Die Degustation Unsere Jury – gebildet aus Jérôme Aké Béda, Sommelier in der Auberge de l’Onde in Saint-Saphorin, Daniel Dufaux, Önologe bei Badoux Vins in Aigle und Präsident der Union Suisse des Œenologues, Marco Grognuz, Selbstkelterer aus Villeneuve und Chefdegustator des Waadtländer Labels Terravin, Jean Solis, Weinhändler in Pully und zweifacher Schweizer Meister im Weindegustieren,

sowie Pierre Thomas, Weinjournalist (www.thomasvino.ch) – hat am 10. Dezember 2013 in der Weinbar Midi 20 in Lausanne dreissig weisse Assemblagen verkostet. Von jedem Wein war nur eine einzige Flasche bestellt worden, sodass fehlerhafte Weine – in der Regel mit Korkgeschmack – nicht bewertet werden konnten. Sechs Weine, also ein Fünftel, mussten eli-

miniert werden, was abnormal hoch scheint. Kein einziger Wein erreichte mehr als 16 von 20 Punkten. Lediglich fünf Weine wurden mit zwei Sternen ausgezeichnet (das entspricht 15 bis 16 Punkten), neun erhielten einen einzigen Stern (14 bis 15 Punkte). Die Jury zeigte sich allgemein etwas enttäuscht von den präsentierten Weinen (siehe Hauptartikel).

★★

★★

Saveurs d’automne 2011 (Schweizer Wein) Cave La Rose d’Or, Jean-Michel Walther, Luins, Vin Vuisse (50% Sauvignon, 50% Chardonnay, 9 Monate in Barriques, 850 Fl.), Fr. 19.– www.caverosedor.ch Komplexe Nase, Noten von reifen Früchten und Aprikosen. Im Gaumen reichhaltig und mit Schmelz, schönes Gleichgewicht, weich, rassig und lang anhaltend. Trinkreife: bis fünf Jahre.

Clos des Rennauds 2011 Grand Cru Yvorne, Obrist SA, Vevey, (40% Chasselas, je 20% Chenin blanc, Riesling und Arvine, 10 Monate in Barriques, mit Ausnahme des Chasselas, 4000 Fl.), Fr. 23.30 www.obrist.ch In der Nase Noten von Rauch, Kokos, Agrumen und reifen Früchten; der Gaumen ist dominiert vom Holz; etwas brandiges Finale.

Clos des Rennauds 2012 Grand Cru Yvorne, Obrist SA, Vevey, (50% Chasselas, 50% Chenin blanc, 10 Monate in Barriques, 2000 Fl.), Fr. 22.20 www.obrist.ch Diskrete Nase mit Vanillenoten; säurebetonter Auftakt, Quittenaromen, etwas raues und trockenes Finale, dem es an Aromatik und Frucht fehlt.

★★ ★★ Le Curieux 2011 Cave La Rose d’Or, Jean-Michel Walther, Luins, AOC La Côte (50% Chardonnay, 40% Pinot gris, 10% Aligoté, 12 Monate in Barriques, 1760 Fl.), Fr. 18.– www.caverosedor.ch Komplexe Nase mit Apfel- und Birnennoten; im Gaumen frisch, elegant, ausgewogen zwischen reichhaltigem Körper und Säure; mächtig und mit schönem Alterungspotential.

Réserve gastronomique 2012 Domaine La Capitaine, Begnins, Demeter und Bio Knospe (35% Chardonnay, 25% Pinot gris, 25% Pinot blanc, 15% Sauvignon blanc, 7000 Fl.), Fr. 23.– www.lacapitaine.ch Frische Fruchtnoten in der Nase; Kohlensäure im Auftakt, dann ausgewogen und Finale auf Limettennoten, schöne Säure, spannungsvoll, mit einem Hauch von Restsüsse.

★★ Lune Blanche 2011 Les Frères Dubois, Cully, (50% RieslingSylvaner, 30% Muscat, 20% Chardonnay, 568 Fl.), Fr. 19.– www.lesfreresdubois.ch Intensive, aromatische Nase mit Noten von reifen Früchten und süssen Gewürzen; ausladender Auftakt auf Pfirsichund Mangoaromen, reichhaltig und von schöner Länge. Im Finale ausgeprägte Restsüsse.

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★ Cuvée Noble Blanche 2012 Domaine La Capitaine, Begnins, Demeter und Bio Knospe (55% Chardonnay, 25% Pinot gris, 20% Pinot blanc, 12 000 Fl.), exklusiv bei Coop, Fr. 19.90 Noten von Pfirsich und Aprikosen in der Nase; reiffruchtiger Auftakt mit Pfeffernoten, schöne Länge, etwas reichhaltiges, trockenes Finale.

★ La Licorne Blanche 2011 Bolle & Cie, Morges, (30% Chardonnay, 25% Pinot blanc, 15% Pinot gris, 20% Doral und 10% Chasselas, zu einem Viertel in Barriques, zu drei Vierteln im Tank ausgebaut, 3000 Fl.), Fr. 15.20 www.bolle.ch Schmeichelnde Nase mit Ananasnoten; mächtiger Auftakt, reichhaltig und mit Schmelz, im Finale etwas holzbetont, alkoholisch und schwer. Gutes Alterungspotential von fünf Jahren.

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 Die weissen Assemblagen wurden degustiert von Daniel Dufaux (links), Jean Solis, Jérôme Aké Béda,

Marco Grognuz und Pierre Thomas, und zwar in der Weinbar Midi 20 in Lausanne.

As de cœur blanc 2012 Cave de Jolimont SA, Rolle, (33% Chardonnay, 33% Charmont, 33% Doral, keine Angaben zur Zahl der Fl.), Fr. 12.50 www.vins-schenk.ch Reife Fruchtnoten in der Nase; fruchtiger Auftakt, Mitte des Gaumens geprägt von Quitten-, Aprikosen- und Pfefferaromen, lebhaftes, etwas unharmonisches Finale.

Plant-Joyeux blanc 2012 AOC Lavaux, Terres de Lavaux, Lutry, (je 25% Chasselas, Sylvaner, Chardonnay und Pinot blanc, auf den Feinhefen im Tank ausgebaut, 2000 Fl.), Fr. 14.30 www.terresdelavaux.ch Aromatische, laktische Noten in der Nase; geschmeidiger Auftakt, Finale säurebetont und brandig, mit vegetabilen und zugleich überreifen Aromen.

La Céleste 2011 Domaine Delaharpe, Yann Menthonnex, Bursins, (Sauvignon, Chardonnay, Heida, 14 Monate in Barriques, 1500 Fl.), Fr. 27.50 www.domainedelaharpe.ch Intensive Nase mit Noten von Pinienharz; im Vergleich zum Holz zu wenig Stoff, hartes, tanninbetontes Finale. Der Wein ist vom Ausbau dominiert.

1807 Blanc 2012 AOC Montreux Lavaux, Domaine des Châbles, Martial Neyroud, Blonay, (60% Pinot gris, 40% Doral, im Tank, 2500 Fl.), Fr. 18.– www.domainesneyroud.ch Diskrete Nase mit floralen Noten und Aromen von trockenen Kräutern sowie Menthol; reichhaltig, etwas brandig und süsslich im Finale.

Saint-Saphorin sur Morges 2012 Cave de La Côte, Morges, (Chasselas, Doral, weiss abgepresster Pinot noir und Gamay, 50 000 Fl.), Fr. 10.95 www.uvavins.com Diskrete Nase mit Anisnoten; Auftakt geprägt von Kohlensäure, wenig Volumen; ein einfacher, weicher Wein.

★ Symphonie blanche 2011 Cave La Rose d’Or, Jean-Michel Walther, Luins, (je ein Drittel Marsanne, Chardonnay und Pinot gris, 9 Monate in Barriques, 850 Fl.), Fr. 19.– www.caverosedor.ch Buttrige Nase mit Noten von Orangenschalen; leicht süsslicher Auftakt, mittlere Struktur, weich und gut eingebunden, mit einem von süssen Gewürzen und weissem Pfeffer geprägten Finale.

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LabeL Vigne d’Or La quête de l’excellence

Quintessence de la nature

Les Artisans Vignerons d’Yvorne ont réservé leurs meilleures terres et leurs meilleurs raisins à cette ligne d’exception. Microclimat, orientation, pente, ensoleillement et aptitude du sol à absorber et restituer l’eau confèrent à chaque parchet sa nature, sa force et sa personnalité. Cette rigoureuse sélection permet d’exprimer la parfaite adéquation des terroirs et des cépages, en donnant à ses vins une grande complexité aromatique et une empreinte hors du commun.

A r t i s A n s V i g n e r o n s d ’ Y V o r n e s o c i é t é co o p é r At i V e 34

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White Marriages in the Vaud canton A report by Pierre Thomas from a tasting of 30 white assemblage wines produced in Vaud (see below) The main surprise came from the producer/merchant from Luins, Jean Michel Walther, whose grandfather was among the pioneers who, back in 1924, introduced the Aligoté (from Bourgogne), Chardonnay and Pinot Gris grapes into Vaud. After a stint in the US, Jean-Michel returned to Vaud some 10 years ago. He has delegated the wine-growing to a neighbouring estate and himself focuses on the refining of his whites and reds which is carried out in unusual oak containers: demi-muids, Bordeaux-made oak barrels that hold 600 litres. Two of his wines came out on top at the tasting. His formula, developed some 20 years ago, combines three grapes that complement each other: Chardonnay gives character, Pinot Gris gives refined floral notes; and Aligoté gives hints of citrus. Not far from Luins, in the plain below Begnins, Reynald Parmelin has composed a white assemblage, Réserve Gastronomique, to meet the demand from local restaurants for a fruity yet dry white. In his La Capitaine estate all the grapes are grown organically, and all wines are

certified Bio Bourgeon and Demeter (produced using biodynamic methods). His Naturaplan Bio Cuvée Noble has long been very successful with Coop buyers. Reynald Parmelin is hard to please when it comes to blended wines. For him a good assemblage must be aromatically complex on the nose and in the mouth; not just a Chardonnay. His Réserve Gastronomique, available in 70cl and 50cl blue bottles, enjoys huge success in Geneva’s lakeside restaurants. And neither his restaurant special nor his massmarket Naturaplan have been anywhere near wood or amphora, although most of his whites are kept in barrels. No wood barrels either at the Domaine des Châbles winery run by Martial Neyroud, the rising star in the Lavaux region. His white assemblage, 1807, - the Blonay area code! – came second in the last Swiss wine Grand Prix. Our jury ranked it less well on account of a slight sweetness for which the wine-grower takes full responsibility explaining that he leaves 4 to 5 grams of residual sugar to make up for the fact that it is not put through a second fermen-

tation. Although he has recently planted some Chenin Blanc – the famous Loire grape – that does not necessarily mean that he is opting for a ménage à trois. His 1807 is likely to remain 60% Pinot Gris and 40% Doral. After harvest, these grapes are blended in the press and then undergo vinification in inox vats. Martial Neyroud makes the point that he loves red wines vinified in barrels, but not whites. The 2011 assemblage from the Clos des Rennauds estate, in Yvorne, was among our jury’s selections. This ChasselasCheninBlanc-Arvine-Ries­ling quartet, which is vinified separately in barrels and then blended and left to rest, had better marks than either of the 2012 duos, Chasselas-Chenin and Riesling-Arvine. These assemblages bear the signature of the oenologist, André Hotz. Interestingly, he does not rule out the possibility that in the future, instead of an assemblage wine, we will have four monovarietal wines as consumers move back to pure, single grape wines. The Clos des Rennauds, with its 6000 m2 of organically grown vines, is the R&D division of Obrist SA, Vevey.

The wine-tasting event

Thirty 2011 and 2012 white assemblages from the Vaud canton were evaluated by a jury comprising: Jérôme Aké Béda, sommelier, Auberge de l’Onde, Saint- Saphorin; Daniel Dufaux, Badoux Vins oenologist and Swiss oenologists’ Union president; Marco Grognuz, wine producer and chief Terravin taster; Jean Solis, Pully wine merchant and Swiss wine-tasting champion; and Pierre Thomas, a specialised journalist (www.thomasvino.ch). ★★

Le Curieux 2011 (Swiss wine) Cave La Rose d’Or, Jean-Michel Walther, Luins, AOC La Côte (Chardonnay 50%, Pinot Gris 40%, Aligoté 10%, 12 months in barrel, 1760 bottles), 18 fr., www.caverosedor.ch Complex nose of apple and pear; fresh and elegant in the mouth; fine acidityintensity balance; powerful, with good aging potential

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★★

Clos des Rennauds 2011 Grand Cru Yvorne, Obrist SA, Vevey (Chasselas 40%, Chenin Blanc 20%, Riesling 20% et Arvine 20%, 10 months in barrel, except Chasselas, 4000 bottles), 23 fr. 30, www.obrist.ch Smoky coconut nose with notes of citrus and ripe fruit; a dominant woody taste; final notes slightly hot

★★

Réserve gastronomique 2012 Domaine La Capitaine, Begnins, Demeter and Bourgeon labels (Chardonnay 35%, Pinot Gris 25%,Pinot Blanc 25%, Sauvignon Blanc 15%, 7000 bottles), 23 fr., www.lacapitaine.ch Nose of fresh fruit; carbonic attack then balanced in the mouth; final notes of lime; good acidity; tight with a touch of sweetness.

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Unsere Regionen sind rare Perlen

Bex und Ollon, das Chablais in Rot und Weiss Im äussersten Osten der Waadt gelegen, gehörten Bex und Ollon nie zu den bekanntesten Appellationen des Kantons. Mit ihren zahlreichen Spezialitäten, günstigen klimatischen Bedingungen und geeigneten Böden bieten diese beiden Gemeinden aber unbestreitbar Potential, das hartnäckige und einfallsreiche Winzer geschickt zu nutzen wissen. Einige von ihnen haben wir besucht. Alexandre Truffer – Fotos: Sandra Culand

 Riccardo Mattei leitet parallel

die Celliers du Chablais sowie die Artisans Vignerons d’Ollon.

