Vska handbuch

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SOZIAL-KULTURELLE ARBEIT

Orientierung an den Fragen, Kenntnissen und Interessen der NutzerInnen und BewohnerInnen Orientierung an der Bedarfslage im Stadtteil Multikulturelles und generationsübergreifendes Begegnen und Zusammenwirken in Stadtteilen Hilfe zur Selbsthilfe Vernetzung im Stadtteil Gemeinwesen-Entwicklung Förderung von Familien, anderen Lebensgemeinschaften und Nachbarschaftsbeziehungen durch informelle Vernetzung Zusammenarbeit von haupt- und ehrenamtlichen MitarbeiterInnen Verbindung von sozialer und kultureller Arbeit an einem Ort Bündelung von Angeboten; Gesamtverwaltung, Gesamtleitung, Transparenz und Erreichbarkeit

Handbuch



Vorwort

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Geschichte und Konzepte sozial-kultureller Arbeit

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Was ist sozial-kulturelle Arbeit? Susanne Besch

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Wir sind, was wir geworden sind. Zur Geschichte der sozial-kulturellen Arbeit und des Verbandes für sozial-kulturelle Arbeit e.V. Eva-Maria Antz

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Inhalt

Sozial-kulturelle Arbeit in der DDR und in den neuen Bundesländern Gudrun Israel

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Qualitätsmerkmale sozial-kultureller Arbeit Gudrun Israel

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• Orientierung an den Fragen, Kenntnissen und Interessen der Nutzerinnen und Bewohnerinnen • Orientierung an der Bedarfslage im Stadtteil • Multikulturelles und generationsübergreifendes Begegnen und Zusammenwirken im Stadtteil • Hilfe zur Selbsthilfe • Vernetzung im Stadtteil; Gemeinwesen-Entwicklung • Förderung von Familien, anderen Lebensgemeinschaften und Nachbarschaftsbeziehungen durch informelle Vernetzung • Zusammenarbeit von haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen • Verbindung von sozialer und kultureller Arbeit an einem Ort • Bündelung von Angeboten; Gesamtverwaltung, Gesamtleitung, Transparenz und Erreichbarkeit

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Qualitätsmerkmale sozial-kultureller Arbeit in der Übersicht Birgit Weber

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Knackpunkte: Erfahrungen aus der Zusammenarbeit mit Projekten in den neuen Bundesländern Gudrun Israel

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Fundraising Dr. Friedrich Haunert

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Die Autorinnen

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Der Herausgeber

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Literaturtips

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Inhaltsverzeichnis


Liebe Leserinnen, liebe Leser*,

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Hintergrund für die Erarbeitung dieses Handbuches sind die Erfahrungen, die unser Verband seit 1992 in der Beratungs- und Unterstützungsarbeit mit sozial-kulturellen Einrichtungen in den neuen Bundesländern und speziell 1997/98 im Projekt „Prozeßorientierte Projektberatung und -begleitung“ von fünf ausgewählten Häusern (je eins in jedem der neuen Länder) gesammelt hat. Viele der beschriebenen Beispiele stammen aus diesen Projekten. Sie sind sicher nicht repräsentativ für alle sozial-kulturellen Einrichtungen, unterstreichen jedoch die Vielfalt der Arbeit. Deshalb sollten sie auch als Beispiele und nicht als allgemeingültige Richtlinien betrachtet werden. Wir haben besonders die Fragen, Probleme, Aspekte und Ansätze sozial-kultureller Arbeit aufgegriffen, die in diesem Rahmen eine Rolle gespielt haben, am häufigsten angesprochen und diskutiert wurden. Allerdings konnten längst nicht alle Bestandteile dieses umfangreichen Spektrums erfaßt werden. Mit diesem Handbuch richten wir uns in erster Linie an haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiterinnen von sozial-kulturellen Projekten in den neuen Bundesländern, an Menschen, die sich für sozialkulturelle Arbeit interessieren, sich in diesem Rahmen engagieren oder vielleicht selbst eine Einrichtung aufbauen möchten. Wir wollen dieses Handbuch nicht als Lehrbuch verstanden wissen. Es enthält keine Rezepte oder Checklisten. Es soll vielmehr Anregungen zum Nachdenken geben und den Spaß am kreativen Umgang mit dem Ansatz sozial-kultureller Arbeit wecken, der viele, manchmal auch ungeahnte, Möglichkeiten bietet, selbst etwas zu gestalten und andere zum Gestalten zu animieren. Das Buch ist aus der Sicht des Dachverbandes geschrieben. Dabei haben wir versucht, so praxisorientiert wie möglich zu sein. Manche Aussagen oder Forderungen sind möglicherweise eher idealtypisch und es werden viele Feststellungen getroffen. Es liegt in Ihrer Hand, wie Sie damit umgehen und sie für sich interpretieren. Das Handbuch erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, deshalb sind wir an Rückmeldungen, Anregungen oder Hinweisen Ihrerseits sehr interessiert. Wir danken den Projekten, die sich darauf eingelassen haben, sich zwei Jahre lang von uns in die Karten schauen zu lassen, gemeinsam mit uns zu arbeiten und zu diskutieren und ihre Erfahrungen anderen zur Verfügung zu stellen.

