Le Guillon Nr.49 - DE

Page 1

ZEITSCHRIFT DES WAADTLÄNDER WEINS

REVUELEGUILLON.CH

NR. 49 2/2016

WITH ENGLISH SUMMARY



Editorial

Das Chablais: Wind,

Steine… und köstliche Weine! Pascal Besnard Verantwortlicher Redakteur

Caput Lacus (Kopf des Sees) wurde im Lauf der Zeit, durch Kopisten und lokale Gebräuche, zu Chablais abgewandelt. Ein Name, den sich drei Regionen teilen: das Walliser Chablais, das savoyische Chablais und natürlich das Waadtländer Chablais. Apropos See: Das Chablais wird nicht vom Seeklima beeinflusst wie das Lavaux. Hier dominiert die Rhone. Eingebettet zwischen Voralpen und Alpen, profitieren die Reben des Chablais von den Auswirkungen des Föhns, von Migränepatienten und Skistationen, denen er den Schnee «anknabbert», gehasst, doch ach, wie wohltuend für die Reife der Trauben! Auch der Untergrund bietet einen bedeutenden Beitrag zur Qualität der Weine: Kalk ist omnipräsent, die Mineralität der Chasselas keine Legende. Sieh an, da kommt es zum Duell (mit stumpfem Florett) zwischen den Chasselas aus Yvorne und

denen aus Aigle, auf den ersten Blick eine klare Sache für einen berühmten Cru vom erstgenannten Terroir. Doch auf dem Podium, stellt man fest, finden sich zwei Weine aus Yvorne – und gleich viele aus Aigle (mit zwei Drittplazierten ex aequo)! Und in der Kategorie der reinsortigen Rotweine stechen zwei aus Syrah und zwei aus Cabernet Franc gekelterte Weine hervor, wie die Weinregion von Ollon, von wo drei der vier Starweine unserer Degustation stammen. Das Chablais ist vielfältig und weiss zu begeistern. Ebenso wie die wichtigsten Schauplätze seiner Geschichte. Allen voran DAS emblematische Schloss der Region, das Château d’Aigle. Das Baudenkmal und sein Museum mit 350'000 Weinetiketten sind ein Muss – also auf gar keinen Fall verpassen!

WWW.REVUELEGUILLON.CH



Inhalt

Le Guillon Nr. 49 – 2/2016 Titelbild: Château d'Aigle, Edouard Curchod

1 Editorial 3 Inhalt und Impressum 4 7 15 25 33

Das Chablais Die (zweieiigen) Zwillinge Syrah & Co. mit Charakter Aigle, Ovaille, Schlösser Stabübergabe beim Musée vaudois de la vigne, du vin et de l’étiquette

35 39 40 43 45 46 55

Mondial du Chasselas 2016 Grand Prix du Vin Suisse 2016 Selektion der Waadtländer Weine 2016 Internationale Concours Terres de Lavaux: Die grosse Umwälzung Von Baumnuss bis Raps, Öle aus der Waadt Michel Logoz, Papst und Commandeur

Confrérie du Guillon 57 Botschaft des Gouverneurs 58 Die Ressats der Combourgeoisies 66 Propos de Clavende 68 Luzerner Guillonneur 71 Eingeladen: Guy Parmelin 74 Lüften wir den Deckel: Edgard Bovier 79 Porträt eines Conseillers 79 Nachruf, Michel Vidoudez 80 Die Kolumne von Michel Logoz Revue Le Guillon GmbH, Ch. de la Côte-à-Deux-Sous 6, CH-1052 Le Mont-sur-Lausanne revue@guillon.ch, www.revueleguillon.ch Le Guillon, die Revue des Waadtländer Weins erscheint zweimal jährlich in den Sprachen Französisch und Deutsch, mit englischen Zusammenfassungen. IMPRESSUM – Geschäftsführung: Dr. Jean-François Anken (Präsident), Luc Del Rizzo, Daniel H. Rey – Partner: Confrérie du Guillon, Office des Vins Vaudois, Label de qualité Terravin, Fédération des caves viticoles vaudoises, Section vaudoise de l’Association suisse des vignerons encaveurs, Service de l'agriculture (SAGR) – Office cantonal de la viticulture et de la promotion (OCVP), Service de la promotion économique et du commerce (SPECO) – Verantwortlicher Redakteur: Pascal Besnard – Mitarbeiter dieser Ausgabe: Raoul Cruchon, Pierre-Etienne Joye, Michel Logoz, Claude-Alain Mayor, Claude Piubellini, Pierre Thomas, Alexandre Truffer, JeanClaude Vaucher, Eva Zwahlen – Übersetzung: Evelyn Kobelt, Eva Zwahlen, Loyse Pahud, IP Communication in English – Art director: stl design – Estelle Hofer Piguet – Fotografen: Edouard Curchod, Sandra Culand, Philippe Dutoit, Bertrand Rey, Hans-Peter Siffert – Fotolitho: l'atelier prémédia Sàrl – Druck: PCL Presses Centrales SA – Anzeigenleitung: Advantage SA, Mary-Julie Badoud, mary-julie.badoud@advantagesa.ch, +41 21 800 44 37 – Abonnemente: www.revueleguillon.ch – revue@guillon.ch – ISSNN 1423-7393

Le Guillon Nr. 49 2/2016

3


Le Chab Das Chablais gehört im Gegensatz zur Côte und zum Lavaux nicht zum Einflussbereich des Lac Léman, sondern zu dem der Rhone. Seine Reben (590 Hektaren), von Villeneuve via Yvorne und Aigle bis Ollon und Bex, tauchen ihre Wurzeln in zur Hauptsache von Kieselsteinen und Kalk geprägte Böden. So ist man nicht weiter erstaunt ob des mineralischen Charakters der Weine. Und ob ihrer schönen Reife, die sich zu einem grossen Teil dem Föhn verdankt, der von den benachbarten Alpen herunterbläst. Seite 7

4

Die Weine, richtigerweise zuerst der Chasselas, das Aushängeschild der Region, und seine berühmten Feuersteinaromen. In Aigle und Yvorne macht er 80% des Sortensatzes aus. Die Gegenüberstellung der zweieiigen Zwillinge des Chablais erweist sich als höchst spannend. Seite 10


© Pascal Besnard

ablais... Auch die Roten lohnen einen Umweg. Eine grosse Vielfalt von Rebsorten: Syrah, Cabernet franc, Merlot, Gamaret, Mondeuse und weitere haben im Chablais Terroirs gefunden, die ihnen bestens behagen…

Seite 15

Die Geschichte des Chablais ist, nach dem Vorbild seiner Weine, reichhaltig und begeisternd, geprägt vom verheerenden Felssturz von 1584, aber auch von der Renaissance des Ortes, vom Bau des Schlosses Aigle, das heute Baudenkmal und Museum zugleich ist. Und einmal pro Jahr die Bühne für das Hochamt des Chasselas: den Mondial… Seiten 25 und 35

5


LabeL Vigne d’Or La quête de l’excellence

Quintessence de la nature

Les Artisans Vignerons d’Yvorne ont réservé leurs meilleures terres et leurs meilleurs raisins à cette ligne d’exception. Microclimat, orientation, pente, ensoleillement et aptitude du sol à absorber et restituer l’eau confèrent à chaque parchet sa nature, sa force et sa personnalité. Cette rigoureuse sélection permet d’exprimer la parfaite adéquation des terroirs et des cépages, en donnant à ses vins une grande complexité aromatique et une empreinte hors du commun.

A r t i s A n s V i g n e r o n s d ’ Y V o r n e s o c i é t é co o p é r At i V e

www.avy.ch


Chablais | Aigle und Yvorne

Die (zweieiigen) Zwillinge aus dem Chablais Pierre Thomas

Muss man Aigle und Yvorne vergleichen? Die beiden «Produktionsorte» des Chablais (etwas mehr als 15% der Waadtländer Rebfläche) weisen etwa gleich grosse Rebflächen auf: Yvorne 159 ha und Aigle 130 ha. Der Chasselas nimmt bei beiden rund 80% der Fläche ein, 2015 hat Aigle mehr Chasselas deklariert (624’485 Liter in den Kategorien AOC und Grand Cru, der Anteil des Grand Cru lag bei 71%) als Yvorne (598’625 Liter, 85% davon Grand Cru). Selbst die bereits vor zwölf Jahren präsentierte Terroirstudie nannte sie in einem Atemzug, zusammen mit Villeneuve: «Die Geröllböden sind tiefgründig und immer sehr kiesig. Sie enthalten 50 bis 90% Kalksplitter, eingeschlossen in eine eher lehmhaltige Matrix, was sie von den sandig-kiesigen Ablagerungen

Die Geschichte des Waadtländer Weinbaus bleibt noch zu schreiben – nach dem Vorbild des gewichtigen Monumentalwerks der Walliser. Ein möglicher Ausgangspunkt wäre hier, in Aigle und Yvorne, wo wir die Chasselas 2015 für unsere «grosse Degustation» gesammelt haben. von Gletschern und Flüssen unterscheidet. (…) Es sind Böden, die man in Ollon oder Bex nicht antrifft – und auf die man auch jenseits von Villeneuve nicht mehr treffen wird.» Zwischen «altem» Gletscher und Geröll Das Rebgebiet auf dem Hang am rechten Lauf der Rhone, zwischen Aigle und Yvorne, liegt in der Tat auf einem originellen, sehr günstigen Mutterboden, der zu den am besten drainierenden des Kantons gehört. Fügen Sie dem noch eine ideale Exposition hinzu, oft auf dem südlichen Abhang, sowie ein Mikroklima, in dem der Föhn seine Rolle spielt, und das Dekor steht. Wenn man mehr ins Detail geht, wird man anmerken, dass Aigle vor 22’000 Jahren seinen eigenen Gletscher hatte, an der Stelle, wo heute

Aigle and Yvorne: (False) Twins in the Chablais Region These two wine-producing areas in the Chablais region (covering just over 15% of the Vaud vineyards) have similar surface areas (Yvorne 159 ha and Aigle 130 ha), with Chasselas accounting for almost 80%. The vineyard on the right bank of the Rhone, between Aigle and Yvorne, sits on an original fertile soil with excellent drainage, among the best in the canton. In addition, it has perfect expo-

Le Guillon Nr. 49 2/2016

sure to the sun, lying mainly on southfacing slopes, and a microclimate with the Foehn playing its part. One might wish to add that Aigle had its own glacier 22,000 years ago on the site of the present La Grande Eau torrent. The hill on which the Château d’Aigle stands carries traces of past deposits which had been formed around small lakes (long disappeared).

der Gebirgsbach La Grande Eau fliesst. Der Hügel, auf dem das Schloss Aigle steht, zeugt von den letzten Ablagerungen dieses Gletschers rund um kleine (verschwundene) Seen herum. Der Gletscher bedeckte auch Yvorne, obwohl man Seitenmoränen des Rhonegletschers auf der Anhöhe von Vers-Pousaz und auf den Hängen der George findet. «Seit dem Rückzug der Gletscher vor 10’000 Jahren produziert die Erosion der Felswände grosse Mengen von Kieseln, Steinen und kantigen Blöcken, die sich in Form von mehr oder weniger steilen, mehr oder weniger kiesigen und mehr oder weniger stabilen Geröllzungen unter den Gipfeln ausbreiten.» So dass den Einwohnern von Yvorne am 4. März 1584 buchstäblich der Himmel auf die Köpfe fiel: 69 Häuser, 106 Scheunen, 4 Keller

The glacier also covered Yvorne. “Since the retreat of the glaciers 10,000 years ago, cliff erosion has produced large quantities of pebbles, stones and angular blocks that extend under the slopes in the form of tongues of scree that are more or less pointed, more or less stony and more or less stable.” So much so that on 4th March 1584 the sky fell on the inhabitants of Yvorne: 69 houses, 106 barns, 4 cellars and 2 mash staffs were buried under the rocks that rolled down from Corbeyrier. One hundred people and 300 animals died. … p. 8

7


Chablais | Aigle und Yvorne 

und 2 Schlachthäuser wurden von den Felsmassen verschüttet, die sich oberhalb von Corbeyrier gelöst hatten. Hundert Personen und dreihundert Tiere kamen ums Leben. Yvorne baute später seinen Ruf auf dieser Katastrophe auf, oder besser: auf ihren Überbleibseln wie dem Schuttkegel der Ovaille und von Maison Blanche, hatte der Felssturz doch den fast neuen Wohnsitz der Berner Herren von Erlach mit sich gerissen. Doch Erdrutsche gab es schon davor; sie formten das Relief dieses sehr speziellen Teils des Chablais... Der grosse «Hahnenkampf» im Chablais Kein Zweifel: Dieses gepeinigte Relief hat einen Einfluss auf den Charakter der Menschen. Zwischen Aigle und Yvorne wurde (mit harten Bandagen) ein Kampf um die Definition der weinbaulichen Geschicke des Waadtlandes ausgetragen. Und zwar in den Jahren von 1950 bis 1965. Auf der einen Seite stand ein Mann voller Tatendrang, «mit vom Glück gesegnetem Geschick», wie Michel Logoz in einem Text zum 50. Jahrestag des Labels Terravin (2014) schrieb, Machia­ velli zitierend: Henri Badoux, von 1950 bis 1956 Bürgermeister von Aigle, Deputierter im Grossrat, Nationalrat, Präsident der Union des Négociants en Vin und der Société des Encaveurs de Vins

… Yvorne has built its reputation on this catastrophe, still called the Ovaille – Maison Blanche landslide as it carried away the almost new property of the Bernese lords of Erlach. War of the chieftains in the Chablais region A contest between Aigle and Yvorne was largely responsible for defining the Vaud wine landscape. It happened in the years 1950-1965. On the right, Henri Badoux, the mayor of Aigle from 1950 to 1956, a Grand Council deputy, a national council-

8

In den weniger steilen Lagen von Aigle und Yvorne werden die Reben auf Drahtrahmen erzogen und nicht mehr im traditionellen Gobeletsystem.

Der «reine» Yvorne als Stammvater des Labels Terravin Um dem Druck des benachbarten Weinhandels zu widerstehen, hatte sich Robert Isoz ein System ausgedacht, das Erntebegrenzungen und Reinheit der Herkunft vorwegnahm. Am 15. Januar 1962 liess er von der Sektion Yvorne der Fédération Vaudoise des Vignerons ein

Reglement annehmen, das «eine Kontrollmarke für Herkunft und Qualität der Weine von Yvorne einführte»: Begrenzung der Erträge auf 0,75 hl Wein pro Hektare (etwas mehr als eine Flasche von… 70 cl pro Quadratmeter), mindestens 75° Oechsle, 100% Herkunft aus dem Produktionsort und eine Kontrolldegustation, ausschliesslich für Chasselasweine reserviert, die Anrecht auf das Label… Terravin bot. Zwei Jahre später, im April 1964, «überlassen» die Winzer von Yvorne ihre geschützte Marke allen Waadtländern. Nicht, ohne ihren Wein verwässern zu müssen: Bloss die Degustation blieb übrig, die anderen Parameter wurden von der kantonalen Gesetzgebung geregelt, die 2009 schliesslich die AOC «regionalisierte». Sowohl in Aigle als auch in Yvorne wird rund ein Drittel der Ernte an Weinhändler geliefert, von denen die wichtigsten (Schenk, Obrist, Hammel) eigene Weingüter in Yvorne besitzen. Ein weiterer Drittel wird von Selbstkelterern abgefüllt, zu denen auch die Gemeinden Aigle (8 ha) und Yvorne (5 ha) zählen, ja selbst der Kanton dank den Hospices cantonaux (3 ha in Aigle). Das letzte Drittel schliesslich verarbeiten die Kooperativen, die Artisans Vignerons d’Yvorne (AVY) und die Celliers du Chablais in Aigle, die mit Ollon gemeinsame Sache machen.

lor, the president of the Wine Merchants’ Union and of the Association of Swiss Winemakers, as well as an entrepreneur, endowed with qualities, as Michel Logoz described him, quoting Machiavelli in a text for the 50th anniversary of the Terravin quality label (2014). This merchant campaigned for extending appellations and attributing the generic name, Dorin to Chasselas wine from the Vaud region along the lines of Fendant and Perlant in the Valais and Geneva cantons respectively. On the left, a resistance fighter “in the hardline camp”

(wrote Robert Isoz), the mayor of Yvorne, the president of the Vaud Winegrowers’ Federation from 1956 to 1970, and the owner of the Portes Rouges estate. The war of the chieftains lasted for a good ten years. It left its mark. At Badoux Vins, part of the Schenk group since 2008, their Aigle Les Murailles which is the best-selling Chasselas in Switzerland with almost a million bottles sold per year, has AOC Chablais classification, which allows regional blending. La Maison du Lézard focuses on a brand policy and does not produce Grand cru wines.

Suisses. Der Weinhändler kämpfte für die Erweiterung der Appellationen und für einen Oberbegriff für den Waadtländer Chasselas, den «Dorin», nach dem Vorbild des Walliser «Fendant» und des Genfer «Perlant». Auf der anderen Seite stand ihm ein Widerständler gegenüber, «in der reinsten und härtesten Tradition» (wie Logoz schreibt): Robert Isoz, Bürgermeister von Yvorne, von 1956 bis 1970 Präsident der Fédération Vaudoise des Vignerons und Besitzer der Domaine des Portes Rouges. Der «Hahnenkampf» zwischen diesen beiden dauerte gut zehn Jahre. Und hinterliess Spuren. Bei Badoux Vins, seit 2008 zur Gruppe Schenk gehörend, ist der Aigle Les Murailles der mit fast einer Million Flaschen pro Jahr am meisten verkaufte Chasselas der Schweiz, als AOC Chablais klassiert, was die regionale Assemblage erlaubt. Das Haus mit der Eidechse setzt ganz auf Markenpolitik und produziert keine «Grands Crus».

Le Guillon Nr. 49 2/2016


© Pascal Besnard

1ers Grands Crus bleiben auf der Strecke Bei unserer Degustation überstand keiner der 1ers Grands Crus 2015 (und ein einziger von 2014) die erste Runde. Aigle weist keinen einzigen 1er  Grand  Cru auf, dagegen kommen aus Yvorne nicht weniger als 15% aller Waadtländer 1ers Grands Crus, nämlich 27’000 Liter Chasselas im Jahr 2015, verteilt auf

L’Ovaille der Brüder Deladoey, den Clos de l’Abbaye der Gemeinde Yvorne, den Clos de la George der Familien Rolaz und Thorens sowie L’Ovaille 1584 der Hammel SA. Der Clos du Rocher und der Château Maison Blanche haben ihr 1erGrand-Cru-Dossier eingereicht (und es wurde auch bereits akzeptiert), doch bisher haben sie noch keinen Wein von der Spitze der Waadtländer Qualitäts-

pyramide unter diesen Etiketten kommerzialisiert. Selbstverständlich sind diese 1ers Grands Crus für eine längere Lagerdauer geschaffen und sollten sich gerade in einem reichhaltigen Jahrgang wie 2015, geprägt von der charakteristischen Bitternote der Weine von Yvorne, erst nach einigen Monaten, ja sogar nach einigen Jahren voll und ganz entfalten!

Yvorne a ‘pure’ ancestor of the Terravin quality label To resist the pressure coming from the neighbouring winery, Rober Isoz envisaged a system that would place limits on harvest volumes and ensure purity of origin. On his instigation, a ruling was passed on 15th January 1962 with respect to the Yvorne section of the Vaud Winegrowers’ Federation which “established a trademark guaranteeing the origin and quality of Yvorne wines”, and placed the following limitations on yields: 0.75 hl of wine per hectare

(a little more than a 70cl bottle per m2), 75° Oechsle, 100% production region and one tasting conferring the right to use the Terravin quality label – and that only for Chasselas wine. Two years later, in April 1964, the Yvorne winegrowers extended their protected trademark to the rest of the Vaud canton. Only the tasting remains - all the other parameters were integrated into cantonal legislation which ended up ‘regionalising’ the AOCs in 2009. In both Aigle and Yvorne, about one third of the harvest is delivered to wine mer-

chants of which the main ones, Schenk, Obrist, and Hammel, own estates in Yvorne; one third is treated by the wine producers, that is the communes of Aigle (8 ha) and Yvorne (5 ha), and even the State of Vaud, through its Hospices cantonaux estates (3 ha in Aigle); and one third by the cooperatives, the Artisans Vignerons d’Yvorne, and the Celliers du Chablais, in Aigle, that work together with Ollon.

Le Guillon Nr. 49 2/2016

9


10

Le Guillon Nr. 49 2/2016


Chablais | Aigle und Yvorne

 Das Siegerduo: der Önologe André

Hotz (links) und Jean-Daniel Suardet, Winzerchef des Clos du Rocher.

Die dritte Degustation, die den grossen Waadtländer Chasselas gewidmet war, diesmal denen aus Aigle und Yvorne, fand wie die vorhergehenden (Dézaley, Féchy) in zwei Durchgängen statt, am Montag, den 4. Juli, in der Weinbar Midi 20 in Lausanne. Drei neue Jurymitglieder sassen am Tisch: Marie Linder, Weinexpertin, Rodrigo Banto, Chefönologe von UVAVINS, sowie Jérôme Aké Béda, Sommelier. Sie degustierten zusammen mit den erprobten TerravinVerkostern Marco Grognuz, Selbstkelterer, Richard Pfister, Önologe, und Jean Solis, Weinhändler. Die Degustation stand allen Grands Crus und Chasselas der AOC Chablais offen, welche die Kriterien des Grand Cru respektieren (vor allem in Sachen Verschnitt). 36 Weine, alle aus dem Jahrgang 2015, 19 aus Aigle und 17 aus Yvorne, waren uns per Post zugeschickt worden. Für den ersten Durchgang wurden die Weine gleichmässig und in Sachen Herkunftsort alternierend in sechs Serien unterteilt. Die Jury wählte, ohne die Weine zu kommentieren, zwei Weine pro Serie aus. Da zwei Weine genau gleich abschnitten, kamen schliesslich 13 Weine ins Finale, 7 aus Aigle und 6 aus Yvorne. Die auf diese Weise selektionierten Weine wurden nochmals degustiert, kommentiert und benotet. Die gesamte Degustation war strikt blind, die Jury hatte keinerlei Hinweise zu den Weinen. Der Sieger des Tages war der Clos du Rocher. Dieses historische Weingut, vor einem Jahrhundert (1918) von Emile Obrist, dem Weinhändler aus Vevey, gekauft, ist längst eine Berühmtheit und eine Referenz. Seine 10 ha sind zu 87% mit Chasselas bestockt, auf den steilsten (50 bis 60% Gefälle), voll nach Süden ausgerichteten Hängen von Yvorne. Bei der ersten Austragung

Le Guillon Nr. 49 2/2016

 Die Jury (von links): Jean Solis, Marco Grognuz, Marie Linder, Jérôme Aké Béda, Rodrigo Banto und Richard Pfister.