Artisans Vignerons d’Ollon: die Erneuerung des berühmten Caviste Auf der Identitätskarte der Genossenschaftskellerei von Ollon steht, dass sie 109 Genossenschafter zählt, die 37 Hektaren Reben bewirtschaften, 70% davon weiss (vor allem Chasselas) und 30% rot (vorwiegend Pinot noir und Gamay). Und dass die 1906 gegründete Kellerei ihren heutigen Namen 2008 angenommen hat, von Riccardo Mattei geleitet und von Marcel Crolla präsidiert wird. Und schliesslich versteht man, dass die Seele, das tiefste Wesen dieser «Arti­ sans Vignerons» ein harmonischer, floraler Chasselas namens Caviste ist, dessen Etikette das gleichnamige Bild des Malers Frédéric Rouge zeigt. 1925 war die Etikette des berühmten Weins dieser Kellerei, damals noch Association viticole d’Ollon genannt, der letzte Schrei, modern und total in. «Den heutigen jungen Konsumenten gefällt diese Etikette eher weniger. Wir verlieren Kunden, weil ein Teil der Kundschaft, obwohl ihr der Wein gefällt, diese Art der klassischen Flasche nicht mehr auf ihrem Tisch haben will. Darum haben wir auf Vorschlag des Komitees

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von der Generalversammlung grünes Licht bekommen, um die Etikette anzupassen», erklärt Riccardo Mattei. Eine Herausforderung? «Schlimmer», lacht Marcel Crolla. «Ich hörte immer, dass derjenige, der es wagen würde, diese Etikette zu ändern, gefeuert würde. Aber ich bin sicher, dass die Kunden positiv reagieren werden. Das Thema wurde beibehalten und der Name Caviste prangt auf der neuen Etikette, was bei der ursprünglichen nicht der Fall war.» Die Metamorphose des Admiralsschiffs ist nicht die einzige Änderung in der hundert Jahre alten Kooperative. Nicht weniger als 14 Weine, unterteilt in fünf Linien, finden sich mittlerweile auf der Preisliste. «Die Artisans haben schwierige Jahre erlebt, aber heute besitzen wir ein finanziell gesundes Unternehmen, das Qualitätsweine produziert (2013 wurden die Chasselas beim Mondial du Chasselas, bei der Expovina, beim Grand Prix du Vin Suisse und den Vinalies de Paris ausgezeichnet)», fährt Marcel Crolla fort. «Unsere Lokalitäten sind allerdings veraltet und überdimensioniert. Die Gebäude wurden konzipiert, um 700 000 Liter Wein zu lagern,

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heute kellern wir nur rund die Hälfte dieser Menge ein. Um zu rationalisieren, haben wir in Zusammenarbeit mit der Kooperative von Aigle die Celliers du Chablais SA gegründet, deren Direktor ich bin», erklärt Riccardo Mattei und präzisiert: «Es handelt sich keineswegs um eine Fusion. Die Ernte 2015 wird nach Aigle geliefert und in Aigle vinifiziert, aber die Artisans Vignerons werden ein Büro und einen Empfangs- und Verkaufsraum in Ollon beibehalten.» Artisans Vignerons d’Ollon Société coopérative Rue Demesse 7, 1867 Ollon Tel. +41 24 499 25 50 www.avollon.ch Domaine du Luissalet: das Königreich von Willy Deladoëy «Alles atmet hier bei jedem Schritt Fülle und Gedeihen, man wähnt sich in einem Kastanien- und Nussbaumhain. Hier und dort spriessen Zypressen und Granatapfelbäume. Es herrscht eine südliche Hitze, wie wenn man in Italien wäre…», das schrieb Hans Christian Andersen, der Autor der Kleinen Meerjungfrau, 1861 über Bex. Eineinhalb Jahrhunderte

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Unsere Regionen sind rare Perlen

später ziehen das milde Klima und die Schönheit der Landschaft nach wie vor Liebhaber des Dolce Vita an. Willy Deladoëy betreibt zwischen Reben und Kastanienwald bereits eine Ferienresidenz, die man für drei Tage oder mehr mieten kann, plant aber auch, eine seiner Scheunen umzubauen, um darin drei oder vier Gästezimmer unterzubringen. «Es brauchte eine gewisse Zeit, bis Bewegung in die Sache kam, aber seit drei Jahren sind wir zufrieden mit der Ausnutzung unseres Ferienhauses, das zwischen Juni und Oktober stets ausgebucht ist», meint der Präsident der Fédération vaudoise des vignerons, der zugibt, das «Wein-» und «-tourismus» sich bisweilen schwer tun zusammen. «Ich dachte, die Touristen hätten grösseres Interesse daran, die Weine des Guts zu entdecken, auf dem sie logieren. Einige kaufen natürlich einige Flaschen bei uns, die anderen aber decken sich in den Grossverteilern des Dorfes ein. Das ist erstaunlich, aber kein Problem, denn es war nie unser Ziel, mit Hilfe des Ferienhauses die Weinverkäufe anzukurbeln.» Willy Deladoëy kultiviert fünf Hektaren Reben, die zu 85% in Flaschen kommerzialisiert werden. Zwölf Weine sind im Angebot. Der Chasselas, der auf dem einzigen Schieferboden des Kantons wächst, bleibt eine wichtige Reb-

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sorte, aber der Star von Luissalet ist der Gamay Vieilles Vignes: «Traditionell ist Bex eine Rotweinregion; der Gamay fühlt sich im Chablais besonders wohl.» Und was hält er, der Walliser, von den Waadtländer Weinen? «Die Reben, die man von Saint-Maurice aus sieht, sind Waadtländer Reben», lacht Willy Deladoëy. «Es fällt mir leichter, in Monthey Wein zu verkaufen als im Lavaux oder in Aigle. Natürlich haben die Deladoëys Walliser Wurzeln und meine Tochter leitet ein Restaurant in Champéry, was die Dinge zweifellos vereinfacht!» Willy Deladoëy Domaine du Luissalet, 1880 Bex Tel. +41 24 463 44 49 www.luissalet.ch Frères Rapaz: die Tausendsassas von Bex Fabien und Yvan Rapaz kultivieren 10,5 Hektaren Reben in den Gemeinden Bex und Lavey. Stolz auf ihren Status als Selbstkelterer (die ausschliesslich Trauben aus eigener Produktion einkellern), haben die beiden Brüder das von ihrem Vater Gilbert gegründete Weingut von Grund auf umgestaltet. «Mehrere Jahre lang haben wir Reben ausgerissen und neu gepflanzt, um Sortensatz und Erziehungssysteme anzupassen. Die Gobeletreben haben langen Rebterrassen Platz gemacht, die von begrün-

ten Böschungen gesäumt werden», erklärt Yvan. «Im Gegensatz zu anderen Winzern haben wir rote Sorten durch Chasselas ersetzt. Alle Welt hat Gamaret und Garanoir gepflanzt, und auf dem Markt hat es genug von dieser Art Wein», fährt Fabien fort. Mit mehr als sechs Hektaren bleibt der Chasselas König auf ihrem Weingut. Er dekliniert sich in drei Versionen: als klassischer, mineralischer Bex, gewachsen auf den typischen Gipsböden der Gemeinde, als Violet des Galèches, gekeltert aus der vergessenen aromatischen Varietät Chasselas Violet, auf den Feinhefen ausgebaut und unfiltriert abgefüllt, sowie als Bex Gâtion, vor der Lese am Stock konzentriert. Neben eher klassischen Sorten wie Chardonnay, Pinot gris oder Gamay bietet das Sortiment, das zwanzig Weine umfasst, auch Kuriositäten wie den Casta Néa, eine in Kastanienfässern (das Holz stammt aus den Gemeindewäldern) ausgebaute Assemblage, oder den Plant-Basile, gekeltert aus einer mysteriösen Rebsorte, deren DNA zurzeit genauer untersucht wird. Ein kurzer Blick auf die Website des Guts beweist es: Die Brüder Rapaz lieben die Diversifizierung. Neben Sauvignon blanc und Pinot noir sind auch elektronische Geräte, Solarlampen oder Wünschelruten im Angebot. Nicht wei-

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 Willy und Nathalie Deladoëy haben aus

der Domaine du Luissalet eine Referenz in Sachen Weintourismus gemacht.  Yvan, Fabien und Gilbert Rappaz,

eine Familie von höchst erfinderischen Winzern.  Richard Bonvin und Maurice Cheseaux

haben ihre Cave du Courset im Jahr 2001 gegründet.

ter erstaunlich also, dass das Duo zu den Produzenten von Bex gehört, die ihre besten Cuvées in den berühmten Salzminen der Gemeinde reifen lassen. Nach vier, fünf Jahren im Dunkeln, bei gleichbleibender Temperatur und in Flaschen, die mit der Zeit von einer charakteristischen Salzschicht bedeckt sind, erlangen die Weine ihren Höhepunkt. Rapaz Frères Vignerons-encaveurs Chemin du Perey 1, 1880 Bex Tel. +41 24 463 34 72 www.rapazfreres.ch Cave du Courset: der ferne Osten des Waadtlands Die 2001 gegründete Cave du Courset steht mit je einem Fuss in der Waadt und im Wallis. Die Reben des Weinguts, insgesamt sechs Hektaren, wachsen verstreut in den Gemeinden Lavey, Bex und Saint-Maurice. «Neben dem Familienweingut, das auf den Hügeln von Montet

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und Chiètres in Bex liegt, bewirtschaften wir die Reben der drei Gemeindeweingüter. Alles wird aber im Kanton Waadt vinifiziert», präzisiert Marie-Laure Cheseaux, die für Verkauf, Administration und die Arbeit im Rebberg zuständig ist. Der Keller selbst liegt im Dorf Laveyles-Bains, wenige hundert Meter vom Thermalbad entfernt. «Da wir die einzige Kellerei im Dorf sind, arbeiten wir gut mit den lokalen Restaurants, inklusive Grand Hôtel des Bains zusammen», erzählt die Winzerin. Die Weine des Hauses sind präzis, lebhaft und gut strukturiert. Besonders erwähnenswert ist der Chasselas 2012, der beim Grand Prix du Vin Suisse eine Goldmedaille und beim Mondial du Chasselas ein Diplom gewonnen hat. Er wird «traditionell vinifiziert wie fast alle Weine des Guts», erzählt sie, «wir wollen die Besonderheiten des Bodens, auf denen die Weine gewachsen sind, bewahren.» Als Önologe amtet Richard

Bonvin, der sich zu Beginn des Jahrtausends mit Maurice Cheseaux zusammengeschlossen hat, um die Cave du Courset zu gründen. Letzterer gehörte zu den Vignerons-Tâcherons, die bei der Fête des Vignerons 1999 ausgezeichnet wurden. Und auch wenn es noch viel zu früh ist, um von der Fête 2019 zu sprechen, so ist seine Frau doch überzeugt, «dass eine erneute Auszeichnung im Bereich des Möglichen liegt.» Wie alle «jungen» Weinbetriebe musste sich die Cave du Courset einen Kundenstamm erarbeiten. «Wir sind beim Comptoir Suisse und auf dem Wyschiff in Luzern, Basel und Thun präsent. Wir setzen auch auf Weintourismus und organisieren Degustationen in der Kellerei, die immer besser laufen», schliesst Marie-Laure Cheseaux. Cave du Courset Rte des Bains 12, 1892 Lavey-Village Tel. +41 24 485 33 05 www.lacaveducourset.ch

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News

And the winner is… Françoise Zimmerli  Laurence Fauquex vor einem Portät

von Frédéric Fauquex (National-, dann Ständerat von 1935–1962), dem Gross­ vater ihres Mannes.

Clara, 17, und Emilie, 14, haben allen Grund, stolz zu sein auf ihre Mutter. Laurence Fauquex, 1969 im Zeichen der Zwillinge geboren, hat im letzten September das (absolut und kumuliert) beste Resultat des Degustationsconcours Jean-Louis am Comptoir Suisse erreicht und so den prestigereichen Chapeau noir gewonnen, den sich die beste Degustatorin oder der beste Degustator des Kantons jeweils aufsetzen darf. Bisher ist erst einer einzigen Frau dieses Kunststück gelungen, nämlich Eliane Henchoz, die den begehrten Titel vor 36 Jahren gewonnen hat und seither nie entthront worden ist. Als erst zweite Frau brach Laurence nun also das Tabu und damit die Vorstellung, dass es mit der bemerkenswerten Ausnahme von Eliane Henchoz

nur Männern gelingen kann, den Olymp der Waadtländer Degustation zu erklimmen. Zufälligerweise wohnen die beiden geübten Degustatorinnen beide in derselben Strasse des Dorfes Riex, eine an ihrem Anfang, die andere eher am Ende, nahe der Corniche. Was sie unterscheidet: Laurence ist die Frau eines Winzers, während die heute pensionierte Eliane mit einem Banker verheiratet war. Die Siegerin von 2013, ausgebildete medizinische Assistentin, begann mit ihrem Mann Denis Fauquex zu degustieren, der selber übrigens schon mehrmals Zweiter geworden ist beim Jean-Louis. Laurence konnte also aus nächster Nähe mitverfolgen, welche Herausforderung dieser Wettbewerb bedeutet. Das animierte sie dazu, mit

neun ihrer Freundinnen, alles Winzerfrauen wie sie, einen kleinen Degustationsclub zu gründen, der sich einmal im Monat trifft, um zu trainieren. Es ist mehr als ein glücklicher Zufall, dass Carla Dubois von Petit Versailles, die ebenfalls zu diesem Kreis der «Eingeweihten» gehört, als Zweite beim Concours der Frauen abschnitt und den Chapeau blanc gewann. Was Laurence wirklich begeistert: mit anderen eine aussergewöhnliche Erfahrung zu teilen. Deshalb werden zu jeder Degustation auch Junge eingeladen, um ihnen die Geheimnisse des Metiers nahezubringen und sie zum Mitmachen beim Wettbewerb zu animieren. Und damit eine in der Schweiz einzigartige Tradition am Leben zu erhalten. Und, wer weiss, vielleicht auch Tochter Emilie zu trainieren, die Winzerin werden will. Ein schönes Projekt für diese enthusiastische und gross­zügige Frau, die von allen einhellig geschätzt wird. Dass es 36 Jahre gedauert hat, bis erneut eine Frau gekrönt wurde, bedeutet nicht, dass die Frauen beim Concours und in den Klassements fehlten. Ganz im Gegenteil. Voller Eifer und Begeisterung haben sie diesem Concours Leben eingehaucht wie niemand sonst. Und so fanden sie sich im Lauf der Jahre stets und ohne aufzugeben auf den Ehrenplätzen wieder, oft nur wenige Punkte vom Sieg entfernt: Françoise Perriraz, Elisabeth Blanc, Martha Antonietti, Antoinette Mon­ nard, Sylviane Mégroz, Gilberte Corbaz, Martine Richard, Mélanie Weber und noch viele andere, die wir nicht alle aufzählen können, haben die Flamme am Brennen und die Waadtländer Farben hochgehalten. Ihnen allen sei an dieser Stelle herzlich gedankt – dieser Chapeau noir ist ihnen gewidmet!


