Le Guillon Nr.53 - DE

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ZEITSCHRIFT DES WAADTLÄNDER WEINS

REVUELEGUILLON.CH

NR. 53 2018/2

WITH ENGLISH SUMMARY


L’Oenothèque du Petit Versailles est ouverte Du mardi au vendredi L’Oenothèque du Petit 10h00 – 12h30 Versailles est ouverte 15h00 – 18h30 Du mardi au vendredi Le samedi 10h00 – 12h30 10h00 – 18h30 16h00 15h00 –

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Editorial

Süffiger Lesestoff Waadtländer Weine und den Mondial du Chasselas. Die Alterungsfähigkeit des Chasselas verführt übrigens mehr und mehr Weinliebhaber, und zwar so sehr, dass Weindomänen immer häufiger nicht zu vernachlässigende Mengen der kostbaren Flaschen lagern, um sie später in Köfferchen mit einer «Vertikale» von fünf oder sechs Jahrgängen in den Verkauf zu bringen. Apropos Jahrgang: Der «Bouchon vaudois» feiert seinen 70. Geburtstag. Dieser andere «Zapfen», ganz ohne Kork, ist ein Aushängeschild der Zuckerbäckerkunst im Kanton Waadt. Seine Herstellung ist mühselig, sein Geschmack dagegen sublim…

© Hans-Peter Siffert

Ein unabhängiger Önologe – Fabio Penta – auf dem Titelbild des Le Guillon… Auf diese Weise würdigen wir die Arbeit derer, die man auch Consultants, önologische Berater oder flying winemakers nennt. Bei den diversen Siegerehrungen sind sie nicht unbedingt auf den Podien präsent. Doch selbst wenn sie im Schatten des ausgezeichneten Winzers oder Weinguts bleiben, brillieren sie diskret in zahllosen Weinwettbewerben: Die Medaillengewinner verdanken ihr exzellentes Abschneiden oft zu einem ansehnlichen Teil dem Einsatz der beratenden Önologen. Die Resultate dieser Concours finden Sie ebenfalls auf den folgenden Seiten: die (roten) Lauriers de Platine, internationale Wettkämpfe, die Selektion der

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Pascal Besnard Verantwortlicher Redakteur

Die Aktivitäten der Confrérie du Guillon nehmen natürlich einen gebührenden Platz ein in dieser Nummer. Anlässlich der Frühlings-Ressats wurden zahlreiche bedeutende Persönlichkeiten in die Confrérie aufgenommen, so etwa Vincent Barbier, Grand Maître der Confrérie des Chevaliers du Tastevin, oder Marc Haeberlin, vom Michelin dreifach besternter Spitzenkoch. Kurz und gut: eine schöne Auswahl von Sujets und ein süffiger Lesestoff!



Revue Le Guillon Nr. 53 2018/2 Titelbild : Fabio Penta © www.regiscolombo.ch

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Beratende Önologen fristen bei uns ein Schattendasein

13 Hat der Gamaret noch eine Gnadenfrist? 18 Mémoire des Vins Suisses 24 Mondial du Chasselas 2018 31 Selektion der Waadtländer Weine 34 Rote Platin-Lorbeeren 2018 37 Internationale Weinconcours 39 Lausanne: Die Kleine unter den Grossen der Welt 40 Der «Bouchon Vaudois» feiert seinen 70. Geburtstag 48 Neue Kleider für alte Crus 51 Chasselas von jenseits des Sees Confrérie du Guillon 59 Botschaft des Gouverneurs 60 Die Bolettes-Ressats 69 Propos de Clavende 70 Guillonneur in Luzern 72 Die Internationale Vereinigung der Weinbruderschaften 74 Lüften wir den Deckel, Julien Krauss 79 Porträts zweier Conseillers 80 Die Kolumne von Michel Logoz Revue Le Guillon GmbH, Ch. de la Côte-à-Deux-Sous 6, CH-1052 Le Mont-sur-Lausanne revue guillon.ch, www.revueleguillon.ch Le Guillon, die Revue des Waadtländer Weins erscheint zweimal jährlich in den Sprachen Französisch und Deutsch, mit englischen Zusammenfassungen. IMPRESSUM – Geschäftsführung : Dr. Jean-François Anken (Präsident), Luc Del Rizzo, Daniel H. Rey – Partner : Confrérie du Guillon, Office des Vins Vaudois, Label de qualité Terravin, Fédération des caves viticoles vaudoises, Section vaudoise de l’Association suisse des vignerons encaveurs, Service de l'agriculture et de la viticulture (SAVI), Service de la promotion économique et du commerce (SPECo) – Verantwortlicher Redakteur : Pascal Besnard – Mitarbeiter dieser Ausgabe : Pierre-Etienne Joye, Michel Logoz, Claude-Alain Mayor, Claude Piubellini, Roger Rey, Luc del Rizzo, Pierre Thomas, Alexandre Truffer, Jean-Claude Vaucher, Eva Zwahlen – Übersetzung : Evelyn Kobelt, Eva Zwahlen, Loyse Pahud, IP Communication in English – Art director : stl design – Estelle Hofer Piguet – Fotografen : Nicole Chuard, Régis Colombo, Sandra Culand, Edouard Curchod, Philippe Dutoit, Elisa Goffredo, Bertrand Rey, Hans-Peter Siffert – Fotolitho : l'atelier prémédia Sàrl – Druck : PCL Presses Centrales SA – Anzeigenleitung : Advantage SA, Isabelle Berney, regie@advantagesa.ch, +41 21 800 44 37 – Abonnemente : www.revueleguillon.ch – revue@guillon.ch – ISSNN 1423-7393

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Berufe rund um den Wein

Beratende Önologen fristen bei uns ein Schattendasein

Wo Diskretion zum Berufsprofil gehört Eva Zwahlen

Nein, von ihnen spricht man nicht. Oder höchstens hinter vorgehaltener Hand. Die Rede ist von beratenden Önologen, im Ausland etwas hochtrabend «flying winemakers» genannt, die Qualität, Wert und Prestige der von ihnen betreuten Güter und Weine steigern. Auch in der Waadt – aber nur sehr diskret und im Verborgenen.

In Frankreich wird nicht zuletzt in berühmten Domänen stolz auf den beratenden Önologen hingewiesen. Sein Name, etwa Michel Rolland oder Stéphane Derenoncourt, mag sogar auf dem Wein­ etikett prangen, im Gegensatz zu dem des Hausönologen, der eigentlich die ganze Arbeit geleistet hat… Ähnlich sieht es in Italien aus. Auch hier schreiben nicht die Winzer und Kellermeister Geschichte, sondern die Starönologen und -berater Carlo Ferrini, Giacomo Tachis und wie sie alle heissen. «In der Schweiz sieht das definitiv anders aus», meint Philippe Corthay (67). Er ist die graue Eminenz unter den «œnologues-conseils» der Waadt. Und

obwohl auch er sich wie seine Kollegen durch absolute Verschwiegenheit auszeichnet, wenn es um seine Kunden geht, kennt man doch diverse seiner Auftraggeber. Denn sobald sie irgendwo auf einem Podium stehen und sich Medaillen oder Pokale für ihre siegreichen Spitzenweine aushändigen lassen – das tun sie übrigens auffällig oft! –, steht Philippe Corthay neben ihnen. Bescheiden, aber freudestrahlend. So geschehen etwa bei diversen Ausgaben der Lauriers de Platine von Terravin. Philippe Corthay scheint so etwas wie die «Geheimwaffe» diverser Produzenten mit hochgesteckten Qualitätszielen zu sein…

Der Geburtshelfer «Wer Fortschritte machen will, ist angewiesen auf andere Ansichten, auf die Kritik von aussen», ist Philippe Corthay überzeugt, «auch wenn er gut ausgebildet ist und vielerlei Kompetenzen besitzt.» Die Vorbehalte gegenüber dem Beruf des önologischen Beraters sind in der Waadt ausgeprägt, man empfindet es als peinlich, Hilfe in Anspruch zu nehmen und verschweigt gerne, dass man einen Berater konsultiert. Oder verzichtet auf Rat, selbst wenn man ihn dringend nötig hätte: «Terravin bietet einen Service für Winzer an, deren Weine das Label nicht auf Anhieb bekommen – ich bin mit diesem Mandat betraut. Doch kaum

Wine Consultants Working in the Shadows In France, winegrowers take pride in citing their consultant oenologists whether their estate is small or, especially so, if it’s famous. Some names, such as Michel Rolland or Stéphane Derenoncourt, even feature on labels at the expense of the house oenologist who effectively carried out all the work. Also, in Italy it’s not the winegrowers or the winemakers who make history, but star consult-

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ants such as Carlo Ferrini, Giacomo Tachis and a host of others. Philippe Corthay, the éminence grise of wine consultants in the canton of Vaud, points out that in Switzerland things are different. Even though he, as well as his colleagues, are extremely discreet about their clients, it’s easy to find out who many of them are. When they go onto the podium to pick up a medal or a tro-

phy that they have won for one of their excellent wines, - often the case! – who does one see coming up right behind the winner? Philippe Corthay! He is discreet but beaming with joy. These kinds of scenes occur repeatedly, especially at the Terravin Lauriers de Platine competition. Philippe Corthay appears like the secret weapon of some producers who have well-defined quality goals.

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This 67-year-old expert is convinced that, “if you want to move forward you must be open to other points of view and external critical assessment, even if you have had excellent training and have multiple skills”. And yet, according to Philippe Corthay, wine makers in the Vaud canton are extremely reticent when it comes to wine experts; they are ashamed of having to ask for help and would not want anyone to know about it if they ever did. Or else they simply go without any help, even if they need it urgently.

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©Nicole Chuard

einer der betroffenen Winzer nimmt den Dienst in Anspruch, obwohl er kostenlos wäre…» Philippe Corthay, lange Jahre Chefönologe und technischer Direktor bei Cave de la Côte in Tolochenaz und danach Professor an der Fachhochschule von Changins, machte sich 2009 «nicht ganz freiwillig» selbstständig, als Changins sich mehr und mehr von der Praxis ab- und der akademischen Ausbildung zuwandte. Der Name seiner Ein-Mann-Firma Œnovie ist Programm: «Ich will ausdrucksvolle, lebendige Weine, die sprechen, aber ich will auch Leben schaffen auf dem Niveau der menschlichen Beziehungen, das ist das wichtigste. Meine Kunden sind auch meine Freunde.» Seine Aufgabe vergleicht er mit der eines Tenniscoachs, der nicht selber auf dem Platz steht, so wie auch er die Arbeit im Keller nicht selber erledigt, sondern den Kellermeistern beratend zur Seite steht. «Noch stimmiger ist vielleicht das Bild des Geburtshelfers: ich begleite die Geburt eines Weins. Dabei helfe ich meinen Kunden, ihre Visionen umzusetzen und all ihre Karten auszuspielen.» Insgesamt betreut Corthay rund 25 Betriebe, die meisten in der Waadt, ein paar in Genf und im Wallis, ja sogar im Bündnerland, in Schaffhausen und im piemontesischen Monferrato. «Mit einigen Kunden arbeite ich Jahr für Jahr, mit anderen entwickle ich bloss eine Strategie. Zusammenarbeiten kann man nur

«Noch stimmiger ist vielleicht das Bild des Geburtshelfers: ich begleite die Geburt eines Weins. Dabei helfe ich meinen Kunden, ihre Visionen umzusetzen und all ihre Karten auszuspielen.» Philippe Corthay

Philippe Corthay works as a consultant on 24 estates, most are in Vaud, but some are in Geneva, Valais, Grisons and Schaffhausen, and even in Monferrato in Piemonte. A networker Gérald Carrupt was born in the winegrowing village of Chamoson, in Valais, and lives in La Sarraz - so he is a Vaudois by adoption! His career as a wine consultant started after what is euphemistically called a restructuring. At the age of

55, after working for 15 years as technical director of Provins, he was suddenly made redundant. Today, three years on, he seems very relaxed and is as busy as ever. He confirms this: “What started out as a necessity has turned out to be a very interesting job”. His main task is to advise and connect potential wine estate buyers with producers who want to sell their property. He is always on the road visiting estates for sale in Switzerland, France and Spain, and develops business and turnaround strategies for potential

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Berufe rund um den Wein

als selbständiger önologischer Berater hat mit einer «Umstrukturierung» begonnen. Nach 15 arbeits- und erfolgreichen Jahren als technischer Direktor bei der Walliser Winzerkooperative Provins erhielt er aus heiterem Himmel die Kündigung, «und zwar an einem Montagmorgen, nach einem durchgearbeiteten Wochenende. Man liess mir bis am Mittag Zeit, um mein Büro zu räumen…» Klar, dass ihm dieser Rauswurf «à l’américaine» den Boden unter den

Füssen wegzog. Und ein eingespieltes Team auseinanderriss, von dem heute nur noch die Hälfte bei Provins arbeitet. «Als ich nach dem ersten Schock auf Stellensuche ging, merkte ich bald, dass ich auf dem Arbeitsmarkt keine Chance hatte. Ich war über 55, hatte einen hohen Lohn und war in einer Branche, die schon bessere Zeiten erlebt hatte…» Inzwischen, rund drei Jahre später, wirkt Gérald Carrupt sehr entspannt. Und vielbeschäftigt, wie eh und je. Nur

«Önologische Berater haben enorme Kenntnisse und Kontakte. Natürlich dürfen sie den Kunden nicht ihren Stil aufdrängen, sondern müssen ihnen dabei helfen, ihren eigenen Stil zu finden.» Gérald Carrupt

©Bertrand Rey

mit Menschen, die einen ähnlichen Geschmack haben, die gleich degustieren. Den Weinstil gibt natürlich der Kunde vor, ich darf mich und meinen eigenen Stil nicht aufdrängen. Ich sorge dafür, dass wir zusammen das bestmögliche Niveau erreichen.» Auf keinen Fall dürfe man die Weine nivellieren. Corthay degustiert viel, bildet sich durch ständige Fachlektüre weiter und tauscht sich mit Berufskollegen aus. Hat er nie von einem eigenen Weingut geträumt? «Doch, aber mir fehlt jedes Talent zum Verkaufen. Dafür bin ich wirklich gut darin, die besten Trauben auszuwählen und aus ihnen den bestmöglichen Wein zu vinifizieren.» Ab Mitte August, ab dem Farbumschlag der Trauben, tritt er in Aktion, verfolgt die Entwicklung, legt mit dem Winzer das Erntedatum fest und begleitet die Vinifikation bis zum Abfüllen. «Ich passe mich dabei der Philosophie meines Kunden an. So wenig wie möglich einzugreifen, so wenig wie möglich Schwefel zu verwenden, ist heute eine allgemeine Tendenz.» Wenn am Schluss alle zufrieden sind, Winzer, Kunden und Berater, dann ist Philippe Corthays Welt in Ordnung. Der Netzwerker Gérald Carrupt (57), im Walliser Winzerdorf Chamoson geboren, wohnte lange in Aubonne, wo er die Kooperative leitete; heute ist er in La Sarraz zu Hause – ein Wahl-Waadtländer also. Seine Karriere

investors and buyers. Gérald Carrupt also supervises and administers estates (among others in the Vaud canton), carries out the technical reorganisation of wineries, and advises on improvements in the vinification process. Impartial advice You can tell how confidential the company is by just looking at the building. Standing outside the ex-cooperative in Perroy, it is hard to guess that behind those walls are the offices of the com-

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pany Œnologie à Façon (Customised Oenology) with 30 employees, including four oenologists. There’s absolutely nothing, no sign at all to indicate the company’s presence! Inside, we are welcomed by Fabio Penta, who used to be the manager of specialities and estate wines at Maison Hammel, in Rolle. This very talented 49-year-old oenologist, known for his great finesse, enjoys a brilliant pro-

fessional reputation that extends beyond the Vaud canton. He has been working in this company, founded in 1940, since 2013 and is a shareholder. Together with two colleagues, he is about to purchase shares from the majority shareholder, Claude Jaccard. Œnologie à Façon offers a whole palette of services such as consulting, wine-making, filtering, bottling, and analysis. “There are also some wine-

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Berufe rund um den Wein

der Schnauz ist ab. Er bestätigt: «Was als Notlösung begann, hat sich zu einem spannenden Beruf entwickelt.» Seine Haupttätigkeit ist das Beraten von potentiellen Käufern und Verkäufern von Weingütern. Er ist viel auf Reisen, besucht die fraglichen Domänen in der Schweiz, in Frankreich oder Spanien, erstellt Pläne für mögliche Investoren und Käufer, um die Güter rentabel zu bewirtschaften und angestrebte ökonomische und qualitative Ziele zu erreichen. «Ich pflege ein gutes Kontaktnetz zu anderen Önologen, nicht zuletzt in Frankreich, das hat mir viele Türen geöffnet», erzählt Carrupt. Nicht weniger als 19'000 Hektaren Rebland haben letztes Jahr in Frankreich die Hand gewechselt. Rund 65 bis 70% der Käufer stammen aus Frankreich selbst, schätzt Carrupt, der Rest kommt aus dem Ausland, auch aus der Schweiz. «Kein Weinbauer stellt ein Schild Zu verkaufen an die Strasse, das würde er als Niederlage empfinden. Die Übergabe einer Domäne ist eine komplizierte Sache, es lohnt sich, wenn man sich besser früher als später Gedanken darüber macht…» Doch viele Eigentümer hoffen darauf, dass sich ihre Kinder irgendwann doch noch für ihren Beruf interessieren oder sich ein finanzkräftiger Interessent findet, der den Fortbestand des Familienbetriebs garantiert. «Das ist nicht immer der Fall. Und wenn jemand Interesse hat, kann er oder sie vielleicht den verlangten Preis nicht bezahlen.» Und

genau hier tritt Gérald Carrupt auf den Plan. «Ich versuche zwischen Besitzern und potentiellen Käufern zu vermitteln. Doch Investoren mit einer Winzerseele und echtem Verständnis für das komplexe Metier des Weinbauern sind rar…» Da ist Fingerspitzengefühl gefragt. Und Sachkenntnis. Gérald Carrupt analysiert den Ist-Zustand eines Betriebs, listet Stärken und Schwächen auf und entwirft Strategien, angefangen beim Potential des Terroirs, der Bestockung und Pflege der Rebberge bis hin zu Marketing und Weinabsatz. Das verlangt von beiden Seiten Vertrauen und Offenheit. «Ich zeige Möglichkeiten auf und helfe dem Winzer, seine Kunden zu verstehen.» Er ist auch als Supervisor oder «régisseur» von Weingütern tätig (unter anderem in der Waadt), bringt Keller technisch auf Vordermann und erteilt Ratschläge zur besseren Vinifikation. «Ich bin allerdings eher der Weinmacher als der Weindoktor», schränkt er ein, «also nicht unbedingt der Mann für kleinste önologische

Details. Dafür habe ich einen weiten Blickwinkel.» Zudem besitzt er ein ausgeprägtes Flair für technische Neuerungen, weshalb er auch als technischer Coach tätig ist, «das finde ich total spannend». Das wichtigste ist aber immer der zwischenmenschliche Kontakt. «Wenn mich ein Winzer fragt, wo er in 15 Jahren stehe, dann frage ich zurück: Wo willst du denn in 15 Jahren sein?» Carrupt ist überzeugt, dass es einer Weinregion nur gut tun kann, wenn in ihr mehrere unabhängige önologische Berater tätig sind. «Önologische Berater haben enorme Kenntnisse und Kontakte. Natürlich dürfen sie den Kunden nicht ihren Stil aufdrängen, sondern müssen ihnen dabei helfen, ihren eigenen Stil zu finden.» Der Unvoreingenommene Die Diskretion des Gewerbes sieht man bisweilen bereits am Gebäude. Wer vor der ehemaligen Winzerkooperative von Perroy steht, muss schon wissen, dass

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©Siffert/weinweltfoto.ch

growers who do not have a winery and deliver their grapes and grape must to us. We take on the entire winemaking process, including the bottling. With other clients, usually very large companies, we only take care of the bottling.” They have seven modern, mobile bottling machines that fill 5 million bottles a year! Penta manages 36 estates between Geneva and Ticino, most of which are situated in the Vaud and Valais cantons. Young people today have excellent training, and what they need from him is impartial advice.

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sich hinter diesen Mauern die Firma Œnologie à Façon mit rund 30 Angestellten, darunter vier Önologen, verbirgt, denn aussen angeschrieben ist … nichts! Im Inneren erwartet uns Fabio Penta (49), lange Jahre verantwortlich für die Spezialitäten- und Domänenweine des Hauses Hammel mit Sitz in Rolle. Der höchst talentierte, feinsinnige Önologe geniesst in der Branche einen glänzenden Ruf. Und das weit über die Grenzen der Waadt hinaus. Seit 2013 arbeitet Fabio Penta nun in diesem in den 1940er-Jahren gegründeten Betrieb, an dem er beteiligt ist und den er bald mit zwei Kollegen vom bisherigen Haupteigner Claude Jaccard übernehmen wird. Œnologie à Façon bietet eine ganze Palette von Dienstleistungen an: Consulting, Vinifikation, Filtration, Abfüllen, Analysen… «Es gibt Winzer, die selber keinen Keller haben, die liefern uns die Trauben oder den ungeklärten Most und wir übernehmen die ganze Vinifikation bis zum Abfüllen. Bei anderen, auch sehr

grossen Betrieben sind wir lediglich fürs Abfüllen zuständig.» Sieben moderne (und mobile) Abfüllmaschinen stehen im Einsatz, um jährlich 5 Mio. Flaschen zu verarbeiten. Ein bedeutender Auftraggeber ist ein Deutschschweizer Weinhandelshaus, das bei Traubenproduzenten den Most einkauft, den Fabio Penta und seine Kollegen dann in Wein verwandeln. Neuerdings produziert Œnologie à Façon sogar Obstsaft, Schorle und sauren Most, «das macht Spass», findet Fabio. Er allein ist für 36 Weingüter zwischen Genf und dem Tessin verantwortlich, die meisten davon liegen in der Waadt und im Wallis, darunter einige sehr klangvolle Namen, die zur Elite des Schweizer Weinuniversums gehören. «Ja, ich arbeite mit den besten Winzern der Schweiz», meint er schlicht. Fabios Einstellung ist klar: «Die Winzer, die Produzenten, stehen im Vordergrund, nicht wir…» Zurückhaltung als Erfolgsrezept also. «Ich habe mit so vielen verschiedenen Rebsorten, Terroirs und Winzerpersönlichkeiten zu

«Unser grosser Vorteil ist sicher: Wir verkaufen nichts, aber wir bieten unsere Dienste an. So machen wir niemandem Konkurrenz und können mit allen zusammenarbeiten, mit kleinen Winzern wie mit grossen Weinhandelshäusern.» Fabio Penta

A relationship of trust with the winegrowers is crucial: “Some of them leave me their winery keys when they go on holiday!” Œnologie à Façon does not issue written contracts: “Agreements are sealed with a handshake”. From consultant to producer All destinies are different, and Bernard Cavé’s trajectory goes the other way: from consultant to producer. This 47-year-old, born in Ollon, in a winegrowing region but much to his regret not into a family of

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winegrowers, had always dreamt of making his own wine. He started off as an apprentice cellar master in Aigle, with Paul Tille & Fils, and then earned a diploma from the Changins Wine School. In 1995, with support from his parents, he set up his own company offering customised winery work and oenological consulting. At the time he was just 24 years old. He contacted many producers offering consulting and bottling services. One of the winegrowers that replied to his letter was Philippe Gex, from Yvorne who soon be-

tun, das ist unglaublich vielseitig und interessant», schwärmt er, «und eine Herausforderung.» «Das Vertrauensverhältnis zu den Winzern ist entscheidend.» Gewisse Produzenten fahren in die Ferien und «drücken mir den Kellerschlüssel in die Hand». Schriftliche Verträge gibt es bei Œnologie à Façon nicht, «bei uns wird alles per Handschlag besiegelt.» Die jungen Winzer seien heute bestens ausgebildet und benötigen ihn vor allem als Berater, als unparteiische Nase. «Man braucht viel Erfahrung für dieses Metier, man muss schon graue Haare haben, um es ausüben zu können…» Er zeigt auf seine ansatzweise grau melierten Schläfen. Zudem müsse man eine Region wie seine Westentasche kennen. «Ein ausländischer Consultant hat den Chasselas nicht im Blut…» Im Winterhalbjahr, zwischen Ernte und April, ist Fabio Penta ständig unterwegs, besucht bis zu neun Keller pro Tag und degustiert im Labor in Perroy täglich die Weine seiner Kunden, «aber möglichst nicht allein. Das ist wichtig. Man muss über den Wein sprechen, sich austauschen – schliesslich ist unser Beruf ein Metier der Passion.» Und ein Metier mit Zukunft, davon ist er überzeugt. Denn ein Winzer kann nicht alles allein und alles gleich gut machen. Die grosse Stärke von Œnologie à Façon? «Unser grosser Vorteil ist sicher: Wir verkaufen nichts, aber wir bieten unsere Dienste an. So machen

came an important partner. In the beginning, Bernard Cavé purchased grapes and produced 4,000 litres of wine on his own account. Production then increased every year. In 2002, he acquired the estate where he had worked as an apprentice. That same year, with Philippe Gex, they acquired the prestigious Clos du Crosex Grillé property, in Aigle. Today, although he mainly takes care of the winemaking of the 40 hectares of vineyards that Philippe Gex cultivates, he still continues to consult some small producers.

