Le Guillon Nr.54 - DE

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ZEITSCHRIFT DES WAADTLÄNDER WEINS

REVUELEGUILLON.CH

NR. 54 2019/1

WITH ENGLISH SUMMARY


Als Hauptsponsor ist Raiffeisen stolz den Concours Mondial de Bruxelles, vom 2. bis 5. Mai 2019 in Aigle, zu unterstützen Raiffeisen engagiert sich seit ihrer Gründung für die Förderung und Unterstützung der Landwirtschaft und der verschiedenen Anbaugebieten in allen Regionen der Schweiz. Die drittgrösste Schweizer Bankengruppe setzt sich für die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit des Landes ein. Sie ist heute besonders erfreut Teil eines Referenzevents im Bereich des Weinratings zu sein. Nach Peking findet in Aigle nun die weltweit grösste Weinveranstaltung statt, von dessen Einfluss mehr als 200 KMU oder Verbände in der Westschweiz profitieren werden.

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Wir machen den Weg frei


Editorial

Unvermeidlich!

© Pascal Besnard

Die Fête des Vignerons ist ohne Zweifel das Ereignis des Sommers 2019, das man keinesfalls verpassen darf. Die UNESCO hat den aussergewöhnlichen Charakter der Feier ausgelotet und sie im Jahr 2016 in die Liste des immateriellen kulturellen Erbes der Menschheit aufgenommen. Erbe, Kultur, Menschheit… genau um all das geht es. Ausgabe um Ausgabe, bis zu fünfmal pro Jahrhundert, glorifiziert die Fête des Vignerons die noble – aber oft undankbare – Arbeit in den Reben. Geleistet wird diese Arbeit von den Hütern

der Rebberge in Lavaux und Chablais, den sogenannten Tâcherons. Sie sind die Helden der grossen Feier in Vevey und das Hauptthema des Dossiers, das Ihre Revue dem Hochamt des Waadtländer Weinbaus widmet. Die FEVI (so der «Kosename» der Fête des Vignerons unter Organisatoren, Mitwirkenden und freiwilligen Helfern) feiert in allererster Linie die Arbeit in den Reben. Doch der Wein, der Zweck dieser anspruchsvollen Arbeit, spielt dabei ebenfalls eine wesentliche Rolle. Vier Weine – zwei weis-

Pascal Besnard Verantwortlicher Redakteur

se und zwei rote – mit dem Siegel der Fête 2019 stehen seit letztem Herbst den Liebhabern zur Verfügung. Zwei prestigereiche Chasselas – ein Dézaley und ein Yvorne – werden sich bald zum reichhaltigen Angebot der Fête des Vignerons 2019 gesellen. Das Ereignis, das sich wie der berühmte Gastroguide ganz in Rot präsentiert, verdient nicht nur einen Umweg, nein, es ist ganz eindeutig eine Reise wert!


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Le Guillon 54_2019/1 Titelbild: Das Logo der Confrérie des Vignerons, in den Farben der Fête und interpretiert von Estelle Hofer.

1 Editorial Fête des Vignerons 5 «Ohne Tâcheron keine Fête des Vignerons» 13 Klassische Weine und prestigereiche Crus 17 Die ganze Region nimmt am Fest teil 19 Die Mahlzeiten der Vignerons-Tâcherons 25 François Margot, Abbé-Président: «Die Fête des Vignerons hat Seltenheitswert!» 26 Winzer mit Gastgeberqualitäten 32 Burgunderinnen erliegen den Waadtländer Weinen… 34 Sayonara, Monsieur Keller ! 39 Grand Prix des Schweizer Weins 2018 44 Weisse Platin-Lorbeeren 2018 46 Concours Mondial de Bruxelles in Aigle 49 Die neuen Rebsorten leisten Widerstand Confrérie du Guillon 53 Botschaft des Gouverneurs 54 Die Artemis-Ressat 64 Propos de Clavende 66 Guillonneur in Basel 68 Adolf Ogi erhält den Guillon d’Or 70 Die Quatre Heures du Vigneron in Valeyres-sous-Rances 75 Lüften wir den Deckel, Werner Schürch 79 Porträt eines Conseillers, Olivier Mages 80 Die Kolumne von Michel Logoz

Revue Le Guillon GmbH, Ch. de la Côte-à-Deux-Sous 6, CH-1052 Le Mont-sur-Lausanne revue guillon.ch, www.revueleguillon.ch Le Guillon, die Revue des Waadtländer Weins erscheint zweimal jährlich in den Sprachen Französisch und Deutsch, mit englischen Zusammenfassungen. IMPRESSUM – Geschäftsführung : Dr. Jean-François Anken (Präsident), Luc Del Rizzo, Daniel H. Rey – Partner : Confrérie du Guillon, Office des Vins Vaudois, Label de qualité Terravin, Fédération des caves viticoles vaudoises, Section vaudoise de l’Association suisse des vignerons encaveurs, Service de l'agriculture et de la viticulture (SAVI), Service de la promotion économique et du commerce (SPECo) – Verantwortlicher Redakteur : Pascal Besnard – Mitarbeiter dieser Ausgabe : Pierre-Etienne Joye, Michel Logoz, Claude-Alain Mayor, Claude Piubellini, Luc del Rizzo, Pierre Thomas, Alexandre Truffer, Jean-Claude Vaucher, Eva Zwahlen – Übersetzung : Evelyn Kobelt, Eva Zwahlen, Loyse Pahud, IP Communication in English – Art director : stl design – Estelle Hofer Piguet – Fotografen : Sandra Culand, Edouard Curchod, Philippe Dutoit, Bertrand Rey, Hans-Peter Siffert – Fotolitho : l'atelier prémédia Sàrl – Druck : PCL Presses Centrales SA – Anzeigenleitung : Advantage SA, Isabelle Berney, regie@advantagesa.ch, +41 21 800 44 37 – Abonnemente : www.revueleguillon.ch – revue@guillon.ch – ISSNN 1423-7393

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Fête des Vignerons

Links: François Montet, Präsident der Fédération vaudoise des Vignerons

«Ohne Tâcheron keine Fête des Vignerons»

Rechts: Jean-François Chevalley, Präsident der Reb- und der Weinproben-Kommission der Confrérie des Vignerons

Pierre Thomas

Das ist die Überzeugung von François Montet aus Blonay, dem Präsidenten der Fédération vaudoise des Vignerons. Doch wer verbirgt sich hinter dieser durch und durch waadtländischen Spezialität? Und wird es den Tâcheron in zwanzig Jahren überhaupt noch geben?

Am 18. Juli um elf Uhr morgens werden fünf oder sechs Winzer ungeduldig auf die Krönung warten, Höhepunkt und gleichzeitig Beginn der ersten Aufführung der Fête des Vignerons. Kein Sterbenswort ist von den Resultaten des Rennens um die Krone 2019 durchgesickert. Der Entscheid wird um Haaresbreite ausfallen, in einer Prüfung, die nicht nach drei Jahren stattfindet, sondern, weil sich die Fête nicht unbedingt an den Dreijahres-Rhythmus hält, nach fünf Jahren, was 15 Kontrollen in zwanzig Jahrgängen entspricht. Letztere waren klimatisch seit 2014 nicht einfach und hielten manche Überraschung bereit, die es zu meistern galt, was die Rebkommission der Confrérie gebührend bewerten wird. Diese Kommission wird präsidiert vom Selbstkelterer JeanFrançois Chevalley aus Treytorrens im Dézaley, der gleichzeitig Präsident der

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Weinproben-Kommission ist. Nur zwei oder drei ihrer Mitglieder kennen das Klassement der Gekrönten (Gold, Silber, Bronze), die bisher nur Nummern sind, um die Berechnung ihrer Durchschnittsnote zu anonymisieren. Der Winzer hinter der Etikette Wer kultiviert die Waadtländer Rebberge? Denkt man überhaupt daran, wenn man seine drei Dezi Chasselas trinkt? Wer verbirgt sich hinter der Etikette einer Flasche? Ein Selbstkelterer, Besitzer oder Pächter seiner Parzellen? Ein Genossenschafter, dazu angehalten, seine Trauben der Kooperative abzuliefern, bei der er Mitglied ist? Ein Weinbauchef, angestellt von einem grossen Weinhaus? Oder dieser Vigneron-Tâcheron, ins Korsett eines sogenannten «Vignolage»Vertrags gezwängt – eine Waadtländer Spezialität –, der gemäss Gesetz, das

der Staatsrat am 27. Juli 1994 erlassen hat, den Regionen Lavaux und Chablais einerseits und der Côte andererseits vorbehalten ist? Mit seinen 51 Jahren und neun Hektar Reben, kumuliert der Präsident der Fédération vaudoise des Vignerons all diese Stellungen. Für François Montet ist der «Vigneron-Tâcheron ein Angestellter und ein Selbständiger»: ein ökonomisches Paradox wie wenige andere, etwa Postautochauffeure, Heimnäherinnen und einige freie Journalisten. Angestellt, ist er gleichzeitig auch Arbeitgeber, die Abrechnungen von AHV und 2. Säule durcheinanderbringend, von den Steuern gar nicht zu reden. Ein merkwürdiger Mischmasch, der aber seit Jahrhunderten andauert, genauer seit damals, als vor fast tausend Jahren Mönche, denen es an Arbeitskräften mangelte, Reben im Lavaux anpflanzten.

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©Philippe Dutoit

©Bertrand Rey

Daniel Lambelet, Präsident der Waadtländer Tâcherons

Jean-Daniel Suardet , durch und durch ein Weinbauprofi

«In den 1960er-Jahren waren die Tâcherons schlecht bezahlt. Sie haben dafür gekämpft, Sozialversicherungsschutz zu erhalten.» Daniel Lambelet, Vigneron-Tâcheron

Ein Vertragstyp, der ein Vierteljahrhundert alt ist In 25 Jahren hat niemand die Basis des von 1994 stammenden Vertragstyps in Frage gestellt, der zwar indexgebunden ist, sich aber eher parallel zum Weinmarkt als zu den Lebenshaltungskosten entwickelt… «In den 1960er-Jahren waren die Tâcherons schlecht bezahlt. Sie haben dafür gekämpft, Sozialversicherungsschutz zu erhalten», ruft der 63-jährige Daniel Lambelet in Erinnerung. Er ist einer der Vignerons-Tâche-

rons der Gemeinde Bourg-en-Lavaux und Präsident des Groupement vaudois des Vignerons-Tâcherons (GVVT), das 280 Mitglieder zählt, darunter eine Mehrheit von 170 Tâcherons, ergänzt durch Pächter von Rebbergen und Weinbauchefs. Gegen 40% der Waadtländer Weinberge werden von diesen Berufsleuten bewirtschaftet. Wie erklärt es sich, dass in 25 Jahren der Vertragstyp unverändert geblieben ist, ungeachtet der Entwicklungen in der Weinbautechnik? «Jeder kommt

No Labourers - No Festival That’s the opinion of François Montet, from Blonay, who is President of the Vaud Winegrowers’ Federation. But who’s behind this typical Vaud celebration? On 18th July, at 11 am, five or six winegrowers will be impatiently awaiting the crowning ceremony, the high point and prelude to the first Winegrowers’ Festival event. Nothing has leaked out about the results of the 2019 race for the

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crown. It was a very close race, based on fifteen tests over twenty seasons. Since 2014, they have included years of difficult weather conditions, with their fair share of challenges, all duly evaluated by the Confrérie’s Vineyard Commission. The Commission is presided over by JeanFrançois Chevalley, a winemaker from Treytorrens, in the Dézaley area, and president of the Sampling Commission. François Montet, now 51, president of the

dabei auf seine Kosten. Man stellt damit die einen wie die anderen zufrieden», kommentiert Jean-Daniel Suardet aus Yvorne. Auch er trägt mehrere Hüte. Doch während François Montet eine kleine Aktivität als Selbstkelterer ausübt, mit eigenen Rebbergen und eigenen Flaschen, ist Jean-Daniel Suardet in erster Linie Weinbauer. Er berät das Haus Obrist (75 ha) in Weinbaufragen und steht dabei anderen Vignerons-Tâcherons vor, während er auf dem Gut Clos-du-Rocher in Yvorne (11 ha) selber als Tâcheron ar-

Vaud Winegrowers’ Federation, gives the following description of the Festival hero: “The vineyard labourer is a salaried employee and a self-employed person”. He is both employee and employer, combining their respective pension plans (AVS and 2nd Pillar). A strange mix that dates back centuries and subsists to this day. In the nineteen sixties, the labourers were poorly paid. “They had to fight to obtain social security coverage”, recalls 63-years-old Daniel Lambelet, one of the vineyard labourer in the commune

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Fête des Vignerons

280 Hektar unter der Kontrolle der Confrérie Sie alle haben sich den Kontrollbesuchen der Experten der Confrérie unterstellt, die dreimal pro Jahr die mit einem Pflock («piquet») gekennzeichneten Parzellen bewerten, gemäss den Kriterien der saisonalen Arbeiten, seit 1996 nach Fläche und Hangneigung gewichtet, um abzuschätzen, wie mühselig die Arbeit ist. Total wird eine Fläche von 280 ha zwischen Lausanne und Lavey kontrolliert (von insgesamt gegen 1400 ha). 2018 waren die Zahlen nicht viel anders: 286 ha,

600 Parzellen von 70 Rebbesitzern, darunter rund dreissig öffentliche Institutionen (Gemeinden, Burgerschaften, Stiftungen), 94 Vignerons-Tâcherons, leitende Winzer oder Weinbauchefs. Nicht alle machen beim Wettbewerb mit, denn der ist denen vorbehalten, die seit mindestens zwei Jahren mehr als 45 Aren bearbeiten. Bei jedem Besuch wird eine Note von 1 bis 6 für die Arbeitsschritte im Weinbau verteilt. «Die Beherrschung der Erntemenge zahlt sich aus!», kommentiert François Montet, der die Prüfung mit philosophischem Gleichmut trägt: «Ich bearbeite die Reben unter dem wachsamen Blick der Confrérie genau gleich wie meine eigenen, aber ich gärtnere nicht.» Jede Beurteilung kann angefochten werden und die «Kontrollierten» werden empfindlicher, je näher die Fête rückt. «Die Zeit, als die Tâcherons keine Ausbildung hatten, ist vorbei. Heute sind sie genauso gut qualifiziert wie die Experten», findet der Präsident der Fédération vaudoise des Vignerons, der das ganze Jahr über einen Angestellten beschäftigt und ein oder zwei Winzerlehrlinge ausbildet. «Wir überarbeiten die Direktiven der Confrérie regelmässig, das letzte Mal 2014. Wir halten absolut Schritt mit der Entwicklung im Weinbau», versichert auch Jean-François Chevalley. Die acht Experten informieren sich ständig über die neusten Weinbaupraktiken.

Ein alter Vertrag und neue Bedingungen Auch wenn er damals zweifellos noch nicht «Vignolage» hiess, so existiert der von einem Notar beglaubigte Vertrag zwischen Rebbesitzer und Winzer gemäss Historikern mindestens schon seit 1391, erklärt der Jurist Denis Tappy*. Der Vigneron-Tâcheron muss nicht nur seine Arbeitsleistung zur Verfügung stellen, sondern auch die notwendigen Geräte kaufen und Personal engagieren, etwa für die Laubarbeiten und die Weinlese. Im Prinzip enden seine Tätigkeiten mit dem Abliefern der bestmöglichen Trauben, die in barer Münze und nicht in Naturalien bezahlt werden. Dieser Status hat viele Jahre lang hübsche ökonomische Erfolge ermöglicht. Seit 1993 und mit der Einführung der Mengenbegrenzung ist die Marge aber geschrumpft. Lavaux und Chablais verfügen über einen Vertragstyp, die Côte über einen anderen, bei dem die Grösse der Betriebe (die Côte zählt etwas weniger Parzellen als das Lavaux, aber dreimal grössere) und die Mechanisierung berücksichtigt werden. Im Lavaux mit seinen Rebterrassen konnten die Arbeitsstunden in den Reben verringert werden dank dem Anlegen sogenannter «banquettes» (in denen die Rebstöcke senkrecht zum Hang gesetzt sind), dank Mechanisierung mit kleinen Raupenfahrzeugen, dem Zusammenlegen von Parzellen, der allgemeinen Einführung

of Bourg-en-Lavaux. He is also president of the Vaud Association of Vineyard Labourers, with 280 members of which the majority (170) are labourers and the remainder are vineyard renters and managers. More than 40% of the vineyards in Vaud are cultivated by these experts. How does one explain the fact that despite the progress in winegrowing methods, the standard contract has not changed an iota? Jean-Daniel Suardet, from Yvorne points out: “It’s a win-win situation that makes everyone happy”. While François

Montet is a small-scale winegrower/winemaker who cultivates his own vines and bottles his own wine, Jean-Daniel Suardet is first and foremost a vinegrower. He is viticultural adviser to Obrist on their 75-hectare vineyards, where he also oversees the other vineyard labourers. At the Clos-du-Rocher estate (11ha), in Yvorne, he works as a vineyard labourer himself, while at Château Maison Blanche (10 ha), also in Yvorne, he fulfils the role of vineyard manager. At 57, in the morning of 18th July,

Jean-Daniel Suardet might well be the crowned hero in the festival arena. “That would be a tremendous reward!”, he says with a smile, admitting that he has a competitive spirit. He has twice - in 2011 and 2014 – come second in the triennial valuation of vineyard labourers, that has been taking place since 1805, between the Festivals.

beitet und parallel dazu als Chefwinzer auf dem benachbarten Château Maison Blanche (10 ha) wirkt. Mit seinen 57 Jahren könnte man ihn am 18. Juli morgens gut und gerne in der Arena wiederfinden. «Das wäre eine schöne Anerkennung! Ich liebe den Wettbewerb», lächelt Jean-Daniel Suardet. 1999 hatte er erst gerade auf Château Maison Blanche angefangen und war im Rennen nicht dabei, nahm aber trotzdem am Spektakel teil. Zwei Mal in Folge, 2011 und 2014, konnte er sich bei der «Triennale» als Zweiter klassieren; die Prüfung gibt seit 1805 den Rhythmus vor im Leben der Tâcherons zwischen zwei Festen. 92 von ihnen nahmen 2011 teil, im Jahr 2014 waren es 88 – der Beweis, dass der Beruf trotz wichtiger Umstellungen im Weinbau nicht am Verschwinden ist.

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Some 280 hectares under the supervision of the Confrérie The labourers’ work is surveyed by

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der Integrierten Produktion (IP), der Verringerung der Behandlungen usw. Zudem werden die Reben nicht mehr im Gobeletsystem erzogen, sondern auf Drahtrahmen. Laut dem IngenieurAgronomen Philippe Droz wurden die Stunden, die pro Jahr und pro Hektar auf die Bodenarbeiten verwendet werden, innerhalb von 50 Jahren von mehr als 500 auf weniger als 50 reduziert. Insgesamt, auf den ganzen Rebzyklus bezogen, vom Schneiden bis zur Ernte, «hat sich die benötigte Handarbeit im Vergleich zu den 1960er-Jahren fast auf einen Drittel verringert.»* Die Konsequenz? Um überleben zu können, waren die VigneronsTâcherons gezwungen, mehr Flächen zu übernehmen, nicht zuletzt, um ihr immer aufwendigeres Material zu rentabilisieren. «Früher konnte man von drei Hektar Reben im Lavaux leben, heute braucht es zwei- oder dreimal mehr», erklärt François Montet.

©Philippe Dutoit

Fête des Vignerons

Jean-François Franceschini , der schon 1999 gekrönt wurde

Die Emotionen der Krönung von 1999 Genau das stellt auch Jean-François Franceschini fest, Vigneron-Tâcheron der Gemeinde Yvorne und der Burgerschaft Aigle, auf dem Clos de la Blonaire, direkt neben dem Schloss Aigle, wo er ein halbes Dutzend «piquets» pflegt, also mit Pfösten gekennzeichnete (sprich von der Confrérie inspizierte) Parzellen. Insgesamt bewirtschaftet er mit seiner kleinen Equipe neun Hektar, eine kleine Fläche eigner Reben inbegriffen. Bei den letzten Triennalen lag der Tâcheron jeweils an der Spitze des Klassements…

Die Emotionen der Krönung kennt er aus eigener Erfahrung. Der Winzer der Gemeinde Yvorne (3,5 ha), der 2017 den 1er Grand Cru Clos de l’Abbaye gehegt und gepflegt hatte, der vom Waadtländer Staatsrat zum «Ehrenwein des Jahres 2019» erkoren wurde, erinnert sich an die Fête 1999: «Das hätte ich niemals erwartet. Das war eine riesige Überraschung! Um die Spannung zu steigern, ruft man die Winzer in umgekehrter Reihenfolge des Klassements auf… Ich war Vierter! Ich hatte gerade eine Diskushernie operiert. Und vor allem nie eine Winzerlehre gemacht, sondern nach dem Prinzip Learning by doing gelernt, indem ich vor Ort beobachtete und diskutierte. Im Moment der Berufswahl sagte mein Berufsberater, die Reben, das sei kein Beruf. So bin ich halt Zimmermann ge-

worden und habe in den Waadtländer Alpen Fenster eingepasst. Vielleicht bin ich dank diesem sehr präzisen Beruf bis heute sehr pingelig geblieben.» Heute, mit 61, wird Jean-François Franceschini von seinem Sohn Adrien, 36, unterstützt. Dieser ist ursprünglich Förster und hat wie sein Vater auf Rebbau umgesattelt.

Confrérie experts three times a year. They assess the parcels according to seasonal work criteria, weighted since 1996 for surface area and slope, to factor in the degree of work difficulty. Out of a total of 1,200 hectares of vineyards between Lausanne and Lavey, the inspection involves an area of 280 hectares. The vineyard labourer not only carries out the work but must also acquire the necessary tools and hire workers for

pruning and harvesting. These tasks cease once the grapes - the best possible - are delivered, with incentive pay paid in cash and not in kind. To earn a living and also to make new sophisticated material cost-effective, the vineyard labourers have had to take over larger surface areas. François Montet points out that, “Before, in the Lavaux region, we could keep going with three hectares; now we need two to three times as much”.

The hero crowned in 1999 was JeanFrançois Franceschini, a vineyard labourer who works for the Yvorne Commune and the estate of the Bourgeoisie d’Aigle. With his small team, he works nine hectares, including some parcels of his own vines, and topped the list at the last two triennial assessments. Looking back at the 1999 Festival, he recalls how hugely surprised he was when he was called up as one of the winners.