© Philippe Dutoit

Der Mensch noch vor dem Terroir

des Mondial du Chasselas in Aigle, 2012, errang dieser Grand Cru die allerhöchste Auszeichnung, und zwar mit dem Jahrgang 2011. Wir haben es auf der vorhergehenden Seite erwähnt: Badoux Vins verkauft keinen einzigen Grand Cru. Doch die Fachleute von Badoux haben ein Mandat für die Vinifikation der Weine der Gemeinde Aigle und der Hospices cantonaux in Villeneuve. Die Réserve der Gemeinde Aigle mit der «Retroetikette» des Malers Frédéric Rouge ist zwar offiziell kein «Grand Cru», aber «100%ig unverschnitten», wie Daniel Dufaux, Direktor von Badoux, versichert. Dieser Wein, hauptsächlich in Subskription an die Bewohner des Hauptortes des Chablais verkauft, klassierte sich in unserer Degustation auf dem zweiten Platz, der Chasselas der Hospices cantonaux, bei den Waadtländer Funktionären wohlbekannt, wurde fünfter. Zwischen diesen von Badoux «unterzeichneten» Weinen errang der Önologe Frédéric Blanc den dritten Rang. Man hätte ihn eher mit seinen Tropfen aus Yvorne erwartet, entweder mit dem A la George des Familienweinguts (13. der klassierten Weine, nicht kommentiert) oder mit dem 1er Grand Cru L’Abbaye der Gemeine Yvorne (die 5 ha Reben besitzt). Ex aequo mit dem Chant

des Resses der Genossenschaft AVY, einem sicheren Wert! Im fünften Rang dann (ex aequo mit dem Aigle der Hospices cantonaux) der Merveille des Roches, eine Selektion, die ebenfalls eines Grand Cru würdig wäre, produziert von der Kooperative in Aigle, Les Celliers du Chablais. Dann folgte das Château Maison Blanche, im Besitz der Familien Schenk und Rosset, dessen Lage – es steht wie ein Leuchtturm mitten auf dem Hang von Yvorne – vergleichbar ist mit dem Clos du Rocher, mit 7,5 ha Reben (75% Chasselas). Und schliesslich der Aigle Chapelle, der vom Önologen Bernard Cavé vinifiziert wird, eine selektionierte Cuvée, welche die Richtlinien des Grand Cru respektiert, auch wenn der Produzent das nicht auf der Etikette vermerkt, im Gegensatz zum Clos du Crosex Grillé, der nicht ins Finale kam, ein in Betonamphoren ausgebauter Grand Cru, der Mitglied bei Mémoire des Vins Suisses ist. Zusammenfassend kann man sagen: Das «Terroir» hat seine ihm zugeschriebene Hierarchie nicht von vorneherein ausgespielt, aber die Künstler, die es zum Strahlen bringen, verstehen es sogar mit Weinen zu brillieren, die etwas weniger glanzvolle Etiketten tragen. Eine schöne Bestätigung! PTs

11


Chablais | Aigle und Yvorne

1ers Grands Crus und Grands Crus 2015 aus Aigle und Yvorne

Die grosse Degustation

Pierre Thomas – Fotos: Bertrand Rey

1.

18.2/20

Clos du Rocher, Yvorne Grand Cru AOC Chablais, Obrist SA, Vevey, 13%-vol., CDC-Flasche, Drehverschluss www.obrist.ch, www.c-d-c.ch Offenherzige Nase mit Noten von Früchten aus dem Obstgarten (Äpfel, Birnen und Pfirsich). Etwas aggressive Kohlensäure im Auftakt, mächtig, mit Schmelz, üppig und mineralisch, harmonisch und lebhaft, im Abgang eine Spur alkoholisch und von schöner Länge. Ein schöner Wein mit grossem Alterungspotential.

2.

17.4/20

Réserve de la Commune d’Aigle Offizielle Etikette von F. Rouge, Aigle AOC Chablais, 12,8%-vol., 70-cl-Flasche, Drehverschluss www.aigle.ch Diskrete Nase mit Noten von reifen weissen Früchten. Säurebetonter, etwas laktischer Auftakt, elegant und frisch; im Finale fehlt es ihm etwas an Pep. Ein Wein von schöner Fülle, reichhaltig und verführerisch.

 Daniel Dufaux, verantwortlich für die

Vinifikation der Réserve der Gemeinde Aigle.

12

Le Guillon Nr. 49 2/2016


 Frédéric Blanc (rechts) mit seinem Sohn Axel.

3.

 Patrick Ansermoz, Direktor der AVY.

ex aequo 17.2/20

La Golliez, Aigle Grand Cru AOC Chablais, Charly Blanc & Fils, Versvey, 12%-vol., 70-cl-Flasche, Drehverschluss www.charlyblanc.ch In der Nase Aromen von weissen Blüten und mineralische Noten. Schöner, geschmeidiger Auftakt, ausladend und reichhaltig; ein fleischiger, aromatischer Wein, ausgewogen, gut strukturiert und mit viel Schmelz im Finale. Einer der Verkoster notiert, dieser Wein sei momentan ein «Bluffer».

5. ex aequo – 17/20 Hospices cantonaux, Aigle Grand Cru AOC Chablais, Vignobles de l’Etat de Vaud, 12,8%-vol., 75 cl, Drehverschluss, Label Terravin www.vd.ch Diskrete Nase mit Noten von Pfirsich und Grapefruit. Im Auftakt Akzente von gelben Früchten, dann feine Textur und schöner Schmelz. Das Finale ist ausgewogen und elegant – ein vollmundiger Wein aus einem Guss, der zurzeit sehr angenehm zu trinken ist. Merveille des Roches, Aigle AOC Chablais, Les Celliers du Chablais SA, 12%-vol., 70 cl, Pot vaudois, Diam-Kork, Label Terravin www.lecaviste.ch Diskrete, etwas laktische Nase. Weicher Auftakt, schöne frische Frucht, im Finale etwas bitter, aber frisch und elegant. Ein gut gebauter Wein, dem es ein wenig an Volumen mangelt.

7. – 16,8/20 Château Maison Blanche, Yvorne Grand Cru AOC Chablais, 12,5%-vol., CDC-Flasche, 75 cl, Drehverschluss www.maison-blanche.ch – www.c-d-c.ch Zarte Nase mit Gäraromen und Anisnoten. Kohlensäure im Auftakt, ein köstlicher Wein mit schöner Fülle, Schmelz, Wucht und einer

Le Guillon Nr. 49 2/2016

Chant des Resses, Yvorne Grand Cru AOC Chablais, Artisans Vignerons d’Yvorne, 13%-vol., 70-cl-Flasche, Drehverschluss, Label Terravin www.avy.ch Florale Nase mit Noten von Lindenblüten. Frischer, eleganter Auftakt mit Schmelz und leichten Gäraromen, recht lang im Gaumen und mit feiner Bitternote im Finale. Ein Wein, der mehr auf Eleganz als auf Struktur setzt, schöne Harmonie zwischen Reife und Frische.

mineralischen (Feuerstein-) Note, die sich im Lauf der Degustation immer deutlicher ausprägt.

12,5%-vol., 70 cl, Pot Vaudois 70 cl, Diam-Kork www.pameylan.ch

8. – 16,5/20

Offenherzige Nase mit Noten von Ananas, Mango und Honig. Frischer Auftakt mit einem Hauch Kohlensäure, viel Schmelz und Wucht. Ein reifer, reichhaltiger Wein.

Aigle Chapelle AOC Chablais, Bernard Cavé, Ollon, 70 cl, 12,5%-vol., Pot Vaudois 70 cl, Diam-Kork www.bernardcavevins.ch In der Nase laktische Noten und reife Birnen. Kohlensäure im Auftakt, im Gaumen frisch, unterstrichen von einer feinen Säure und mit leicht buttrigem Finale. Ein Wein mit reifer Aromatik, aber trotzdem ausgewogen.

9. – 16,3/20 Le Tard, Aigle Grand Cru AOC Chablais, Cave Borloz, Alexandre Favre, Aigle, 70 cl, 12%-vol., Drehverschluss www.winechablais.ch In der Nase Gärnoten und ein Hauch von Mineralität. Im Auftakt Kohlensäure, leicht zugänglich, geschmeidig und reichhaltig, mit reifen Fruchtaromen. Es fehlt ihm etwas an Intensität und Länge im Gaumen, das Finale wirkt etwas alkoholisch.

10. – 15,75/20 Chapelle, Aigle Grand Cru AOC Chablais, Pierre-Alain Meylan, Ollon,

11. – 15,5/20 Yvorne Grand Cru AOC Chablais, Stéphane Borter, Aigle, 12,5%-vol., 70 cl, Naturkork, Label Terravin www.borter-vins.ch Noch etwas verschlossene Nase mit Pfirsichund Melonennoten sowie Gäraromen. Geschmeidiger Auftakt, köstliches Finale auf salzigen und mineralischen Noten, aber etwas kurz.

12. – 15,4/20 Les Portes Rouges, Yvorne Grand Cru AOC Chablais, Claude Isoz, 12%, 75 cl, Drehverschluss www.winechablais.ch In der Nase Röstaromen und Nuancen von nassen Steinen. Mächtiger Auftakt mit viel Schmelz; im Gaumen findet man dieselben Aromen wie in der Nase. «Old style» mit einer leichten Tanninstruktur und einem etwas vegetabilen Hauch.

13


Toujours là où il y a des chiffres. Immer da, wo Zahlen sind.

En tant que sociétaire découvrez les plus belles régions vinicoles suisses. Entdecken Sie als Mitglied die schönsten Schweizer Weinregionen. 500 vignerons vous invitent à vivre une expérience unique sur leur domaine. Und profitieren von über 500 Spezialangeboten bei den Winzern vor Ort.

raiffeisen.ch/regionsvinicoles raiffeisen.ch/weinregionen

50 %

l’hôtel sur le train, ions et les excurs , Hotels, auf Anreise chiff Bahn und S


Chablais | Rotweine

Syrah & Co. mit Charakter Die Chasselas der prestigereichen Appellationen Yvorne oder Aigle kennt und schätzt man auch in der Deutschschweiz. Deutlich weniger bekannt dagegen sind die Rotweine aus dem Chablais. Etwas, was sich angesichts ihrer Qualität schleunigst ändern sollte. Eva Zwahlen Fotos: Hans-Peter Siffert Yvorne und Aigle, ja, das sind Produktionsorte, die man auch diesseits des Röstigrabens als Berühmtheiten schätzt. Doch den Rest der Appellation Chablais, Villeneuve, Ollon und Bex, kennen viele nur vom Blick aus dem Zug- oder Auto­ fenster, auf der Durchreise ins Wallis. Tatsächlich ist das Chablais mit seinen rund 590 Hektaren Reben der Verbindungskorridor zwischen der spektakulären Weinlandschaft am Lac Léman und dem Wallis mit seiner Fülle von Rebsorten. Am Fuss der Waadtländer Alpen gelegen und damit bereits deutlich alpin geprägt, profitiert das Chablais von ähnlich günstigen klimatischen Bedingungen wie der Nachbarkanton (viel Sonne, Föhn), weist aber mehr Niederschläge auf als das Wallis mit seinem Steppenklima.

von Flysch dominiert. Vor allem Bex hat sich dem Rotwein verschrieben; heute nehmen rote Sorten stolze 60% der Fläche ein. Doch der Weisswein dominiert deutlich. Der Chasselas bleibt mit 63% der Fläche unangefochtener Leader im Chablais, gefolgt von den traditionellen Rotweinsorten Pinot noir (16,5%) und Gamay (fast 7%). 13,5% der Fläche sind weissen und roten Spezialitäten vorbehalten. Auf letztere wollten wir uns diesmal konzentrieren. Und zwar nicht auf Assemblagen, sondern ausschliesslich auf

reinsortig vinifizierte rote Spezialitäten. Die Anbauflächen dieser Rebsorten sind verschwindend klein, die wichtigste ist der Gamaret mit 3%, gefolgt von Merlot (1,8%), Garanoir (1,6%) und Galotta (0,6%). Syrah und Cabernet franc liegen fast gleichauf, mit bescheidenen 0,5%, vor Diolinoir (0,4%), Mondeuse (0,15%) und Dornfelder (0,1%). Trotz anekdotischen Mengen haben zumindest einige dieser roten Sorten durchaus das Zeug dazu, wahrhaft grosse Weine hervorzubringen. Das hat unsere Degustation eindrücklich bewiesen. ■ ■ ■

 Die Deutschschweizer Jury war von den meisten Rotweinen aus dem Chablais sehr positiv überrascht.

Wenig bekannt Das Chablais umfasst, vom Wallis aus rhoneabwärts gesehen, die fünf Produktionszonen Bex (110 ha), Ollon (122 ha), Aigle (135 ha), Yvorne (160 ha) und Villeneuve (63 ha), alle auf dem rechten Rhoneufer gelegen. Die Böden des Chablais gehören zu den originellsten des Kantons: In Villeneuve, Yvorne und Aigle bestehen sie vorwiegend aus Geröll von Bergstürzen, sind tiefgründig und kiesig mit hohem Anteil von Kalksplittern, eingebettet in lehmigen Mergel. Die steilen, oft konvexen Hänge von Ollon und Bex dagegen sind wenig tiefgründig und werden von Gips, teilweise

Le Guillon Nr. 49 2/2016

15


16


Chablais | Rotweine

Die Verkostung Angeschrieben wurden sämtliche Produzenten der AOC Chablais, rund 50 an der Zahl. Nicht wenige unter ihnen keltern keine reinsortigen roten Spezialitäten, obwohl die meisten ihren Sortensatz in den letzten 15, 20 Jahren erweitert habe; oft «verschwinden» diese Varietäten in Assemblagen. 19 Weine trafen schliesslich in Zürich ein und stellten sich dem Urteil einer erprobten Deutschschweizer Jury (siehe Seite 19). Das Resultat? Ausgesprochen erfreulich: Mit wenigen Ausnahmen wussten die Weine qualitativ zu überzeugen, einige sogar zu begeistern. Immerhin vier Weine durchbrachen die Schallmauer von 17 Punkten. Verkostet wurden die Weine blind, unterteilt in acht nach Rebsorten gegliederte Serien. Einzig die Rebsorte wurde der Jury mitgeteilt, damit sie die Sortentypizität in ihre Beurteilung einfliessen lassen konnte. Eine Klasse für sich Der stilvolle Yvorne Syrah 2014 Grand Cru, der sich mit 18,3 von möglichen 20 Punkten souverän an die Spitze des Klassements setzte, stammt aus einer

der berühmtesten Lagen des Chablais, aus dem Clos de la George in Yvorne. Spektakulär eingebettet in eine Fels­ arena, in steiler, windgeschützter Südexposition, liegt dieser Clos und bietet mit seinen kiesigen, kalkreichen Moränenböden ideale Bedingungen nicht nur für den in Yvorne omnipräsenten Chasselas, sondern auch für andere Sorten, die auf dicht bepflanzten Terrassen wachsen. So wie unser siegreicher Syrah. Charles Rolaz, dessen Familie sieben prestigereiche Domänen in der Waadt besitzt, begann schon vor 25 Jahren, den Klimawandel antizipierend, in all seinen Gütern rote Spezialitäten anzupflanzen: «Wir entschieden uns bewusst für edle internationale Varietäten wie Syrah, Merlot und Cabernet franc und nicht für Neuzüchtungen wie Gamaret oder Garanoir, da wir uns auch international messen wollten.» Dass die Anteile der roten Spezialitäten an der Gesamtfläche nach wie vor bescheiden sind, schreibt er der Tatsache zu, dass das Chablais traditionell für seine Weissweine berühmt ist, die sich immer gut verkauft haben. «Im Gegensatz zu weniger hoch kotierten Regionen wie der Waadtländer Côte war das

Chablais nicht gezwungen, sein Glück in der Diversifizierung zu suchen. Das heisst aber nicht, dass Terroir und Klima nicht für Rotweine geeignet wären.» Im Gegenteil. Gerade Syrah dränge sich recht eigentlich auf, schliesslich liege das Chablais zwischen dem schweizerischen und dem französischen Rhonetal. Überraschender Cabernet franc Auf dem hervorragenden zweiten Platz, wenn auch mit deutlichem Abstand zum Siegerwein, plazierte sich mit 17,5 Punkten der tiefgründige, finessenreiche Cabernet franc 2014 aus Ollon, auf sandigen Kiesböden einer ehemaligen Gletschermoräne gewachsen und gekeltert von Olivier Christinat. Dieser freut sich vorbehaltlos über das gute Abschneiden und zollt dem Sieger seinen Respekt: «Der ist natürlich eine Klasse für sich…» Olivier Christinat bearbeitet ein kleines Gut von zwei Hektaren, in Aigle und in Antagne-sur-Ollon gelegen. «Vor zwanzig Jahren begannen wir wie alle Winzer in der Region unseren Sortensatz zu hinterfragen und nach Alternativen zu den gängigen Klassikern Ausschau zu halten», erzählt er. Mittlerweile habe sich die Situation kon-

Another Chablais Yvorne and Aigle are very well known in the German-speaking part of Switzerland – but only for their Chasselas wines. On the other side of the Röstigraben (the French/Germanspeaking boundary line) other production areas of the Chablais region, such as Vileneuve, Ollon and Bex, are generally overlooked and people tend to go straight to the Valais canton. The Chablais region is rather like a corridor that links the spectacular vineyards reflected in the waters of Lake Geneva with those of the Valais, rich in specialities. Situated at the foot of the Pre-Alps

Le Guillon Nr. 49 2/2016

and the Swiss Alps, and therefore very much influenced by the mountains, the Chablais region enjoys the same good climatic conditions as does the Valais – a large amount of sun and the Foehn effect – but receives more rainfall. 13.5% of specialities The Chablais appellation covers five production areas which lie side by side along the right shore of the Rhone: Bex (110 ha), Ollon (122 ha), Aigle (135 ha), Yvorne (160 ha) and Villeneuve (63 ha). The Chablais soils are among the most distinctive in the canton. Those of

Villeneuve, Yvorne and Aigle are largely composed of rocky debris (scree), are deep and pebbly, and contain a large amount of calcareous elements enclosed in a clay matrix. In contrast, the soils of the steep, often convex slopes of Ollon and Bex are less deep, and gypsum and often flysch predominate. Bex is a production area that has long focussed on red grape varieties, which account for 60% of the yield. Otherwise, white reigns supreme. Chasselas, which covers 63% of the surface area, is by far the leading variety. It is followed … p. 19

17


BE DIFFERENT. BE SWISS.

WYSCHIFF RAPPERSWIL, LUZERN, BASEL, THUN, SOLOTHURN & ZUG EINE REISE IN DIE ERLEBNISWELT DER SCHWEIZER WEINE Auf dem Wyschiff präsentieren renommierte Schweizer Winzer mit Stolz ihre neusten Weinkreationen. Die meisten von ihnen sind Selbstkelterer aus traditionellen Familienbetrieben. Viele der teilnehmenden Produzenten haben sich in den letzten Jahren durch höchste nationale und internationale Medaillenränge ausgezeichnet. Sie freuen sich, mit Ihnen ihre 300 Weine zu kosten. Sie sind gespannt auf Ihr Urteil – auf ein Gespräch unter Kennern in persönlicher Atmosphäre. Lassen Sie sich verführen und begeben Sie sich auf eine Reise in die Erlebniswelt der Schweizer Weine. Wir freuen uns auf Ihren Besuch! Verein Wyschiff Schweizer Winzer

WYSCHIFF -DATEN 2016: Wyschiff Rapperswil

25. – 28. Februar

Wyschiff Luzern

17. – 20. März

Wyschiff Basel

31. März – 03. April

Wyschiff Thun

07. – 10. April

Wyschiff Solothurn (neu)

10. – 13. November

Wyschiff Zug

16. – 19. November

Eintritt: CHF 10.00 (inkl. Wyschiff-Glas)

www.wyschiff.ch


Chablais | Rotweine

solidiert und die meisten Kollegen seien dabei, sich nach einer Phase der Experimente auf die Sorten zu konzentrieren, die sich wirklich für Terroir und Klima eignen. Die Hälfte seiner Reben ist bei Olivier Christinat immer noch mit Chasselas bestockt, dafür hat er viel Pinot noir ausgerissen. «Der wird auf unseren steilen Südhängen schnell sehr reif. Zu reif für meinen Geschmack. Deshalb produziere ich nur noch einen Rosé de Pinot noir.» Dafür sind ein reinsortiger Gamay – «den möchte ich vermehrt in den Vordergrund stellen» –, ein Merlot und eben der erfolgreiche Cabernet im Angebot. Ein Cabernet franc, nicht ein Cabernet Sauvignon, «der würde bei uns nicht voll ausreifen». Im Gegensatz zum Cabernet franc, der für eine Assemblage gedacht war. «Doch dann gefiel er mir so gut, dass ich den Versuch wagte, ihn allein auszubauen, in zwei- bis dreijährigen Barriques…» Bei den Kunden kommt dieser Wein so gut an, dass Christinat zu den bestehenden 1500 Quadratmetern künftig weitere Parzellen mit der Sorte bestocken und, eine gute Ernte vorausgesetzt, dieses Jahr auch erstmals den Syrah reinsortig ausbauen will. ■ ■ ■

… by traditional red grape varieties like Pinot Noir (16.5%) and Gamay (near 7%). Overall, red and white specialities account for 13.5% of the Chablais production area. For the present tasting, it is these wines that are of interest to us, that is, not blends but single variety wines. The surface areas growing red specialities are very small: 3% for Gamaret (the largest, with 17 ha), 1.8% for Merlot (10.3 ha), 1.6% for Garanoir (9.2 ha), 0.6% for Galotta (3.3 ha), 0.5% for Syrah and Cabernet Franc alike (3.3 ha), 0.4% for Diolinoir, 0.15% for Mondeuse, and 0.1% for Dornfelder. Despite the extremely small quantities, these red varieties, or at least certain among them, have

Le Guillon Nr. 49 2/2016

Degustation und Jury Die Degustation fand am 8. Juli 2016 in Zürich statt, in den Räumlichkeiten von Swiss Wine Connection. Zur Jury gehörten (von links nach rechts) HansGeorg Babits (Weinakademiker, Weinberater und Lehrer an der Académie du Vin), Susanne Scholl (Weinjournalistin), Rudolf Trefzer (Publizist und Spezialist für Ess- und Trinkkultur bei Radio SRF), Eva Zwahlen (Weinjournalistin und langjährige Mitarbeiterin der Revue Le Guillon) sowie Andreas Keller (Weinjournalist und Inhaber einer Wein-Event- und Presseagentur).