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Berufe rund um den Wein

Vom Berater zum Produzenten Zum Schluss treffen wir noch einen, der den umgekehrten Weg gegangen ist. Den Weg vom önologischen Berater zum Produzenten. Bernard Cavé (47) wurde in Ollon geboren, in einer Weinregion also, zu seinem Leidwesen aber nicht in einer Winzerfamilie. «Es war schon immer mein Traum, meinen eigenen Wein zu produzieren», unterstreicht er. Er absolvierte eine Lehre als Kellermeister in Aigle und danach die Fachhochschule Changins, bevor er 1995, finanziell unterstützt von den Eltern, seine eigene Firma gründete und Önologie «à façon», also Lohnkelterung sowie önologische Beratungen anbot. Mit 24 Jahren war er dafür definitiv zu jung. Oder nicht? Er schmunzelt: «Das stimmt, als beratender Önologe braucht man in der Tat sehr viel Erfahrung. Nur war das Chablais damals in Sachen Önologie noch auf einer anderen Entwicklungsstufe als heute, in den Kellern standen keine Barriques, es gab keine Süssweine, und Rotwein wurde wie Weisswein gekeltert – nur aus Gamay und Pinot…» Da kam

“The job has fundamentally changed; it is very different from what a tonnelier (cooper) used to do. Today, what is important is to optimise winery techniques and services. Winegrowers are well-trained, they travel a lot and share information with each other. In Switzerland, there’s more work for consultants in the vineyards than in the wineries. And above all we need them in marketing – there’s a lot to be done in that domain.”

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der junge, gut ausgebildete Önologe, der auf einem Genfer Betrieb eine moderne Weinwelt kennengelernt hatte, gerade recht. «Was mir an Erfahrung mangelte, machte ich durch den Schwung der Jugend wett. Ich kontaktierte sämtliche Produzenten im Chablais und bot meine Dienste als Berater und Abfüller an.» Einer, der seinen Brief beantwortete, war übrigens Philippe Gex, Winzer in Yvorne. Und bald schon sein wichtigster Geschäftspartner. In seinen Anfängen kelterte Bernard Cavé 4000 Liter eigenen Wein, aus zugekauften Trauben, jedes Jahr wurden es mehr. Dann, 2002, konnte er zusammen mit Philippe Gex seinen ehemaligen Lehrbetrieb kaufen, das grossartige Terroir du Crosex Grillé in Aigle, ein steiles, terrassiertes Rebamphitheater, in dem der kraftvoll-mineralische Chasselas Cuvée des Immortels wächst, der zum Mémoire des Vins Suisses gehört

(siehe auch S. 18). Heute kümmert sich der zurückhaltende Önologe vor allem um die Vinifikation der 40 Hektaren Reben, die er zusammen mit Philippe Gex vermarktet, berät aber auch noch einige kleinere Winzer. «Der Beruf des fahrenden Tonneliers von einst hat sich grundlegend verändert», meint er, «heute geht es um die Rationalisierung von Kellertechnik und Dienstleistungen.» Die Schweizer seien zu bescheiden. Oder vielleicht auch zu wenig ehrgeizig. «Die Winzer sind heute gut ausgebildet, sie reisen viel, tauschen sich untereinander aus. In der Schweiz braucht man wohl weniger Berater im Keller als in den Rebbergen. Und vor allem im Marketing, da gibt es noch viel zu tun!» Er macht eine Pause. «Doch leider sind es meistens nicht diejenigen, die wirklich Hilfe bräuchten, die Rat holen, sondern diejenigen, die noch besser werden wollen als sie es bereits sind.»

«Der Beruf des fahrenden Tonneliers von einst hat sich grundlegend verändert, heute geht es um die Rationalisierung von Kellertechnik und Dienstleistungen.» Bernard Cavé

©Siffert/weinweltfoto.ch

wir niemandem Konkurrenz und können mit allen zusammenarbeiten, mit kleinen Winzern wie mit grossen Weinhandelshäusern. Ausserdem können wir in einem Notfall schnell zu fünft oder sechst in einem Keller einspringen. Doch das Wichtigste ist wohl unser unvoreingenommener Blick.»

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U N S AV O I R - FA I R E R E C O N N U A U S E R V I C E D E N O S V I G N E R O N S D E P U I S 1 9 7 9

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Rebsorten

Hat der Gamaret noch eine Gnadenfrist? In gewissen europäischen Weinregionen in starkem Aufschwung begriffen, betrifft das Absterben der Reben bei uns ganz besonders den Gamaret. Er ist deshalb das Objekt einer sorgfältigen Untersuchung, die von Olivier Viret geleitet wird, dem Verantwortlichen beim «Centre des compétences viticoles» des Kantons Waadt.

Alexandre Truffer weissen Reichensteiner, durchgeführt in Agroscope Changins, hat diese Varietät, die wenig anfällig ist auf Fäulnis, schnell die helvetischen Rebberge kolonisiert. Die Statistiken von 2017 zeigen, dass der Gamaret mit 430 Hektaren die am vierthäufigsten gepflanzte Rebsorte der Schweiz ist, vor seinem Zwilling Garanoir mit 230 Hektaren. Dieser dunkle, würzige Rote, der ganze Stolz der Westschweizer Weinbauforschung, hat sogar die Grenzen überschritten, denn mittlerweile ist er selbst im Beaujolais zugelassen. Der Schlaganfall des Rebstocks «Man darf die Degeneration, ausgelöst durch Viren, die von im Boden lebenden Würmern, den Nematoden, übertragen werden, nicht mit dem Verkümmern und

©Siffert/weinweltfoto.ch

«Das Absterben der Rebstöcke ist die Phylloxera des 21. Jahrhunderts. Mit 5% Verlust pro Jahr ist die Rechnung schnell gemacht: Wenn wir nichts unternehmen, dann haben wir in zwanzig Jahren keine Reben mehr», erklärte Bernard Artigue, Biowinzer und Präsident der Landwirtschaftskammer der Gironde, kürzlich in der Zeitschrift «Terre de Vins»; er wurde befragt zum Einsatz von 10 Mio. Euros im Hexagon in den kommenden drei Jahren, um diese moderne Seuche zu bekämpfen. In der Schweiz steht die Problematik noch nicht im Scheinwerferlicht, doch die Frage beunruhigt die Branche, unter anderem, weil sie den neuen Star unter den helvetischen Rotweinen betrifft, den Gamaret. Vor rund dreissig Jahren geboren, durch eine Kreuzung von Gamay mit dem

Absterben der Reben verwechseln. Letzteres provoziert einen plötzlichen, an einen Schlaganfall erinnernden Tod des Rebtriebs, weil der Saftfluss in der Pflanze unterbrochen wird. Da die Triebe sehr plötzlich und zufällig absterben, ver-

Is Gamaret Living on Borrowed Time ? Vine Decline disease, currently known as Esca, is spreading in some of the European vineyards, and has particularly affected the Gamaret variety, the new star among Swiss reds, and is being closely monitored by Olivier Viret’s team at the Vaud canton’s Viticultural Competence Centre.

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Gamaret was created 30 years ago at Agroscope, in Changins, by crossing Gamay and Reichensteiner. Highly resistant to rot, this new variety rapidly populated the Swiss vineyards. According to 2017 statistics, it covers an area of 430 hectares and is the fourth most planted variety in Switzerland, outpacing its twin, Garanoir (230 hectares). This dark red and spicy grape is the pride of viticultural research in

Swiss Romandy. It has even crossed the border into France and has been authorised in the Beaujolais region. Olivier Viret, manager at the Viticultural Competence Centre of the Vaud canton, explains that, “Care should be taken not to confuse degeneration, caused by viruses transmitted by nematodes, or soil-dwelling worms, with Vine Decline. Vine Decline leads to the apoplectic

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Rebsorten

«Man darf die Degeneration, ausgelöst durch Viren, die von im Boden lebenden Würmern, den Nematoden, übertragen werden, nicht mit dem Verkümmern und Absterben der Reben verwechseln.» Olivier Viret, Leiter des «Centre des compétences viticoles» des Kantons Waadt

©Philippe Dutoit

suchen wir noch zu verstehen, welches die auslösenden Faktoren sind. Im Moment ist es schwierig zu wissen, warum eine Pflanze, die bei bester Gesundheit zu sein schien, kurze Zeit später abgestorben ist, während die Nachbarstöcke – gleichzeitig gepflanzt und auf dieselben Unterlagsreben aufgepfropft – keinerlei Probleme haben», erklärt Olivier Viret, Leiter des «Centre des compétences viticoles» des Kantons Waadt. Dieses Verkümmern und Absterben der Reben, eine sehr alte Rebkrankheit, hat schon immer existiert, nimmt aber stark zu. Zuvorderst auf der Anklagebank sitzen Pilze,

die für die Esca- und sogenannte Holzkrankheiten wie Schwarzfäule oder Eutypiose verantwortlich sind. «Wir haben gesunde Rebstöcke beobachtet, Pflanzen im ersten Stadium des Absterbens und Reben in voller Agonie: auf allen findet man dieselben Pilzpopulationen. Es handelt sich also nicht um eine durch Mikroorganismen verursachte Infektion, selbst wenn die Holzkrankheiten eine nicht zu unterschätzende Rolle spielen», meint Olivier Viret. «Auch die Rebschulisten hat man beschuldigt oder den Verzicht auf Kalkarsen, doch keine dieser Spuren hält einer vertieften Analyse stand.»

death of the rootstock by interrupting the flow of sap that travels through the plant. The rootstocks die suddenly and randomly, and we are still trying to identify the trigger factors. For the time being, it is hard to understand why a plant that sometime earlier had seemed perfectly healthy should die, whereas the neighbouring plants, planted at the same time and grafted onto the same rootstock, have no problem”. Vine decline is an old illness of the vine which has always existed but is very much on the increase. The main culprits respon-

sible for Esca and wood diseases such as black rot and eutypiosis are fungi. “We have been observing healthy vines, plants in the first stage of decline, and vines in agony and have found the same fungal populations. So, we’re not dealing with an infection caused by these microorganisms, even though wood diseases do play a considerable role. Nurserymen have been blamed and so have the limitations placed on the use of sodium arsenite, but none of these leads stands up to close analysis”.

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Ein Athlet mit Adern aus Lehm Zwischen nicht erwiesenen Ursachen und wenig überzeugenden Studien schreitet das Absterben der Reben ungebremst fort, das lässt sich nicht leugnen, und betrifft immer mehr junge Reben. Zu den am meisten befallenen Rebsorten gehören Sauvignon blanc, Cabernet Sauvignon und, auf regionaler Ebene, der Gamaret. «Zurzeit wissen wir noch nicht, warum diese Rebsorten eine stark erhöhte Mortalitätsrate aufweisen, während beispielsweise der Nebbiolo völlig unempfindlich darauf zu sein scheint. Unsere Beobachtungen zeigen aber, dass es erschwerende Faktoren gibt. Je wuchskräftiger die Rebstöcke sind, weil sie auf Lehmböden gepflanzt wurden wie man sie in der Waadtländer Côte oder in

An athlete with veins of clay Amid unproven causes and inconclusive findings, Vine Decline is clearly progressing and affecting increasingly younger vines. Sauvignon Blanc, Cabernet Sauvignon and, more regionally, Gamaret feature among the varieties most affected. Viret, who holds a doctorate in Mycology from the Zurich Polytechnic, goes on to explain: “At present, we ignore why these varieties experience a heavy mortality rate while Nebbiolo, for example, is resistant. Our observations have shown, however,

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Genf findet, desto grösser ist das Risiko während Hitzewellen, wie sie im Sommer immer häufiger werden. Reben dagegen, die auf gut drainierenden Böden im Wallis wachsen und das Wasser in der Tiefe suchen müssen, haben keine Probleme. In Bezug auf den Kanton Waadt bedeutet das nicht, dass wir vom Pflanzen von Gamaret abraten, doch wollen wir Produzenten, die ihn auf lehmigen Böden setzen, informieren, dass die Probleme mit dem Absterben der Reben Hand in Hand mit der Klimaerwärmung gehen», fährt der Doktor in Mykologie der ETH Zürich fort. Es gibt aber Massnahmen zur Prophylaxe: «Der sehr kurze Rebschnitt, der mit dem Einsatz der elektrischen Rebscheren zusammenhängt, verschärft das Problem zweifellos. Das von Simonit & Sirch empfohlene Vorgehen beim Rebschnitt (beschrieben unter dem Titel Schneiden, um zu schützen in Le Guillon Nr. 46, Frühling 2015) minimiert die dem Rebstock beigefügten Wunden, die er – und das ist in der Pflanzenwelt eine Ausnahme – nicht vernarben lassen kann.» Ein Problem der Reproduktion? Christian Dugon, der ein Weingut von sechs Hektaren betreibt, verteilt auf verschiedene Gemeinden in den Côtes-del’Orbe, gehört zu den Pionieren, welche diverse Kreuzungen aus Gamay und Reichensteiner gepflanzt haben. Als wir ihn

that aggravating factors do exist. The more vigorous the vines are, like those planted in clay soils in the La Côte or Geneva regions, the greater the risk during heatwaves, which are now occurring with increasing frequency in the summer. Inversely, vines planted in permeable soils in the Valais canton, which search deep in the earth for water, are immune. This does not mean that we are going to advise against planting Gamaret in the Vaud canton. What it means is that we’re going to warn producers who plant in clay soils that Vine

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©Siffert/weinweltfoto.ch

«Heute sieht man ganz klar, dass bei den jungen Reben ein grösserer Anteil eingeht als bei den früher gepflanzten; zwischen den Terroirs bestehen keine markanten Unterschiede.» Christian Dugon

zu Beginn des Sommers 2018 kontaktieren, bestätigt er, dass Sommeranfang und Absterben des Gamaret zusammenfallen. Er verweist aber vor allem auf Probleme im Zusammenhang mit dem Pflanzenmaterial: «Wir haben die ersten Parzellen bestockt, kaum, dass diese neue Rebsorte auf der Weinbühne aufgetaucht ist. Einige Jahre später ha-

ben wir unsere Gamaret-Fläche vergrössert. Heute sieht man ganz klar, dass bei den jungen Reben ein grösserer Anteil eingeht als bei den früher gepflanzten; zwischen den Terroirs bestehen keine markanten Unterschiede. Meiner Meinung nach besteht das Pflanzenmaterial der zweiten Generation aus problematischen Pfropfreisern.» Nach der Zukunft

Decline problems are going to develop in tandem with global warming”.

Gamaret. However, he referred above all to the problems connected with plant material. “We planted our first parcels as soon as the new vine made its appearance on the wine-growing scene. A few years later, we enlarged the surface area devoted to Gamaret. Today, we can clearly see that the younger vines have higher rates of decline than the older ones, even though there is no significant difference in the soil and climate. In my opinion, second generation plant material has been propagated from incompatible grafts”. When asked about the

A reproduction problem? Christian Dugon, who heads a wine estate of six hectares which spreads across different Côtes de l’Orbe communes, was among the winegrowers who pioneered the planting of various crosses between the Gamay and Reichensteiner varieties. At the beginning of July, he was contacted in connection with this article and confirmed that the beginning of summer means a decline in

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des Gamaret gefragt, meint Christian Dugon, er sei zwar mehr und mehr an resistenten Varietäten interessiert, wolle aber den Gamaret nicht aufgeben, «denn er bringt deutlich interessantere Qualitätsweine hervor als beispielsweise der Garanoir.». www.dugon.ch Ein vererbbarer Makel? Vincent Chappuis, verantwortlich für die Rebberge der Domaine de SerreauxDessus, findet, das Absterben der Reben dürfe keinesfalls auf die leichte Schulter genommen werden. «Wir kultivieren eine Parzelle mit fast dreissigjährigen Gamaretstöcken, von denen fast ein Drittel abgestorben ist. Angesichts dieser hohen Mortalität, denke ich, es wäre besser, die Reben auszureissen und eine andere Varietät anzupflanzen als ohne Ende die abgestorbenen Stöcke zu ersetzen.» Für den Profi ist dieses Verkümmern und Absterben der Reben eine Quelle ständiger Frustration: «Bisweilen zeigen die Rebstöcke Krankheitssymptome, doch die meisten sterben ohne vorherige Anzeichen. Sie treiben ganz normal aus, bilden dieselben Blätter aus wie die anderen – bis alles mit einem Schlag aufhört, wie wenn man den Stock abgesägt hätte.» Diese Anfälligkeit auf Holzkrankheiten bereitet Vincent Chappuis Sorgen. Er fragt sich, ob die neuen, erst kürzlich

future of the variety, Christian Dugon replied that even though he is becoming increasingly attracted by resistant varieties, he does not want to abandon Gamaret “which gives quality wines that have more appeal than those produced with Garanoir, for example”. www.dugon.ch A transmissible defect? Vineyard manager at Domaine de Serreaux-Dessus, Vincent Chappuis confirms that Vine Decline cannot be treated lightly. “We have been cultivat-

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©Bertrand Rey

«Wir kultivieren eine Parzelle mit fast dreissigjährigen Gamaretstöcken, von denen fast ein Drittel abgestorben ist. Angesichts dieser hohen Mortalität, denke ich, es wäre besser, die Reben auszureissen und eine andere Varietät anzupflanzen als ohne Ende die abgestorbenen Stöcke zu ersetzen.» Vincent Chappuis, verantwortlich für die Rebberge der Domaine de Serreaux-Dessus

offiziell anerkannten Kreuzungen von Agroscope Changins – alle in mehr oder weniger direkter Linie vom Gamaret abstammend – diesen genetischen Makel nicht auch geerbt haben. «Diese Frage habe ich bei Informationstagen rund um

die neuen Varietäten gestellt. Man hat mir geantwortet, es sei mangels Erfahrung schwierig, darauf eine schlüssige Antwort zu geben…» www.serreaux-dessus.ch

ing a parcel of Gamaret for almost 30 years where almost a third of the vines have died from Vine Decline. Faced with such a high mortality rate, I think it is better to pull out the vines and plant another variety rather than keep replacing them.” The decline of the vines is certainly a source of frustration for us professionals: “vine stocks sometimes display symptoms of the disease, but most die with no warning. The buds break normally, and leaves develop uniformly on all the plants until suddenly everything stops, as if the vine had been

cut down.” Vincent Chappuis is concerned about this susceptibility to wood diseases and wonders whether the new crosses – that descend in almost direct line from Gamaret – recently certified by Agroscope in Changins might not have inherited that genetic defect. “I raised this question at an information session about these new varieties. I was told that, in the absence of sufficient experience and information over time, it was difficult to provide a reliable response to the question.” www.serreaux-dessus.ch

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Mémoire des Vins Suisses

Die Waadtländer der Schatzkammer äussern sich

Die Vereinigung Mémoire des Vins Suisses (MDVS) steht im 15. Jahr ihres Bestehens. Wie sehen die zehn Waadtländer Mitglieder diese Elite der helvetischen Crus, jetzt, da das MDVS im kommenden April Ehrengast der Arvinis in Montreux sein wird?