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Eine Frau im Führungstrio der Triennale Zurück im Lavaux, auf der Strasse nach Chardonne. Von ihrer Wohnung aus überblickt Corinne Buttet, 56, «ihre» Rebberge, von denen etwas weniger als 4 ha der Stadt Vevey gehören und 5,4 dem Haus Obrist. Sie ist eine der ganz wenigen weiblichen Waadtländer Vigneronnes-Tâcheronnes (im ganzen Lavaux gibt es nur drei). Die Tochter eines VigneronTâcheron freut sich, dass ihr 18-jähriger

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Fête des Vignerons

Sohn Julien den gleichen beruflichen Werdegang einschlägt: «Alle drei Vignerons-Tâcherons der Stadt Vevey haben je einen Sohn nach Marcelin geschickt.» Hinter den Winzern von Yvorne, Franceschini und Suardet, war sie es, die bei den letzten Triennalen jeweils auf dem Siegertreppchen stand. Und man kann nicht ausschliessen, dass der König dieses Jahr eine Königin sein wird! Das wäre eine historische Premiere… Corinne Buttet erinnert sich bestens an 1999: «Das war das Jahr, als ich – spät – meine Lehre in Marcelin begann. Ich wollte nicht als Teilnehmerin bei der Fête mitmachen: ich wollte wissen, ob ich es in den Reben packen würde. Das war eine Versuchsperiode für mich, im November 2000 habe ich meinen Vater abgelöst. Lange Zeit wollte ich nichts von seinen Reben wissen… dann hat mich mein Vater davon überzeugt, sie nicht einfach gehen zu lassen. Vielleicht habe ich deswegen meinen Sohn nie mit in die Reben genommen. Das hat er mir fast vorgeworfen!» Heute bewirtschaftet sie zusammen mit ihren zwei portugiesischen Angestellten, Vater und Sohn, rund 10 ha. «Vielleicht will ich, dass meine Besitzer nicht bedauern, eine Frau angestellt zu haben. Ich bin angefressen, pedantisch. Für eine Frau ist es anders als für einen Mann: Alles muss aufgeräumt sein,

wenn man den Rebberg verlässt! Ich liebe das Schneiden; die Reben sind wie ein Kind, dem man eine Richtung vorgibt. Dieses Metier übe ich aus Leidenschaft aus – nicht für eine Krone.» Die Arbeit auf ihrem Dutzend Parzellen wird von den Experten mit Sorgfalt und Wohlwollen bewertet. Der letzte Expertenbesuch, der das Klassement besiegelte, fand im September 2018 statt, vor der Weinlese. Seither gilt die Devise: Es wird kein Sterbenswort verraten… Das Fest des Tâcherons, nicht des Weins! Weiss man, dass die Fête des Vignerons die Tâcherons feiert und zelebriert? «Es gibt nur wenige, die denken, das Fest habe nichts mit der Qualität des fertigen Produkts, des Weins, zu tun. Meine eigenen Kunden wissen bloss, dass es die Fête des Vignerons gibt, sind sich aber ihrer eigentlichen Bedeutung nicht bewusst», gesteht François Montet. Lange Zeit räumte das Szenario des grossen Festspiels von Vevey denen, ohne welche die Fête des Vignerons keine

Daseinsberechtigung hätte, kaum den gebührenden Platz ein. Die Ethnologin Isabelle Raboud-Schüle erinnert daran, dass es bis 1999 dauerte, bis der Vigneron-Tâcheron in der Rolle* des Arlevin endlich die Hauptrolle spielte. «Ich persönlich habe die Figur des Arlevin sehr gemocht. Er war aussergewöhnlich, sogar betrunken. Denn es stimmt: wenn man den Wein nicht selber macht, dann trinkt man gerne ein Glas», findet JeanFrançois Franceschini. Um gleich anzufügen: «Ich bin nicht sicher, ob es ohne die Tradition der Confrérie noch waschechte Winzer durch und durch gäbe. Statt sich zu fragen, ob es 2037 noch VigneronsTâcherons geben wird, könnte man sich die Frage stellen: Gäbe es ohne die Fête des Vignerons das Statut des VigneronTâcheron noch?» Eine Pirouette, würdig eines Königs… Salomo!

*Die mit einem Stern versehenen Zitate stammen aus dem Buch «Acteurs de la vigne», Editions Antipodes, erschienen im Oktober 2018, 480 S., mit Beiträgen von rund 40 Autoren, Fr. 44.–, ISBN 9782-88901-152-0.

Corinne Buttet, die zweifellos gekrönt und, wer weiss, vielleicht sogar zur Königin ernannt wird?

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©Philippe Dutoit

A woman in the top three at the triennials In Lavaux, route de Chardonne, 56-year-old Corinne Buttet’s flat overlooks ‘her’ vineyards, partly owned by the Ville de Vevey (just under 4 ha) and partly by Obrist (5.4 ha). One of the very rare female vineyard labourers in Vaud (there are only three in Lavaux), she has followed in her father’s footsteps and is now happy to see her 18-year-old son, Julien, following in hers. In the last two triennial assessments, she came third after Franceschini and Suardet. And it’s not impossible that this year the king will be a queen! “Few people realise that the Winegrowers’ Festival celebrates the labourers. Not many are aware that it has nothing to do with the quality of the finished product, the wine. My own clients just know there’s a celebration, but not what it’s really about”, comments François Montet. And Jean-François Franceschini adds: “If it weren’t for the traditions of the Confrérie, I’m not sure whether the hard-core winegrowers would still be around”.

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Fête des Vignerons

Klassische Weine und prestigereiche Crus Alexandre Truffer Fotos : Philippe Dutoit

Eine Handvoll «klassischer» Crus sowie zwei Prestigeweine, allesamt mit dem Goldlabel von Terravin ausgezeichnet, wurden für die erste Fête des neuen Jahrtausends von den beiden Weinhäusern Badoux und Obrist vinifiziert. Daniel Dufaux und Léonard Pfister verraten uns die Geheimnisse dieser offiziellen Festweine.

«Bei der Fête des Vignerons 1999 hatte jede Appellation aus dem Lavaux ihren eigenen Wein. Die gesamte Arbeit, vom Kauf über die Vorbereitung bis hin zum Abfüllen dieser offiziellen Weine wurde von Obrist übernommen», erklärt Léonard Pfister, der Önologe des bekannten Weinhandelshauses in Vevey. In zwanzig Jahren hat sich viel verändert. So beispielsweise auch das System der Waadtländer Appellationen. Die Produktionsorte Lutry, Villette, Epesses, Saint-Saphorin, Chardonne und VeveyMontreux haben bei der Neufassung des Weingesetzes 2009 ihren Status als kontrollierte Herkunftsbezeichnungen verloren, um der übergeordneten AOC Lavaux Platz zu machen. Dasselbe gilt für das Chablais, wo der Name der Region die traditionellen Bezeichnungen Villeneuve, Yvorne, Aigle, Ollon und Bex abgelöst hat. Nur die beiden Grands-Crus-Appellationen Dézaley und Calamin konnten ihren Ausnahmestatus behalten, wenn auch erst nach längerem Zaudern, wie wir in früheren Nummern der Revue Le Guillon berichtet haben. «Die erste Frage, die sich stellte, war diejenige der Anzahl der offiziellen Weine für die Fête», erzählt Daniel Dufaux, Präsident der Weinkommission der Fête 2019. «Sollten wir uns auf zwei Weine beschränken oder zehn anbieten, wie beim letzten Fest? Wir wurden uns sehr schnell einig und haben uns für eine unkomplizierte Lösung entschieden.» Die Unterlagen von 1999 zeigen, dass nicht alle offiziellen Crus der vorhergehenden Ausgabe dasselbe Schicksal teilten. Ei-

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nige waren schon nach wenigen Tagen ausverkauft, weil sie dem Publikum offensichtlich deutlich besser mundeten als andere, die eher Mühe hatten, sich zu verkaufen. Die Weinkommission – zusammengesetzt aus Nicolas Joss, André Linherr, Christophe Rod, Willy Deladoey, Bernard Bovy und den zwei genannten Önologen – sprach sich in einem ersten Schritt für vier Weine aus, zwei weisse und zwei rote, wobei der eine jeweils aus dem Lavaux, der andere aus dem Chablais stammen sollte. «In einem zweiten Schritt hat Christophe Rod vorgeschlagen, noch einen Rosé hinzuzufügen, was uns berechtigt schien, denn die Nachfrage nach Rosé wird im Sommer gross sein», fährt Daniel Dufaux fort. «Nicht zu vergessen die beiden PrestigeChasselas, ein Dézaley und ein Yvorne, die in kleineren Mengen (je 5000 Flaschen) produziert und zu einem völlig anderen Preis verkauft werden», präzisiert Daniel Dufaux, der auch den Verband der Schweizer Önologen präsidiert. Zwei Jahrgänge für ein Ereignis «Wir haben das Glück, dass sich der Abbé-Président der Confrérie stark eingebracht hat bei der Auswahl der Weine für die Fête des Vignerons und diesen Aspekt nicht einfach an einen Verwalter delegiert hat, der sich nur um die Marge sorgt, welche diese Weine generieren könnten», freut sich der Direktor von Badoux Vins. Schliesslich wurde der berühmteste Anlass der Weinregion geschaffen, um die Arbeit der Vignerons-Tâcherons auszu-

Daniel Dufaux und Léonard Pfister zeichnen, die für Rebbesitzer arbeiten, die in der Confrérie des Vignerons von Vevey zusammengeschlossen sind. Auch wenn der Wein in den vergangenen elf Ausgaben des Festes jeweils in Strömen floss, so drehen sich die Riten dieser einzigartigen Feier – sei es der Umzug oder die Krönung der besten Traubenproduzenten – rund um die Arbeit in den Reben, nicht um den Keller. «Nach dem Umzug sind die offiziellen Weine allerdings die besten Vektoren der Kommunikation des Festes. Zudem: Zu einer Zeit, da der Vorverkauf der Tickets noch nicht abgeschlossen ist, da wird das Fest jedes Mal in den Gesprächen erwähnt, wenn die Leute eine unserer Flaschen trinken», glaubt Daniel Dufaux. 2019 wird übrigens das erste Mal sein, dass zwei Jahrgänge ausgeschenkt werden. «Der 2017er wurde im Frühling 2018 auf den Markt gebracht. Der 2018er, der nach demselben Prinzip verteilt sein wird – also zwei

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Chasselas, einer aus dem Lavaux, der andere aus dem Chablais, sowie je eine rote Assemblage aus jeder der beiden Appellationen –, wird im April 2019 in Flaschen abgefüllt.» Alle Flaschen werden eine Etikette tragen mit dem grafischen Auftritt der Fête: eine Traube, um die ein Vogel kreist. «Sobald die Strategie feststand, kümmerte sich Obrist um das Lavaux, Badoux dagegen um das Chablais. Für die klassischen Weine haben wir alle Produzenten der Region zu einem Angebot aufgefordert. Für die beiden Prestigeweine dagegen wurden nur diejenigen eingeladen, die Reben besitzen, welche von der Confrérie des Vignerons benotet werden», führt Léonard Pfister aus. Vom Chasselas-Jahrgang 2017 hat Obrist von 26 Lieferanten Traubenposten zwischen 500 und 2700 Kilogramm erhalten, die roten Trauben der Sorten Pinot noir, Gamay, Gamaret und Garanoir, aus denen

der Rotwein gekeltert wird, stammen dagegen von lediglich sieben Produzenten. «Für den Jahrgang 2018 sind die Zahlen sehr ähnlich. Das Interesse war gross, was sich leicht durch die eher grosszügige Ernte in diesen beiden Jahren erklären lässt.» Zudem wurde 2017 für ein Kilo Trauben, das für die Festweine bestimmt war, 50 Rappen mehr bezahlt als das, was von der Interprofession für das Jahr festgelegt worden war. Die grosse Unbekannte 2018 «Unser Hauptproblem ist es abzuschätzen, welche Weinmengen wir abfüllen sollen», gesteht Daniel Dufaux. «Bei der letzten Ausgabe der Fête, 1999, wurden innerhalb der zwei Festwochen nicht weniger als 200 000 Flaschen verkauft, ohne jeden Vorverkauf. Der Vergleich mit heute ist allerdings kaum möglich: Der Konsum sinkt tendenziell, doch die

Arena fasst mehr Besucher und vor allem werden die Weine während mehr als eines Jahres verkauft.» Im Moment unseres Gesprächs waren wenig mehr als 25 000 Flaschen des Jahrgangs 2017 verkauft. «Was nicht wenig ist», findet Léonard Pfister. «Insgesamt haben wir 60 000 Flaschen produziert, zwei Drittel Weisswein, einen Drittel Rotwein, halb Lavaux, halb Chablais. Was uns betrifft, so stellen wir fest, dass die Mehrheit der Weine von Privaten gekauft wird, doch die Restaurants beginnen auch langsam mitzuspielen. Zudem sind wir eine Partnerschaft mit Manor eingegangen; das Warenhaus wird diese Weine exklusiv an seinen Verkaufsstellen in Lausanne und Vevey anbieten.» Daniel Dufaux bestätigt, dass die ersten Verkaufszahlen ermutigend sind – zumal diese Weine mit 19 Franken pro Flasche für die rote Assemblage auf der Basis von Pinot noir

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Fête des Vignerons

und Gamay sowie für den Chasselas deutlich teurer sind als die durchschnittlichen Weine aus diesen Appellationen. Doch gibt es kein Mittel, um sicher zu wissen, ob man nun eher 300 000 oder 500 000 Flaschen des 2018ers abfüllen soll. «Wir werden das über den Daumen peilen müssen, aber nachdem die letzte Weinlese eher grosszügig war, besteht nicht das Risiko, dass uns der Wein ausgeht. Zudem sind mit Obrist und Badoux zwei grosse Weinhandelshäuser mit der Vinifikation betraut, die es gewohnt sind, mit derart grossen Mengen umzugehen», fügt der Önologe aus dem Chablais hinzu. Zudem glaubt er nicht, dass der Weinverkauf mit der letzten Aufführung der Fête abrupt abbrechen wird. Prestigeweine: Dézaley und Yvorne Die Fête des Vignerons 2019 mit Hilfe ihrer Weine etwas fortdauern zu lassen,

das ist auch die Ambition der beiden Prestigeweine. «Obrist hat den Dézaley 2017 übernommen, der ausschliesslich aus Parzellen stammt, die von der Confrérie des Vignerons gut bewertet wurden. Wir werden 5000 Flaschen davon produzieren, inklusive Pot Vaudois», erklärt Léonard Pfister. Kommerzialisiert werden soll er nur während der Fête, sein Preis dürfte zwischen 50 und 55 Franken pro Flasche liegen. Das gleiche gilt für den Yvorne, der vom Haus Badoux vinifiziert wird. «Einen Premium-Wein anzubieten war ein ausdrücklicher Wunsch der Confrérie und von François Margot», bestätigt Daniel Dufaux. «Wir haben festgestellt, dass die beiden Produktionsorte Yvorne und Dézaley ein grosses Renommee besitzen. Vielleicht sind nicht alle mit dieser Aussage einverstanden, doch wir mussten eine Entscheidung fällen. Ebenso, was die Rebsorte betrifft: ausschliesslich

Chasselas. Das ist nicht nur die identitätsstiftende Rebsorte unserer beiden Regionen, der Chasselas besitzt darüber hinaus ein exzellentes Alterungspotential. Der Yvorne wie der Dézaley werden aus dem Jahrgang 2017 stammen, denn wir sind der Überzeugung, dass diese Weine mindestens ein bisschen Zeit zum Reifen brauchen, um ihren Status als Ikonen zu verdienen – und damit ihren Verkaufspreis zu rechtfertigen. Wir stellen uns vor, dass diese Weine, deren Aufmachung noch der letzte Schliff fehlt, die aber in Holzkistchen verkauft werden sollen, vor allem von den wichtigsten Partnern der Fête bevorzugt werden.» Doch die Liebhaber können sicher sein: Diese Weissweine, die zweifellos Anspruch auf den Titel als teuerster Chasselas der Schweiz erheben können, stehen während der Fête des Vignerons 2019 vom 18. Juli bis zum 11. August allen zur Verfügung.

The Wines for the Winegrowers’ Festival

Classic Vintages and Prestige Wines Four classic vintages and two prestige wines have been produced by the Obrist and Badoux wineries for the first Winegrowers’ Festival in the 21st century. “The first question we had to ask ourselves was how many official wines we should offer at the Festival”, explains Daniel Dufaux, the director of Badoux and president of the 2019 Festival Wine Commission. We agreed very early on not to overcomplicate things. The commission opted for four wines: two whites, one from Lavaux and the other from Chablais, and two reds from the same two regions. We later added a rosé, bearing in mind that demand would be strong during the summer period (all five wines at 19 CHF per bottle). Then we also decided on two prestige Chasselas wines, a

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Dézaley and an Yvorne, which would be produced in small quantities, and sold in a higher price range”. For the first time, the 2019 edition of the Winegrowers’ Festival will be presenting two vintages - 2017 and 2018 - each comprising two Chasselas, one from Lavaux and one from Chablais, and two red blends from the same two regions. The 2017 vintage was already available for purchase in the spring of 2018, and the 2018 should be bottled in April 2019. The bottles will all carry the same labels with the Festival logo, representing a bird circling around a bunch of grapes.

The Lavaux wines have been produced by Obrist and the Chablais wines by Badoux. The two prestige wines are also intended to perpetuate the 2019 Winegrowers’ Festival. “The Obrist winery produced the 2017 Dézaley, which comes exclusively from parcels highly rated by the Confrérie des Vignerons”, explains the winery’s oenologist, Léonard Pfister. It will be marketed exclusively during the festival, at 50 to 55 francs per bottle. The same applies for the Yvorne prestige wine, produced by Badoux.

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Fête des Vignerons

Zum ersten Mal hat sich die Fête des Vignerons mit den Promotionsbüros der verschiedenen Regionen des Landes zusammengetan, um Weine aus der ganzen Schweiz zu präsentieren. Zwei Bereiche werden diesen Partnern vorbehalten sein; der eine wird von Swiss Wine Promotion geführt, der andere vom Office des Vins Vaudois (OVV). Alexandre Truffer Die Confrérie des Vignerons, welche Rebbesitzer aus den Regionen Chablais und Lavaux umfasst, präsentierte bei den letzten Ausgaben ihres Festes ausschliesslich Weine aus diesen beiden Gegenden. 2019 werden «Les Terrasses de la Confrérie», im Süden der Arena gelegen, zwei Räume beherbergen, welche den Waadtländer Weinen und den Weinen aus der ganzen Schweiz gewidmet sind – ein Symbol für einen Anlass, der mehr auf den Wein ausgerichtet ist und sich nicht mehr ausschliesslich an der Arbeit in den Reben orientiert. «Wir haben ein ähnliches Konzept entwickelt wie für das Montreux Jazz», erklärt Benjamin Gehrig, Direktor des Office des Vins Vaudois. «Das OVV hat die Produzenten ausgewählt, doch das Führen der Bar liegt in der Kompetenz der Confrérie.» In der Aufforderung an die Winzer aus dem ganzen Kanton, mitzumachen, wurde als

Ziel genannt, dem Publikum solle «eine Degustationspalette von Schaumweinen über trockene Weiss-, Rosé- und Rotweine bis hin zu Süssweinen» geboten werden, welche die Vielfalt der Waadtländer Weinregionen verkörpert. «Wir haben mehr als 130 Antworten erhalten», freut sich der Direktor des OVV. «Das zeigt die Offenheit der Waadtländer Winzer. Mit dem Willen, den unabhängigen Waadtländer Weinhandwerkern den Vorrang zu geben, eröffnen das OVV und die Fête des Vignerons den Besuchern die Möglichkeit, in der ersten Etage der ConfrérieTerrassen ein breites Sortiment von Weinen aus dem ganzen Kanton zu degustieren.» In diesen gemütlichen Räumen, welche die Leute zusammenbringen sollen, wird man auch die von Swiss Wine Promotion präsentierten Schweizer Weine verkosten können. Hier ist das Konzept etwas anders, denn die Weine aus

©OVV

Die ganze Region nimmt am Fest teil

«Wir haben ein ähnliches Konzept entwickelt wie für das Montreux Jazz» Benjamin Gehrig, Direktor des Office des Vins Vaudois

den eidgenössischen Weinbergen werden nicht verkauft, sondern nur zur Degustation angeboten. Es gibt zudem keine fixe Weinkarte, sondern einen an die kantonalen Tage angepassten Turnus. So wird Swiss Wine Promotion am Dienstag, 23. Juni, wenn Graubünden Ehrengast ist, die Pinots noirs und die Spezialitäten des grössten Schweizer Kantons ausschenken. Am 27. Juli hingegen kommen der Merlot und der Riesling-Sylvaner zum Zug, denn dieser Samstag fällt mit dem Kantonstag der Zentralschweiz und des Tessins zusammen. Am 8. August dagegen (wenn kein Kanton zu Ehren kommt) werden im helvetischen Promotionsraum Zweistaatenweine ausgeschenkt, Weine also, die im Ausland von ausgewanderten Schweizern gekeltert werden.

A Festival of Vine and Wine It is the first time that the Winegrowers’ Festival has partnered with promotion offices to present wines from all over Switzerland. Two organisations, Swiss Wine Promotion and Office des Vins Vaudois (OVV), will be given dedicated exhibition space. At previous events, the Confrérie des Vignerons (Winegrowers’ Fellowship)

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had presented wines exclusively from the Lavaux and Chablais regions. In 2019, to reflect the fact that the event is oriented not only to the work of the vine but also to wine, Les Terrasses de la Confrérie, south of the arenas, will accommodate two spaces for Vaud and other Swiss wines. To give priority to small independent winegrowers in Vaud, the OVV

and the Winegrowers’ Festival will give visitors the opportunity to taste a broad selection of wines from the different regions in the Vaud canton. Wine lovers will also be able to taste Swiss wines presented by Swiss Wine Promotion. However, the wines from vineyards outside the Vaud canton will be available for tasting only.

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Fête des Vignerons

Die Mahlzeiten der Vignerons-Tâcherons Die Arbeit in den Reben macht hungrig. Die tägliche Nahrung des Vigneron-Tâcheron hat sich im Lauf der Jahrhunderte gewandelt. Vom Gemüse, das zwischen den Rebzeilen wuchs, bis hin zu den soliden, direkt auf dem Gut eingenommenen Mahlzeiten gibt es eine Konstante: Terroirgerichte. Eintopf, Früchte und Gemüse, aber auch Brot und Käse. Denn auch die Sennen haben hier ihre Spuren hinterlassen. Alexandre Truffer

zwar durch und durch waadtländisch und die Ernährungsgewohnheiten ihrer Vignerons-Tâcherons sicher ebenso lokal, allerdings mit einigen «Eindringlingen» aus anderen Gefilden. Ganz besonders aus dem Kanton Freiburg, denn die Sennen von Veveyse oder La Gruyère haben wunderbare Spuren hinterlassen. (vgl. Kästchen S. 21)

Weinlese in der Region Lavaux im Jahr 1808, aquarellierter Stich von François Aimé Louis Dumoulin (Historisches Museum von Vevey) Pierre-Etienne Joye – Fotos : Sandra Culand Eine gefüllte Umhängetasche? Ein Picknickkorb? Nicht ganz. Etwas ganz Besonderes zum Knabbern? Durchaus. Doch heute stärkt sich der Vigneron-Tâcheron auf dem Weingut. Die Menüs sind kodifiziert nach Notwendigkeit und recht traditionell, um nicht zu sagen: regional. Heute verpflegt sich der Tâcheron, von Ausnahmen abgesehen, in der Kantine oder lässt sich Töpfe mit meist einzigartigen Gerichten liefern, die er bisweilen «auf der Mauer» isst. Stärkende Nahrung begleitet ihn vom Frühstück über den Pausenimbiss und den Apéro bis hin

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zum Mittagessen, dem Zvieri und natürlich dem Abendessen. Doch das war nicht immer so. Die Imbisse der Tâcherons könnte man sich heutzutage als gut gefüllte Körbe vorstellen, so wie sie die Arbeiter in den Seidenmanufakturen von Lyon frühmorgens mit sich schleppten. Das hat allerdings nichts zu tun mit irgendeinem «mâchon», garniert mit Frischkäse oder Wurstwaren aus Schweinefleisch, die mit etwas Beaujolais begossen werden. Obwohl… Blicken wir in die Vergangenheit zurück: Die Fête des Vignerons ist

Gemüse zwischen den Reben Was haben die Tâcherons von einst gegessen? Das, was sie gerade zur Hand hatten. Und was sie sich dank Einfallsreichtum, Savoir-faire und Sich-zu-helfen-Wissen zwischen die Zähne schieben konnten. Vergegenwärtigen wir uns den Kontext: «Im Ancien Régime und bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts sind die Tâcherons Arbeiter, die ihre Nahrung selber produzieren, vor allem dank Gemüsekulturen», erklärt Guillaume Favrod, Assistent im Archiv der Confrérie des Vignerons. «Zu dieser Zeit führen die Grundbesitzer einen richtigen Kreuzzug gegen illegale Kulturen, die zwischen den Rebparzellen wachsen.» In der Tat verfügen die Vignerons-Tâcherons damals nicht über phänomenale Mittel des Lebensunterhalts. Die tägliche Ration in flüssiger Form ist zweifellos lohnend, erlaubt aber lediglich den Kauf einfacher Esswaren. «Wein als Salär», fährt Guillaume Favrod fort, «der zum grossen Teil verkauft wird. Mit dem Geld, das er dafür erhält, kann der Tâcheron seine Einkäufe tätigen, aber das reicht nicht, um die Bedürfnisse seiner Familie abzudecken.»