shown that they can deliver excellent wines on Chablais soils. That is what our tasting has demonstrated. The tasting About 100 producers registered for our tasting, all had AOC Chablais classification. Some of them do not make monovarietal red specialities - although most have broadened their range of wines these last few years - so the specialities are often lost among the blends. In the end, nineteen wines arrived in Zurich to be submitted to a seasoned SwissGerman jury (see box). The outcome was extremely satisfactory. Apart from a few exceptions, these wines managed

to engage and awaken the interest of the jury. Four wines even crossed the ‘sound barrier’ with 17 points! The tasting was blind and the wines were divided into 8 series according to grape variety. The tasting panel were informed only of the grape varieties to allow them to take into account their characteristic features. The podium With 18.3 points out of 20, the highly stylised Syrah 2014 Grand Cru d’Yvorne came first. It comes from one of the most famous Chablais vineyards, le Clos de la George, which is spectacularly nested within walls. With its full… p. 20

19


Chablais | Rotweine

Fast wie in der Loire Auf dem dritten Rang unserer Verkostung landete – Zufall oder nicht? – ebenfalls ein Cabernet franc aus Ollon 2014, benotet mit 17,3 Punkten und gekeltert von Pierre-Alain Meylan. «Wir haben hier in Ollon ein absolut ideales Terroir für Cabernet franc», findet der Winzer, dessen Wein schon mehrfach ausgezeichnet worden ist und der in seinen besten, nach Süden exponierten Steillagen wächst. «Die Böden sind sehr kalkreich, ähnlich wie in der Loire…» Die Loire beziehungsweise die Weine, die dort wachsen, sind Meylans Vorbild, seine Inspiration. «Ja, ich liebe die Loireweine – und ich mache grundsätzlich Weine, die ich selber liebe.» Deshalb hat er nicht nur Sauvignon blanc, sondern auch Cabernet franc gepflanzt. Die Lese 2014 wird er nicht so schnell vergessen, «denn wegen der Kirschessigfliege musste alles schnell gehen. Wir lasen zehn Tage früher als üblich und konnten nur zwei Drittel einer normalen Ernte einbringen.» Am Schluss befüllte er dann aber doch ein Dutzend Barriques mit dem edlen Rotwein, den Rest verarbeitete er zu Rosé. «Um Cabernet franc zu pflanzen, musste ich Chasselas ausreissen. Das war ein richtiger Entscheid, denn so konnte ich die Gastronomie erobern. Probieren Sie

Cabernet franc zu Wildgerichten – eine perfekte Kombination.» Ebenfalls auf den dritten Platz schaffte es ex aequo der Syrah Grand Cru 2014 aus Ollon von Harald Cropt. Der sympathische junge Winzer, Absolvent von Changins und Spross einer Familie, die neben zwei Hektaren Reben mit zehn Rebsorten auch Ackerflächen kultiviert, ist nicht nur ein bekannter Schwinger, sondern offensichtlich auch ein Weinmacher mit Schwung. «Es ist das allererste Mal, dass ich den Syrah reinsortig vinifiziert und abgefüllt habe», gesteht er. «Eigentlich war das ein Versuch…» Ein gelungener! Die Trauben seiner Syrahstöcke, die alle den Rebmauern entlang gesetzt sind, um von möglichst viel Sonne und Wärme zu profitieren, hat er mutig in einer neuen Barrique vergoren und ausgebaut, nach dem System der integralen Vinifikation. Das Resultat ruft nach mehr. Harald Cropt hat denn auch noch einiges vor: Gerade hat er Merlot angepflanzt…

… southern exposure sheltered from the wind, its steep terraced slope, and its morainal soil rich in limestone gravel, this vineyard offers ideal conditions not only for the omnipresent Chasselas but also for various specialities - such as the winning Syrah. Twenty five years ago, Charles Rolaz from Rolle who belongs to a family that owns seven prestigious estates in the Vaud canton, anticipated the climate change and started planting red grape varieties. The Syrah variety fits perfectly in the Chablais region lying between the Swiss and French parts of the Rhone valley.

The Cabernet Franc 2014 from Ollon, signed Olivier Christinat, came second with 17.5 points, well below the winner’s score. A powerful and elegant wine, drawn from a steep, sandy and stony soil, formerly moraine, it is the fruit of the wine-maker’s vinification talents. Third place in our tasting went jointly to another Cabernet Franc from Ollon and to a Syrah. The former, vinified by Pierre-Alain Meylan, obtained a score of 17.3. “Here in Ollon, we have a climate and soil that are perfect for Cabernet Franc”, the wine-maker explains excitedly. This wine that comes from grapes

20

Merlot, Mondeuse und – Dornfelder Auf dem fünften Platz findet sich ein alter Bekannter: der Merlot Apicius 2013 aus dem Clos du Châtelard, ebenfalls im Besitz der Familie Rolaz (und beim Mondial du Merlot 2012 zum Ärger der Tessiner als bester Merlot der Schweiz

ausgezeichnet), gefolgt vom Gamaret L’Aigle bleu 2014 der Winzergenossenschaft von Villeneuve, dem Merlot 2014 der Abbaye de Salaz (Sieger punkto Preis-Qualitätsverhältnis!) und dem absolut verblüffenden Dornfelder Entre Ciel & Terre 2015 aus Aigle, vinifiziert von Stéphanie Delarze. Die drei aus der alten savoyischen Sorte Mondeuse gekelterten Weine lagen ganz nahe beieinander – und fanden bei der Jury grossen Anklang, auch wenn ihre rustikalen Tannine, die zur historischen Sorte gehören, nach Essensbegleitung rufen. Die Mondeuse 2014 der Gemeinde Yvorne, vinifiziert von Frédéric Blanc, plazierte sich einen Hauch vor der Mondeuse desselben Jahrgangs von Charly Blanc & Fils (vinifiziert vom Fils, also ebenfalls von Frédéric Blanc…) und diese wiederum einen Hauch vor der Mondeuse 2013 der Familie Dupertuis. Das Dutzend voll machte der Gamaret Réserve Les Moines 2013 – zwölf bemerkenswerte reinsortige Rotweine, die es mit den Chasselas-Ikonen aus dem Chablais durchaus aufnehmen können.

 Charles Rolaz will, dass sich sein

Syrah auf dem internationalen Parkett bewährt.

that grow on the best south-facing slopes has already won a number of prizes. The joint third, also from Ollon, was the Syrah Grand Cru 2014, produced by Harald Cropt. This likeable young man, a Changins graduate, and a frequent prize-winner in Swiss amateur wrestling, comes from a family that not only grows 10 grape varieties on 2 ha of vineyards, but also has agricultural land. “It’s the very first time that I’ve vinified a pure Syrah. In fact, it was an experiment”, he explains. An experiment that turned out to be a success!

Le Guillon Nr. 49 2/2016


Reinsortige Rotweinspezialitäten aus dem Chablais Eva Zwahlen Fotos: Hans-Peter Siffert

1. Platz

18,3/20

Syrah 2014 Yvorne Grand Cru AOC Chablais Clos de la George, Hammel SA, Rolle www.hammel.ch Dunkles, jugendliches Rot mit violetten Reflexen. Schöne, intensive Nase mit charakteristischen Noten von schwarzem Pfeffer, schwarzen Beeren, Gewürzen, Rauch und edlem, gut eingebundenem neuen Holz. Frischer Auftakt, sehr eleganter, gut strukturierter Wein mit wunderbar glatten, stilvollen Tanninen, saftiger Säure und lang ausklingendem Finale. Ein markanter, noch sehr jugendlicher Charakterwein mit grossem Potential und Tiefgang! Chapeau!

21


3. Platz

ex aequo 17,3/20

Ollon Cabernet 2014 Pierre-Alain Meylan, Ollon www.pameylan.ch Mittleres Rot. Im sehr frischen Bouquet dominieren Noten von roten und schwarzen Früchten (Johannisbeeren, Cassis), abgerundet durch einen Hauch von Peperoni. Der Gaumen präsentiert sich kraftvoll, noch etwas vom Holz geprägt, mit schmeichelnd süsser Frucht und kräftigem, dicht gewobenem Tanningewebe. Ein noch jugendlicher, sortentypischer Wein, etwas modisch, aber durchaus vielversprechend. Syrah Grand Cru d’Ollon 2014 Domaine de Trécord www.trecord.ch Mittleres Purpur. In der Nase ansprechende würzige Noten von Maggikraut und Kräutern sowie dezente Holzaromatik, im Gaumen schöner, weicher Auftakt, gut integrierte, etwas austrocknende Tannine, runder, vollmundiger Körper mit süsser Frucht und frischer Säure. Ein Syrah mit einigen Ecken und Kanten, der durch etwas Lagerung noch deutlich zulegen dürfte.

5. Platz 16,9/20

Merlot Apicius 2013 Grand Cru de Villeneuve Clos du Châtelard, Hammel SA, Rolle www.hammel.ch

 Olivier Christinat hat einen Teil seiner

2. Platz

17,5/20

mit Pinot noir bestockten Parzellen durch Cabernet franc ersetzt.

Ollon Cabernet franc 2014 Olivier Christinat, Le Sépey www.christinat-vin.ch Schönes Rubin. Noch etwas zurückhaltende, aber tiefgründigklassische Nase von ansprechender Frische und mit Noten von reifen schwarzen Kirschen und Veilchen. Der Gaumen ist im Gegensatz zum Bouquet schon voll entfaltet: frischer Auftakt, vollmundig, gut strukturiert von markanten, aber eleganten, feinkörnigen Tanninen und einer tragenden Säure, aromatisch geprägt von pikant würzigen und süssen reifen Fruchtnoten. Ein gradliniger, interessanter Wein von überzeugender Finesse!

22

Schönes dunkles Rot. Intensive, facettenreiche Nase mit Aromen von Sauerkirschen, Pflaumen, Veilchen und Wiesenkräutern, das Holz ist zwar präsent, aber gut eingebaut. Etwas strenger Auftakt im Gaumen, stoffig, gute Struktur mit markanten, etwas austrocknenden Tanninen und schöner Länge. Ein noch sehr jugendlich wirkender Wein mit besten Anlagen, im Moment allerdings noch stark vom Holzausbau geprägt. Aber ein Wein, der unbestritten Potential besitzt!

6. Platz ex aequo 16,8/20

Gamaret L’Aigle bleu 2014 Société coopérative viticole de Villeneuve www.laviticole.ch Dunkles, jugendliches Rot. Die Nase ist noch etwas verhalten, enthüllt aber nach Belüftung schöne Aromen von Gewürzen, Lakritze, schwarzen Beeren und Black-Current-Bonbons. Präziser Auftakt, gut strukturiert von griffigen, etwas rustikalen, aber gut eingebetteten Tanninen; schöne, frische Frucht. Ein charaktervoller, noch etwas vom Holz geprägter Wein mit Potential, der sich als Begleiter zu geschmorten Fleischgerichten empfiehlt.

Le Guillon Nr. 49 2/2016


Pierre-Alain Meylan

6. Platz ex aequo 16,8/20 Merlot 2014 Ollon Grand Cru AOC Chablais Abbaye de Salaz, Ollon www.abbaye-de-salaz.ch

Dunkles, jugendliches Rot. Sehr ausdrucksvolle, elegante und klassische Nase mit tiefgründiger Frucht; Noten von roten und schwarzen Beeren, zarte Würze, gut integriertes Holz und ein Hauch Efeu. Frischer Auftakt, schöne Fülle, straff gebauter, dynamischer Körper mit präsenten, aber geschliffenen Tanninen. Ein eleganter, lang anhaltender Wein.

8. Platz ex aequo 16,6/20

Dornfelder Entre Ciel & Terre 2015 Aigle Grand Cru AOC Chablais Domaine de La Baudelière, Aigle www.labaudeliere.ch Sattes Violettrot. Ausdrucksvolle, intensive Nase, würzig und mit Noten von Vanille, Pflaumen, Beerenkompott, Zimt und anderen süssen Gewürzen. Im Gaumen weich und geschmeidig, vollmundig, mit feinen, gut eingebetteten Tanninen, süsser Frucht und einer kleinen, strukturierenden Bitternote im Finale. Ein ausgesprochen origineller Wein, der allfällige Vorurteile gegen die Sorte Dornfelder pulverisiert.

Le Guillon Nr. 49 2/2016

Harald Cropt (Domaine de Trécord)

8. Platz ex aequo 16,6/20

Mondeuse 2014 Yvorne Grand Cru AOC Chablais Domaine de la Commune d’Yvorne www.provino.ch/domaine-de-la-communedyvorne.html Mittleres Rot. In der Nase sehr intensive Nuancen von Waldbeeren, Unterholz und grünem Pfeffer. Im Gaumen lebhaft und verspielt, mit schöner Frucht, etwas rustikalen, aber gut eingebundenen Tanninen und einer frischen, saftigen Säure. Ein charaktervoller, interessanter und gradliniger Wein, der animiert und Spass macht! Sehr sortentypisch.

10. Platz 16,5/20

Yvorne La Mondeuse Noire 2014 Charly Blanc & Fils www.charlyblanc.ch Mittleres Rot. Charmante, fruchtige Nase, geprägt von Kirschen und floralen Akzenten. Mittlerer Auftakt, eher schlanker, aber straff gebauter, dynamischer Körper, strukturiert von sympathisch rustikalen Tanninen, frisch und süffig. Ein sehr saftiger, charaktervoller Wein – ein richtiger «Bergler»!

11. Platz 16,4/20

Aigle Mondeuse 2013 Famille Dupertuis, Artisans du Vin, Aigle www.artisansduvin.ch Mittleres Rot. Recht intensive, noch etwas vom Ausbau geprägte Nase mit Nuancen von Steinobstkompott. Im Gaumen dicht, strukturiert von zart bitteren Tanninen und mit einer saftigen Säure. Ein ambitionierter Wein mit Alterungspotential, der nach Wildgerichten verlangt. Exzellentes PreisQualitätsverhältnis!

12. Platz 16,3/20

Gamaret Réserve Les Moines 2013 Villeneuve Grand Cru AOC Chablais Domaine Diserens, Villeneuve www.lesmoines.ch Schönes dunkles Rot. Intensive fruchtige Nase mit Akzenten von rotem und schwarzem Beerenkompott und neuem Holz. Der Gaumen präsentiert sich kraftvoll, mit geschmeidiger Fülle, strahlender Frucht, viel Schmelz und noch etwas dominantem Holz. Ein Wein im «Neue Welt»-Stil, samtig weich und kraftvoll zugleich.

23



Chablais | Schlösser

Aigle, Ovaille, Schlösser Alexandre Truffer

«Die Archäologie zeigt, dass der Mensch das Waadtländer Chablais unzweifelhaft seit 3500 Jahren bewohnt hat, doch die Region gewinnt im ersten Jahrhundert nach Christi Geburt an Bedeutung, als der römische Kaiser Claudius den Übergang über den Grossen Sankt Bernhard befahrbar macht, um die logistische Unterstützung seiner Legionen zu vereinfachen, welche Grossbritannien erobern sollen. Die Strasse führt durch Agaune, das spätere Saint-Maurice, und weiter nach Vevey, wo sie sich aufspaltet: ein Weg führt nach Avenches, die Hauptstadt des römischen Helvetiens, der andere nach Lausanne und Gallien.» Diese strategisch wichtige Lage des Chablais, die Nicolas Isoz, Konservator des Musée

Soldaten von der italienischen Halbinsel auf dem Weg zu Kriegen, die im Norden der Schweiz stattfanden: das war das Element, das die wichtigsten historischen Umwälzungen auslöste, welche diese Region zwischen Alpen und Lac Léman prägten. de la Vigne et du Vin im Schloss Aigle, beschreibt, wird während des ganzen Mittelalters genutzt, dank einer Zollstation bei Villeneuve. Dieser kleine Marktflecken ist das Tor zum caput lacus, lateinisch für Kopf oder Gipfel des Sees, mit der Zeit zu «capolai», «chablas» und schliesslich «chablais» deformiert. Dieser Name bezeichnet zu verschiedenen Epochen und aus verschiedenen Perspektiven verschiedene Territorien. Vereinfachend gesagt, wird das Waadtländer Chablais – das ans Walliser Chablais und ans Savoyer Chablais angrenzt – von den Historikern definiert als die savoyischen Besitzungen im Waadtland. 1475, während der Burgunderkriege, rissen die Berner und Freiburger

Aigle, Ovaille, and the castles “The region took on greater importance in the first century AD when the Roman emperor Claudius had a road built over the Grand Saint-Bernard to provide logistical support for the legions that had set out to conquer Great Britain. The road passed through Agaune, which later became Saint-Maurice, then continued on to Vevey before breaking up into two parts one leading to Avenches, the capital of Roman Helvetia, and the other to Lausanne and Gaul”. The strategic situa-

Le Guillon Nr. 49 2/2016

tion of the Chablais region, as described here by Nicolas Isoz, curator of Musée de la Vigne et du Vin in Château d’Aigle, was much used throughout the Middle Ages thanks to a toll gate situated near Villeneuve. This town constitutes the gateway to the top of the lake, caput lacus in Latin which over time degenerated into capolai, chablas and finally chablais. The name designates different territories. The Chablais region of Vaud has been defined by historians as the

diese Territorien an sich. Mit dem Ziel, den italienischen Söldnern, die Karl dem Kühnen zu Hilfe eilen wollten, den Weg zu versperren. Diese Annexion machte das Herrschaftsgebiet des Chablais zum ersten französischsprachigen Territorium, das in die Schweizerische Eidgenossenschaft aufgenommen wurde. Im darauffolgenden Jahr definitiv von den Bernern annektiert, wurde die Region in vier Sektionen aufgeteilt: Aigle, Ollon, Bex und Les Ormonts. Obwohl Bern nach und nach auf allen Territorien, das es kontrollierte, die reformierte Religion einführte, blieben die Herrschaftsrechte der katholischen Abteien der alliierten Länder (Wallis und Freiburg) unangetastet. Diese Mischung von savoyischen,

Savoyard possessions in Vaud. In 1475, at the time of the Burgundian wars, the Bernese and Fribourg armies captured these territories. Their objective was to prevent the Italian mercenaries from coming to the rescue of Charles the Bold. Thanks to this annexation, the Chablais became the first French-speaking territory to join the Helvetic Confederation. The following year it was annexed by Bern. Although Bern gradually imposed the reformed religion on all the territories under its control, the seigneurial rights of the Roman Catholic … p. 26

25


© Pascal Besnard

… abbeys of the allied regions of Valais and Fribourg were preserved. In 1490, Their Excellencies of Bern built another large square tower facing the city. “It was their way of making it known that the city had a new head”, explains Nicolas Isoz. In the first half of the 12th century, the site looked very different from the way it looks today. Two towers, some tens of metres apart, faced each other. The older one, built by the Aigle family, later became the Château

26

d’Aigle. The other one, built a few years later by the Count of Savoy, was transformed 350 years later into an outbuilding of the castle, the present-day Maison de la Dîme. “In 1798, the last Bernese governor left the castle for Les Ormonts where he tried to organise resistance against the French invaders. In the meantime, Bern capitulated and the magistrate, who was also a wine trader, easily made his way back to the castle to recover the bar-

rels of the 1797 vintage which he had purchased. Unfortunately, he was not as lucky with his silverware which had been stolen by a French general”, recounts Nicholas Isoz with a smile. Vineyards have probably always surrounded the castle. In 1804, they were sold to private owners by the Vaud canton which had nationalised the possessions of the Bernese and found itself short of money. “The canton forced the town of Aigle to acquire the castle and

Le Guillon Nr. 49 2/2016


Chablais | Schlösser

 Das imposante Schloss Aigle beherbergt

ein sehenswertes Museum.

 Nicolas Isoz, Konservator des

bernischen und katholischen Einflüssen ist an den emblematischen Orten dieser rund 600 Hektaren Reben umfassenden AOC abzulesen. Schloss Aigle: die zwei Türme «Vor 1476 gibt es keine schriftlichen Quellen zum Schloss Aigle. Als sich die Gnädigen Herren von Bern im Chablais niederliessen, verstärkten sie die Stadtmauern zum wirksameren Schutz vor der Artillerie, die sich gerade in vollem Aufschwung befand. 1490 erbauten sie auch einen grossen rechteckigen Turm, welcher der Stadt die Stirn bietet. Dabei handelt es sich um ein Propagandagebäude, eine Art, laut zu verkünden, dass es einen neuen Chef gibt in der Stadt», erklärt Nicolas Isoz und präzisiert, dass archäologische Forschungen es immerhin erlauben, wahrscheinliche Hypothesen zu den Ursprüngen des Schlosses zu formulieren. Ausgrabungen haben Spuren einer Besatzung während der römischen Epoche sowie Grabstätten aus dem Frühmittelalter (6. und 7. Jahrhundert) zutage gefördert. In der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts bot das Schloss einen völlig anderen Anblick als heute. Zwei Türme standen sich gegenüber, in mehreren Dutzend Metern Entfernung. Der ältere, errichtet von der Familie derer von Aigle, wurde im Lauf der Jahrhunderte zum Schloss Aigle. Der einige Jahre später vom Graf von Savoyen erbaute zweite Turm – 1232 den Herren von Saillon

put in a court of justice and a prison. The latter was modernised several times before closing in 1970”, explains the present custodian of the building. The project of transforming the prison into a museum took shape following the national exhibition. The Confrérie du Guillon had acquired the objects displayed in Lausanne in 1964 and had the vision of creating an institute for Vaud wines with an exhibition area. In 2008 and then in 2014 the museum was com-

Le Guillon Nr. 49 2/2016

Waadtländer Museums der Rebe, des Weins und der Etikette.