News

Verjüngungskur auf der Domaine de Autecour Die Domaine de Autecour in Mont-surRolle, ein sicherer Wert in der Côte, konnte im vergangenen Dezember ihren 350. Geburtstag feiern. 1663 von einem adligen Berner aus der Familie de Wurstemberg erbaut, wurde sie von Anfang an als Weingut geplant und besass seit jeher einen Torkel und einen grossen Weinkeller. Nach mehreren Handwechseln gelangte das Gut 1938 an Arnold Schenk, der in den 60er Jahren eine bis heute dauernde Zusammenarbeit mit dem Haus Obrist in Vevey einging. Diese fruchtbare Partnerschaft verlieh dem Weingut neue Dynamik. 2004 wurde Autecour zu einem der Gründungsmitglieder der Vereinigung Clos, Domaines et Châteaux. Das sechs

©diapo.ch

Hektaren umfassende Gut hat sich vorwiegend dem Chasselas verschrieben, kultiviert aber auch Gamay und seit 2006 Plant Robert (0,8 ha). 2011 stieg der Chasselas der Domaine de Autecour in den Rang eines Premier

Grand Cru auf. Aus Anlass des 350. Geburtstages wurde die Presse zu einer grossen Vertikaldegustation von Chasselas eingeladen (von 2011 bis zurück ins Jahr 1945!), welche das aussergewöhnliche Potential der Weine des Hauses demonstrierte. Neu sind der 35 m2 grosse, helle und mit modernem Design eingerichtete Empfangs- und Degustationsraum für die Besucher, der dem traditionsreichen Haus einen jungen Anstrich verleiht. Geöffnet ist er immer am Donnerstag von 16 bis 18 Uhr oder nach Vereinbarung (079 698 17 02). Philippe Schenk, Leiter des Guts, Michaël Monnier, Chefwinzer, und Thierry Ciampi, beratender Önologe, wachen über die Geschicke des Weinguts.

Eine Kollektion für König Chasselas Das Haus Bolle & Cie SA bietet eine Kollektion von Ausnahmechasselas an, selektioniert und vinifiziert in enger Zusammenarbeit mit Chandra Kurt. Die Zürcher Weinjournalistin ist Mitglied des prestigereichen Londoner Clubs of Wine Writers und der Redaktionsequipe von Hugh Johnsons «Der kleine Johnson» sowie Herausgeberin des jährlich herausgegebenen Weinsellers, einem deutschsprachigen Führer zu Weinen aus dem Grossverteiler. Die Kollektion ist eine Hommage an sehr unterschiedliche, markant von ihrem Terroir

geprägte Chasselasweine aus Luins, Yvorne, Epesses und Féchy. Die Flasche, in der sie präsentiert werden, ist von Château Haut-Brion inspiriert, die Etiketten zieren Illustrationen, die aus dem 1935 bei den Editions du Verseau in Denges publizierten Werk «La Grande Année Vigneronne» von Paul Boesch stammen. Ein echtes Bijou also, diese Kollektion. Dieses Jahr erscheint übrigens auch Chandra Kurts neues Buch: «Chasselas – Von Féchy bis Dézaley: Ein weinkulinarisches Abenteuer im Waadtland».

Arvinis Morges, 2. bis 7. April 2014, in den SBB-Hallen Der Weinsalon von Morges rechnet mit einem erneuten Erfolg. Vielleicht gelingt es der Arvinis gar, die mehr als 22 000 Besucher der vergangenen Ausgabe zu übertreffen. Zu wünschen wäre es ihr, ist sie doch ein wunderbares Schaufenster für Schweizer Weine im Allgemeinen und Waadtländer Tropfen im Besonderen. Was sie nicht daran hindert, uns träumen und in die Ferne schweifen zu lassen. Dieses Jahr sind die Weine aus Bergerac Ehrengäste. «Weine voller Schwung», wie die Winzer aus den 13 AOC dieser 12 500 ha umfassenden Weinregion gerne betonen.

Die berühmteste Persönlichkeit dieser Gegend, die bekannt ist für schwarze Trüffel, ist natürlich Cyrano de Bergerac von Edmond Rostand. Auf den lehmigen Kalkböden gedeihen kraftvolle, gross­ zügige Weine, aber auch bemerkenswerte Süssweine (in den Appellationen Montbazillac und Saussignac). Zahlreiche Rahmenveranstaltungen begleiten den Weinsalon, unter anderem eine, die den Schweizer Trüffeln gewidmet ist und von Alexandre Truffer und Frank Siffert geleitet wird (siehe Trüffel-Artikel S. 44). Anmeldungen unter www.arvinis.ch.


Unsere Regionen sind rare Perlen

 Mit seiner Réserve des

Moines und seinem Sacristain hält Bernard Huber die Erinnerung an die Mönche wach, die sieben Jahrhunderte lang in der Abbaye de Salaz lebten und wirkten.

Abbaye de Salaz: alte Steine und junge Unternehmer Die im 12. Jahrhundert von einem Abt von Saint-Maurice gegründete Abbaye de Salaz gelangte 1851, kurz nach dem Sonderbundskrieg, in private Hände. Heute, eineinhalb Jahrhunderte später, wird das Gut in dritter Generation von den Familien Huber und Kropf geleitet. Bernard Huber kümmert sich um die vier Hektaren Reben und die Vinifikation der Weine. Seine Schwester Janine und sein Cousin Michel Kropf sind für die Restauration und die Organisation von Anlässen zuständig. Und Philippe Kropf, der jüngere Cousin und ausgebildete Koch, steht am Herd. Ihre Eltern sind ebenfalls nach wie vor aktiv. «Weintourismus ist zum wichtigsten Vektor im Verkauf unserer Weine geworden», erklärt Bernard Huber. «Wir organisieren mehr und mehr Anlässe und bewirten mehrere tausend Gäste pro Jahr. In fünf Jahren hat sich unsere Aktivität in Sachen Events beträchtlich entwickelt. Firmenanlässe, Hochzeitsbankette, Familienfeiern, Geburtstage –

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wir können alles organisieren, denn wir verfügen über zwei Säle mit 45 und 50 Plätzen sowie einen schönen Garten.» Die Menüs werden aus lokalen Produkten zubereitet, die Weine tragen selbstverständlich alle die Etikette «Abbaye de Salaz». «Diese Formel ist eine wunderbare Gelegenheit, unsere Weine auf der Domaine bekanntzumachen, und zwar ganz ohne anonymes Marketing. Das erlaubt es uns, eine echte Verbindung zu unserer Kundschaft zu knüpfen», unterstreicht der junge Produzent, der für seine roten Spezialitäten berühmt ist, etwa für die Réserve des Moines (einen in Barriques ausgebauten Merlot, dessen Jahrgang 2009 am Grand Prix du Vin Suisse 2011 zweiter wurde), die Mondeuse, die Syrah oder den Sacristain, einen Wein, dessen Zusammensetzung jedes Jahr wechselt (2012 bestand er aus Cabernet franc) und der nicht auf der Preisliste erscheint. Diese präzisen Cuvées mit exzellentem Preis-Qualitätsverhältnis haben nur einen grossen Nachteil: Sie sind immer schon nach sechs Monaten ausverkauft.

Abbaye de Salaz Familles Huber & Kropf 1867 Ollon Tel. + 41 24 499 10 48 www.abbaye-de-salaz.ch

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Bex and Ollon, the red and white Chablais communes Although not among the most well-known appellations, some of the winegrowers are inventively exploiting the region’s rich potential.

Artisans Vignerons d’Ollon: a winery renaissance The Ollon vineyards produce 70% white wine (mainly Chasselas) and 30% red (especially Pinot Noir and Gamay). Founded in 1906, the winery is now run by Riccardo Mattei (manager) and Marcel Crolla (president). They are about to launch a new label for their flagship wine, a distinctly floral and harmonious Chasselas called le Caviste. The old label dating back to 1925, distinctly trendy at the time, had lost its appeal with today’s consumers. The winery’s metamorphosis has also included an extension of the number and range of wines as well as quality enhancement. In 2013, this culminated in four different awards for their Chasselas. In the future, vinification will be carried out at the Aigle cooperative, les Celliers du Chablais SA, also run by Mattei. Administrative offices and sales point will remain in Ollon. Artisans Vignerons d’Ollon – Société coopérative – www.avollon.ch

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Domaine du Luissalet: Willy Deladoëy’s kingdom Back in the 1850s, the Danish author Hans Christian Andersen was overwhelmed with the region’s abundantly opulent natural beauty. The cypress and pomegranate trees, and the temperate climate of Bex, made one feel “as if one had already reached Italy”. Today, the vineyards and chestnut trees continue to attract visitors who come to stay in Deladoëy’s holiday accomodation, which is always fully booked from June to October. His next project is to convert the barn into 3 or 4 chambres d’hôtes. On his 5-hectare estate, Willy Deladoëy produces a dozen or so wines. His Chasselas, which is planted in the only granite soil found in the Vaud canton, is certainly important; but the lord of Luissalet is the Gamay Vieilles Vignes. Traditionally, Bex is a land of reds, and the Gamay is very much appreciated in the Chablais region. Willy Deladoëy – Domaine du Luissalet – www.luissalet.ch The Rapaz brothers: jacks of all trades The wine-grower/producer-brothers, Fabien and Yvan, have been innovating, planting new varieties and changing the cultivation techniques on their vineyards in the Bex and Lavey communes. Contrary to the general trend, they are replacing red with Chasselas as they consider that there is more than enough Gamaret and Garanoir on the market. They produce three versions of Chasselas: Belenos, Violet des Galèches and Bélénos Gâtion. Besides the Chardonnay, Pinot Gris and Gamay classics, their range of twenty or so wines includes specialities such as Casta Néa, an assemblage wine stored in chestnut barrels made from local wood, and Plant-Basile produced from a mysterious grape. Another idiosyncrasy of theirs is that they leave their best wines to mature for 4-5 years in the famous Bex salt mines nearby. Rapaz Frères – Vignerons-encaveurs – www.rapazfreres.ch Cave du Courset: the Far East of Vaud This estate, founded in 2001 by the oenologist Richard Bonvin and Maurice Cheseaux, stands astride the cantonal border and stretches across the Lavey, Bex and Saint-Maurice communes. The winery is situated in Lavey-les-Bains, very close to the thermal baths. As it is the only wine cellar in the village, it benefits from the custom of the local restaurants, including Grand Hôtel des Bains. One of their straightforward, lively and structured wines that should be mentioned is the Chasselas 2012, a gold winner at the Swiss wine Grand Prix and selected at the Mondial du chasselas. Most of their wine is vinified in a traditional way to preserve the specific characteristics of the soil. This new enterprise has built up a clientele by attending the Comptoir Suisse and different Wyschiff tasting salons, and organising wine-tasting events in their cellar. Cave du Courset – www.lacaveducourset.ch Abbaye de Salaz: old stones and young entrepreneurs The estate was founded by a Saint Maurice abbot in the 12th century and passed into private hands in 1851. Today, the third generation of the Huber and Kropf families run the 4-hectare domain - a genuine family business. Wine tourism is their principal marketing tool. They organise events such as business dinners, wedding banquets, and family and birthday celebrations, welcoming thousands of visitors annually. The menus are based on local produce and accompanied throughout by their own wines. Among their red specialities feature a barrel-matured Merlot, Réserve des Moines (the 2009 vintage came 2nd in the Swiss wine Grand Prix, 2011), a Mondeuse, a Syrah, and a Sacristain whose composition changes each year. These wines are excellent value for money - and sell out very fast! Abbaye de Salaz – Familles Huber & Kropf – www.abbaye-de-salaz.ch

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Unsere Terroirs und ihre Talente

Die Schweizer Trüffel streckt ihre Nase aus der Erde Dieser schwarze Diamant wächst seit jeher in den Schweizer Wäldern, sehr zur Freude von Wildschweinen, Feldmäusen, Eichhörnchen, Rehen und raren Amateuren, welche die Anonymität noch mehr liebten als den Pilz. Das änderte sich 2009, als ein Trüffelsucher aus dem Nord Vaudois, Frank Siffert, mit einigen anderen Passionierten den Trüffelmarkt von Bonvillars ins Leben rief. Alexandre Truffer – Fotos: Sandra Culand «Trüffel sind uralte Terroirprodukte, die seit jeher im Schweizer Boden wuchsen und um einiges authentischer sind als Kartoffeln oder Tomaten, die vor drei oder vier Jahrhunderten nach Europa kamen», schwärmt Frank Siffert, Winzer, Bauer und Initiant des Trüffelmarktes von Bonvillars. «Man findet immer mehr Trüffel in der Schweiz, denn die Zahl derer, die nach Trüffeln suchen, nimmt stetig zu», präzisiert der Profi, der französische Trüffel schätzte, lange bevor er anfing, Trüffel in Westschweizer Wäldern aufzuspüren. «Mein Vater war ein richtiger Geniesser und nahm mich oft in die Drôme mit, um Trüffel zu essen. Eines Tages traf ich in einem