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Ein Frikassee, bei dem jedem Tâcheron das Wasser im Mund zusammenläuft Die Tâcherons schwärmen für geschmorte Fleischgerichte? Daran soll’s nicht liegen. Hier einige Hinweise für ein klassisches Waadtländer Frikassee. Es ist nämlich ganz einfach: Es handelt sich um ein Schweinsragout, das im eigenen Saft gegart wird, aber erst, nachdem die Fleischstücke goldbraun angebraten sind. Für eine Runde von fünf bis acht Personen rechnet man zwei bis drei Kilo gewürfeltes Schweinefleisch vom Lendenstück, vom Hals oder der Haxe. Das Prinzip ist unfehlbar: Man brät das Fleisch in etwas Olivenöl an und bestäubt es leicht mit etwas Mehl. Dazu? Man hat die Wahl zwischen Karotten, kleinen Zwiebeln, Lauch und einem Gewürzsträusschen aus Kräutern, die dem Gericht ihr Aroma abgeben. Die Tradition verlangt Majoran. Und Weisswein, die Basisflüssigkeit für das Schmoren auf kleinem Feuer während gut zwei Stunden. Varianten sind möglich, indem man das Kochen des Fleisches umdreht: also zuerst Schmoren des Fleisches auf kleinem Feuer im Chasselas und dann Anbraten der geschmorten Stücke direkt vor dem Servieren, nappiert mit der Sauce. Auf alle Fälle serviert man dieses Gericht mit Herzblut – und Kartoffeln! Als Stock oder als Gratin. PEJ

Sabine Caruzzo, Historikerin und Generalsekretärin der Confrérie des Vignerons in Vevey, sowie Guillaume Favrod, Archivassistent der Confrérie

Im Chablais und im Lavaux ernährt man sich im 18. Jahrhundert sehr ähnlich wie in anderen Weinregionen der Schweiz. Die Basisnahrung ist vorwiegend pflanzlich. Als Entschädigung für seine Arbeit und die Übernahme der meisten Unterhaltskosten für die Rebberge, erhält der Vigneron-Tâcheron einen Anteil an der Ernte. Doch ein weiteres Mal genügt das nicht. Daher die Praxis, Viehzucht und Gemüseanbau mitten in den Reben zu betreiben, trotz offizieller Verbote. So findet man am Rand der Rebberge

oder gar zwischen den Rebzeilen Salatpflanzen. Wurzelgemüse, Obstbäume und Beerensträucher. Der Tâcheron ist oft ein Bauer, der sich um die Reben kümmert, daneben aber seine eigenen Pflanzen hegt und Bauernhoftiere aufzieht. Letztere liefern ihm Milch oder Eier für seine einfachen Mahlzeiten. «Die Rebberge sind die produktivsten Böden, da man sie am besten mit Dünger versorgt», fügt Sabine Caruzzo, Historikerin und Generalsekretärin der Confrérie des Vignerons, an. Die Tâcherons

Vineyard-Labourers’ Meals Let’s go back in time. The Winegrowers’ Festival is a traditional, typically Vaud festival and so it follows that the eating habits of the vineyard workers should also be typically local; yet there have been culinary incursions from outside, particularly from the canton of Fribourg: the cheesemakers from Vevey and Gruyere have had a delightful influence.

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Guillaume Favrod, the assistant archivist at the Confrérie des Vignerons, explained that under the Ancien Régime and up until the beginning of the 19th century, vineyard labourers grew their own vegetables. “Land owners were leading a crusade against those illegal crops which were planted in between the vine

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Fête des Vignerons

Der unverzichtbare Beitrag der Sennen und Hirten

parcels.” The vineyard workers had meagre means of livelihood, and although the daily liquid ration was certainly rewarding, it could only buy simple fare. “Most of the wine earned as a salary was immediately sold, and with that money the worker could acquire some food, but not enough to provide for his family”. Eating habits in the Chablais and Lavaux regions in the 18th century were similar to those in the other Swiss wine-

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Ohne den «Ranz des Vaches» und die Präsenz der Freiburger Sennen wäre die Fête des Vignerons unvollständig. Ihr Beitrag zur Ernährung ist also entscheidend. Ohne Sennen kein Greyerzer, kein Vacherin und kein Doppelrahm. Sie sind es, welche diese noblen Nahrungsmittel an die Küsten von Vevey liefern und bei der Parade der Fête mitlaufen. Das heisst: Zu Beginn sind es eher die Honoratioren, die sich für das Defilee als Sennen verkleiden. Bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts bleiben die Sennen wie im Waadtländer Jura auf den Almen und kommen nur ins Tal, um ihren Käse in die Reifekeller zu bringen. Sie kehren gleichentags zurück, mit der Milch des Tages und mit Brot. Ihre Nahrung? «Vor der Erfindung der Motorfahrzeuge, die es erlauben, Fleisch und Gemüse zu transportieren, begnügen sich Sennen und Bauern mit Molkesuppe, Quark und Rahm, den Nebenprodukten der Herstellung von Käse, welcher der bürgerlichen und urbanen Elite vorbehalten ist», fasst Isabelle Raboud-Schüle zusammen; sie ist Direktorin des Museums in Gruyère und ehemalige Konservatorin des Alimentariums in Vevey (Foto unten). «Im Lauf des letzten Jahrhunderts werden sich die Patrons bewusst, dass man die Angestellten motivieren muss, wenn der Laden laufen soll. Die Suppe ist eintönig…» So bringt man ihnen Käse und Fleisch. Doch man bleibt beim Einfachen. Eine Frage der Zeit und der Mittel, ein Kessel über offenem Feuer. Die Chaletsuppe wird reichhaltiger, die Berg-Makkaroni machen den Unterschied. Geräuchertes Fleisch ist eine Option, der Holzlöffel im gemeinsamen Teller. PEJ

growing regions. Meals were above all plant-based. A worker would receive a percentage of the harvest in return for his work and to cover most of the costs connected with vineyard maintenance. But again, that was not enough to live off. Hence the illegal practice of breeding livestock and growing vegetables in the midst of the vineyards. So, alongside the vines or between the rows of vine stocks one could find lettuce seed-

©Pascal Besnard

Ein Bankett zur Belohnung Seit den Anfängen der Confrérie des Vignerons im Jahr 1647 – seinerzeit «Abbaye de l’agriculture» (LandwirtschaftsAbtei) genannt –, werden Paraden durch die Stadt Vevey abgehalten mit einem Bankett als Höhepunkt. «Dieses Defilee folgt auf die Generalversammlung, bei der die Arbeit der Vignerons-Tâcherons bewertet wird; danach findet das traditionelle Bankett der Gesellschaft statt», präzisiert Sabine Caruzzo. «Der Spaziergang durch die Stadt wurde mit der Zeit immer mehr ausgebaut. Diese Zeremonie der Krönung der besten Reb­ arbeiter hat die ursprüngliche Parade in die Fête des Vignerons verwandelt, ab dem Jahr 1797.» Was bei diesem Bankett aufgetischt wird, bleibt trotz allem recht frugal; es sind Mahlzeiten, die den Hochzeitsfeiern der damaligen Zeit entlehnt sind: «Schinken, Käse, Suppen, Brot, Kuchen, Pasteten, Früchte und natürlich ein bisschen Wein», zählt Sabine Caruzzo auf. «Ab 1815 belohnt man die besten Vignerons-Tâcherons zwischen den Festen alle drei Jahre. Die Tradition des Banketts dauert an, mit Hauptge-

© Photo Glasson - Musée gruérien, Bulle

profitieren natürlich davon, um Kürbisse und andere Früchte oder Gemüse in den Rebbergen zu ziehen. «Birnen, Äpfel und Zwetschgen werden in grossen Mengen produziert. Und auch die Traubenbeeren werden manchmal einfach so gegessen, auch wenn sie in erster Linie für die Weinproduktion reserviert sind.»

lings, root vegetables, fruit trees and small fruit. The worker, who was in most cases a farmer, took care of the vines and at the same time grew crops and raised farm animals, which provided milk and eggs for simple meals. Sabine Caruzzo, a historian and the secretary general of the Confrérie des Vignerons, added that vineyards had the most productive soils, as they were amply fertilised with manure. The workers reaped the benefits

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richten, die oft aus Fleisch oder Fisch bestehen, dann aus Gruyère, Vacherin und Waadtländer Tomme.» Der Konsum von Käse war stets von zentraler Bedeutung bei den Feierlichkeiten in Vevey. Die Vignerons-Tâcherons nehmen an

Tischen sitzend daran teil, vor allem im Moment der Saint-Martin im November. «Bis Mitte des 19. Jahrhunderts dienten die Gestade von Vevey als Exporthafen für Freiburger Käse in Richtung Savoyen», erzählt Guillaume Favrod. «Fleisch

ist in der damaligen Ernährung nicht üblich. Ob Rinder oder Schafe, diese Tiere sind in erster Linie Arbeitsgeräte. Wenn sie gekocht werden, dann sind die Fleischstücke oft von minderer Qualität.» Das ist heute nicht mehr der Fall.

Interviews Yves Neyroud, Vigneron-Tâcheron der Stadt Vevey, leitet die Domaine des Gonelles, zwischen den Gemeinden Corseaux und Chardonne gelegen. Seine Frau Anne bekocht während der Weinlese oder der Laubarbeiten im Sommer Dutzende von Rebarbeitern. Ein Blick auf die Mahlzeiten der heutigen Tâcherons. Ein Winzer, der in den Reben arbeitet, hat Hunger. Welches sind seine Essgewohnheiten? Anne Neyroud: Der Znüni ist wichtig – eine stärkende Pause mit Wurst, Käse, Brot und einer Tasse Tee. Das Mittagessen dann konsolidiert den Magen. Ich schlage Schmorgerichte vor, Braten oder sogar garniertes Sauerkraut. Und Kartoffeln. Die Winzer sind erdverbunden, sie lieben Kartoffeln! Yves Neyroud: Traditionellerweise mögen Rebarbeiter tatsächlich Terroirgerichte wie etwa Papet vaudois oder Fleischragout, begleitet von Kartoffeln. Auch geschmortes Fleisch wird immer gern ge-

and planted marrows and other fruit and vegetables. “There was an abundance of pears, apples and plums. Grapes were primarily destined for making wine, but of course they were sometimes picked and eaten directly.” With the founding of the Confrérie des Vignerons in 1647 – at that time it was called the ‘Abbaye de l’agriculture’ – parades were organised through the streets of Vevey. Sabine Caruzzo explained that,

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gessen. Es braucht Gerichte, die Leib und Seele zusammenhalten. Und was ist mit dem Zvieri für grosse Kinder? Anne: Ich komme mit hausgemachten Kuchen in die Reben, meistens sind sie mit Zimt oder Schokolade zubereitet. Während der Weinlese backe ich etwa zwanzig Kuchen. Wir verteilen auch Brot, Schokolade und Apfelschnitze. Auch die Teekrüge dürfen nicht fehlen. Wir sind nicht mehr viele Winzerfamilien, die selber kochen zu diesen Gelegenheiten. Die meisten lassen einen Traiteur kommen… Und am Abend, nach einem langen Arbeitstag? Yves: Die Erntearbeiter lieben Röschti mit geschmolzenem Raclettekäse oder ein Käsefondue. Ich habe für die Winzermahlzeiten die kulinarische Tradition meiner Eltern übernommen. In diesem Kontext kommt es nicht selten vor, dass wir noch in den Rebbergen essen. Dann werden die heissen Pfannen in die Rebberge gebracht und wir essen sogar auf den Mauern.

“The processions took place after the general-assembly meeting held to evaluate the work of the vineyard labourers and was followed by the traditional banquet”. As time went by, the street processions grew in scope and importance and in 1797 the parade and the ceremony that rewarded the best labourers were transformed into the Winegrowers’ Festival”. Banquet meals were relatively frugal, based on typical wedding meals of the period: ham, cheese, soup, bread,

Yves und Anne Neyroud Anne: Ab 18 Uhr ist es Zeit für den Apéro. Weisswein. Apérogebäck oder Amusebouches bereite ich dann allerdings nicht zu…! Dafür gibt es etwas Währschaftes zu essen. Die Menüs? Kürbissuppe und Apfelkuchen zum Beispiel… Pasta mit Gorgonzola oder Tartiflette (Kartoffelgratin mit Käse) sind auch sehr beliebt bei den Saisonniers. Ein Waadtländer Znacht, das hauptsächlich aus Käse und Kartoffeln besteht, bleibt ein Muss! Das Gespräch führte PEJ

tarts, pies, fruit and obviously, some wine. As from 1815, between the festivals and every three years, the best vineyard labourers are assessed and granted awards. The banquet tradition continues to this day, with main dishes often composed of meat or fish, followed by gruyère, vacherin and tommes vaudoises. Cheese has always been central to Vevey festive meals. The vineyard workers join the banquet on Saint Martin’s day, in November.

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Fête des Vignerons

François Margot, Abbé-Président:

«Die Fête des Vignerons hat Seltenheitswert!» Text und Foto : Pascal Besnard François Margot «Ich bin der patentierte Handelsreisende der Fête des Vignerons!». François Margot versteht es, die vergangenen Monate treffend zusammenzufassen. Er ist kreuz und quer durch die Schweiz gereist, um das Fest zu «verkaufen». Zwei Mal hat er aus dem gleichen Grund den Ozean überquert. In New York, Los Angeles, Montreal, Toronto oder Vancouver hat er Halt gemacht, um die Nordamerikaner zu überzeugen, dass der Anlass in Vevey unumgänglich ist. Macht ihm diese Reiserei zu schaffen? Der Abbé Präsident gesteht eine Spur von Überdruss ein, die immer gleichen Argumente zu erläutern. Aber im Gegenzug spüre er «die Freude, die Leute mit einem Thema zu berühren, das sie interessiert. Das Fest ist eine Tradition, die es verdient, dass man auf sie aufmerksam macht und sie einem vielfältigen Publikum vorstellt. Das ist eine Pflicht.» François Margot erzählt von den bewegenden Momenten, die ihm Gesprächspartner bescherten, wenn sie in ihren Erinne-

rungen an die Fêtes des Vignerons 1999, 1977 oder gar 1955 schwelgten! Der nur langsam angelaufene BillettVerkauf beschäftigt den Abbé-Président: «Kommerziell ist es nicht ganz einfach. Wir werben nur alle zwanzig Jahre um Zuschauerinnen und Zuschauer! Aber alle Anlass-Organisatoren kennen das Phänomen: Die Käufer entscheiden sich erst in letzter Minute.» Wie überzeugt man die Unentschlossenen am besten? «Wenn Sie sich für Skirennen begeistern, können Sie im Januar 2020 ans Lauberhornrennen reisen… und jedes darauf folgende Jahr ebenfalls. Die Fête des Vignerons hat dagegen Seltenheitswert und es lohnt sich, jetzt die Gelegenheit zu nutzen. Das Fest verfügt über eine Authentizität, die es von jedem anderen Anlass unterscheidet. Da sind insbesondere die starken Bande zur Scholle, zu den Wurzeln. Wir sind daran, etwas Einmaliges, Fröhliches, Lebhaftes zu inszenieren, und das vor einer einmaligen Kulisse. Ich glaube nicht,

dass in Europa schon einmal eine derart aufwändige Feier geboten wurde, ein so emotionaler und starker Moment.» Fête des Vignerons: 18. Juli - 11. August 2019 www.fetedesvignerons.ch

The Winegrowers’ Festival "I’m the authorised travelling salesman of the Winegrowers’ Festival!”. François Margot has found an excellent title for himself that encapsulates the work he’s been doing over the last few months travelling across Switzerland and crossing the Atlantic twice with the mission to ‘sell’ the Festival. The Abbot-President admits to being just a tad weary of repeating the same speech over and over. But on the other

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hand, there’s “the pleasure of being able to address people who are interested. The Festival is a unique tradition that deserves to be made known and presented to diverse audiences. We have a duty to do so.” Slow ticket sales are a concern: “Marketing the event isn’t easy. We hold it only every 20 years! But then all event organisers realise that nowadays people tend to buy tickets at the last minute.” How can we persuade the undecided to

come? “The Winegrowers’ Festival is such a rare event that it’s a shame to miss this chance. Its authenticity sets it apart; its strong connection to the land. We’re preparing a joyful, upbeat happening, with a rich programme, in a unique environment. I don’t think that a celebration of such magnitude and of such intense emotional content has ever been presented anywhere in Europe.”

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Winzer mit Gastgeberquali Seit zehn Jahren sind sie ein fixer Termin in der Agenda von Weinkennerinnen und Weinliebhabern: die Tage der Offenen Waadtländer Weinkeller. Sie finden stets am Pfingstwochenende statt, dieses Jahr also am 8. und 9. Juni 2019. Ein Augenschein bei vier Gastgebern aus vier Regionen. Eva Zwahlen Fotos : Hans-Peter Siffert Im Jahr 2018, bei der neunten Ausgabe der Offenen Waadtländer Weinkeller, schenkten 300 Winzerinnen und Winzer im ganzen Kanton ihre Weine aus, führten durch ihre Keller und erklärten ihre Philosophie. Rund 100 000 Besucherinnen und Besucher nahmen die Einladung an – bei der ersten Ausgabe waren es erst 50 000 gewesen – und besuchten «ihre» Winzer, aber auch andere, ihnen noch unbekannte Betriebe. Etwa ein Drittel der Besucher stammt aus der Deutschschweiz. Einige Produzenten zeichnen sich durch echte Gastgeberqualitäten aus, punkten mit speziellem Ambiente, kulinarischen Köstlichkeiten, atemberaubender Aus-

sicht. Oder mit allem zusammen. Vier von denen, die mehr bieten als «nur» ihre Weine, haben wir besucht. Poulet vom Grill, Dixieland und Swing Die Domaine de la Baudelière in Aigle – ein schmuckes Herrenhaus mit gepflegtem Garten und einem Gewölbekeller mit ehrwürdigen alten Holzfudern, umgeben von Rebbergen – ist ein Gut wie aus dem Bilderbuch. Die Tür öffnet sich weit und heraus drängt die überschwänglich fröhliche Hündin Flag, gefolgt von Stéphanie Delarze. Stéphanie, welche den Betrieb als blutjunge Frau zusammen mit ihrer Mutter Christine vom Grossvater übernommen hat, ist

Open Days at the Vaud Wineries For the last ten years, this has been a key Whitsun event for wine lovers. This year, it will take place on 8th and 9th June. At the 9th edition of Open Days in 2018, some 300 winemakers uncorked their wines for the enjoyment of some 100,000 visitors, one-third of whom were from the German-speaking part of the country. Some producers have proved to be particularly skilled in the art of hospitality.

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Offene Waadtländer Weinkeller

itäten mittlerweile offiziell die Chefin, auch wenn die Mama, fast so energieladen wie Hündin Flag, aktiv ist wie eh und je. «Wir haben früher immer bei Aigle Verre en Main mitgemacht, das nun vom kantonalen Anlass abgelöst wurde oder, wie die Alten sagen, das uns das OVV gestohlen hat…», erzählt Stéphanie lachend. «Es war meine Mutter, die fand, man könne den Gästen unmöglich nur zu trinken, aber nichts zu essen anbieten…» Christine Delarze doppelt nach: «Unsere Weine sollen doch richtig gewürdigt werden.» Und so werden denn bei den Damen Delarze am Pfingstsamstag Hühner im Akkord gebraten, «Hühner aus der Schweiz», wie Stéphanie betont. Am Pfingstsonntag übernimmt ein Racletteur das Szepter, sprich das Raclettemesser... Für das leibliche Wohl ist also gesorgt. Und für die beschwingte Stimmung ist das Beal Street Old Time Jazz Quartet mit New Orleans Jazz, Dixie, Blues oder Swing zuständig.

Grilled chicken, Dixieland and Swing Stéphanie Delarze was still quite young when she took over the Domaine de la Baudelière in Aigle from her grandfather. She is now the manager of the estate, although her mother is still very much involved. Stéphanie tells us that in the past they always used to take part in the Aigle, Glass in Hand event, which has now been replaced by the OVV’s (Office des Vins Vaudois) cantonal event. It was her mother’s idea to serve some food at

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Christine und Stéphanie Delarze – www.labaudeliere.ch

«Wir sind nachher jeweils nudelfertig, aber es ist ein toller Anlass», finden Mutter und Tochter. Die Besucher können bequem zu Fuss ins pittoreske Klosterquartier direkt unterhalb des Schlosses spazieren. «Wir haben auch dort einen Stand mit unseren Weinen – und mit denen meines Mannes», erzählt Stéphanie. Serge Diserens, den Stéphanie beim Önologiestudium in Changins kennengelernt hat, bewirtschaftet sein eigenes Weingut, die Domaine des Moines in Villeneuve, «doch es finden viel

weniger Besucher den Weg nach Villeneuve als nach Aigle». Warum haben sie die beiden Güter denn nicht zusammengelegt? «Dann würde ich jetzt wohl im Büro versauern», scherzt sie. «Zudem: Wein ist etwas sehr Persönliches, jeder hat seine Handschrift. Das wollten wir bewahren.» Genau deswegen schätzt es die Kundschaft, die Menschen hinter den Weinen kennenzulernen. «Wein ist auch und vor allem Emotion, es braucht eine Geschichte dazu – die erfahren die Leute, wenn sie uns besuchen.» Die Offenen

the tastings to show off their wines in the best possible way. That’s how, on Whit Saturdays, the Delarze ladies started offering grilled chicken. On Whit Sundays, a cheese ‘scraper’ takes over and prepares a raclette. And to crown it all, the Beal Street Old Time Jazz Quartet create a vibrant atmosphere with their New Orleans, Dixie, Blues and Swing music. “Clients like to meet the people behind the wine they’re drinking”, Stéphanie explains. “Wine is above all a matter of emo-

tions. People want to know its story, so we tell them all about it.” In her opinion, the Open Days event is an excellent way of promoting local winemaking. “Visitors can be shown where the wine comes from, how it’s made and how it’s vinified. That fuels their interest and gives them some insight into the painstaking work involved. Alongside their brisolée (a chestnut and cheese speciality) party organised in the autumn, Open Days is the most important event of the year for the

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Offene Waadtländer Weinkeller

Weinkeller sind eine glänzende Werbung für den lokalen Weinbau, findet Stéphanie, sie zeigen, woher der Wein kommt, wie er wächst und vinifiziert wird. Und sie wecken Verständnis für die Arbeit und die Sorgen der Winzer. «Für uns ist das neben der Brisolée im Herbst der wichtigste Anlass des Jahres. 2018 hatten wir wohl etwa 500 bis 600 Leute auf dem Gut. Hoffentlich spielt auch dieses Jahr das Wetter mit!» Biodynamisches Panorama Im Lavaux herrscht an Pfingsten jeweils Hochbetrieb. Dank Pendelbussen werden die Önophilen in Scharen zu den Weingütern gebracht, die beim Anlass mitmachen, so auch zur etwas abseits gelegenen Domaine Piccard hoch über Lutry. «Die Sportlicheren kommen zu Fuss», erklärt Jean-Christophe Piccard, «und haben nach dem Aufstieg mächtig Durst!» Zweifellos sind sie wie wir in Bann geschlagen vom atemberaubenden Blick über die Rebterrassen des Lavaux, hinunter auf den von keiner Welle gekräuselten See und die Berggipfel am Horizont. Abendliche Sonnenstrahlen brechen durch die Wolken. «Ich bin dankbar, hier geboren zu sein», meint Jean-Christophe Piccard, «artisan de la terre» in vierter Generation, «aber es ist auch eine tägliche Herausforderung…» Der Winzer hat sich ganz der Biodynamik verschrieben. Die Weine, die auf seinen zwei Hektar Reben rund ums Wohnhaus

Domaine de la Baudelière, which last year welcomed between 500 and 600 visitors. A panoramic view of biodynamic winegrowing In the Lavaux region, there’s a lot going on at Whitsun when the Open Days event is in full swing. Buses shuttle wine lovers to the participating estates, even to the more remote ones such as Domaine Piccard, situated high above Lutry. Jean-Christophe Piccard points

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Jean-Christophe Piccard – www.domainepiccard.ch

wachsen, vom Chasselas bis zum barriquegereiften Plant Robert, haben seit 2018 Anrecht auf das Label Demeter. «Seit zehn Jahren verwende ich weder Herbizide noch Insektizide oder chemischen Dünger.» Bei den Offenen Weinkellern 2019 werden die Kunden den zertifizierten Wein allerdings noch nicht verkosten können, «denn meine Weine brauchen Zeit». Sogar der Chasselas. Der Anlass bringt dem Winzer, der sich selber als «freien Geist» bezeichnet, willkommene neue

Kundschaft, denn: «Seit der Umstellung auf Biodynamik stelle ich einen grossen Wechsel bei den Kunden fest.» Das Bewirten der Leute liegt ihm, nicht umsonst hat er einen Weintourismus-Kurs besucht. «Wir bieten verschiedene kleine Häppchen und Bruschetta an, und natürlich ist die Musik ein wichtiges Element.» Befreundete Musiker wie Alexandre Cellier oder die amerikanische Sängerin Katt sorgen für Stimmung. «Die Offenen Weinkeller sind eine gute Sache – wir haben immer viel Spass!»

out that sporty people walk up and by the time they reach his estate they’re really thirsty! Of course, they are also mesmerised by the extraordinary view overlooking the streaming vines, the mirror-like lake stretching below, and the Alpine peaks floating on the horizon. A fourthgeneration winegrower, Jean-Christophe Piccard admits that he’s lucky to follow in his ancestors’ footsteps, but it’s a constant challenge. He has fully adopted the biodynamic approach to viticulture; last

year his vineyards, that cover a surface of two-hectares planted to grapes ranging from Chasselas to Plant Robert matured in barrels, were awarded the Demeter certification. Piccard appreciates the Open Days event in that it brings him new clients. Interestingly, since his conversion to biodynamic agricultural methods, he has noticed a huge change in client profile. At the event, he offers small appetisers, canapés and bruschetta – and there’s also some music!

