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RIESENZELLARTERIITIS

Patienten mit gesicherter/mutmaßlicher PM oder DM gemäß den Bohan und Peter-Kriterien, entweder typischem Ausschlag, Myositis-assoziierten Autoantikörpern oder PM-Diagnose, refraktärer Myositis definiert als Glukokortikoid (GK)-Versagen und/oder Versagen auf mindestens ein anderes Immunsuppressivum und aktiver Erkrankung definiert als Vorliegen von ≥3 von 6 abnormen Myositis Core Set Measures (CSM). Insgesamt 36 von geplant 40 Patienten (23 mit DM) wurden im Verhältnis 1:1auf 6 Tocilizumab-Infusionen (8 mg/kg i.v.) oder Placebo für 24 Wochen randomisiert. Primärer Endpunkt war der Vergleich des TIS von Woche 4-24 in beiden Therapiearmen.

Im primären Endpunkt zeigte sich bis Woche 24 kein signifikanter Unterschied zwischen Tocilizumab und Placebo in der Gesamtkohorte (p=0,86) und auch der DM-Subgruppe. Es war auch kein Unterschied im mittleren TIS-Score über 4-24 Wochen feststellbar (26,4 vs. 29,3), der sich aber in beiden Armen ab Baseline bis zur letzten Visite signifikant verbesserte (p=0,02). Die Anteile von Patienten mit keiner, minimaler, moderater oder ausgeprägter Verbesserung waren mit 44,4, 16,7, 22,2 und 16,7 % vs. 27,7, 27,7, 33,3 und 11,1 % ebenfalls vergleichbar (p=0,22). Nachdem auch bei weiteren sekundären Endpunkten kein signifikanter Vorteil für Tocilizumab erkennbar war, müssen trotz relativ guter Sicherheit die Ergebnisse als enttäuschend gewertet werden. (2) m

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Quellen:

1 Arthritis Rheumatol 2020; 72(Suppl. 10): Abstr. 0955 2 Arthritis Rheumatol 2020; 72(Suppl. 10): Abstr. 0958

Steroidsparende Therapien: Mavrilimumab und erneut Tocilizumab auf dem Prüfstand

Bei Riesenzellarteriitis (RZA) werden zur Sterodeinsparung primär Tocilizumab sowie Methotrexat (MTX) empfohlen, auch Sarilumab, aber auch an Interleukin (IL)-12/23 oder IL-17 ansetzende Antikörper oder Januskinase (JAK)-Inhibitoren könnten eine Option sein. Auf dem ACR-Kongress wurde jetzt eine Phase-II-Studie zu dem Anti-Granulozyten-Makrophagen-Kolonie-stimulierenden Faktor (GM-CSF)-Rezeptor α-Antikörper Mavrilimumab vorgestellt, die gute Ergebnisse lieferte. Die Nachteile von Tocilizumab, das derzeit die besten Datenlage vorweisen kann, sind die Maskierung des CRP, das Fehlen von Biomarkern für Rezidive sowie das erhöhte Infektionsrisiko – vor allem in Kombination mit Glukokortikoiden (GK). Die Frage, ob Tocilizumab Steroide nicht ganz oder weitgehend ersetzen kann, wurde in der Pilotstudie GUSTO adressiert.

T-Helfer (Th)1 und Th17-Lymphozyten sind in die Pathogenese der RZA involviert. Aktuelle Therapien wie GK und Tocilizumab zielen vorrangig auf die Th17-Achse ab, während eine substanzielle residuale Th1-Aktivität bestehen bleibt. Präklinische Studien lieferten den Hinweis, dass GM-CSF, ein UpstreamMediator von sowohl Th1- als auch Th17-Zellen, bei RZA ein pathogener Faktor ist. Diese Erkenntnis bildete die Rationale zur Durchführung einer internationalen, randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Phase-II-Studie zur Effektivität und Sicherheit von Mavrilimumab als remissionserhaltende Therapie bei RZA-Patienten, deren Ergebnisse Maria C. Cid, Barcelona (Spanien), präsentierte.