Pierre Thomas Fotos: Hans-Peter Siffert

«Man könnte sich vorstellen, dass die Mitglieder mit mehreren ihrer Weine vertreten wären, nach Modalitäten, die man noch definieren müsste, etwa nach dem Vorbild der deutschen Prädikatsweine (VDP).» Charles Rolaz

2002 in Zürich als informeller Club gegründet, und zwar von den Journalisten Stefan Keller (der die Bewegung inzwischen verlassen hat), Andreas Keller, Susanne Scholl (zuständig für das Sekretariat) und Martin Kilchmann, zusammen mit einigen befreundeten Winzern, ist das MDVS heute eine Vereinigung, die von Thierry Grosjean, dem Besitzer von Château d’Auvernier (NE), präsidiert wird. Nach und nach hat sie in diesen 15 Jahren dreifach zugelegt. Zuerst, indem sie auf 56 Weine anwuchs, alle repräsentativ für ihre Herkunft (15 aus dem Wallis, 14 aus der Deutschschweiz – darunter

p Gründungsmitglied Andreas Keller (links) und der ehemalige Präsident Charles Rolaz

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sechs Herrschäftler –, zehn Waadtländer, acht Tessiner, sechs aus dem Dreiseenland und drei Genfer). Dann durch die Aufnahme von NichtproduzentenMitgliedern (Journalisten, Sommeliers). Und schliesslich durch die Einführung von Partnerschaften mit Restaurants, vor allem in der Deutschschweiz. Beginnen wir mit dem Hintergrund: Für Julien Dutruy, den letzten Waadtländer, der im Allerheiligsten aufgenommen wurde, «ist das Mémoire leider noch nicht anerkannt», vor allem in der Romandie nicht. Dabei ist es ein ideales Instrument, «vor allem für die Ausstrah-

p Das neuste Mitglied aus der Waadt:

Julien Dutruy

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lung des Schweizer Weins innerhalb der Schweiz», wie Basile Monachon feststellt. Die kodifizierte Partnerschaft mit Restaurateuren, die von der Generalversammlung akzeptiert werden müssen, halten Vincent Chollet und Basile Monachon, die junge Garde der Waadtländer Winzer, für eine exzellente Idee. Bernard Cavé bestätigt: «Wenn jedes Mitglied sich bemühen würde, zwei oder drei davon unter seinen Kunden zu finden, selbst ohne dass sie unbedingt den Mémoirewein auf der Karte haben müssten, würde sich unser Projekt weiterentwickeln.» Mehr als ein freundschaftliches Winzertreffen… Hier berührt der Önologe aus Ollon einen heiklen Punkt. Denn das MDVS ist weniger eine freundschaftliche Winzervereinigung, sondern vielmehr eine Selektion von Weinen, ausgewählt von einer Degustationskommission, gebildet aus Nichtproduzenten-Mitgliedern, sprich aus Journalisten und einem Önologen als Experten. Für Charles Rolaz, der das Präsidium des MDVS vor Thierry Grosjean innehatte, «könnte man sich vorstellen, dass die Mitglieder mit meh-

reren ihrer Weine vertreten wären, nach Modalitäten, die man noch definieren müsste, etwa nach dem Vorbild der deutschen Prädikatsweine (VDP)», angepasst aufs Schweizer Terroir. Die Waadtländer Mitglieder bekunden kein Problem mit der Wahl ihrer eigenen Weine – die mit Chasselas halten sogar hartnäckig daran fest! –, einige könnten sich aber einen Wechsel des Crus vorstellen, wie Vincent Chollet, der mit der Mondeuse noire vertreten ist, diese aber heute gerne durch den Viognier ersetzt sähe. Oder die Cruchons, deren Raissennaz der «sinnlichste unserer Pinots noirs ist, aber sicher nicht der mit dem besten Alterungspotential». Künftig wird

«Die Evolution muss nicht eine Revolution sein, denn die Interessen und Hoffnungen der einen wie der anderen sind unterschiedlich. Die künftigen Projekte müssen so viele wie möglich zufriedenstellen: eine Riesenherausforderung!» Jean-Daniel Suardet

Die zehn Waadtländer Weine im MDVS (in der Reihenfolge ihrer Aufnahme in die Kollektion)

Sechs Chasselas 1999 Dézaley Grand Cru Médinette Dézaley AOC, Louis-Philippe Bovard, Cully 2002 Brez La Colombe La Côte AOC, Laura und Raymond Paccot, Féchy 2006 Aigle Grand Cru Terroir du Crosex Grillé, Chablais AOC, Philippe Gex und Bernard Cavé, Aigle Château Maison Blanche Chablais AOC, Philippe Schenk und Jean-Daniel Suardet, Yvorne 2009 Saint-Saphorin Les Manchettes Lavaux AOC, Basile und Pierre Monachon, Rivaz Calamin Grand Cru Cuvée Vincent Calamin AOC, Blaise Duboux, Epesses

Vier Rotweine 2001 Cuvée Charles Auguste, Domaine de Crochet, La Côte AOC, Assemblage aus Syrah (65%), Cabernet franc (30%) und Cabernet Sauvignon (5%), Charles Rolaz, Hammel, Rolle Raissennaz Grand Cru, Domaine Henri Cruchon, La Côte AOC, Pinot noir, Catherine, Michel und Raoul Cruchon, Echichens, 2001 (künftig ersetzt durch den Servagnin, Pinot noir de Morges, La Côte AOC, 2017 2009 Le Vin du Baccouni, Domaine Mermetus, Lavaux AOC, Mondeuse noire, Vincent und Henri Chollet, Aran-Villette 2012 Les Romaines Grande Réserve, Les Frères Dutruy, La Côte AOC, Gamay, Christian und Julien Dutruy, Founex

p Jean-Daniel Suardet vom Château Maison Blanche

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©Philippe Dutoit

Mémoire des Vins Suisses

«Das MDVS ist ein wichtiger Vektor bei der Bekanntmachung des Alterungspotentials des Chasselas.» Louis-Philippe Bovard

p

Vincent Chollet

deshalb der Servagnin diese Qualität verteidigen. Denn eines der grundlegenden Ziele des MDVS in der Anfangszeit war es aufzuzeigen, dass sich die besten Schweizer Weine mit der Zeit noch verbessern oder zumindest über den unverzüglichen Konsum hinaus, der immer noch allzu oft ihr Schicksal ist, gelagert werden können. Die Wahl fiel unter diesem Blickwinkel auf den Gamay der Frères Dutruy – er ist

p Louis-Philippe

Bovard

der einzige Wein dieser Sorte in der Kollektion –, und der Önologe Julien Dutruy bestätigt, dass er die Sorte «anders bearbeitet, damit der Wein sein gesamtes Potential entfalten kann, und zwar mindestens zehn Jahre lang.» Eine Schatzkammer, die besser genutzt werden sollte Um dieses Potential auszuschöpfen, verlangt das MDVS von seinen Mitgliedern,

dass sie jedes Jahr eine gewisse Anzahl Flaschen zur Verfügung stellen. Diese Kollektion alter Jahrgänge, in einem Depot in der Region Zürich gelagert, bildet das Fundament der «Schatzkammer». Jedes Jahr werden die Weine blind degustiert und seit kurzem die besten unter den Zehnjährigen mit einem Award ausgezeichnet (2018 waren also die 2008er an der Reihe). Blaise Duboux findet, diese Schatzkammer «sollte sichtbarer werden». Und zwar nicht nur in der Schweiz, sondern «auch im Ausland», unterstreicht Julien Dutruy. Die älteste Flasche der gesamten Kollektion ist der Dézaley Médinette 1999, wozu sich Louis-Philippe Bovard beglückwünscht: «Das MDVS ist ein wichtiger Vektor bei der Bekanntmachung des Alterungspotentials des Chasselas.» Und, findet Blaise Duboux, ein anderer Herold des

Mémoire des vins suisses (MDVS) Originally set up as an informal club in 2002, in Zurich, by journalists Stefan Keller (who has since left the movement), Andreas Keller, Susanne Scholl (who heads the secretariat) and Martin Kilchmann, together with several wineproducer friends, MDVS is an association presided over by Thierry Grosjean, the owner of Château d’Auvernier in Neuchatel. Gradually, over the last 15 years, the association has tripled in size bringing its producer membership to 56: 15 from Valais; 14 from the German-

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speaking part of Switzerland — including 6 from Grisons (Graubünden); 10 from Vaud; 8 from Ticino; 6 from TroisLacs; and 3 from Geneva. Several journalists and sommeliers have also joined and partnerships have been set up with restaurateurs, first of all in the Germanspeaking part of the country. Let’s go straight to the heart of the matter. According to Julien Dutruy, the most recent wine-producer from Vaud to join this holy of holies, the Mémoire is unfortunately not sufficiently recognised, par-

ticularly in Swiss Romandy, even though, adds Basile Monachon, it is an ideal tool for promoting Swiss wine in Switzerland. Both young winegrowers consider that the partnership drawn up with restaurateurs, yet to be accepted by the general assembly, is an excellent idea. Bernard Cavé, an oenologist from Ollon is also supportive of the idea and reckons that if every member took the effort to recruit just two or three restaurateurs from among their clientele, even if their wine is not listed, the project would move forward.

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Mémoire des Vins Suisses

Chasselas, «die Schatzkammer ist auch eine echte Zeitmaschine»! Doch wie soll man Schatzkammer und Vereinigung bekannter machen? Im Moment konzentrieren sich die öffentlichen Aktivitäten des MDVS auf zwei jährliche Treffen. Das erste im Frühling fällt zusammen mit der Generalversammlung und einer grossen öffentlichen Degustation. Das zweite namens Swiss Wine Tasting – bisher Mémoire & Friends geheissen – findet am letzten Augustwochenende in Zürich statt und umfasst auch weitere ausgewählte Weinproduzenten. Diesen Frühling feierte die öffentliche Degustation im Vorfeld der Generalversammlung einen riesigen Erfolg und zog auch zahlreiche Waadtländer Liebhaber nach Sierre. 2019 soll die Generalversammlung in Basel stattfinden – womit einem weiteren Wunsch entsprochen wird: das MDVS soll in den grossen Deutschschweizer Städten auf sich aufmerksam machen. Mehrere Waadtländer wünschen, dass ein Pendant in der Romandie in die Agenda aufgenommen wird, jährlich oder doch alle zwei, drei Jahre. 2019 wird die Arvinis in Montreux diese Rolle übernehmen. Das Swiss Wine Tasting in Zürich hingegen sollte gemäss Raoul Cruchon ein jährliches Forum des Schweizer Weins werden, mit «professionelleren Besuchern, inklusive Wiederverkäufern» und Debatten rund um den Schweizer Wein.

It’s more than a friendly grouping of winegrowers Cavé has touched upon a delicate point. MDVS is more than a friendly association of producers: it is a selection of wines that has been made by a tasting commission made up of non-producers, including journalists and an expert oenologist. According to Charles Rolaz, the previous president, members could conceivably have several wines along the lines of the German Predicate wines (VDP), adapted to the Swiss terroir and

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p Pierre

und Basile Monachon

Eine Elite, die dem Numerus clausus unterworfen ist Die Mehrheit der Waadtländer ist sich einig: Das MDVS darf nicht weiterwachsen, sondern sollte bei den jetzigen 56 Mitgliedern Halt machen. «Im gegenwärtigen Modell würde eine weitere Vergrösserung zu einer ungünstigen Verwässerung führen», konstatiert Charles Rolaz. «Ich bin dafür, dass die Gruppe einigermas-

sen überschaubar bleibt», gesteht Raoul Cruchon. «Ein Status quo erscheint mir ideal: Es soll eine Elite bleiben», findet Bernard Cavé. Und, erinnert Raymond Paccot: «Das Ziel des MDVS ist kein kommerzielles, sondern für eine zusammengeschweisste Vereinigung mit aktiven Mitgliedern gedacht.» Das bestätigt auch Jean-Daniel Suardet: «Wir stellen fest, dass das Mémoire mit 56 Mitgliedern politisch schwierig zu organisieren ist. Die Logistik der Veranstaltungen wird bei einer weiteren Erhöhung der Mitgliederzahl kompliziert.»

based on modalities yet to be defined. Although most members from Vaud have no problem in selecting their own wine — Chasselas producers are fiercely jealous of their variety — some have been accredited for several grapes varieties. Such is the case of Vincent Chollet who has set his sights on the Mondeuse Noir variety but would certainly be happy to see his Viognier monitored over time. That is also the case of the Cruchon estate: their Raissennaz is “the most sensual of all our Pinots, but cer-

tainly not the one that has the best ageing potential”. That will now be assured by the Servagnin wines. Originally, one of the principal aims of MDVS was to demonstrate that Swiss wines could at most improve with time, or, at least be conserved rather than immediately consumed, which is still all too often their lot. Bearing this in mind, the Frères Dutruy selected their Gamay — the only wine of this grape variety in the collection — and Julien Dutruy, the oenologist, has confirmed that it is

«Der Anlass sollte sich als kommerzielle Plattform profilieren und nicht nur als ein Schaufenster.»

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«Die Schatzkammer ist auch eine echte Zeitmaschine!» Blaise Duboux

p

Blaise Duboux

Bleibt noch die Zukunft der Geschäftsführung der Vereinigung, haben doch die Gründer alle die 60 überschritten. Manche Waadtländer wünschten sich mehr Effizienz, mehr Marketing und neue, anpassungsfähige Medien, mehr Zusammenarbeit mit Swiss Wine Promotion, für eine bessere internationale Anerkennung… «Die Person, welche das Projekt in die Zukunft tragen wird, muss über ein exzellentes Netzwerk und viel Charisma verfügen. Und darf weder Winzer noch Weinhändler sein», ist Raoul Cruchon überzeugt. «Die Evolution muss nicht

eine Revolution sein, denn die Interessen und Hoffnungen der einen wie der anderen sind unterschiedlich. Die künftigen Projekte müssen so viele wie möglich zufriedenstellen: eine Riesenherausforderung!», fasst Jean-Daniel Suardet zusammen. «Das MDVS wird immer eine Daseinsberechtigung haben, gleichgültig, wer die Organisation, unterstützt von den Mitgliedern, leitet», gibt sich der ehemalige Präsident Charles Rolaz positiv. Wünschen wir dem MDVS also ein langes Leben!

Auf der Website www.mdvs.ch findet man eine Fülle von Degustationskommentaren zu den 56 Weinen, von denen regelmässig diverse Jahrgänge verkostet werden.

being worked “in a different way so that it can continue to develop its ageing potential beyond ten years”.

tages). According to Blaise Duboux, this treasure trove “should be more visible”. “Not only in Switzerland”, adds Julien Dutruy, “but also abroad”. The oldest bottle in the collection is a Dézaley Médinette 1999. Louis-Philippe Bovard is delighted: “MDVS is an important conduit for harnassing the ageing potential of Chasselas”. Blaise Duboux, another advocate of Chasselas, sees the treasure trove as a great time machine. Most members from Vaud are of the view that MDVS should not grow be-

yond 56 members. Charles Rolaz reckons that based on the present model, enlargement would have an unfavourable dilution effect. According to Raoul Cruchon, the group should retain a certain confidentiality, and Bernard Cavé believes the status quo of an elite grouping is the ideal formula. For Raymond Paccot, it is important to remember that the aim of MDVS is not commercial but to be a closely knit association of active members. www.mdvs.ch

A treasure trove to be exploited To develop this potential, MDVS requires members to provide some bottles every year. This collection of old vintages, a treasure trove stored in a depot in the Zurich area, is tasted once a year and some have recently won an award based on a blind tasting that is held 10 years after (in 2018 for 2008 vin-

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Die Journalisten Pierre Thomas, Eva Zwahlen und Alexandre Truffer, die für die Zeitschrift Le Guillon schreiben, sowie der Sommelier Jérôme Aké Béda sind Nichtproduzenten-Mitglieder beim Mémoire des Vins Suisses. Küchenchef Pierrick Sutter (Hôtel de la Gare, Lucens) wurde als erstes Waadtländer (und Westschweizer) Partnerrestaurant akzeptiert.

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Mondial du Chasselas 2018

Die Côte doppelt nach Alexandre Truffer Fotos: Edouard Curchod

Die Waadtländer Côte holt sich den ersten Platz bei den klassischen Weinen wie bei den alten Jahrgängen. Und zeigt damit eindrücklich ihr Savoir-faire in Sachen Chasselas. Insgesamt 820 Weine standen sich in diesem Concours auf Château d’Aigle gegenüber.

Beim Mondial du Chasselas beginnen sich die aufeinanderfolgenden Jahre zu gleichen. Zum vierten Mal in Folge gewinnt die Côte die Königsdisziplin dieses Wettbewerbs, bei dem immer mehr Weinproben eingereicht werden (820 gegenüber 792 im Vorjahr). Der «Weltmeister»-Titel geht an den Montsur-Rolle La Montoise Esprit Terroir 2017 der Cave de la Côte. Diese Kooperative mit Sitz in Toloche­naz wird damit zum ersten Unternehmen, das diesen prestigereichen Titel nach dem Triumph vor zwei Jahren mit dem Morges Vieilles Vignes 2015 zum zweiten Mal gewinnen

kann. Der Sieger, der 664 Konkurrenten übertrumpfte, erhielt allerdings nicht die beste Note des Wettbewerbs, trotz seiner 94,3 Punkte. Die höchste Bewertung, eindrückliche 97,2 Punkte, ging an den Château de Châtagneréaz 1998. Der Gewinner der Kategorie Alte Jahrgänge sicherte sich auch zwei Spezialpreise: Er war nämlich der am höchsten klassierte Wein aller Kategorien und der bestklassierte Waadtländer. Der Wettkampf unter den Waadtländern war erbarmungslos, gewann doch der Kanton eine weitere Kategorie: nämlich die der Weine mit mehr als 4 g Restzucker pro Liter, und

zwar dank dem Dézaley Récolte Choisie 2016 von Patrick Fonjallaz. Unter dem Patronat des OIV (Organisation Internationale de la Vigne et du Vin) und der Union Internationale des Œnologues sowie der Union Suisse des Œnologues, überwand der Mondial du Chasselas erstmals die Grenze von 800 Proben, eine eindrückliche Teilnahme, wenn man weiss, dass die Chasselasflächen, die für die Vinifikation bestimmt sind, weltweit etwa 6000 Hektaren umfassen, verteilt auf zehn Länder. Die Jurymitglieder, grösstenteils aus dem Ausland, trafen sich Anfang Juni auf Schloss Aigle, um

p Philippe Schenk und Tony Heubi erhalten die Auszeichnung für den

Château de Châtagneréaz 1998, der mit 97,2 Punkten die höchste Note des Wettbewerbs erhalten hat. t Direktor Julien Hoefliger und Sylvie Camandona, verantwortlich für die

Verkäufe bei der Cave de la Côte, freuen sich: La Montoise ist Weltmeister!

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Zwei Meister TERRAVIN 2018 Eine Jury von 30 Weinprofis und Fachjournalisten hat den Merlot Gourmand, Bonvillars AOC, Merlot, 2016, der Kellerei Cave des Viticulteurs de Bonvillars zum besten Rotwein Terravin des Jahres 2018 gewählt und wird Träger der «roten Platin-Lorbeeren».

Ein Chasselas Label Or Terravin ist Weltmeister 2018 La Montoise, Esprit Terroir, Mont-surRolle La Côte AOC 2017 aus der Kellerei Cave de La Côte, Goldmedaille, überflügelte mehr als 660 trockene Weissweine und wurde zum Weltmeister 2018 erkoren.

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Mondial du Chasselas 2018

t Die Passion und das

Engagement von Yves Paquier (rechts) wurden belohnt: Frédéric Borloz, Präsident des Mondial, verleiht ihm, der auch im Weintourismus aktiv ist, den Titel Ambassadeur des Chasselas.

665 trockene Weine sowie 73 alte Jahrgangsweine zu degustieren, dazu kamen 33 restsüsse und ganz süsse Tropfen und 28 Spezialitäten, zusammengefasst in der Kategorie «spezielle Vinifikation», nicht zu vergessen die 21 «Swing»-Weine mit weniger als 11,5%-vol. Alkohol. Insgesamt 722 Weine stammten aus der Schweiz und zwar aus den Appellationen La Côte (211), Wallis (128), Lavaux (126), Chablais (121), Dézaley Grand Cru (44), Calamin Grand Cru (18), Neuenburg (25), Genf (18), Vully (9), Bielersee (3), Bonvillars (7), Côtes-de-l’Orbe (2). Dazu kamen 98 ausländische Weine, darunter nicht weniger als 63 aus Deutschland und 30 aus Frankreich. Vertreten waren auch Weine aus Ungarn, Kanada, Mexiko, der Ukraine und den USA. Doppelerfolg für die Cave de La Côte «La Montoise ist ein traditioneller Chasselas, produziert für Puristen und zur Kollektion Esprit Terroir gehörend. Dieses wundervolle Resultat zeigt unser

Savoir-faire bei diesen symbolkräftigen Weissweinen, welche die Vielfalt der Region illustrieren», erklärt Julien Hoefliger, Direktor der Cave de La Côte. «Der Mont-sur-Rolle steht in dieser Weinlinie neben sechs anderen Chasselas, darunter auch dem Morges Vieilles Vignes. Dieser hat 2016 den Mondial du Chasselas gewonnen», präzisiert Gilles Cornut, technischer Direktor der Kooperative, die sich diesen Frühling ein neues Auftreten verpasst hat. «Uvavins und Cave Cidis kann man vergessen», erklärt er, «von nun an laufen die gesamte Kommunikation und der Verkauf unter einer einzigen Marke: Cave de La Côte.» Im Rebberg wie im Keller werden diese Weine in der reinsten Tradition des Waadtländer Chasselas behandelt, fährt Julien Hoefliger fort. «Mit einem gewissen Erfolg, haben doch von sieben Weinen zwei den Chasselas-Weltmeister-Titel errungen. Und ohne die zahlreichen Medaillen zu zählen, die sie bei allen wichtigen Wettbewerben des Landes schon gewonnen haben. Ausserdem besitzen alle Weine

dieser Kollektion das Label Terravin, die unumgängliche Referenz für Waadtländer Weine.» Die grosse Parzelle, in welcher La Montoise gedeiht, ist gut exponiert, auf einer Höhe von 500 m ü. M. und gehört der Genossenschaft. «Die Trauben wurden bei sehr guter phenolischer Reife gelesen. Eine strikte Temperaturkontrolle hat für eine langsame Gärung gesorgt, sodass das gesamte Potential der Ernte ausgeschöpft werden konnte», präzisiert Gilles Cornut. Das Duo ist sich einig: Für ein Unternehmen, das hin und wieder immer noch unter längst überholten Vorurteilen leidet, können Concours helfen, die dank minutiöser Arbeit der Winzer und Önologen sehr hochstehende Qualität der Produkte zu bestätigen. «Die bei Wettbewerben eingereichten Weine werden je nach ihrem Profil ausgewählt. Für die Selektion der Waadtländer Weine etwa bevorzugen wir Klassiker, die einem traditionellen Profil entsprechen. In einem Wettbewerb wie der Expovina in Zürich dagegen präsentieren wir modernere Cuvées, vielleicht mit einem Hauch von Restzucker», schliesst Julien Hoefliger. 97,2 für einen 1998er Chasselas «Die Reben treiben am 12. April erstmals aus, die Rebblüte findet am 10. Juni statt und die Ernte zwischen dem 24. September und dem 15. Oktober», entnimmt man den Archiven von Château de Châ-

Mondial du Chasselas 2018 The same pattern appears year after year at Mondial du Chasselas. For the fourth consecutive year, La Côte has won the top prize, while the number of samples entered has increased yet again (820 vs 792 last year). The World Champion title was awarded to Mont-sur-Rolle La Montoise Esprit Terroir 2017 from Cave de la Côte. This cooperative, based in Tolochenaz, has thus become the first company ever to win this prestigious prize for the sec-

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ond time, following its triumph two years ago with its Morges Vieilles Vignes 2015. Although by winning this prize it had come out ahead of the other 664 competitors, the 94.3 overall points it obtained were not the best score in the competition. That was the prerogative of Château de Châtagneréaz 1998, which obtained an impressive overall score of 97.2 points. It triumphed in the Old Vintage category and was also awarded two special prizes:

Best Rating across all categories and Best Vaud Wine. Competition was very keen among the contestants from the Vaud canton, with yet another win in the Sweet Wine category (more than 4 grams of sugar per litre), thanks to Patrick Fonjallaz’s Dézaley Récolte Choisie 2016. A double win for Cave de La Côte Julien Hoefliger, the director of the recently renovated la Cave de La Côte ex-

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Mondial du Chasselas 2018

q Die Brüder Gudet und ihr Clos des Barbettes 2017, der Lieblingswein der Presse.

tagneréaz. «Nach einem warmen und trockenen Monat März findet der Austrieb gestaffelt statt, in frühreifen Zonen sind Frostschäden zu beklagen. Ein heisser Monat Mai erlaubt es den Reben, den Rückstand wieder aufzuholen, doch die niedrigen Temperaturen Mitte Juni verursachen Probleme während der Rebblüte, was eine bescheidene Ernte erwarten lässt.» Ein sehr heisser Sommer und ein eher regnerischer Herbstbeginn komplettieren das meteorologische Bild dieses Jahrgangs, der sich, zwanzig Jahre nach seiner Geburt, beim Mondial du Chasselas, durchsetzte. Das Château de Châtagneréaz, ein Aushängeschild in der Côte und 1945 von der Familie Schenk gekauft, rühmt sich, bereits vor dem Jahr 1000 Reben besessen zu haben. Heute umfasst das Weingut gegen 18 Hektaren, zum grössten Teil (90%) mit Chasselas bestockt. Der 1998er, Gewinner von drei Trophäen – die stratosphärisch hohe Bewertung von 97,2 Punkten brachte ihm auch den Preis für die höchste Note des Concours und für den besten Waadtländer Wein ein –, ist nur der Älteste einer schönen Geschwisterschar. Auch die Jahrgänge 2011, 2010 und 2007 gewannen 2018 beim Mondial du Chasselas Goldmedaillen. «Dieser geballte Erfolg widerspiegelt den Willen der Domäne, die alten Jahrgänge in den Vordergrund zu rücken», erklärt der Leiter des Guts, Philippe Schenk, «unter an-

plains that “La Montoise belongs to our Expression Terroir collection and is one of the traditional Chasselas wines for wine purists. Our win highlights our know-how in the production of these symbolic white wines and illustrates the diversity of our region”. Gilles Cornut, the technical director of the cooperative, adds: “The winning Mont-sur-Rolle is one of six other Chasselas in the collection, one of which is Morges Vieilles Vignes which triumphed at the 2016 Mondial du Chasselas competition. He went on to