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Restaurant im Dörfchen Champagne einen Berner Kollegen mit seinem Hund an; er hatte einen Sack mit vier Kilo Trüffeln dabei, die er in der Umgebung gefunden hatte. Das weckte mein Interesse – und ich entdeckte eine geheime Welt, die ich durch einen kleinen Markt bekannt machen wollte. Dann ist alles sehr schnell gegangen…», erinnert sich Frank Siffert und reinigt zehn erst gerade aus dem Boden geholte Knollen mit einer Bürste. Pierre-Yves Masson, Präsident der Vereinigung des Trüffelmarktes von Bonvillars, bestätigt, Trüffelsuchen sei vor der Lancierung dieses Anlasses eine höchst diskrete Angelegenheit gewesen. Als Forstwart kennt er

die umliegenden Wälder besser als jeder andere, doch selbst er wusste nicht, dass sie Trüffel der Gattung Tuber in Hülle und Fülle beherbergen. «2004 bin ich auf ein Buch gestossen, dass die Schweizer Trüffel erwähnte und habe beschlossen, mich eingehender mit diesem Thema zu beschäftigen.» Das Nord Vaudois, das Schweizer Trüffelzentrum «Die Trüffel besitzt ein enormes Potential. In Italien, dem einzigen Land, das Bewilligungen zum Aufspüren von wilden Trüffeln im Wald ausstellt, werden jährlich rund 100  000 Konzessionen gezählt. Die Profis, die den Pilz in pri-

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Der schwarze Diamant verbirgt sich wenige Zentimeter unter der Erde. Allerdings nicht tief genug für das hochsensible Riechorgan von Lulu, dem weissen Lagotto von Frank Siffert (oben), oder Liana, dem grauen Lagotto von Pierre-Yves Masson (S. 44 unten.). vaten Trüffelhainen kultivieren, und die illegalen Pilzsucher sind dabei nicht mitgezählt. Das sind gewaltige Umsatzzahlen», erklärt Frank Siffert, der bisweilen den Eindruck bekommt, die Büchse der Pandora geöffnet zu haben. «Es ist eine spezielle, komplexe Welt. Ich hätte nicht gedacht, dass Trüffel in der Schweiz auf solche Zustimmung stossen. Ich fühlte mich in gewisser Weise verantwortlich und wollte dieses Interesse so gut wie möglich in die richtigen Bahnen lenken.» In kurzer Zeit entstanden Westschweizer, Tessiner und Deutschschweizer Vereinigungen, die sich nun in der «Fédération Suisse de la Truffe et de la Trufficulture» zusammengeschlossen haben, welche seit 2013 zum «Groupement Européen Truffe et Trufficulture» gehört. «Die Zahl der Trüffelsucher steigt Jahr für Jahr und wir möchten diese freien Elektronen gruppieren, um ihnen eine gemeinsame Ethik zu vermitteln», fährt Pierre-Yves Masson fort, der anfügt: «Den Trüffelmarkt von Bonvillars zu vergrössern, ist kein Thema. 17 Trüffelsucher und rund zehn Aussteller aus dem Nahrungsmittelbereich sind jedes Jahr dabei, doch damit ein neuer teilnehmen kann, muss ein alter aufhören. Wir engagieren uns für die Entwicklung der Trüffel mittels Vereinigungen für die Promotion dieses Terroirprodukts.» Die «Association

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Première Région Truffière de Suisse» versteht sich als Speerspitze dieser kontrollierten Entwicklung. Unterstützt von der «Association de développement du Nord-Vaudois» und dem lokalen Tourismusbüro hat sich diese Gruppierung zum Ziel gesetzt, ein «Maison de la Truffe» zu gründen, ausgestattet mit einem Museum, einem Trüffelhain mit didaktischem Pfad und einem Ladengeschäft, in dem die Trüffelsucher und Trüffelzüchter ihre Ernte verkaufen und die Liebhaber Qualitätstrüffel und gute Ratschläge finden können. Zukunft sichern dank Erziehung AOP oder IGP sind ebenfalls anvisierte Ziele der Schweizer Trüffelsucher. «Es gibt aber ein grösseres Problem, nämlich die Frage der Tradition», präzisiert Frank Siffert. «Wir wissen, dass Trüffel seit Jahrtausenden in der Schweiz gedeihen, doch fehlen Texte, welche die Tradition des Trüffelsuchens in unserer Region beschreiben. Oder besser: Diese Texte existieren, sie wurden bisher aber noch nicht entdeckt.» In der Tat bleibt die Geschichte der Schweizer Trüffel noch zu schreiben. Wie die der Trüffel überhaupt, die einen grossen Teil ihres Mysteriums bewahren. Niemand konnte bisher erklären, warum dieser schon in der Antike bekannte Pilz im Hochmit-

telalter plötzlich von den Speiseplänen verschwand (die im Internet kursierende These, Trüffel seien von der Inquisition verboten worden, ist nicht haltbar). Rätselhaft bleiben auch die Reproduktion dieses Pilzes, die, wie man erst seit ein paar Jahren weiss, sexuell vonstatten geht, oder die Frage, warum gewisse traditionelle Trüffelregionen von Jahr zu Jahr weniger ernten. «Wir haben an rund fünfzig Gemeinden des Distrikts das Pflichtenheft unseres Maison de la Truffe geschickt. Bonvillars, Suchy und Rances sitzen bereits mit im Boot. Sobald wir den passenden Ort gefunden haben, wird alles sehr schnell gehen», bestätigt Pierre-Yves Masson, der den Trüffelhainen, die momentan angelegt werden, einen sicheren Absatz gewährleisten will. «Heute sind im Kanton Waadt nur zwei Hektaren Trüffelhaine in Produktion, doch bereits zehn sind angepflanzt (es dauert fünf bis sieben Jahre, bis die mit Trüffel-Myzel beimpften Bäume beginnen, Trüffel zu liefern). Anvisiert sind 30 bis 40 Hektaren in den nächsten zwei Jahren», fährt Frank Siffert fort. Auf der Suche nach der idealen Verbindung Die ultimative Herausforderung: die Restaurateure dazu bringen, das Produkt zu

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entdecken. «Die Burgundertrüffel ist ein vergessenes Produkt. Die Küchenchefs wissen schwarze Périgordtrüffel oder weisse Trüffel zu verarbeiten, aber diese Knollen mit ihrem Haselnussaroma, die das Kochen kaum ertragen und sich bestens mit Zucker verbinden, kennen sie kaum», unterstreicht Frank Siffert. Eine Überzeugung, die Dominique Bovet, Chef der Auberge de la Couronne in Fiez und

Partner der ersten Stunde, teilt. «Die Köche lernen, den Tuber Melanosporum zu verarbeiten, aber nicht den Uncinatum. Das ist schade, denn er ist ein delikates Produkt, das nach Fett – Butter oder Rahm – verlangt, um seine Aromen zu bewahren. Während der Saison, die im Dezember nach der Wildzeit beginnt und zwei Monate lang dauert, verbrauchen wir zwei bis drei Kilogramm.» Und

die Übereinstimmung zwischen Speisen und Weinen? Unsere Gesprächspartner erwähnen Chardonnay und Pinot noir, betonen aber, die Mariage hänge vor allem davon ab, womit die Trüffel kombiniert werde (Fleisch, Fisch, Ei). Dominique Bovet ist gar der Meinung, «die perfekte Verbindung bleibe noch zu finden». Eine weitere Herausforderung also für das «Maison de la Truffe»!

Schweizer Trüffel Die Trüffel ist ein unterirdisch wachsender Pilz, der in Symbiose mit einem Baum (Eiche, Nussbaum, Buche, Linde usw.) lebt und Früchte in Form von Knollen produziert. Die Trüffel wachsen bei einer Temperatur von ungefähr 6° Celsius rund zehn Zentimeter unter der Bodenoberfläche und erreichen ein Gewicht von 30 bis 50 Gramm. Trüffelsucher verfügen über verschiedene Techniken: Sie orientieren sich an den Trüffelfliegen (die ihre Eier in den reifen Trüffeln ablegen) oder spüren die Pilze mit Hilfe von Trüffelschweinen oder speziell auf die Trüffelsuche abgerichteten Hunden auf. Es ist möglich, kultivierte Trüffelhaine anzulegen, in denen sogenannt mykorrhizierte Bäume wachsen, Bäume also, die in enger Symbiose mit dem Myzel des Tuber Uncinatum oder Melanosporum leben. In der Schweiz findet man folgende Trüffeltypen:

Sommertrüffel (Tuber Aestivum): Trüffel mit leichten Noten von Champignon und Unterholz, der zwischen Anfang Juni und Mitte September reif wird. Verbreitet in der Schweiz. Preis: 200 bis 300 Franken pro Kilo. Burgundertrüffel (Tuber Uncinatum): gleicht dem Sommertrüffel, besitzt aber mehr Farbe und einen ausgeprägteren Geschmack. Reift zwischen Mitte September und Ende März. Die am meisten verbreitete Trüffelsorte in der Schweiz. Preis: 600 bis 800 Franken pro Kilo. Schwarze Périgordtrüffel (Tuber Melanosporum): besitzt ein typisches Knoblauch­ aroma, reift von Dezember bis Ende März und passt sich gut ans helvetische Klima an, auch wenn sie in der Schweiz seltener anzutreffen ist als Sommer- und Burgundertrüffel. Preis: 2000 Franken pro Kilo. Weisse Trüffel (Tuber Magnatum Pico): ihr

stark an Knoblauch erinnerndes Parfüm und ihre helle Farbe sind charakteristisch. Man findet sie in Italien, aber auch in Griechenland, in Ex-Jugoslawien, in Frankreich und in der Schweiz (im Tessin und auf dem Plateau zwischen Genf und Biel). Reifeperiode: Dezember bis Januar. Preis: variiert nach dem Gewicht der Knollen, kann aber bei grossen Exemplaren 5000 Franken pro Kilo übertreffen. Weisse Frühlingstrüffel (Tuber Borchii, Albidum): gleicht der weissen Trüffel, besitzt aber ein weniger intensives Parfüm. Ist in der Schweiz anzutreffen. Reifeperiode: Oktober bis März. Preis: 1500 Franken pro Kilo (in Italien). Das Panorama vervollständigen gastronomisch mehr oder weniger interessante Arten wie Wintertrüffel (Tuber Brumale) oder Teertrüffel (Tuber Mesentericum), die man in allen Trüffelböden finden kann.

Terre Vaudoise Neue Marke und neues Aushängeschild in Pully Getragen von ihrem Erfolg, haben die «Produits du terroir vaudois» und die «Halle vaudoise», geleitet von Prométerre, im vergangenen November miteinander fusioniert und die neue Marke «Terre Vaudoise» hervorgebracht, die mittlerweile ihre Aktivitäten, Produkte und Serviceleistungen unter einem Dach vereinigt. Ob Gemüse, frische Früchte, Käse, Fleisch, Wurstwaren, Fische aus dem Lac Léman, Weine oder andere verarbeitete Produkte, «Terre Vaudoise» unterstützt die lokalen Produzenten, die als echte Partner betrachtet werden. Ihre Produkte werden ohne Zwischenhändler und innert kurzer Zeit auf den Markt gebracht, was den Konsumenten entgegenkommt. Die «Halle romande» führt ihre Aktivitäten an der Rue de Genève 100 in Lausanne weiter (siehe Le Guillon 42), eine neue Filiale von 100 m2 Fläche hat in einem Lebensmittelgeschäft in der Grand-Rue 9 in Pully ihre Tore geöffnet. www.terre-vaudoise.ch

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The Swiss truffle has emerged from obscurity 2015. AOP and IGP classifications are amongst the truffle-growers’ objectives. A major challenge will be to ensure that restaurant chefs learn more about this hazelnut-flavoured fungus. Dominique Bovet of the Auberge de la Couronne in Fiez uses 2-3 kg during the December/ January season and points out that this delicate fungus needs to be immersed in butter or cream to preserve its aroma. The ideal wine match has yet to be discovered, although Chardonnay and Pinot Noir pair well, depending on the dish.

This is thanks to Frank Siffert, a winegrower and farmer, who in 2009 founded the Bonvillars Truffle Market. It all started when Siffert bumped into a friend, at a restaurant in Champagne, with his dog and a bag of 4 kilos of truffles. Even Pierre-Yves Masson, a forest warden and president of the Bonvillars Association, had not been aware of the abundance of different species of ‘black diamonds’ in the Vaud forests. The Swiss proved extremely enthusiastic and soon associations sprung up in the different language zones, which were brought together in a Swiss Truffle Federation which in turn, in 2013, became a member of the Groupement européen truffe et trufficulture. The number of truffle hunters increases each year and the associations are concerned with ethics and promotion. The Bonvillars Association, which embraces Switzerland’s premier truffle region, has the support of the North Vaud Development Association and the local

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Tourist Office. Plans are afoot for the creation of a Maison de la truffe with a museum, a plantation with an educational trail, and a shop where hunters and truffle growers can sell their produce and truffle lovers can get information and purchase quality truffles. Some 40 hectares of groves have been planted and should be ready for harvesting by

Swiss Truffles for Dummies Truffles are the fruiting body of subterranean fungi which grow symbiotically with several tree species. They may weigh 30 to 50 grams. Specially trained pigs or dogs are used for sniffing them out. The following species are found in Switzerland: Summer (200-300 fr/kg); Bourgogne (600800 fr/kg); Black Périgord (2,000 fr/kg); White (5,000+ fr/kg); and Blanchette (1,500 fr/kg, in Italy).