© Edouard Curchod

verliehen – wurde 350 Jahre später in ein Nebengebäude des Schlosses umgewandelt, ins heutige Zehntenhaus. Die Frage, ob die beiden Rittergutsbesitzer und ihre Hausgemeinschaften gutnachbarliche Beziehungen pflegten oder sich feindlich gesinnt waren, wird wohl nie beantwortet werden, da schriftliche Quellen zu dieser erstaunlichen mittelalterlichen «Eigentumsordnung» fehlen. «Mit der Ankunft der Berner Gouverneure, die jeweils für eine Amtszeit von sechs Jahren gewählt waren und deren Aufgabe es war, die Steuern einzuziehen und Recht zu sprechen, verlor die Festung ein wenig von ihrem militärischen Charakter und wurde bewohnbarer. In den folgenden drei Jahrhunderten verschönerten die Berner ihre Residenz zunehmend mit bemalten Decken, Fresken, Kachelöfen und monumentalen Treppen. 1798 verliess der letzte Berner

pletely renovated. Its four depots currently house 350,000 labels and 8,000 objects all connected with Vitis vinifera and Bacchus. 1584: A Terrible Year of Landslides Alongside the Aigle fortress, the Château Maison Blanche is the most spectacular feature of the Chablais region heritage. It has belonged to the Schenk and Rosset families since 1930. The Ovaille estate, which no doubt has

Gouverneur das Schloss in Richtung Les Ormonts, wo er den Widerstand gegen den französischen Eroberer zu organisieren versuchte. Bern kapitulierte allerdings in der Zwischenzeit, und der im Weinhandel aktive Beamte kehrte still und leise aufs Schloss zurück, um die Fässer des Jahrgangs 1797 zu holen, die er gekauft hatte», erzählt Nicolas Isoz, und merkt amüsiert an: «Mit seinem Tafelsilber hatte er allerdings weniger Glück, das war von einem französischen General gestohlen worden.» Diese Anekdote erinnert daran, dass das Schloss zweifellos schon immer von Reben umgeben war. Diese wurden übrigens 1804 an private Besitzer veräussert, weil die Waadt, welche die Berner Güter verstaatlicht hatte, Geld brauchte. «Der Kanton drängte die Stadt Aigle dazu, das Schloss zu kaufen, um hier ein Gericht und ein Gefängnis einzurichten. Letzteres galt gemäss einem Rapport von 1829 als das unmenschlichste und unsicherste des Kantons und wurde bis zu seiner Schliessung 1970 mehrmals modernisiert», führt der heutige Wächter dieser Örtlichkeiten weiter aus. Das Projekt, die Kerker in ein Museum umzuwandeln, nahm nach der Landesausstellung 1964 Form an. «Die Confrérie du Guillon hatte in Lausanne ausgestellte Objekte erworben und wollte ein Haus

the richest soil in the Chablais region, emerged as a result of a tragic event. One Sunday in March 1584 an earth tremor destroyed some old buildings, but no one was killed. Over the following two days a number of aftershocks were recorded. On the Wednesday, the weakened slopes of the mountain above the villages of Corbeyrier and Yvorne gave way and slid down the cliff. Corbeyrier was destroyed in seconds. The landslide then hit the village of Yvorne. … p. 29

27



Chablais | Schlösser

Die Abtei von Salaz

© Hans-Peter Siffert

Lehen der Abtei von Saint-Maurice

Die Abbaye de Salaz, umgeben von einem gemischtwirtschaftlichen Betrieb von 60 Hektaren, mit Reben, Vieh und Ackerbau, gehört zu den Waadtländer Kellereien, die sich dem Weintourismus verschrieben haben. «Bei Veranstaltungen wie den Offenen Weinkellern in der Waadt, Spaziergängen in den Reben, für Private organisierten Anlässen und unseren Sommeraktivitäten bewirten wir rund 8000 Personen pro Jahr», erklärt Bernard Huber, der für die Vinifikation des Familienweinguts mit vier Hektaren Reben zuständig ist. Die zahlreichen Besucher schätzen die Architektur des Gebäudes, dessen heu-

… The men were in the fields and the hundred or so victims were mainly women and children. Sixty-nine houses were carried away together with several hundred head of cattle. The village and the Maison Blanche were rebuilt a quarter of a century later, to the east of the rock fall. Vineyards were planted in the debris and four centuries later they produced two Premiers

Le Guillon Nr. 49 2/2016

tige Erscheinung auf das Jahr 1706 zurückgeht, doch die wenigsten kennen seine reiche Vergangenheit. Im Mittelalter gehörte der grösste Teil des Marktfleckens Ollon der mächtigen Abtei von Saint-Maurice, die 515 vom Burgunder König Sigismund gegründet worden war. Um ihre Ländereien zu verwalten, gründeten die Chorherren verschiedene Gebäude, darunter auch das Maison de Salaz (das mit der Zeit den Namen «Abbaye» annahm, obwohl es niemals einen religiösen Charakter aufwies). In der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts von Abt Rudolph gegründet, diente dieses befestigte Haus

Grands Crus, one of which is vinified by Hammel, in Rolle, and the other by the Deladoey family. Abbaye de Salaz The Abbaye de Salaz, which is surrounded by a 60-hectare estate, is one of the Vaud wineries that have set their sights on wine tourism. In the Middle Ages, most of the village of Ollon be-

als Verwaltungszentrum und Gefängnis (denn die Chorherren sprachen in den Gebieten, die zu ihrem Lehen gehörten, auch Recht), aber auch als Spital und Hospiz für Bedürftige und Reisende. Die Ankunft der Berner veränderte das Gleichgewicht der Mächte. Das Edikt der Reformation, in Ollon im März 1528 akzeptiert, hatte zur Folge, dass der Abt von Saint-Maurice seine spirituellen Rechte verlor, aber seine weltlichen Rechte über die von ihm verwalteten Territorien behielt. Die Steuern wurden also weiterhin von den katholischen Chorherren eingezogen, doch ein Teil davon wurde dazu verwendet, die protestantischen Priester zu entlöhnen, die als einzige das Recht hatten, im Waadtländer Chablais zu predigen. Dieses verblüffende Arrangement hatte Bestand bis ins 18. Jahrhundert. 1851 verpflichtete die Walliser Regierung die religiösen Orden des Kantons, die Kosten für den Sonderbundskrieg mitzufinanzieren. So sah sich Saint-Maurice gezwungen, die Domäne von Salaz zu verkaufen. Sie gelangte in die Hände von mehreren Privaten, bis sie 1949 vom Berner Landwirt Max Zbinden gekauft wurde, dem Vater beziehungsweise Grossvater der heutigen Besitzer und Betreiber. AT

longed to the powerful abbaye de SaintMaurice, founded in 515 by Sigismund, King of Burgundy. In order to administer the land, the monks constructed a number of buildings one of which was Salaz which over time took on the name of abbey although it had never been used for religious purposes.

29


© Pascal Besnard

Chablais | Schlösser

Frisch herausgeputzt

Die AVY verjüngt ihre Etiketten «Wir haben uns entschieden, die Etiketten unseres bekanntesten Weins, des Chant des Resses, zu verjüngen, um diese Marke noch besser in Szene zu setzen», erklärt Patrick Ansermoz, der Direktor der Artisans Vignerons d’Yvorne, der 1902 gegründeten Winzergenossenschaft, welche die Ernte von rund 120 Winzern verarbeitet und kommerzialisiert. Die Genossenschafter besitzen zusammen mehr als ein Drittel der Rebfläche von Yvorne (55 von 160 ha). «In naher Zukunft werden die Appellations d’origine contrôlée (AOC) wahrscheinlich in Appellations

d’origine protégée (AOP) umgewandelt. Da wir nicht wissen, welche Auswirkungen diese Veränderungen haben werden, wollten wir uns einen gewissen Handlungsspielraum offenlassen. Denn im Moment ist nur etwas garantiert sicher: Die Marke Chant des Resses wird bleiben», fährt Patrick Ansermoz fort. Der Chant des Resses, von dem rund 80’000 Flaschen pro Jahr abgefüllt werden – bei einer Gesamtproduktion der AVY von 700’000 Flaschen –, gehört zu den Klassikern, die sich häufig auf einem Siegerpodest wiederfinden. Gewinner der Platinlorbeeren 2009 und Dritter

 Kellermeister Ludovic Parisod (links) und Patrick Ansermoz, Direktor der AVY.

bei den trockenen Weinen am Mondial du Chasselas 2014, ist diese Spezialität eine «Rebbergselektion. Die Parzellen, aus denen er stammt, liegen zur Hauptsache im Herzen der Produktionszone Yvorne und die Winzer verpflichten sich, die Weinlese bis zur optimalen Reife hinauszuschieben, auch wenn das bedeutet, eine oder zwei Wochen nach den anderen zu ernten.» Die Etiketten zweier weiterer Klassiker – des Chasselas Tradition (160’000 Flaschen) und des Pinot Noir Feu d’Amour (40’000 Flaschen) – wurden ebenfalls aufgefrischt, mit einem Resultat, das laut Patrick Ansermoz «von der Kundschaft als sehr positiv bewertet wurde, auch wenn es natürlich einige Nostalgiker gibt.» AT www.avy.ch

© Bertrand Rey

Artisans Vignerons d’Yvorne (AVY) “We have decided to rejuvenate the label of our best-known wine, Chant des Resses, because we want to bring more focus to the brand”, explains Patrick Ansermoz, the director of AVY, a cooperative created in 1902 which presses, vinifies and markets the production of some 120 winegrowers. Altogether they own more than one third of the Yvorne vineyards, 55 ha out of the total 160 ha.

30

In the near future, the appellations d’origine contrôlée (AOC) will most probably be changed to appellations d’origine protégée (AOP). We don’t know what implications these changes may have, but one thing we’re sure about is that the Chant des Resses brand is here to stay”, Patrick Ansermoz added. With some 80,000 bottles marketed - out of the 700,000 total sold by the

cooperative – the Chant des Resses is one of those classics that are frequently awarded prizes. This special wine that won the Platinum Laurels award in 2009, and came third in dry wines at Mondial du Chasselas 2014 “comes from a selected vineyard area. The plots are situated mainly in the very heart of the vineyards, and the producers have committed to defer harvesting until maximum maturity has been reached”. www.avy.ch

Le Guillon Nr. 49 2/2016


 Das Château Maison Blanche und die berühmte Reblage der Ovaille.

des Waadtländer Weins gründen, zu dem auch ein Ausstellungsbereich gehören sollte. Die Museografie der damaligen Zeit konzentrierte sich auf Gegenstände rund um Rebe und Wein, die ausser Gebrauch gekommen waren (und die nun in allen Appellationen bei den Winzern zusammengesucht wurden), und hatte eine ausgesprochen nostalgische Seite. 2008 und 2014 wurde das Museum von Grund auf erneuert; heute erzählt es vom Rebbau, vom Wein und den Leuten, die Weinbau betreiben. Die Objekte, mittlerweile in den Hintergrund getreten, werden in temporären Ausstellungen ins richtige Licht gerückt», schliesst der Konservator des Musée de la Vigne et du Vin. Und präzisiert, dass in den vier Depots des Museums 350’000 Etiketten und 8000 Artefakte lagern, die mit Vitis vinifera oder Bacchus in Beziehung stehen. 1584: das schreckliche Jahr der Ovaille Neben der Festungsanlage von Aigle ist das Château Maison Blanche in Yvorne das spektakulärste Baudenkmal des Chablais. Das Weingut, seit den 1930er Jahren im Besitz der Familien Schenk und Rosset, liegt eingebettet in einen wunderschönen Rebberg, in dem die drei Weine der Domäne wachsen, der Chasselas (Mitglied bei Mémoire des Vins Suisses), der Savagnin Blanc sowie eine rote Assemblage. Das Gebäude er-

Le Guillon Nr. 49 2/2016

hielt den Titel «Schloss» im 19. Jahrhundert, als dem Maison Blanche ein Donjon und ein Glockenturm angefügt wurden. 1974, nach einem Brand, der den Dachstock zerstört hatte, wurde es renoviert. Erbaut worden war es ursprünglich 1573 von den Brüdern Antoine und Borckhardt von Erlach, deren Nachkommen es 1750 der Patrizierfamilie Würstenberger verkauften. Zweifellos das berühmteste Terroir im ganzen Chablais, entstand die Ovaille aufgrund eines tragischen Ereignisses, von dem uns ein Notar aus Aigle berichtet; seinen Namen kennen wir allerdings nicht. Er beschreibt, dass am Sonntag, am ersten Tag im März, um halb zwölf Uhr mittags, an einem recht schönen, klaren Tag bei Sonnenschein, zehn oder zwölf Minuten lang die Erde bebte. Dieser Erdstoss zerstörte zahlreiche Kamine und einige alte Häuser, verursachte aber keine Opfer. In den folgenden beiden Tagen kam es zu diversen Nachbeben. Am Mittwoch dann, zwischen neun und zehn Uhr morgens, lösten sich die Flanken der felsigen Berge, welche die Dörfer Corbeyrier und Yvorne überragen, geschwächt von den Bewegungen der Erde, und stürzten den Abhang hinunter. Corbeyrier, laut unserem Notar aus acht Häusern und zehn Scheunen bestehend, wurde innerhalb von wenigen Sekunden wegrasiert – mit Aus-

nahme eines Hauses, das wie durch ein Wunder verschont blieb. Nach Corbeyrier nimmt der gewaltige Bergrutsch noch mehr Fahrt auf und stürzt sich auf das Dorf Yvorne. Vielleicht ist es mit Dörfern wie mit Menschen: sind sie erst tot, gibt es nur noch Gutes von ihnen zu sagen. Auf alle Fälle zeichnet unser Notar ein idyllisches Porträt vom Dorf Yvorne vor 1584. Er beschreibt es «als so fruchtbaren Ort, dass man dreimal im Jahr Getreide, Hirse und Rüben ernten konnte. Auch gab es weder Arme noch Bettler…, doch alles waren einfache, arbeitsame Leute, die sich von schlechten Praktiken wie Wucher oder Prozessen fernhielten.» Die Männer waren auf den Feldern, sodass sich unter den rund hundert Opfern vor allem Frauen und Kinder befanden. Vier Weinkeller, sechs Scheunen und 69 Häuser wurden von den Fels- und Erdmassen mitgerissen, nebst mehreren hundert Stück Vieh. Das Ereignis hat sich tief in die Erinnerung eingegraben. Erst ein Vierteljahrhundert später werden das Dorf und das Maison Blanche wieder aufgebaut, im Osten des Felssturzes. L’Ovaille ihrerseits wird in einen Rebberg verwandelt, auf dem vier Jahrhunderte später zwei Premiers Grands Crus wachsen, einer vom Haus Hammel in Rolle vinifiziert, der andere von der Familie Deladoey.

31


kraftvolle Farben

für fruchtige Aromen

PCL Presses Centrales SA Av. de Longemalle 9 | 1020 Renens | Tél. 021 317 51 51 | www.pcl.ch


Chablais | Museum

Stabübergabe

beim Musée vaudois de la vigne, du vin et de l’étiquette Pascal Besnard Das Schloss Aigle ist ein historisches Baudenkmal von übergeordneter Bedeutung (siehe Artikel S. 25). Dies um so mehr, als es seit 1971, dem Jahr seiner Gründung durch die Confrérie du Guillon, ein bemerkenswertes Museum beherbergt, das sich im Lauf der Jahrzehnte stetig weiterentwickelt hat. Das Waadtländer Museum der Rebe, des Weins und der Etikette ist eine Referenzinstitution für Aficionados der Weingeschichte wie für «Önographile» oder «Önosemiophile», sprich für Sammler von Weinetiketten. Das Museum verwahrt einen wahren Schatz (einen von mehreren): 300’000 Etiketten von Weinflaschen! Stabübergabe zwischen dem alten und dem neuen Präsidenten: Fabien Loi Zedda (rechts) tritt sein Amt an Kurt Egli ab. 

Hinter dem Museum und seinen Sammlungen stehen Frauen und Männer. Anders gesagt: ein Komitee. Als Präsident amtierte seit 2006 Fabien Loi Zedda; zu Beginn dieses Sommers hat er den Stab an Kurt Egli weitergereicht, den ehemaligen Generaldirektor von Badoux Vins, der seit Anfang 2016 pensioniert ist, nach 43 Berufsjahren in Aigle. Fliessender Übergang Eine Stabübergabe voller Geschmeidigkeit zwischen zwei Männern, die sich gut kennen und seit zehn Jahren im Komitee des Museums zusammenarbeiten. Auf den Historiker und Archäologen (1) folgt der Profi in Weinverkauf und Marketing. Fabien Loi Zedda geht «am Ende einer Epoche», wie er erklärt. «2010 war die Erneuerung des Museums zu zwei Dritteln abgeschlossen, 2013 konnte der Etiketten-Saal eröffnet werden. Seit 2006 wurden drei Millionen Franken ins Muse-

um investiert. Und auf der persönlichen Ebene bin ich ein Anhänger von Zwölfjahreszyklen.» Kurt Egli seinerseits lobt «die Sorge von Fabien, ein finanziell gesundes Museum zu hinterlassen. Ohne Schulden, die kaum zurückbezahlt werden könnten. Was mich betrifft, so möchte ich nicht einfach nur weiterführen, sondern auch etwas schaffen. Beispielsweise eine Aussenstation in der Deutschschweiz, einer Region, die ich gut kenne, und warum nicht eine zweite im Tessin. Ich habe die Hoffnung, dass die helvetische Weinwelt in ihrer Gesamtheit hinter dem Schloss Aigle steht und es als Symbol des Schweizer Weins anerkennt.» Loi Zedda-Egli, die beiden Männer sagen es laut und deutlich: das ist ein- und dieselbe Equipe. Und um Vergangenheit und Zukunft miteinander zu verknüpfen, wurde Fabien Loi Zedda zum Ehrenpräsidenten des Museums ernannt.

(1) Er ist auch Conseiller der Confrérie du Guillon und ein ausgewiesener Degustator. Letzteres bezeugt sein Titel als Vize-Chapeau-Noir 2015!

Passing the Baton at the Vaud Vine, Wine and Label Museum © Pascal Besnard

The Vaud Vine, Wine and Label Museum located in the Château d’Aigle is a leading reference for wine lovers and label collectors. The museum displays 350,000 wine bottle labels! Fabien Loi Zedda, who had presided the institution since 2006, handed the baton at the beginning of the summer to Kurt Egli, the

Le Guillon Nr. 49 2/2016

former CEO of Badoux Vins who had retired a few months earlier. The two men had rubbed shoulders for ten years at the museum’s committee meetings. A sales and marketing specialist takes over from a historian-cum-archaeologist. Fabien Loi Zedda is proud to point out that two-thirds of the museum had been refurbished by 2010 and that a

Labels hall had been inaugurated in 2013, while Kurt Egli for his part is happy to see that his predecessor has left behind a financially sound institution. He hopes to be able to create a branch of the museum in the Germanspeaking part of Switzerland. His objective is to ensure that the Swiss wine sector backs the Château d’Aigle which he considers the symbol of Swiss wine.

33


AIGLE - 24 JUIN 2016

MEILLEUR CHASSELAS DU MONDE

PAVILLON des VINS de TOLOCHENAZ - Ch. du Saux 5 - T +41 21 804 54 90 CAVE de NYON - Rte du Stand 37 - T +41 22 363 88 00 - cidis@cidis.ch


Weinconcours

Mondial du Chasselas 2016

Die Waadtländer triumphieren Bei diesem höchst dynamischen Wettkampf hat den Waadtländer Produzenten erneut das Glück gelacht. Der Vieilles Vignes de Morges aus dem Haus Uvavins setzte sich in der Königsdisziplin durch, während der Cure d’Attalens nicht weniger als fünf Spezialpreise einheimste. Alexandre Truffer Fotos: Edouard Curchod Anfang Juni 2016 standen sich 763 Chasselas, Fendants und Gutedel aus der Schweiz, Deutschland, Frankreich, Ungarn, Kanada, den USA und Mexiko gegenüber. Verkostet wurden sie von Spezialisten aus ganz Europa. Die Weine, die von den Jurys des Mondial du Chasselas unter die Lupe genommen wurden, waren in fünf Kategorien unterteilt: trockene Weine mit weniger als 4 g/l Restzucker, Süssweine, Weine mit spezieller Vinifikation, alte Jahrgänge (2009 und älter) sowie die «Swingwei Nase, Gaumen... und Auge (Alexandre

Le Guillon Nr. 49 2/2016

ne». Diese letzte Kategorie, anlässlich dieser fünften Ausgabe eingeführt, umfasst trockene Weine, die weniger als 11,5%-vol. Alkohol aufweisen. Obwohl rund 10% mehr Weine als im Vorjahr bei der Konkurrenz mitmachten, schnitten die Waadtländer insgesamt hervorragend ab (186 von ihnen kamen aus der Côte, 119 aus dem Lavaux, 105 aus dem Chablais und 9 aus Bonvillars oder den Côtes-de-l’Orbe, 39 aus der AOC Grand Cru Dézaley und 13 aus der AOC Grand Cru Calamin). Das gute Abschneiden der Waadtländer kulminierte in diesem als exzellent qualifizierten Jahrgang in sieben (von insgesamt zehn) Trophäen.

Sakkas)

Morges doppelt nach Bei der letzten Austragung des Mondial du Chasselas war es dem Grand’Rue 2013 der Domaine de la Ville de Morges gelungen, die Hauptkategorie zu gewinnen. Dieses Jahr krönten die Jurymitglieder erneut einen Wein aus Morges: den Morges Vieilles Vignes 2015. Vinifiziert wird er von der Uvavins – Cave de la Côte, genauer vom Önologen Rodrigo Banto: «Dieser Wein ist das Resultat zweier Selektionen: zuallererst derjenigen der besten, mehr als zwanzig Jahre alten Reben im Innern der Produktionszone Morges. Dann werden nur die besten Cuves und Fuder assem-

 Eine Jury aus lauter Profis: hier Marie Linder.

35


Weinconcours

 Sylvie Camandona, Verkaufsdirektorin

bei Uvavins–Cave de la Côte, präsentiert die beiden Trophäen, welche der Morges Vieilles Vignes gewonnen hat.

bliert, um unser Aushängeschild unter den Chasselasweinen zu produzieren.» Geschmückt mit einer Retro-Etikette, die fast so alt ist wie die Kellerei (1933), wirkt diese Cuvée gleichzeitig wie der Ausdruck eines qualitativ sehr hochstehenden Jahrgangs. «Wir bekamen herr-

«Le Morges Vieilles Vignes 2015 ist das Resultat zweier Selektionen: zuallererst derjenigen der besten, mehr als zwanzig Jahre alten Reben im Innern der Produktionszone Morges. Dann werden nur die besten Cuves und Fuder assembliert, um unser Aushängeschild unter den Chasselasweinen zu produzieren.»

liche Trauben geliefert, mit sehr hohen Oechslegradationen und einer Säure, die höher war als erwartet. Diese natürliche Lebhaftigkeit, die wir bewahren konnten, indem wir den biologischen Säureabbau nur teilweise durchführten, verleiht dem Wein ein meisterhaftes Gleichgewicht», erklärt Rodrigo Banto, der verantwortliche Önologe dieser Kooperative, welche die Trauben von mehr als 400 Genossenschaftern aus der ganzen La Côte verarbeitet und einkellert. Der Jahrgang 2015 des Morges Vieilles Vignes – in bedeutender Menge produziert (17’000 Flaschen), was ihm auch den Preis des besten Weins in einer Auflage von mehr als 15’000 Flaschen gesichert hat – ist der erste, der in den neuen Kellerräumlichkeiten des Unternehmens vinifiziert wurde. Was für Rodrigo Banto bestätigt, «dass die bedeutenden Investitionen in die technische Infrastruktur von Tolochenaz gerechtfertigt waren und bereits erste Früchte tragen.» (www.cidis.ch) Reiche Ernte für den Cure d’Attalens Im 12. Jahrhundert vermachten die Herren von Blonay der Kirche von Attalens einen Rebberg. Dieser Rebberg der Kurie von Attalens war nacheinander im Besitz der Kirche, des Kantons Bern und des Staates Freiburg, bevor er 1896 von

Rodrigo Banto, Chefönologe von Uvavins – Cave de la Côte

The Triumphs of Vaud Wines At the beginning of June 2016, a panel of specialists from all over Europe conducted tastings of 763 Chasselas, Fendant and Gutedel wines from Switzerland, Germany, France, Hungary, Canada, the USA, and Mexico. The wines evaluated by this jury at the Mondial de Chasselas were grouped into five categories: dry wines containing less than 4 gm/litre of residual sugar, sweet wines, special vinifications, old

36

vintages (2009 and earlier) and Swings. The latter, introduced at the fifth edition, included dry wines with less than 11.5° alcohol. Morges keeps winning At the previous edition of Mondial du Chasselas, Grand’Rue 2013, from Domaine de la Ville de Morges, carried the day by winning in the main category. This year the jury rewarded the same

production area. The Morges Vieilles Vignes 2015, vinified by the Uvavins – Cave de la Côte cooperative (400 members), is described by its creator, the oenologist Rodrigo Banto as, “the fruitful result of two selections. First that of the best more-than-twenty-year-old vines within the Morges production area. Secondly, only the best vats and the best vessels were assembled to create our favourite Chasselas”. This wine

Le Guillon Nr. 49 2/2016


 Ein Triumph für André Hotz, den Önologen von Obrist: der Cure d’Attalens hat sage und schreibe fünf Trophäen errungen!