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derem bieten wir ein Spezialköfferchen an (siehe auch S. 48), das alle Premiers Grands Crus des Châteaus de Châtagneréaz umfasst, seit dem Jahr, da die Domäne diese prestigereiche Appellation erhalten hat.» Eine gute Wahl bei der Lese «Der Dézaley Grand Cru Récolte Choisie wurde 1932 geschaffen. Damals waren die Winter strenger als heute und die Trauben wurden nach dem ersten Frost gelesen. Heute arbeiten wir auf andere Weise, um einen Süsswein zu erhalten, der sich durch sein schönes Gleichgewicht auszeichnet», erklärt Patrick Fon-

say that Uvavins and Cave Cidis can now be relegated to the past as all communication and marketing has been grouped under the single trademark, Cave de La Côte. The director then explains that the vines and the wines are worked according to the best traditions of Vaud Chasselas, obviously with some success as two of the seven wines have obtained the title of Champion at the Mondial du Chasselas. The large parcel that yields La Montoise belongs to the cooperative. It is well-exposed to the sun and lies at

jallaz. 2016, im prämierten Jahrgang, fand die Weinlese am 21. Dezember statt, bei 120° Oechsle. Dieser Wein mit 22 Gramm Restzucker wird exklusiv in neuen Eichenbarriques ausgebaut, ohne biologischen Säureabbau. Seine alkoholische Gärung wird gebremst, um seinen Alkohol in Schach zu halten. «Auf diese Weise erhalten wir einen Wein, der seine Säure bewahrt und nicht von der Süsse dominiert wird», fährt der bis heute einzige Produzent eines süssen Dézaley fort. Die Produktion ist mit 1300 Flaschen pro Jahr sehr klein, strahlt aber aus: «Ein Viertel unserer Récolte Choisie wird nach Japan exportiert – ein Markt,

an altitude of 500 metres above sea level. Gilles Cornut adds more specific details: “The grapes presented good phenolic ripeness at harvest, and then temperatures were strictly controlled to ensure slow fermentation in order to extract the full potential of the grapes”. A '98 wine scores 97.2 points According to the Château de Châtagneréaz archives: “The vines’ first buds appeared on 12th April, they began to flower on 10th June and were har-

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den wir den Visionen von Pierre Keller und der Passion von Naoyuki Miyayama zu verdanken haben, dem Direktor des Club Concierge, unseres Importeurs im Land der aufgehenden Sonne.» Ein Unbekannter mit guter Presse Alle in diesem Artikel präsentierten Waadtländer Produzenten sind zweifellos bekannt. Das gilt auch für die Macher aller anderen trockenen Weissweine, die für die Auszeichnung als «Coup de Cœur de la Presse» nominiert wurden. Unter den 17 besten Weinen der Hauptkategorie (trockene Weissweine), die für diesen Preis nochmals degustiert wurden, findet man etwa den Calamin Réserve du Margis von Jean-François Chevalley, die Délices de Pierrot von Pierre-Louis und Thierry Molliex, den Petit Cottens oder den Cure d’Attalens. Den Preis gewonnen hat aber schliesslich ein gänzlich Unbekannter: Das Quartett aus Romain Felley, Pascal Besnard, Gabriel Tingue­ ly und Richard Pfister wählte nämlich den Clos des Barbettes 2017 der Frères Gudet in Perroy zu seinem Liebling. Dieser feine, frische und ausgewogene Weisswein stammt aus einer nur 2300 Quadratmeter grossen Domäne, Erbe der beiden Brüder Olivier und André Gudet. Gut möglich, dass man künftig noch von ihnen hören wird…

Die Nominierten aus der Waadt Die Ausgabe 2018 des Grand Prix du Vin Suisse verzeichnete eine grössere Teilnehmerzahl als im Vorjahr, und dies trotz des historisch kleinen Jahrgangs 2017. Die Jurymitglieder, die eine Woche lang in Sierre tagten, verkosteten insgesamt 2867 Weine, produziert von 525 Kellereien aus allen Weinregionen der Schweiz. Wie im letzten Jahr gehörten 16 Waadtländer Weine zu den Finalisten, die für den zweiten Degustationsdurchgang Mitte August nominiert waren. Aufgrund dieses «Finales» wurde das definitive Klassement der 13 Kategorien erstellt, das anlässlich des Galaabends am 18. Oktober im Kursaal von Bern enthüllt wird. Die Waadtländer Produzenten sind in den erwarteten Kategorien vertreten. Fünf Chasselas – der Clos de la Dame 2017 der Domaine du Feuillerage und der Bérolon 2017 der Cave du Consul, beide aus Perroy, der Riex 2017 der Bourgeoisie de Fribourg, der Château d’Etoy 2017 der gleichnamigen Domäne sowie der Dézaley-Marsens «De la Tour» 2015 der Frères Dubois – werden bei den «Oscars» des Schweizer Weins vertreten sein. Begleitet werden sie von folgenden Weissweinen: der Réserve Saint-Jacques 2017 des Château de Valeyres in Valeyres-sous-Rances (bis heute der einzige Westschweizer Müller-Thurgau, der sich unter die Finalisten dieser Kategorie mischen konnte) sowie dem Gewürztraminer 2017 von der Domaine des Sieurs in Luins. Der Kanton Waadt platziert auch drei Nominierte in der Kategorie Rosé und Blanc de Noir: den Aigle Les Murailles Rosé 2017 von Badoux Vins in Aigle, den Rosé Gamay 2017 der Domaine de la Brazière in Tartegnin und den Rosé de Gamay von der Domaine de la Croix in Bursins. In der Kategorie Gamay wird die Waadtländer Ehre vom Gamay Barrique 2016 von Bolle & Cie in Morges verteidigt, aber auch vom (bereits letztes Jahr nominierten) Dézaley Grand Cru 2016 der Frères Dubois in Cully und dem Domaine de Chantemerle 2017 in Gilly. In der Kategorie Gamaret/Garanoir reüssierten Christophe Chappuis mit seinem Gamaret de Lavaux und die Cave de la Côte mit ihrer Gamaret Réserve Collection Inspiration, beide aus dem Jahrgang 2015. Der Merlot Château de Montagny 2016 der Propriétés de la Ville de Payerne vervollständigt die Liste der nominierten Waadtländer. AT Sämtliche Medaillengewinner des GPVS findet man auf: www.grandprixduvinsuisse.ch

www.mondialduchasselas.com

vested between 24th September and 15th October. After a warm and dry month of March, budburst was staggered and frost damage was observed in the most precocious zones. A warm month of May enabled the vines to catch up, but low mid-June temperatures caused problems during flowering, which produced a small harvest”. If we add to this that the summer was very hot and the start to autumn rather rainy, we have a complete meteorological panorama of this vintage which 20 years later performed

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so brilliantly at Mondial du Chasselas. This iconic estate of La Côte, that prides itself in the fact that vines were introduced there prior to the year 1000, was acquired by the Schenk family in 1945. Today, it stretches across almost 18 hectares and has been mainly (90%) planted to Chasselas. The 1998 wine, the winner of three trophies – its fantastic score of 97.2 points earned it the Best Rating and the Best Vaud Wine prizes – is the eldest of four successful siblings. The 2011, 2010 and 2007 vintages were all awarded

prizes at the 2018 competition. The estate manager, Philippe Schenk, explains that this excellent group performance reflects the estate’s choice of promoting old vintages. A special box has been created that presents all the Château de Châtagneréaz Premiers Grands Crus dating back to when the estate was assigned this prestigious appellation.

www.mondialduchasselas.com

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Selektion der Waadtländer Weine

Vor lauter Chasselas den Wald nicht sehen Pierre Thomas Fotos: Pascal Besnard

Mit ihren zehn verschiedenen Weinkategorien zeigt die jährlich stattfindende Selektion der Waadtländer Weine, dass es in der Waadt nicht nur Chasselas gibt. Auch wenn die identitätsstiftende Sorte gemäss offiziellem Ernteregister von 2017 genau 68,9% der Waadtländer Produktion ausmacht. Ein detaillierter Blick auf die Siegerliste.

«Das verleiht mir ein bisschen Bekanntheit gegenüber der Gesamtheit der Waadtländer Winzer. Und das zeigt, dass wir keine Hinterwäldler-Kellerei sind!» Der Sieger dieser Selektion, der gespielt bescheidene Winzer Eric Schopfer aus Champagne? Er gewinnt den Titel «Master Swiss Wine» für die allerhöchste Bewertung des Wettbewerbs: 93,4 von 100 Punkten für einen originellen Wein, einen Süsswein des Jahrgangs 2015 aus der interspezifischen Sorte Solaris, gekeltert aus getrockneten Trauben. Mitbeteiligt am Sieg sind neben dem Produzenten auch sein beratender Önologe Nicolas Ryser sowie sein Neffe Martial

Du Pasquier, der mit ihm den Keller in Concise teilt. Und nicht nur den Keller, denn den Siegerwein gibt es unter zwei Etiketten, eine auf den Namen Schopfer, die andere auf den Namen Du Pasquier lautend. Zweimal 600 kleine Flaschen, etikettiert als «Vin de Pays des Trois Lacs» von der Kellerei Champagnoux. Ein gutes Beispiel dafür, was die Selektion der Waadtländer Weine bietet: eine ganze Serie von Entdeckungen, in zehn verschiedenen Kategorien. Vier Goldund acht Silbermedaillen gingen an Süssweine (27 waren eingeschrieben). Hinter dem grossen Sieger klassierte sich der verblüffende, alkoholverstärkte

q Eric Schopfer, «Master Swiss Wine» und Pierre Keller, Präsident des OVV.

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Colino 2011 von Philippe Bovet, gefolgt von der Assemblage Larmes de Licorne 2015 (Doral, Pinot blanc und Pinot gris) von Bolle & Cie. Der Chasselas wird im grossen Stil geehrt Mitte Juni, bei der Verkündigung der Resultate, bat der neue Direktor des Office des Vins Vaudois (OVV), Benjamin Gehrig, die drei Finalisten jeder Kategorie auf die Bühne des Théâtre de Vidy in Lausanne, wo sie aus den Händen von Pierre Keller, dem scheidenden Präsidenten des OVV, ihre Diplome erhielten. q Maxime Dizerens: Sein Calamin

La Béguine wurde zum besten Chasselas des Jahrgangs 2017 erkoren.

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Selektion der Waadtländer Weine

Die drei Bestplatzierten in der mit 370 Teilnehmern am härtesten umkämpften Kategorie der Chasselas 2017: der Gewinner, der Calamin Grand Cru La Béguine von J. & M. Dizerens in Lutry, vor dem Grand Cru de Perroy AOC La Côte, Le Bérolon, von Laurent und Nicolas Martin, Cave du Consul in Perroy sowie dem Epes­ses AOC Lavaux, La Braise d’Enfer, der Frères Dubois in Cully. Hinter dem siegreichen Trio finden sich nicht weniger als 66 Gold- und 77 Silbermedaillen! Bei den Chasselas der Jahrgänge 2015 und 2016 – mit 36 Weinen zehnmal weniger gefragt – stammten die fünf bestplatzierten alle aus dem Jahrgang 2016, angeführt vom 1er Grand Cru de Vinzel, AOC La Côte, vinifiziert von Fabien Coucet von der Cave de la Côte, vor dem Luins AOC La Côte der Domaine de la Capite, Claude Berthet, in Vinzel, ex aequo mit dem Grand Cru d’Yvorne, AOC Chablais, La Baudelière von Stéphanie Delarze in Aigle, dem Féchy, AOC La Côte, von Richard Aguet in Féchy, Dritter ex aequo mit dem Dézaley-Marsens de La Tour, AOC Dézaley Grand Cru, der Frères Dubois in Cully. Diese fünf Weine waren die einzigen dieser Kategorie, die mit Gold ausgezeichnet wurden, dahinter folgten zehn Silbermedaillen.

Leider fehlt uns der Platz, um die kompletten Siegerlisten aller Kategorien aufzuführen. Sieger bei den anderen weissen Sorten (99 Weine, acht Goldund 19 Silbermedaillen) wurde der As de Cœur der Cave de Jolimont SA in Rolle, eine Assemblage aus Chardonnay, Charmont und Doral, «2017 zu gleichen Teilen zusammengesetzt», wie Thierry Ciampi, der Önologe der Gruppe Schenk, präzisiert. Bei den Roséweinen (65 Weine, nur zwei Gold- und vier Silbermedaillen) gewann der Gamaret-Garanoir 2017 vom Château de Vuillerens, Morges Grand Cru, AOC La Côte, vinifiziert von Hammel. Bei den Schaumweinen (17 Weine) gab es gar nur eine einzige Goldmedaille, und zwar für die erstaunliche Cuvée Antoine Saladin Brut (ohne Jahrgang), gekeltert aus 60% Garanoir und 40% Doral, 18 Monate in der Flasche ausgebaut, vom Château de Crans. Eine grosse Fülle verschiedener Rotweine Bei den Rotweinen, genauer: bei den Gamays (42 Weine) verlieh die Jury lediglich zwei Goldmedaillen (und sechs silberne), eine davon an den Sieger, Le Clos 2017, einen Grand Cru AOC Côtes-de-l’Orbe von Pierre-Yves Poget, Agiez. Bei den

Pinots noirs (67 Weine, sechs Gold- und 13 Silbermedaillen) waren die goldenen Auszeichnungen zahlreicher: Es gewann Alain Rolaz von der Domaine de Chantegrive in Gilly mit seinem Soprano 2016, AOC La Côte, vor dem Epesses Grand Cru 2017 AOC Lavaux von der Domaine Antoine Bovard und dem La Côte AOC 2016 von Yvan Parmelin, Domaine de La Croix, Bursins, der zusätzlich noch die Bio-Trophäe der Waadt gewann. Bei den anderen reinsortigen Rotweinen erhielten von 88 Proben zwölf Gold und 14 Silber; an der Spitze klassierte sich ein Duo von der Côte, der Galotta 2015 von Cédric Albiez aus Mont-sur-Rolle, ex aequo mit dem Gamaret Amazone 2017 von JeanJacques Steiner, Dully. Die roten Assemblagen waren ebenso zahlreich wie erfolgreich (126 Weine, zwölf Gold- und 23 Silbermedaillen) und wurden vom folgenden Quartett angeführt: Der 1807 Rouge 2016 von Martial Neyroud aus Blonay (die Postleitzahl erklärt die Nummer der Cuvée!), gekeltert aus Malbec, Gamaret und Garanoir, lag vor dem Diolinoir-Galotta 2015, Collection Agénor, von Reynald Parmelin, Domaine de La Capitaine in Begnins, auf dem dritten Platz folgte der Jomini Passions 2013, ein Diolinoir-Gamaret-Garanoir von Constant Jomini in Chexbres, ex aequo mit der Cuvée Charles-Auguste 2015 von der Domaine de Crochet, Charles Rolaz (Hammel), einer Assemblage aus Syrah, Cabernet franc und Cabernet Sauvignon, die zur Schatzkammer des Mémoire des Vins Suisses gehört (siehe S. 18). Zum Schluss verlieh Pierre Keller die Insignien des 15. «Commandeur de l'Ordre des Vins Vaudois» an Jérôme Aké Béda, den charism(edi)atischen Sommelier der Auberge de l’Onde in Saint-Saphorin. www.ovv.ch/selection-des-vins-vaudois

t Jérôme Aké Béda, der bedingungs-

lose Chasselas-Liebhaber, erhält den Titel «Commandeur de l'Ordre des Vins Vaudois».

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Rote Platin-Lorbeeren 2018

q Die Jury bei der Arbeit, im Bild (von

links): Pierre Monachon, Marie Linder und Marco Grognuz.

u Das siegreiche Duo: der

beratende Önologe Philippe Corthay (links) und Olivier Robert, der Önologe der CVB.

Der Norden triumphiert! Text und Fotos: Pascal Besnard Die erste Ausgabe der Lauriers de Platine rouge hatte ein Rotweintrio von der Côte ausgezeichnet, mit dem siegreichen Pinot noir Grand Cru der Domaine de Sarraux-Dessous 2015 (Bolle) an der Spitze. 2018 sieht das Resultat anders aus: Von den 16 selektionierten Weinproben, ausgewählt von den Experten von Terravin, stammten zehn aus den Appellationen Côtes de l’Orbe und Bonvillars, die zusammen nur etwas weniger als 10% der Waadtländer Rebfläche belegen! Am 17. Mai prüften zwei Dutzend versierte Nasen und Gaumen in Solothurn in einer sorgfältigen Blinddegustation die Weine und fällten ihr Verdikt: Die Lauriers de Platine rouge 2018 gehen an den Merlot Gourmand 2016 von der Cave des Viticulteurs in Bonvillars. Im zweiten Rang klassierte sich die Assemblage De

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Galléra 2016, produziert vom Duo Benjamin Morel und Frédéric Hostettler auf Château de Valeyres. Dritter und vierter wurden zwei Weine von Bernard Gauthey aus Arnex-sur-Orbe: der Gamaret Barrique und, ein Hauch dahinter, die Assemblage Merlot-Gamaret, beide 2016. Kurz zusammengefasst: ein Bonvillars vor drei Côtes de l’Orbe! Ein wahrer Triumph also für die Weinregionen im sogenannten Nord vaudois, aber keine wirkliche Überraschung. Der Erfolg der Region in Sachen Rotwein stammt nicht erst von gestern (1). Und die in Solothurn prämierten Winzer sind gewissermassen Stammgäste bei Siegerehrungen… Der Siegerwein, der Merlot Gourmand, illustriert aufs schönste das langfristige Engagement eines Trios von Persönlichkeiten, mit dem Ziel, die Appellation Bonvillars aus ihrem Dämmerzustand zu wecken: Präsident Daniel Taillefert,

Direktorin Sylvie Mayland und Olivier Robert, Önologe der Cave des Viticulteurs de Bonvillars (CVB). Eleganz und Finesse Olivier Robert hat den Erfolg in Solothurn als Überraschung empfunden. «Dieser Merlot ist alles, nur keine bête de concours, kein Blender. Was ihn auszeichnet, das sind seine Eleganz, seine Finesse. Er ist weder stark vom Holz geprägt noch besitzt er übermässig viel Schmelz. Dieses Jahr waren zwei unserer Weine bei den Lauriers de Platine rouge vertreten und es war unser Ziel, einen von beiden unter die besten zehn zu bringen (der zweite Wein der CVB war ein Gamay 2017, Anm. d. Red.). Die Linie «Gourmand» wurde 2007 kreiert. Die erste Merlotlese fand 2009 statt, im Jahr, als ich bei der Cave angefangen habe. Damals fürchtete ich, die 8000 mit Merlot bestockten

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t Auf den Ehrenplätzen: Frédéric

Hostettler vom Château de Valeyres wurde Zweiter, Bernard Gauthey, Arnex-sur-Orbe, klassierte sich im dritten und vierten Rang.

Quadratmeter, verteilt auf vier Parzellen, zwei grosse und zwei kleine, würden vegetabile Weine ergeben, doch das war nie der Fall. Die Erträge sind begrenzt auf 800 Gramm pro Quadratmeter und der Wein reift ein Jahr lang im Holz, in Barriques aus Bordeaux, von denen 20% neu sind.» Inmitten seiner technischen Erklärungen legt Olivier Robert besonderen Wert auf die entscheidende Rolle, die der beratende Önologe Philippe Corthay (siehe auch S. 4) bei der Vinifikation spielt:

«Für die ganze Weinlinie haben wir im Tandem gearbeitet, Philippe und ich. Das ist eine langjährige Partnerschaft. Eine Sache des Dialogs, nicht einfach das Umsetzen eines Rezepts.» Olivier Robert rechnet damit, dass die 4500 Flaschen des Merlot Gourmand 2016 schnell ausverkauft sind. «Das ist die Auswirkung der Lauriers de Platine. Für mich ist diese Auszeichnung mehr wert als viele andere. Die Selektionen von Terravin sind sehr streng, deshalb bedeutet dieser

Preis viel. Unser Merlot hat dieses Jahr auch eine Goldmedaille beim Mondial du Merlot erhalten. Die eine wie die andere Auszeichnung zeigen, dass dieser Wein auf dem richtigen Weg ist.» Für die Degustatoren von Solothurn natürlich eine klare Tatsache!

(1) Die Revue Le Guillon hat den Terroirs im Norden der Waadt ein ganzes Dossier gewidmet, und zwar in der Ausgabe Nr. 50.

Anlässlich der Degustation im Hotel Roter Turm hat Pierre Keller, Präsident des OVV, Kurt Fluri, Nationalrat und seit Urzeiten Solothurner Stadtpräsident, mit den Insignien des Commandeur de L’Ordre des Vins Vaudois ausgezeichnet. Kurt Fluri leitet die Stadt seit 1993! Pierre Keller erinnerte daran, dass Solothurn eine der Etappen am Rhone-Rhein-Kanal war, auf dem früher die Fährleute die in Morges geladenen Weine bis nach Basel transportierten. Kurt Fluri hat sich stark für die Veranstaltung «Yvorne grüsst Solothurn» eingesetzt, die mittlerweile zur «Route Gourmande Solothurn» geworden ist, ein kulturelles und gastronomisches Ereignis, das die Waadtländer Weine ins richtige Licht rückt. Solothurn zählt also mittlerweile zwei Commandeurs de l’Ordre des Vins Vaudois: Kurt Fluri und Andy Zaugg, den Sternekoch, der das beste Restaurant der Stadt Zum Alten Stephan bekanntmachte. PB

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Nous sommes heureux

de vous accueillir dans notre cave pour une visite ou une dégustation.

H orai r e s d’o u v ert ur e

Lundi à vendredi : 7h à 12h - 13h à 18h Samedi : 8h à 12h - 14h à 17h

Cave de la Crausaz – Bettems Frères sa Chemin de la Crausaz 3 – 1173 Féchy

Tél. 021 808 53 54 – www.cavedelacrausaz.ch


Internationale Weinconcours

Bevor Brüssel zu uns kommt… Es wird immer schwieriger, den Durchblick zu behalten bei den grossen internationalen Weinconcours. Doch die Schweizer Weine, und die Waadtländer im Besonderen, machen dabei weiterhin gute Figur. Und zum allerersten Mal wird nächstes Jahr der Concours Mondial von Brüssel, der seit zehn Jahren auf Reisen ist, in der Schweiz Halt machen, genauer: in Aigle!