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Taillé aux greubons, Malakoffs & Co. Im offenen Kamin knistert einladend ein Feuer, aus der Küche nebenan ziehen höchst verlockende Düfte ins Carnotzet. Nicht lange, und Winzer Stéphan Schmidt und seine Frau Hélène, ausgebildete Köchin, tragen ein riesiges Holzbrett, beladen mit regionalen Leckereien, herein und tischen üppig auf: grillierten Speck, Fleischpastetchen, eine aufgeschnittene Saucisse au Marc du Muscat, die süchtig machende Spezialität «Taillé aux greubons» und natürlich die berühmten Malakoffs. Wir lassen uns nicht zweimal bitten und greifen tüchtig zu. «An den Tagen der Offenen Weinkeller kommen dann» – neben Schwyzerörgeli und Alpenchor – «noch Crêpes, Raclette und

verschiedene Kuchen dazu», erzählt Stéphane und öffnet seinen Vieilles Vignes, wie alle seine Chasselasversionen mit dem Goldlabel von Terravin ausgezeichnet, «darauf lege ich grossen Wert!» Das Ganze ist also ein urschweizerisches Vergnügen. Das passt, denn die Cave du Vallon war die erste Schweizer Kellerei, welche die rote Armbrust, das Zeichen für «swiss made», auf ihre Flaschen drucken durfte. «Es bedeutet mir viel, Schweizer Wein zu produzieren, Waadtländer Wein, Wein aus Lavigny…» Stéphane und Hélène Schmidt sind die geborenen Gastgeber, herzlich und bodenständig. «Wir investieren lieber in unsere Kunden als in Weinconcours», finden sie. Die ganze Familie hilft beim

Anlass mit, sogar die Kinder, die sich so ein Taschengeld verdienen können. Bis letztes Jahr war das ganze Schlaraffia-Angebot gratis, neu schicken die Schmidts ihren Kunden Bons für all die Köstlichkeiten, neue Besucher dagegen bezahlen einen sehr bescheidenen Unkostenbeitrag. «Wir verkaufen halt auch Träume…», findet Stéphane. Solche der lukullischen Art!

includes pancakes, raclette and cakes, accompanied by accordion and Alphorn music. Stéphane opens a bottle of Vieilles Vignes; it bears the Terravin gold label as do all his Chasselas wines. His Cave du Vallon was the first winery to win the right to stick the Swiss-made logo, depicting a red crossbow, on his labels. Stéphane et Hélène Schmidt have a natural sense of hospitality and prefer to invest their

efforts in client-friendly activities rather than competitions. The whole family contributes to the Open Days activities, including their children who are happy to earn some pocket money.

Kreuzgang und Terroirprodukte Sie ist nicht leicht zu finden, zumindest, wenn man von der falschen Seite kommt, die Domaine de la Lance in Concise, nicht weit von Ufer des Neuenburgersees gelegen. Kurz beschleichen einen auch Zweifel, ob man hier überhaupt willkom-

Links: Stéphane und Hélène Schmidt – www.caveduvallon.ch Rechts: Stéphane Sandoz – www.lalance.ch

Taillés aux Greubons (savoury pastries flavoured with bacon), Malakoffs (fried cheese balls) and other specialities The fire crackles joyfully as we sit down in the carnotzet. Our hosts, Stéphane Schmidt and his wife Hélène, a trained cook, bring us a huge selection of fried bacon, meat balls, Muscat-flavoured sausage, taillé aux greubons and, of course, some Malakoffs. On Open Days, their palette of delicacies

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A cloister and local produce Domaine de la Lance in Concise is an ancient Carthusian monastery built during the first half of the fourteenth century, and

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Offene Waadtländer Weinkeller

men ist. Kurzerhand ignorieren wir die abschreckenden Tafeln – «Privat! Zutritt verboten!» – und sehen uns unvermittelt in eine andere Zeit versetzt. Pferde grasen unter Baumriesen, neben einem ausgedehnten Gebäudekomplex mit Scheunen und Stallungen, dessen religiöser Ursprung nicht auf den ersten Blick zu erraten ist. Kein Wunder, wurde doch das in der ersten Hälfte des 14.  Jahrhunderts erbaute Kartäuserkloster bei der Schlacht von Grandson teilweise zerstört. Nach der Eroberung durch die Berner und die Vertreibung der Mönche wurde die Kirche in einen Weinkeller mit Torkel umgewandelt. In seiner ganzen Schönheit erhalten geblieben ist dagegen der zauberhafte Kreuzgang.

Hier werden an den Tagen der Offenen Weinkeller die Weine des Guts ausgeschenkt, hier können sich die Besucher ein Raclette schmecken lassen oder an diversen Ständen regionale Terroirprodukte wie Konfitüren, Würste oder Käse kaufen. Stéphane Sandoz, dessen Familie das Landgut mit acht Hektar Reben und dreimal so viel Ackerfläche seit mehr als hundert Jahren pachtet, ist Landwirt, Winzer und Önologe. Mangels eines modernen Kellers wird der Wein allerdings bei Schenk vinifiziert. «Die Zusammenarbeit mit dem Chefönologen Thierry Ciampi ist ausgezeichnet – er weiss haargenau, was ich will.» Im «roten Bonvillars» setzt Sandoz als Produzent mit dem grössten Chasselasanteil

einen spritzig-frischen weissen Akzent. Zu den Caves Ouvertes schreibt er seine eigenen Kunden nicht extra an, «die laden wir per Mailing zu Degustationen im September und Dezember ein.» Etwa 10% seiner Kunden kommen aus der Deutschschweiz, «doch sie kaufen 60% der Produktion und sind erst noch treu!» Neue Kunden aus der Deutschschweiz zu finden, ist also immer ein Glücksfall. Und da helfen die Offenen Weinkeller. Auch der eine oder andere kulturell Beflissene, der eigentlich bloss wegen der ehrwürdigen Mauern kommt, konvertiert schliesslich zum Kartäuser-Wein. Den Offenen Weinkellern sei Dank!

partially destroyed at the time of the battle of Grandson. After the Bernese conquest and the expulsion of the monks, the church was converted into a wine press and a library, while the magnificent cloister was preserved intact. If you visit this inspiring site situated close to the shores of the Lake of Neuchâtel during the Open Days event, you can taste the wines produced on the estate, enjoy

a raclette, and stock up at the different stands on local jams, sausages, cheeses and other local produce. Stéphane Sandoz has taken over the management of the estate that has been in his family for more than a century. It comprises 8 hectares of vineyards and three times as much agricultural land. His skills include farming, vine growing and oenology. For lack of a modern winery, he has

his wine vinified by Schenk. In the midst of this predominantly red Bonvillars area, Stéphane Sandoz is the most prolific producer of Chasselas. Although only 10% of his clients are from the German-speaking part of the country, they purchase 60% of his production and are loyal clients. Sometimes they come to admire the beauty of the cloister and end up converting to wine!

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Winzerinnen

Burgunderinnen erliegen den Waadtländer Weinen… Alexandre Truffer Fotos : Sandra Culand «Wir rechneten mit einem Austausch, wir entdeckten eine begeisternde Region und wurden hervorragend empfangen», erklärt Marie-France Audoin am Schluss des Essens, das den Aufenthalt der fünf burgundischen Winzerinnen in der Waadt beschliesst. Alles begann im Frühling 2018: «Ich war in Dijon, um meine Fotos auszustellen», erzählt Pierre Keller, «und es blieben mir drei freie Stunden. Ich fragte den Sommelier des Restaurants, wo ich ass, um Rat und dieser schickte mich zur Domaine Charles Audoin.» Die Idee, Winzerinnen, Waadtländer Weine und Burgund zusammenzubringen, wurde bei diesem unvorhergesehenen Besuch geboren. Sechs Monate später findet in den Salons des Beau-Rivage Palace in Lausanne die

Als letzte aufsehenerregende Aktion von Pierre Keller angekündigt, verbuchte die Begegnung zwischen Burgunder und Waadtländer Winzerinnen einen Achtungserfolg, der das Office des Vins Vaudois dazu bringen könnte, dieses Treffen unter «Terroirist(inn)en» fortzuführen. erste «Begegnung der Terroirs» zwischen Waadtländer und Burgunder Produzentinnen statt. Das Grüppchen der Besucherinnen setzt sich zusammen aus Lyne Marchive von der Domaine des Malandes in Chablis, Clothilde Davenne von der Domaine Les Temps Perdus, ebenfalls aus Chablis, Anne Sophie Debavelaere aus Rully, Sylvaine Normand von der gleichnamigen Domaine in La RocheVineuse und natürlich Marie-Françoise Audoin aus Marsannay-La-Côte. Unter den Gastgeberinnen findet man zwei renommierte Kellereien der Côte – die Domaine de Satyre von Noémie Graff und die Domaine Henri Cruchon, vertreten durch Catherine Cruchon –, einen Familienbetrieb des Lavaux, die Cave Champ de Clos, geleitet von Christelle Conne,

sowie zwei Produzentinnen – Madeleine Ruedin aus dem Vully und Anne Müller aus Yvorne – die seit einigen Jahren dank ihren charaktervollen Weinen anerkannt sind. Eine lange gemeinsame Geschichte Die Verbindungen zwischen dem Burgund und der Waadt sind eng und reichen weit zurück. Im 5. Jahrhundert war das Waadtland (Pagus Valdensis) bereits Teil des ersten Burgunder Königreichs. Tausend Jahre später gehen die Unabhängigkeit des Burgunds und die Ambitionen seines Herzogs, Karls des Kühnen, in Grandson und später in Murten in Flammen auf. In der Zwischenzeit hat SaintPrex den Pinot Noir adoptiert, damals unter dem Namen Servagnin bekannt,

Pierre Keller im Kreis der Winzerinnen Anne Müller, Marie-Françoise Audoin, Madeleine Ruedin, Lynne Marchive, Clotilde Davenne, Anne Sophie Debavelaere, Christelle Conne, Catherine Cruchon, Sylvaine Normand und Noémie Graff

Angeregte Diskussionen unter Fachfrauen: Clotilde Davenne und Catherine Cruchon

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©OVV

den, so sagt man, Marie von Burgund 1420 den Bewohnern des Städtchens als Dank für ihre Gastfreundschaft geschenkt haben soll. Gleichzeitig üben die Mönche von Citeaux einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die Entwicklung der Weinregion Lavaux aus. Ohne natürlich das Dorf Chasselas bei Mâcon zu vergessen, dessen Namen in den Ohren eines jeden Liebhabers von Waadtländer Wein intensiv nachklingt. Und dies, obwohl die grosse Weissweinsorte vom Léman in den Rebbergen der kleinen Gemeinde niemals prosperiert hat (die 1200 Chasselasstöcke, welche die Besitzer des Château de Chasselas kürzlich angepflanzt haben, sollten 2019 ihre erste Ernte ergeben). Deklinieren der Terroirs Heute allerdings sind die übereinstimmenden Punkte zwischen Waadtländer Winzerinnen und der Vereinigung Femmes & Vins de Bourgogne weniger augenfällig. Die Burgunderinnen leiten Betriebe, die zur Hauptsache auf den Export ausgerichtet sind und die von der weltweiten Nachfrage nach Burgundern profitieren. Ihre Kundschaft ist weitge-

hend angelsächsisch und asiatisch (die Zahlen der fünf Weingüter unterscheiden sich, aber allgemein absorbiert Frankreich weniger als einen Drittel ihrer Produktion, wobei die Schweiz nur ein marginaler Markt ist) und sie arbeiten fast exklusiv mit den beiden Burgunder Hauptsorten Pinot noir und Chardonnay. Ein grosser Kontrast also zu den Waadtländer Repräsentantinnen, deren Sortensatz viel diversifizierter, deren Kundschaft aber deutlich weniger international ist. Die Liebe für den Pinot noir, sorgfältige Arbeit und die Passion für das Terroir: diese Punkte haben sie alle gemein, wie die Fachfrauen aus beiden Regionen unterstreichen. Und diese Punkte knüpfen auch ein solides Band unter den Teilnehmerinnen. Pierre Keller meinte in seiner Ansprache, dass die Durchführung dieser Begegnung denen das Maul stopfen würde, die ihn als frauenfeindlich bezeichneten. Benjamin Gehrig seinerseits schätzte die Operation als kommunikativen Erfolg ein und fügte an, «das OVV überlegt sich, weitere Begegnungen vom ähnlichen Typ zu organisieren, mit Produzentinnen und Produzenten aus anderen Regionen.»

Vincent Chappuis: neuer «Commandeur» der Waadtländer Weine Als 16. Persönlichkeit wurde Vincent Chappuis vom Präsidenten des OVV mit den Insignien eines «Commandeur de l'Ordre des Vins Vaudois» ausgezeichnet, und zwar am 4. Dezember 2018 bei einem Presselunch, der anlässlich des Besuchs der Burgunder Winzerinnen im Waadtland organisiert wurde. Der Winzer und ehemalige Bürgermeister von Rivaz wurde vor allem für seinen entscheidenden Beitrag beim Aufbau des Vinoramas geehrt, ein visionäres Projekt, das von einer Stiftung geleitet wird, dessen Präsident er ist. Wie Pierre Keller in Erinnerung rief, verkauft das Vinorama jährlich rund 30 000 Flaschen Lavaux-Wein an eine ausgesprochen durchmischte Kundschaft. AT

The Women Wine-Makers of Vaud and Bourgogne In the autumn of 2018, the Beau-Rivage Palace in Lausanne hosted the first Wine and Terroir Meeting that brought together five women producers from Vaud and another five from Bourgogne. The ties between Bourgogne and the Vaud canton go back a long way. In the fifth century, Vaud was part of the first kingdom of Burgundy. A thousand years later, the independence of Burgundy and the ambitions of its duke were re-

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duced to ashes at Grandson, and then at Morat. In the meantime, Saint-Prex had adopted the Pinot Noir, known at the time as Servagnin, that name it is said was given to the inhabitants of the village, in 1420, by Marie de Bourgogne. During that same period, the Cistercian monks had played a significant role in the development of the vineyards in the Lavaux region. Today, the members of the Bourgogne

Women and Wine Association run mainly export-oriented estates that are benefiting from the world-wide popularity of Bourgogne wines. Vaud wines are less traded internationally. Nonetheless, the women participating in the meeting highlighted their shared love of Pinot Noir and of good-quality work, and their shared passion for terroir, which have ensured the development of strong ties between the wine-makers of both regions.

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Weltenbummler und Künstler

Geboren wurde Pierre Keller 1945 im Dörfchen Gilly bei Rolle. Als Grafik-Designer, Zeichenlehrer, Künstler und Kurator von Ausstellungen schuf er sich schnell einen Namen, lebte in London, Kanada, San Francisco und New York und pflegte Freundschaften mit vielen Künstlern. Er war zuständig für die Plakate des Jazzfestivals Montreux, vertrat bei der 700-Jahrfeier der Eidgenossenschaft die Waadtländer Regierung und bei diversen Biennalen die Schweizerische Eidgenossenschaft, bevor er 1995 Direktor der ECAL wurde. 2011 übernahm er die Präsidentschaft des OVV, zu dessen Ehrenpräsidenten er nun ernannt wurde. EZ

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Begegnung

Sayonara, Monsieur Keller ! Eva Zwahlen Foto: Hans-Peter Siffert Stahlgrau liegt der Lac Léman unter uns, am anderen Ufer erheben sich düster und streng die Berge. Es nieselt. Die Häuser von Saint-Saphorin ducken sich an den Hang, hinter alten Steinmauern erahnt man Gärten und Sitzplätze im Winterschlaf. Nach einigem Suchen finden wir das Tor zu Pierre Kellers Grundstück und gelangen über ein paar Stufen zu seiner Künstlerwohnung im Souterrain. Der Hausherr bittet uns herein und bietet angesichts der Morgenstunde Tee oder Kaffee an. Assistent José wird ihn zubereiten. Der zuvorkommende junge Mann müht sich, ein Feuer im Cheminée zu entfachen – «mais non, nicht so, das raucht viel zu sehr…!», weist ihn Pierre Keller an und verwirft die Hände, an denen schwere Ringe blitzen –, doch endlich tanzen die Flammen und verbreiten bald eine wohlige Wärme, die Gastgeber und Gäste dazu veranlasst, sich vor dem Feuer zusammenzufinden. Kein Apéro-Präsident «Nein, ich bin nicht traurig, dass diese Zeit vorbei ist», setzt Pierre Keller an, dessen Amtszeit aus Altersgründen – er ist 74 – nicht verlängert wird. «Ich habe meine Arbeit geleistet, habe eine schlagkräftige, gute Equipe zusammengestellt, die auch ohne mich bestens funktionieren wird.» Immerhin war Benjamin Gehrig, der junge Direktor des Office des Vins Vaudois (OVV) und Absolvent der Ho-

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Nach siebeneinhalb Jahren nimmt Pierre Keller den Hut und überlässt das Präsidium des Office des Vins Vaudois aus Altersgründen einem Jüngeren. Der kleine grosse Mann, der polarisierte, aneckte und viel frischen Wind in die Waadtländer Weinwelt brachte, wird keine kleine Lücke hinterlassen. telfachschule von Lausanne, einst sein Mitarbeiter an der angesehenen Ecole Cantonale d’Art de Lausanne (ECAL). Er sei kein Apéro-Präsident gewesen, betont Keller, sondern habe «viel Zeit und Kraft in dieses Amt investiert», wie es eben seinem temperamentvollen Naturell entspricht. Ein bisschen gewundert habe es ihn ja schon, damals, als er als scheidender Direktor der ECAL zum Präsidenten des OVV gewählt wurde. «Man sagte mir, das gebe nicht viel zu tun, bloss vier Sitzungen im Jahr…» Er lacht: «Es entpuppte sich dann als durchaus intensiver, wenn auch spannender Halbtagesjob.» Pierre Keller verstand es, sich effektvoll in Szene zu setzen. Sich – und die Waadtländer Weine. Das war seine Aufgabe. Man hätte es vorher wissen können: Mit Pierre Keller wurde kein Langweiler OVV-Präsident, kein Technokrat. Auch kein Weinprofi. Sondern ein origineller, unkonventioneller Tausendsassa, ein Macher, eine schillernde Figur, nicht frei von Eitelkeit, bisweilen ein bisschen selbstverliebt, immer aber liebenswürdig und erfrischend farbig. Farbe brachte er nicht nur mit seinen Krawatten, Hüten, dandyhaften Foulards und weissen Anzügen in die (Wein-) Welt, sondern auch mit seiner spritzig-frechen Art, seinem Humor, seinem ansteckenden Lachen und seinem unerschütterlichen Optimismus. Gerade Letzteres ist in einer Bran-

che mit drückenden Zukunftssorgen ein nicht zu unterschätzendes Gut… «Es genügt schon längst nicht mehr, nur guten Wein zu machen», ist Keller überzeugt. «Früher waren die Kellertüren in der Waadt meistens verriegelt, und man musste schon laut anklopfen als Kunde, damit einem ein Winzer überhaupt öffnete. Diese Zeiten sind vorbei. Die Qualität der Weine ist heute hervorragend, da leisten die Winzer grossartige Arbeit. Aber das genügt nicht: Man muss die Weine auch verkaufen, die Winzer müssen sich bewegen, sich mit PR-Fragen beschäftigen.» Seine Aufgabe dabei? Er selber sei kein Weinverkäufer, gibt er unumwunden zu. Aber er verstehe etwas von Marketing, von gutem Design, von grossen Auftritten. «Auch wenn ich für gewisse Leute viel zu oft in der Presse war…» Dem OVV ein neues Image verpasst Sein grösstes Verdienst? «Ich habe das Image des OVV verändert und deutlich verjüngt. Das sieht man vor allem am Auftritt, an der Grafik, der Kommunikation.» Er arbeitete gezielt mit jungen Grafikern und Fotografen der ECAL zusammen, «nicht mit einer Agentur, die sehr viel Geld kostet, aber nicht unbedingt viel bringt.» Sein Nachfolger, «mein lieber Freund Michel Rochat», habe übrigens bereits eine Agentur aus Zürich verpflichtet, merkt er leicht maliziös an.

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Le tabac transforme les pensées en rêves Victor Hugo

TABAC BESSON Magasin spécialisé dans la vente de tabacs, cigares et spiritueux Rue de Bourg 22 - 1003 Lausanne Tél. 021 312 67 88 tabacbesson@bluewin.ch www.tabac-besson.ch


Begegnung

Die persönlichen Kontakte seien ihm immer wichtig gewesen. Habe ein Winzer reklamiert, sei er eine Stunde später bei ihm im Keller gesessen, um das Problem bei einem Glas Wein zu bereden. «Und dann muss man natürlich Ideen haben. Je mehr Ideen man hat, desto mehr Arbeit gibt das dann allerdings… Meine Ideen kommen immer spontan.» Für die Umsetzung seiner Geistesblitze bevorzugte Pierre Keller stets Kommissionen «mit einer ungeraden Anzahl von Mitgliedern unter drei…». So schafft man sich nicht unbedingt Freunde, ist dafür aber effizient und kreativ. Und wenn Pierre Keller eines ist, dann das: kreativ. Bei den Konsumenten und auch bei vielen Winzern kam das gut an. «Zumindest bei den Jungen», die ihm deutlich näher zu stehen scheinen als «die Alten». Weinpolitische Fragen hingegen wie etwa diejenigen rund um die geplanten neuen AOP- und IGP-Regelungen lassen ihn reichlich unberührt. «Ach, wissen Sie, diese komplizierten Geschichten interessieren mich weniger. Leider geht man da nicht in Richtung Vereinfachung…»

Asien contra Deutschschweiz? Umso mehr liegt ihm der Ruf des Waadtländer Weins am Herzen. Und wer zu Hause etwas gelten will, muss sich im Ausland Anerkennung verschaffen. Pierre Keller zog es vor allem nach Asien, nach Japan und China. Gezielt holte er Opinionleader – nicht nur aus Asien – ins Waadtländer Weinboot und ernannte sie mit Glanz und Gloria zu Commandeurs de l’Ordre des Vins Vaudois. Begleitet wurde er auf seinen Reisen jeweils von einer Handvoll engagierter Winzer, «die bereit waren, den Karren zu ziehen». Die Abende auf Hotelterrassen in Tokio oder Shanghai, nach erfolgreichen Anlässen, bei einer Flasche Dézaley und in Hochstimmung, gehören zu seinen liebsten Erinnerungen… Ein gutes Stichwort, denn es ist höchste Zeit für einen Apéro! Assistent José holt beflissen einen Chasselas von Raymond Paccot aus dem Kühlschrank – «nein, nicht diese Gläser, die anderen», weist ihn Keller an – und schenkt ein. «Santé!» Und wie stand es mit Kellers Engagement in der Deutschschweiz, dem wichtigsten

Markt für Waadtländer Wein? «Man hat mir vorgeworfen, die Deutschschweiz zu vernachlässigen, aber das stimmt nicht!» Verstimmt runzelt er die Stirn. «Denken Sie nur an unsere Auftritte bei Weltklasse Zürich! Oder an die gelungene Zusammenarbeit mit dem Zirkus Knie!» Hinter dem (leicht hinkenden) Slogan «Mir gö i d’Knie vorem Waadtländer Wii!» verbarg sich eine sympathische Charmeoffensive. Doch ob das allein genügte, um die Deutschschweizer bei der Stange sprich beim Waadtländer Wein zu halten? Das soll nun nicht länger Pierre Kellers Sorge sein. Langweilig wird es ihm nicht werden. Vor einem Jahr ist sein schwergewichtiges Werk «My Colorful Life» erschienen, eine Art Tagebuch in Polaroidfotos, die alle Facetten eines schwulen Lebens zeigen. Er will künftig seine Kunstsammlung und seine Fotos ordnen, plant Ausstellungen und Reisen… «Wenn etwas fertig ist, ist es fertig!», sagt er energisch und erhebt sich. Nun denn: Sayonara, Monsieur Keller!