Local produce from the Vaud canton – A new brand name and a new shop in Pully Produits du terroir vaudois and la Halle vaudoise have merged under a new brand name, Terre Vaudoise, to promote local produce such as vegetables, fruit, cheese, meat, butchers’ products, Lake Geneva fish, wine, and other products sold directly to the consumer, without any intermediaries. The Halle romande store will continue its activities on rue de Genève 100, and a new 100 m2 delicatessen-style shop has opened at Grand-Rue 9 in Pully. www.terre-vaudoise.ch

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Publireportage

Von der Sonne im Lavaux zur Sonne in Andalusien Das Haus Jean & Pierre Testuz SA pflegt seine Vorzüge

Die bald 500 Jahre alte Tradition des Hauses Testuz verschmilzt buchstäblich mit der Entwicklung der Waadtländer Weinregion. Im Lauf der Zeit hat sich das Haus, stets offen für Innovation und auf die Qualität seiner Produkte bedacht, einen hervorragenden Namen gemacht, nicht nur für seine eigenen, sondern auch für Weine aus der ganzen Schweiz, ja der ganzen Welt. Eine Erfolgsgeschichte. Noch heute gilt das Haus Testuz mit seinem von einer Armbrust und goldenen Sternen auf blauem Grund geschmückten Wappen weit herum als Marke mit hohem Wiedererkennungswert. Die Gründerfamilie verliess ihre Heimat Frankreich im Jahr 1538, zweifellos auf der Flucht vor den religiösen Konflikten, die das Königreich damals erschütterten. Zwei Repräsentanten der Familie, Louis Gerber-Testuz und sein Neffe Charles, längst vollkommen im Lavaux akklimatisiert, gründeten 1845 ein Weinhandelshaus. Das war der Beginn einer wunderbaren Erfolgsgeschichte, die die Waadtländer Weintradition fortan begleiten sollte. Im Lauf der Jahre wuchs Testuz nicht nur stetig, sondern gewann dank seinem Bekenntnis zur Vorzüglichkeit und seiner Produktion von Qualitätsweinen auch unaufhörlich an Renommee. Was dem 37 Jahre jungen Tobias Mathier, dem heutigen Patron, nur Recht sein kann. Als der Winzersohn aus Salgesch im Jahr 2007, gerade knapp 30 Jahre alt, die Leitung des Unternehmens übernahm, verstand er sehr rasch, was für eine gewaltige Herausforderung dieses traditionsreiche Weinhaus für ihn bedeutete: eine fabelhafte Goldader, die es so schnell wie möglich zu fördern galt, um den Spannungen eines immer aggressiver werdenden Marktes standhalten zu können. Die Kultivierung eines alten Weinbauerbes Bald erkannte Tobias Mathier all die Vorzüge, die dieses Weinbauerbe bietet. Zuallererst einmal eine aussergewöhnliche

Lage, mitten im Herzen des Dézaley, der berühmtesten Appellation des Waadtlands. Dazu Rebberge von ungeheurem Reichtum und einer phantastischen Vielfalt, gelegen im Lavaux, aber auch im Nord Vaudois, in der Region Vevey-Montreux, in der Côte und im Chablais mit einer Domäne in Aigle. Testuz ist heute Besitzerin von acht Hektaren Reben, pachtet weitere 32 Hektaren dazu und kauft die Ernte von zahlreichen Traubenproduzenten. Eine glückliche Formel, die eine Produktion von 60 Hektaren Reben und nicht weniger als 18 Appellationen umfasst und aus der eine aussergewöhnlich reichhaltige Waadtländer Weinpalette resultiert. Das berühmteste Aushängeschild des Hauses ist der Dézaley Grand Cru AOC «L’Arbalète», ein finessenreicher, ausladender Chasselas mit subtilen minerali-

schen und floralen Aromen, gefolgt vom «La Borne», einem Grand Cru AOC mit der typischen Frische des Chasselas, zarten Vanillearomen, schönem Schmelz und herrlicher Länge; mit ihm ist das Haus Testuz in der Baronnie du Dézaley vertreten. Drei weitere Dézaleys vervollständigen diese Deklination, denn, so Tobias Mathier: «Die Zukunft des Dézaley, das sind unsere Kunden. Es ist an uns, ihre Ansprüche zu befriedigen, ihre Erwartungen zu erfüllen.» Er selbst ist fest davon überzeugt: Der Dézaley Grand Cru AOC verdient den grössten Ehrgeiz, «die Ambition, ihn wie Gold, wie etwas ganz Kostbares zu verkaufen.» Seine Shlussfolgerung: «Im einzigartigen Rahmen seiner Landschaft, dem schwindelerregenden Panorama von See und Schneebergen, ist das Dézaley unser Monaco, die Rolex des Waadtlandes.»


Jean & Pierre Testuz SA Postfach 32, Le Treytorrens 1096 Cully Tel. 021 799 99 11 Fax 021 799 99 22

Was den Unterschied ausmacht Testuz, das ist auch eine formidable Vielfalt von verschiedenen Domänen, Schlössern, Clos, Réserveweinen und Spezialitäten wie den in Barriques ausgebauten Weiss- und Rotweinen der Linie «Les Œnocrates». Nicht zu vergessen die Weine aus anderen Kantonen. Und die des Walliser Unternehmens Tobias Mathier SA in Salgesch. Im Dezember 2013 holte der Fendant du Valais AOC 2012 der Tobias Mathier SA als Sieger seiner Kategorie glanzvoll einen der acht «étoiles du Valais», die höchste Auszeichnung der Walliser Weine. Ein Wein, der sich durch Frische, Harmonie, Wucht und Länge auszeichnet. Und natürlich durch seinen Charme, der Neulinge wie erklärte Fendantliebhaber gleichermassen bezaubert. Im Moment werden nicht weniger als 350 Produkte (inklusive ausländische Weine) von den verschiedenen Gesellschaften des Hauses vermarktet, fast 120 davon stammen aus eigener Produktion. Diese Weine brauchen den Vergleich mit ihren Konkurrenten nicht zu scheuen und erringen regelmässig Medaillen bei schweizerischen und ausländischen Weinconcours. Qualität als erste Wahl Bedingung für diesen Erfolg ist tadellose Qualität. Testuz kann sich auf seine Equipe von kompetenten und engagierten Berufs-

leuten verlassen. Die Reben werden nach den Regeln der Integrierten Produktion bewirtschaftet, also im Respekt vor der Umwelt. Dabei kommt der Winzerarbeit eine entscheidende Rolle zu. In jeder Weinbauregion der Waadt ist ein «Chef de culture» verantwortlich für die Pflege der Rebberge, im Lavaux sind es sogar zwei. Für Vinifikation und Keller sind ein Chefönologe und ein Produktionsverantwortlicher zuständig, welche für die Vorzüglichkeit der Produkte garantieren und den Ausbau der Spezialitäten in Eichenholzbarriques überwachen. Dienst am Kunden Einen bedeutenden Stellenwert in der Gesellschaft nimmt auch die Qualität der Dienstleistungen und Kundenkontakte ein. Von der Bestellung bis zum Weinausschank in den beiden Verkaufspunkten, der Vinothek in Treytorrens und der speziell auf die Wünsche der Deutschschweizer Kundschaft zugeschnittenen Vinothek Voser Wines & Spirit im aargauischen Wettingen, wird alles getan, um sämtliche Weine im besten Licht zu präsentieren und die Kunden bei ihrem Kaufentscheid kompetent zu beraten. Ein gutes Netzwerk Um seine Produkte in der Gastronomiebranche der gesamten Schweiz

bekanntzumachen, kann das Haus Testuz auf ein Team von 15 Repräsentanten sowie auf Partner in diversen Kantonen zählen. Für die Auslieferung der Weine ist Tag für Tag die TGV Distribution SA besorgt. Last but not least: Öffnung auf die Weine der Welt Weil sich die Welt und mit ihr der Geschmack der Weinpassionierten konstant ändert, hat das Haus Testuz seit langer Zeit auch eine Auswahl von Weinen aus aller Welt im Angebot (Frankreich, Deutschland, Italien, Portugal, Kalifornien und Australien). Besonders stolz ist Tobias Mathier auf das zuletzt dazu gestossene Weingut, dessen Geschäftsführung er innehat: die Bodega Conrad in Ronda, einer Kleinstadt zwischen Malaga und Sevilla. Diese 1999 vom Schweizer Paar Theo und Annemarie Conrad Stauffer gegründete Bodega in aussergewöhnlicher Lage bietet dank den für Qualitätsweinbau idealen Bedingungen nicht nur überzeugende Weine, sondern besticht auch durch ihr architektonisches Konzept und die Schönheit ihrer Barriquekeller, die den Weinen einen Hauch von Glamour und Modernität verleihen.


Alongside the Chart, the Brotherhood Prayer is another fundamental text of the Guillon Brotherhood. It is recited by the governor at the beginning of every harvest banquet and listened to in silence.

The Brotherhood Prayer Let us pray to find joy. When the vines sing out Inebriated by the sun, When the blackbirds warble, And we see the vineyard slopes afar, When nature dons the beauty of her seasons, Then God enters through our eyes And our prayer reaches to the skies, And full of jubilation we turn to you. We know your kindness and forgiveness, We greet you in the smiling dawn, We celebrate you in the harvest, In the holy union of vine and earth We venerate the mystery of your immanence.

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We praise you by honouring our traditions, Breaking bread in communion with our brothers. May the goodness of the wine, the bread and the meal We receive here this evening be like a prayer. For we glorify your name and believe you are present In Earth’s gifts and in our sensual pleasures. Thanks to the miracle of wine our Easter bells ring out, May our hearts open with love and divine élan, To give us the strength to act and live in truth In the spirit of those who bequeathed to us Their faith in the vines and noblesse of our wines. With your divine breath, O Lord, infuse our wine with excellence. Amen

Saint-Sulpice, 9th August 2003

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Botschaft des Gouverneurs Jean-Claude Vaucher

Die Kollateralschäden der Habgier Das Jahr 2013 war geprägt von einigen bedauerlichen Betrügereien und denkwürdigen Lügen, die in erster Linie dazu dienten, eine übermässige Habgier zu befriedigen. Denken Sie an den Grössenwahn von Cahuzac, der als französischer Budget-Minister unbarmherzig gegen die Steuerflucht vorgehen sollte, aber sein Geld in der Schweiz versteckte und log wie gedruckt. Auf frischer Tat ertappt zog er die ganze politische Klasse Frankreichs in den Schlamm. Lance Armstrong, das Zweiradgenie, das dank intensivem Doping sieben aufeinanderfolgende Male die Tour de France gewonnen hatte, gestand schliesslich nach Jahren des Bestreitens den grössten sportlichen Betrug aller Zeiten ein. Er brachte damit den ganzen Radfahrsport und den Sport ganz allgemein in Verruf. Oder dann waren da auch diese Fachleute der Nahrungsmittelbranche, die ihre Lasagne mit Pferdefleisch zubereiteten, dieses aber als Rindfleisch deklarierten. Weniger genau nahmen sie es mit den grundlegenden Prinzipien der Nachverfolgbarkeit der Produkte,

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und so verbreiteten diese geldgierigen Akrobaten Panik in der ganzen Lebensmittelbranche. Die Weinbranche ist von den Betrügereien nicht verschont geblieben. Der sehr angesehene Walliser Einkellerer und Golden Boy des Weins Dominique Giroud surfte seit mehreren Jahren schon auf einer Erfolgswelle und sponserte grosszügig zahlreiche sportliche Veranstaltungen. Gleichzeitig baute er sich einen Palast und entwickelte in Rekordzeit ein prächtiges Weingut. Bewundert und sogar verehrt warf er mit dem Geld um sich und verfälschte den Wettbewerb mit dem Geld anderer und insbesondere jenem der Allgemeinheit, indem er sich zum Meister der Steuerflucht machte. Und dann kam die Traube, die die Traubenmühle verstopfte! Jene, die er nicht hätte einkellern dürfen und die einen Winzer aus St. Saphorin veranlasste, wegen widerrechtlich angeeigneter Identität zu klagen. Fendant oder St. Saphorin? Das abschliessende Gerichtsurteil steht noch aus. Aber was sicher ist und schneller als die Justiz, das ist der Image- und Vertrauensverlust durch

diese Vorgehensweisen von Giroud. Seine eingestandenen Steuerbetrügereien werfen analog dazu einen erschreckenden Misskredit auf die Herkunft und die Qualität der Weine, die er kommerzialisierte. Der jüngste Fall betrifft ein Winzerpaar aus Tartegnin, das sein Einkommen grosszügig aufgerundet hat, indem es Most aus Überproduktion kaufte, vinifizierte und als klassifizierten Wein wieder verkaufte. Dieses Verhalten eines habgierigen Winzers färbt auf die ganze Appellation La Côte ab. Ein paar wenige schwarze Schafe reichen aus, um einen ganzen Berufsstand in Verruf zu bringen und die tägliche Arbeit und die Ehrhaftigkeit der Walliser und Waadtländer Winzer und Einkellerer zu diskreditieren, die einen authentischen, qualitativ hochstehenden Wein mit einer eindeutigen Herkunft produzieren. Mit anderen Worten: Das so wichtige und in den Reb- und Weinberufen so teuer erworbene Image, das gleichbedeutend ist wie Prestige und kollektiver Wert, darf von den Betrügern und Lügnern nicht verunglimpft werden.

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Ressats

Die Ressats der oder die Rückk Pascal Besnard, Echotier Fotos: Edouard Curchod Chillon und Savoyen, das ist eine alte Geschichte. Die offizielle Website des Schlosses verweist auf einen Text von 1150, der die Festung erwähnt und präzisiert, dass die Familie der Savoyer damals den Durchgang über den Genfersee kontrollierte. Graf Thomas I von Savoyen, genannt Freund der Gemeinden, veranlasste dann die Modernisierung des Schlosses. Seine vier Söhne führten die Arbeiten am Jahrhundert-Bauplatz fort (in Chillon, und nicht in Glion!). Einer der Söhne, Pierre II, eignete sich in dieser Zeit das ganze Waadtland an. Ihm folgten eine ganze Reihe von Amédée und einige andere (Philippe, Edouard, Aymon). 1416 gelang den Savoyern der Sprung von der Challenge in die Super League und die Grafen wurden zu Herzögen. Die gesamthaft doch eher ruhige Präsenz der Savoyer in Chillon nahm erst im 1536 ein Ende, mit der Ankunft der Herren von Bern, mit ihren Bombarden, ihren Hellebarden und ihren Bären: Colargol, Maturin und Winnie. Funkstille (oder fast) herrschte dann bis zum Jahr 2012, dem Jahr der Rückkehr der Savoyer auf Schloss Chillon. Eine Rückkehr des Besitzers, langsam, waadtländisch freundlich, mit der Inthronisierung am 27. April von Bernard Vioud, der den Titel Préfet erhielt (der Grafen und Herzöge gab es schon genug!). Gefolgt von der offiziellen Gründung, am 7. September, auf der andern Seite des Léman in Ripaille, des Cotterd von Savoyen. Und schliesslich im Jahre 2013, der Durchführung von zehn Ressat – zum Eingewöhnen – zu Ehren der Savoyer. Natürlich ohne Groll, aber mit Trommeln und Trompeten, wie üblich!