Pierre Thomas Auch wenn ein Vergleich schwierig zu rechtfertigen ist, so unterschiedlich ist der Wert der Medaillen von einem Concours zum anderen, so ragen doch drei Weine aus der Masse heraus: Zuerst der Chasselas Le Petit Vignoble 2015, Yvorne AOC Chablais, von Badoux Vins. In seiner Kategorie (Schweizer Chasselas) ist ihm der Exploit gelungen, eine grosse Goldmedaille zu erringen, noch verdoppelt durch die Trophäe «Schweizer Entdeckung» beim Concours Mondial von Brüssel (CMB) in Haidian, im Grossraum von Peking im vergangenen Mai. Die Bestätigung kam dann in Québec, im Juni, wo er ebenfalls Gold holte. Bei den «Sélections mondiales des vins Canada» (so der offizielle Titel), wo Badoux als einziges Waadtländer Haus auf der Siegerliste figurierte, gewann Badoux total fünf Goldmedaillen (zusätzlich für den Chasselas Aigle Les Murailles AOC Chablais 2015 und 2016, für den Rosé Badoux 1908, Jahrgang 2017, und für den Lettres de Noblesse 2015, Saint-Saphorin AOC Lavaux, eine rote Assemblage aus Malbec und Cabernet franc). Merlots holen Gold und grosses Gold Zweitens die grosse Goldmedaille, gewonnen beim Mondial du Merlot in Sierre von Reynald Parmelin von der Domaine de La Capitaine in Begnins mit seinem biodynamischen Merlot Collection Agénor 2012, vervollständigt durch eine Goldmedaille für denselben Wein, aber aus dem Jahrgang 2015. Im gleichen Wettbewerb errang sein Bruder Yvan

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Parmelin von der Domaine de La Croix in Bursins Gold für seinen Merlot 2016, ebenso wie die Stadt Payerne für ihren Château de Montagny 2016, AOC Lavaux, das Château de Valeyres, AOC Côtesde-l’Orbe, für seinen Merlot Confidentiel 2016 und die Cave de Bonvillars aus der gleichnamigen AOC für ihren Merlot Gourmand 2016 – das ist übrigens derselbe, der einige Tage darauf die Lau­riers de Platine rouge von Terravin gewann (siehe S. 34-35). Drittens die Altesse 2016 vom Château de Trévelin, nahe Aubonne, vinifiziert von Hammel in Rolle, die Gold in London holte, und zwar bei den Decanter Awards, als einziger Waadtländer Wein unter den zehn besten Schweizer Weinen (drei Platin- und sieben Goldmedaillen). In London benotete die Jury, welche die Schweizer Weine bewertete, sehr grosszügig: Gold gab es für Weine mit 95 bis 96 Punkten, Platin ab 97 Punkten. Und Silber ab 90 Punkten: 60 Schweizer Weine, darunter sechs Waadtländer, wurden versilbert… Brüssel und Paris: starke Schweizer Beteiligung! Jeder Concours hat seinen eigenen Notenmassstab, seine Art zu bewerten, das sollte man nicht vergessen. Und jeder Produzent ist frei, daran teilzunehmen. So waren beim CMB in Peking 166 helvetische Crus präsent, in Paris bei den Vinalies internationales 150 (also mehr als Italien eingereicht hatte…). Bei den Vinalies von Paris schnitt Obrist gut ab,

mit zwei Goldmedaillen, eine für den Tour Rouge 2016, AOC Chablais, eine Assemblage aus Syrah, Gamaret und Garanoir, die andere für den Doral passerillé 2016 aus Yvorne. Die Cave de La Côte reüssierte mit ihrem Gamaret 2015, Inspiration Réserve. Ebenfalls Gold holte die Kooperative aus Tolochenaz beim CMB mit ihrer Galotta Cuvée Nr. 0, Jahrgang 2015. In diesem Concours, einem der wichtigsten der Welt, gingen die beiden anderen Waadtländer Goldmedaillen ins Chablais, eine an den Pinot noir Label Vigne d’Or, Yvorne Grand Cru 2016, der Artisans Vignerons d’Yvorne, die andere an den Diolinoir Les Œnocrates 2016 der Testuz SA. Die Önologen Frankreichs, die Organisatoren der Vinalies, stellen auch den Mondial du Rosé in der Provence auf die Beine, bei dem die Cave de La Côte zweimal Gold gewann, mit der Cuvée Les Sirènes 2017 auf der Basis von Garanoir sowie mit der Cuvée mit dem hübschen Namen Côte à côte 2017, einer Verbindung von Pinot noir und Gamaret. Die Cave de Jolimont SA (Gruppe Schenk) holte Gold mit ihrem Rosé As de Cœur 2017, einer Assemblage aus Gamay, Garanoir und Pinot noir, AOC Vaud. In Berlin holte dieselbe Kellerei Gold bei der Berliner Wein Trophy, und zwar mit dem Vin de Pays Suisse Ancora 2016 (Galotta-Merlot). In diesem Wettbewerb, in dem vor allem Basisweine oder für den deutschen Markt bestimmte Weine präsentiert werden, erhielt die neue gemeinsame (Deutschschweizer) Firma

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Internationale Weinconcours

von Garnier und Volg, die DiVino SA, drei Goldmedaillen für die Waadtländer Chasselas 2016 aus Yvorne AOC Chablais, Aigle AOC Chablais und Féchy AOC La Côte; der Féchy wird bei Lidl angeboten. Mitte Juli wurde das Haus Badoux Vins aus Aigle beim Concours Mondial des Vins Extrêmes in Aosta zur besten «Schweizer Kellerei» erkoren. Der in Amphoren ausgebaute Viognier d’Aigle Lettres de Noblesse 2016 gewann eine

grosse Goldmedaille, die einzige in dieser Kategorie. Drei weitere Goldmedaillen für Badoux-Weine der AOC Chablais vervollständigen das Bild: Ausgezeichnet wurden der Chasselas Petit Vignoble 2017 und der Pinot noir Lettres de No­ blesse 2015, beide aus Yvorne, sowie der Rosé Les Murailles 2015 aus Aigle. Ein einziger anderer Waadtländer Wein gewann ebenfalls Gold: der Dézaley Grand Cru 2016 der Domaine de la Chenalettaz,

Jean-François Chevalley, Treytorrens. Dabei hatte das Jahr 2018 schlecht begonnen beim Concours international du Gamay in Lyon, wo die einzige Schweizer Goldmedaille an einen Genfer Gamay ging, während sich zehn Waadtländer Weine mit Silber begnügen mussten – ausnahmsweise, denn in den vorangegangenen Ausgaben hatten sich die Waadtländer Gamays jeweils gut in Szene gesetzt.

Lausanne, a Wine Capital At the end of June this year, Lausanne joined the Great Wine Capitals (GWC), a global wine tourism network. The signing ceremony took place in Verona to the sound of the trumpets of Aida, the opera that is performed every summer in the city’s Roman Arena. A delegation of managers from the Tourism and Vaud Wine offices arrived by train from Lausanne, including the municipal councillor Natacha Litzistorf, the only woman delegate, who also holds the position of the director of Lausanne’s Housing, Environment and Architecture department. She signed the official GWC membership document before an international audience, in the hall of the Verona Chamber of Commerce. In English, she stressed how relevant membership was for Switzerland’s major state-owned vineyards that cover an area of 35 hectares across five estates in the La Côte and Lavaux regions. Only one city per country Earlier, Etienne Balestra, head of Parks and Estates, and Yann Stucki, of Vaud Wine Tourism, had attended one of the two ‘obligatory’ annual conferences for members. What then are the implications of Lausanne’s presence among the cities of Adelaide (Australia), Bilbao (Spain), Bordeaux (France), Mainz (Germany), Mendoza (Argentina), Porto (Portugal), Napa Valley (USA), Valparaiso (Chile), and Verona (Italy)? Catherine Leparmentier, director of the GWC headquartered in Bordeaux, made the point that “only cities of importance,

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situated in the heart of a vineyard region, with high quality tourist resources including business tourism, and whose wines enjoy broad recognition”, can qualify as members. Another major condition is “only one city per country”! She went on to say that, “Membership requires a dynamic new approach to the wine sector, including know-how and the sharing of knowledge and information, to help develop wine tourism. This means a proactive approach to boost this new economic sector”.

heading the new Vaud Wine Tourism project for the last five years, welcomed this approach as “a sign of inter-cantonal integration of wine tourism projects which will benefit from the excellent communication channels provided by the GWC network”. www.greatwinecapitals.com

International awards For the time being, with an annual budget of nearly CHF 200,000, Lausanne and the canton of Vaud have committed to entering four candidates to the international Best of Wine Tourism competition to be held beginning November, in Adelaide. The candidates will be selected from among the vineyard estates in the category, at the second Swiss Wine Tourism awards, whose winners will be announced on 12th September, in Féchy. The Vaud canton is also proposing to expand the reach of the project to include the whole of Swiss Romandy, and a July meeting has been scheduled to discuss the proposal. Yann Stucki, who has been

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Weintourismus

Die Kleine unter den Grossen der Welt In Verona, zu den Fanfarenklängen aus Aida, die wie jeden Sommer in der römischen Arena aufgeführt wird, wurde Lausanne Ende Juni im weltumspannenden weintouristischen Netzwerk «Great Wine Capitals» (GWC) aufgenommen.

Pierre Thomas Die Waadtländer Hauptstadt entsandte eine ansehnliche Delegation von Verantwortlichen aus den Bereichen Tourismus und Wein. Die einzige Frau der Delegation, die ebenfalls per Zug nach Verona reiste, war Stadträtin Natacha Litzistorf. Die Direktorin für Lausanner Wohnbau, Umwelt und Architektur unterzeichnete in der Aula der Handelskammer von Verona vor internationalem Publikum die offizielle GWC-Aufnahmeakte. Auf englisch unterstrich sie die Bedeutung, welche die Aufnahme in dieses Netzwerk für die wichtigste öffentliche Rebbesitzerin der Schweiz hat. Lausanne ist Eigentümerin von 35 Hektaren Reben,

verteilt auf fünf Domänen in den Regionen La Côte und Lavaux. Eine einzige Stadt pro Land Im Vorfeld hatten Etienne Balestra, Chef der Parkanlagen und Weindomänen der Stadt, und Yann Stucki, Projektleiter von Vaud Œnotourisme und lokaler Koordinator des Projekts GWC, an einer der beiden jährlich stattfindenden, für die Mitglieder «obligatorischen» Konferenzen teilgenommen. Doch was bedeutet die Präsenz von Lausanne an der Seite von Adelaide (Australien), Bilbao (Spanien), Bordeaux (Frankreich), Mainz (Deutschland), Mendoza (Argentinien), Porto (Portugal), Napa Valley (USA), Valparaiso (Chile) und Verona (Italien)? Catherine Leparmentier, Direktorin dieses «global network» mit Sitz in Bordeaux, erinnert daran, dass nur «bedeutende Städte im Herzen eines Weingebiets, die qualitativ hoch-

«Das ist ein Symbol für Zusammenarbeit in Sachen weintouristische Projekte. Das Netzwerk von GWS ist ein exzellenter Kommunikationskanal, um sie ins richtige Licht zu rücken.» Yann Stucki, Vaud Œnotourisme

t Eine ansehnliche Delegation von

© Elisa Goffredo

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Verantwortlichen aus den Bereichen Waadtländer Wein und Tourismus begleitete die Lausanner Stadträtin Natacha Litzistorf nach Verona.

stehende touristische Vorzüge inklusive Geschäftstourismus bieten und deren Weine anerkannt sind» auf eine Mitgliedschaft hoffen dürfen. Und, als drakonische Bedingung: Es darf nur eine Stadt pro Land mittun! «Der Beitritt verlangt Energie und eine andere Vision der Weinbranche, Savoir-faire und die Kapazität für Austausch, um den Weintourismus zu entwickeln. Das ist ein bewusster Ansatz zur Förderung dieses neuen wirtschaftlichen Sektors», erklärt die Verantwortliche aus Bordeaux. Internationale Auszeichnungen Inzwischen haben sich Lausanne und der Kanton Waadt mit einem jährlichen Budget von 200’000 Franken dazu verpflichtet, beim internationalen Concours Best of Wine Tourism, der Anfang November in Adelaide stattfindet, vier Kandidaten zu präsentieren. Diese Kandidaten werden bei der zweiten Verleihung des Schweizer Weintourismuspreises, der am 12. September 2018 in Féchy durchgeführt wird, aus den Weingütern dieser Kategorie ausgewählt. Die Waadtländer haben auch die Absicht, den Kreis für die ganze Westschweiz zu öffnen. Eine Zusammenkunft in diesem Sinn hat im Juli stattgefunden: «Das ist ein Symbol für interkantonale Zusammenarbeit in Sachen weintouristische Projekte. Das Netzwerk von GWC ist ein exzellenter Kommunikationskanal, um sie ins richtige Licht zu rücken», freut sich Yann Stucki, seit fünf Jahren als Pionier zuständig für Vaud Œnotourisme. www.greatwinecapitals.com

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Terroirprodukte

Der ÂŤBouchon VaudoisÂť feiert seinen 70. Geburtstag

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Es ist eine Nascherei, die sich seit ihrer Erfindung kaum verändert hat. Der mit Mandelschokolade gefüllte knusprige Korken, aromatisiert mit dem Bitter des Diablerets, ist eine emblematische Spezialität des Kantons Waadt – und muss paradoxerweise ihre Adelsbriefe zurückgewinnen. Eine beschwerliche Arbeit. Doch ihr Ruf ist intakt. Pierre-Etienne Joye Fotos: Sandra Culand Schon allein diese berühmte zylindrische Dose aus Weissblech, die Form und Zeichnung eines Korkens imitiert. In mehreren Grössen erhältlich, gefüllt mit diesen unnachahmlichen «Bouchons» in ihrer charakteristischen Form, eingehüllt in transparentes, in den Kantonsfarben Grün und Weiss gestreiftes Zellophanpapier. Nun, diese Dose, selbst ebenso registriert und geschützt wie der «Bouchon» selbst, thront nicht selten seit Urzeiten auf den Buffets der Einwohner der Waadt – ebenso wie auf den Etageren der Emigranten. Das Geschenk wird aufbewahrt, wie ein Symbol.

Die Anekdote einer Erfindung Die Geschichte der Erfindung dieser Köstlichkeit in Form und Grösse eines echten Naturkorkens wird gerne erzählt. Es ist eine Geschichte, die etwas von einer Legende hat. Doch verderben wir uns nicht das Vergnügen: 1948 soll alles angefangen haben. Der damalige Präsident der Waadtländer Konditoren und Patissiers versammelte mehrere seiner Kollegen rund um ein Fondue. Er wollte eine unverkennbare, typische süsse Spezialität kreieren. Nur harzig wurden Ideen gesammelt. Doch plötzlich schnappte sich der Präsident voller Enthusiasmus den Korkzapfen der Flasche,

 Nicht weniger als 15 Handgriffe werden benötigt…

Kurzgefasstes Rezept Nein, wir werden die 15 Arbeitsschritte nicht detailliert aufführen, dabei würden wir graue Haare bekommen. Es genügt zu wissen, dass ein Bouchon Vaudois zuallererst die Herstellung der Hülle verlangt, mechanisch oder von Hand, wie eine feine Meringue oder ein Macaron (Zucker, Mandeln und Eiweiss). Halb japanisches Biskuit, halb Waffel. Diese hohlen Korken werden anschliessend von innen tapeziert mit geschmolzener Schokolade, die dann hart wird. Das verhindert, dass das Biskuit weich wird. Danach kommt die Garnitur, mit dem Spritzsack, zusammengesetzt aus einer Farce aus gezuckertem Mandelpuder, Schokolade und einem Schuss Bitter des Diablerets für den Geschmack, aber auch, um die Haltbarkeit zu garantieren. Zum Schluss werden die beiden Enden mit zerkleinerten und karamellisierten Mandeln verschlossen. PEJ

Die Herstellung ist mühselig, aber das Produkt absolut köstlich!

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Terroirprodukte

Ein Kork mit Bittergeschmack Als unerlässlicher Bestandteil des Bouchon Vaudois, ist er allein eine Geschichte wert und steht in der Tradition der grossen bitteren Aperitifgetränke von Stil eines Picon oder Byrrh, die im 19. Jahrhundert populär wurden. Auch der Bitter des Diablerets ist ein Waadtländer, wurde 1876 geboren und auf der Basis von Bergkräutern und -wurzeln (darunter Enzian), aber auch Orangenschalen konzipiert. Für eine kurze Zeit ist er verschwunden und musste kurzfristig ersetzt werden in der Zusammensetzung des Bouchon Vaudois. Seine Liebhaber geniessen ihn mittlerweile in einer rehabilitierten und verwandten Version namens «Diabolique». Doch das Original besitzt für Puristen sämtliche Vorzüge, vor allem, wenn Jacques Chessex es in seinem Portrait des vaudois beschreibt: «Diablerets! Ein herber, bitterer, süsser Schluck, eine himmlische Handvoll Alpkräuter unter der Kaskade und den Alpen mit kahlrasiertem Schädel wie Bronzefiguren…» PEJ 

die zum Fondue geleert wurde, und rief: «Heureka, das ist es! Wir werden Korken produzieren!» Worauf die Kollegen präzisierten: «Waadtländer Korken!» So weit die Anekdote. Doch nun musste man ihn zubereiten, diesen Korken. Und das war kein Honiglecken – und ist es bis heute nicht, trotz der kleinen Revoluti-

Christian Boillat

on von 2012. Damals wurde nämlich das Rollen der Hülle mechanisiert. Die Arbeit bleibt aber beachtlich, was den Eifer der patentierten Fabrikanten etwas zügelt. Eine neue Dynamik? Sein Image müsste vielleicht auch wieder aufpoliert werden, trotz seines rela-

tiven Erfolgs. Christian Boillat, Konditor in Saint-Prex und Garant der Authentizitätscharta der «Bouchons Vaudois», nimmt kein Blatt vor den Mund: «Seit 32 Jahren produziere ich Waadtländer Korken. Seit meiner Lehre. Das ist ein vollkommen authentisches, kantonales Terroirprodukt mit einem guten Ruf.

The Sweet Crunchy Bouchon Vaudois Celebrates its 70th Birthday It’s a sweet treat that has changed very little since it was first made. A typical speciality of the Vaud canton, this little cork-shaped delicacy with a chocolatey almond filling and flavoured with Bitter des Diablerets (a typical spirit from the Swiss Alps), needs to win back its former glory and regain market share. That’ll be hard work, but luckily its reputation has remained intact.

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They come in different sized white, cylindrically-shaped metal boxes which also imitate the shape of a cork. Each Bouchon (French for cork) is wrapped in green- and white-striped transparent paper, reminiscent of the colours of the cantonal flag. These boxes, which are registered and

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Terroirprodukte

Süssigkeiten in Korkenform von anderswo Wer hat wen kopiert? Es scheint, der 70 Jahre alte Bouchon Vaudois stehe am Ausgangspunkt vergleichbarer Produkte. Imitation oder Gleichwertigkeit, auf alle Fälle hat die Confiserie-Branche hier parallele Schaufenster in den verschiedenen Weinregionen errichtet. Wie der Reflex eines Vorzeigeprodukts, projiziert als Schatten eines süssen Bonbons. Als Korken im vorliegenden Fall. Die berühmtesten sind die Bouchons de Bordeaux, gefüllt mit parfümierter Mandelmasse und in Fine de Bordeaux eingelegten Trauben. Die Marke dekliniert ihre Trouvaillen mit Armagnac, Cognac, Marc de Provence oder Baumnussschnaps. Tüte oder Schachtel in Korkenform. Weiter nördlich findet man die Bouchons du Beaujolais, eine süsse Pralinendelikatesse, bereitet aus Eiweiss und Haselnüssen. Nicht weit davon entfernt, enthält der Bouchon Mâconnais Marc de Bourgogne. Auch einen Bouchon de Champagne gibt es: schwarze Schokolade mit einem Hohlraum, gefüllt mit Marc der Region. Die Bouchons Lyonnais dagegen sind eine ganz andere Geschichte. In diesen geselligen Gaststätten mit ihren eng beieinanderstehenden Tischen gibt man sich der reichhaltigen lokalen Küche hin – ein Paradies für Schlemmer! PEJ 

Marc-Henri Tavel

Man müsste aber versuchen, es etwas zu verjüngen, denn sein Image ist heute trotz allem etwas angestaubt. Angesichts all der Arbeit, die man auf diesen kleinen Korken verwenden muss, fehlt der Mut, ihn wieder richtig zu propagieren. Doch es steht nicht zur Debatte, das (geschützte und unveränderliche) Rezept anzupassen oder dem Produkt ein neues Design zu verschaffen.» In der Tat ist der «Bouchon Vaudois» mehr als nur ein Symbol, er ist die Seele eines guten Teils des Kantons Waadt. Es wurden so-

gar Gedichte zu seinen Ehren verfasst: «…Gourmets écoutez-moi: dans ces bouchons magiques – Vous trouverez des goûts variés à foison – Amandes, chocolat, sucre de Jamaïque – Ces bouchons qu’on vous offre sont de bonnes maisons.»

protected as is the Bouchon itself, have long been proudly displayed on dressers in Vaudois homes, or in the homes of expatriates. They serve as a keepsake and a symbol.

a fondue. He wanted to create a typical sweet speciality. Ideas were rather slow in coming. Then suddenly, the president grabbed the cork belonging to the bottle that had been served to accompany the fondue and exclaimed: “Eureke, I’ve found it. We’re going to make Bouchons!” and the others added: “Vaud ones!”. So much for the anecdote. Then came the hard part. They had to make them and that was no easy matter, and it’s no different today despite the mini-revolution of 2012 which has automated the process of rolling the casing. It’s a lot of work, which

An anecdotal invention There’s a nice story about the invention of this delicacy, the size and shape of a real wine cork. It’s probably largely anecdotal but we can still enjoy it! They say it all started in 1948. The then president of the Vaud Confectionery Chefs society invited some of his fellow members for

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Eine Sisyphus-Arbeit Wo also harzt es bei dieser unumgänglichen Spezialität? Bei der Fabrikation. Die fast ans Unmögliche grenzt. Die Zuckerbäcker, die autorisiert sind, den

«Bouchon» zu produzieren, sind alle derselben Meinung. Trotz der Maschine der Firma Afiro, die einen Teil des Savoirfaires einigermassen revolutioniert hat? Ja, trotzdem. Die Herstellung des köstlichen «Bouchons», obwohl teilweise mechanisiert, verlangt aussergewöhnlich viel Handarbeit und riesige Erfahrung. Etwa 15 Handgriffe sind nötig, bis ein Exemplar der berühmten Nascherei entsteht. Marc-Henri Tavel, Konditor im Romantica in Lausanne, räumt ein, es brauche viel Zeit, um die «Bouchons»

sometimes dampens the enthusiasm of authorised confectioners. New dynamism? Even though they are still relatively successful, their image could be improved. Christian Boillat, a confectionery chef in Saint-Prex and guarantor of the authenticity charter of the Bouchons is very clear on this point: “I’ve been making them for 32 years, ever since my apprenticeship. They are products of our region, completely authentic, and enjoy a good reputation. Their image is somewhat old-

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herzustellen. Ausserdem seien 70 Jahre schon etwas Besonderes. Aber damit hat es sich: «Der Geburtstag wird nicht im Kreis unserer Mitglieder gefeiert, von denen einige demotiviert und gestresst sind. Darunter leidet auch das Vereinsleben, alle müssen für ihren eigenen Betrieb kämpfen. Es stimmt aber, dass das Image des Produkts sich weiterentwickeln und attraktiver werden sollte.» Marc-Henri Tavel weist auf ein Paradox hin: «Der Bouchon Vaudois ist in der Deutschschweiz besser bekannt als bei

uns. Wenn ein Deutschschweizer in die Waadt kommt, will er mit Bouchons Vaudois in ihrer Metallbüchse heimkehren, in der er später dann Zucker oder Stifte aufbewahrt. Dieses Waadtländer Emblem steht danach zwanzig Jahre lang auf dem Schreibtisch…» Also, degustieren wir ihn endlich, diesen famosen süssen Korkzapfen! Er passt perfekt zu Kaffee oder zu einem Waadtländer Likörwein, der nicht selten in Flaschen angeboten wird mit einem… Drehverschluss!

Begegnung mit Nicolas Nessi, Confiseur an der Place de la Sallaz in Lausanne Wenn man vom Bouchon Vaudois spricht, betonen alle die Riesenarbeit, die dahintersteckt, nicht wahr? Nicolas Nessi: Natürlich, es ist tatsächlich viel Arbeit und auch ein bisschen kompliziert. Aber ich glaube nicht, dass er in Gefahr ist. Man muss aber einräumen, dass sich auf geschmacklichem Niveau seit der Mechanisierung bei der Hülle ein bisschen etwas geändert hat. Man hat vielleicht einer gewissen Vereinfachung in der Produktion den Vorzug gegeben, auf Kosten der Knusprigkeit des Biskuits und der Haltbarkeit. Das Produkt scheint nicht bereit zu sein für eine erneute Evolution… Es ist kaum bekannt, aber neben der mechanischen Mini-Revolution von 2012 wurde die Süssigkeit schon seit ihren Anfängen modifiziert. In den ersten Jahren füllten die Konditoren die Biskuitröllchen noch mit einer karamellisierten Mandel. Es ist der ehemalige Patron hier, der mir das erzählt hat; er gehörte zur Equipe, die den Bouchon 1948 kreiert hat. Und auf dem Niveau seines Images, seiner Zukunft? Wir diskutieren häufig darüber. Bei jeder Versammlung kommt das erneut aufs Tapet. Aber nichts bewegt sich. Man darf nicht an den Bouchon Vaudois rühren.

fashioned; we should try to give them a new lease of life. A lot of work goes into the fabrication of these little Bouchons, so we are a bit wary of putting them centre stage. However, no question of tweaking the original recipe, which is protected and fixed, nor of giving the product a new look”. In fact, the Bouchon is more than a well-known symbol; it’s the soul of a good part of the Vaud canton and poems have been written in its honour.