Sayonara, Mr. Keller! After seven and a half years as president, Pierre Keller has resigned from the Office des Vins Vaudois (OVV) to make way for someone younger. Keller polarised the world of Vaud wine, but also brought it a breath of fresh air. He will certainly be missed. His position has been taken over by Michel Rochat, the director of the Lausanne Hotel School. Our guest explained from the outset that he wasn’t sad that his OVV period had come to end. He was 74 years old and had quit for reasons of age. “I have done my job and built a good team that is efficient and can function perfectly well without me”. Incidentally, Benjamin Gehrig, the young director of OVV, a Lausanne Hotel School graduate, used

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to work with him at the Ecole Cantonale d’Art de Lausanne (ECAL). Pierre Keller told us that he had put a lot of time and energy into his work - that was in keeping with his character. But on his appointment, he had been told there wasn’t going to be much work, “just four sessions a year… in fact it turned out to be an intense and exciting half-time job”. It was always obvious to Pierre Keller that making great wine wasn’t enough. “In the past, the wineries in the Vaud canton were mostly closed and clients had to knock hard to be let in. Those times are over. The quality of the wines is extraordinary, and the producers do a fantastic job, but all that isn’t enough.

You must be able to sell it. Wine-makers must be proactive and work hard on communication.” What was his role? He admitted he had never actually been a wine merchant, but that he did know a bit about marketing, about what makes a good design or how to organise big events! “Even though some people found that I appeared too often in the media!” Pierre Keller had understood that the key to being appreciated at home was to first gain recognition abroad, so he made a point of travelling overseas, especially to Japan and China. He also sought out and hired opinion leaders, awarding them the glorious title of Commander of the Order of Vaud Wines.

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Grand Prix des Schweizer Weins 2018

Die Waadtländer holen vier Siege und den roten Vinissimo Mehr als 400 Persönlichkeiten aus der Schweizer Weinwelt versammelten sich am 18. Oktober 2018, um zu erfahren, wer die Siegerlisten des Grand Prix du Vin Suisse anführte. Zum dritten Mal holte sich Diego Mathier den Titel als Schweizer Kellerei des Jahres. Die Waadtländer ihrerseits konnten vier Kategorien für sich entscheiden und einen Spezialpreis gewinnen, den Vinissimo Rouge, der den roten Lieblingswein der Jury auszeichnet. Alexandre Truffer – Fotos : VINUM Bei der Ausgabe 2018 des nationalen Concours traten 2867 Weine, eingereicht von 525 Produzenten, gegeneinander an. Im Juni verbrachte die Jury aus 158 Profis sechs Tage damit, Gold- und Silbermedaillen zu verteilen. Zwei Monate später hatte eine kleinere, international zusammengesetzte Jury die Aufgabe, die sechs besten Weine aus jeder der dreizehn Kategorien nochmals zu degustieren. Die Preisträger, die sie bestimmte, wurden Mitte Oktober in Bern anlässlich der Gala des Schweizer Weins prämiert. Im Guillon des vergangenen Herbstes präsentierten wir Ihnen die Waadtländer Nominierten für die «Oscars» der

Schweizer Weinwelt. Sechzehn Produzenten durften auf die Krönung hoffen, und zwar in sieben der dreizehn Kategorien. Die Siegerliste bot schliesslich keine grossen Überraschungen. Die Waadt hatte dort die Nase vorn, wo es zu erwarten war. Den Aussenseitern gelang es also nicht, die Favoriten zu übertrumpfen. So konnte sich die Réserve Saint-Jacques 2017 vom Château de Valeyres in Valeyres-sous-Rances, der erste Westschweizer Riesling-Sylvaner, der je in dieser Kategorie nominiert worden war, nicht gegen die Schwergewichte aus der Deutschschweiz durchsetzen. Dem Gewürztraminer 2017 der Domaine

des Sieurs in Luins ging es bei den Süssweinen nicht besser: Es dominierten die Walliser! Das gleiche Schicksal erlitt der Merlot 2016 vom Château de Montagny, einer Domäne, die der Ville de Payerne gehört: Er musste sich in der Kategorie dieser trendigsten Rotweinsorte dem Tessiner Trio geschlagen geben. Chasselas: dreifacher Erfolg Mit 442 Weinen bleibt das die zweitgrösste Kategorie, hinter den «reinsortigen Weissweinen». 92 erhielten eine Silbermedaille, 52 eine goldene. Fünf der sechs Nominierten stammten aus der Waadt. Bei der zweiten Degustation sprach

Swiss Wine Grand Prix 2018 More than 400 vine and wine personalities were gathered on October 18th to discover the winners of the Swiss Wine Grand Prix. Besides the remarkable achievement of Diego Mathier’s third Cave Suisse de l’Année title, this year’s edition witnessed four category awards for Vaud producers, as well as the special Jury’s Favourite prize, Vinissimo Rouge. In all, 2,867 wines were presented by 525 producers. The 158 members of the jury spent three days in June determining the gold and silver award winners. Two months later, a further smaller jury, that

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included international members, re-tasted the six best wines in each of the thirteen categories. The designated winners received their awards mid-October, in Bern, at the Swiss Wine Grand Prix gala.

Chasselas: a triple win This category, with 442 wines, was close behind the Pure White Varieties in number of participants. Ninety-two wines obtained silver medals and fifty-two ob-

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die internationale Jury dem Clos de la Dame 2017 der Domaine de Feuillerage in Perroy sowie dem Dézaley-Marsens De La Tour 2015 der Frères Dubois in Cully ein Ehrendiplom zu. Im dritten Rang platzierte die Jury den Bérollon 2017 der Cave du Consul in Perroy, einen lebhaften, mineralischen Chasselas mit ausladendem Gaumen und zart salzigem Finale. Als es um die Wahl des Siegers ging, konnte sich die Jury allerdings nicht entscheiden und setzte deshalb zwei Chasselas auf den ersten Platz. Einer der beiden ist ein «Klassiker des Guts: fein, ausgewogen, mit ausladendem, aber delikatem Finale. Ein Riex, der von unserem Önologen François Meylan nach den in der Waadt üblichen Regeln vinifiziert wird. Er hat den biologischen Säureabbau gemacht und wird im Stahltank ausgebaut», erklärt Beat Blatter, Kellermeister der Burgerschaft

Die Waadtländer Chasselas brillierten und holten zahlreiche Auszeichnungen!

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Freiburg, welcher seit 2012 beim historischen Weingut arbeitet. «In diesem Jahr wurde erstmals wieder in Riex vinifiziert. Die Burgerschaft von Freiburg, seit dem 14. Jahrhundert Besitzerin dieser Lavaux-Domäne, hat 15 Mio. Franken investiert, um die Kellerei von Grund auf zu erneuern.» Das Weingut ist recht typisch für die Region Lavaux – vier Hektaren, eine davon im Dézaley Grand Cru, zu 85% mit Chasselas bestockt – und kommerzialisiert gegen vier Fünftel seiner Produktion in Flaschen. «Die Hälfte unserer Weine wird in einem kleinen Laden in der Stadt Freiburg, der an zwei Nachmittagen pro Woche geöffnet ist, abgesetzt. Der Rest verkauft sich vor allem in der Deutschschweiz», gesteht der gebürtige Berner, der sich freut, die Weine der Bourgeoisie in zwanzig verschiedene Kantone liefern zu können. Der Erfolg wird zweifellos anhalten, denn «der 2018er wird noch besser sein als der 2012er, den ich schon wundervoll fand. Das wird schlicht der beste Jahrgang, der je auf der Domaine de la Bourgeoisie de Fribourg produziert wurde!»

Der zweite prämierte Chasselas ist der Château d’Etoy 2017 der Cave de Jolimont. In Rolle von Thierry Ciampi «gemäss einem recht klassischen Protokoll vinifiziert, mit Gärung bei kontrollierter Temperatur, biologischem Säureabbau und einem Ausbau ohne Holz», stammt dieser Wein von Reben, die der Winzer Christian Dupuis kultiviert. «Ich habe diese Parzelle von 2,5 Hektar letztes Jahr erworben. Ich verkaufe die Trauben an die Gruppe Schenk, die daraus eine Selektion für einen einzigen Kunden keltert», erläutert der Produzent aus Féchy. Das Château d’Etoy ist nämlich eine Exklusivität, die schweizweit von der Gruppe Otto’s, anfangs unter dem Namen «Otto’s Schadenposten» bekannt, vertrieben wird. Rosés und Federweisse: ein schönes Doppel In dieser Kategorie, in der die Waadtländer Winzer schon oft glänzten, fanden sich drei Waadtländer unter den sechs Nominierten. Der Rosé de Gamay der Domaine de la Croix in Bursins muss-


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te sich mit einer Belobigung begnügen, trotzdem konnte sich der Kanton Waadt über zwei erste Plätze freuen: Die RoséVersion des bekanntesten Schweizer Weins, des Aigle Les Murailles von Badoux Vins, erklomm die zweite Stufe des Siegertreppchens, und zwar mit einer Assemblage aus roten Sorten, verpackt in einem durchscheinenden Pot vaudois. Dieses «Eidechsli» mit lachsfarbener Robe wurde nur vom Domaine de Brazière 2017 von Serge Dentan in Tartegnin geschlagen: «Es handelt sich um einen reinsortigen Rosé de Gamay. Die Trauben werden sofort nach der Lese gepresst. In den letzten Jahrgängen haben die Trauben wundervolle Reifegrade erlangt. Wir denken nicht einmal mehr über das Chaptalisieren nach, während der Most bisweilen Mühe bekundet, die Gärung komplett abzuschliessen, was eine kleine Restsüsse hinterlässt, die offenbar sehr geschätzt wird», erklärt der Winzer, der zusammen mit seiner Frau Marlyse ein Weingut von etwas mehr als sechs Hektar in Tartegnin besitzt. Das Paar produziert

vorwiegend Chasselas, recht viel Pinot noir und Gamay sowie Spezialitäten in geringeren Mengen auf der Basis von Auxerrois, Chardonnay, Merlot oder Dio­linoir. Der (mittlerweile ausverkaufte) Preisträger des nationalen Weinconcours macht dem Jahrgang 2018 Platz, den Serge Dentan als «reichhaltig» qualifiziert, «was aber nicht unbedingt schlecht ist, denn der 2017er, der den Grand Prix gewonnen hat, hatte mehr als 14%-vol. Alkohol. Das tönt nach viel für einen Rosé, aber da wir nur mit Gamay arbeiten, besitzt dieser Wein eine schöne Säure, die auch in sehr sonnigen Jahren für Ausgewogenheit garantiert.» Gamay: zwei von dreien In dieser Kategorie mit 95 Konkurrenten, konnten sich drei Waadtländer Hoffnungen auf den Titel machen. Der Gamay Barrique 2016 von Bolle gelangte unter die Finalisten, aber nicht aufs Siegertreppchen. Ein anderer 2016er namens Le Petit Versailles, ein Dézaley Grand Cru der Frères Dubois, gewann die Bronzemedaille, während sich zwei

Weine den Sieg teilten, ein Genfer und der «charaktervolle, ausgewogene, lebhafte und süffige» Gamay der Domaine de Chantemerle der Familie Jaccoud. «Dieser Wein von alten Rebstöcken wird nach einer einwöchigen Maischestandzeit bei kühlen Temperaturen traditionell vinifiziert. Chasselas, Pinot noir und Pinot gris bleiben unsere Hauptsorten. Mit rund 3000 Flaschen pro Jahr ist der Gamay der wichtigste der anderen Weine», präzisiert Nicolas Jaccoud, der das Familienweingut mit zehn Hektar in fünfter Generation leitet. Nach dem gestiegenen Interesse an der Beaujolais-Sorte gefragt, betont unser Sieger, vorsichtig bleiben zu wollen: «Diese Art von Resultat beweist, dass unser Gamay ein exzellentes Preis-Qualitätsverhältnis bietet, doch das wird uns nicht dazu veranlassen, den Sortensatz auf unserem Gut zu verändern. Das rote Aushängeschild bleibt der Pinot Noir (der 2015er wurde übrigens beim Grand Prix du Vin Suisse 2016 zweiter in seiner Kategorie); wir haben in den letzten Jahren viel Arbeit auf ihn verwendet.»

tained gold. Five of the six contestants nominated came from the Vaud canton. At the re-tasting, the international jury awarded a diploma of honour to Clos de la Dame 2017, from Domaine de Feuillerage, in Perroy, and to Dézaley-Marsens De La Tour 2015, from Les Frères Dubois, in Cully. A lively, mineral Chasselas, a full wine with a delicately saline finish, the Bérollon 2017, from Cave du Consul in Perroy, received third prize. But when it came to choosing between the two best wines, the jury was unable to agree on their ranking and appointed two winners. Describing one of the winners, Beat Blatter, the cellar master at Cave de la Bourgeoisie de Fribourg, and owner of the Lavaux estate founded in the 14th century, pointed out, “It’s a classic Riex wine from our estate, vinified by our oenologist, François Meylan, according to

cantonal norms. It underwent secondary fermentation and was aged in stainlesssteel tanks". The other winning Chasselas was Château d’Etoy 2017, from Cave de Jolimont. Vinified in Rolle by Thierry Ciampi, this wine comes from a two-anda-half-hectare parcel, cultivated by the vine grower, Christian Dupuis.

Gamay: two out of three In this category comprising 95 contestants, Gamay Barrique 2016, from Bolle, was among the finalists, but not the winners. Another 2016 Gamay, Le Petit Versailles, a Dézaley Grand Cru, from Frères Dubois, was awarded a bronze medal while the first place was shared between a Geneva wine and the Jaccoud family’s Gamay, Domaine de Chantemerle.

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Rosés and Blancs de Noirs: a nice twosome The Vaud canton took first and second place. The rosé version of the best-known Swiss wine, Aigle Les Murailles, from Badoux Vins, took second place with its red grape blend, presented in a typical Vaud bottle. This salmon coloured rosé was beaten by Rosé de Gamay - Domaine de Brazière 2017, from Serge Dentan, in Tartegnin.

Gamaret: the best red “Winning the Vinissmo Rouge prize was particularly special for us. It’s unusual for our wines to obtain this distinction”, explains Rodrigo Banto, the oenologist at Cave de La Côte who is used to win top awards at the Swiss Wine Grand Prix. This oenologist of Chilean origin admits to having a particular affinity for

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Grand Prix des Schweizer Weins 2018

Gamaret: der beste aller Rotweine «Den roten Vinissimo zu gewinnen, hat diesem Abend eine besondere Resonanz verliehen. Das ist keine Auszeichnung, bei der man Weine unserer Appellation erwartet», gesteht Rodrigo Banto, der Önologe der Cave de La Côte und ein Habitué des höchsten Siegertreppchens beim Grand Prix du Vin Suisse, nach der Bedeutung dieses weiteren Siegs gefragt. Und dann erst noch in einer der kleinsten Kategorien des Wettbewerbs (85 präsentierte Weine, sieben Goldmedaillen, 21 Silbermedaillen und ein weiterer Waadtländer im Finale: der Gamaret de Lavaux 2015 von Christophe Chappuis, Rivaz), die noch ein bisschen nach ihrer Identität zu suchen scheint, wurde doch ihr Name von «Gamaret, Garanoir (reinsortig oder in Assemblagen)» in «reinsortige Gamarets, Garanoirs und Maras» umgewandelt. In der Tat hat der Önologe chilenischer Herkunft eine besondere Affinität zum Gamaret, diesem Abkömmling des Gamays und des Reichensteiners. «Ich habe den Gamaret bei meiner Ankunft in der Schweiz 2003 kennengelernt. Damals produzierte die Cave de La Côte schon seit einigen Jahren Gamaret und Garanoir. Diese Neukreation aus Changins hat mich sofort interessiert, denn es handelt sich um eine Varietät mit viel Kraft, die zudem ausgesprochen vielseitig ist. Ausserdem präsentiert der Gamaret eine kleine Gewürznote, die ihm eine gewisse Ähnlichkeit mit der Rebsorte Syrah verschafft, die ich sehr schätze, die aber in unserer Region schwierig zu kultivieren ist», fährt Rodrigo Banto fort. «Selbst in schwierigen Jahrgängen kann

man interessante Weine aus Gamaret keltern. Er hat nur einen einzigen Fehler: Er neigt im Rebberg dazu, abzusterben.» (Dieses Thema wurde im Le Guillon Nr. 53 ausführlich erörtert…) «Intensive, komplexe Nase, florale Duftnoten und Aromen von Waldbeeren und Rauch, eingebunden in eine sehr ausgewogene Struktur. Ein ausdrucksvoller, reichhaltiger und aromatischer Wein» – so lautet die Beschreibung der internationalen Jury, die diesen Wein im August nochmals degustiert und ihn auf den ersten Platz seiner Kategorie gesetzt hat. Um ihn dann auch noch allen anderen siegreichen Rotweinen der anderen Kategorien vorzuziehen und mit dem Prix Vinissimo auszuzeichnen. «Die Reben für den Gamaret Inspiration wachsen in

Gamaret, a cross between Gamay and Reichensteiner: “Even in difficult years, Gamaret grapes give interesting wines. They have one weakness and that is that they are susceptible to grapevine decline”. “An intense and complex nose; floral scents and berry aromas, with smoky notes, in a well-balanced structure. An

expressive, rich and flavoursome wine.” That was how the international jury retasting it in August described it, giving it first place in its category, and then top place again from among other winning reds in the Prix Vinissimo award. Rodrigo Banto goes on to explain: “The Gamaret Inspiration vines are situated in the vicinity of Morges. Of course,

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Rodrigo Banto (rechts), der Önologe der Cave de la Côte, und Fabien Coucet, sein Stellvertreter

der Umgebung von Morges. Wir ernten hier rund zwei Wochen nach den anderen Gamaret-Parzellen, damit die Tannine noch weicher und die Aromen noch komplexer werden. Selbstverständlich sind die Erträge begrenzt und der Wein wird in Barriques ausgebaut», erklärt Rodrigo Banto. 2015 wurden übrigens all seine qualitativen Erwartungen übertroffen. «Das war zweifellos der schönste Jahrgang des 21. Jahrhunderts… Zumindest bis jetzt.»

we also limit the yield and the wine is matured in barrels. The year 2015 surpassed all quality expectations and is certainly the best year in the 21st century – at least so far”.

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Weisse Platin-Lorbeeren 2018

Villeneuve sticht Yvorne aus Eva Zwahlen Fotos : Pascal Besnard Fast wäre es zu einem kleinen Aufstand gekommen bei der elften Verleihung der Platin-Lorbeeren von Terravin im November des vergangenen Jahres. Da und dort wurde nämlich lautstark getuschelt in der Jury, Kollege Pierre Thomas brachte es auf den Punkt: «Ich sähe gerne beide Finalistenweine der allerletzten Runde auf dem Podest, ex aequo!», meinte er bei seiner Stimmabgabe dezidiert, worauf das Gremium mit zustimmendem Gemurmel reagierte. Erfolglos… Die beiden letzten Mohikaner, welche die drei Vorrunden glücklich überstanden und ihre starke Konkurrenz (sieben Weine aus dem Lavaux, darunter zwei Dézaleys und zwei Calamins, sechs aus der Côte und einen aus Bonvillars) hinter sich gelassen hatten, lieferten sich in der Tat ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Was die Jurymitglieder, Profis aus der Weinbranche und Fachjournalisten, zu diesem Zeitpunkt nicht wussten: Die zwei Weine, die es in die letzte Runde geschafft hatten, stammten beide aus dem Chablais, einer aus Yvorne, der andere aus Villeneuve, dieser oft etwas stiefmütterlich behandelten Appellation, die im Schatten der berühmteren Nachbargemeinde Yvorne steht. Allerdings nicht diesmal! Zwei Stile, ein Gewinner Die zwei Weine, die sich in der alles entscheidenden Runde gegenüberstanden, hätten unterschiedlicher nicht sein können: der eine präsentierte sich fein und elegant, getragen von schöner Frische, der andere war noch etwas verhalten, im

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Die prestigereichen Platin-Lorbeeren von Terravin, die alljährlich den allerbesten unter den Waadtländer Terravin-Chasselas krönen, waren so hart umkämpft wie selten zuvor. Glücklicher Sieger wurde der Villeneuve der Viticole de Villeneuve mit einem hauchdünnen Vorsprung vor dem Yvorne Le Chardon von Jean-François Morel.

Gaumen mächtig, gut strukturiert und mineralisch. Jeder für sich ein edler Vertreter seiner Sorte und der Waadtländer Terroirs. Als Gewinner ausgerufen wurde schliesslich der zweite, der Villeneuve. Ulrich Künzli, seit zwanzig Jahren Präsident der ehemaligen Genossenschaft, die vor zwei Jahren in eine Aktiengesellschaft umgewandelt wurde, freut sich: «Es ist das erste Mal, dass ein Chasselas aus Villeneuve die Platin-Lorbeeren gewinnen konnte – wir sind natürlich überwältigt. Und sehr stolz auf diesen Erfolg, den wir als Belohnung für all unsere Qualitätsanstrengungen in den letzten Jahren ansehen. Das Echo auf den Sieg war enorm…» Vom nachmaligen Siegerwein waren im Mai 2018 rund 20 000 Flaschen abgefüllt worden, die für bescheidene Fr. 9.70 in den Verkauf ka-

men. «Im November, als die Lauriers de Platine verliehen wurden, hatten wir nur noch zwischen 4000 und 5000 Flaschen an Lager – die schmolzen dann dahin wie Schnee an der Sonne.» Der Chef konnte gerade noch einen kleinen Notvorrat für sich selber sichern… Von der Genossenschaft zur AG Die 1907 gegründete Viticole de Villeneuve, die «repräsentativste Kellerei von Villeneuve», wie Ulrich Künzli findet, und passenderweise an der Rue des Pressoirs domiziliert, zählt 35 inzwischen zu Aktionären mutierte Genossenschafter, die zusammen 13,5 Hektar Reben bewirtschaften. 3,5 Hektar davon gehören Ulrich Künzli selber, der ihre Kultivierung allerdings einem Vigneron-Tâcheron anvertraut. Obwohl gelernter Obst- und

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Weinbauer, leitet er heute nämlich eine Firma für Kanalsanierungen. «Die Viticole verfügt an der Rue des Pressoirs über eine komplette moderne In­ frastruktur», erklärt der Präsident, «die Trauben werden hier nicht nur entrappt und gepresst, sondern auch vinifiziert.» Im Sortiment der Viticole spielt der Chasselas mit 70% unbestritten die erste Geige. Er wird als «normaler» Grand Cru von

fünf bis dreissig Jahre alten Reben produziert sowie als «Vieilles Vignes» von über dreissigjährigen Stöcken. Chardonnay und Pinot Gris spielen Nebenrollen als weisse Spezialitäten, während Pinot Noir, Gamay, Gamaret, Merlot, Cabernet Franc und Garanoir rote Akzente setzen. Zuständig für die Vinifikation der Weine ist seit zwei Jahren übrigens der junge Frédéric Pernet, Önologe beim bekannten

Das grosse Finale Die 16 Finalisten-Weine, die am 15. November 2018 in Crissier nach dem Cupsystem in Viererserien degustiert und bewertet wurden, waren zuvor aus 753 mit dem Goldlabel von Terravin ausgezeichneten Chasselas selektioniert worden. In Anwesenheit von Staatsrat Philippe Leuba und des Paten des Anlasses, des Sternekochs Franck Giovannini, wurden die Sieger gefeiert: 1. Villeneuve Grand Cru, La Viticole de Villeneuve (Chablais AOC); 2. Yvorne Le Chardon, Jean-François Morel (Chablais AOC); 3. Elevé sur Lies, Christian Dupuis (La Côte AOC), 4. Epesses Cave de l’Hôpital, Bourgeoisie de la Ville de Fribourg (Lavaux AOC). EZ

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Haus Badoux in Aigle. «Vinifiziert wird völlig traditionell», meint Ulrich Künzli. Badoux und die Winzer scheinen allerdings ganze Arbeit zu leisten, immerhin war die Viticole schon im Vorjahr unter den 16 Finalisten vertreten. «Und 2018 haben wir Trauben eingebracht, deren Sondierungen alle unsere Rekorde gebrochen haben…» Man darf also gespannt sein auf die zwölften Lauriers de Platine!