Alle Fotos der Ressats sind abrufbar auf www.guillon.ch

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Herzöge von Savoyen… ehr des Besitzers!

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Ressats

Freitag 1. November Compagnon d’honneur Monica Bonfanti Chefin Kantonspolizei Genf Compagnon Yan Borboën Denges John Fraser Casson London Françoise de Craecker Mont-sur-Rolle Didier Debay Mont-sur-Rolle Roland Dumas La Conversion Francine Dupuis Féchy David Escher Bern Rachel Genoud Sitten Max Mooser Lausanne

Samstag 2. November Compagnon d’honneur Susanne Ruoff Direktorin Schweizer Post Compagnon juré Tania Gfeller Önologin, Verantwortliche der Weingüter der Stadt Lausanne Compagnon majoral Urs Leber Commandeur der Chaîne des Rôtisseurs Compagnon Christophe Chappuis Rivaz Nicolas Ecoffey Avry-sur-Matran Mathias Huber Etoy Matteo Huber Sorengo Stéphane Pilloud Echichens Patrick Porret Chavornay Reto Ramseyer Corcelles/Payerne

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1. Die Trompettes (und Tambour) des Guillon in ihrer neuen Livree 2. Wenn der Chef des Guillon die Polizeichefin empfängt: JeanClaude Vaucher inthronisiert Monica Bonfanti 3. Die herrschaftliche Örtlichkeit 4. Die Confrérie sagt es auch mit Blumen 5. Die Promovierten vom 1. November und ihre Bewunderer

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Ressats

Freitag 8. November Compagnon d’honneur Nuria Gorrite Waadtländer Staatsrätin Compagnon majoral Christophe Leyvraz Initiant «Mur du Son», MarketingVerantwortlicher der EPFL Compagnon Etienne Beuret Delsberg Heidi Böckli Vucherens Alexandre Bornand Léchelles Vincent Claivaz Martigny Cédric Dupuis Forel (Lavaux) David Genolet Uvrier Georges Humard Châtillon (Jura) Laurent Savoy Granges (Veveyse)

Samstag 9. November Compagnon d’honneur Yves Rossier Staatssekretär, Departement für auswärtige Angelegenheiten Compagnon Eric Berthoud Pailly Betty Berthoud Pailly Pascal Bonnabry Féchy Jean-Marie Gothuey Bulle Hans Peter Hirt Basel Stefan Kilchenmann Schliern bei Köniz Juan Rosa Lavigny André Sollberger Bussigny/Oron

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1. Eine Gruppe von Conseillers und ein Duo von Compagnons d’honneur, Ueli Maurer und Nuria Gorrite 2. Von der Klangmauer (im Beaulieu) zu den Schlossmauern (von Chillon): Christophe Leyvraz

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Ressats

Freitag 15. November Compagnon majoral Philippe Becquelin Karikaturist, Mix et Remix Compagnon Nicolas Barthe Salavaux Dominique Fournier Sitten Maurice-Pierre Lehmann Genf Bertrand de Senepart Pully Sven Ulmer Lausanne

Samstag 16. November Compagnon d’honneur Urs Schwaller Freiburger Ständerat, Präsident Weinhandelskontrolle Châtelaine d’un Soir Danielle Gagnaux-Morel Freiburger Staatsrätin Compagnon Vincent Ackermann Monnaz César Antognini Freiburg Romain Bally Aclens Vincent Barbone Monthey Augustin Dayer Forel (Lavaux) Philippe Ducommun Lausanne Claude Jaquerod Yvorne Sébastien Muller Le Mont/Lausanne Marc Pfister Bern Joël Phelippot Montherod Sébastien Progin Freiburg Marianne Tharin Lausanne Christian Vorlet Chésopelloz

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Freitag 22. November Compagnon majoral

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Gaston Lacroix Gemeindepräsident von PublierAmphion und Conseiller général, Evian Compagnon Mary-Claire Beley Lausanne Josiane Cavé Ollon (Waadt) Roger Corbaz Le Mont/Lausanne Yann Escher Renens Jérôme Escher Perroy Pierre Guignard Rances Henri Klunge Lausanne Nicolas Legein Linkebeek Bernard Lei Evian-les-Bains Jean-François Mollien L’Etivaz Romain Monnard Rolle Fabrice Monod Yvorne Anne Müller Yvorne Jacques Pittet Les Diablerets

1. Ein schöner Schwarm Compagnons, jener vom 15. November 2. Roben- und Lichtspiele auf Schloss Chillon 3. Die Kanzlerin wankte nicht: Danielle Gagnaux-Morel, Châtelaine d’un soir 4. Der Gouverneur zögert (scheinbar) … aber Urs Schwaller erträgt einen weiteren humoristischen Seitenhieb!

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5. Aber was zeichnet wohl Philippe Becquelin, alias Mix et Remix? Die Antwort auf Seite 53

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Ressats

Samstag 23. November Châtelaine d’un Soir Esther Gaillard Präsidentin Synodalrat der evangelisch-reformierten Kirche Kanton Waadt Compagnon Olivier Barras Rolle Frédéric Bubloz Luins Bernard Chalon Villeneuve Christophe Dupertuis Crans-près-Céligny Maurice Giraud Carouge Lionel Mages Unterägeri Stéphane Rothen Moudon Olivier Schlienger Lausanne

Freitag 29. November

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Compagnon d’honneur Corina Casanova Bundeskanzlerin Jean-Luc Moner-Banet Generaldirektor der Loterie Romande Compagnon ministérial Olivier Eugster Trompete, Musiklehrer Compagnon Corinne Barraud Saint-Saphorin Alain Bornet Chernex Pascal Echernier Evian-les-Bains Christian Michoud Cugy (Waadt) Gil Reichen Pully Didier Rouge Epesses Domenica Wälti Caviezel Reverolle Christian Weiss Perrefitte Maxim Wuersch Vich 3

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Samstag 30. November Compagnon d’honneur

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Franco Knie Technischer Direktor Nationalzirkus Compagnon juré Elisabeth Pasquier Direktorin von Vinea Pietro Scotton Kellermeister im Restaurant la Roseraie, Yvorne Compagnon Caroline Ambrosi de Magistris Villeneuve Florian Barras Grandvaux François Faiveley Lutry

Jérôme Félicité Tannay Alexandre Fricker Lausanne Richard Pfister Semsales Claude-Alain Stettler Noville Nino Vitale Puidoux Quentin Vontobel Allaman Gaëtan Vontobel Allaman Christian Wanner Nyon

1. Der Kellermeister (Raoul Cruchon) erklärt, die Klasse (vom 30. November) hört aufmerksam zu

3. Was für ein Barnum!, scheint sich Franco Knie als Zielscheibe der oratorischen Geschosse des gelben Clowns des Guillon, Edouard Chollet, zu sagen

2. Elisabeth Pasquier, «Madame Vins Suisses», wird zur Compagnon juré erhoben

4. Inthronisierung im Tandem: Quentin und Gaëtan Vontobel, neue Compagnons

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Propos de Clavende

Le filet de féra du lac Léman poêlé et le tortillon de crevette Michel Logoz, clavendier Alors, comment Savoie? Pour moi, autant vous l’avouer, Savoie couci-couça! Ce grand plongeon dans l’histoire en l’honneur des ducs de Savoie me fout le bourdon. Car, même si l’on n’en parle pas, on connaît la suite du feuilleton. Souvenezvous! Après cinq siècles de règne des princes de la maison de Savoie, voilà que nous, les Vaudois, on écope encore, avec les Bernois, de deux autres siècles de domination. Adieu les comtes et les ducs! Bonjour ces messieurs de Berne! Avec plein de baillis peu portés sur la rigolade, toujours prêts à rappeler à l’ordre et à la vertu ces mécréants de Vaudois. Pas des mauvais types, ces Vaudois, qu’ils pensent, mais des gens qui passent leurs jours et leurs nuits à pinter et à godailler. Also, Schluss! Fertig mit diesen folichonneries! Jetzt, zur Arbeit! Et pan dans les gencives! On en prend pour deux cent cinquante ans! Au total, les Vaudois ont vécu durant plus de sept cents ans comme sujets de Leurs Altesses savoyardes et de Leurs Excellences bernoises. Et ce n’est que depuis à peine deux petits siècles qu’ils sont libres et indépendants. (…) Pour tout oublier, partons à la pêche à la féra! On a beau se passionner pour le Mondial du Chasselas, le Mondial de foot, le Master de tennis, rien n’interdit

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de s’intéresser à la course au vedettariat de nos poissons du Léman. Vous connaissez la nouvelle: la féra a déboulonné la perche. Deux fois plus de féras que de perches dans les filets de nos pêcheurs lémaniques! Serionsnous devenus perchophobes? Consulté, notre toubib, le Dr Anken, m’a dit que la perche souffrait d’amnésie. Neuf fois sur dix, elle ne se souvient plus de son pays d’origine... Raison de plus pour ne pas bouder notre plaisir de fêter notre féra pur Léman. Une fille tranquille, que personne n’a jamais entendu aboyer ou rugir. Mais alors comment cette diablesse a-t-elle fait pour se placer au top dans les assiettes des grands chefs? Tout simplement parce qu’elle joue le rôle de faire-valoir, pour le meilleur comme pour le pire. Bonne fille, la féra se prête aussi bien aux mains des gargotiers qui la farcissent de lard et cochonnailles comme une vulgaire pouffiasse, qu’aux mains expertes de chefs au sommet de leur art qui la pomponnent comme une princesse. A condition que la féra soit fraîche comme l’aurore et que l’on chronomètre sa cuisson à la seconde, sa chair délicate et moelleuse fait des miracles. Tout l’enchante, un rien l’égaie! Nos amis savoyards ont largement contribué

à son succès. Marc Veyrat – vous savez l’homme au grand chapeau noir – lui offre les senteurs de la livèche. Emmanuel Renaut, à Megève, la fait chanter sur une purée de blancs de poireaux aromatisée au thé vert. Pour nos ressats d’automne, Claude Joseph a choisi les dés de petits légumes et d’olives, la tomate, un brin d’aneth et une crevette qui danse sur le ventre de la féra. Et si vous aimez la féra, vous pouvez chanter avec Jean Ferrat, le bien-nommé:

«Ma môme, c’est pas une starlette Elle s’parfume pas à l’eau d’toilette Non, elle préfère un brin d’aneth Pour vous mettre plaisir en tête!»

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Sechzig Jahr im Dienst des Waadtländer Weins Claude-Alain Mayor, Tabellion Die Confrérie du Guillon feiert im 2014 ihr 60-jähriges Bestehen. Tatsächlich wurden 1954 die Conseils einberufen, die Charte de Glérolles erlassen und das erste Ressat du Provignage gefeiert. Sechzig Frühlinge: Lasst die Hörner blasen, aber nicht zum Ruhestand! Denn die Confrérie ist nicht nur in bester Form, sondern auch an allen Fronten aktiv, und das zu Ihrem grossen Glück. Immerhin geniessen etwa 5000 von Ihnen jedes Jahr die Magie eines Ressats auf Schloss Chillon, oder den ländlichen Charme eines Quatre Heures, oder die schweizweit geteilte Freundschaft anlässlich eines Guillonneurs. Und weder Ihre Nachfrage noch die Begeisterung der Conseillers lassen auf das kleinste Zeichen eines Rückgangs bei diesen Aktivitäten schliessen. Der ursprüngliche Grund für unsere Existenz und der rote Faden unserer Festlichkeiten ist die Verteidigung und die Auszeichnung unserer noblen Waadtländer Weine, die unsere Nasen und Gaumen erfreuen, die einfachsten Gerichte wie auch die raffiniertesten Köstlichkei-

ten unersetzbar begleiten sowie für eine unvergleichliche Stimmung sorgen. Der Wein, Quelle der Inspiration und treibender Motor? Ich sehe die eingefleischten Abstinenzler, die Philister und die getreuen des BfU die Ohren spitzen und die Stirn in Falten legen. Aber grundlos! Trinkgelage und Völlerei sind beim Guillon ebenso verpönt wie ein Fresssack in einer gastronomischen Hochburg mit drei Sternen von Michelin. Die Confrérie ehrt den Wein in seiner kulturellen, ja kultischen Dimension, sinnbildlich für die Scholle, den Geist und Anstand.

Un soir, l'âme du vin, chantait dans les bouteilles: «Homme, vers toi je pousse, ô cher déshérité, 
 Sous ma prison de verre et mes cires vermeilles, Un chant plein de lumière et de fraternité!» Deshalb feiert der Prévôt die Seele des Weins im Gefolge des Vierzeilers aus den

Fleurs du Mal von Baudelaire in jeder seiner Ansprachen mit dem Schlusswort «Dans le vin vit le pays!». Die diamantene Hochzeit will gefeiert sein. Unsere Confrérie wird dieses Ereignis mit einer dreifachen Salve begehen. Zuerst mit einer 60-seitigen Broschüre, reich illustriert, die einen Überblick über die Rituale, Bräuche und Gewohnheiten des Guillon gibt und einen Blick auf die letzten zwanzig Jahre wirft. Die Broschüre wird im Juni allen Mitgliedern der Confrérie zugestellt1. Dann folgt eine Ausstellung im Weinbaumuseum auf Schloss Aigle, die am 5. Juli 2014 im Rahmen des internationalen Chasselas-Festes eröffnet wird, dessen Ehrengast der Guillon sein wird. Und schliesslich stehen die herbstlichen Ressats an, die im Zeichen der zwölf Leuchter stehen werden und in deren Verlauf die Chantres und Clavendiers alles daran setzen werden, anlässlich dieses Geburtstags weniger feierlich zu sticheln, dafür umso schelmischer und sogar etwas frech.