Vielversprechende Phase-II-Ergebnisse zu Mavrilimumab

In der Studie wurden 70 Patienten mit aktiver (RZA-Symptome und ESR ≥30 mm/h oder CRP-Erhöhung ≥1 mg/dl) de-novo oder rezidivierender RZA (je 35 Teilnehmer; bestätigt entweder durch eine Temporalarterienbiopsie oder vaskuläre Bildgebung; 71 % Frauen, im Mittel 70 Jahre) im Verhältnis 3:2 (n=42 vs. n=28) auf s.c. Mavrilimumab 150 mg oder Placebo alle 2 Woche zusätzlich zu einem Protokoll-gemäßen 26-wöchigen Prednison-Tapering ausgehend von 20-60 mg/Tag) randomisiert. Zu Baseline musste verpflichtend eine GK-induzierte Krankheitsremission (Resolution der RZA-Symptomatik und CRP <1 mg/dl oder ESR <20 mm/h) erreicht sein. Primärer Wirksamkeits-Endpunkt war die Zeit bis zum ersten Schub zu Woche 26 in allen Patienten (modifizierte Intention-to-treat-Population). Ein Schub, bestätigt durch ein unabhängiges Komitee, war definiert als ESR ≥30 mm/h und/oder CRP ≥1 mg/dl und neuerliche RZA-Symptome oder eine neue/bzw. sich verschlechternde Vaskulitis in der Bildgebung. Sekundärer Endpunkt war eine anhaltende Remission bis Woche 26.

Zu einem Krankheitsschub bis Woche 26 kam es unter Mavrilimumab und Placebo bei 19,0 bzw. 46,4 % der Patienten, entsprechend einer Reduktion um 27,4 %. Die mediane Zeit bis zu einem Schub bis Woche 26 konnte für die Mavrilimumab-Gruppe aufgrund zu weniger Ereignisse nicht berechnet werden und betrug 25,1 Wochen im Placeboarm (Hazard ratio, HR 0,38, 95% KI 0,15-0,92; p=0,0263) (Abb.). Eine bis Woche 26 anhaltende Remission erreichten unter Mavrilimumab und Placebo 83,2 gegenüber 49,9 % der Studienteilnehmer (Anstieg →

um 33,4%; p=0,0038). Die Ergebnisse waren konsistent in den beiden Subgruppen (HR für Schub bei de-novo-Patienten 0,29, 95% KI 0,06-1,31; nominal p=0,0873; HR für Schub bei rezidivierenden/refraktären Patienten 0,43, 95% KI 0,14-1,30; nominal p=0,1231).

Unerwünschte Ereignisse (UE), meistens mild bis mäßig ausgeprägt, waren vergleichbar in beiden Studienarmen. Es kam bei 4,8 vs. 10,7 % der Patienten zu schweren UE, die aber nicht der Therapie zugerechnet wurden. Es gab keine Todesfälle, auch kam es zu keinem Visusverlust. Unter dem monoklonalen Anti-GM-CSF-Antikörper (der auch bei rheumatoider Arthritis und jetzt COVID-19 geprüft wurde bzw. wird) wurden keine neuen Sicherheitssignale berichtet.

Im Ergebnis zeigte sich Mavrilimumab im Remissionerhalt somit im Vergleich zu Placebo signifikant überlegen mit einer bis Woche 26 nur geringen Schubrate. Angesichts der recht guten Verträglichkeit erscheint eine Weiterentwicklung von Mavrilimumab bei RZA durchaus sinnvoll. (1)

Tocilizumab: Wie weit lassen sich Glukokortikoide minimieren?