Gudrun Israel

* Im größten Teil des Handbuches wird zur Vereinfachung die weibliche Form der verschiedenen Bezeichnungen verwendet. Damit sind natürlich auch die männlichen Personen gemeint. Sollte es sich einmal nur um Frauen oder nur um Männer handeln, wird dies entsprechend formuliert.

Geschichte und Konzepte sozial-kultureller Arbeit


Geschichte und Konzepte sozial-kultureller Arbeit Was ist sozial-kulturelle Arbeit?

So gesehen, lassen sich beide Seiten überhaupt nicht voneinander trennen.

Susanne Besch Mit diesem Beitrag werde ich mein Verständnis von sozial-kultureller Arbeit darlegen aus der Perspektive einer Quereinsteigerin aus dem Osten zu einer Zeit, als viele Diskussionen zu diesem Thema bereits ohne mich gelaufen waren. Während ich mit Begriffen wie „Volkskunstkollektiv“ und „Leiter des künstlerischen Volksschaffens“ leben konnte und mit den vielfach geförderten Möglichkeiten im Freizeitbereich, habe ich die Verknüpfung sozialer und kultureller Arbeit weniger hinterfragt als allgemein angenommen. Mit dem Vorhaben, auf meinen Erfahrungen basierend, kulturelle Angebote in Werkstätten als Medium für ‘Soziales’ wie Begegnung, Kommunikation, Gestaltung und Problembewältigung aufzubauen, fand ich mich in einem unbekannten System wieder und unmittelbar vor die Frage gestellt: Was ist sozial-kulturelle Arbeit? Die Auseinandersetzung mit den Begrifflichkeiten, den Hintergründen, den Arbeitsansätzen, mit den verschiedenen Positionen und Sichtweisen war und ist ein fortschreitender Prozeß. Die Begriffe „sozial-kulturell“ und „soziokulturell“ werden oft synonym verwendet, haben aber bei genauerer Betrachtung verschiedene Hintergründe. Sie sind von verschiedenen gesellschaftlichen Strömungen in der Bundesrepublik und von unterschiedlichen Wertungen der sozialen und der kulturellen Aspekte geprägt worden. Es gibt viele Überschneidungen im Bereich der inhaltlichen Arbeit und der Zielgruppen, so daß heute Einrichtungen mitunter nicht mehr konkret dem sozial-kulturellen oder dem soziokulturellen Bereich zugeordnet werden können. Auch wenn sich im Laufe der Zeit die Grenzen zwischen den beiden Arbeitsansätzen verwischt haben, sollte aus meiner Sicht der Hintergrund bei der Verwendung der Begriffe nicht außer acht gelassen werden. Im allgemeinen Verständnis umfassen die Begriffe „Soziales“ alles, was gesellschaftliches Miteinander der Menschen ausmacht, und „Kultur“ alles, was dieses Miteinander prägt und seinen Ausdruck in der jeweiligen kulturellen Identität findet. So betrachtet, ist das Soziale der Umstand, daß Menschen immer miteinander in Beziehung stehen, und die Kultur die Art und Weise, wie das geschieht.

Die Begriffe sind aber nicht immer so eindeutig verknüpft, sondern mit Bedeutungen aufgeladen, durch die sie eine absolute Trennung erfahren. Worte wie Sozialarbeit, Sozialamt, Sozialhilfe beziehen sich auf die untersten gesellschaftlichen Ebenen, auf Notdürftigkeit, Armut, Pflichtaufgaben, während Kultur oft mit Kunst gleichgesetzt wird und damit eine entgegengesetzte Wertschätzung erfährt. Sozialverwaltungen und Kulturverwaltungen vollziehen genau diese Trennung. Mit Verknappung der Etats konzentrieren sich beide Verwaltungen auf ihr „eigentliches“ Anliegen, was eine immer stärkere Trennung zur Folge hat.