Linke Seite: Höchste Konzentration während der Degustation Rechte Seite: Die Gewinner, rechts Ulrich Künzli, Präsident der Viticole de Villeneuve und der Önologe Frédéric Pernet

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Concours Mondial de Bruxelles in Aigle

Eine Schweizer Premiere, die man nicht verpassen sollte Einige hätten ihn gerne in Montana oder Martigny gesehen, andere in Genf-Cointrin oder in Montreux. Vom 2. bis 5. Mai 2019 empfängt die Schweiz zum ersten Mal einen der weltweit grössten Weinconcours, den Concours Mondial de Bruxelles (CMB), und zwar in Aigle. Ein Rendez-vous, das man keinesfalls verpassen sollte. Pierre Thomas* Die Idee tauchte beim Bürgermeister Frédéric Borloz, bei Pierre-Alain Morard, dem Spezialisten für Tourismus in den Waadtländer Alpen, sowie beim Önologen Daniel Dufaux auf. In der Zwischenzeit haben diese treibenden Kräfte hinter dem Mondial du Chasselas Anerkennung gefunden in der Welt des Schweizer Weins. Der Politiker und Nationalrat steht an der Spitze des Schweizerischen Weinbauernverbands (SWBV). Der Akteur aus dem Tourismus ist zu seinen Wurzeln zurückgekehrt, und zwar als Direktor der Freiburger Union für Tourismus, und wurde Die Verantwortlichen des CMB, Baudouin Havaux und Thomas Costenoble, Marion Lemesre, zuständig für die wirtschaftlichen Belange der Stadt Brüssel, die Repräsentanten von Aigle Nicolas Joss, Frédéric Borloz und Daniel Dufaux im Rathaus von Brüssel am Tag, als der Vertrag unterzeichnet wurde, am 29. August 2019.

danach zum Präsidenten der Swiss Wine Promotion SA nominiert. Und der Präsident der Union Suisse des Œnologues leitet Badoux Vins, das bedeutende Weinhaus aus dem Waadtländer Chablais. Dieses Trio, mit anderen Freiwilligen hinter den Kulissen und zusammengeschlossen in einer Vereinigung, hat Verstärkung erhalten durch Nicolas Joss, den früheren Direktor des Office des Vins Vaudois. Er amtet als Generalsekretär der Vereinigung mit Sitz in Aigle, die mit der Organisation des CMB betraut ist. Die Schweiz? Eine exklusive Destination! Die Schweizer Kandidatur musste im vergangenen Jahr Haidan, einem Pekinger Quartier, den Vortritt lassen. Der Concours Mondial de Bruxelles, der seit 2005 (Lissabon) und nachdem er alle belgischen Städte berücksichtig hatte, auf Reisen ist, wird also seine 26. Ausgabe in der kleinsten jemals besuchten Stadt abhalten, nach dem Abstecher in die chi-

p Gründungsmitglied Andreas Keller (links) und der ehemalige Präsident Charles Rolaz

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nesische Hauptstadt, die dreimal mehr Bewohner zählt als die ganze Schweiz. Die Karawane, ans Flachland gewöhnt, wird erstmals in den Bergen logieren, in Leysin. Die Jury von 340 Degustatoren, zu denen ausnahmsweise 40 Schweizer zählen, wird rund 9000 Weine von 5000 Produzenten bewerten, und zwar im Centre mondial du Cyclisme in Aigle. All diese grösstenteils ungewohnten Neuheiten freuen den Präsidenten des CMB, den Belgier Baudouin Havaux, der seinen Vater Louis in der Leitung des Weinwettbewerbs abgelöst hat. «Diese Ausgabe löst echte Begeisterung aus. Sie hat den Vorzug des Neuen, Unbekannten. Die Schweizer Weine, kaum exportiert, machen neugierig. Die Verkoster freuen sich darauf, alles vor Ort zu sehen und zu erleben. Die Schweiz gilt als eine exklusive Destination.» Bisher wurde der Wettbewerb noch nie in der Schweiz abgehalten. Und, um es gleich vorwegzunehmen, es bestehen

p Das neuste Mitglied aus der Waadt:

Julien Dutruy


kaum Chancen, dass er in absehbarer Frist wieder hierherkommen wird.

Fotos : Anick Goumaz/CMB Aigle

Auswirkungen auf die ganze Schweiz «Es handelt sich jedes Mal um eine Partnerschaft zwischen dem Concours und der Gastgeberregion, wobei letztere viel menschliche Arbeit, aber auch bedeutende Geldsummen investiert», erklärt Baudouin Havaux. Nicolas Joss erinnert daran, dass das «lokale» Globalbudget des CMB 950 000 Franken beträgt. Da das CMB eine schlagkräftige Kommunikation sowie effiziente Netzwerke pflegt, hatte bereits die Bekanntgabe der Kandidatur Auswirkungen im Wert von 200 000 Franken… Beim Concours von Plovdiv (Bulgarien, 2016) und Valladolid (Spanien, 2017) beliefen sich die wirtschaftlichen Vorteile auf geschätzte 2 Millionen Franken. In Leysin wurden 380 Zimmer reserviert, in Hotels und Residenzen, verschiedene ausländische Delegationen werden auch an der Riviera wohnen, darunter ein starkes chinesisches Kontingent, das mit eigenen Augen überprüfen will, ob es die Schweizer besser machen als die Pekinger! «Es wird einfacher sein, aber mehr Emotionen ausstrahlen», verspricht Nicolas Joss. Die 340 Jurymitglieder, Fachjournalisten und Blogger (60%), Önologen (15%), Sommeliers, Weineinkäufer und -händler werden am 1. Mai mit dem Flugzeug in Genf-Cointrin eintreffen und mit dem Zug nach Leysin fahren. Normalerwei-

se schreitet diese Kohorte bereits am Tag nach der Ankunft zur Degustation der Weine, doch am Donnerstag, 2. Mai, werden die Gäste aus der ganzen Welt im Bus die Westschweizer Weinregionen besuchen (Genf, La Côte, Nord Vaudois, Neuenburg). Gegen Abend werden sie in Leysin an zwei Konferenzen zum Schweizer Weinbau teilnehmen; einer der beiden Vorträge wird von «Monsieur Vignoble Vaudois», Olivier Viret, gehalten, der andere vom Ampelografen José Vouillamoz. Danach geht es per Seilbahn auf den Gipfel der Berneuse und ins Höhenrestaurant Kuklos – für den Sonnenuntergang und das Abendessen. Noch nie zuvor in seiner Geschichte hat der CMB einen derartigen Höhenflug gewagt! Der Concours startet am darauffolgenden Morgen, im Velodrome von Aigle (Centre mondial du Cyclisme). Die Weinproben, gegen 30 000 Flaschen, werden zehn Tage zuvor mit Camions eintreffen. Nachdem die Jurys à je fünf Verkoster rund fünfzig Weine degustiert und auf dem Computer benotet haben, werden sie gemeinsam in der Salle des Glariers das Mittagessen einnehmen. Danach begeben sich an diesem Freitag alle per Bus nach Vevey, wo sie (elf Wochen vor der ersten Aufführung) die Arena der Fête des Vignerons besichtigen und dann ein Schiff der CGN besteigen, um die Weinregion Lavaux und das Château de Chillon zu besichtigen. Nach der Degustation vom Samstagmorgen steht das Walliser Wein-

baugebiet auf dem Programm, mit einem Raclette-Abend. Am Sonntag dann die dritte Degustationssitzung, gefolgt von einem Aperitif und einem Galaabend im Hotel Alpine Classic in Leysin. «Während des ganzen Anlasses werden wir den Akzent auf lokale Terroirprodukte setzen», betont Nicolas Joss. Am Montag dann Rückfahrt per Zug nach Genf-Cointrin und nach Hause, mit Ausnahme einiger ausgewählter Journalisten, die für zwei, drei Tage mit Unterstützung von SchweizTourismus in alle Ecken der Weinschweiz geschickt werden (Dreiseenland, Schaffhausen, Graubünden, Tessin). Dieses Programm zeigt es auf: Die ganze Schweiz wird von dieser historischen Premiere profitieren, die einer Handvoll ausdauernder Waadtländer zu verdanken ist, die sich nicht davon beirren liessen, dass ihnen die Chinesen den Anlass vor der Nase wegschnappten. www.concoursmondial.com * Pierre Thomas wird in Aigle als Degustator mitwirken, bei seinem 21. Concours Mondial de Bruxelles.

The Concours Mondial de Bruxelles in Aigle For the very first time, from 2nd to 5th May 2019, Switzerland will be hosting one of the major world wine competitions, the Concours Mondial de Bruxelles (CMB), in Aigle. The original idea had come from the town’s mayor, Frédéric Borloz, the tourism expert Pierre-Alain Morard, and the oenologist Daniel Dufaux. In the meantime, the concept has gained in prestige: the three key players of the Mondial du

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Chasselas have been joined by Nicolas Joss, former director of the Office des Vins Vaudois. Last year, Switzerland lost its application to host the CMB to Haidian, a district of Beijing. The CMB has been itinerant since 2005, and after visiting different cities in Belgium and then travelling to the Chinese capital – which has a population three times that of Switzerland – it will hold its 26th edition in the smallest

town ever! The 340 tasters, exceptionally including 40 Swiss, one in each jury, will be judging some 9,000 wines from 5,000 producers in the small Swiss town that also hosts the World Cycling Centre. This is the very first time the competition is being held in Switzerland and it might as well be said straight away that there’s only a small chance of that happening again within the next ten years. www.concoursmondial.com

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SERVAGNIN MORGES GRAND CRU

Le vrai goût DU du SERVAGNIN Servagnin

LE VRAI GOÛT

DESCRIPTION Seules les vignes plantées en Pinot Noir, clone Salvagnin, situées dans le lieu de production Morges, ont droit à l’appellation Servagnin de Morges. La production maximale ne doit pas dépasser 50 hectolitres à l’hectare et son raisin doit atteindre un minimum de 82 degrés Oechslé. Vinifié obligatoirement en barrique de chêne, son élevage doit durer au moins 16 mois. Il ne peut pas être commercialisé avant le 1er avril de chaque année. La Commission du Servagnin, qui contrôle toutes ces normes, attribue l’appellation Servagnin de Morges après avoir jugé par une sévère dégustation que les qualités obtenues correspondent à la haute définition exigée. Les bouteilles ayant obtenu l’agrément portent la capsule rouge d’authentification Servagnin de Morges.

Association pour la promotion des Vins de Morges Case postale 72 1110 Morges 1 T 079 869 28 94 vinsdemorges@bluewin.ch www.vinsdemorges.ch


Rebsorten

Die neuen Rebsorten leisten Widerstand Seit bald einem halben Jahrhundert spricht man von den «neuen Rebsorten» aus Changins. Diejenigen der jüngsten Generation, der rote Divico und die weisse Divona, sind resistent gegenüber Pilzkrankheiten, diesen Geisseln der Rebberge. Die kommenden werden zusammen mit der INRA von Colmar (Elsass) entwickelt – ein Quantensprung!

Pierre Thomas Divico, seit 2013 zugelassen

Divona, seit 2018 zugelassen

«Eine Rebsorte, die keine Spritzung benötigt, das ist magisch, das ändert das Leben!», begeistert sich Catherine Cruchon, die Önologin aus Echichens, spontan. Für Olivier Viret, verantwortlich für das (Waadtländer) Kompetenzzentrum der Spezialkulturen in Marcelin, gehören diese «resistenten Rebsorten» in erster Linie zum eidgenössischen phytosanitären Aktionsplan, der den Kantonen auferlegt, eigene Massnahmen zu ergreifen. «Die Gesellschaft erwartet eine Verminderung der Rückstände, und der Druck wächst», stellt der Wissenschaftler fest. Der Waadtländer Staatsrat hat deshalb angeordnet, dass die kantonalen Domänen, darunter rund 15 Hektar Reben, ab 2020 auf Glyphosat verzichten müssen. Keine traditionellen Rebsorten ohne Pflanzenschutzmittel «Wir versuchen seit 1970 die Rückstände zu reduzieren», erinnert Olivier Viret. Die Integrierte Produktion (IP) war bereits eine erste Antwort darauf. Doch für den Spezialisten ist klar: «Wenn wir Rebbau so ökologisch und nachhaltig wie möglich betreiben wollen, müssen wir über das Pflanzenmaterial nachdenken. Denn wenn man an den traditionellen Rebsorten wie Chasselas, Gamay oder Pinot noir festhält, wird man weiterhin phytosanitäre Produkte anwenden müssen.» Ob IP oder Bio, der Kampf gegen Echten und Falschen Mehltau verlangt sechs bis zehn Behandlungen pro Jahr. Im sogenannt konventionellen Weinbau um-

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«Eine Rebsorte, die keine Spritzung benötigt, das ist magisch, das ändert das Leben!» Catherine Cruchon

fassen diese Spritzungen 80% der in den Reben verwendeten Pflanzenschutzmittel. Der begrenzte Zugriff des biologischen Weinbaus auf Schwefel und Kupfer führt zu anderen Problemen… Es wird weiterhin nach natürlichen Substanzen gesucht, die wirksam die drei wichtigsten Rebkrankheiten bekämpfen, den Echten Mehltau, den Falschen Mehltau und die Botrytis (Graufäule). Seit 2006 leitet Katia Gindro entsprechende Forschungen in Agroscope Changins, mitfinanziert von neun der berühmtesten Bordelaiser Châteaux (darunter

Château Latour, das im vergangenen Oktober das Bio-Label Ecocert erhalten hat, Mouton Rothschild, Yquem und Pétrus). Fortschritte wurden gemacht bezüglich Rebextrakten mit einer Mischung von komplexen Molekülen und einem wirksamen Biogel gegen Echten Mehltau, die allerdings stabilisiert werden müssen, um im grossen Rahmen verwendbar zu werden. Zwei Kinder des Gamarets Aber, so konstatiert Olivier Viret, «bis heute existiert kein Wundermolekül.»

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©Sandra Culand

IJ119). Aus 80 Individuen, die zwischen 2012 und 2017 evaluiert wurden, und 320 weiteren, die bis 2022 evaluiert werden sollen, möchte man zum Schluss drei bis fünf resistente Varietäten selektionieren, die 2024 in den Katalog der französischen Rebsorten aufgenommen werden könnten, so das Ziel. Der Vorteil dieser französisch-schweizerischen Zusammenarbeit: Agroscope wird die Hälfte der Tantiemen einstreichen, die beim Verkauf der künftigen resistenten Rebsorten anfallen, während Divico und Divona frei zugänglich sind, weil sie nicht geschützt wurden…

Jean-Laurent Spring, Forscher auf der Versuchsdomäne von Caudoz in Pully Nach den Risikowarnungen des Wetterdienstes (agrometeo, 10 bis 30% Wirksamkeit) und der angepassten Dosierung der Pflanzenschutzmittel (20 bis 30%), versprechen die «resistenten Rebsorten» je nach Jahrgang 75 bis 100% Wirksamkeit. Ohne den Gamaret gäbe es weder Divico noch Divona. Nach und nach hat sich der rote Gamaret, 1970 in Changins aus Gamay und Reichensteiner gekreuzt, zu Vater oder Mutter dieser beiden Halbbrüder gemausert. Deren anderer Elternteil ist die deutsche Rebsorte Bronner. 1997 gekreuzt, aber erst ab 2013 amtlich zugelassen und bei den Rebschulisten erhältlich, erlebt der Divico einen schönen

Erfolg, vor allem in der Waadt, wo er bereits auf zehn Hektar wächst. Die Sorte Divona wurde im Herbst 2018 offiziell vorgestellt. Seit 2011 anerkennt das nationale (französische) Institut für agronomische Forschung (INRA) das Versuchsweingut von Caudoz in Pully als wertvollen Partner «in der Agronomie- und Umwelttechnik». Das INRA in Colmar ist mit dem Forscher Jean-Laurent Spring eine Zusammenarbeit eingegangen, und zwar auf dem Gebiet der Kreuzungen und Selektionen, mit «Eltern» aus der Schweizer (Divico, Divona, IRAC 1933) und der französischen Forschung (Floreal, Voltis, Artaban,

Die alten Hybriden vergessen Das Kreuzen von Rebsorten ist keine neue Methode. Ab 1916 widmete sich die Forschungsanstalt von Caudoz (Agroscope) den traubenproduzierenden Hy­ briden. Gegen 160 Kreuzungen zwischen amerikanischen Reben und «vitis vinifera» sind daraus entstanden. Frankreich hat sie ab 1935 verboten, da sie wegen ihres «Foxtons» und ihrer mässigen, auf grosse Erträge zurückzuführenden Qualitäten niemanden zufriedenstellten. Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg, als die Schweiz wieder Rotweine importieren durfte, wurden diese Hybriden – von denen drei zurückbehalten worden waren – ausgerissen und verschwanden aus den Waadtländer Rebbergen. Die «neuen Rebsorten» müssen «qualitative Erwartungen» erfüllen. «Das

The New Grape Varieties are Resistant Changins has been developing new grape varieties for almost half a century. Those of the latest generation, Divico red and Divona white, are resistant to the fungal diseases that plague vines. The next creations are going to be developed in collaboration with the National Agronomic Research Institute in Colmar, Alsace. That’s a major step forward! “A grape variety that doesn’t require any treatment is magic, it’s a life-changer!”, according to the oenologist, Catherine Cruchon, from Echichens. For Olivier Viret, who heads the Vaud Specialty Grapes Competence Centre in Marcelin,

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these resistant varieties fall perfectly in line with the federal plan of action for plant protection, which obliges the cantons to apply their own measures. He adds that “Consumer expectations are high, and the pressure for reducing chem-

ical inputs is intense,”. The Government of Vaud has announced that the cantonal estates, including vineyards (approx. 15 hectares), must abandon the use of glyphosate by 2020. Olivier Viret points out that efforts have been made since 1970 to reduce chemical inputs. The introduction of integrated production was a first step. But according to this specialist, “If we want our winegrowing to be as environment-friendly and sustainable as possible, we need to

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Rebsorten

wirkliche Resultat der Kreuzungen erhält man erst, wenn man den Wein keltert», erinnert Olivier Viret. In Caudoz beschäftigt sich Jean-Laurent Spring mit zahlreichen Mikro-Vinifikationen und mit Degustationen der laufenden Selektionen über Kreuz, in Pully und in Colmar. Diese qualitativen Erwartungen werden an der «vitis vinifera» gemessen. In Frankreich wie auch in Italien und der Schweiz kreuzt man Rebsorten mit bereits bekannten Varietäten (wie Cabernello, Merello, Gamarello, Cornarello oder Nerolo, die alle 2018 offiziell anerkannt wurden und der Graufäule widerstehen, nicht aber dem Echten oder Falschen Mehltau). Für Jean-Laurent Spring sind die «resistenten Rebsorten» gewissermassen «der Königsweg». Ökonomisch gesehen, verspricht der Verzicht oder die drastische Reduzierung der Spritzungen einen unmittelbaren Gewinn an Zeit und Geld für die Winzer. Ihr Erfolg hängt allerdings von der «Empfänglichkeit der Konsumenten» ab, betont Olivier Viret.

fizieren ihn auch bereits. «Wir sind wirklich noch am Anfang. Die interessantesten Weine, die ich degustiert habe, wurden in Barriques ausgebaut», meint der Kantonsönologe Samuel Panchard, und fügt hinzu: «Der Divico ergibt auch Roséweine mit Erdbeer- und Himbeernoten. Wir sind im Stadium des Entdeckens…» Noémie Graff, Begnins, die ihn in einer Assemblage verwendet hat, plant, den Divico 2018 in einer reinsortigen Version namens «Ni Dieu, ni maître» abzufüllen. Die Önologin Catherine Cruchon meint: «2018 zeigt er eine verrückte Dichte. Ich habe die Trauben entrappt. 2016 dagegen, als ich ihn mittels Ganztraubenmaischung und ohne Schwefel vinifizierte, entwickelte er animalische Brettnoten. Jung ist er eindrücklich, aber vordergründig, es mangelt ihm an Tiefe und Spannweite.» Wer die frühe Reife der Rebsorte ab dem Farbumschlag fürchtet, dem erwidert Olivier Viret, dass man den Divico bis zur perfekten Reife der Tannine hängen lassen kann, da er ja die Graufäule nicht zu fürchten braucht… In Assemblagen könn-

look at plant material. If we stick to the traditional varieties such as Chasselas, Gamay and Pinot Noir, we’ll have to continue using pest control products”. The miracle molecule has not yet been found. After risk monitoring based on weather forecasts with 10-30% accuracy, and appropriate product dosing at 20-30%, resistant grape varieties have an effectiveness range of 75-100%, depending on the year. If not for Gamaret, Divico and Divona wouldn’t have existed. Thus, the red grape produced by Changins in 1970, by crossing Gamay and Reichensteiner, is the parent of these two half-siblings. Crossed in

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Olivier Viret, verantwortlich für das Kompetenzzentrum der Spezialkulturen in Marcelin

©Pascal Besnard

Reinsortig und als Assemblage Im Moment bleiben sie eine «Spezialität» und dürften in Assemblagen auf sich aufmerksam machen. Verschiedene Mitglieder von Arte Vitis (Christian Dugon, Rodrigo Banto von der Cave de La Côte, Blaise Duboux, Raoul Cruchon, Raymond Paccot sowie das kantonale Weingut von Marcelin) haben Divico gepflanzt und vini-

te sein Potential «enorm» sein, meint Samuel Panchard – just in dem Moment, da die Communauté interprofessionnelle du vin vaudois (CIVV) bekanntgegeben hat, über eine rote Waadtländer Assemblage nachzudenken, eine Art Auferstehung des Salvagnin also, eines modernen Dôle oder, besser: des Esprit de Genève. Die weisse Divona, die aromatisch dem Savagnin ähnelt, ist seltener: Marcelin hat erst gerade zwei Posten davon gekeltert, den einem im Tank, den anderen in Barriques, einmal mit und einmal ohne biologischen Säureabbau. Die Waadtländer Winzer wurden aufgefordert, ein Maximum an Weinen ans Divico-Fest in Bramois bei Sion zu schicken, das am Freitag, 5. und am Samstag, 6. April bereits zum vierten Mal stattfinden wird. Für die vielversprechenden, in Barriques ausgebauten Divicos 2018 ist das leider zu früh…!

1997, and approved and available in nurseries from 2013, Divico has been a great success and is now planted in 10 hectares of Vaud vineyards. Divona was officially presented in the autumn of 2018.

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The Guillon Goblet By Claude-Alain Mayor, Tabellion

od

bunch of grapes. Alas, a tragic fate awaited the precious chalice: during a moment of inattention on a councillors’ outing to a traditional festival in Zurich in 1999, it completely disappeared never to be found again. It took several years before the Confrérie could order another goblet, in every way identical to the first one, thanks to the generosity of a patron. Since then, the Confrérie watches jealously over the treasure. At every banquet, it takes pride of place on the table of the governor, who invites his councillors and distinguished guests to drink from it as a token of friendship and appreciation.

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At the initiation ritual of the Confrérie du Guillon (Guillon fellowship), the governor hands each candidate a goblet and pronounces the ritualistic formula: “Partake of this wine and be worthy of it!”. The goblet is thus an essential and symbolic item; instrumental in the accession to the much-envied status of fellowship and the embodiment of aspiring members’ spiritual communion with those that went before them and their promise to adhere to the principles of the Confrérie. The Guillon goblet, worthy of the Holy Grail, was designed by a well-known artist, crafted by a goldsmith and studded with precious stones in the form of a

TM Grand Cru – AOC Lavaux / Der Vin du Wein château des Schloss de Chillon Chillon Chasselas und et assemblage Assemblage deder trois drei cépages Rebsorten : Gamaret, Gamaret, Garanoir et undMerlot. Merlot.