Emile Obrist gekauft wurde. 120 Jahre später gehört dieses Weingut von 15 Hektaren an der Riviera am Lac Léman zu den renommiertesten Klassikern des Kantons. Abgesehen von einer Parzelle mit den roten Sorten Gamay, Galotta, Regent und Merlot sowie 3000 Quadratmetern Viognier ist die ganze Domäne dem Chasselas vorbehalten. Kultiviert von fünf angestellten Winzern («vigneronstâcherons») – Corinne Buttet, Jean-Marc Favez, Pierre Fontannaz, Yves Neyroud und Gianni Bernasconi – und vinifiziert von André Hotz, dem Önologen von Obrist, hat der Cure d’Attalens den Mondial du Chasselas 2016 buchstäblich geprägt. Der Jahrgang 1983 dieses Chardonne Grand Cru erhielt die spektakuläre Note von 97,9 Punkten, die höchste Bewertung, die in diesem Concours je vergeben wurde. Diese stratosphärische Benotung verhalf ihm zum Sieg in der Kategorie Alte Jahrgänge, sicherte ihm aber auch die Trophäen als Bester Waadtländer

also appears to represent a top quality vintage. It was produced in large volumes (17,000 bottles), which enabled it to win the trophy for the best wine produced in more than 15,000 units. (www.cidis.ch). Abundant trophies for Cure d’Attalens This fifteen-hectare estate on the Lake Geneva Riviera is among the most well-known classics in the canton. Apart from a plot of red and 3,000 metres of Viognier, the estate grows only

Le Guillon Nr. 49 2/2016

Wein und als Bestklassierter Wein aller Kategorien. Damit nicht genug: Der Cure d’Attalens 2015 klassierte sich als achter in der Hauptkategorie mit einem Ergebnis von 91,3 Punkten. Dieser glanzvolle Auftritt sicherte ihm die Auszeichnung als «Coup de cœur» der Presse. Diesen Preis unter der Schirmherrschaft der Zeitschrift VINUM machten die 15 besten trockenen Chasselas unter sich aus, die ein zweites Mal degustiert wurden, und

zwar von der Patin des Concours, Sandrine Caloz, sowie den Journalisten France Massy, Manuella Magnin, Pierre Thomas, Romain Felley und Pascal Besnard. Als Krönung des Ganzen errang der Cure d’Attalens schliesslich auch noch die «Trophée Excellence et Régularité», die den Wein auszeichnet, der in den fünf Jahren des Wettbewerbs am besten bewertet wurde. (www.obrist.ch)

Chasselas. Cultivated by five winegrowers and vinified by the Obrist oenologist, André Hotz, the Cure d’Attalens has left its mark on the Mondial du Chasselas 2016. The 1983 vintage of this Chardonne Grand Cru achieved the spectacular mark of 97.9, the highest number of points ever attributed in this competition. This outstanding evaluation enabled it to win not only the Old Vintage category but also the best Vaud Wine and the Best Overall Ranking trophies. In addition,

the Cure d’Attalens 2015 was ranked 8th in the main category with a score of 91.3 points. This excellent performance gave it the chance to take part in and carry off the Favourite Wine award at the Press tasting, sponsored by the VINUM magazine. On top of all that, the Cure d’Attalens won the Excellence and Regularity trophy, created by the committee to remunerate the wine with the highest marks over five years of competition. (www.obrist.ch)

37


OENOTHÈQUE LA LICORNE W W W . B O L L E . C H

Rue Louis-de-Savoie 75-79, 1110 Morges T 021 801 27 74 - bolle@bolle.ch - www.bolle.ch


Agenda

OLLON

Balades dans le vignoble 10. – 11. SEPTEMBER

Die Nominierten aus der Waadt 2016 wird bereits zum zehnten Mal der von der Zeitschrift VINUM und der Vereinigung VINEA organisierte nationale Weinwettbewerb durchgeführt. Die rund 150 internationalen Jurymitglieder verkosteten insgesamt 2864 Weinproben aus der ganzen Schweiz. Die sechs besten Weine aus jeder der zwölf Kategorien wurden dabei für die grosse Gala des Grand Prix du Vin Suisse nominiert, die am 26. Oktober in Bern stattfindet. Anlässlich dieser «Oscarnacht» der helvetischen Weinwelt haben zehn Waadtländer Produzenten Aussicht auf eine nationale Auszeichnung. In der Kategorie Chasselas können Château Maison Blanche in Yvorne, Domaine Chamvalon in Gilly und Les Trois Terres – Cofigo SA in Morges davon träumen, mit ihrem Jahrgang 2015 den höchsten Titel zu gewinnen. Bei den Schaumweinen wird der traditionell in der Flasche vergorene Pinot Noir & Pinot Gris Château Rochefort 2014 der Domaines de la Ville de Lausanne die lemanischen Farben verteidigen. Bei den Rosés visiert der Œil-de-Perdrix Les Chaumes 2015 – der Sieger von 2012 – ein weiteres Mal die oberste Stufe des Podestes an. Und als letzter Weisswein, der auf den Gral hoffen darf, geht der Gewürztraminer 2015 der Domaine des Sieurs in Luins ins Rennen bei den Süssweinen. Die Rotweine stehen nicht zurück, gehören doch zwei Pinots aus der Côte zu den Finalisten: der Domaine de Chantemerle 2015 und der Vieilles Vignes Bio 2015 der Domaine La Capitaine. La Violette 2014 der Kooperative von Villeneuve versucht sein Glück gegen fünf andere Gamays. Und der Gamaret-Garanoir 2015 der Domaine du Feuillerage in Perroy probiert, sich zur besten roten Assemblage des Landes küren zu lassen. AT www.grandprixduvinsuisse.ch

Le Guillon Nr. 49 2/2016

Um die 20. Ausgabe zu feiern, wurden 16 Künstler eingeladen, ein Werk bei jedem der Winzer auszustellen, die beim Anlass mitmachen. Vorgesehen sind Degustationen von Weinen und verschiedenen Gerichten, Musik und Unterhaltung, auch für die Kinder. Pendelbus-Service, zur Hauptsache mit alten Saurer-Wagen, aber auch mit einem kleinen Zug, Minibussen, Seitenwagen (Sonntag) und Willys-Jeeps. vin-ollon.ch/event/balades-dans-le-vignoble

LUTRY

Lavaux Passion 10. – 11. SEPTEMBER

Für ein Weekend schliessen sich die Winzerinnen und Winzer mit der Vereinigung Lavaux Weltkulturerbe zusammen, um ihre gemeinsame Passion für diesen aussergewöhnlichen, seit 2007 zum Weltkulturerbe der Unesco gehörenden Flecken Erde zu vermitteln. Auf dem Programm stehen Degustationen, Kreuzfahrten, Workshops, geführte Besichtigungen, die Ausstrahlung des Films Chasselas Forever von Florian Burion und eine Konferenz mit José Vouillamoz, Spezialist für die DNA der Rebsorten. lavauxpassion.ch

AIGLE

Chablais Wine Award 24. NOVEMBER

Die Interprofession der Weine des Waadtländer Chablais organisiert zum zweiten Mal den Chablais Wine Award, und zwar am 24. November 2016. Dieses Jahr findet der Anlass im World Cycling Centre in Aigle statt. Mit dem Chablais Wine Award werden die besten Weine ausgezeichnet, die in den Wettbewerben des Jahres 2016 prämiert wurden. Zum Chablais Wine Award gehört ein Galamenü, das vom Sternekoch Sang Hoon Degeimbre kreiert wird (** Michelin, 18,5/20 Gault & Millau, Koch des Jahres Gault & Millau 2016). winechablais.ch/de/veranstaltungen

39


Weinconcours  Die Preisträger der Selektion der Waadtländer Weine 2016 umringen Pierre Keller, den Präsidenten des OVV.

Selektion der

Waadtländer Weine 2016 Alexandre Truffer

Falls man die Qualität eines Jahrgangs an der Höhe der erhaltenen Punktzahlen messen kann, dann besteht kein Zweifel: 2015 verdient die Bezeichnung «aussergewöhnlich»!

Aussergewöhnliche Temperaturen und überdurchschnittliche Besonnung, das sind die Pfeiler, auf denen die Waadtländer Winzer ihren 2015er schufen, den Nicolas Joss, Direktor des OVV, als «den grössten Jahrgang unserer Generation» bezeichnete. Im Rahmen des Montreux Jazz Festival enthüllten die Organisatoren der Selektion der Waadtländer Weine die Resultate der Ausgabe 2016. Im Wettbewerb standen 904 Weine, von denen

162 eine Goldmedaille gewannen (mit 90 oder mehr Punkten) und weitere 132 eine Silbermedaille (88 bis 89,9 Punkte). Mit Blick auf die Resultate, hat das Wetter 2015 die weissen Spezialitäten (trockene Weissweine ohne Chasselas) besonders begünstigt. Der Gewürztraminer 2015 von der Domaine de Chantemerle in Tartegnin holte sich den Haupttitel (beste Bewertung des Concours) mit sensatio­ nellen 95 von möglichen 100 Punkten,

2014 40

Le Guillon Nr. 49 2/2016


© OVV

gefolgt vom Sauvignon Gris der Domaine la Capitaine in Begnins, Gewinner der Trophée Bio Vaud, dem anderen Spezialpreis dieses Wettbewerbs. Auch bei den Chasselas 2015 finden sich sehr hohe Bewertungen, wurden doch der Daley von Jean-Daniel Porta (Aran-sur-Villette), der Pépite von der Domaine de JoliClos (Etoy), der Coup de Loup der Caves du Château de Montmagny (Montma­ gny) sowie der Ovaille 1er Grand Cru der Frères Deladoey in Yvorne alle mit mehr als 92,5 Punkten ausgezeichnet. Bei den älteren Jahrgängen setzte sich der Dézaley-Marsens Vase N°4 2013 der Frères Dubois in Cully mit 92 Punkten durch, vor zwei weiteren «Klassikern», dem Vinzel Grand Cru 2014 von Jean-Daniel Monachon (Cave des Ruaz) und dem Aigle Les Murailles 2013 von Badoux Vins.

Hohe Noten in allen Kategorien Bei den Rotweinen stach das gute Abschneiden von Benjamin Morel (Caves du Château de Valeyres) ins Auge, der in drei verschiedenen Kategorien dreimal auf dem Siegerpodest stand. Er gewann mit seinem Courson 2015 bei den Assemblagen, wurde bei den Gamays zweiter hinter dem bemerkenswerten 2015er (94 Punkte) der Domaine de Marcy in SaintPrex und dritter mit seinem Pinot Noir La Cuvée du Baron 2015 in der Kategorie Pinot Noir, die von der Cave Gaillard & Fils in Epesses gewonnen wurde. Ein weiterer Cru aus dem Lavaux, die Mondeuse Noire 2014 der Domaine des Rueyres in Chardonne, zeichnete sich bei den anderen roten Rebsorten aus. Diese Rarität plazierte sich vor dem Mara 2014 der Domaine de Joli-Clos (Etoy), dem Caber-

Sélection des Vins Vaudois 2016 Competition Exceptionally warm temperatures and sunshine characterised the 2015 vintage which Nicolas Joss, the director of the Vaud Wine Office (OVV), has described as “the greatest vintage of our generation”. At the Sélection des Vins Vaudois event, 162 of the 904 wines entered received a gold medal (with scores of 90 or more), and 132 wines were awarded silver medals (with scores of 88 to 89.9). The 2015 weather was particularly favourable for white specialities (dry

Le Guillon Nr. 49 2/2016

whites other than Chasselas). Indeed Gewürztraminer 2015 from Domaine de Chantemerle in Tartegnin, which won the Master trophy (best competition score) with 95/100, was followed by Sauvignon Gris from Domaine la Capitaine, in Begnins, which was awarded the Trophée Bio Vaud (Vaud Organic Wine trophy), the other special prize of the competition. Some 2015 Chasselas wines achieved very high scores: scores of more than 92.5 points were obtained by Daley from Jean-Danile Porta (Aran-sur-Villette), La Pépite from Domaine de Joli-Clos (Etoy), Le Coup de Loup from Caves du

net Franc Crescendo 2013 der Domaine de Chantegrive (Gilly) und dem Syrah de Saint-Saphorin 2014 der Cave des Rois (La Tour-de-Peilz). In den Kategorien Rosés, Schaumweine und Süssweine fand man Weingüter unter den Siegern, die sich bereits an die höchsten Siegertreppchen gewöhnt sind: die Cave du Consul in Perroy (Rosé du Consul 2015), Philippe Bovet – dessen Brut 2012 ex aequo mit dem Bertrand de Mestral Brut der Genossenschaft Uvavins auf dem ersten Platz landete – und Laurent Berthet (Grains d’Amour 2015), der seinen Sieg mit dem Solaris 2013 von Champagnoux (Eric Schopfer) teilt.

Alle Resultate finden Sie auf der Website des OVV: www.vins-vaudois.com.

Château de Montmagny (Montmagny), and Ovaille 1er Grand Cru from Frères Deladoey, in Yvorne. As for reds, Benjamin Morel (Caves du Château de Valeyres) won three awards in three different categories: a gold for his Courson 2015 in the blended category, second place in the Gamay category behind the remarkable 2015 (94 points) from Domaine de Marcy, in Saint-Prex, and a third place for his Pinot Noir La Cuvée du Baron 2015 (the first prize went to Gaillard & Fils, in Epesses). For all the results go to the OVV website: www.vins-vaudois.com

41


design stanprod

en 2016

Les Vignerons Encaveurs Vaudois se rapprochent encore plus de vous et proposent un programme exclusif…

Afin d’être informé des nouveautés et des événements, visitez notre site.

www.vignerons-vaudois.ch – www.waadt-weinbauern.ch


Internationale Concours

Mehr Waadtländer Preisträger in Québec als in Brüssel

Unterschiedliches Glück für die Waadtländer Weine bei den Sélections mondiales in Québec und im bulgarischen Plovdiv, wo der diesjährige Concours Mondial von Brüssel stattfand. Ein halb aus dem WaadtPierre Thomas land, halb aus dem Wallis stammender Syrah gewann den (offiziösen) Ende Mai bei den Sélections mondiales, «Weltmeister»-Titel. nach eigener Einschätzung «der wichtigste internationale Weinwettbewerb Nordamerikas» und Mitglied von Vinofed (mit Sitz in Sierre), errang das Haus Badoux Vins gleich vier Goldmedaillen: für den roten Aigle Les Murailles 2014, den Chasselas 2009 derselben Marke (der 2013er wurde mit Silber ausgezeichnet) und für zwei Weine der Linie Lettres de Noblesse, einen Barrique-Chasselas 2014 sowie eine Pinot gris Spätlese 2013, ausserdem eine Silbermedaille für den Viognier d’Aigle 2014 desselben Labels.

Kommt der Concours Mondial von Brüssel 2018 nach Aigle? In Plovdiv, Ende April, begrüssten die Organisatoren des Concours Mondial de Bruxelles (CMB) eine Waadtländer Delegation, die angeführt wurde vom Bürgermeister von Aigle, Frédéric Borloz, Nationalrat und seit diesem Frühling Präsident der Fédération suisse des vi­ gnerons: Der Hauptort des Chablais hat

sein Kandidaturdossier für frühestens 2018 hinterlegt (2017 wird das spanische Valladolid den herumreisenden CMB beherbergen). Der diesjährige Durchgang brachte den Waadtländern allerdings kein Glück: Von zehn Schweizer Goldmedaillen – und einer grossen Goldmedaille für die Petite Arvine Sous l’Escalier 2012 von der Domaine du Mont-d’Or, im Besitz der Gruppe Schenk mit Sitz in Rolle – fiel die Waadtländer «Ernte» mit einer einzigen Goldmedaille kümmerlich aus. Diese Auszeichnung ging ebenfalls an einen Süsswein, und zwar an den Trilogie de Bernard Ravet 2014, eine Assemblage aus Chardonnay, Doral und Pinot gris, vinifiziert von Rodrigo Banto für CidisUvavins in Tolochenaz. Dieselbe Kollektion «Vin vivant», in Zusammenarbeit mit dem Küchenchef von Vufflens-le-Château kreiert, kam beim Mondial du Merlot, Ende April in Sierre von der Vinea organisiert, in die Kränze,

und zwar mit dem Bernardin 2012. Diese Goldmedaille für die Uvavins gesellt sich zu einer weiteren für den Merlot Empreinte 2014. Hinter den Tessinern (12 Goldmedaillen) und den Wallisern (7) haben sich die Waadtländer (6) gut geschlagen. Philippe Bovet aus Givrins holte zwei Trophäen, mit einem Merlot AOC Vaud 2011 und dem Cima del Adula 2012, einem «Schweizer Landwein». Ebenfalls mit Gold ausgezeichnet wurde der Merlot Exception 2014 von der Domaine d’Aucrêt bei Cully. Der Barrique-Merlot Cachoteries 2012 der Cave Beetschen in Bursins vervollständigt die Liste der Preisträger. Ein in Vétroz gewachsener und in Villeneuve ausgebauter Syrah Der «umwerfendste» Titel, vor allem für seinen Inhaber, bleibt der von Serge Diserens, Cave des Moines in Villeneuve, gewonnene Weltmeistertitel. Er hat seinen Syrah Terra Solis 2012 auf Waadtländer Boden vinifiziert und ausgebaut, auch wenn die Trauben auf Schieferböden im Walliser Dorf Saillon gewachsen sind. Diese Cuvée in einer Auflage von 1500 Flaschen war schnell ausverkauft. Bei Syrah du Monde in Ampuis klassierte sie sich unter 374 Weinen aus 23 Ländern auf dem ersten Platz! Der Gamaret des Moines Réserve 2013, AOC Chablais, errang bei der Challenge international du vin in Bourg, im Bordelais, eine Bronzemedaille. Gewiss, eine bescheidene Auszeichnung, aber immerhin die einzige Schweizer Medaille in diesem Concours!   Daniel Dufaux und die Equipe

von Badoux Vins gewinnen vier Goldmedaillen in Québec!

Le Guillon Nr. 49 2/2016

43


Was beschäftigt Sie? Lebenssituationen ändern sich. Neue Fragen ergeben sich. Ständig. Wir finden Antworten. Das braucht Wissen, Sorgfalt und persönliche Beratung. Dafür nehmen wir uns Zeit. Sprechen Sie mit uns in Lausanne unter 021 313 26 26 oder in Genf unter 022 307 21 21. www.notenstein-laroche.ch


Weinwirtschaft

Terres de Lavaux:

Die grosse Umwälzung

«Unser Vorgehen wird sicher das Interesse anderer Kooperativen wecken.» Das Vorgehen, auf das Jean-Charles Estoppey, Präsident von Terres de Lavaux, anspielt, ist keine Kleinigkeit. Die 1906 gegründete Genossenschaft mit Sitz in Lutry (die 2012 zu Terres de Lavaux wurde), hat sich in eine Aktiengesellschaft verwandelt. Die 55 Genossenschafter, die zusammen 14 Hektaren Reben in Lutry und Villette kultivieren, haben den Entscheid ihrer Führung am 2. Mai gutgeheissen. Ein 110 Jahre dauernder, gradliniger Kurs hat also eine ungewöhnliche Wendung genommen. Eine derartige Verwandlung hat man im Kanton Waadt bisher noch nie erlebt: das ist eine Premiere. Kein Modeeffekt Und der Übergang von einer Kooperative zu einer AG ist weder ein Modeeffekt noch simple Kosmetik, wie Jean-Charles Estoppey erklärt: «Im Moment wird ein Viertel bis ein Drittel der produzierten Trauben offen verkauft, um die nötigen Mittel zu sichern und die Winzer nach der Ernte bezahlen zu können. Indem wir zur Aktiengesellschaft werden, hoffen wir, selber unsere gesamte Produktion absetzen zu können, also 120'000 bis 150'000 Flaschen.» Mit dem Übergang in eine AG sind die Genossenschafter zu Aktionären geworden. Ebenso wie eine Handvoll bereits gefundener Investoren. Die Mehrheit unter ihnen sind Unternehmer aus ökonomischen Sektoren ohne direkte Verbindung zur Weinwelt, die aber anerkanntermassen an der Region hängen. Einer dieser neuen Aktionäre – er ist selbst nicht Winzer – bringt zwei Hektaren familieneigene Reben in Terres de Lavaux ein. Eine Kellerei, die Massstäbe setzt Terres de Lavaux hat hochgesteckte Ambitionen – und will zu einer Produzen-

Le Guillon Nr. 49 2/2016

tin werden, die kantonsweit Massstäbe setzt. Ihre Leiter schreiben es schwarz auf weiss in ihrem Pressecommuniqué, in dem sie vom Schicksal der (mittlerweile ehemaligen) Genossenschaftskellerei berichten, die Weiss- und Rotweine aus einer breiten Palette verschiedener Rebsorten anbietet.  Leiter

Jean-Michel Gosteli (links) und Jean-Charles Estoppey, Präsident von Terres de Lavaux.