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Im Gegensatz dazu werden mit sozial-kultureller und auch mit soziokultureller Arbeit beide Bereiche bewußt wieder verbunden, allerdings mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Sozial-kulturelle Einrichtungen wie Nachbarschaftsheime, Bürgerhäuser, Stadtteilzentren vereinen soziale und kulturelle Arbeit an einem Ort in einer Weise, in der die Kultur eine ganz wichtige Bedeutung als Rahmenbedingung für einen sozialen Auftrag hat. Kultur bedeutet hier das bewußte Schaffen einer kulturvollen Atmosphäre und einer Begegnungskultur, die von Offenheit, Respekt und Interesse gekennzeichnet ist. Hier findet in erster Linie kulturelle oder auch kulturvolle Sozialarbeit statt. Soziale Arbeit kann nicht im luftleeren Raum geschehen. Um niedrigschwellige, unverbindliche Zugänge zu sozialen Einrichtungen zu schaffen, werden die verschiedenen kulturellen Möglichkeiten genutzt. Klassische Zugänge sind Cafés, Freizeitangebote wie Kurse und kulturelle Veranstaltungen, die unverbindlicher sind als reine Beratungsstellen, bei denen vorausgesetzt wird, daß die Nutzerinnen vordergründig mit einem konkreten Problem in das Haus kommen. Beratung, Information und direkte Hilfen sind dennoch wichtige Bestandteile sozial-kultureller Arbeit, nur daß dabei weniger das Unvermögen, die Schwierigkeiten und Defizite der Menschen, sondern ihre Stärken, Fähigkeiten und Interessen gesehen und gefördert werden. Das ist eine entscheidende Haltung, um Menschen nicht an unbrauchbaren Wertesystemen scheitern zu lassen.

Geschichte und Konzepte sozial-kultureller Arbeit


Die ‘Schwachen’ als eigentliche Zielgruppe der sozialen Arbeit werden nicht aus einer wertenden und normierenden Position heraus gemessen. Sie haben Erfahrungswissen, sind Experten für ihre Situation. Ihnen zu ermöglichen, ihre Situation klarer zu sehen, ihre Kompetenzen zu stärken und entsprechende Ressourcen freizusetzen, ist ein Ziel sozial-kultureller Arbeit. Ihre persönliche Situation und die ihrer Gemeinschaft können Menschen nur selber dauerhaft und ihnen angemessen verändern.

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Die Menschen werden in ihrer Ganzheit und Vielfalt betrachtet, als Bestandteile verschiedener sozialer und kultureller Systeme, mit denen sie in ständiger Wechselbeziehung stehen, aus denen heraus Probleme erwachsen können, die wiederum nur mit Wirkung auf das Gesamtsystem gelöst werden können. Familienarbeit und generationsübergreifende Arbeit gewinnen mit dieser Betrachtungsweise immer mehr an Bedeutung. Traditionelle Familienstrukturen und herkömmliche Nachbarschaften haben an Sinngehalt verloren. Sie sind einem allgemeinen Wertewandel unterzogen und zum Teil überholt. Von einengenden und unzeitgemäßen sozialen und gesellschaftlichen Normen geprägt, sind sie oft von Intoleranz gegen alles Neue und ‘Fremde’ im weitesten Sinne gekennzeichnet. Die Identitäten sind vielfach gestört, sich wandelnde geschichtliche und wirtschaftliche Bedingungen lassen Werte und Normen, auf die sich die Menschen bezogen haben, bröckeln. Einigen Menschen fällt es schwer, sich aufgrund der unrühmlichen deutschen Geschichte mit dem Deutsch-Sein zu identifizieren, anderen ist eine DDR-Identität verloren gegangen, wieder andere oder auch die gleichen Menschen haben ihren Arbeitsplatz verloren oder ihre Kontakte zu Nachbarn, Freunden oder Familienangehörigen. Soziale und kulturelle Identität bedingen einander. Ein gesicherter und anerkannter Platz in der Gesellschaft, in dem Lebensraum, in dem sich Menschen bewegen, gehören ebenso dazu wie ausreichende soziale Beziehungen und durchschaubare gesellschaftliche Rahmenbedingungen. Eine Aufgabe von sozialer und kultureller Arbeit besteht in der Schaffung von Identität. Inhalte identitätsbildender Arbeit sind, Möglichkeiten anzubieten, sowohl soziale Beziehungen knüpfen zu können und Fähigkeiten stärken zu können, soziale Bindungen zu stabilisieren und