Durché Badoux-Vins Vinifi par Badoux-Vins in den dans Kellergewölben la cave de la forteresse, von Chillon gekeltert. ce vin Die Weinprobe est à déguster findet àiml’espace Degustationsraum « La Verrée «Vaudoise La Verrée » Vaudoise » dans im Kastellan-Saal la salle du Châtelain. statt. Exklusiv im Museumsshop undetimau Bazar des Schlosses En exclusivité à la boutique bazar CHILLON.CH CHILLON.CH oder unter www.chillon.ch/Z5042 erhältlich. BADOUX-VINS.CH BADOUX-VINS.CH du château ou sur: www.chillon.ch/Z5042

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Botschaft des Gouverneurs Jean-Claude Vaucher

Das Waadtland, Weltzentrum des Weins Wir sagen es gerne erneut: Die Waadtländer Winzer haben im 2018 einen ausserordentlichen Jahrgang eingekellert. Noch lange werden wir sein Loblied singen, weil die qualitativen Parameter alle Erwartungen der optimistischsten Fachleute übertroffen haben. Diese perfekte Ernte hat problemlos sowohl bei den Proben als auch bezüglich Ausgewogenheit den schon perfekten 2015er übertroffen, der seinem Ruf nach wie vor alle Ehre macht. Alle, die so klug waren, einige Flaschen mit Jahrgang 2015 von der besten Sorte zu lagern, um sie nächstens oder auch noch in einigen Jahren zu geniessen, werden ob diesem grossen Chasselas nicht enttäuscht sein, ganz im Gegenteil. Und jetzt wird diese Ikone vom Letztgelesenen noch übertroffen. Dieser wird durch das grosse Tor in das Pantheon der legendären Jahrgänge 1934, 1945, 1947, 1959 und näher bei uns 2003, 2009 und 2015 einziehen. Ein grosser Glücksmoment. Dieser aussergewöhnliche Erfolg ist die Frucht des Könnens unserer Winzer. Aber er ist auch den Launen der Natur zu verdanken, die in unseren Breitengraden auf den Geschmack eines mediterranen Klimas gekommen ist. Wenn man bedenkt, dass wir seit dem Beginn

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des 21. Jahrhunderts schon den vierten ausserordentlichen Jahrgang verzeichnen, ganz abgesehen von den ebenfalls sehr guten Jahrgängen 2011 und 2017. Es wäre falsch, die positiven Auswirkungen der Klimaerwärmung auf unsere Weinberge und ihren direkten Einfluss auf die qualitative Verbesserung unserer Weine zu ignorieren. Das zeigt, dass diese Erwärmung – die einige Ungläubige nach wie vor ausser Betracht lassen – auch positive Folgen haben kann. Diese wunderbaren Weine kommen gerade richtig, um würdevoll das Jahr 2019 zu begleiten und zu ehren, das den Kanton Waadt zum Weltzentrum des Weins macht. Wenn das Winzerfest in Vevey das herausragende Ereignis wird, das man auf gar keinen Fall verpassen sollte, so weisen wir gerne darauf hin, dass in der Westschweiz und im Waadtland auch der Weltkongress des OIV (Internationale Organisation für Rebe und Wein) abgehalten wird. Diese zwischenstaatliche Organisation zählt 47 Mitgliedländer und ist die wissenschaftliche und technische Referenz für den gesamten Weinbausektor. Sie versammelt jedes Jahr mehr als 500 Delegierte, die am Rand ihrer Treffen die Waadtländer und Schweizer Weinber-

ge entdecken werden, um schliesslich das grandiose Winzerfest zu bestaunen. Der Besuch dieser Spezialisten in der Schweiz ist ein äusserst seltenes Ereignis. Der letzte Kongress des OIV in unserem Land datiert von 1977 und fiel damit ebenfalls auf ein Jahr mit Winzerfest. Aber ich möchte noch einen dritten, ebenso wichtigen Anlass erwähnen. In Aigle wird der Concours Mondial de Bruxelles stattfinden, die weltweite Referenz in Sachen Weinwettbewerb. An dieser Degustation beteiligen sich 320 erprobte Weinliebhaber, die 50 verschiedene Nationen vertreten und aus rund 9000 Weinen die besten küren werden. Dieses Treffen ist für alle Wein-Fachleute unumgänglich. Immerhin dürfen wir hier festhalten, dass anlässlich der letzten Auflage der beste trockene Weisswein aus allen Kategorien ein Waadtländer Chasselas war. Dieses extrem günstige Zusammentreffen von bedeutenden Weinwelt-Ereignissen im Kanton Waadt wird es möglich machen, dass sich die internationalen Scheinwerfer verdientermassen auf unsere grossen Weine richten.

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Die ArtemisRessat Pascal Besnard, Echotier Edouard Curchod, Fotograf Artemis, Göttin der griechischen Mythologie, Tochter des Zeus und der Leto, Zwillingsschwester des Apollon, Fahnenträgerin der Confrérie du Guillon im letzten Herbst… purer Luxus! Aber sehen Sie darin keineswegs den unbeholfenen Ausdruck eines kollektiven Narzissmus seitens der Conseillers des Guillon. Denn die letzten Herbstressats fielen sehr wohl in den Bereich des Göttlichen. Dank dem kulinarischen Talent der zwei Küchenchefs mit germanischen Wurzeln. In der Reihenfolge ihres Auftritts: 1) Thomas Neeser, Chef des Grand Hôtel du Lac in Vevey, zurück auf Chillon nach einem ersten glanzvollen Auftritt anlässlich der Ressats der Zwölf Leuchten im 2014. 2) Werner Schürch, Sternekoch im Gasthof Emmenhof in Burgdorf. Ein Berner auf den Spuren seiner Vorfahren (vielleicht) im Universum von Pechnasen, Barbakanen und Poternen, die die ehrwürdige SavoyerFestung zieren. Göttlich auch… die Weine! Jene von Yvorne, von den Rebbergen bei Orbe, Epesses, Vinzel, Bonvillars, Tartegnin und natürlich jenen von den steilen Hängen des Dézaley. Und in das Register des Olymps gehören auch die Scharen von Inthronisierten. Darunter eine Extremsportlerin, ein ETH-Präsident, ein Comic-Zeichner, zwei Archäologen, ein Unternehmer und Sammler sowie unzertrennliche Paare, die gemeinsam vor dem Gouverneur ihren Eid ablegen. Man erkannte auf Schloss Chillon sogar einen Bundesrat von südlich der Alpen, der hier schon fast Stammgast ist!

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Ressats

Freitag 25. Oktober

Compagnon majoral Denis Knoepfler Epigraphik und Geschichte, Universität Neuenburg Karl Reber Direktor der Schweizer ArchäologieSchule in Griechenland Compagnon ministérial Michel Gfeller Assistent des Légats der Confrérie du Guillon Compagnon Helder de Pinho Nyon Catherine Doutaz-Favre Troistorrents Fabrice Grand Maxilly-sur-Léman Florence Grand Maxilly-sur-Léman Séverine Lecoq Ollon VD Derek John Shaw Brent Laurent Tornay Les Granges (Salvan) Albert Zurcher Noville

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Samstag 26. Oktober Compagnon Daniel Affolter Zürich Oriane Engel Yvorne Dean Gocevski Bussigny Didier Lasaygues Paris Vincent Légeret Lausanne Claude Mellana Bussy-Chardonney François Molliex Féchy Sébastien Pilet Buchs ZH Max Polonovski Paris François Pugliese Saint-Légier Jürg Renggli Gossau SG Hugues-Vincent Roy Clarens Félix Schläpfer Rorschach Hans Peter Schor Thun Werner Studer Waldkirch David Vauclair Paris

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Freitag 2. November Compagnon majoral Philippe Cottet Generaldirektor von Polyval Compagnon Eliane Aubert Lausanne Gérald Balimann Puidoux Stéphane Délitroz Givrins Christophe Donzé Trélex Olivier Duvoisin Moudon David Faba Morges Jean-Luc Jaquier Ecublens VD Jean-Marc Rossy Neuenburg Bertrand Schrago Vucherens Albert von Braun Lutry 2

Samstag 3. November

1. Eine Extremsportlerin... extrem freundlich: Géraldine Fasnacht 2. Der Tessiner Matteo Huber zeigt präfektoralen Stil 3. Fast schon ein Gewohnheitsgast, Ignazio Cassis mit seiner Frau Paola, umgeben von einer Delegation des Tessiner Cotterds angeführt vom Préfet Pierre Schulthess

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Compagnon majoral Géraldine Fasnacht Extremsportlerin Compagnon ministérial Matteo Huber Stv. Préfet des Tessiner Cotterd Compagnon Alain Berset Grenilles Christian Boillat Saint-Prex Jean-Marc Borcart Chernex Luc Califano Corseaux Alexandre Dayer Lausanne Victor Fiadeiro Fey Pierre Gauchat Lugano Stéphane Haller Arlesheim Dominique le Creff Morrens VD Ludovic Peguiron Bercher Pasqualino Alessandro Rosini Lumino Alain Saugy Lausanne Mireille Vuffray Bettens

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Ressats

Freitag 9. November Compagnon d’honneur Jean-Marc Probst Unternehmer, Sammler Compagnon majoral Bernard Cosendai (Cosey) Zeichner, Comic-Autor Compagnon Claude Aberlé Meinier Laurent Bertschi Chamblon René-Marc Blaser Epalinges Pascal Chevalley Thoiry Louis Gilliéron Belmont-sur-Lausanne Gaspard Guillemin Lonay Fabrice Iglesias Bernex Michael Jean-Petit-Matile Tolochenaz David Parisod Morrens VD

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Samstag 10. November

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Compagnon d’honneur Aude Pugin Präsidentin CVCI, CEO von APCO Technologies Compagnon Pierre-Yves Baby Morges Daniel Bretscher Holzhäusern ZG Sébastien Chambaz Bremblens Chantal Chambaz Bremblens Ronald Colliard Châtel-Saint-Denis Damien Colliard Châtel-Saint-Denis Catherine Cruchon Echichens Arnaud Duruz Monnaz Roger Givel Luzern Noémie Graff Begnins Nicolas Loeffel Colombier VD Dan Loup Cugy VD Ludovic Robert Münchenwiler Jill Rossier Lavigny Jérémie Rossier Lavigny Jérémy Tinguely Sévery Urs Vock Kriens Daniel Wiedmer Attalens

4. Unternehmer und Sammler Jean-Marc Probst: Die Reise rund um die Welt, der Kleine Prinz und jetzt die Confrérie du Guillon... was für ein Weg! 5. Der Zeichner Cosey, Autor der Jonathan-Comics und Fan von Mickey Mouse 6. Ein zerstörerisches Lächeln und ein kosmisches Talent: Edouard Chollet, hervorragender Clavendier 7. Eine jubelnde Menge, ein erfolgreiches Ressat

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Freitag 16. November Compagnon Grégory Autier Aubonne Florian Binggeli Yvonand Danièle del Rizzo Corseaux Joseph Filippone Chernex Benoît Noverraz Gilly Denis Pache Froideville Thony Perey Belmont-sur-Yverdon Yan Slade Poliez-le-Grand Bastien Suardet Féchy Jérôme Thuillard Romanel-sur-Lausanne Eric Williams Féchy

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8. Als Musterschülerin horcht Rektorin Luciana Vaccaro aufmerksam der (humorvollen) Lektion von Fabrice Welsch 9. Der Kelch des Gouverneurs für den Präsidenten der ETH Lausanne, Martin Vetterli 10. Die Inthronisierten vom 17. November klatschen. Es wird Zeit, sich in den Festsaal zu Tisch zu begeben...

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Samstag 17. November Compagnon d’honneur Luciana Vaccaro Rektorin HES-SO Martin Vetterli Präsident der EPFL Compagnon Jean-Jacques André Bassins Vincent Antonioli Lonay Geneviève Auger-Guérin Crassier Jérôme Bastian La Chaux (Cossonay) Henry Beausire Corseaux Yves Blondel Mont-sur-Rolle Sven Eggenberger Fey Sylvain Freymond Montricher Bruno Giovanola La Rippe Pierre Gordien Vulliens Julien Haenny Echandens Manuel Leal Penthalaz Pierric Martin Daillens Roland Parisod Grandvaux Jean-Marc Rochat Penthalaz Enrique Rodriguez de la Rubia Lully VD David Vionnet Préverenges

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Ressats

Freitag 23. November

Conseiller David Moginier Gastronomie-Journalist, 24 Heures Compagnon majoral Luc Sergy Direktor des Verbands Schweizerischer SicherheitsdienstleistungsUnternehmen Compagnon Alexandre Centeleghe Lausanne Jean-Claude Chatelain Tramelan Gilles Duboux Puidoux Philippe Egger Chavornay Sylvain Jaquenoud Lausanne Denis Krebs Gingins Christian Perroset Coinsins Anne Rochat Lausanne Antoine Rochat Lausanne Stephan Studer Belmont-sur-Lausanne Constantin Tsacanikas Cheseaux-sur-Lausanne

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11. Der Blaue hat seine gelbe Robe angezogen. Der NeuConseiller David Moginier erhält Bekleidungs-Unterstützung von Luc Massy 12. Mit sicherer Hand verewigt sich Sicherheits-Fachmann Luc Sergy im Goldenen Buch des Guillon 13. Anne und Antoine Rochat leisten ihren Eid gemeinsam 14. Ein schönes VIP-Trio: Michel Rochat und Pierre Keller, Präsidenten des OVV (antretend und abtretend) sowie Philippe Gex, Ehrengouverneur der Confrérie du Guillon

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Samstag 24. November Compagnon majoral Chantal Robin Direktorin der Freiburger Industrie- und Handelskammer Werner Schürch Chef des Gasthofs Emmenhof in Burgdorf Compagnon ministérial Raphaël Dromelet Trompes d’Hauteville Compagnon Stéphanie Blanchet Echallens Romain Delacrétaz Pully Mikael Ferreiro La Croix-sur-Lutry Michael Fuchs Chailly-Montreux Etienne Gonvers La Sarraz Francis Granget Freiburg Daniel Hammer Pully Cathy Joye Bussigny David Krienbühl Freiburg Nicolas Lagier Savigny Charles Roberge Saint-Prex Dominique Ruchet Saint-Légier Laurent Vialle Gland

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Propos de clavende

L’entrecôte de cerf rosé au jus de romarin Eric Loup, conseiller Noble gouverneur, notre gardien de basse-cour, Conseillers mes frères, virils lapins, Compagnons coqs fiers et parfois bruyants, Et vous Mesdames, nos si charmantes petites poulettes… Cette introduction agri/avicole me permet de vous entretenir sur notre heureux pays qui organise une votation fédérale pour demander au peuple de se prononcer sur les cornes des vaches. N’étant guère spécialiste en la matière, j’ai décidé d’acheter le journal AgriHebdo pensant ainsi trouver quelques explications.

Mais je suis tombé, je pense, sur le prochain sujet qui va défrayer la chronique : l’épointage du bec des poules pondeuses ! Bien sûr quelques esprits malins, tourmentés ou peut-être biaisés auront vite fait de retranscrire tout ça sur des activités humaines, mais tout ce que je vais vous dire est vrai ! Parce que Mesdames et Messieurs, les poules pondeuses qui s’ennuient sont des poules qui piquent ! Jusqu’à en venir au cannibalisme.

Il est précisé qu’avec les poules blanches les éleveurs arrivent à maintenir un certain équilibre alors qu’il y a des problèmes avec les brunes. Pour sûr vous verrez, on va bientôt avoir une initiative UDC pour interdire les poules de couleurs ! Pour diminuer le picage, il est donc nécessaire d’occuper les poules et les chercheurs d’Aviforum travaillent d’arrache-pied (et non d’arrache-becs) là-dessus. Ils sont déjà arrivés au constat que lorsque la poule a toujours le même os à ronger, elle se lasse et donc il faut changer régulièrement le matériau d’occupation. D’autre part, il est constaté que la lumière forte provoque chez la poule un comportement agressif avec des picages accrus. Le cannibalisme se réduit avec la diminution de l’intensité de la lumière.

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Messieurs soyons inventifs pour que Mesdames ne se lassent pas ; Mesdames soyez encore plus douces à la tombée de la nuit ; Et pour sûr, on ne parlera plus de poules et on aura bien moins à parler de cornes ! Comme je devais trouver une transition, permettez que je saute du coq à l’âne pour vous dire qu’initialement je voulais disserter sur les voyages, plus particulièrement les vacances des politiciens. Mais pour une fois en politique, les événements vont plus vite que le calendrier des Ressats. Je constate juste que c’est surtout chez les socialistes que c’est difficile ces jours. Tristes et énervés, ils se demandent s’ils ont fait le bon choix du bon bord.. Si oui, ils doivent, comme le PDC Darbellay, justifier pourquoi ils sont allés à gauche. Parce que c’est fou quand même aujourd’hui cette déferlante médiatique, cette quasi mise à nu. Oui vous le savez déjà mais remarquez que le PLR Maudet, c’est normal qu’il soit mis à nu, il est à bout d’habits. En parlant de mise à nu, je dois vous raconter ma dernière visite ce printemps chez le médecin, certains passages d’âge demandant d’effectuer un checkup total. Après avoir subi les -32 degrés du stéthoscope sur la poitrine et renquemelé à plusieurs reprises sans savoir à quoi ça sert ;

Imaginez la scène, le médecin vous fait mettre sur le côté, position qu’on appelle lors des cours de samaritains la position de sécurité. A mon avis, la première sécurité, c’est de bien choisir son médecin. Le TR, vous savez, c’est le genre de truc qui ne vous rend pas gai et qui ne vous incite pas à le devenir ! Si lors de grands moments, on utilise la formule : « C’est un événement à marquer d’une pierre blanche », pour moi mon check-up ça restera plutôt marqué : « d’un doigt ganté dans les annales ». Le toubib m’a dit que j’étais en surpoids ou en plus imagé que mon corps n’était pas prêt pour l’été mais par contre grave prêt pour l’hiver. Mon copain Ulysses a aussi dû aller chez le médecin. J’avais bien vu que ça n’allait pas trop fort. Un jour il m’a dit « j’ai fait une éclipse de chasselas ; l’éclipse de chasselas, c’est quand le foie passe devant le cœur ». Et surtout il m’a dit souffrir de cénosillicaphobie. J’ai cherché dans le dictionnaire : peur irraisonnée, phobie du verre vide. Comme il avait un peu peur d’aller consulter, il a pris sa femme avec. Elle était contente car elle devait dire quelque chose ! Docteur, c’est insupportable, mon mari parle toute la nuit ! La réponse est venue direct : Facile, il suffit de le laisser parler la journée

- si j’ai une baisse de pression je bois du vin rouge, - si j’ai une pression un peu haute je bois du whisky, - si j’ai un rhume je bois de la goutte - et quand je vais bien je bois du chasselas. Et l’eau s’est inquiété le docteur ? Ben j’ai pas encore eu de maladie aussi grave. Ulysses a quand même reçu une ordonnance qu’il s’est empressé d’aller faire valoir à la pharmacie. Il m’a dit hier : tu vois maintenant je marche aux granulés. Heureusement nous sommes ce soir tous bien portants et prêts à déguster ce plat principal, une entrecôte de cerf chassé dans les règles de l’art, soit avec une seule balle puis immédiatement préparé. Ce qui me fait vous rappeler que le végétarien a toujours existé. Seulement dans les temps anciens, c’était simplement un mauvais chasseur. Profitons maintenant du contenu de cette assiette, la bouche pleine du cerf vidé. Bonne continuation

Il a aussi dû faire le test pour la prostate et au moment de l’acte le docteur lui a demandé :

Après avoir réagi aux coups du petit marteau sur le genou et le coude ;

Si je presse là ça vous fait mal ?

Après avoir transpiré au moment de l’agression de l’aiguille au bout du doigt pour contrôler le fer dans le sang :

Ben vu notre nouveau degré d’intimité je crois qu’on peut se tutoyer.

Alors Ulysses a répondu :

C’est l’épreuve du TR.

Le toubib s’est montré quand même inquiet quant aux moyens d’hydratation utilisés par notre gaillard. Alors Ulysses a dit c’est très simple :

Est-ce que tout le monde c’est ce qu’est le TR ?

- Quand j’ai un peu de peine à digérer, je bois de la Suze,

J’ai dû passer au moment du contrôle de la prostate.

- si j’ai pas trop d’appétit je bois de la bière,

© Edouard Curchod

Fort de ces trouvailles, je pense que l’homme devrait s’inspirer de ces recherches pour ses propres agissements.

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Guillonneur in Basel

Vorgegriffene Fasnacht Claude Piubellini, Prévôt Fotos : Edouard Curchod Alles scheint perfekt vorbereitet, als sich der Schreibende aufmacht, in den Norden der Schweiz, in die Stadt am Rheinknie zu reisen. Erst als sich der Légat, sichtlich beunruhigt, telefonisch meldet, zeichnen sich ein paar dunkle Wolken ab. Einige Weine sind nicht rechtzeitig vor Ort eingetroffen, insbesondere jene aus dem Nord Vaudois. Ich erhalte den Auftrag, mir umgehend zwölf Flaschen des kostbaren Nektars zu beschaffen, die in einer Niederlassung eines in der Schweiz wohlbekannten orangen Riesen reserviert sind. Zwar habe ich die Herkunftsbezeichnung nicht verstanden (die Verbindung ist schlecht), aber ich soll nur rasch hinfahren, die Kartons einladen und dann weiterfahren. Wie man den Norden (des Waadtlandes) im Stress verliert Der Blick auf die Kartons im Kofferraum lässt mich doch rasch zögern: Céligny, eine Herkunftsbezeichnung ganz in der Nähe von Genf und nicht eigentlich aus dem Waadtländer Norden… Aber

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da kommt mir Crans-près-Céligny ganz in der Nähe von Nyon in den Sinn, ein «La Côte» also! Ich setze die Reise fort und komme dann zwischen Bern und Härkingen noch in den Genuss eines kleinen Staus, den man auf Französisch «goût de bouchon» oder eben «Zapfen» nennt. In Basel behändigt der Préfet Ivo Corvini die Flaschen, um sie auf die passende Temperatur zu kühlen. Mein Auftrag erfüllt, konnte ich mein Zimmer im Hotel Au Violon beziehen, dem früheren Gefängnis Lohnhof, das in ein charmantes Gasthaus umgebaut wurde. Da ruhe ich mitten in der Altstadt, ein paar Schritte vom Nadelberg entfernt, wo sich der Fasnachtskeller befindet, in dem sich der Basler Cotterd für den ganz im Zeichen des Waadtländer Weins stehenden Abend treffen wird. Geografische Enttäuschung: ein Gewissenskonflikt Vor Ort taucht man im Untergeschoss in einen riesigen Keller ein, der üppig mit Fasnachtsmasken und Laternen dekoriert ist. Alles hier weckt die Vorahnung an das jährliche Ereignis, das im 2019 zum weiss nicht wievielten Mal zelebriert wird, weil alle Archive beim verheerenden Erdbeben im Jahr 1356 zerstört wurden. Aber jetzt ist keine Zeit zum Träumen, rasch müssen die Flaschen organisiert werden, die beim JeanLouis-Wettbewerb über die Waadtländer Weinbauregionen zum Einsatz kommen. Meine bereits erwähnten Flaschen werden den Kartons entnommen und da sehe ich schwarz auf weiss «Appellation

Genève». Oha, da haben wir uns für einen Abend eine Genfer Enklave im Waadtland angeeignet, denn die Gemeinde Céligny gehört sehr wohl zur Stadt, die dem See den Namen gibt. Unsere geografischen Kenntnisse sind nicht über jeden Zweifel erhaben! Aber jetzt bleibt keine Zeit mehr, hier etwas zu ändern. Wir werden dazu stehen müssen. Ein wirklich besonderer Nord-Vaudois… Der Basler Cotterd gewinnt unter seinem Préfet an Bedeutung Unser Freund Corvini hat seinen Guillonneur bestens organisiert: 76 Personen drängen sich in dem für 60 Personen gedachten Saal. Da ist es nicht immer einfach, sich zwischen zwei Tischen hindurchzuzwängen, um die Weine auszuschenken, die es zu degustieren gilt. Da gibt es einen Château de Mont (Montsur-Rolle), unseren bekannten Genfer «Nord-Waadtländer» von Céligny, einen Villette (Lavaux), der von seinem Winzer Jacques Joly und seiner Gatten vorgestellt wird, einen Dézaley und einen Villeneuve, vorgestellt von seinem Winzer Christophe Bertholet und seiner Frau Christine. Diese Weine werden degustiert und kommentiert vom Légat oder den anwesenden Winzern, bevor sie neu ausgeschenkt werden, dieses Mal mit unkenntlicher Etikette und in einer unterschiedlichen Reihenfolge. Es ist dann an den Teilnehmern, die richtige Herkunft zu erraten. Und die Basler bekundeten damit wenig Mühe. Immerhin sieben Personen legten einen fehlerlosen Parcours hin. 16 täuschten sich ein einziges

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Mal (ich gehörte dazu!), 17 tippten zwei Mal richtig, 17 weitere noch einmal und 14 verbuchten einen Nuller. Ein echter Waadtländer-Abend mit Chablais-Weinen Wie üblich beginnt hier der genüssliche Teil des Abends mit passender Speise. Den Beginn macht die traditionell an der Fasnacht servierte Mehlsuppe, die von der bereits erwähnten Familie Bertholet mit einem Rosé aus Blauburgundertrauben begossen wird. Die Bertholet-Weine werden die ganze Mahlzeit begleiten. Zum Papet Vaudois und der dazu gereichten IGP-Wurst werden zwei unterschiedliche Blauburgunder ausgeschenkt, wobei der zweite im Eichenfass gelagert wurde. Diese grosszügig nachgefüllten Weine werden von Christine Bertholet präsentiert, und zwar in der Sprache von Goethe. Die prächtige Käseplatte schliesslich begleitet ein Chasselas, der in einem Fass aus Akazienholz reif geworden war und dessen Harzgeschmack

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perfekt mit den Halbhartkäsen harmoniert, die angeboten werden. Den Gästen gefällt es ganz offensichtlich, denn es blieb an diesem Abend praktisch nichts übrig. Zum Abschluss werden noch die Resultate des Degustationswettbewerbs gelüftet. Das grosse Los unter den sieben Gewinnern zieht schliesslich unser Compagnon Philipp Simonius: Er darf zusammen mit einer Begleitperson an einem der Frühlingsressats auf Schloss Chillon teilnehmen. Einige letzte Gläser später und nach den üblichen Dankes- und Abschiedsworten entsteigen die letzten Gäste praktisch um Mitternacht wieder dem Keller, um vorsichtig den Heimweg anzutreten. Ich kehre ins Gefängnis, das «au Violon» zurück!