Eines ist sicher: Die unter dem Szepter von Jean-Michel Gosteli vinifizierten Weine werden regelmässig prämiert. Um nur ein Beispiel zu nennen: Der Lutry Tradition 2015 von Terres de Lavaux (Label Or Terravin) hat 2016 beim Mondial du Chasselas eine Goldmedaille geholt, und zwar mit 89,3 Punkten, sowie eine weitere goldene Auszeichnung bei der Selektion der Waadtländer Weine vom OVV, diesmal mit 92 Punkten.

© Philippe Dutoit

Pascal Besnard

Terres de Lavaux: a major change The cooperative based in Lutry, that dates back to 1906 and became Terres de Lavaux in 2012, has been converted into a limited company. The 55 cooperative members that between them cultivate 14 hectares of vines in Lutry and Villette, together with a handful of investors have become the shareholders. This kind of transformation is a first in the Vaud Canton. The wines produced by Terre de Lavaux members are frequently awarded prizes. Recently, Lutry Tradition 2015 (Label Or Terravin) won a gold medal at Mondial de Chasselas scoring 89.3 points and another one at Sélection des Vins Vaudois, scoring 92 points.

45



Terroirprodukte

Von Baumnuss bis Raps,

handwerklich produzierte Öle aus der Waadt

Pierre-Etienne Joye Fotos: Sandra Culand

Wo wird die grösste Menge Nussöl produziert in der Schweiz? Genau! Im Kanton Waadt. Baumnussöl ist seit einigen Jahrzehnten zum Luxusprodukt der Waadtländer Gastronomie geworden. Eine AOP (Appellation d’origine protégée = geschützte Herkunftsbezeichnung) steht kurz vor ihrer Realisierung. Der Besitzer der Mühle von Sévery im Distrikt Morges, Jean-Luc Bovey, meint, das Projekt sei auf guten Wegen: «Die Bedingungen stehen, wir erwarten noch dieses Jahr eine positive Antwort aus Bern. Wir haben mit den anderen Ölmühlen zusammengearbeitet, die zur Interprofession gehören.» Es gibt vier davon, und zwar in Corcellessur-Payerne, Yverdon, Bex und Pompaples. Zusammen mit Sévery sind es also fünf handwerklich arbeitende Ölmühlen. Eine achtbare Anzahl? Gewiss. Die aber nicht zu vergleichen ist mit der beeindruckenden Menge vor dem Zweiten Weltkrieg. Damals zählte das Waadtland fast vierzig Ölmühlen, bevor sie von der industriellen Produktion verdrängt wurden. Der grosse Frost von 1956 tat ein übriges: zahlreiche Nussbäume fielen ihm zum Opfer.

Le Guillon Nr. 49 2/2016

Im Waadtland gibt es fünf handwerklich betriebene Ölmühlen, eine davon, die in Sévery, produziert das ganze Jahr über. Auch wenn Baum- oder Walnussöl den Löwenanteil ausmacht, gibt es doch auch andere Produkte, allen voran Rapsöl. Nicht zu vergessen köstliche «Nischen-Öle» wie Traubenkernöl. Heute gibt es eine wahre Rückkehr zu dieser Tradition eines Kantons Waadt, der stolz ist auf sein Öl, das Feinschmecker und Gastronomen gleichermassen verführt. Die Nachfrage nach handwerklich gefertigten Ölen steigt. Im Lauf der Jahre wurden die verlorenen Nussbäume ersetzt, die Waadt hat ihren Schwung wiedergefunden mit Nusshainen, die diesen Namen verdienen. Im Jahr 2000, anlässlich der letzten offiziellen Zählung, war das Waadtland gut und gerne der Kanton, in dem schweizweit am meisten Nussbäume wuchsen, mit mehr als 18’000 Exemplaren. In letzter Zeit wurden weitere 10’000 Bäume gesetzt. Die Baumnuss und ihr Öl dürfen der Zukunft also in Ruhe entgegensehen.

 Die Nussschale. Trocken und sauber.

Vor dem Knacken und der mechanischen Weiterverarbeitung.  Die Nusskerne, zerkleinert und bereit

zum Rösten, Mahlen und Pressen.

Unentbehrliches Rösten Doch wie geht denn nun die Herstellung dieses hochgepriesenen handwerklich fabrizierten Nussöls genau vor sich? Vor allem anderen geht es um die traditionelle Methode des Pressens «nach alter Sitte». Von der Nuss bis zum Öl

47


Avec les mains... et le cœur!

www.henricruchon.com

Les formations à Changins Haute école de viticulture et œnologie (HES) Bachelor of Science HES-SO en Œnologie Master of Science HES-SO in Life Sciences orientation Viticulture et œnologie

Ecole Supérieure (ES) de Technicien/ne vitivinicole Technicien/ne vitivinicole dipl. ES La formation pour devenir viticulteur encaveur

Ecole du Vin Formations modulaires destinées aux amateurs et professionnels du vin et de la table Nouveau : Brevet fédéral de sommelier – Début des cours : en septembre, tous les 2 ans

Le site internet www.changins.ch vous renseigne sur toutes les formations proposées.

Changins

Route de Duillier 50 Case postale 1148 1260 Nyon 1 Suisse +41 22 363 40 50 www.changins.ch

haute école de viticulture et oenologieécole supérieure de technicien/ne vitivinicole école du vin


Raps und Sonnenblumen, von der Blume zum Öl Gelbe Felder im Frühling, gold-braune Blumen im Sommer – Raps und Sonnenblumen sind die Schwesterherzen des Nussöls. Zahlreiche Güter im Kanton Waadt kultivieren die beiden Ölpflanzen, deren Öl nach dem Trocknen der Samen und Kernen durch Pressen bei unterschiedlichen Temperaturen gewonnen wird. Die ersten Schweizer Rapspflanzungen sind Ende des 18. Jahrhunderts überliefert. Zuerst dienten sie nicht einem kulinarischen Zweck, ebensowenig wie das Nussöl: Diese Öle wurden hauptsächlich für den Betrieb von Öllampen verwendet. Erst nach und nach setzten sich ihre Tugenden als Lebensmittel durch. Seit einigen Jahrzehnten ist es klar das Rapsöl, das im Aufwind ist, denn die Kultivierung von Raps wertet nicht nur die lokale Produktion und das (in diesem Fall waadtländische) Terroir auf, nein, Rapsöl gilt auch als gesundes Produkt mit «guten» Fettsäuren. Geschmacklich ist es weniger markant als das Sonnenblumenöl und eignet sich sowohl für kalte Platten als auch das Anbraten von Fleisch, Gemüse oder Fisch. Zudem gibt es eine Sorte Rapsöl, die sich zum Fritieren eignet. Sie brauchten bisher das Auto, um Ihr Speiserapsöl zu kaufen? Verbinden wir das Nützliche mit dem Angenehmen und schlagen zwei Fliegen mit einer Klappe: Die Schweiz produziert Bio-Treibstoff auf der Basis von Rapsöl. Das ist umstritten. Deshalb belassen wir es bei seiner Verwendung in der Küche… Pej

From Walnut to Rapeseed – Non-Industrial Oils Made in the Vaud Canton Today, there are five non-industrial oil mills in the Vaud canton, one of which is located in Sévery, and produces oil all the year round. Although walnut oil accounts for the lion’s share, other varieties are not negligible, in particular rapeseed. Most of Swiss walnut oil is produced in the Vaud canton. In the last couple of decades, walnut oil has even become a gastronomic luxury product. An appellation d’origine protégée classification is about to be granted. Jean-Luc Bovey, the owner

Le Guillon Nr. 49 2/2016

of the Moulin de Sévery near Morges, has pointed out that the project is well under way: “All the conditions have been met and we’re expecting a positive response from Bern before the end of the year. We have been working together with the other oil mills that belong to the trade association.” There are four of them: one in Corcelles-sur-Payerne, another two in Yverdon and Bex, and one in Pompaples. That makes five non-industrial oil mills including Sévery - certainly a respecta-

ble number - but that is still a long shot from the near-40 oil mills that existed in Vaud prior to WWII, before the start of industrial production. The extremely cold 1956 winter did not help: frost damaged many of the walnut trees. Today, we are seeing a genuine return to tradition. Our canton is proud of its oil and is ready to attract the attention of connoisseurs of good food and gastronomic restaurants. Demand for non-industrial oils has been rising. … p. 50

49


Produits du terroir

1

… So over the years, the walnut trees have gradually been replanted and the land has been restored to its former glory with walnut groves worthy of that name. According to the last official census in 2000, Vaud with its 18,000 specimens was clearly the Swiss canton with the largest number of walnut trees. Lately, another 10,000 trees have been planted. The walnut and its oil now have a promising future. Roasting is key So how is this precious nut oil made? Above all, it is a matter of applying traditional pressing methods. To obtain perfect quality and authentic taste, it is crucial to observe all the steps, from nut to oil. Roasting plays an essential part. Once collected and dried, the nuts must to be cracked manually or by machine to extract the kernel, the flesh of the nut. It is the kernels, which must be free from any mould or parasites, which are pressed. If you want to make a top quality product the ingredients have to be perfect from the start. The kernels are crushed to obtain a compact floury paste. Now comes the key process – that will make all the difference - of concentrating and distilling the flavour of the oil: the roasting. It is generally carried out at more than 100°C (212°F) for close to 20 minutes. The product is then put in cloths and pressed. The thick golden juice will flow out and

50

2

3

slowly decant before it is poured into a barrel or a bottle. The remaining dry matter is used for making the traditional walnut cake (see above). A walnut oil that has been made according to traditional procedures is full of intense yet refined flavour, making it a luxury gourmet product. It is strong, so only small quantities are needed. It goes well with different local cheeses and adds flavour to vegetables and all kinds of salads. It is perfect with head lettuce, and is ideal for enhancing the taste of new potatoes in a slightly creamy sauce acidified with a touch of apple vinegar. Beware! Walnut oil does not stand up to heat and so cannot be cooked or fried. One way of reducing its intensity is to mix it with an oil that has a less intense flavour - with rapeseed oil, for example, another jewel in the crown of Vaud savoir faire. Rapeseed and sunflower, from flower to oil Yellow fields in the spring and gold and brown flowers in the summer, rapeseed and sunflower are walnut oil’s younger sisters. Many farms in the Vaud canton grow both oil plants. The oil is obtained by pressing the dried seeds at different temperatures. The first rapeseed plantations in Switzerland date back to the end of the 18th century. At first, as was the case with walnuts, the oil was not made for gastronomic purposes but for use in

lamps. Gradually the edible virtues of the oils gained the upper hand. For several decades now rapeseed oil has clearly been the favourite because not only does it promote local agricultural production, but what is more the oil is considered a healthy product with the ‘right’ fatty acids that are good for us. The Guillon Walnut Cake This cake, often simply referred to as walnut bread, is made from the solid residue left over after pressing the walnut paste, which in the Vaud canton is called nillon or nion. There’s no question of throwing it away or giving it to animals as is the case with colza seeds! The delicious – and very rich - tarts and cakes made with nillon give a second life to our cherished walnuts. One classic recipe requires 100 grams of nillon, in a slab or ready grated, which is mixed with 2 dl of milk and then left to rest for a few hours. One then adds one soupspoon of cream, one of flour and one of sugar, and 2 soupspoons of raisinée (cooked wine) and mixes it all until the mixture is smooth and homogenous. It is then poured on to a short crust pastry base which has been covered with a layer of sugar to which a few drops of walnut oil have been added. It then goes into the oven at 200°C (395°F) for a good half hour. Eggs and plum jam can also be added to the mixture, which is the case for Frédy Girardet’s famous Tarte au nion.

Le Guillon Nr. 49 2/2016


4

5

gibt es diverse Etappen, die respektiert werden müssen, um perfekte Qualität und authentischen Geschmack zu erhalten. Eine entscheidende Rolle spielt das Rösten. Die Nüsse sind geerntet? Und trocken? Perfekt, dann kommt das Nussknacken! Manuell oder mit der Maschine. Die Nusskerne müssen von ihren Schalen befreit werden (1). Diese Kerne sind es, ohne Fehl und Tadel, ohne faule Stellen oder Parasiten, die gepresst werden. Wird Qualität angestrebt, dann gibt es keine Wunder, sondern es braucht ein perfektes Ausgangsprodukt. Die Nusskerne werden also zerrieben (2), bis ein mehliger, kompakter Teig entsteht. Und nun folgt der berühmte Arbeitsschritt, der den grossen Unterschied ausmacht

6

und die Aromen des Öls konzentriert und sublimiert: das Rösten (3). In der Regel bei mehr als 100 Grad Celsius während rund 20 Minuten. Das Resultat wird nachher in Stoff gewickelt und gepresst (4), bis der dickflüssige goldene Saft austritt (5) und sich langsam klärt, bevor er in Fässchen oder Flaschen abgefüllt wird. Und die festen Bestandteile, die nach dem Pressen übrigbleiben? Heissen Nusstrester (6) (französisch «nillon» oder «nion») und werden zu typischen Kuchen geformt (siehe Kästchen). In der Küche sehr gesucht Geschmack, ebenso intensive wie feine Aromen. Die Charakteristiken eines nach allen Regeln der Kunst zubereite-

ten Nussöls machen aus ihm ein Luxusprodukt für die Küche. Unnötig, zu viel davon zu benutzen, denn es ist trotz allem kräftig. Es passt bestens zu Terroirkäsen oder eignet sich zum Verfeinern von Gemüsen und Salaten aller Art. Es ist ideal mit Kopfsalat, perfekt zu neuen Kartoffeln in einer leicht cremigen Sauce mit einem Schuss Apfelessig. Doch Achtung! Nussöl erträgt das Erhitzen nicht, das Fritieren noch weniger. Wie man die Intensität dieses Öls mildert? Indem man es mit einem anderen, geschmacklich weniger kräftigen mischt. Etwa mit Rapsöl, einem anderen Star des Waadtländer Savoir-faire. Siehe Interviews auf S. 53

Feines aus Nusstrester

Der Nusstrester (also die soliden Überreste, die nach dem Pressen der gemahlenen Nusskerne übrigbleiben) heisst in der Waadt «nillon», «nion» oder «pain de noix». Wegwerfen oder als Viehfutter verwenden, wie man das mit den Rapssamen macht, wäre viel zu schade! Wähen und Kuchen mit Nusstrester verhelfen der geschätzten Baumnuss zu einem zweiten kulinarischen Leben. Und das ist etwas Währschaftes! Bei einem der klassischen Rezepte besorgt man sich 100 Gramm Nusstrester, schon geraffelt oder am Stück, mischt ihn mit zwei Deziliter Milch und lässt ihn ein paar Stunden ruhen. Danach fügt man je einen Suppenlöffel Vollrahm, Mehl und Zucker sowie zwei Löffel voll «Raisinée» («vin cuit») bei und mischt das Ganze, bis man eine glatte, homogene Masse erhält. Diese Masse giesst man auf einen Blätterteig (mit der Gabel eingestochen, von einem Teppich aus Kristallzucker bedeckt und mit ein paar Tropfen Nussöl befeuchtet). Bei 200 Grad im Backofen eine gute halbe Stunde backen. Einige fügen bei der Zubereitung noch Eier oder Pflaumenkonfitüre bei. So wie bei der berühmten «Tarte au nion» von Frédy Girardet. pej

Le Guillon Nr. 49 2/2016

51


Anthologie Das Beste aus dem Waadtland Profitieren Sie vom Anthologie Spezialangebot 2016 der FCVV : 15 Waadtländer Spitzenweine zum geniessen! Ja, ich bestelle die offizielle Selektion FCVV « Anthologie »* bestehend aus 15 grossen Waadtländer Weinen : 15 Flaschen 70/75 cl : 7 Weisse, 7 Rote, 1 Rosé. Anzahl Kartons « Anthologie » ___ zum Sonderpreis von CHF 174.90

Name : Vorname : Strasse und Nr : PLZ :

Ort :

Tel. :

Geburtsdatum :

Total : ____ CHF (MwSt. inbegriffen) Bitte senden Sie mir meine Bestellung per Post (Ohne Versandkosten ab 2 Kartons). Beteiligung an den Versandkosten für einen Karton : CHF 20.–.

E-mail : Datum und Unterschrift (obligatorisch) :

Lieferung und Rechnung erfolgen via Cave Cidis SA. Zustellung bitte an meine Adresse in der Woche vom _________________ 2016 Ich hole meine Bestellung in der Vinothèque & Bar Cave Cidis Dietikon ab

Mit meiner Unterschrift bestätige ich, über 18 Jahre alt zu sein.

So bestellen Sie

Ich hole meine Bestellung im Pavillon Cave Cidis in Nyon ab * Limitierte Auflage : solange Vorrat und Verfügbarkeit der Jahrgänge.

NDVERSA OHNE EN AB T S O K TONS 2 K AR

Diesen Coupon per Post einsenden : FCVV – 1131 Tolochenaz/Morges Per E-Mail : cidis@cidis.ch – Per Fax : 021 804 54 55 Tel. 021 804 54 64 – www.anthologie.ch

GUI-D-16

Ich hole meine Bestellung im Pavillon Cave Cidis in Tolochenaz ab


Terroirprodukte

Interviews… ... mit Jean-Luc Bovey, «maître artisan hui­ lier» und Besitzer der Ölmühle von Sévery, oberhalb von Morges.

Moulin de Sévery J.-L. Bovey Le Moulin 10 1141 Sévery (Suisse) T +41 21 800 33 33 www.huilerie-de-severy.ch

Le Guillon: Man bekommt den Eindruck, Sie hätten schon immer im Öl gebadet. Stimmt das? Jean-Luc Bovey: Das könnte man so sagen, ja. Ich habe eine Lehre als Müller gemacht, aber das mit dem Öl ist genetisch bedingt und kommt vom Familienunternehmen. «Learning by doing» war angesagt. Das Savoirfaire wird seit 1845 vom Vater auf den Sohn weitergegeben. Das ist schnell gesagt, doch es sind sechs Generationen. Nussöl wird in der Ölmühle von Sévery bereits seit dem Ende des 16. Jahrhunderts extrahiert. Heute ist es die letzte handwerklich betriebene Ölmühle in der Schweiz, die das ganze Jahr über arbeitet, sechs Tage die Woche, non stop. Wie sieht der Produktionsrhythmus aus? Im Durchschnitt pressen wir 60 Tonnen

... mit Pascal Walter von der Mühle du Cotterd in Bex, welcher die Leitung von seinem Grossvater Jean-Louis Dupraz übernommen hat.

Huilerie du Cotterd P. Walter Rte de St-Maurice 1 1880 Bex (Suisse) T. +41 24 463 26 08 www.lepetitcageot.ch

Le Guillon: Seit wann ist die Mühle von Bex aktiv in der Produktion von Baumnussöl? Pascal Walter: Die handwerkliche Aktivität der Most- und Ölmühle du Cotterd hat Ende des 17. Jahrhunderts angefangen. Die Presse dient vor allem zur Gewinnung von Apfelsaft. Die Produktion von Nussöl ist unser zweites Standbein. Wir besitzen zwar selber ein paar Nussbäume, verarbeiten aber ausschliesslich Nüsse, die uns andere Produzenten liefern. Wir pressen diese Nüsse «im Lohn», die Nusslieferanten holen danach ihr eigenes Nussöl bei uns ab. Sie sind also nicht das ganze Jahr über tätig wie die Ölmühle von Sévery…

Nusskerne pro Jahr, was grosso modo 36’000 Litern Baumnussöl entspricht. Beim Raps sind es 15’000 bis 20’000 Liter pro Jahr. Sonnenblumenöl ist schwieriger, denn sein Geschmack gefällt nicht allen. Da wir in unserer Revue vor allem von Trauben und von Wein sprechen, stellt sich natürlich die Frage: Produzieren Sie auch Traubenkernöl? Wir fangen an. So wie beim Öl vom Leindotter, dem Vorfahren des Rapses. Wir produzieren rund zehn verschiedene Öle in unterschiedlichen Mengen. Vom Hanföl über Leinöl, Kürbiskernöl, Haselnussöl bis hin zu Sesamöl. Es gibt im Kanton Waadt eine grosse Vielfalt von Ölpflanzen und Trockenfrüchten, welche die Ölgewinnung erlauben. Öl «à façon» oder «im Auftrag», sprich die Herstellung von Öl aus Produkten, die uns von diversen Produzenten geliefert werden, macht immerhin 70% unserer Produktion aus.

Nein, wir pressen von Mitte Januar bis Ende März, und das nicht jeden Tag. In Jahren mit grosser Ernte sind es drei Tage pro Woche, in anderen eher nur einmal pro Woche. Wissen Sie, Baumnüsse sind eine zufällige Sache. Viel mehr als die Äpfel. Ein Jahr von sieben gilt im Schnitt als sehr rentabel. Das variiert von 1500 bis 7000 Kilo Nüssen pro Jahr. Wenn das Nussöl fertig und in Flaschen abgefüllt ist, erteilt man den Kunden dann Ratschläge zu seiner Aufbewahrung? Baumnussöl ist fragil. Um zu vermeiden, dass es allzu schnell ranzig wird, muss man es geschützt vor Licht und kühl aufbewahren. Hat Ihnen Jean-Luc Bovey gesagt, dass man es idealerweise im Kühlschrank lagert? So weit würde ich nicht gehen. Aber es stimmt, wenn die Raumtemperatur zu hoch ist, könnte man das eigentlich probieren…

Die Interviews führte Pej

Le Guillon Nr. 49 2/2016

53


Erhältlich bei OBRIST SA, Avenue Reller 26 in Vevey Weitere Informationen über www.testuz.ch

Magmisocmheente! Genuss


Waadtländer Wein

Michel Logoz, Papst der Etikette und Commandeur de l’Ordre der Waadtländer Weine Pascal Besnard, Echotier der Etikette gefeiert, von Pierre Keller als «Karl Lagerfeld der Flasche» gepriesen, mit dem begehrten Titel Commandeur de l’Ordre der Waadtländer Weine ausgezeichnet.