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Weitere Exemplare sind in der Verkaufsstelle der Quatre Heures erhältlich oder können für 35 Fr. (zuzüglich Versandspesen) beim Secrétariat de la Confrérie du Guillon, chemin de la Côte-à-Deux-Sous 6, 1052 Le Mont-sur-Lausanne, bestellt werden. Le Guillon Nr. 44 1/2014

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Cotterd

Ein herzlicher und schmackhafter Guillonneur Gilbert Folly, Prévôt – Fotos: Edouard Curchod

 Den Augen und Nasen der Feinschme-

Einmal mehr haben der dynamische Präfekt des Tessiner Cotterd, Pierre Schulthess, und seine charmante Frau Christiane am 12. April 2013 den traditionellen Guilloneur auf die Beine gestellt. Sie versammelten die treusten Compagnons von der jenseitigen Gotthard-Seite und eine nicht zu vernachlässigende Zahl von Tifosi aus dem Kanton Waadt und anderswo. Für diese bot sich eine gute Gelegenheit zu einem frühlingshaften Ausflug ins Tessin, die sie nur zu gerne nutzten. So machten sich rund vierzig Gäste auf den Weg zur Osteria dell' Enoteca in Muralto, um einem perfekt inszenierten zweiteiligen Auftritt beizuwohnen. Traditionsgemäss bildete die von unserem Légat André Linherr kommentierte Degustation den ersten Akt. In diesem Fall waren es die Weine unseres Con-

seillers Alain Parisod, vom Weingut La Grille in Grandvaux, die den Gaumen der immer neugierigen Gäste erfreuten, die die Waadtländer Weine besser kennenlernen möchten. Wie immer erhielten die Degustierenden unterschiedliche Noten, aber eines war allen gemein: Sowohl die grossen Spezialisten als auch die Gelegenheitstrinker hatten ihren Spass. Nach dem folgenden Aperitif begaben sich die Gäste zu Tisch und genossen das ausgezeichnete Essen, das Matthias Althof und seine Küchenbrigade zubereitet hatten. Es bestand aus einem ersten und einem zweiten Gang sowie einer Nachspeise. Was aber weniger üblich ist bei einem Guillonneur: Die Anwesenden konnten vor jedem Gang zwischen zwei Angeboten wählen. Lassen Sie sich vom Menu, das wir hier in der Originalversion widergeben, verführen!

cker wurde nicht zu viel versprochen.

Primi piatti Ravioli caserecci agli asparagi verdi Risottino alla scamorza affumicata Secondi piatti Lombatina di vittello al merlot bianco Filetto di manzo al pepe della valle Maggia Desserts Semifreddo al nocino Sorbetto uva americana

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 Compagnon Sacha de Micheli übt sich

 Légat und Préfet treffen beim Aperitif auf Compagnon d’honneur und Nationalrat

Natürlich folgten auf den schmackhaften Akt der Kaffee und die Verdauungshilfe. Nichts geht über einen Grappa… Ein Teil der Gäste, darunter die Conseillers und ihre Partnerinnen, verbrachten die Nacht vor Ort und machten sich am nächsten Morgen auf zu einem Ausflug, der sie zuerst zu DELEA SA in Losone führte. Dort konnten sie den Keller, das Museum sowie die Produktionsanlage für den hochkarätigen Balsamico-

essig besichtigen, den sie mit Freude degustierten. Dann ging es zurück nach Ascona, um die Kreditkarten etwas auszulüften, wie sich das an einem Ort mit so zahlreichen Geschäften gehört! Am Abend dann machten sich die verbleibenden Gäste zu einem Spaziergang am Ufer des Langensees auf, die sie erneut auf die Terrasse der Osteria chiara führte. Nach einem grosszügigen Aperitif, den der Hausherr Luciano Puspan

am Guillon.

Ignazio Cassis sowie seine Gattin.

offerierte, teilte man im freundschaftlichen Geist eine weitere Mahlzeit. Zusammenfassend verdanken wir unserem Präfekten Pierre Schulthess und seiner Gattin einmal mehr eine Vielzahl von Vergnügen und Entdeckungen in der Sonnenstube. Hoch sollen Sie leben, unsere Tessiner Freunde, treue Anhänger des Waadtländer Weins und der Confrérie du Guillon.

 Compagnon juré Claudio Matasci und

die erste Frau Compagnon im Tessiner Cotterd, Kristina Greco, am Guillon.  Compagnon Sigi Greis kommentiert

die Resultate des Guillonneur.

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Die Quatre Heures du Vigneron

Die guten Weine von Bonvil Pascal Besnard, Echotier – Fotos: Edouard Curchod

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lars Gemeindepräsident Payot begrüsst die Gäste der Quatre Heures 

Die Confrérie du Guillon liebt die Schlösser: Chillon, aber auch jenes von Glérolles, wo die Confrérie aus der Taufe gehoben wurde, und natürlich auch Schloss Aigle, die heilige Stätte der Etikette. So wurde ganz selbstverständlich ein weiteres Schloss, jenes von Grandson, für die Quatre Heures des Jahrgangs 2013 ausgewählt. Schloss Grandson blickt auf eine 1000-jährige Geschichte zurück und empfängt 60‘000 Besucher pro Jahr, was das ehrwürdige Gebäude innerhalb

der Waadtländer Museen auf den vierten Rang katapultiert, wie François Payot, der Gemeindepräsident, richtig folgerte. Burgwarten, Pechnasen, Wasserabflüsse, Schiessscharten, Wehrgänge, Rüstungen und Armbrüste… ein ideales mittelalterliches Umfeld, um die Weine mit der Ursprungsbezeichnung Bonvillars sowie ihre talentierten Produzenten zu feiern: Sylvie Mayland, Didier Bourgeois, Eric Schopfer, Daniel Burdet, Stéphane Sandoz, Jacques Blösch, Jean-Marc Correvon, 

weiter auf S. 68  Das ist der Norden… aber auch die Hitze

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Die Quatre Heures du Vigneron

Boris Keller, Philippe Dyens, Guy Cousin, Eric und Martial du Pasquier. Natürlich werden die Griesgrämigen sagen «Bonvillars, das ist der Norden», so wie Michel Galabru im Film Les Chti’s. Aber dieser Norden, am Ufer des Neuenburgersees, hat viel Ähnlichkeit mit der Riviera. Und die Weine zeugen ebenfalls davon: Sie

sind vollmundig, warmherzig, harmonisch, kurz, sie rufen nach mehr. Ganz so wie die flotte Küche von Nicolas Schenk und seiner Küchenbrigade vom Restaurant Les Quais, von der die Compagnons im Anschluss an die Degustation verköstigt wurden. Da kommt nicht der leiseste Zweifel auf: Der Norden bekommt dem Bonvillars!

Der Name des Weins steht auf der Etikette. Seine Wahrheit ist im Glas. 

 Süffige

Weine und lächelnde Gesichter.

Grusswort des Prévôt Gilbert Folly (Auszüge) Gegrüsst seid Ihr, die Ihr nicht gefürchtet habt, euch in Grandson zu versammeln, wo Karl der Kühne, Herzog von Burgund, im Hinspiel gegen die Schweiz am 2. März 1476 geschlagen wurde, bevor er beim Rückspiel am 22. Juni des selben Jahres in Murten alles verlor. Eine Klammerbemerkung: Diese zweite Niederlage auf Freiburger Boden hätte Karl verhindern können, wenn er wie Constantin I, Herrscher von Sitten, die Weisheit gehabt hätte, seinen Trainer zu entlassen! Aber nein! Er versteifte sich darauf, alles selber zu machen. Mit einer unfähigen Mannschaft erlitt er am 5. Januar des folgenden Jahres in Nancy

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eine vernichtende Niederlage gegen das lothringische Heer, das von Herzog René angeführt wurde. (…) Die Kunst der Degustation! Diese beherrscht Tapolet, ein bodenständiger Mann aus meinem Dorf, mit grosser Perfektion. Beim Besuch der Arvinis, der grossen jährlich organisierten WeinMesse in Morges, reihte er Waadtländer «Ballons» an solche mit Côtes du Rhône, «Ballons» mit chilenischen Tropfen an solche mit Erzeugnissen aus dem Nappa Valley. Als er äusserst müde nach Hause zurückkehrte, beantwortete er die Frage seiner Frau, wo er sich herumgetrieben habe, sehr vernünftig:

Frau, du hast einen Helden vor dir! Wie Bertrand Piccard habe ich mit Ballonen die Welt umrundet! Heute, vielleicht nicht klüger aber doch sesshafter, machen wir die Runde der feinen Tropfen von Bonvillars. Und wenn die Fröhlichkeit, die Gastfreundschaft und die gute Laune dazukommen, dann weht der Geist der Confrérie du Guillon über Schloss Grandson, die Weinberge des Bonvillars, über alle Waadtländer Weinberge, und gemeinsam mit dem Prévôt der Confrérie du Guillon stimmen Sie alle ein: Gelobt sei der Wein!

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Nachruf

Unser Imagier Jacques Perrenoud verewigt sich in seinen Werken… Von ihm sah man zuerst seine hohe Statur, seine breiten Schultern, seinen Kopf, der jener des Weihnachtsmanns, eines naschhaften Kapuzinermönchs oder eines Bärendompteurs sein konnte, seine listigen und neugierigen Augen, in denen sich die Lebenslust spiegelte. Er wurde unter einem guten Stern geboren. In seiner Wiege hatten ihn die guten Feen verwöhnt. Er lief in den Gesprächen mit den Gästen zur Hochform auf, riss Witze und reihte Tiraden aneinander, so dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an den Ressats der Confrérie du Guillon auf Schloss Chillon Tränen lachten. Gegen aussen schien ihm alles leicht zu fallen, natürlich. Aber der Mensch Perrenoud kam erst in seinem Künstler-, Maler-, Steindruck- und Graveur-Atelier – wie er es selbst zu benennen pflegte – richtig zum Vorschein. Hier, inmitten der schweren Steindruck-Pressen, die seinen Rippen zugesetzt hatten, zwischen den feinkörnigen Steinen, die er angehäuft hatte und sanft behandelte, sprach er von seinem Beruf mit den Worten eines Minnesängers für seine Geliebte. Wenn ihm die letzten Jahre etwas zugesetzt haben, so konnte er doch bis über den 80. Geburtstag hinaus seine Träume und seine ausgefallen Ideen in Gravuren, Steindrucken, Bleistift- oder Tuschezeichnungen, Aquarellen oder Keramiken zum Ausdruck bringen. Jacques Perrenoud produzierte viel und war ein äusserst grosszügiger Künstler. Seine Freunde, die Conseillers der Confrérie du Guillon, haben ihn bei seiner Arbeit gesehen. Während Jahrzehnten hat er mit immer neuen Ideen die festlichen Einladungen, die drei- oder viermal pro Jahr Tausenden von Compagnons der Confrérie zugestellt wurden, bebildert, animiert und erstrahlen lassen. Und die Figuren, die mit lässigen und listigen

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Strichen die Seiten der früheren Ausgaben der Zeitschrift Guillon oder des Erinnerungsbuches Riches Heures de la Confrérie du Guillon belebten, werden uns noch lange begleiten. Insgesamt dürfte Jacques Perrenoud einige Dutzend Kilometer erinnerungswürdiger Szenen zum Ruhm der Waadtländer Weine

und Weinberge festgehalten haben. Ja, unser legendärer Imagier hat viel beigetragen zum Stil und zum Ausdruck, mit denen sich die Confrérie du Guillon gerne von andern abhebt. Ihm gebührt die Ehre! Unser Mitgefühl gehört Mona, seiner Muse des Herzens und des Geistes. (M. L.)

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Lüften wir den Deckel

Zwischenhalt im Chablais Christophe Rod, La Roseraie, Yvorne Pascal Besnard, Echotier Fotos: Edouard Curchod

«Das Feuer in mir entfacht der Gast. Ich empfange ihn im Restaurant so wie wenn er bei mir zu Hause zum Essen käme.»

Christophe Rod ist nicht aus Familientradition Koch geworden. Sondern weil ihm seine Mutter vorgeschlagen hatte, diesen Beruf zu wählen – weil er ein Feinschmecker war! Alles weitere gehört zur Geschichte der Schweizer Gastronomie-Szene: Die Lehrzeit absolvierte Christophe bei Denis Martin. 18-jährig wurde er von Frédy Girardet angestellt. «Wir waren 20 Köche, bildeten aber eine richtige Equipe. Wenn man bescheiden blieb, dann konnte man sich leicht integrieren», erinnert sich Christophe Rod. Girardet, dann Rochat und Rabaey Er blieb immerhin neun Jahre in diesem Team. Und ein zusätzliches Jahr mit dem Nachfolger von Girardet in Crissier, Philippe Rochat, bevor er den Anker in einer anderen kulinarischen Hochburg setzte, im Pont de Brent von Gérard Rabaey. Dort wurde Christophe Rod zur Nummer 2 in der Küche. Schon bei seiner Ankunft oberhalb von Montreux informierte er seinen Chef, dass er ihn erst verlassen würde, wenn die Zeit gekommen sei, ein eigenes Lokal zu übernehmen. Dieser Moment kam dann vier Jahre später, als die Bank von Christophe ihm vorschlug, das Roseraie in Yvorne zu übernehmen, das zuvor Denis Martin geführt hatte, aber seit

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vier Jahren schon verweist war. Christophe und Nadine Rod haben so dem Restaurant, das am 2. Mai 2002 stillgelegt wurde, neues Leben eingeflösst. «Die Arbeit als Ehepaar ist grundlegend, denn dank meiner Frau habe ich meine Augen auch im Saal», kommentiert der Chef. 17 von 20 im Gault&Millau Nach nur sechs Monaten verbuchte das Roseraie 15 Punkte von Gault und Millau. Heute sind es sogar deren 17 von 20. «Ehrlich gesagt hat mir die Lehrzeit bei den grossen Küchenchefs geholfen. Das war mein Grundkapital», weiss Christophe Rod. Momente des Zweifels? «Ja, die Baustelle beim Glion-Tunnel brachte mir während zwei Jahren 30 Prozent weniger Kunden. Wir mussten uns zur Decke strecken. Die Lieferanten zeigten aber Verständnis.» Als die Bauarbeiten abgeschlossen waren, kehrten die Kunden zahlreich zurück und die Zweifel sind verschwunden. «Das Feuer in mir entfacht der Gast. Ich empfange ihn im Restaurant so wie wenn er bei mir zu Hause zum Essen käme.» Und fast im gleichen Atemzug liefert uns Christophe Rod seine Definition von der guten Küche: «Es ist jene, die dich sagen macht: Das würde ich gerne auch morgen wieder essen!»