A Herculian task So, what’s the problem with this sine qua non speciality? It’s the fabrication. It’s very challenging. The authorised confectionery chefs all agree on that point, even though a machine (made by the social enterprise Afiro) has somewhat revolutionised a part of the fabrication process. Production requires exceptional competence and experience, even if now part of the process has been automated. About 15 twists of the hand are needed to produce a single piece. Marc-Henri Tavel, the confectionery chef at Romantica in

Lausanne, admits that it takes a lot of time to make the Bouchons and their image must be brought up to date to make them more attractive for today’s consumers. He also points out the paradox that the Bouchon Vaudois is better known in the German-speaking part of Switzerland. When Swiss Germans visit our canton, they’ll invariably leave with a box of Bouchons Vaudois, and the metal box will later be used for storing pencils or sugar. That emblem of Vaud will then lie around for the next twenty years on their desks.

Nicolas Nessi

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Eben so wenig wie an seine Metalldose, die zu einer Institution geworden ist. Vorher war die Verpackung aus Karton. Der Wechsel zum Metall fand 1998 statt, zum 50. Geburtstag… Sie sehen, es gibt durchaus kleine Evolutionen. Telefonisches Gespräch mit Lucien Moutarlier, Konditor in Chexbres, Lutry, Lausanne und Montreux Sie sind ursprünglich Franzose, in Nantes geboren, und kamen im Alter von 23 Jahren in die Region von Lausanne. Was hatten Sie damals für eine Beziehung zum Bouchon Vaudois? Lucien Moutarlier: Ja, das ist nun fast 40 Jahre her – ich hatte keinen Schock, als ich zum ersten Mal dieses Ausnahmeprodukt realisieren sollte. Es ist zugleich simpel und kompliziert. Und es verlangt keine anderen oder besonderen Grundlagen in Sachen Konditorhandwerk. Aber die Herstellung dauert sehr lange, das stimmt. Wir zählen unsere Stunden nicht. War das Jahr 2012 bedeutend für Sie punkto Herstellung? Die Mechanisierung hat die Arbeit erleichtert, ohne allerdings wirklich top zu sein. Die Qualität ist ganz leicht gesunken. Wir mussten das Rezept an die neue Waffel anpassen, die aus der Maschine kommt, nach einem deutschen Rezept.

Well, let’s finally taste this Bouchon. It goes very well with a cup of coffee or a sweet wine from our canton - which comes in a bottle with a… screw top! The recipe in a nutshell We’re not going to go into the detail of the 15 twists of the hand for that would make our hair go grey. What’s important to know is that first an outer case is made, rolled by hand or mechanically, like a fine meringue or a macaron coating (sugar-almonds-egg whites). These hollow Bouchons are then lined with melted

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Lucien Moutarlier

Vorher war das allerdings ein Kinderspiel: Die Hülle bestand aus Zucker, Mandelpuder und Eiweiss. Doch man musste das Biskuit mithilfe eines Stockes in die Form eines Korkens rollen. Das neue Rezept hat manche Kunden abgeschreckt… zu Anfang. Sind denn die Liebhaber dem Bouchon Vaudois treu geblieben? Die Nachfrage ist in der Tat immer noch da. Als Firmengeschenk, Sendungen von

Familien ins Ausland, Gastgeschenke. Die Exportversuche waren nicht wirklich erfolgreich. Man muss aber anerkennen, dass die Spezialität nach 70 Jahren der Existenz immer noch gut dasteht. Und für viele Leute ist der Bouchon Vaudois gewissermassen eine Madeleine von Proust.

chocolate which sets so that the outer biscuit case doesn’t go soft. Then comes the filling of ground almonds, chocolate, and a squirt of Bitter des Diablerets, which both flavours and preserves. Finally, the two ends are closed with crushed caramelised almonds.

ritifs like Picon or Byrrh. Made in Vaud, since 1876, Bitter des Diablerets is based on mountain herbs, plants and roots – including the gentian – and orange peel. At one point, it had briefly disappeared and had to be replaced in the fabrication of the Bouchon. Today, Bitter fans can also enjoy a new version called Diabolique. The original spirit is still favoured by purists and has been celebrated by the writer Jacques Chessex who describes it in his book, Portait des Vaudois (A Portrait of the Inhabitants of Vaud).

Bouchons flavoured with Bitter des Diablerets This indispensable ingredient has a story of its own. It follows on the tradition of the famous 19th-century bitter ape-

Wo kann man Bouchons Vaudois kaufen? www.lesconfiseursromands.ch

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Jahrgänge

Neue Kleider für alte Crus

«Die Erfahrung zeigt, dass viele Weinliebhaber, aber auch Medienleute, gerade aus dem Ausland, gereifte Chasselas gegenüber den jungen, frischen Weinen des traditionellen Konsums vorziehen», konstatiert Philippe Schenk. «Die Kommerzialisierung alter Jahrgänge ist keine Neuheit, aber wir möchten weg von diesem Stadium, das man als Nischenangebot bezeichnen könnte, hin zu einer besser an die Bedürfnisse der Kundschaft angepassten Auswahl.» Eine echte Vermarktungspolitik von gereiften Weinen aus den wichtigsten Domänen des Hauses Schenk ist für 2019 vorgesehen. In der Zwischenzeit agiert das Château de Châtagneréaz als Pionier. «Seine aussergewöhnlichen Resultate beim letzten Mondial du Chasselas (Sieg in der Kategorie der alten Jahrgänge mit dem 1998er sowie Goldmedaillen für die Jahrgänge 2011, 2010 und 2007, Anm. d. Red.) fallen mit der Lancierung von zwei Kollektions-Köfferchen zusammen», fährt der Leiter des Châteaus fort. Einer der beiden Kartons umfasst sechs Flaschen des Jahrgangs 2011, der zweite bietet eine «Vertikale» von sechs Jahrgängen dieses prestigereichen Premier Grand Cru Vaudois (2011 bis 2016); verkauft werden sie zum Preis von 175 beziehungsweise 130 Franken. Die Verfügbarkeit ist gesichert, wurden doch jedes Jahr mehrere Tausend Flaschen auf die Seite gelegt, doch die Frage des Preises erregt Aufmerksamkeit. Selbstverständlich muss man die Lagerkosten miteinberechnen, ebenso wie die Werbeauslagen für dieses relativ neue

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©Bertrand Rey

Alexandre Truffer

Das Interesse für alte Chasselas-Jahrgänge steigt stetig. Um die wachsende Nachfrage zu befriedigen und während der Wartezeit auf ein echtes und umfassendes Verkaufskonzept für gereifte Weine, bieten gewisse Produzenten Köfferchen mit mehreren Jahrgängen eines Klassikers an.

 Philippe Schenk und Tony Heubi präsentieren ein Kistchen Château de Châtagneréaz.

Konzept. «Abgesehen von einer kleinen Gruppe von Kennern, sind die Kunden nicht vertraut mit dieser Art von Weinen. Deshalb muss eine gewisse Anzahl von Flaschen für die Degustation geopfert werden; man muss den Leute den Wein zu probieren geben, wenn man ihn verkaufen will. Sobald das Potential dieses reifen Chasselas einmal anerkannt ist, wird sich dieses Verhältnis verbessern, doch das braucht Zeit.» Eines ist sicher: Die Verluste aufgrund des Flaschenverschlusses sind limitiert. «Wir haben einige wenige Flaschen mit Korkfehler entdeckt unter den Tausenden, die wir gelagert haben. Beim Dreh-

verschluss liegt das Risiko dagegen fast bei Null. Zwischen 1992 und 1997 konnten die Dichtungen der ersten Drehverschlüsse bisweilen reduktive Fehltöne im Wein verursachen, doch dieses Problem ist seit fast zwei Jahrzehnten gelöst», schliesst Philippe Schenk. Trotzdem empfiehlt er, zehn, 15 oder 20 Jahre alte Weine in eine Karaffe umzufüllen und ihnen etwa eine halbe Stunde Zeit zu geben, damit sie ihr ganzes aromatisches Potential entfalten können. Eine Vertikal des «Vase n° 4» In den 2000er-Jahren wurde der Chasselas in der Presse ständig kritisiert

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und von den Sommeliers links liegen gelassen. Die Frères Dubois, wichtige Akteure in den prestigereichen LavauxAppellationen, entschieden damals, einen neuen Wein zu produzieren, der das grosse Alterungspotential der Sorte ausdrücken sollte: «Wir schufen diese Spezialréserve, eine Selektion unserer ältesten Rebparzellen. Sechs Monate lang auf den Feinhefen ausgebaut, wird der Wein danach in ein Holzfuder umgezogen, ins berühmte Vase numéro 4 eben, wo er zwölf Monate lang in aller Ruhe reifen kann. Dieser Wein wird ein Jahr nach den anderen Chasselasweinen des Guts abgefüllt», erklärt Grégoire Dubois. 2012 verkaufte das Haus eine begrenzte Anzahl einer Kiste mit den zehn ersten Jahrgängen der Spezialität, die der ganze Stolz der Domäne ist. Die Kundschaft lässt sich gewinnen und

verlangt Nachschub. So beschliesst die Kellerei in Cully, die Übung 2018 zu wiederholen. «Unsere neue Vertikale des Vase n° 4 umfasst die Jahrgänge 2006 bis 2015. Wir haben uns für eine Kiste mit abnehmbarem Deckel entschieden, denn wir haben gemerkt, dass viele unserer

Kunden die Weine nach und nach degustieren, um dann die bereits verkosteten Flaschen bei uns nachzukaufen und die ursprüngliche Kollektion wieder zu vervollständigen.» www.lfd.ch / www.chatagnereaz.ch

©Pascal Besnard

Die Pioniere aus dem Dézaley «Schon seit der Gründung der Baronnie du Dézaley wollten wir die Weine der neun Gründungsmitglieder gemeinsam präsentieren. So drängte sich die Idee einer Holzkiste auf, denn sie bietet im ©Siffert/weinweltfoto.ch Vergleich zu einem simplen Karton einen deutlichen Mehrwert», erklärt Luc Massy, Präsident der Baronnie du Dézaley, die heute elf Produzenten der berühmtesten Schweizer AOC umfasst. Seit 1995 offeriert die Baronnie ihrer Kundschaft Jahr für Jahr zwischen 300 und 360 Kisten. «Ein Teil der Käufer hat diese Kiste erworben, um den Wein altern zu lassen, die anderen benutzten sie vor allem zu Beginn, um Vergleiche zwischen den verschiedenen Produzenten anzustellen. Einige Kunden haben die zwölf Flaschen zusammen mit Freunden anlässlich eines Dézaley-Abends verkostet und uns danach präzise Degustationsberichte und Fotos geschickt», erzählt der Besitzer des Clos du Boux. Der Preis der Weinkiste ist übrigens nicht explodiert, sondern bloss der Entwicklung des Marktes gefolgt und damit um hundert Franken teurer geworden – und das in fast einem Vierteljahrhundert. www.baronnie.ch

 Frédéric und Grégoire Dubois

New Boxes for Mature Wines According to Philippe Schenk, the administrator at Château de Châtagneréaz: “Experience has shown that a lot of wine lovers prefer mature Chasselas to wines that are fresh and young. Marketing vintage wines is not new to us, but we want to move up to offering consumers products that are better adapted to their needs”. The marketing of Schenk wines for keeping will be implemented in 2019. In the meantime, Château de Châtagneréaz is launching two new

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Collection boxes. One contains six bottles of the 2011 vintage, and the other contains six vertically arranged bottles of the 2011 - 2016 vintages of this Premier Grand Cru Vaudois. In the early 2000s, Les Frères Dubois started producing a new wine that reveals the full potential of Chasselas. Grégoire Dubois explains: “This special reserve is matured on lees for six months in vats, and is then transferred into Vase numéro 4 (a large oak barrel),

where it ages for about twelve months. This wine is bottled one year later than the other Chasselas wines of the estate”. In 2012, the company launched a box with the first ten vintages of this wine. It was a great success and clients requested more. The company therefore decided to repeat the offer in 2018. This new Vase 4-aged collection covers the years 2006 - 2015. www.lfd.ch – www.chatagnereaz.ch

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© LT/Urs Achermann

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Weinbaugebiete

Chasselas von jenseits des Sees Pierre Thomas Fotos: Philippe Dutoit

Man geniesst nirgendwo einen schöneren Blick auf die Rebberge der Côte als vom hochsavoyischen Chablais aus. Doch abgesehen vom Lac Léman und dem Chasselas, hat die grösste Waadtländer Weinregion wenig gemein mit der kleinsten Savoyens. Ein Augenschein in den Kellern jenseits des Sees.

«Im Komitee des Chablais gourmand* hat mich ein Winzer eines Tages gefragt: Sag mal, schaffst du es, deinen Wein zu verkaufen?», amüsiert sich Samuel Delalex noch heute, er, der zusammen mit seinem Bruder Benoît die neun Hek-

taren des Familienbetriebs in Marin kultiviert, auf halbem Weg zwischen Evian und Thonon in der Höhe gelegen. Das ist die Hälfte der Rebfläche dieser geografischen Herkunftsbezeichnung, die 1983 im Rahmen der Appellation d’origine

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Benoît, Claude und Samuel Delalex

contrôlée «Vin de Savoie» akzeptiert wurde. Letztere, so gross wie verstreut, reicht bis nach Grenoble; die Hänge am Léman machen lediglich bescheidene 8% der AOC aus. Ein Clos mit «Fendant roux» Der Papa, der 78-jährige Claude Delalex, ist nach wie vor präsent und ausgesprochen rüstig; gerne zeigt er uns den Keller, der in einem alten, mit hölzernen Skulpturen, wie man sie im Aostatal sieht, verzierten Landhaus untergebracht ist. Sein ganzer Stolz ist der Clos du Pont, eine 1981 mit «Fendant roux» bestockte Parzelle in einem Mäander der Dranse, direkt hinter Thonon. Der Fluss soll gezähmt werden, eben wurde das Dekret erlassen. Doch die pharaonischen Arbeiten werden das Weinbaugebiet am Fuss eines kürzlich ebenfalls bestockten Abhangs verschonen. Der 2017er ist lebhaft und von schöner Fülle, er besitzt einen gewissen Schmelz sowie eine Bittermandelnote im Finale. Der Tradition 2015 bewegt sich auf derselben Linie, mit eigenen Hefen vergoren und nach dem Willen des Winzers zwei Jahre lang im Keller behalten. «Die Kunden wollen immer den neusten Jahrgang. Wenn man ihnen einen älteren vorschlägt, meinen sie, man habe keinen Erfolg beim Verkauf!», kommentiert Samuel. Die Familie Delalex liefert in die ganze Region, am liebsten *«Chablais gourmand» existiert seit 15 Jahren und versammelt gute Adressen aus den «drei Chablais» (dem Waadtländer, dem Walliser und dem Hochsavoyer Chablais): www.123chablais.com

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in Restaurants «mit einem Sommelier, der den Wein zu erklären versteht.» Der Clos du Pont 2012 hat sich bestens gehalten, er bleibt voller Spannung, frisch und geprägt von mineralischen Noten. Das Geheimnis dieser Lebhaftigkeit? Der Verzicht auf biologischen Säureabbau! «Die Schweizer verstehen das nicht. Dieser Wein unterscheidet sich zu sehr von dem, was sie machen. Sie sind chauvinistisch. Ich verkaufe keinen einzigen Karton an Schweizer. Wir sind hier so etwas wie die letzten Mohikaner…!» Ripaille und sein perlender Chasselas Auf Château de Ripaille, das die Gotik vom Beginn des 15. Jahrhunderts mit dem Jugendstil seiner umfassenden Renovation zu Beginn des 20. Jahrhunderts mischt, ist man der Schweiz sehr nahe. Das Weingut, das rund hundert Hektaren Land umfasst, darunter einen ausgedehnten Wald, Landwirtschaftsland sowie 15 Hektaren Reben, gesäumt von einer Mauer, und weitere fünf ausserhalb, zeigt auf den See. Die Rebberge wurden nach der Reblauskrise fast ausschliesslich mit Chasselas neu bestockt, insgesamt 18 Hektaren, dazu kommen je eine Hektare mit Gamay und mit Pinot noir. Besitzerin ist die Familie Necker, t Paule und Louis Necker vor

dem Schloss Ripaille.

Chasselas de Savoie Samuel and Benoît Delalex cultivate the 9 hectares of their family vineyard in Marin, Savoie, on the slopes half-way between Evian and Thonon. The surface area covers half of the Marin geographic denomination, which was recognised in 1983 and included in the appellation d’origine contrôlée (AOC) Vin de Savoie. The huge and fragmented Marin area extends up to Grenoble; the shores of Lake Geneva represent only 8% of the AOC. Their 78-year-old father, Claude Delalex,

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is still going strong and takes visitors around the winery, situated in a former rural building and decorated with wooden sculptures like those one sees in the Aosta Valley. He takes great pride in Clos du Pont, a parcel planted to Fendant Roux in 1981, in a meander of the River Dranse, just behind Thonon. Although a project to tame the river has been given the go-ahead, the huge works should spare the vineyard at the foot of the slope, was planted long time ago. The

2017 vintage is lively, full, and slightly creamy, with a final note of bitter almonds. Tradition 2015 is much the same; fermented on native yeast and stored two years in the cellar, according to the winegrower’s specifications. Samuel explains that “clients tend to ask for the most recent vintage. They think that if we propose an older one it’s because it hasn’t sold well!” The Delalex family deliver their wines throughout the region, preferably to restaurants with a sommelier

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Weinbaugebiete

mittels einer von Louis Necker (Anwalt und ehemals Direktor des ethnographischen Museums Genf) präsidierten Stiftung, die enge Beziehungen zu Lausanne hat. Louis Neckers Ehefrau Paule, kanadische Agronomin und in Changins ausgebildete Önologin, die auch bei JeanRené Germanier in Vétroz gearbeitet hat, produziert den Chasselas, der hier den biologischen Säureabbau durchmacht. Dank dem Tourismus und den Besuchern des imposanten Schlosses vor den Toren von Thonon finden die rund 140’000 Flaschen ihre Abnehmer. Beim 2016er erkennt man den «Schweizer Stil» mit leichter Spritzigkeit, Noten von Lindenblüten, schöner Fülle im Gaumen und einem ausgeprägten mineralischen Finale, während der 2017er impulsiver ist, geschmeidig und frisch. Dieser Chasselas de Ripaille wird auch exportiert: nach Kanada, in die USA, nach England und Japan… aber nicht in die Schweiz! Trotz dem Durchzug der Berner, die ab 1536 das gesamte Chablais besetzten und die Augustinermönche von Ripaille vertrieben, die Nachfolger der Mönche, die 120 Jahre zuvor den Grafen Amédée VIII. auf seinem Rückzug begleitet hatten. Nichts Überraschendes für die Waadtländer. Doch auf Ripaille kehrten 1624 die Kartäuser zurück, bevor sie während der französischen Revolution 1793 in die Schweiz flüchteten.

“that knows how to talk about wine”. The Clos du Pont 2012 bears its ageing perfectly; it remains tense and fresh, with strong mineral notes. The secret of its freshness? No malolactic fermentation! Ripaille and its slightly sparkling Chasselas The Château de Ripaille, which combines early fifteenth century Gothic and the Art Nouveau style of the major renovation carried out at the beginning of the 20th century, is situated very close to the Swiss border. The 100-hectare estate, which comprises a large forest, a farm-

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«Ripaille», das tut man nicht! Auf seiner Website bestätigt das Château de Ripaille, dass «der Ort seit Voltaire und seiner Epistel auf das Ufer des Genfersees zum Synonym für gutes Essen geworden ist». Der Schriftsteller und Philosoph, der den Winter jeweils auf seinen Gütern Grand-Montriond in Lausanne oder Les Délices in Genf verbrachte, den Sommer dagegen in Ferney, wirft in diesem Gedicht dem Grafen Amédée VIII. (dem späteren Papst Felix V.) vor, auf Ripaille ein ausschweifendes Leben des Vergnügens geführt zu haben. Doch die Texterläuterung hält der Etymologie nicht stand: Ripaille soll vom Begriff «ripes» abstammen, also von Gebüschen, welche die Domäne früher bedeckten. Für das (französische) Centre National de Ressources Textuelles et Lexicales bedeutet «faire la ripaille» im Jahr 1579, «bei jemandem essen oder sich verpflegen, wenn die Rede von Soldaten ist». 1585 erklärte ein Märchenautor den Begriff «ripaille» so: «Mahlzeit, bei der masslos gegessen oder getrunken wird». Das Wort könnte in diesem Zusammenhang also von «riper» (rutschen, kratzen) stammen. Es wurde bereits verwendet, lange bevor Voltaire (1694-1778) auch nur ein Wort niederschrieb. Der Flurname vom Léman taucht übrigens auch nicht im Le Robert auf, im historischen Lexikon der französischen Sprache. PTs

Von Crépy «crépytant» bis zu «Chèvre» Die Weinregion von Crépy, näher bei Genf gelegen und die Gemeinden Ballaison, Douvaine und Loisin umfassend, wurde per Dekret vor 70 Jahren (1948) anerkannt. Die Domaine Mercier, mit rund 40 Hektaren (300’000 Flaschen) ist der wichtigste Produzent. Auch hier hat die Stabsübergabe stattgefunden: von Claude an seine Söhne Anthony und Stéphane. Der Betrieb hat das Dorf Douvaine und die Ebene verlassen und ist an den Hang von Margencel gezogen, wo

2013 ein neuer Keller eingeweiht werden konnte. Die Hälfte des Weins wird an Grossverteiler verkauft. Neben dem trocken vinifizierten Chasselas – dem berühmten «Crépy crépytant» (crépitant = knisternd) –, der bei weitem überwiegt, gibt es auch eine restsüsse Version, einige Rotweine (Gamay, Pinot, Mondeuse auf 5 ha) sowie eine Altesse, in einer Cuvée mit Chasselas «vermählt». Heute wird das Gut nach integrierter Produktion bewirtschaftet, zwischen 2008 und 2016 probierte es aber die Umstel-

ing estate and 15 hectares of walled vineyards, and 5 hectares outside the walls, is situated right on the lake. Its vineyards were almost entirely reconstituted with Chasselas after the phylloxera attack (18 hectares plus one hectare of Gamay and one of Pinot Noir). The Necker family are the present owners through a foundation presided over by Louis Necker, a lawyer and former director of the Ethnographic Museum in Geneva. His wife, Paule, a Canadian agronomist who studied viticulture and oenology at Changins, and was tutored by Jean-René Germanier, in Vétroz. has ‘signed’ the Ripaille Chasselas

wine, which goes through a secondary fermentation process at the winery. Thanks to the many tourists and Chateau visitors, the 140,000 bottles all find buyers. The 2016 has a Swiss touch, slightly sparkling, notes of linden blossom, round on the palate, and a strong mineral finish, while the 2017 is more spontaneous, smooth and fresh. Ripaille Chasselas is exported to Canada, the USA, the UK, and Japan, but not to Switzerland (!), even though in 1536 the Bernese had occupied the entire Chablais region driving out of Ripaille the Augustinian monks, whose predecessors had accompanied Duke

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Weinbaugebiete

lung auf biologischen Anbau auf 20 Hektaren. Weniger als zehn davon werden noch heute biodynamisch kultiviert, aber ohne Label. Spätlesen, «Grains nobles» und «Passerillés» haben seit kurzem kein Anrecht mehr auf die AOC. Der bekannteste Chasselas des Guts ist der weiche «Goutte d’or», der den biologischen Säureabbau gemacht hat, 11,5%-vol. Alkohol und 3 Gramm Restzucker aufweist. Mit seinen Apfel- und Birnenaromen ist er «ein idealer Wein zu Raclette oder Fondue», savoyardischem Raclette oder Fondue, versteht sich…! In einer langgezogenen, tropfenförmigen Flasche von elektrisierendem Blau angeboten wird ein Chasselas von mehr als 50-jährigen Stöcken, ausgebaut auf den Feinhefen mit regelmässiger Bâtonnage: aromatische, würzige Nase, mächtig, rund, mit guter Säurestütze und Noten von Orangenschalen – ein origineller Wein, verkauft zum Preis von 9,20 Euros. Der «Chèvre» (= Ziege), der letzte Avatar des Chasselas, ist uns erspart geblieben: Hier wird der Traubensaft mit Rum, Vanille, Rohrzucker, ja sogar kleinen roten Früchten vermischt und (damit sie nicht explodieren…) in sorgfältig verschlossenen 20- bis 60-Liter-Fässchen vergoren. Letztere wurden früher mit Ziegenhäuten bedeckt, damit sie kühl blieben… Wer weiss: Vielleicht hat das Gebräu seinen Namen aber auch von seinem mil-

Amadée VIII in his retreat 120 years earlier. Carthusian monks arrived in 1624 and fled to Switzerland in 1793, at the time of the French Revolution. Crépy wines The Crépy vineyards, closer to Geneva, extending across the communes of Ballaison, Douvaine and Loisin were recognised by decree in 1948. The Mercier estate of approximately 40 hectares (300,000 bottles) is the principal producer. Management has been handed down from the father, Claude, to his sons, Anthony and Stéphane. The winery has

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p Stéphane,

Claude und Anthony Mercier

chigen, schäumenden Aussehen, wenn es aus dem unter Druck stehenden Fässchen entweicht… Die Weinregion am anderen Léman-Ufer hat schon immer Neugierde erregt. Vor 150 Jahren notierte Doktor Jules Guyot (der seinen Namen einem Reberziehungssystem hinterlassen hat): «Die Weine aus Evian sind weiss, leicht und ebenso gesund wie angenehm. Die Ein-

wohner ziehen ihre Weine bei weitem ihren Wässern vor, obwohl diese zu den verführerischsten gehören, die es gibt.» Damals gediehen die Reben in ehemaligen Kastanienhainen, von denen noch einige zerstreute Bäume in der Region von Marin zeugen sollen. Leider blieb uns keine Zeit, sie zu suchen, trotz der verlockenden Spazierwege…

moved from the village of Douvaine, in the plain, to the slopes of Margencel and a new vat house was inaugurated in 2013. Half of production is sold to hypermarkets. In addition to the dry and mellow Chasselas which predominates, they also produce reds (Gamay, Pinot, and Mondeuse, on 5 hectares) and some Altesse blended with Chasselas. Today, the estate is using environmentfriendly growing techniques. In the years 2008 to 2016 it tried to convert to organic farmimg on an area of some 20 hectares, but only less than half of the vines are still grown organically, with or-

ganic wines but unlabelled. Late-harvest, over-ripe grapes shrivelled by noble rot can no longer obtain AOC. The best known Chasselas produced on the estate is “Goutte d’or”, a soft wine (malolactic fermentation, 11.5% alcohol, 3 g residual sugar), with aromas of apples and pears. One cuvée that comes in a dropshaped electric-blue bottle is made from Chasselas that is more than 50 years old, matured on its lees and stirred. This wine has an aromatic, powerful, spicy and rounded nose, good acidity and notes of orange peel, and sells for € 9.20.