Er bleibt zugleich ein geschätzter Feuilletonist dieser Revue. Verpassen Sie also nicht die genüssliche Lektüre der berühmten Kolumne von Michel Logoz auf Seite 80! © OVV

Es ist ein junger Mann von fast 87 Jahren, der am vergangenen 17. Juni in Saint-Saphorin aus den Händen von Pierre Keller, Präsident des Office des Vins Vaudois, die Insignien des Commandeur de l’Ordre der Waadtländer Weine entgegennehmen durfte. Ein unermüdlicher Schöpfer, unstillbar neugierig und kultiviert bis weit über die Grenzen des Vernünftigen hinaus, hin und wieder ein Lästerer, wenn auch immer zu Recht, hat Michel Logoz nicht weniger als 30’000 Weinetiketten kreiert, in etwas mehr als einem halben Jahrhundert. Er hat auch zahlreiche Kunstbücher herausgegeben, bemerkenswerte Texte über Weine und Weinregionen verfasst und jahrzehntelang die Gäste der Confrérie du Guillon anlässlich der Frühlings- oder HerbstRessats auf Schloss Chillon mit seinen ziselierten Interventionen unterhalten. Nun wurde Michel Logoz, Ehren-Chancelier der Confrérie und bereits als Papst

Michel Logoz, the Label Champion and Commander of the Order of Vaud Wines On June 17, at St. Saphorin, this young man of near eighty-seven years of age received the decoration of Commander of the Order of Vaud Wines from Pierre Keller, president of the Vaud Wine Office. A tireless creator, permanently curious and cultured beyond all reasonable limits, Michel Logoz has created

Le Guillon Nr. 49 2/2016

no less than 30,000 wine labels in just over half a century. He has also published numerous works of art, written remarkable texts about wines and vineyards, and for tens of years has amused the guests of the Confrérie du Guillon (Guillon Fellowship) with his finely chiselled speeches at the spring and au-

tumn ressats (banquets), at the Château de Chillon. Honorary chancellor of the Fellowship, the hallowed label champion Michel Logoz, whom Pierre Keller has designated “the Karl Lagerfeld of bottles”, has now received the much-envied title of Commander of the Order of Vaud Wines.

55


Chantres and Clavendiers At the ressats (banquets) held by the Confrérie de Guillon (Guillon Fellowship) the chantres refer to the Fellowship councillors who serve the wine, and clavendiers to those who serve the food. Ever since 1954 when the very first ressat was celebrated, the formula of excellence, finesse, competence and humour has been preserved. At every ressat, each wine is tasted and presented by a chantre and each dish by a clavendier, but given their many talents it is not unusual for them to swap roles. The former will marvel at the grape variety, at the appellation d’origine, at the vintage or even at the history of the vineyard, while

56

the latter will go into raptures about the ingredients of a particular dish, its subtle construction, the cook’s tricks or the way it has been cooked. But these councillors soon depart from their principal task to introduce a bit of humour and make fun of latest local or international news items. Their texts, written for onthe-spot amusement rarely survive the test of time except for the rare few that are selected and adapted for some issues of our review (see p. 66-67 in this issue). No sauciness is allowed, just a bit of good risqué humour touching the limits of acceptability - or otherwise immediately sanctioned by a yellow card brandished

Eric Loup, chantre & clavendier

© Edouard Curchod

by the master of ceremonies. Anyone who has attended one of these famous ressats will tell you that they are the soul of Guillon festivities, and they make the whole difference which is the envy of all, including our French neighbours… Fabien Loi Zedda, former president of the chantres and clavendiers

Le Guillon Nr. 49 2/2016


Botschaft des Gouverneurs Jean-Claude Vaucher

Ein Hoch auf die königliche Rebe Der Chasselas wurde während Jahren schlecht gemacht wie keine andere Rebsorte. Niemandem konnte er es recht machen und man sprach dem Wein jede Tugend und jede Zukunftsperspektive ab. Selbst einige Fachleute haben zu diesem negativen Bild beigetragen, indem sie kein gutes Haar an ihm liessen und ihn aus ihren Weinbergen verbannten. Das ging so weit, dass sogar die Bundesbehörden Winzer subventionierten, die vermeintlich bessere Reben pflanzten. Flächenmässig reduzierte sich der Chasselas in den zwanzig letzten Jahren beträchtlich, insbesondere im Wallis, wo er heute noch auf weniger als 1‘000 Hektaren gedeiht. Zum Glück haben sich die Waadtländer Winzer nicht auf diese Zerstörungsaktion eingelassen, so dass der Chasselas weiterhin unsere Rebberge dominiert. Umso mehr als der Wind gedreht hat, die Meinungen geändert wurden und sogar die Journalisten diese Weine nicht mehr schlecht machen. Ganz im Gegenteil. Wir stellen heute bei den Meinungsmachern echtes Interesse fest, das von aktiven Promotionsaktivitäten begleitet ist, um die ausserordentlichen Qualitäten des Chasselas und seine Ei-

Le Guillon Nr. 49 2/2016

genheit bekannt zu machen. Denken wir etwa an das schöne Buch der Journalistin und Weinspezialistin Chandra Kurt, «Chasselas – Von Féchy bis Dezaley. Ein weinkulinarisches Abenteuer im Waadtland», eine tolle Reise auf den Spuren der Schätze in den Waadtländer Weinbergen, das auf Deutsch und Französisch erschienen ist. Der Erfolg des Buches ist so gross, dass es sogar auf Englisch übersetzt wird. Denken wir auch an das bekannte Buch des Weinkellners Jérôme Aké Béda, «Les 99 chasselas à boire avant de mourir», ein Werk, das die grosse Lagerfähigkeit dieser Weinsorte belegt, die zuvor kaum je erwähnt wurde und die zu einem guten Teil zum neuen Ansehen des Weins beiträgt. Es wäre dabei eine Unterlassungssünde, nicht vom prächtigen Film von Florian Burion «Chasselas Forever» zu sprechen, in dem während mehr als einer interessanten Stunde Wissenschaftler, Historiker und Winzer das Geheimnis der Herkunft dieser für die Westschweiz typischen Rebsorte lüften. Diese aussergewöhnliche technische Realisierung lässt uns

die Geschichte des Chasselas nachvollziehen, so wie wir sie nie gesehen haben. Das Office des Vins Vaudois steht mit seiner Broschüre «In Chasselas veritas» in nichts nach, wo alle Facetten der Rebsorte beschrieben und gerühmt werden. Abgesehen von Büchern, Filmen und anderen lobenden Berichten in den Medien dürfen wir den bemerkenswerten Elan des Komitees für den Mondial du Chasselas nicht vergessen, des Wettbewerbs, der dieses Jahr zum fünften Mal durchgeführt wurde und immer erfolgreicher wird. Diese internationale Degustation begnügt sich nicht damit, Medaillen zu verleihen, sondern hat auch ein grosses Fest zu Ehren dieser Rebsorte ins Leben gerufen und wirbt, zwischen zwei Wettbewerben, in der Schweiz und im Ausland für den Chasselas. Die Rückkehr in Ruhm und Ehre unserer königlichen Chasselas-Rebe erfreut uns sehr. Sie erlebt eine löbliche und absolut verdiente Revolution, wobei der Waadtländer Weinbau als grosse Siegerin da steht.

57


58

Le Guillon Nr. 49 2/2016


Ressats

Die Ressats

der Combourgeoisies Pascal Besnard, Echotier Fotos Edouard Curchod Die Confrérie du Guillon inthronisiert an jedem Ressat Scharen von Compagnons, Damen und Herren. Heute sind es 4000 Liebhaber der regionalen Weine, von feinem Essen und dem besonderen Geist in dieser Ecke des Landes: Dem Waadtländer Humor, der seinesgleichen suchen kann. Manchmal nimmt die Confrérie auch Gemeinden als Mitglieder auf. Als Weinbergbesitzerinnen werden sie, nachdem ihre Behörden den Ritterschlag empfangen haben, combourgeoises. Der Guillon ist stolz darauf, in seinen Reihen 200 solche Botschaften zu zählen, deren einzige Aufgabe darin besteht, für die Waadtländer Weine zu werben, ob es sich um stille oder spritzige Tropfen handelt. So haben sich im Herbst 2015 Treycovagnes, Froideville und Oron zu den definitiv besonnten Ortschaften gesellt. Im letzten Frühjahr war die Reihe an Prangins, Givrins, Crans-près-Céligny und Agiez. Diese und alle anderen verdienten es sehr wohl, dass die Ressats ihnen gewidmet waren. Und welche Ressats! Edgard Bovier, Treuster unter den Treuen (mit 26 Ressats!), und seine akive Küchenbrigade haben mit ihrer leichten, mediterran beeinflussten Küche die Fans erfreut und die Neuzuzüger beglückt. Edgard mit seinem sanften Blick ist der Mann vom Palace, der gerne alle an seinem Können teilhaben lässt: So verrät er uns in diesen Seiten zwei Rezepte, die er im Frühjahr auf Schloss Chillon umgesetzt hat. Die darauf abgestimmten Weine – Vinzel 2012, Epesses 2013, Côte de l’Orbe Grand Cru 2014, Ollon 2013 und Dézaley Grand Cru 2014 – waren ganz nach dem Geschmack der Gäste. Auch die Redner an diesen Ressats gaben ihr Bestes, um Esskultur und oratorische Künste harmonisch zu vereinen; Musik, Lieder und Bedienung folgten sich reibungslos und Schlag auf Schlag. Da ist es fast überflüssig zu betonten, dass diese Ressats der Combourgeoisies ein voller Erfolg waren. Seine Ausstrahlung aber, die verdankt der Guillon seinen wichtigsten Akteuren: Ihnen, liebe Compagnonnes und Compagnons. Danke für Ihre Treue!

Le Guillon Nr. 49 2/2016

59


Ressats

Freitag 22. April Compagnon majoral Jean Denais Bürgermeister von Thonon-les-Bains Compagnon ministérial Vincent Duc Buchprüfer, Confrérie du Guillon Manuel Guerra Buchprüfer, Confrérie du Guillon Commune combourgeoise Prangins Compagnon Mike Bornand Gimel Claude-Alain Bornand Grens François Brandt Saubraz Thierry Brocard Aubonne Fabien Coucet Lully VD Philippe Diesbach Pully Marielle Gallay Aubonne Michel Gfeller Allaman Didier Hunacek Blonay Yves Mégroz Bière Jean-Luc Rochat Etoy Philippe Rossier Aubonne Thierry Sandoz Corseaux Nicholas Visinand Blonay

1

1. Der Bürgermeister von Thonon-les-Bains, Jean Denais, wird Compagnon majoral 2. Marielle Gallay versucht sich erfolgreich und charmant am Guillon 3. Philippe Rossier, Winzer in Aubonne. Sein Féchy Les Curzilles 2015 belegte am Mondial du Chasselas mit 638 Weinen den 11. Rang! 4. Eine Schar von Inthronisierten (jene vom 22. April) 5. Einzug der Conseils, angeführt von Panetier Roger Rey, der hier als Hoqueteau fungiert

60

4

Le Guillon Nr. 49 2/2016


2

3

5

Le Guillon Nr. 49 2/2016

61


Ressats

Samstag 23. April Compagnon majoral Alain Gorka Kommandant der Waadtländer Gendarmerie Commune combourgeoise Givrins Compagnon André Bonny Blonay Jacques Despont Echallens Jean-Christophe Ferraris Pully Peter Friedmann Pully Patrick Guex Allaman Thomas Kretz Unterentfelden Guy Marty Saint-Légier Roger Müller Rheinfelden Philippe Rappaz Penthaz Pascal Rubin Grimisuat 6

6. Kommandant Gorka fängt die verbalen Geschosse des Echotiers mit einem Lächeln ab 7. Der Maisonneur und der Maître Queux freuen sich offensichtlich über das Treffen auf Schloss Chillon(Hansruedi Gerber und Edgard Bovier) 8. Die Abzeichen des Guillon liegen bereit, um die Knopflöcher der Compagnons zu zieren 9. Alte Guillon-Weisheit: «Ist der Gouverneur glücklich, wird das Ressat fröhlich!» 10. Ein Prévôt (Gilbert Folly) für eine Gemeinde combourgeoise (Givrins).

62

9

Le Guillon Nr. 49 2/2016


7

8

10

Le Guillon Nr. 49 2/2016

63


Ressats

Freitag 29. April Conseiller Sandy Beetschen Verantwortlicher HR Compagnon juré Antoinette Monnard Chapeau noir Commune combourgeoise Crans-près-Céligny Compagnon Ismet Bajrami Romanel-sur-Lausanne Paul-Marie Bühler Tolochenaz Harald Cropt Ollon VD Jean-Marc Favez Saint-Légier Erik Haas La Tour-de-Peilz Nessim-Maxime Medina Courchapoix William Pacalet Epalinges Stéphane Python Nyon Jonathan Richard Ollon VD 11

Samstag 30. April Compagnon majoral Stéphane Dupays Direktor Abfüllanlagen von Evian-Wasser Commune combourgeoise Agiez Compagnon Yannick Juillerat Vouvry Rudolf Mohler Oberwil Olivier Perret Treycovagnes Valentino Torriani Zürich Marc-André Vulliens Thierrens

13

64

Le Guillon Nr. 49 2/2016


11. Fröhliches Lachen vor seinen ebenso belustigten Robenbrüdern: Sandy Beetschen wird Conseiller der Confrérie du Guillon 12. Die Promovierten vom 29. April: Eine beachtliche Anzahl von Compagnons! 13. Die Kunst des Ziehens am Guillon, interpretiert von Antoinette Monnard, Chapeau Noir 2015 14. Erfolgreiche Hochzeit von Wasser und Wein: Stéphane Dupays, Direktor der Abfüllanlagen von EvianWasser, ist hoch erfreut! 15. Crans-près-Céligny war bisher einfache Waadtländer Gemeinde, jetzt ist sie auch combourgeoise

12

14

15

Le Guillon Nr. 49 2/2016

65


© Edouard Curchod

Honneur aux Communes viticoles Combourgeoises de notre belle Confrérie! D’Aigle à Yvorne elles sont 157… par ordre alphabétique. Petit tour d’horizon en jouant des mots et des noms. Du Champagne et que les femmes dansent! On commence au Nord. Grande et belle région blottie entre lacs et Jura. C’est le Pays de ce Bon-Villars qui a les Côtes de l’Orbe en long à force de tirer sur le Arnex pour arrêter son pic à tous les troquets. L’autre jour il était avec le Grand-Son à Mathod, ils ont Vallamand commandé du Vully… pour une fois il était Mur! Bavois, ils ont eu de la chance, après ils ont essayé du Baulmes… ils l’on eut sur le cœur! Partons maintenant tout au bout de La Côte où là-bas on a parfois l’impression qu’ils Nyon rien compris. S’appeler Crassier, Trélex, c’est pas beau ça! Et puis c’est Vich dit, mais là encore, si le grand Bogis-Bossey un peu plus et buvait un peu moins y finirait pas Borex tous les soirs. A force, il a fini Gingins et a é-Coppet de six mois à Prangins. Mais le gaillard a eu du Crans et s’en est sorti en allant Commugny en Terre Sainte. Revenons un peu vers le cœur de la Côte. Si ça reste à prouver que Tartegnin est le pays du bon vin, on est par contre sûr qu’Allaman a l’Aubonne. Si on peut trouver normal que Bougy tienne la chandelle à Féchy quand il Monte-sur-Rolle… Le problème n’est pas si Begnins quand Vinzel serre fortement Luins contre Gland. Car Luins s’est toujours épanouie dans les bras de Vinzel. Et si on le sert c’est qu’il est prêt…le Luin. Trait d’union entre le cœur de la Côte et Lavaux Morges se tient là au mitan du vignoble vaudois.

66

Le Guillon Nr. 49 2/2016


Propos de Clavende

Chablais AOC Ollon 2013, nobles cépages rouges

Raoul Cruchon, Conseiller

Ah Morges! Mon pays, mon terroir Je pourrais vous en parler toute la nuit Rien que là 39 communes viticoles! Impossible de les citer ici. La plus grande région viticole du canton, la plus belle aussi. ses 620 ha, ses 11 châteaux viticoles, son riche passé. le berceau du Servagnin, L’Ecole de Marcelin Le triomphe d’ARVINIS La Véritable capitale des vins vaudois! Un jour que j’étais à Féchy avec Torchette À la table du bistrot y avait un petit morveux de vigneron, Qu’arrêtait pas de se vanter, Genre… Oui nous au cœur de la Côte… C’est pas pour dire mais quand même au cœur de la Côte… Oui mais c’est pas comme au cœur de la Côte… Au bout d’un moment j’ai vu que Torchette commençait sérieusement à grimper les tours, Et ça n’a pas traîné, Quand le gaillard a remis ça, Torchette s’est levé et lui a lancé: «Dit donc, petit morveux, tu sais ce qu’il y a entre le cœur de la Côte et Lavaux? Il y a l’Entre-côte!» Et bien traversons maintenant la capitale et allons à Lavaux ma mignonette… Alors là c’est un autre monde. Si partout ailleurs on dit que le blanc «ça redemande!» Sous le Mt Pèlerin on dit «Cha… redonne!» Plus bas, alors là, plus bas, on nage en plein bonheur, un peu comme dans ces histoires qu’on raconte aux enfants et qui finissent toujours bien. car, même si Rivaz et «Saint Sa font rien» ils Vevey-Montreux et eurent beaucoup d’enfants. Vevey-Montreux! Voilà deux appellations qui ont réussi leur fusion, elles! Tandis que de l’autre côté de Lavaux…. Grandvaux et Villette se sont se sont retrouvées pommes avec le Bourg… en Lavaux.

Le Guillon Nr. 49 2/2016

A Puidoux on est tout Dézaley Qu’à Riez les grappes soient si Epesses qu’on peut les vendanger Calamin. Elles sont si lourdes que personne veut les Cully. Logiquement nous finissons se tour d’Horizon ici Au Chablais et son icône…. Yvorne! Clos du Rocher, L’Ovaille, Trechêne, La George, Maison Blanche, les plus beaux terroirs du Chablais. Oh! Je sais, de le dire, Chablais pas à tout le monde. Mais on a beau regarder, c’est vrai quand même. Prenons déjà juste à côté, Villeneuve par exemple. Quand on réalise que le vignoble de Villeneuve est coincé entre le Pissot et Chillon on est en droit de se demander si le terroir dont ils sont si fiers c’est bien la cargneule qui le donne! Si maintenant on remonte à Bex, on constate que là-bas, le terroir on s’en est toujours Lavey-les-Bains. Quand à Aigle on a beau dire Mais les terroirs sont quand même traversés par la Grande Eau! Non… s’il fallait voter pour le meilleur ce serait Yvorne. Sauf si Chillon faisait valoir son droit de Veytaux. Reste Ollon… Celui que vous avez dans votre verre. Un Assemblage noble 2013 La robe est rouge rubis avec des reflets noirs. Le nez est direct sur la cannelle, le toast, l’amande grillée, la banane écrasée et la cerise confite. La bouche évoque la girofle, les épices douces et vaguement la confiture de fraise. Sa texture est très fine, caressante, flatteuse, sensuelle et finalement carrément racoleuse! Gouverneur mets-nous en perce ce grand vin! Ne serait-ce que pour contredire Le cri du cœur du petit Delarze Qui dernièrement ma lancé, vaniteux: «Le terroir d’Ollon?... Vaut pas Verchiez!»

67


Luzerner Guillonneur

Zwischen Iron Maiden und Staus auf den Strassen

Ein fabelhafter Guillonneur! Claude Piubellini, Conseiller Fotos: Edouard Curchod Etwas Überwindung war nötig, um sich an diesem Freitag 3. Juni in Richtung Luzern aufzumachen. An diesem Tag stand am Allmend Rockt Festival ein Konzert von Iron Maiden auf dem Programm, so dass Fans aus der ganzen Schweiz und darüber hinaus die Strassen füllten. Die Weitsichtigsten – darunter der Schreibende – waren deshalb frühzeitig aufgebrochen, aber einige Liebhaber von Waadtländer Weinen mussten sich lange gedulden, bevor sie im Restaurant Kreuz in Emmen aussteigen konnten. Wie üblich hat der Préfet, unser Robenbruder Eric Nicole, in diesem Restaurant, in dem Romaine Stoffel für den Empfang zuständig ist und Hans-Peter Suter in der Küche steht, einen perfekten Abend organisiert. Das Gasthaus wurde übrigens in diesem Jahr mit 16 Gault-Millau-Punkten bewertet, wobei die Weinkarte immerhin als die beste in der Schweiz bezeichnet wurde. Ein ausserordentlicher Jean-Louis Nachdem der Préfet die rund vierzig Teilnehmenden und die Conseillers des Guillon freundlich begrüsst hatte, erklärte er die Regeln des Jean-Louis (von Experten kommentierte Degusta-

68

Zeremonienmeister Préfet Eric Nicole

tion, wobei die gleichen Weine nachher in anderer Reihenfolge ausgeschenkt werden). Im Wettbewerb standen fünf Chasselas 2015 aus den fünf grossen Weinbauregionen der Waadt: La Côte, Nord vaudois, Lavaux, Dézaley und Chablais. Der Jahrgang ist von allerbester Qualität und Philippe Schenk, der die zwei ersten vorstellte (Domaine du Martherey und Château d’Eclépens), wies darauf hin, dass sich im Leben eines Winzers höchstens ein- oder zwei-

mal so konzentrierte Tropfen kosten lassen. Guy-Louis Chappuis präsentierte anschliessend seinen Saint-Saphorin und seinen Dézaley und André Linherr, Légat der Confrérie, beschloss die Runde mit der Präsentation des Yvorne. Ganz einfach war die Degustation nicht, den die Weine waren ausnahmslos so fruchtig, dass man sie bei der Wettbewerbs-Degustation leicht verwechseln konnte. Alle füllten ihren Wettbewerbstalon aus und gegen 20 Uhr sammelte der Préfet die Lösungen ein und lud zum köstlichen Apéro riche, der von einem süffigen, exzellenten Chasselas begleitet wurde. Hohe Gastronomie und Weine vom Domaine Bovy Gegen 21 Uhr startete das Essen mit einer Vorspeise aus Saint-Jacques-Muscheln, Mandel-Couscous und Aprikosen-Vinaigrette. Eric Bovy vom Domaine Bovy in

Le Guillon Nr. 49 2/2016


Degustieren, betrachten, nachdenken, zögern, entscheiden… oder die praktische Umsetzung des Jean-Louis!

Am Herd steht Hans-Peter Suter, 16 von 20 Gault-Millau-Punkte

Chexbres liess dazu einen Viognier de St-Saphorin 2013 ausschenken, der perfekt mit dem Gericht harmonierte. Als Hauptspeise wurden eine grillierte Hirschnuss mit Mittelmeer-Gemüse aus dem Ofen und Gnocchis à la Romaine serviert. Unser Winzer bot dazu zwei Rote aus St-Saphorin an, den Valdensis 2013 aus sechs Rebsorten (Merlot, Cabernet Sauvignon, Cabernet franc, Gamaret, Garanoir und Diolinoir) sowie den Optimus 2012 (reiner Diolinoir). Die Nachspeise, eine Profiterole SaintHonoré, wurde von einem St-Saphorin 2011 (Gewürztraminer passerillé) begleitet, einem dieser Süssweine, von denen man sagt, dass sie dem Herrn gut tun, wenn die Frau davon trinkt…

Applaus für ihren eleganten und überzeugenden Auftritt. Schliesslich bittet Préfet Eric Nicole die ganze Küchenbelegschaft in den Saal, um sich bei ihr zu bedanken und sie zum ausgezeichneten Menu zu beglückwünschen. Die Gäste bekunden lautstark ihre Zufriedenheit! Der Préfet dankt allen fürs Kommen und ruft das nächste Treffen des Guillon in Erinnerung, die Quatre Heures du Vigneron in Constantine, die im Spätsommer winken. Und dann lässt man gemeinsam den Abend bei ein paar Flaschen Chasselas ausklingen, die unsere Winzerfreunde mitgebracht haben. Die fröhliche Stimmung löst auch den letzten möglichen Ansatz einer sogenannten Röstigrenze in Luft auf! Herzlichen Dank dem Préfet für die ausgezeichnete Organisation … und bis zum nächsten Jahr!

