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Und täglich grüßt das Gewissen

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Aprilverlosung

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Warum wir uns häufiger selbst loben sollten

Super gemacht! Das müsste jede berufstätige Mutter jeden Tag ins Ohr geflüstert bekommen bei allen Aufgaben, die noch erledigt werden müssen, bevor der eigentliche Arbeitstag beginnt. Und auch während der Arbeit und danach, vielleicht würde sie es dann irgendwann auch glauben, denn wie sagt man so schön: „Steter Tropfen höhlt den Stein.“ Berufstätige Mütter sind Drahtseiltänzerinnen. Jeden Tag versuchen sie den Balanceakt zwischen Familie und Beruf zu meistern. Und das heißt, nicht nur oben auf dem Seil zu bleiben und Balance zu halten, sondern wirklich zu meistern. Also allen Ansprüchen mehr als gut gerecht zu werden, allem voran den eigenen. Eigentlich könnte jede einzelne sich am Ende eines Tages auf die Schulter klopfen und für diese Meisterleistung loben, stattdessen meldet sich oft das schlechte Gewissen wie ein kleines Teufelchen. Es sitzt auf der besagten Schulter und raubt Schlaf, Kraft und das letzte Selbstvertrauen. Berufstätige Mütter haben ein schlechtes Gewissen gegenüber ihren Kindern, ihrem Arbeitgeber, ihren Kollegen, ihrem Partner und auch gegenüber sich selbst. Aber warum? Woher kommt dieses ständige Denken, den Ansprüchen nicht gerecht zu werden und andere enttäuschen zu können? Ein schlechtes Gewissen entsteht, wenn sich die gelebten Entscheidungen und Handlungen nicht mit den eigenen Ansprüchen und den vorgestellten Erwartungen der anderen decken. Diese Erwartungen und Ansprüche haben sich im Laufe unseres Lebens entwickelt. Und eine wichtige Rolle spielt dabei mit welchen Vorbildern wir aufgewachsen sind. War die eigene Mutter auch berufstätig oder nicht und wie hat sie ihre Rolle gemeistert? Hatte sie vielleicht auch ab und zu ein schlechtes Gewissen? Wahrscheinlich ist, dass wir davon nichts mitbekommen haben, denn jeder versucht für sich selbst einen Weg zu finden. Gegenüber anderen ein schlechtes Gewissen einzugestehen würde bedeuten Schwäche zu zeigen und berufstätige Mütter müssen stark sein. Ein Scheitern darf es auch nicht geben, denn das wurde von der Männerwelt lange erwartet, um die Frau wieder an Heim und Herd zu binden. Und dieses Bild haben uns also nicht nur alle berufstätigen Mütter vor unserer Zeit eingeschärft, auch heute finden wir dieses Bild in den Medien und um uns herum immer wieder. Stark sein und von schlechtem Gewissen keine Spur. Beides ist scheinbar problemlos machbar und das fordert uns und unsere eigenen Ansprüche heraus. Nicht schaffen heißt, zu scheitern, an meinen eigenen Ansprüchen und an dem, wofür so viele vorher gekämpft haben. Gescheitert heißt überfordert zu sein und eine überforderte Mutter kann keine gute Mutter sein. Und eine überforderte Arbeitskraft kann keine gute Arbeitskraft und Kollegin sein. Und als ob das noch nicht reichen würde, wären da auch noch die anderen Mütter, die es immer wieder schaffen uns das größte schlechte Gewissen einzureden. Es wird ständig unterschwellig gestichelt und diese Überforderung heraufbeschworen, um vielleicht auch von sich selbst abzulenken. Wenn ein Kind zum Beispiel oft in den Spätdienst im Kindergarten ist, reicht der Kommentar einer anderen Mutter „Das arme Kind!“ und die eigene den Umständen entsprochene Entscheidung, diesen Dienst zu nutzen, wird kritisch überdacht. Und pling, das schlechte Gewissen ist da. Würde das ein Mann sagen, hätte das nicht so viel Gewicht, aber Kommentare aus dem selben Lager verletzen und verunsichern sehr. Zeit also, dem schlechten Gewissen den Kampf anzusagen: berufstätige Mütter aller Länder vereinigt euch! Akzeptiert, dass jeder auf seine Art und Weise seinen bestmöglichsten Weg findet und tauscht euch offen und ehrlich darüber aus. Macht euch nichts vor, denn jede Verschönerung aufgrund eigenen schlechten Gewissens, produziert auch eines beim sich vergleichenden gegenüber. Seid stolz auf euch und was ihr tut! Auch starke Frauen dürfen Schwäche zeigen. Geht in den offenen und ehrlichen Austausch mit anderen berufstätigen Müttern und seid nicht mehr allein. Das macht wieder stärker. Starten wir, indem wir losgehen und sagen: Super gemacht!

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