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1. Blick in den Keller während dem Aperitif, der dem Jean-Louis vorausgeht 2. Préfet Ivo Corvini sammelt die Antworten der WettbewerbsteilnehmerInnen ein 3. Der Jean-Louis verlangt volle Konzentration während der Degustation

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Adolf Ogi, der mit dem Guillon d’Or 2018 ausgezeichnet wurde, zusammen mit Jean-Claude Vaucher, Gouverneur der Confrérie du Guillon, sowie André Fuchs, dem Präsidenten von Clos, Domaines & Châteaux

Guillon d’Or

Adolf Ogi

erhält den Guillon d’Or

Clos, Domaines & Châteaux 2018

Claude-Alain Mayor, Tabellion Fotos : Delphine Clément/CdC

INTERVIEW

Zum ersten Mal in sieben Ausgaben wurde der Guillon d’Or, ein Preis, der von der Vereinigung Clos, Domaines & Châteaux verliehen wird, einer Persönlichkeit aus der Politik zuerkannt. Ausgezeichnet wurde Adolf Ogi für sein Lebenswerk im Dienst unseres Landes. Die Preisverleihung fand am 2. Oktober 2018 im Royal Savoy vor grossem Publikum statt. Der ehemalige Bundespräsident, seit bald 18 Jahren «pensioniert», hat nichts von seinem unglaublichen Charisma oder von seinem Punch, der ihn stets auszeichnete, verloren. In seiner Antwort auf die Laudatio von Tabellion Claude-Alain Mayor, dankte er der Jury mit viel Verve und Sinn für Humor, was das Publikum entzückte. Danach brachten ihm die Gais Compagnons eine originelle Hommage dar, indem sie «For me, formidable» von Charles Aznavour interpretierten. Doch welches sind denn die Bande, die den berühmten Bürger aus Kandersteg mit dem Waadtland und seinen Weinregionen verbinden? Ein Interview mit Adolf Ogi zeichnet die Umrisse einer langen Freundschaft nach.

Claude-Alain Mayor: Was für Verbindungen haben Sie zur Confrérie du Guillon und zum Kanton Waadt? Adolf Ogi: Vor mehr als zwanzig Jahren schlug mir Claude Massy vor, Compa­ gnon d’Honneur der Confrérie du Guillon zu werden. Selbstverständlich habe ich sofort zugesagt. Meine Inthronisation auf Château de Chillon bleibt eine der schönsten Erinnerungen an den Kanton Waadt, der für mich eine Art Schweiz in Miniaturformat ist, ein Konzentrat unserer Landschaften: Wälder, Berge, Seen und, natürlich, Weinberge. Zudem liebe ich die Leute: Selbstverständlich habe ich General Guisan bewundert und vorzügliche Beziehungen zu zeitgenössischeren Waadtländern gepflegt: zu Jean-Pascal Delamuraz, Marcel Blanc, Jean Abt, Claude Nicollier… Apropos: Ich vermied es, den unvergesslichen JeanPascal, den ich sehr gern mochte, allzu früh am Vormittag in seinem Büro zu besuchen, denn ich vertrug den Weissen deutlich weniger gut als er. Meine Tochter Caroline hat einen Teil ihrer Karriere als Hôtelière in Lausanne und in Montreux im Suisse Majestic absolviert; ihr Direktor Andres Oppenheim schenkte stets perfekt ausgewählte Waadtländer Weine aus.

Le Guillon d'Or vom Glasmachermeister Yann Oulevay

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Welche Qualitäten und Fehler besitzen die Waadtländer Ihrer Meinung nach? Die Waadtländer haben ein gemässigtes, ruhiges Temperament und besitzen ein wahres Talent dafür, Frieden zu schliessen, noch bevor die Feindseligkeiten überhaupt ausgebrochen sind. Ich sprach von Claude Nicollier: Gut möglich, dass die Schwerelosigkeit von Waadtländern erfunden wurde, diese Leichtigkeit, diese Fähigkeit, im Gleichgewicht zu leben… Doch dieser welsche Charme wird bisweilen begleitet von einem übertriebenen Sinn für Ordnung und Autorität. Zwei Wochen vor meiner Wahl in den Bundesrat, als ich auf dem Platz vor dem Bahnhof Lausanne parkierte, forderte mich ein Polizist dazu auf, mein Nummernschild zu reinigen! Was haben Sie als ehemaliger Sportminister für eine Beziehung zum Wein? Ich liebe Wein sehr, viel zu sehr, um dabei zu übertreiben, das heisst: ich verkoste ihn mit Respekt. Alkohol passt natürlich schlecht zu sportlichen Leistungen. Bei den Olympischen Winterspielen von Sapporo 1972, als ich Direktor des Schweizer Skiverbands und Chef der eidgenössischen Delegation war, habe ich sogar jeden Alkoholkonsum verboten. Die meisten Athleten waren so diszipliniert, dass sie meine Anweisungen befolgten, doch ver-

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suchen Sie einmal, Walliser Skifahrern ihr Gläschen Weisswein vorzuenthalten… kurz: ich werde nicht mehr dazu sagen! In der Politik ist das etwas anders: Der Wein besitzt die Tugend, die Atmosphäre zu entspannen. Ich erinnere mich daran, dass Jean-Pascal stets über die Qualität der ausgeschenkten Weine wachte, mit Vorliebe waren es Waadtländer Crus. Doch er wurde dabei ein bisschen gebremst von unserem Finanzminister Otto Stich, der den Preis kontrollierte! Noch heute serviert der Bundesrat seinen Gästen niemals einen Wein, der mehr als 45 Franken pro Flasche kostet – nicht einmal der Königin von England! Im Weissen Haus oder im Kreml erreichen die Weine mit Leichtigkeit Preise von 500 oder 1000 Franken pro Flasche, ohne dass der Wein deswegen allerdings besser wäre: Ich habe ihn probiert… Welche Waadtländer Weine findet man in Ihrem Keller? Ich liebe Chasselas, vor allem zum Aperitif: Für mich bleiben der Dézaley Chemin de Fer und der Aigle Les Murailles Referenzweine. Jean-Pascal sagte oft, man hätte den Aigle «Delamuraille» nennen müssen. Doch ich habe auch wundervolle Rotweine entdeckt, etwa den Rouge de Rouges von Philippe Gex in Yvorne. Seit meinem Rücktritt aus dem Bundes-

rat habe ich immer nach stimulierenden Aktivitäten gesucht, die jüngste war diejenige als Sales Manager im Hotel Schönegg in Wengen, das bis vor kurzem von meiner Tochter geleitet wurde. Falls Sie also jemanden suchen, der Werbung für die Waadtländer Weine macht, kennen Sie ja meine Adresse! Es sind sich übrigens alle darin einig, ich sei ein sehr guter Verkäufer… von Schweizer Produkten, der Schweizer Politik, unseres Landes im Allgemeinen. Halten Sie sich für einen Bon Vivant? Ja, ich schätze gutes Essen und gutes Trinken, aber selbstverständlich mit Mass. Allerdings stehe ich nie am Herd. Einerseits, weil ich immer zu beschäftigt war in meinem Leben, um dieses Talent zu entwickeln, und andererseits, weil meine Frau, meine Tochter und mein Schwiegersohn wirklich begabt sind im Kochen. Welche Ratschläge würden Sie den Schweizerinnen und Schweizern für das Jahr 2019 erteilen? Niemals zu vergessen, was unsere Vorfahren aufgebaut haben: dieses wundervolle Erbe, das sie uns hinterlassen haben. Und andererseits daran zu glauben, etwas zu wagen, sich nicht damit zu begnügen, nur zu verwalten, sondern kämpfen und siegen wollen.

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Die Quatre Heures du Vigneron

Valeyres-sous-Rances,

das «Kleine Bern» 1. Corinne Tallichet-Blanc, Gemeindepräsidentin: "Die Lebensqualität an den Côtes de l'Orbe steht jenen im Lavaux in nichts nach."

Pascal Besnard, Echotier Fotos : Edouard Curchod Der gastfreundliche Ort an den Hängen über der Orbe-Ebene verdankt seinen Übernamen den Berner Zuwanderern im 16. Jahrhundert. Das günstige Klima und die guten Böden erklären, weshalb sich die Berner Aristokraten im Dorf niederliessen. Viele ihrer schönen Häuser stehen bis heute. Sie lieferten, als der Hitzesommer sich bereits dem Ende entgegenneigte, die eindrückliche Kulisse für die Auflage 2018 der Quatre Heures du Vigneron. Am letzten Samstag im August und am ersten im September war die Luft ein bisschen frischer und der Himmel etwas behangener als die drei Monate davor. Eigentlich ideale Bedingungen, um Weine aus der nördlichen Region zu degustieren, die bemerkenswert sind. Davon zeugt die Rangliste der Lauriers de Platine rouge 2018. Von den 16 für den Final ausgewählten Weinen stammten acht von den Côtes de l’Orbe! Nach dem Redenschwall des Héraut und des Prévôt haben Hunderte von Liebhabern der Waadtländer Weine den klugen und humorvollen Worten von Gemeindepräsidentin Corinne Tallichet-Blanc gelauscht. Dann entdeckten sie bei einem gemütlichen Spaziergang durch die Ortschaft die feinen Tropfen einer ganzen Schar von begeisterten und talentierten Winzern aus Arnex-sur-Orbe, Agiez, Bavois, Eclépens, Mathod und natürlich Valeyres-sous-Rances. Zum Abschluss dieses sanften WeinKreuzzuges kamen die Teilnehmer an

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den Quatre Heures in den Genuss des kulinarischen Feuerwerks, das der Metzger von Baulmes, Grégory Perusset, zusammen mit seiner Equipe vorbereitet hatte.

2. Die Daltons, Version Guillon 3. und 4. Im Freien oder im vollen Keller, überall herrscht beste Stimmung 5. Stimmung in der Küche und Triumph im Saal: Grégory Perusset und seine Equipe freuen sich mit gutem Grund

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Die Quatre Heures du Vigneron

Grusswort des Prévôt

(Auszüge)

Claude Piubellini Willkommen im warmen und freundlichen Städtchen Valeyres-sous-Rances, willkommen im Süden… von Baulmes und von Sainte-Croix, denn selbst im Waadtländer Norden bleibt man immer im Süden von etwas! Valeyres-sous-Rances, das seinen Namen mit Valeyres-sous-Ursins und Valeyres-sous-Montagny teilt, verdankt diesen Namen dem lateinischen «vallis», übersetzt «Tal» oder «Talmulde», aber auch dem lateinischen Namen Valerius, der zu Valérien wurde, dem männlichen Pendant von Valérie. Heisst das etwa, dass die Bewohner «Valaisans» heissen? Natürlich nicht, man nennt sie «Valeyriens», immerhin ein starkes Stück im Waadtland! Wir ziehen deshalb ihren Spitznamen vor, nämlich die «Füchse» oder «Schwalben».

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Ich hatte zudem geglaubt, dass die Valeyriens alle aus Mont stammten, aber viele haben mir gegenüber diese Aussage verneint. Mit einer Fläche von 635 Hektaren verteilt sich der Gemeindeboden hauptsächlich auf Weinberge und Felder. Die Römer hatten hier die erste Rebe gepflanzt. Die Mönche und die Gutsherren haben das Ihre dazu beigetragen, dass diese in der ganzen Region heimisch wurde. Und zwar so, dass Orbe vor der Ausbreitung der Reblaus der grösste Weinbaubezirk im Kanton war. Und wussten Sie, dass man im 1950 in diesem Dorf eine Sauerkrautfabrik baute, die 1980 Konkurs gegangen ist? Aber es bleibt immer noch ein Coiffeur-Salon, der gleiches produzieren kann…!

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Lüften wir den Deckel

Werner Schürch, Chef des Restaurants Emmenhof in Burgdorf

Zwischen Hammer und Herd Pascal Besnard, Echotier Fotos : Edouard Curchod Ganz offensichtlich ist es kein Zufall, dass Werner Schürch im Berner Burgdorf gelandet ist. Das Haus, in dem heute der Emmenhof einquartiert ist, kaufte im 1919 sein Grossvater, ein Pferdehändler. Die Grossmutter von Werner führte darin eine kleine Gaststätte für das Quartier. «Am Donnerstag gab es Sauerkraut, und am Freitag selbstverständlich Fisch.» 1955 übernahmen die Eltern, Werner und Therese, den Gasthof. Der Vater kümmerte sich weiter um den Pferdehandel und die Mutter sorgte für den Erhalt der kulinarischen Traditionen. Die Kundschaft setzte sich aus den Arbeitern in den umliegenden Fabriken und den Quartierbewohnern zusammen. Werner Junior wurde im 1963 geboren. Sehr schnell schon schwenkte er auf die gastronomische Linie ein und vernachlässigte den Pferdehandel. In den Siebzigerjahren absolvierte er im Mövenpick in Bern die Kochlehre. Dann heuerte er im bekannten Berner Restaurant Du Théâtre an, in dem der nicht weniger bekannte Chef Ernesto Schlegel das Zepter

schwang, der vom Schweizerhof gekommen war. Werner Schürch nahm Schritt für Schritt die hierarchischen Stufen im Du Théâtre. 1976 absolvierte er dann ein sechsmonatiges Praktikum in Saulieu im Burgund. Das Restaurant La Côte d’Or unter dem Chef François Minot verbuchte zwei Sterne im Michelin-Führer. Im 1982 wurde Werner dann stellvertretender Küchenchef im Du Théâtre. Im gleichen Jahr heiratete er Margrit, die im selben Betrieb arbeitete. 1985 beschloss das Ehepaar, den Emmenhof in Burgdorf zu übernehmen. Dieser war mit seinen Tagesgerichten für 12 Franken ein eher bescheidenes Restaurant. «Am Anfang hatten wir nur zwei gastronomische Tische. Zwei Jahre später waren es dann bereits sechs.» Die eigentliche Weihe folgte dann im 1996 mit dem ersten durch den MichelinFührer verliehenen Stern. Werner Schürch kann inzwischen 22 SterneJahre ausweisen. Und zudem 17 von 20 Punkten im Gault-Millau. Aber das alltagstaugliche Restaurant wurde nie aufgegeben und es kann nach wie vor

auf eine treue lokale Kundschaft zählen. «Ich dachte nie daran, die Gaststube aufzugeben, denn in dieser Region gibt es nicht so viele Leute, die sich die gehobene Küche leisten können», erklärt Werner. Ein einziger Aufenthalt im Ausland im Verlauf der langen Karriere, das scheint wenig für einen ausgezeichneten Koch. Es gibt dafür aber eine Erklärung: «Ich habe Bern nur für die Zeit meines Praktikums bei Minot verlassen, weil ich Leichtathletik auf hohem Niveau betrieben habe. Ich war Schweizer Meister bei den Junioren und Vize-Meister bei der Elite der Hammerwerfer. Die grosse Zahl von Trainingseinheiten erlaubte es mir nicht, meinem Berner Leichtathletikclub lange den Rücken zu kehren.» Nach dem Vorbild seiner Komplizen Andy Zaugg in Solothurn und dem Maisonneur Hansruedi Gerber nahm Werner Schürch, der seit 1992 Compagnon der Confrérie du Guillon ist, die Herausforderung an, die Gäste der Herbstressats 2018 zu beglücken. Diese waren – gelinge gesagt – ein Erfolg!

«Ich habe Bern nur für die Zeit meines Praktikums bei Minot verlassen, weil ich Leichtathletik auf hohem Niveau betrieben habe. Ich war Schweizer Meister bei den Junioren und VizeMeister bei der Elite der Hammerwerfer…» Werner Schürch

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BE DIFFERENT. BE SWISS.


Lüften wir den Deckel

Burgdorfer Chasselas-Suppe mit Kalbsmilken Rezept für 10 Personen SUPPE 300 g Gemüse (Zwiebeln, Sellerie und Karotten) 50 g Butter 1 l Gemüsebouillon 1 l Chasselas 1 l Rahm Salz und Pfeffer Das Gemüse in Würfel schneiden und in der Butter andünsten, mit der Bouillon ablöschen. Gemüse weichkochen. Die Suppe fein mixen und den Wein sowie den Rahm hinzufügen. Aufkochen und leise köcheln lassen. Abschmecken. GARNITUR 150 g Kalbsmilken 20 g Butter 150 g Sellerie, Lauch und Karotten Milken im kochenden Wasser blanchieren, abtropfen, Adern und Fett entfernen, in Stücke zupfen, in der Butter anbraten. Das Gemüse in feine Streifen (Julienne) schneiden. ANRICHTEN Die Gemüsestreifen und die Milken in Suppenteller geben und die heisse Chasselas-Suppe dazugiessen.

Als Begleitgetränk zur Suppe hat Werner Schürch einen Chardonnay 2017 von seinem Freund Pierre Henchoz ausgewählt. Dieser ist wie er Mitglied im Club Prosper Montagné. Hergestellt wird der Wein von Blaise Duboux in Epesses.

«Ein Chardonnay mit einer ChasselasSuppe…! Die Kombination stimmt, weil der Chardonnay rund und fettig ist und so perfekt auf die reichhaltige Suppe abgestimmt.»

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Porträt eines Conseillers

Olivier Mages, eine schöne Geschichte Hoch oben hält Silvio Mages kurz inne, legt seine Trompete ab und neigt sich zum Schloss Chillon hinab. Schliesslich muss man doch wissen, was dort gerade läuft. Silvio sieht mit Vergnügen seinen Sohn Grégoire, Conseiller seit vielen Jahren schon, die Robe seinem Bruder Olivier übergeben. Welchen Weg dieser Olivier seit seiner Gebut am 23. Mai 1969 doch zurückgelegt hat. Dabei liess er sich von der Treue leiten. Treu in der Liebe, mit Florence, dann die Geburt von Yann und Justin. Treu auch im Beruf, machte er doch seine Kochlehre im Spital im Morges, wo er heute noch, jetzt als Küchenchef, tätig ist. Treu auch im Dienst der Feuerwehr, für die er 31 Jahre

im Einsatz stand. Treu schliesslich der Musik und dem Guillon, dem er 1979 als Trompeter beigetreten ist, und als solcher gibt er seither während den Ressats den Takt an. Diese Trompete, die haben sie bis zuletzt gemeinsam gepflegt, das weiss Silvio. Olivier hat diese Geschichte geteilt, ebenso wie das Vallée de Joux mit der Zweitresidenz, von wo man die besten Vacherins mitbrachte, und Morges, wo die Familie nach wie vor ansässig ist, und die Region Chablais, insbesondere Bex, wo man herkommt und heimatberechtigt ist. Alles präsentiert sich von der besten Seite. Mamita, die Matriarchin, ist immer noch da. Der Familie geht es gut und Olivier führt die schöne Geschichte der Mages und des Guillon weiter. Be-

© Edouard Curchod

Luc del Rizzo, Héraut

friedigt greift Silvio wieder nach seiner Trompete. Roland Guignard, Jean-Marc Sauvant und andere Freunde warten. Es ist Zeit für den Apéro.


CENTRE DE DÉCOUVERTE Die Kolumne von Michel Logoz

Die Offenbarung des Weins in drei Akten Akt I – Die Nüchternheit ist eine Tugend mit variabler Geometrie. In den 1950er Jahren wurde in der Pariser Horaires et jours d’ouverture : Metro die Empfehlung ausgehängt, Leute mit manuelJuin à octobre : ouvert tous les jours de 10h30 à 20h00, len Berufen sollten nicht mehr als einen Liter Wein und dimanche de 10h30 à 19h00. Intellektuelle einen halben Liter Wein pro Tag trinken. Mi-janvier à fin mai, novembre et Verkauft wurde derdécembre Wein literweise : ferménach lundiAlkoholgehalt et mardi. décembre à mi-janvier : und mit auffälligenFin Markennahmen, ohne Ursprungsfermeture annuelle. oder Herkunftsbezeichnung (in unseren Gefilden unter dem Namen «Montagne» oder «Vino da Pasto»). In privaten Kreisen wurde grossmehrheitlich dieser Wein getrunken. Akt II – Szenenwechsel zwei und drei Jahrzehnte später. Die dreissig Glorreichen haben Standard und Lebensweise gepuscht und neue Horizonte eröffnet. Man begnügt sich nicht mehr mit Arbeiten und Schlafen. Kulturelle Aktivitäten, Sport und immer exotischere Reisen beanspruchen mehr Platz im Leben. Das Wein-Universum hat sich ebenfalls grundlegend verändert. Dank den AOC, die nur die Vermarktung von Weinen aus klar definierten Regionen erlauben, sind Qualitätsweine gefragt. Die Weine aus bekannten Weinbergen, aus kleineren Regionen, machen sich die Gunst der Liebhaber streitig. Mit der Globalisierung der Märkte und Weinen aus der neuen Welt ist die Konkurrenz omnipräsent. Der Konsument kann Weine aus allen Ländern konsumieren. Fernsehsendungen, Spezialzeitschriften, aber auch Wettbewerbe, das Star-System und der Kult der grossen Meister wecken immer neue Begehren. Das Interesse am Wein wächst, wird zum ästhetischen Vergnügen. Man trinkt weniger, aber besser. Folge: Der globale Konsum bricht um etwa die Hälfte ein. Akt III – Aber schon zeichnet sich eine neue grosse Herausforderung ab. Die ökologische Welle, anfänglich von bescheidenem Seegang, entwickelt sich zur Sturmflut. Der Gesundheitsaspekt (vor dem Geschmack!) etabliert sich als prioritäres Element der Nahrungsmittelproduktion. Sie wissen jetzt Bescheid!

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