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The Initiation Ritual By Claude Piubellini, Prévôt

At the winegrowers’ banquets held by the Confrérie du Guillon, aspiring fellow-members are invited to carry out the wine-drawing ritual, sign the guest book, and then join the other guests for the aperitif. At a set time, the Herald calls upon the assembly to make way for the councillors and directs the candidates to take place in a semi-circle around the ceremonial altar. Trumpets then proudly announce the entry of the mace-bearing councillor (Hoqueteau), followed by the Governor and his full council. They are greeted with applause and go up on the stage to face the assembly. The Herald then requests silence for the Provost’s tone-setting welcome speech which sets the scene for the actual reception of the

© Edouard Curchod

candidates. The Herald duly calls out the candidates one by one in alphabetical order and announces the names of their godparents (one of them must be at least a fellow member and the other a councillor). Then comes the solemn moment

when the Governor asks each applicant in turn to pledge to observe the spirit of the Confrérie de Guillon, whereupon raising their right hand the applicants reply, “I promise”. The Governor then puts the Fellowship necklace around each applicant’s neck and handing them a goblet of wine he pronounces the sacred formula: “Partake of this wine and be worthy of it!”. A loud tap on the floor with the wooden mace signals the sealing of lasting loyalty to the Fellowship. After this moving moment, the newly initiated fellows collect their Guillon badge — which they will henceforth wear on their jackets or attached to their necklace — and return to their places.

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Botschaft des Gouverneurs Jean-Claude Vaucher

«Wein ist das gesündeste und hygienischste Getränk überhaupt» Die Bundesbehörden haben in ihrer Sicherheits- und Hygienebesessenheit dieses Zitat von Louis Pasteur ganz einfach ignoriert. Völlig unerwartet haben Sie Anfang Juli ihre Empfehlungen zum Alkoholkonsum korrigiert. Für Männer sind drei Glas Alkohol täglich schon zu viel. Sie sollten sich mit zwei Gläsern begnügen. Und Frauen sogar mit höchstens einem Glas. Zudem empfiehlt die Eidgenössische Kommission für Alkoholfragen mehrere alkoholfreie Tage pro Woche. Konkret und wenn man sich strikt an die neuen Vorgaben hält, so ist es nicht mehr möglich, ein gutes Glas Wein zu jeder Mahlzeit zu trinken. Die neue, «politisch korrekte» Botschaft wirft den Wein aus der Ernährungspyramide und ordnet ihn unter den schädlichen alkoholischen Produkten ein. Der arme Louis Pasteur dreht sich zweifellos im Grab um, er, der festhielt, «eine Mahlzeit ohne Wein ist wie ein Tag ohne Sonnenschein». In der nächsten Etappe wird die Schädlichkeit des ersten Glases angeprangert und auf

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den Etiketten gedroht werden, der Konsum des feinen Tropfens schade der Gesundheit… Unabhängig von der Übertreibung sind die Empfehlungen auch überflüssig und gefährlich. Der durchschnittliche Alkoholkonsum in der Schweiz ist seit Jahren rückläufig, der Weinkonsum leider ebenfalls und die Suchtprobleme im Zusammenhang mit dem Alkohol betreffen nur eine Minderheit, die sich mit gebrannten Wassern betrinkt, denn der Wein ist zu teuer für Leute, die nach Realitätsverzerrung lechzen. Diese Empfehlungen sind aufgrund ihrer Übertreibung äusserst gefährlich, denn sie verängstigen alle vernünftigen und gemässigten Weintrinker, und verfolgen schliesslich das Ziel, sie eines Tages um dieses natürliche Vergnügen zu bringen. Sie haben auch verheerende Konsequenzen für einen ganzen Wirtschaftszweig bezüglich Arbeitsplätzen und Erhalt des WeinbauErbes. Man verteufelt so die grosse Mehrheit der Bevölkerung, indem man

aus einer Hygiene- und Sicherheitsbesessenheit heraus unverhältnismässige Massnahmen ergreift. Unsere Bundesbehörden ignorieren alle wissenschaftlichen Untersuchungen, die die vielen positiven Auswirkungen eines massvollen aber regelmässigen Weinkonsums auf die Gesundheit bewiesen haben. Da sind etwa jene im Zusammenhang mit den oxydationshemmenden Bestandteilen, jene für die Prävention von Herz- und Kreislauferkrankungen oder gegen Demenzprobleme, ganz zu schweigen von den positiven Wirkungen nicht nur auf die körperliche Gesundheit, sondern auch die psychische. Der Wein spielt eine soziale Rolle: Er lädt zum Teilen ein und zur Gastfreundschaft. Aber das «politisch Korrekte» verbietet es, darüber zu sprechen und dafür zu werben. Denn wenn der Alkoholmissbrauch für die Gesundheit offensichtlich gefährlich ist, so sind es die Übertreibungen unserer «konformistischen» Behörden ebenso.

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Die Bolettes-Ressats

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Pascal Besnard, Echotier Edouard Curchod, Fotograf Auf Schloss Chillon wurden im letzten Frühjahr zuerst die Sterne gezählt… Die drei elsässischen von Marc Haeberlin, Küchenchef in der Auberge de l’Ill in Illhaeusern, und die fünf vom Royal Savoy in Lausanne, dessen junger und talentierter Koch Julien Krauss die vier Frühlings-Ressats mit Bravour bestritt. Es wurde auch eine ganze Anzahl von Halsketten gezählt, nämlich jene der Compagnons der Confrérie du Guillon, aber auch die einer ganzen Schar von Chevaliers der Confrérie du Tastevin, die aus dem Burgund angereist waren, um der Inthronisierung von drei ihrer Würdenträger beizuwohnen, darunter jener ihres Grossen Meisters Vincent Barbier. Im gleichen Zug unterzogen sich der Ehrengouverneur und der amtierende Gouverneur der Confrérie des Potes-au-feu mit Begeisterung der Anweisung eines andern Gouverneurs, jenes des Guillon, Jean-Claude Vaucher: «Trink diesen Wein und sei gut wie er!». Und last but noch least beehrte am 27. April auch Alan Bryden, Präsident der Internationalen Vereinigung der Weinbruderschaften, das ehrwürdige Savoyerschloss mit seiner Präsenz. Und damit das Inventar vollständig und genau ausfällt: Im Frühjahr 2018 hat der Gouverneur der Confrérie du Guillon 41 Dames Compagnons und Compagnons, drei Compagnons Jurés, drei Compagnons Majoraux, zwei Compagnons d’honneur und zwei Conseillers inthronisiert. Und künftig wissen auch alle, dass die Bolettes nicht einfach weibliche Bolets (Röhrenpilze) sind!*

*(sondern die sich öffnenden, zartgrünen Blattknospen, die im Frühling am Rebstock spriessen)

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Freitag 27. April Conseiller Nicolas Vincent Landwirt und Winzer Compagnon Fabio Cibolini Donatyre Yannick Délu Saint-Cloud Didier Délu La Plagne Tarentaise Thomas Jomini Saint-Saphorin (Lavaux) Charles Lombard Evian-les-Bains Samuel Monachon Nyon Laurent Vernez Rovray Olivier Waber Pompaples

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Samstag 28. April Conseiller Alexandre Truffer Journalist, stv. Chefredaktor von Vinum Compagnon d’honneur Vincent Barbier Grand Maître der Confrérie des Chevaliers du Tastevin Compagnon juré Jérôme Collardot Grand Prévôt der Confrérie des Chevaliers du Tastevin Jean-François Curie Grand Consul der Confrérie des Chevaliers du Tastevin Compagnon Virginie Crausaz Aigle Pierre Duruz Monnaz Angelo Nania Gland Sébastien Henchoz Lausanne Julien Hoefliger Bremblens Patrick Keller Goumoens-la-Ville Frédéric Laurent Saint-Prex Ciryl Péclard Pailly Anne-Françoise Petit Lully (VD) Andréas Rogenmoser Saint-Prex Stefan Voigtmann Villeneuve (VD)

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1. Der neue Conseiller Nicolas Vincent freut sich offensichtlich über das neue Kleid 2. Das Ziehen am Guillon? Ein Kinderspiel für den neuen Conseiller Alexandre Truffer 3. Der Gouverneur adelt den Grand Maître: Jean-Claude Vaucher reicht Vincent Barbier den Kelch 4. Jérôme Collardot, Vincent Barbier und Jean-François Curie: die Würdenträger des Tastevin umrahmt von den Conseillers des Guillon

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Freitag 4. Mai

Conseiller Olivier Mages Küchenchef im Spital von Morges Compagnon d’honneur Marc Haeberlin Küchenchef in der Auberge de l’Ill, Illhaeusern Compagnon Colin Barrow Saint-Prex Christian Colquhoun Chêne-Bougeries Maurice Gay Nyon Alain Kropf Pully Marianne Massy Epesses Patricia Rothen-Jaques Moudon Georges-André Roulin Saint-Prex Corinne Schmalz Poliez-le-Grand Eddy Vocat La Tour-de-Peilz Jean-Michel Wasser Saint-Légier

5. Mages zum Dritten… nach Silvio und Grégoire wird auch Olivier Conseiller 6. Erfolgreiche Inthronisierung: Fast schon Massenabfertigung! 7. Freundschaftlicher Besuch des Präsidenten der FICB, Alan Bryden, und seiner Gattin (vgl. Seite 72) 8. Drei Sterne im Michelin und eine goldene Kette: Marc Haeberlin, Compagnon d’honneur 9

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9. Laut und deutlich: Herold Luc del Rizzo erklärt die Tischregeln

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Samstag 5. Mai

Compagnon juré Attilio Schiener Chapeau noir 2017 Compagnon majoral Michel Delessert Gouverneur honoraire der Confrérie des Potes-au-Feu Hubert Varrin Gouverneur der Confrérie des Potes-au-Feu Julien Krauss Chefkoch im Hotel Royal Savoy Compagnon Sven Clot Granges-Marnand Bernard Belk Ebmatingen Jean-Daniel Despraz Granges-Marnand Philippe Gabella Denens Uwe Kunz Basel Christian Mollard Cheseaux-Noréaz Sandra Palmieri Morges Daniel Reinhardt Basel Steve Renevey Morges Myriam Scheurer Cheiry Andrea Ullmann Frankfurt Eric Venturino Mézières (VD)

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10. Blauer Stift für den Schwarzen Hut: Attilio Schiener verewigt sich im Goldenen Buch 11. Diese zwei sind gute Freunde: Michel Delessert und Hubert Varrin, Compagnons jurés 12. Mit Trommel und Trompeten: Lärm und Licht im Verlies von Schloss Chillon 13. Der Meister der Worte und der Meister der Töpfe: Claude-Alain Mayor stellt Julien Krauss vor 14. Ohne Trommel und Trompete: ein Alphornbläser begrüsst seine Freunde

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Doré gouverneur, croustillants compagnons et vous, mesdames, nos tendres mies Roger Rey, panetier

C’est le printemps, vous êtes de retour à Chillon et votre panetier aussi. J’étais allé sur des sites de rencontre sur internet. Je cherchais une femme, si possible borgne, pour qu’elle ne voie la misère que d’un œil, moche, mais pas la moche qui est tellement fière de sa beauté intérieure qu’elle fait encadrer ses coloscopies. Une moche simple, ça peut éviter d’être cocu et je demandais surtout qu’elle s’invite chez moi sans me prévenir. Résultat : c’est le crabe qui est arrivé. Quand je l’ai vu, je me suis enfilé dans le 1er resto venu et me suis envoyé 2 tourteaux. Non mais des fois, on va quand même pas se laisser faire par un crustacé. Et puis, comme dit la chanson : j’ai tellement rêvé d’elle, j’en ai rêvé si fort que mes draps s’en souviennent. Et là, même mes draps font de l’Alzheimer. Fait pas bon de devenir vieux. Le crabe, il a compris et s’est tiré. Bon, j’ai dû changer un peu mon alimentation, pour le dessert, je prends un peu de confiserie pour vieux qu’on trouve exclusivement dans les pharmacies. En plus, je reviens à Chillon pour annoncer les fiançailles de l’Alsace et du canton de Vaud par l’entremise de 2 chefs prestigieux, Julien Krauss, chef de l’Hôtel Royal Savoy à Lausanne et de Marc Haeberlin, de l’auberge de l'Ill à Illhaeusern, en Alsace, 3 étoiles au Michelin, rien que ça, pour nous servir. Quelle fête !

Ressat des bolettes, c’est quoi une bolette à part la femelle du bolet. C’est en quelque sorte le fœtus du raisin, mais je ne sais pas comment est le spermatozoïde, ni l’ovule d’ailleurs. Et ce n’est pas in vitro, mais sur nos beaux coteaux que ça se passe. C’est quand même plus simple pour le pain, vous mettez une petite graine, comme tout le monde, la laissez se développer, vous récoltez les épis, vous en faites de la farine que vous mélangez à de l’eau, de la levure et du sel, vous laissez faire dame nature et votre boulanger et vous avez du pain. La petite brioche : si vous en mangez trop Messieurs, vous allez agrandir la vôtre de brioche et vous Mesdames tout ce qu’elle contient, la montagne de beurre, les œufs et le reste vont se répartir entre vos hanches, vos cuisses, mais jamais où vous le voudriez. La baguette au levain : la spécialité de la boulangerie Durgnat qu’il avait créée pour le 800e anniversaire de Villeneuve. Le paillasse rustique : froment, avoine, arachides, épeautre, orge et seigle. Je le répète, il faut trois jours pour faire un

pain. Le 1er, vous choisissez soigneusement des trous, si possible ceux qui ont du goût, le 2e, vous mettez un peu de pâte autour et le 3e vous entourez le tout d’une croûte dorée et croustillante. Le pain paysan : farine mi- blanche et seigle fin. Pétri avec du lait des Ormonts. Eh oui, aux Ormonts les vaches, elles, elles donnent du lait. Qui l’eut cru. Le seigle aux noix : pour ce pain, il faut d’abord faire un stage à Courtelary, pour apprendre à mettre les noix en quinconce, comme les noisettes dans le Ragusa. Puis vous mélangez avec la pâte de seigle. C’est pas plus compliqué que ça. Pour terminer, je voudrais aussi donner un conseil aux hommes. Vous voulez gagner du temps. 2 mots : oui chérie et pour vous Mesdames, ne craignez pas, douce amie, l'outrage du temps. Vos cheveux d'or peuvent se mêler d'argent, vous changerez peut-être, mais sans vieillir jamais.

© Edouard Curchod

- Dis, grand-maman, c’est quoi une fiancée. - C’est un peu comme si je t’offrais un vélo à Noël, mais tu n’as le droit de l’utiliser qu’à Pâques. - Dis, grand-maman, entre Noël et Pâques, est-ce que je peux jouer avec la sonnette.

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Guillonneur in Luzern

Ein unbeschwerter

Kreuz-Gang

Der Luzerner Guillonneur 2018 war kein Kreuzgang im biblischen Sinn und deshalb nicht von Leid geprägt. Im Gegenteil. Das «Kreuz» ist der Name des Restaurants in Emmen, dem das Banner der Confrérie du Guillon für einen Abend den Anschein einer Waadtländer Enklave verleiht, die sich dem Kult des Chasselas, der Gastronomie und der Freundschaft verschrieben hat. Rund vierzig Personen sind der Einladung von Préfet Eric Nicole gefolgt, der – mit wohlwollender Autorität über das Befolgen der Traditionen und das Einhalten des Zeitplans wachend – souverän durch den Abend führte.

Claude-Alain Mayor, Tabellion Fotos: Edouard Curchod Zum Einstieg wartete ein ganz besonderer Jean-Louis: Die Degustation einer Vertikalen mit fünf Jahrgängen des Dézaley Clos des Abbayes, die von Tania Gfeller, der Verantwortlichen für die Weinberge der Stadt Lausanne, kompetent und leidenschaftlich präsentiert wurde. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer konfrontierten ihre Geschmacksnerven nacheinander mit den Jahrgängen 1977, 1988, 1994, 2000 und 2005. Sie durchquerten so ein Vierteljahrhundert mit Weinen, die eine oft erstaunliche Frische bewiesen. Nase und Gaumen waren eingeladen, im Hinblick auf den zweiten, blinden Durchgang Aromen von Nüssen, Bienenwachs, Butter, Geröstetem und Früchten auszumachen. Einigen selbsternannten Spezialisten schien es unmöglich, sich anschliessend zu täuschen. Aber diese Überzeugungen wurden wie üblich arg in Frage gestellt… Vom Wein war auch im zweiten Teil die

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Rede, beim erholsamen Aperitif unter einer Laube, für die ein mehrhundertjähriger Baum den Schatten spendete. Das Fass des Guillon musste sich bald schon eine Verwandtschaft mit jenem der Danaiden nachsagen lassen, wobei sowohl die Füllmenge als auch der unbedarfte Umgang mit dem kleinen Zapfen aus Buchsbaumholz eine Rolle spielten. Der Steinboden nährte sich an der unerwarteten Flüssigkeit, während sich die Gläser nach mehr sehnten. Zum Glück gab es Nachschub in Flaschen, um die originellen und schmackhaften Häppchen zu begleiten, die von sehr aufmerksamem Personal serviert wurden. Eine lukullische Mahlzeit Die Gäste kehrten dann in den Speisesaal zurück, wo sie ein lukullisches Festmahl erwartete, das perfekt mit den ausgewählten Weinen harmonierte. Ein beispielhaft zubereitetes Felchenfilet begleitet von weissem Spargel und einer Dézaley-Sauce fand seine Antwort in einem Clos des Moines 2016. Um das Duo

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der Greyerzer Schwarzfusspoularde, die kleinen Frühlingskarotten und den Kartoffelstock zu begleiten, wählte Tania… eine Auswahl! Den Gästen wurde zwei sehr unterschiedliche Weine angeboten. Ein Blauburgunder Les Vergers 2016 vom Weingut Domaine du Burignon St-Saphorin Grand Cru, fruchtig und vollmundig, wurde einem Cru gleicher Bezeichnung, einem Bord de l’Eau 2016, kräftige Assemblage von Malbec, Cabernet Franc und Merlot, gegenübergestellt. Eine kleine spontane Umfrage ergab ein Gleichgewicht zwischen bedingungslosen Anhängern des einen oder anderen Weins, also Traditionalisten (eine Weinsorte) und Modernisten (mehrere internationalen Traubensorten). Zur Nachspeise bot ein einfaches, aber sehr schmackhaftes Aprikosentörtchen mit Vanille-Eis ein säuerliches Gegengewicht zum lieblichen Grauburgunder La Belle du Dézaley 2015, Clos des Abbayes, der von der Vielfalt der Produkte zeugt, die der grösste Schweizer Weinberg in öffentlicher Hand hervorbringt.

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Dann galt es noch, die Weinkenntnisse der einen auszuzeichnen, ohne die andern zu beleidigen, und die Resultate des Degustationswettbewerbs zu verkünden. Drei Personen hatten jegliche Falle umschifft und die fünf Weine in der richtigen Reihenfolge gelistet. Das Los, das somit entscheiden musste, machte Monika Ried zur Gewinnerin von zwei Plätzen an einem der Herbstressats. Wobei sie bereits als Kandidatin für die Kette der Dame-Compagnon vorgemerkt war: Das Glück lacht den Kühnen! Einziges B-Moll in der allgemeinen Glückseligkeit: Der Guillonneur 2018 war der letzte im Restaurant Kreuz, das bald schon geschlossen wird. Um einen würdigen Schlusspunkt zu setzen, rief der Préfet, der aufmerksam

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und unerbittlich über das Zeremoniell des Guillons wachte, den langjährigen Küchenchef Hans-Peter Suter, seine Brigade und das Servierpersonal zusammen. Sie alle wurden mit einem anerkennenden und herzlichen Applaus verabschiedet. Zum Schluss darf betont werden, dass dieser Anlass dank dem aktiven Beitrag mehrerer Generationen ein voller Erfolg war. Da waren einige altgediente Conseillers, andere in der Blüte des Lebens, die Jahrgänge des Clos des Abbayes, Tania Gfeller und ihr Mann Michel, sowie Gfeller junior im Kinderwagen, der schweigend seine Zustimmung bekundete, eingelullt von der beschaulichen Atmosphäre, für die das Zelebrieren der grossen Chasselas besorgt war.

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1. Préfet Eric Nicole und die Gewinnerin, Monika Ried 2. Maximale Konzentration während der Luzerner Degustation 3. Eine traumhafte Vertikale: Fünf Jahrgänge vom Clos des Abbayes 4. Der Küchenchef vom Kreuz, Hans Peter Suter, mit dem Préfet 5. Tania Gfeller, Weinbau-Verantwortliche der Stadt Lausanne

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Confréries

Die Internationale Vereinigung der Weinbruderschaften In einer Welt, wo sich Fastfood, vegetarische Kost, ändernde Diätformen und Wettsaufen abwechseln und die Vorherrschaft streitig machen, verstehen sich die Weinbruderschaften als Pole des Widerstands gegen jegliche Auswüchse. Da werden der Geist, die qualitative Küche und der vernünftige Genuss von gutem Wein gepflegt, und dies in einem grosszügigen, achtungsvollen und gastfreundlichen Rahmen.