Die Fragestellung, ob der in der GiACTA-Studie erfolgreich erprobte IL-6-Rezeptorinhibitor Tocilizumab Steroide nicht ganz oder weitgehend ersetzen kann, untersuchten Lisa Christ, Bern (Schweiz), und Kollegen in der einarmigen Open-label Proofof-concept-Studie GUSTO mit 18 RZA-Patienten (2/3 Frauen, im Mittel 72 Jahre, 83 % kraniale RZA) mit Diagnosestellung vor <4 Wochen, einem CRP-Wert >25 mg/l und GK-Exposition (max. 60 mg/Tag für max. 10 Tage). Diese erhielten nur an Tag 0, 1 und 2 je 500 mg i.v. Methylprednisolon, wonach die Steroidtherapie sofort gestoppt wurde und ab Tag 3 i.v. Tocilizumab 8 mg/kg KG zum Einsatz kam mit dem ab Tag 10 in GiACTA erfolgreich erprobten Therapieregime mit wöchentlich s.c. 162 mg bis Woche 52. Primärer Endpunkt war der Anteil von Patienten, die binnen 31 Tagen eine Remission (keine Symptome; partielle Remission = milde Symptome, definiert als nichtischämisch, auf NRS <5/10) erreichten und zu Woche 24 kein Rezidiv erlitten. Jetzt präsentiert wurde, nachdem für die ersten 12 Patienten der primäre Endpunkt ausgewertet werden konnte, eine Interimsanalyse zum Outcome nach 24-Wochen.

Drei von 12 Patienten erreichten eine Remission nach 31 Tagen und blieben ohne Rezidiv bis Woche 24 (25 %; 95% KI 5-57 %), womit der primäre Endpunkt verfehlt wurde (p=0,92). Elf von 12 Patienten erreichten eine Remission binnen 24 Wochen nach im Mittel 74 Tagen (95% KI 50-98) und 10 blieben ohne Rezidiv bis Woche 24 (83 %; 95% KI 52-98 %). Von den insgesamt 18 rekrutierten Patienten erreichten 14 eine Remission binnen 24 Wochen nach im Mittel 78 Tagen (95% KI 58-97) und 13 blieben ohne Rezidiv bis Woche 24 (72 %; 95% KI 47-90 %). 17 % waren Non-Responder und erhielten eine Rescue-GK-Therapie (2/3 mit persistierenden kranialen Symptomen inklusive einer de-novo anterioren ischämischen Optikusneuropathie, 1/3 mit persistierenden PMR-Symptomen), 11 % brachen die Studie infolge unerwünschter Ereignisse (Hepatopathie, Divertikulitis) vorzeitig ab.

Fazit: Nach einer nur 3-tägigen Methylprednisolon-Puls- mit nachfolgender Tocilizumab-Monotherapie wurde bei 72 % der Teilnehmer eine Remission induziert und bis Woche 24 erhalten. Trotz Verfehlen des primären Endpunkts scheint diese Strategie interessant zu sein und sollte in einer größeren Studie weiter untersucht werden. (2) m

Wahrscheinlichkeit für anhaltende Remission (%) 100

80

60

40

20 Mavrilimumab Placebo

HR=0,38, 95% KI 0,15-0,92; p=0,0263

0

0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 Zeit seit Randomisierung (Wochen) Bei der RZA ist derzeit im Hinblick auf potenzielle neue medikamentöse Therapien viel in Bewegung. So wird Tocilizumab als steroidsparende Therapie in der METOGIA-Studie direkt mit MTX verglichen. Ein weiterer Prüfkandidat ist Abatacept in der ABAGART-Studie. In der TiTIAN-Studie wird der IL-17A-Inhibitor Secukinumab in dieser Indikation evaluiert. Sehr aussichtsreich erscheint der präferenzielle JAK-1-Inhibitor Upadacitinib, der direkt in der großen Phase-III-Studie SELECT-GCA untersucht wird. Überdies läuft eine Pilotstudie zu Baricitinib.

AUSBLICK

Quellen:

1 Arthritis Rheumatol 2020; 72(Suppl 10): Abstr. L06 2 Arthritis Rheumatol 2020; 72(Suppl 10): Abstr. 0515

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