… and the winner is… Zwischen dem Hauptgang und dem Dessert gab der Préfet die Resultate des Jean-Louis-Wettbewerbs bekannt und

Le Guillon Nr. 49 2/2016

wies dabei auf die Schwierigkeiten dieser Ausscheidung hin. Acht Gäste hatten drei Regionen richtig bestimmt und der frühere Préfet Willy Toggwyler überreichte ihnen zusätzlich zum Diplom für gute Degustatoren die praktisch druckfrisch vorliegende CD der Gais Compagnons. Neben Philippe Schenk, der alle fünf Regionen richtig bestimmte, aber nicht am Wettbewerb teilnahm, hat nur eine Person noch fehlerlos die Weine zugeordnet, nämlich Daniela Mahrer aus Udligenswil. Sie hat folgerichtig eine Einladung für zwei Personen zu einem unserer Frühjahrsressats 2017 auf Schloss Chillon gewonnen und wurde mit grossem Applaus beglückwünscht. Nach der Nachspeise wird uns als kleine Überraschung eine eindrückliche Vorführung von argentinischem Tango präsentiert, und zwar von Dame Compagnon Muriel Rücklander und Bruno Haefliger. Auch sie erhalten grossen

69


1er Grand Cru

Un millénaire d’excellence

Entrez dans l’univers d’exception d’un 1er grand cru www.chatagnereaz.ch Les 1ers Grands Crus vaudois, nouveaux symboles d’excellence


Eingeladen

Guy Parmelin

Ein Bundesrat mit Winzer-Wurzeln Pascal Besnard, Echotier Fotos: Edouard Curchod

Das Büro, in dem uns Guy Parmelin an einem heissen Sommertag in Bern empfängt, an einer Zubringerstrasse zum Bundesplatz, ist sehr spartanisch eingerichtet. Eine Schweizer Fahne, grüne Pflanzen, einige Fotos. Damit hat es sich. Es handelt sich dabei aber nicht um eine Frage des Geschmacks: Die Renovationsarbeiten im Ostflügel des Bundeshauses waren einfach noch nicht ganz abgeschlossen und der Umzug noch im Gang. Das Umfeld, das zu unserem Gespräch Anlass bot, war zudem ein anderes: Es befindet sich in den Weinbergen an der Waadtländer Côte, in Bursins. Der Mann, der seit dem 1. Januar 2016 das Eidgenössische Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport leitet, hat dort mit seinem Vater Richard und dann mit seinem Bruder Christophe einen Landwirtschaftsbetrieb mit 36 Hektaren, davon 5 Hektaren Reben, geführt. Nach seiner Wahl hat Guy Parmelin diese Tätigkeit aufgegeben. Der Waadtländer Bundesrat hat eine Lehre als Landwirt absolviert. Er verfügt zudem über ein Diplom der landwirtschaftlichen Schule in Marcelin oberhalb von Morges und ist Meisterlandwirt und –winzer. Frische Erinnerungen Die Erinnerungen an diese Zeit sind noch sehr lebendig. Der VBS-Vorsteher verweist spontan auf den Schlüsselmoment

Le Guillon Nr. 49 2/2016

im Winzerleben: «Die Ernte. Sie ist das Resultat eines ganzen Arbeitsjahrs. Meine letzte Lese, jene im 2015, war eine der schönsten. Die Kirschessigfliege hatte nicht wie im 2014 Schäden hinterlassen.» Guy Parmelin erinnert aber auch daran, dass in der Weinwirtschaft nie alles planbar ist: «Da sind etwa die Jahre mit Hagel. Trotz Raketen und selbst wenn man gut versichert ist, bleibt der Moment schmerzhaft, wenn man ohnmächtig der Zerstörung eines Teils der Ernte zusehen muss. Ich erinnere mich gut an das Jahr 2013. Ich war in den Ferien. Mein Bruder bat mich, so rasch wie möglich zurückzukommen. Etwa vierzig Reihen waren verloren. Der Bundesrat gesteht heute ein, dass ihm kaum mehr Zeit bleibt, den Landwirtschaftsbetrieb zu besuchen. Die politische Karriere – Guy Parmelin erklärt,

dass sie nicht geplant war – beansprucht immer mehr Zeit. «Als Abgeordneter im Waadtländer Grossen Rat gelang es mir noch, das politische Leben und die beruflichen Aktivitäten unter einen Hut zu bringen. Mein Vater und mein Bruder hatten hier volles Verständnis. Schwieriger wurde es dann mit dem Nationalratsmandat, meiner Rolle in den Kommissionen, insbesondere als ich die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit präsidierte.» Wenn man einmal davon trinkt… In Sachen Wein befasst sich Guy Parmelin nicht nur mit Erzeugnissen aus seiner Herkunftsregion. Er interessiert sich auch für die Schweizer Weine im Ausland. Insbesondere schaut er genau hin, was an grossen internationalen Sportanlässen getrunken wird. «In den

71


L’Oenothèque du Petit Versailles est ouverte Du mardi au vendredi L’Oenothèque du Petit 10h00 – 12h30 Versailles est ouverte 15h00 – 18h30

Du mardi au vendredi Le samedi 10h00 – 12h30 10h00 – 18h30 16h00 15h00 –

Des vins élevés dans le respect de leur terroirs et caractères. Des vins élevés dans le respect de leurdéguster terroirs et caractères. Venez Lavaux tout entier dans votre verre ! Venez déguster Lavaux tout entier dans votre verre ! Les Frères Dubois SA – Ch. de Versailles 1 – 1096 Cully – 021 799 22 22 – www.lfd.ch

design stanproddesign stanprod

Le samedi 10h00 – 16h00


Eingeladen

Schweizer Botschaften werden Schweizer Weine ausgeschenkt. Während der Europameisterschaft in Paris gab es Vinzel oder Tessiner Weine, in Rio an den Olympischen Spielen Produkte aus dem Waadtland. Es stimmt aber schon, dass man unsere Schweizer Weine nicht in allen Ländern einfach finden kann. Wir dürfen nicht vergessen, dass unser Land klein und die Produktion beschränkt ist. Aber wenn wir unsere Weine präsentieren können, dann müssen wir das tun. Dank den Önologen, den jungen Winzern, haben unsere Erzeugnisse, was die Qualität betrifft, riesige Fortschritte gemacht. Viele Weintrinker im Ausland haben festgestellt: Wenn man einmal davon trinkt, dann kommt man nicht mehr davon los. Das internationale Ansehen ist für die Winzer in unseren Regionen sehr wichtig. Ein Anlass wie der Mondial du Chasselas leistet einen wichtigen Beitrag.» Ein Glas nach der Bundesratssitzung Selbst in der Schweiz sind die einheimischen Weine nicht immer gut vertreten. Auf den Getränkekarten in der Schweiz haben sie oft eine sehr diskrete Präsenz und dort, wo Grossanlässe stattfinden, sind sie oft überhaupt nicht zu finden. Aber Guy Parmelin will nichts erzwingen: «Ob im Hallenstadion, an einer Messe in Bern oder im Palexpo beispielsweise liegt die Wahl beim Patentinhaber. Nichts verpflichtet ihn, Schweizer Weine auszuschenken. Lieber ermuntere ich die Inhaber oder Pächter und lobe ihr Verhalten als verantwortungsbewusste Gastwirte, anstatt dass ich jene tadle, die keine Schweizer Weine anbieten. So war es mir noch als Nationalrat und zusammen mit anderen Parlamentariern möglich, die Wirte in der Stadt Bern positiv zu beeinflussen.» Der Waadtländer Staatsrat wählt jedes Jahr – mittels Blind-Degustation – seinen offiziellen Wein. Warum kann das der Bundesrat nicht auch so halten? «Jeder Bundesrat unterstützt die Weine aus

Le Guillon Nr. 49 2/2016

seiner Herkunftsregion. Stellen Sie sich vor, wir müssten alle blind kosten! Aber ich kann ihnen versichern, dass wir jeden Mittwoch, im Anschluss an die wöchentliche Bundesratssitzung, ein Glas weissen oder roten Schweizer Wein trinken.» Götti einer CD der Gais Compagnons Trotz einer zweifellos übervollen Agenda hat Guy Parmelin Ende März nicht gezögert, einen Umweg über das Schloss Châtagneréaz in Mont-sur-Rolle zu machen, um für die jüngste CD der Gais Compagnons «On est Vaudois» Pate zu stehen. Der Bundesrat findet das nur normal: «Ich mag Lieder und Chöre. Zudem bin ich Mitglied der Confrérie du Guillon, die sich weit über die Kantonsgrenzen hinaus für die Waadtländer Weine stark macht. Und das Weingut von Châtagneréaz mag ich sehr, ebenso wie schon mein Vater, der ein Freund des früheren Verwalters war. Gleich wie mein Bruder pflege ich gute Kontakte zum aktuellen Verwalter, Philippe Schenk, der ein ausgezeichne-

ter Junior beim FC Bursins war (Red.: und Conseiller der Confrérie du Guillon ist!).» An jenem Tag ist Guy Parmelin allein und ohne Eskorte auf Schloss Châtagneréaz gekommen, was dem Image entspricht, das die Landesregierung gerne von sich gibt. «Abgesehen von der Präsenz eines Blick-Journalisten war keine eigentliche Gefahr auszumachen! Aber ernsthaft, die Funktion verlangt nach einem gewissen Protokoll. Es ist aber nicht so, dass man über allem steht, weil man Bundesrat ist. Man muss einfach das richtige Mass finden. Der Kontakt mit der Bevölkerung ist für beide Seiten wichtig. Aber manchmal muss man Vorsichtsmassnahmen in Kauf nehmen und Sicherheitsvorkehrungen treffen.» Ein letztes Wort von Guy Parmelin zum Image des Westschweizer Politikers, der in der Deutschschweiz oft wegen seinem Hang zu festlichen Gelagen mit einem Glas in der Hand verspottet werden… «Alles liegt in der Art, im Mass. Wichtig ist es, sich selber zu bleiben.»

Der neuen CD der Gais Compagnons, On est Vaudois, steht Guy Parmelin als begeisterter Zuhörer von Chorgesängen Pate

73


74

Le Guillon Nr. 49 2/2016


Lüften wir den Deckel

Talentiert und treu

E. Bovier, La Table d’Edgard, Lausanne Palace

«Die Gewürze, das Olivenöl und der Weisswein schmeicheln der Gänseleber und dem Poulet. Dazu kommt viel Gemüse, wobei die Auswahl saisonal ist. Die Vorspeise reizt den Gaumen und weckt den Appetit!» E. Bovier

Pascal Besnard, Echotier Fotos: Edouard Curchod Auf Schloss Chillon bewegt sich Edgard Bovier wie ein Fisch im Wasser. Für diesen leidenschaftlichen Anhänger der mediterranen Küche ist das sehr positiv. Für die Gäste des Guillon ist es geradezu ideal. «In einem gastronomischen Restaurant und auf Chillon ist die Philosophie die gleiche», erklärt der Küchenchef, und benötigt zur Beschreibung nur drei Worte: «Qualität, Konstanz und Gastfreundschaft.» Die Versuchung ist gross, zwei weitere hinzuzufügen, nämlich Talent und Treue. Das Talent war an den Ressats im letzten Frühjahr offensichtlich. Und die Treue? Edgard Bovier kann bereits auf 26 Ressats zurückblicken. Nicht weniger. Hier zwei Rezepte, die das Menu der Ressats des Combourgeoisies zierten.

Die Poulet-Terrine. Rezept auf Seite 76 Le Guillon Nr. 49 2/2016

75


Lüften wir den Deckel

Gewickelte Vielfalt von Poulet Gänseleber und Gemüse Rezept für eine Terrine (15 Portionen)

ZUTATEN: 500 g Pouletschenkel 500 g Pouletbrüstchen 250 g Gänseleberterrine 1 l Weisswein 300 g Gemüsemischung (Zwiebeln, Sellerie, Karotten, weisser Lauch) 1 Bouquet garni 3 violette Artischocken, im Weisswein gekocht 1 Fenchelknolle, im Weisswein gekocht 100 g Karottenwürfel, im Weisswein gekocht 1 Bund krause Petersilie 1 Bund Koriander 1 Bund Schnittlauch 25 Stück weichgekochter Zwerglauch 10 Gelatineblätter Geklärte Bouillon: 200 g gehacktes Rindfleisch 1 Karotte 1 Zwiebel ½ weisser Lauch 1 Eiweiss Tomatenvinaigrette: 1 dl Olivenöl Taggiasche ½ dl Rotweinessig 4 fein gehackte Schalotten 4 Stück getrocknete, klein gewürfelte Tomaten 1 Bund Kerbel Salz und Pfeffer

ZUBEREITUNG: • Pouletschenkel in eine Pfanne legen. Weisswein und kaltes Wasser dazugeben, kochen und die Gemüsemischung hinzufügen. 90 Minuten leicht kochen, Pouletknochen und Fett entfernen. Die Pouletbrüstchen in der Bouillon pochieren. • Kochbouillon klären und die Gelatine beigeben. • Zerzupftes Schenkelfleisch, Karottenwürfel, gehackte Petersilie und etwas Bouillon mischen. • Terrine mit dem gegeneinander versetzten Zwerglauch auslegen. Etwas mit Bouillon verkleben, mit Koriander und Schnittlauch bestreuen. Mit dem zerzupften Fleisch, dann den Artischocken und dem geviertelten Fenchel, der Gänseleber und den Pouletbrüstchen belegen. Die restliche Bouillon darübergiessen und mit Lauchlamellen abschliessen. 12 Stunden im Kühlschrank fest werden lassen. • Schöne Tranchen schneiden, auf einen Teller legen und darum herum die Vinaigrette aus getrockneten Tomaten anrichten und mit Kerbel verzieren.

Zu diesem Gericht hat der Sommelier Romain Leyssenne einen Le Viognier 2014 vom Domaine Henri Cruchon in Echichens ausgesucht

«In der sehr beharrlichen Aromapalette macht man die Akazienblume aus. Der Wein ist sehr ausgewogen in seiner Frische und Rundheit. Die Frische widerspiegelt das Gemüse, die Rundheit die Gänseleber. Die abschliessende, leicht bittere Note verlängert den Eindruck der Weindegustation, wie auch des Gerichts.»

76

Le Guillon Nr. 49 2/2016


Gespräch mit der Rhabarber Olivenöl-Eis Taggiasche Grand cru Rezept für vier Personen

ZUBEREITUNG: • Rhabarberkompott zubereiten Mandelcreme: • Alle Zutaten bei Zimmertemperatur mischen • Törtchen-Formen mit Blätterteig auslegen • Mit Mandelcreme und dann Rhabarber-Kompott bis zum Rand füllen • Abschliessen mit einer Blätterteigrondelle

«Eine sehr feminine Nachspeise. Das OlivenölEis zeichnet meine Desserts aus.» Royale-Guss: • Die Törtchen mit der Mischung aus Puderzucker und Eiweiss bestreichen (dicke Masse) und mit einem Blätterteig-Gitter belegen • 25 Minuten bei 175° backen Olivenöl-Eis: • Rahm und Milch erhitzen. Eigelb mit dem Zucker zu weisslicher Creme schlagen und heisse Flüssigkeit dazugiessen. Alles zusammen unter Rühren erhitzen bis zum Siedepunkt. Absieben, erkalten lassen, dann in die

Eismaschine geben. Ganz zum Schluss, bevor man das Eis herausnimmt, das Olivenöl zufügen. Erdbeerjus: • Die Erdbeeren mit der Zeste und dem Jus der Zitrone zu schönem Erdbeersaft mixen. Präsentation: • Erdbeerjus in die Teller giessen, dann die Törtchen sowie das Olivenöl-Eis daraufsetzen, wobei letzteres mit etwas Öl dekoriert wird

ZUTATEN: 500 g Blätterteig Rhabarber-Kompott: 200 g Rhabarber 20 g Zucker 1 Vanille-Stange Mandelcreme: 30 g Puderzucker 30 g Butter 30 g Mandelpulver 1 Ei Eine Prise Mehl Royale-Guss: 5 g Eiweiss 200 g Puderzucker Olivenöl-Eis: 2 dl Rahm 3 dl Milch 4 Eigelb 75 g Zucker 0,8 dl Olivenöl Erdbeerjus: 500 g Erdbeeren 1 grüne Zitrone

Le Guillon Nr. 49 2/2016

77



Sandy Beetschen

Ein vielversprechender Neuer Mit der Wahl von Sandy Beetschen, dem HR-Verantwortlichen bei Global Blue (Mehrwertsteuer-Rückerstatter), haben die Conseils des Guillon einen Chantre et Clanvendier rekrutiert, der gerne auf der Bühne steht. Darum eignet er sich ausgezeichnet, um prestigeträchtige Gäste vorzustellen oder raffinierte Gerichte und ausserordentliche Weine an unseren Ressats auf Schloss Chillon zu präsentieren. Was bei Sandy sofort ins Auge sticht, ist einerseits sein verschmitztes Lächeln, andererseits seine unmittelbare Empathie. Der Weinliebhaber – seine nahe Familie bewirtschaftet einen Weinberg in Begnins – schätzt vor allem den Chasselas, als Gesprächsbegleiter, zum feinen Essen und manchmal auch für den Durst, wenn sich der Abend in angenehmer Gesellschaft in die Länge zieht. Zwar ist er Mitglied verschiedener Vereine, aber es gelingt ihm sehr gut, die verschiedenen Verpflichtungen unter einen Hut zu bringen, und es liegt ihm viel daran, sich in der Confrérie aktiv zu zeigen. Obschon er erst im Frühjahr in die Reihen der Conseils aufgenommen wurde, wird er schon in diesem Herbst durch die Ressats führen, unter anderen an der Seite unseres Chance-

© Edouard Curchod

Porträt eines Conseillers

liers Edouard Chollet, mit dessen Erfahrung er es noch nicht aufnehmen kann, aber dessen Tonsur er bereits adoptiert hat. Zweifellos wird sein feiner aber mitreissender Humor auf Anklang stossen. Wir wünschen unserem neuen Robenbruder, einem JazzAmateur und Menschenfreund, einen herzlichen Empfang. Wir freuen uns auf dich, Sandy! Claude Piubellini, Conseiller

Nachruf

Gastro-Kritiker und Conseiller honoraire,

© Confrérie du Guillon

Michel Vidoudez hat uns 81-jährig verlassen Während fast einem halben Jahrhundert hat er das unendliche Universum der Speisen und der Weine erforscht. Er hat nicht nur eine Vielzahl von Artikeln unter seinem Namen veröffentlich, sondern unserer regionalen Küche auch einige Bücher gewidmet. Seine Karriere begann er im Pressedienst der Landesausstellung von 1964. Anschliessend trat Michel Vidoudez in die Redaktion des Feuille d’Avis de Lausanne (heute 24 Heures) ein, zuerst als Lokaljournalist, dann als Verantwortlicher der Gastronomie-Rubrik, wo er während Jahrzehnten seine Texte verfasste. Zu der Zeit, als eine innova-

Le Guillon Nr. 49 2/2016

tive Küche den Traditionen das Leben schwer machte, brachte Michel Vidoudez den Coup de la Fourchette heraus, einen Restaurantführer, der heute noch von den Freunden einer guten Küche sehr geschätzt wird. Damit aber nicht genug. Bis vor wenigen Jahren noch arbeitete er mit Spezialzeitschriften und auch der Coop-Zeitung zusammen. Er befasste sich gerne mit innovativen Konzepten, ohne deswegen die traditionellen Werte aus den Augen zu verlieren. So ehrte er die Küche seiner Region in verschiedenen Büchern, die alle bei Cabedita verlegt wurden. In der Confrérie du Guillon, wo er sich von 1977 bis 1986 als Clavendier einen Namen machte, waren seine Scherze und sein Humor mehr als gefragt. In Erinnerung an diesen Vorreiter des guten Geschmacks bekunden wir seiner Familie unser aufrichtiges Beileid. Michel Logoz, Chancelier honoraire

79


Die Kolumne von Michel Logoz

Hold-up auf den Geschmack! Der grosse Papst der Weindegustation, Robert Parker, war nicht nur der am meisten gefürchtete und der einflussreichste Kritiker seiner Zeit, seine Benotung der Traubensäfte setzte sich auch wie eine absolute Referenz durch. Gerne erwähnen wir im Vorbeigehen die Lorbeeren, mit denen er drei unserer prestigeträchtigen Produzenten beehrte, nämlich Louis-Philippe Bovard, Pierre-Luc Leyvraz und Blaise Duboux! Wie lässt sich das Phänomen Parker erklären? Angefangen hat alles mit einem konzertierten Angriff auf die Preise und Qualitäten der Bordeaux 1973. Um öffentliches Aufsehen zu erregen gibt es nichts besseres, als herkömmliche Ideen zu widerlegen. Als ausgebildeter Rechtsanwalt fällt Robert Parker seine Urteile eigenständig, ohne sich mit einer Jury zu belasten, mit präzisen und schlagkräftigen Argumenten. Damit hebt er sich deutlich ab von den geschlossen organisierten Degustationen bei unseren Bewertungen und anderen Anlässen, wo die einzelnen Meinungen in einer anonymen Masse ertränkt werden! Sicher sind die geschmacklichen Spiele nicht besonders attraktiv. Da gibt es keine Vergleichsmöglichkeit mit den Pailletten des Eurovisions-Wettbewerbs oder den Spitzenleistungen der besten Radfahrer oder der Leichtathleten. Hingegen interessieren sich die Weinliebhaber für alles, was Gesprächsstoff liefert oder Fragen aufwirft: Denken wir etwa an das Scheitern önologischer Kunstgriffe, an den Missbrauch von Fungiziden oder Pestiziden, die spezifischen Antworten auf die Folgen der Klima­ erwärmung oder auch die Erforschung von Methoden, mit denen sich die Weine nach der Bodenbeschaffenheit bestimmen lassen. Dabei werden in jedem Fall die Stimmen der Einen und der Andern berücksichtigt. Glücklicherweise haben der Guillon und viele andere spezialisierte Chronisten nicht auf uns gewartet, um sich darauf einzulassen!

80




Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.