Claude-Alain Mayor, Tabellion Foto: Edouard Curchod Die Wurzeln dieser Weinliebhaber stecken oft in mittelalterlichen Körperschaften. Davon zeugt schon die Wortwahl: Compagnon, Chevalier, Gouverneur, Chancelier. Und auch die Roben und Abzeichen (Ketten, Medaillen) inspirieren sich in der Vergangenheit und sind typisch für jede Bruderschaft. Einige sind im Verlauf der Jahrhunderte verschwunden – und während der französischen Revolution sogar verboten worden –, aber heute erleben sie eindeutig eine Renaissance. Diese zeugt vom Bedürfnis unserer vom Einbruch des Virtuellen, der Vereinheitlichung des Geschmacks und der Beschleunigung des Lebensrhythmus destabilisierten Gesellschaften, einige grundlegende Werte neu aufleben zu lassen und wieder an eine Lebensweise anzuknüpfen, die der Lehre Epikurs entspricht. Die Bruderschaften, die sich diesem Ziel verschrieben haben, organisieren verschiedene Anlässe, um ihre Mitglieder zu versammeln, neue zu inthronisieren und die noblen Produkte aus ihren

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Weinbergen und ihrer Scholle hochleben zu lassen. Die meisten ehren den Wein, aber auch die Gastronomie im allgemeinen, das Brot oder Produkte wie den Greyerzer oder die Trüffel. Manche haben über die Welt verteilt «Botschaften» oder «Komtureien» eingerichtet, um die Weine aus ihrer Region zu verbreiten und anzupreisen. Der Wille, Erfahrungen zu teilen und auszutauschen, sowie die Freude, neue Entdeckungen zu machen und Kontakte zu pflegen, haben eine grosse Anzahl von ihnen veranlasst, sich in einer Internationalen Vereinigung der Weinbruderschaften (Fédération Internationale des confréries Bachiques, FICB) zusammenzuschliessen, direkt – wie es auf die Confrérie du Guillon zutrifft – oder über regionale oder nationale Vereinigungen. Diese Organisation mit Sitz in Paris wächst regelmässig und zählt gegenwärtig rund 100 Mitglieder aus mehr als zwanzig Ländern. Seit 1964, dem Gründungsjahr, verfolgt die FICB vier Hauptziele:

- Bekanntheitsgrad ihrer Mitglieder fördern, die in einem Land, einer Region oder einem Weinbaugebiet die Traditionen aufrechterhalten, das Ansehen und die Qualität verbessern und das Wissen und die Erfahrung bezüglich der harmonischen Vereinbarkeit mit der Gastronomie verbreiten; - International die Kenntnis von weltweit allen Weinbauregionen und von ihren Produkten verbessern; - Fördern einer durchdachten und vernünftigen Degustationskunst; - Begünstigung des freundschaftlichen Austausches von Informationen und Erfahrungen unter ihren Mitgliedern. Zu diesem Zweck organisiert die FICB alle zwei Jahre einen internationalen Kongress. Der letzte fand im Mai und Juni dieses Jahres in Mazedonien statt. Die nächsten werden im 2020 in Italien (Alba und Piemont) und im 2022 in Portugal (Duro, Porto, Minho und Lissabon) abgehalten. Dazwischen wird im Juni 2019 der erste Internationale Degusta-

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tionswettbewerb mit Weinen der FICB ausgetragen. Diese ermutigt mit ihren Publikationen zur Gründung von Bruderschaften (eine praktische Anleitung liegt in fünf Sprachen auf), stellt ein mehrsprachiges Lexikon mit Degustationswortschatz zur Verfügung, das laufend auf den neusten Stand gebracht wird, und informiert ihre Mitglieder über die weltweite Aktualität in Sachen Weine und Bruderschaften. Gegenwärtig arbeitet sie an einem ehrgeizigen Projekt von Wein-Entdeckungsreisen in kleinen Gruppen unter der Leitung von lokalen Bruderschaften (mehr Informationen dazu auf winebrotherhoods.org). Der kürzlich erfolgte Beitritt von jungen Bruderschaften aus Ländern, die in Sachen Wein aufstrebend sind (Moldawien, Slowakei, Hong Kong, Macao u.a.), zeugt von der Aktualität und der Legitimität der Bruderschaften, wenn es darum geht, Qualitätsweine sowie deren beschränkten und intelligenten Genuss zu fördern.

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Alan Bryden wurde im Juni 2014 zum Präsidenten der FICB gewählt, anlässlich des Internationalen Kongresses zum 50-Jahr Jubiläum der Vereinigung in Reims in der Champagne. 2017 wurde er in dieser Funktion bestätigt. Dieser gelernte Bergingenieur hat einen grossen Teil seines Berufslebens der Qualitätsförderung in der Industrie und den Dienstleistungen gewidmet, insbesondere als Generalsekretär der Internationalen Organisation für Normung ISO in Genf. So ist es nicht erstaunlich, dass er sich seit mehr als vier Jahren für die Umsetzungen eines umfassenden Aktionsplans zur Entstaubung und Dynamisierung der FICB einsetzt. Ihm liegt daran, die Bruderschaften zu vernetzen und bekannt zu machen sowie die Gründung und den Beitritt von neuen Einheiten zu begünstigen. Vor allem die Kommunikation (neuer Internet-Auftritt, Newsletter, Publikationen) hat er ausgebaut, dann ist er auch originelle Partnerschaften eingegangen (etwa mit Wine in Moderation-Art de vivre) und hat neue Instrumente geschaffen, um die Expertise bei der Degustation von Qualitätsweinen zu verbessern (Challenge international, Wörterbuch). Die Confrérie du Guillon hat seinen Elan und sein Können vor einigen Jahren schon erkannt und anerkannt, indem sie ihn zum Compagnon d’honneur machte. CAM

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Lüften wir den Deckel

Julien Krauss, Küchenchef, Royal Savoy, Lausanne

Ein Elsässer… im Royal Savoy! Pascal Besnard, Echotier Fotos: Edouard Curchod

«Im Elsass ist man Epikureer. Als Kind war ich esslustig.» Julien Krauss lächelt, wenn er sich an seine Strassburger Kindheit erinnert. Eigentlich lächelt er fast immer. Ein wohlwollendes Lachen, das die familiäre Küche widerspiegelt, jene seiner Mutter und seiner Grossmutter. «Mit beiden habe ich viel gelernt. Meine Mutter kochte viele Suppen, meine Grossmutter Klösschen und ein unvergleichliches Pot-au-feu. Sie verbrachte Stunden in der Küche. Ihr Apfelkuchen aus dem Gasofen war und bleibt einmalig. Wir waren zehn Personen am Tisch, das war sehr schön.» Als 12-jähriger begann Julien seine Kochkünste zu erproben. Heute, mit 37 Jahren, ist er der einzige in der Familie Krauss, der den Kochberuf ausübt. Das erste Eintauchen in ein professionelles Umfeld erlebte Julien Krauss anlässlich einer Schnupperwoche in der Hostellerie de la Charrue in Sand. Er absolvierte damals sein letztes Schuljahr. Nach dem Abschluss der Schule stellte ihn Christian, der Chef von La Charrue, umgehend ein. Julien betrat in der Folge zweimal das Podium beim Wettbewerb «Bester Kochlernender in Frankreich». Weitere Etappen folgten im Vieux Couvent in Rhinau (ein Michelin-Stern) und während fast zwei Jahren im Burgund bei David Zuddas.

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Der Tempel in Illhaeusern Und dann, mit 21 Jahren, zog Julien Krauss nach einer Saison in einem spanischen Hotel, das der Cousine von Marc Haeberlin gehört, in den Tempel der Elsässer-Küche ein, die Auberge de l’Ill in Illhaeusern mit drei Sternen. Das war kein Zufall: «Monsieur Marc» hatte vom jungen Krauss nur Gutes gehört. Julien verbrachte fünf Jahre in der Auberge de l’Ill. Dabei arbeitete er sich vom einfachen Koch bis zur Nummer zwei hoch. In diese Zeit fiel auch eine Erfahrung in den Küchen eines Rheinschiffs, das 500 Passagiere transportierte. «Nicht einfach, aber konstruktiv», kommentiert der Betroffene. In der Folge amtete er als Koch in La Table du Gourmet von JeanLuc Brendel in Riquewihr (ein Stern Michelin). «Zu dieser Zeit sagte ich Marc Haeberlin, dass ich reisen möchte. Er hat mich nach Bora-Bora geschickt.» Julien Krauss kochte im Intercontinental und arbeitete sich bis zum stellvertretenden Küchenchef hoch. Nach zwei Jahren kehrte er nach Europa zurück und entschied sich für das Mövenpick in Genf, ein Fünfsterne-Hotel mit 360 Zimmern, fünf Restaurants und rund vierzig Leuten in seinen Diensten. Julien war 29 Jahre alt und blieb sechs Jahre lang in Genf.

Eine perfekte Gelegenheit «Während der ganzen Zeit verfolgte Marc Haeberlin meine Arbeit aus Distanz. Er wies mich dann auf die gute Gelegenheit im Royal Savoy in Lausanne hin, für das er ein Beratermandat innehatte. Ich habe die Chance gepackt. Heute kommt Monsieur Marc fast jeden Monat einmal nach Lausanne. Wir arbeiten sehr eng zusammen. Mit ihm habe ich die menschliche Seite dieses Berufs erlernt. Ihm ist das nicht in den Kopf gestiegen. Es ist wichtig, dass man bescheiden bleibt.» Das Abenteuer mit den Ressats auf Schloss Chillon wurde in einer Diskussion in der Auberge de l’Ill zwischen dem Ehrengouverneur des Guillon, Philippe Gex, dem Maisonneur Handruedi Gerber und Marc Haeberlin ausgeheckt. Letzterer schlug vor, mit Julien Krauss zusammenzuarbeiten. «Ich gebe gerne zu, dass mich das anfänglich beunruhigt hat. Wie kann man in einem historischen Monument für 300 Personen kochen? Da muss man sich anpassen! Aber schliesslich haben meine 12-köpfige Equipe und ich eine schöne Erfahrung gemacht. Wir sind stolz auf die authentisch elsässisch-schweizerische Küche (Red.: etwa die Verbindung von Seesaibling und Sauerkraut), die wir den Gästen der Ressats anbieten konnten.»

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Gebratenes Saiblingfilet,

sämiges Sauerkraut und Riesling-Sauce Rezept für vier Personen

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SAUERKRAUT

PICKLES MIT ROTEN ZWIEBELN

SAIBLING-FILETS UND ANRICHTEN

400 g Kohl für Sauerkraut 125 g gewürfelte Schalotten 175 ml Riesling 250 g Sauerrahm (45%) 40 g Mehlschwitze (Rezepte im Internet) 50 g Butter 20 g Rapsöl Salz/Weisser Pfeffer 2 Lorbeerblätter

200 g rote Zwiebeln 100 ml weisser Essig 100 ml Wasser 50 g Zucker

Saibling-Filets in geklärter Butter auf der Hautseite bei kleinem Feuer braten, bis die Haut sehr knusprig ist. Sauerkraut in der Mitte des Tellers anrichten. Mit dem Stabmixer aufgeschlagene Sauce dazugeben. Die rosa Fischfilets vorzugsweise auf dem Sauerkraut anrichten. Die Garnitur auf das Fischfilet geben. Mit ein paar Kerbelblättern verzieren.

Kohl während 10 Minuten gut wässern, dann abtropfen und schneiden. Die kleingeschnittenen Schalotten im Öl dämpfen, ohne Farbe annehmen zu lassen, den Kohl beifügen und mit dem Riesling ablöschen. Während 1 bis 1½ Stunden köcheln lassen, den Sauerrahm hinzufügen und die 2 Lorbeerblätter, würzen und nochmals 5 Minuten köcheln. Mit der Mehlschwitze binden. GARNIERUNG 90 g Pickles mit roten Zwiebeln (siehe weiter) 90 g Speckwürfeli aus trockenem Speck (ohne Schwarte) 90 g Würfeli von Weissbrot Schnittlauch geschnitten Den Speck braten, die Zwiebeln und die Brotwürfeli dazugeben, im letzten Moment den Schnittlauch untermischen.

Die roten Zwiebeln schälen und in Halbmonde schneiden (Tipp: 20 g Randensaft dazugeben, um eine schöne rote Farbe zu erhalten). Zwiebeln, Wasser, Essig und Zucker zusammen kochen lassen und dann bis zur Verwendung abgedeckt in den Kühlschrank stellen. RIESLINGSAUCE 20 g kleingeschnittene Schalotten 20 g kleingeschnittene Champignons 15 g Butter 0,15 l Elsässer Riesling 0,5 l Fischbrühe 0,5 l Sauerrahm (35%) 0,5 l Vollrahm 1 EL Mehlschwitze 1-2 EL Zitronensaft Schalotten und Champignons in der Butter dämpfen, ohne Farbe annehmen zu lassen, den Riesling und die Brühe hinzufügen und um die Hälfte reduzieren lassen. Durch ein Sieb streichen. Rahm, Zitronensaft und Mehlschwitze beigeben, würzen, nochmals durch das Sieb streichen.

Um den Hauptgang zu begleiten, hat Sarah Pagès, die im Royal Savoy über den Weinkeller wacht, einen Epesses Braise d’enfer 2016 der Brüder Dubois in Cully ausgewählt:

«Der Jahrgang 2016 beinhaltet Frische. Dieser Chasselas hat eine ausgesprochen fettige Seite, die mit der Sämigkeit des Sauerkrauts gut harmoniert. Seine runde und geschmeidige Struktur respektiert den delikaten Saibling. Der salzige Abgang des Weins ist im Sinn der Übereinstimmung Erde-See. Zusammengefasst: Der Wein, der sinnbildlich für die Lavaux-Region steht, verbindet sich mit einem Fisch, der den Genfersee verkörpert.»

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Le samedi

15 septembre 2018 de 10 h à 18 h

Pas au bon format et pas de débord

Thème de la manifestation :

La fête des vignerons ANIMATIONS MUSICALES


Porträts zweier Conseillers

Alexandre Truffer, ein untypisches Profil

© Edouard Curchod

Claude-Alain Mayor, Tabellion

Unseren neuen Conseiller, einen gebürtigen Walliser, zog es früh schon in die Ferne. Sein lateinisch-griechisches Maturazeugnis im Sack arbeitete er sechs Monate auf einem Landwirtschaftsbetrieb in Australien, bevor er Patagonien, die Äquatorzone, Chile, Bolivien, Peru und Syrien bereiste. Zurück in der Schweiz studierte er an der Universität Lausanne Spanisch, Russisch und Journalismus und nutzte seine Ferien für Reisen nach Zimbabwe, Usbekistan, Südamerika und Russland. Nach der Masterarbeit über den Degustations-Wortschatz beschloss er, in der Weinwelt Karriere zu machen, wobei er sich auf die Schweizer und insbesondere Westschweizer Weine konzentrierte. Im 2005 lancierte er die Internet-Zeitschrift Roman du Vin, arbeitete mit ver-

schiedenen Zeitungen und Zeitschriften zusammen, darunter Fémina und Le Guillon, organisierte Anlässe, verfasste mehrere Bücher zu Weinthemen und kümmert sich um die Kommunikation von Arvinis und dem Mondial du Chasselas. Gegenwärtig ist er stellvertretender Chefredaktor und Verantwortlicher der französischen Ausgabe von Vinum. Dank seiner unersättlichen Neugier, seiner Degustationserfahrung (er ist u.a. regelmässiges Mitglied der Jury des Mondial de Bruxelles) und seinem Hang zu Forschungsarbeiten ist er einer der besten Kenner der Weinwelt, der Gastronomie und des Weintourismus in der Schweiz geworden. Mit seiner Begeisterung für die Sprache wird er die Gäste unserer Ressats auf Schloss Chillon zu fesseln und unterhalten wissen.

Nicolas Vincent,

zwischen Landwirtschaft und Rebbau Um etwas frischen Wind in ihre Reihen zu bringen, schickte sich die Confrérie an, den dicken Nebel im Vully zu lichten, um einen Einheimischen zu finden. Und sie ist bei Nicolas Vincent fündig geworden. Er wurde am 19. Juli 1973 in Vallamand geboren, stammt von dort, hat immer dort gewohnt und wird immer dort wohnen. Er liebt diesen Fleck Erde und hat darum Landwirt gelernt und sich bis zum Meistertitel weitergebildet. Mit den Diplomen in der Tasche hat er zusammen mit einem seiner zwei Brüder den Hof der Familie übernommen. Da hegt man natürlich die Reben, aber auch Getreide, Kartoffeln und Hühner, die jedoch mehr gemästet als gepflegt werden, und zwar in einer Halle zu diesem Zweck.

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Aber die grosse Leidenschaft der Familie Vincent gehört den Zuckerrüben, und Nicolas ist durch sein Amt als Präsident des Verbands der Zuckerrübenpflanzer in der Waadtländer Broye und der Waadtländer Kommission für Zuckerwirtschaft, die alle Waadtländer Produzenten zusammenfasst, der unbestrittene Meister. Das erlaubt es ihm, Politik zu machen und sich gesundzustossen, ohne dass jemand etwas dagegen einzuwenden hätte. Zuckerrüben sind sicher gut, aber eine Herzensangelegenheit sind sie nicht. Für diesen Bereich ist seine Frau MariePierre, eine Apothekerin, zuständig. Die Ernte ist fruchtbar und so stehen heute drei Kinder da, Virginie, Fabien und Maxime. Die Confrérie hat somit auf ihrer Suche im gastfreundlichen Vully, der nicht nur einen der kleinsten Weinberge in der Schweiz sein Eigen nennt, sondern uns

auch immer wieder grosse Conseillers stellt, einen glücklichen Mann mit Familie gefunden.

© Edouard Curchod

Luc del Rizzo, Héraut

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Die Kolumne von Michel Logoz

Können wir die Vergangenheit unter den Tisch wischen? Wer hat sich nicht einmal in seinen Träumen vorgestellt, was passiert wäre, wenn der Zerstreute (oder der Filou), der den Chasselas zu uns gebracht hat, an dessen Stelle einen Chardonnay gepflanzt hätte? Die Berufung unserer Weinberge wäre eine andere gewesen! In seinem Nachschlagewerk zu den Schweizer Weinsorten liefert uns José Vouillamoz, Meister der Weingenetik, alle Beweisstücke über die Verwurzelung des Chasselas auf Waadtländer Boden seit Jahrhunderten. Er erinnert auch an die Veränderungen, die unsere Lieblingsweinsorte im Verlauf Nous vous accueillons dans notre caveau der Zeiten erfahren hat. Von ihrer grossen Biodiversität de dégustation tous les samedis matins, de 10h à 13h, et la semaine sur rendez-vous Anfang des 19. Jahrhunderts bis zu ihrem Identitätsdefizit je nach Konjunktur und den heute laufenden Arbeiten ch-1297 Founex, Grand-rue 18 t +41 22 776 54 02, mit geeigneter Klon-Auswahl, um den Chasselas aufzue dutruy@lesfreresdutruy.ch commandes on-line www.lesfreresdutruy.ch I L R O werten. Aber das soll uns hier nicht kümmern. Hingegen müssen wir uns bescheiden alle Zwänge der Geschichte in Erinnerung rufen, die Abhängigkeiten, die uns unsere Vergangenheit auferlegt. Wir sind eingeladen, diese mit der rasenden Entwicklung der Lebenswissenschaften, derFLYER_ADS_AOÛT_2018_110x148.indd 1 Ökologie, der Wirtschaft, dem sozialen Wandel, den Bräuchen und Sitten in Perspektive zu setzen. Indem wir uns die Struktur der kontrollierten Ursprungsbezeichnungen zu eigen gemacht haben, haben wir uns freiwillig einem Produktions- und Konsummodell unterzogen, das auf dem Terroir gründet (Herkunft = Aszendenz, Abstammung, Ahnenforschung). Die bekannten alten Weingegenden wie das Burgund oder das Bordeaux-Gebiet, die meisterhaft auf das Prestige ihrer grossen Weine setzen, spielen mit diesem Image, indem sie parallel dazu Markenweine kommerzialisieren (Mouton-Rothschild, 1er Grand Cru classé, verkauft zwölf Millionen Flaschen Mouton Cadet!). José Vouillamoz lädt uns als Experte ein, die Herausforderung anzunehmen: «Die Rückkehr der Konsumenten zu eleganteren, leichteren, verdaulicheren Weinen lässt auf eine Aufwertung (des Chasselas) auf lokaler und nationaler Ebene hoffen, indem der Akzent auf seine unterschiedlichen Ausdrücke gemäss den Terroirs gelegt wird.» Dazu muss eine dynamische Strategie und eine angepasste Kommunikation erarbeitet werden! Wie Stéphane Garelli betont: « Das grundlegende Ziel jedes Unternehmens ist der Aufbau einer Kundschaft.»

Cave suisse de l’année 2017

20.08.1


BE DIFFERENT. BE SWISS.

WYSCHIFF BÂLE, WYSCHIFF PFÄFFIKON, PFÄFFIKON, LUCERNE, LUZERN, BASEL, THOUNE, SOLEURE &&ZOUG THUN, SOLOTHURN ZUG VOYAGE DÉCOUVERTE DANS LE MONDE EINE REISE IN DIE ERLEBNISWELT SAVOUREUX DES WEINE VINS SUISSES DER SCHWEIZER Auf A l’occasion dem Wyschiff des Wyschiff, präsentieren des vignerons renommierte suisses Schweizer renommés Winzer sont mit fiersStolz de vous ihre neusten présenterWeinkreationen. leurs dernières créations Die meisten envon matière ihnende sind crus. Selbstkelterer La plupart aus d’entre traditionellen eux sont Familienbetrieben. des vignerons-encaveurs Viele der issus teilnehmenden de domaines familiaux ayant Produzenten haben excellé sich ces in den dernières letztenannées Jahren dans durchles höchste concours nationale nationaux und internationale et internationaux Medaillenränge en récoltant une pluie de médailles. ausgezeichnet. Sie freuen Ilssich, auront mit le Ihnen plaisir ihre de300 déguster Weine avec zu kosten. vous une Sie sind palette gespannt de 300auf vins IhretUrteil attendent – auf avecGespräch ein impatience unter votre Kennern jugement in persönlicher dans un lieuAtmosphäre. privilégiant le dialogue entre connaisseurs. Laissez-vous Lassen Sie sich séduire verführen et participez und begeben à ce voyage Sie sichcaptivant auf eine Reise dans le in monde die Erlebniswelt des vins suisses. der Schweizer Weine. Wir freuen Nous nous réjouissons uns auf Ihren d’ores Besuch! et déjà de votre visite ! Association Verein Wyschiff Wyschiff Schweizer Vignerons Winzer Suisses

AGENDA WYSCHIFF WYSCHIFF -DATEN 2018 2018/19: /19: Nouveau Neu

Wyschiff Event Événement Bern Berne Wyschiff Solothurn Soleure Wyschiff Zug Zoug

20 –– 21 20. 21.sept. Sept.2018 2018 08 –– 11 08. 11.nov. Nov.2018 2018 15 –– 18 15. 18.nov. Nov.2018 2018

Nouveau Neu

Wyschiff Wyschiff Wyschiff Wyschiff Wyschiff

01 –– 02 01. 02.fév. Feb.2019 2019 21 –– 24 21. 24.fév. Feb.2019 2019 21 –– 24 21. 24.mars März2019 2019 28 –– 31 28. 31. mars März 2019 2019 04 –– 07 04. 07.avril April2019 2019

Event ZürichZurich Événement Pfäffikon / SZ Luzern Lucerne Basel Bâle Thun Thoune

www.wyschiff.ch Eintritt: CHF 10.00


Qualité, émotions et plaisir...

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