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Photo: Régis Colombo/diapo.ch

OENOTHÈQUE LA LICORNE Rue Louis-de-Savoie 75-79, 1110 Morges - Tél. 021 801 27 74 - bolle@bolle.ch - www.bolle.ch


Lüften wir den Deckel

«Sot-l’y-laisse»-Terrine mit Gemüse und Estragon Rezept für zehn bis zwölf Personen Zutaten 300 g Sot-l’y-laisse (Pfaffenschnittchen, die besten Stücke vom Huhn) 30 g Estragon 10 g Peterli 60 g Rüebli gewürfelt 60 g Kohlrabi gewürfelt 6 dl Hühnergelee (40 g pro Liter)

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Zubereitung • Die Gemüse und die Sot-l’y-laisse mit je einem Teil Hühnergelee kochen. • Abtropfen lassen. • Alles etwas abkühlen lassen und diese Zutaten mit den Kräutern mischen. Den Rest des Hühnergelees (nicht den gekochten) beigeben. Würzen und in die Form geben. • Im Kühlschrank während 24 Stunden fest werden lassen. • In Scheiben von ca. 1,5 cm schneiden und die Terrine beispielsweise mit einem Salat an Haselnussöl anrichten.

Der Wein Yvorne 2012, Domaine Dillet, Eric Minod Diesen Wein wählt Christophe Rod als Begleiter für sein Rezept. «Es handelt sich um einen sehr schönen Chasselas, nicht einen, den man zum Aperitif trinkt, sondern zum feinen Essen. Dank seinem mineralischen Charakter passt er ausgezeichnet zu der mit Estragon aromatisierten Terrine.» Christophe Rod arbeitet gerne mit den Winzern aus der Region: «Wir sind gegenseitig ein Schaufenster.»

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Guillon d'Or

Dreier mit Ass für den Guillon d’Or 2013 Claude-Alain Mayor, Tabellion – Fotos: Edouard Curchod Auch für seine dritte Auflage konnte der Preis Guillon d’Or – Clos, Domaines & Châteaux mit einem Paukenschlag aufwarten. Eine fast schon legendäre Waadtländer Institution, das Restaurant des Hôtel de Ville de Crissier, wurde im 2013 für seine bemerkenswerte Arbeit und den riesigen Erfolg geehrt. In den Jahren 2011 und 2012 hiessen die Preisträger Patrick Aebischer (Präsident der ETH Lausanne) und Marthe Keller. Die von Gouverneur Jean-Claude Vaucher

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präsidierte Jury setzte sich zusammen aus Jean-Jacques Gauer, Hotelier, Philippe Gex, Ehrengouverneur, Pierre Keller, Präsident des Office des Vins Vaudois, Chandra Kurt, Journalistin und Weinkennerin, Peter Rothenbühler, Mitglied der Direktion von Edipresse, sowie Claude Alain Mayor, Sekretär. Wer könnte legitimer das Aushängeschild der Waadtländer Gastronomie verkörpern als die drei Chefs, die das Hôtel de Ville de Crissier nacheinander

in dem Sternenhimmel des Michelin leuchten liessen? Der Guillon hat Frédy Girardet, Philippe Rochat und Benoît Violier zu den Feierlichkeiten eingeladen, die am vergangenen 30. September mehr als 100 Personen aus Kultur, Politik, Wirtschaft und Medien im Salle Richemont des Lausanne Palace versammelten. Dieser Zulauf zeigte deutlich, wie sehr die Preisträger geschätzt werden und wie gerne man mit ihnen feiert.

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 Nostalgischer Moment, aber intakte Leidenschaft: Frédy Girardet

 Wenn der Dreier zum Viereck wird:

Philippe Rochat, Frédy Girardet, Edgard Bovier und Benoît Violier

Gouverneur Jean-Claude Vaucher begrüsste die Preisträger und die Gäste, unter denen sich auch der für die Wirtschaft zuständige Waadtländer Staatsrat Philippe Leuba einreihte. Er rief die Geschichte des Preises Guillon d’Or – Clos, Domaines & Châteaux in Erinnerung und erläuterte die Zielsetzung, die darin besteht, unsere Confrérie und die Promotion des Waadtländer Weins mit einer erstrangigen, international bekannten Persönlichkeit in Verbindung zu bringen, die zum guten Ruf unseres Landes beiträgt. Er liess es sich nicht nehmen, den Entscheid der Jury, die dieses Mal eine langlebige Institution ausgezeichnet hat, besonders zu erwähnen. Er freute sich, bei dieser Gelegenheit drei grosse und weit über unsere Grenzen hinaus bekannte Küchenchefs gemeinsam begrüssen zu dürfen. In der eigentlichen Ehrung lobte Conseiller Claude-Alain Mayor die Pionierrolle und das grosse Talent der drei Zauberer aus Crissier, qualitativ hochstehende Zutaten in geschmackliche Kunstwerke zu verwandeln, die man schon mit den Augen verschlingt, die den Gaumen ver-

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zücken und deshalb Gäste aus Nah und Fern anlocken. Die Küche des Hôtel de Ville zeichnet sich durch eine kompromisslose Suche nach den saisonal besten Produkten aus, eine unerschöpfliche Kreativität sowie ein ständiges Streben nach Perfektion. Seit bald vierzig Jahren haben sich die drei Chefs von kurzlebigen Modeerscheinungen und Tendenzen ferngehalten, haben auf kulinarische Abenteuer und übertriebene Entfremdungen oder gar Denaturierungen verzichtet. Auf diese Art und Weise sind sie unablässig Spitzenkünstler geblieben. Aber die Küche ist nicht alles. So zog der Sprechende eine Parallele zwischen den Koryphäen aus Crissier und den Conseillers des Guillon, die sich gleichermassen für die Arbeit der Winzer und für die feinen Tropfen unserer Weinberge interessieren. Das Hôtel de Ville hat eine wichtige Rolle gespielt, indem es einem internationalen Publikum die Schweizer Weine entdecken machte. Der Sekretär des Guillon d’Or legte zudem den Finger auf die ausserordentliche Langlebigkeit und die Kontinuität in Crissier, insbesondere wenn man bedenkt, dass

der Betrieb ausserhalb von familiären Banden weitergereicht wurde. Es zeuge von sehr guter Menschenkenntnis, wenn zweimal der ideale Nachfolger gefunden wurde, und das zu einem selbst gewählten Zeitpunkt und ohne Zwang. Lob fand er auch dafür, dass der Versuchung von Tochterbetrieben und damit der geografischen Ausdehnung der Aktivitäten widerstanden wurde. Er beschloss mit einer Anerkennung an die Adresse aller jener Akteure, die im Hintergrund wirken und diesen Erfolg erst ermöglicht haben, sowie der Partnerinnen, die eine äusserst wichtige Rolle gespielt haben. Besondere Erwähnung gebührte dabei Louis Villeneuve, seit 37 Jahren die Seele und das Gedächtnis des Hauses, der weiterhin im Speisesaal tätig ist. Möge dem Flaggschiff der Waadtländer Restauration ein langes Leben beschieden sein! Der Gouverneur und Präsident von Clos, Domaines & Château, André Fuchs, konnte schliesslich den drei Preisträgern ihre Trophäe überreichen, einen KristallGuillon mit dem eingravierten Namen des Restaurants und die dazugehörige

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Guillon d'Or

Chasselas-Karaffe. Darüber hinaus warten 36 Kartons mit besten Waadtländer Flaschen auf die Preisträger, gespendet von Clos-, Domaines & Châteaux, dem grosszügigen Sponsor. Frédy Girardet als Sprecher des Trios gab seiner Freude mit gefühlvollen Worten Ausdruck. Er blickte kurz auf die Geschichte des Hôtel de Ville zurück, bestätigte seinen Glauben in eine einfache Küche, die sich an das Wesentliche hält, seine Vorliebe für Waadtländer Weine und dankte den Initianten des Preises für den gemeinsamen Ein-

satz zugunsten eines ausgezeichneten Geschmacks. Zum Abschluss der Festlichkeiten wartete im Salon Delamuraz ein Aperitif auf die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, an dem sich die drei Helden des Tages heimisch gaben. Handschläge, herzliche Umarmungen und wiederholtes An­st­os­ sen machten deutlich, dass man sich unter Seinesgleichen bewegte an diesem Abend. Eine grosse Medienpräsenz und ein glückliches Publikum bestätigten definitiv die kluge Wahl der Jury für diese dritte Auflage des Guillon d’Or.

 Die Gewinner mit ihren Frauen:

Muriel Girardet, Brigitte Violier und Laurence Rochat

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PATRICK FONJALLAZ Au Clos de la République RUELLE DU PETIT-CRÊT – EPESSES (LAVAUX) TEL. 021 799 14 44 • FAX 021 799 21 71 E-MAIL: info@patrick-fonjallaz.ch • www.fonjallaz.info

PROPRIÉTAIRE DES GRANDS CRUS QUI DEPUIS ONT FAIT LA RENOMMÉE DE LA FAMILLE FONJALLAZ

Entdecken Sie die aussergewöhnliche Schönheit der Region Lavaux, der Natur mit der Hacke abgerungen, zwischen Himmel und Erde, weit über dem Wasser und mit Blick auf die imposanten Savoyeralpen, da und dort gesprenkelt von kleinen Städtchen und Winzerdörfern. Im Lauf der Jahreszeiten schmückt sich die Landschaft immer wieder mit anderen Farben, die ihr einen stets wechselnden Charme verleihen. Ideal für diverse Gelegenheiten, sei es ein Arbeitstreffen, ein entspanntes Fest, ein Geburtstag oder ein anderes Jubiläum – Sie werden den einzigartigen und privaten Charakter zu schätzen wissen!



Die Kolumne von Michel Logoz

Und wenn sich der Wein in die Inszenierung des Winzerfestes 2019 einladen wßrde‌

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Seit der AnkĂźndigung des Winzerfestes 2019 versuchen sich grosse Liebhaber dieses grandiosen Anlassen vorzustellen, wie er daherkommen kĂśnnte. Wer kann sich noch an die Feste von 1955 und 1977 erinnern, die von der Tradition von Morax und Doret gezeichnet waren? 1999 drĂźckte dann François Rochaix dem gesamten Schauspiel seinen Stempel auf und diktierte ihm eine einheitliche Sprache. Barichet irl.indd 1 25.03.1 Er verband dazu alle BĂźhnenkĂźnste und nutzte mit einer unglaublichen Fertigkeit das Zusammenspiel von Videos, Ton, Kino und Digitaltechnik und erĂśffnete so dem modernen Theater neue Dimensionen. DiesbezĂźglich gibt es keinen Zweifel, dass Daniele Finzi Pasca, der mit der Insze1412 – 2012 TĂŠl. 021 799 48 15 e nierung des Winzerfestes 2019 betraut wurde, der richtige 600 anniversaire Fax 021 799 48 16 Mann am richtigen Ort ist. DĂźrfen wir trotzdem noch eine 25 gĂŠnĂŠrations de tradition Natel 079 607 44 20 Hoffnung zum Ausdruck bringen? Wenn der Conseil der E-mail : alain.parisod@parisod.ch ConfrĂŠrie in seiner Erklärung die Leitlinien auffĂźhrt, die www.parisod.ch das Fest inspirieren sollen (Tradition, Erbe, Verhaftung in der beruflichen, wirtschaftlichen und kulturellen Realität des Moments), so ist der Wein als solcher nicht ausdrĂźcklich erwähnt. Dabei waren wir immer echt frustriert, weil wir feststellen mussten, dass bei allen frĂźheren Inszenierungen das Wunder des Weins nie sublimiert und transzendiert wurde, obschon letzterer das eigentliche Ziel der Arbeit des Winzers ist, sein Zenit. Wir kennen die ZurĂźckhaltung unserer ehrenhaften Notabeln, die befĂźrchten, dass die Schwärmerei Ăźber den Wein als Zeichen zur Aufforderung, Ăźber den Durst zu trinken, verstanden werden kĂśnnte. Angesichts des Talents und der Fähigkeiten von Daniele Finzi Pasca sind wir aber Ăźberzeugt, dass er der Epesses Zauberer ist, der die Herausforderung annehmen und uns Domaine Maison Blanche durch eine Märchenwelt ohne Zweideutigkeit ins mystische Pinot-Noir Villette ÂŤ Domaine de la Grille Âť Universum des Weins fĂźhren kann.

Domaine de la Grille Alain Parisod PropriĂŠtaire-encaveur 1091 Grandvaux

80

Villette  Domaine de la Grille Le  Guillon Nr. 44 1/2014 Chasselas Terravin


IRL plus AG, mehr als eine Qualitätsdruckerei IRL plus AG ist stolz, die Fachzeitschrift «Le Guillon» auf seinen hochmodernen und einzigartigen Maschinen zu produzieren. Seit diesem Jahr kümmern wir uns auch um die Anzeigenakquisition dieses Referenzmagazins. Dank unserer neuen Abteilung Verlag & Anzeigenverwaltung sind wir ab sofort in der Lage, Ihnen zusätzliche Verlagsleistungen anzubieten. Möchten Sie mehr über die zahlreichen Dienstleistungen der IRL plus AG erfahren? Rufen Sie Kurt Eicher unter der Tel Nr. +41 79 250 50 00 an. IRL plus AG, eine bekannte und anerkannte Marke im Westschweizer Verlagsbusiness.

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Le domaine de Montagny est situé en Lavaux, une région riche d’une longue tradition viticole. La BCV veille sur ce patrimoine historique et poursuit son exploitation dans le respect du savoir-faire local.

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