Geschichte und Konzepte sozial-kultureller Arbeit

aufrecht zu erhalten, als auch die gesellschaftlichen Rahmen verstehen zu können, Zusammenhänge besser zu durchschauen, um kompetenter und selbstbestimmter handeln zu können. Identität hat zwei Aspekte. Der eine besteht in der Dazugehörigkeit, die Geborgenheit, Nähe, Sicherheit und Wohlbefinden mit sich bringt, und der andere in Abgrenzung, die wichtig ist zum Schutz der Gruppen und ihrer Ideen. Daß die Gruppen sich nicht als ohnmächtig erleben, sich für etwas und nicht gegen etwas definieren, ist die Voraussetzung dafür, daß sie diese Abgrenzung nicht in Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Aggressivität gegenüber anderen ausdrücken, sondern mit gegenseitigem Respekt praktizieren. Respekt und Toleranz setzen die Haltung voraus, daß andere Menschen nicht schlechter oder besser, sondern nur anders sind. Sozial-kulturelle Arbeit richtet sich an alle Menschen, unabhängig von ihrem Alter, ihrer Nationalität, Herkunft oder Weltanschauung. Spaltungstendenzen der Gesellschaft sind allgegenwärtig. Auch wenn das Programm „Offen für Alle“, das Anfang der 90er Jahre aktuell war, wegen der Beliebigkeit, die dahinter stecken könnte, umstritten ist, setzt damit sozial-kulturelle Arbeit der Tendenz, daß soziale Schichten immer mehr auseinanderdriften, etwas entgegen, indem sie die ‘Starken’ ebenso einbindet wie die vermeintlich ‘Schwachen’. Es gibt genug Themen, die alle betreffen: Kindererziehung, Umwelt, Krankheiten, Süchte, Sehnsüchte, Unterhaltung, Gemeinschaft, Sinnsuche - um nur einige zu nennen. Um die Menschen, die in den Einzugsbereichen wirken oder leben und die in irgendeiner Weise besser zurechtkommen als andere, für die Aufgaben sozial-kultureller Arbeit zu gewinnen, daß sie sich fördernd ins Gemeinwesen einbringen, Projekte finanzieren und durch Know-how unterstützen, bedarf es attraktiver Bedingungen. Sozial-kulturellen Arbeit wird begleitet von Diskussionen über die Standards sozialer Arbeit, von Beschreibungen der Qualitätsmerkmale, einerseits um Kürzungen nicht der Willkür anheim zu geben, andererseits aber auch, um Vorhandenes effektiver zu nutzen und Ressourcen aller Art neu zu erschließen. Das Ehrenamt wird viel diskutiert und neu bewertet. Dabei ist erkennbar, daß nicht mehr nur die traditionellen Formen von Ehrenamt, etwa die Männer, die jahrzehntelang im Vorstand sit-


zen oder die kuchenbackenden Frauen, gemeint sind, sondern freiwilliges Engagement auf allen Gebieten. Bedingt durch eine erhöhte Mobilität, planen viele Menschen ihre Lebensabschnitte kürzer. Sie sind eher bereit, kurzfristige und spontane freiwillige Mitarbeit zu leisten und überschaubare Initiativen zu unterstützen. Freiwillige Mitarbeit muß gewollt und organisiert werden. Einbindung ist nach wie vor abhängig von der Kultur des Hauses, sie bedarf als Gegenleistung geeignete Strukturen und Formen persönlicher Kontakte und Anerkennung. Sozial-kulturelle Arbeit wird zeitweise mit dem Vorwurf konfrontiert, eine Mittelschicht zu bedienen, ihre Häuser mit Kultur, Ordnung und Struktur auszufüllen, die Gruppen von Bewohnerinnen entspricht, die die untersten sozialen Schichten wie Obdachlose, schwer Alkoholkranke, zerstörungswillige Jugendliche ausgrenzen. Bestimmt hat sozial-kulturelle Arbeit einen wichtigen Auftrag, soziale und kulturelle Werte zu erhalten und mitzugestalten und Menschen, die gefährdet sind, durch immer schwieriger werdende Bedingungen ‘herunterzufallen’, Handlungsspielräume zu eröffnen. Die Aufgabe kann aber nicht darin bestehen, Menschen zu ‘sozialisieren’, damit sie in die schönen Häuser passen. Neben der Abrechnung hoher Besucherzahlen bleibt immer die Frage nach denen, die nicht in das Haus kommen. Es gilt, flexibel und erfinderisch andere Formen für Ausgegrenzte und vor allem zusammen mit ihnen zu gestalten, ihre Kultur zu akzeptieren.

Es ist sinnvoll, Begegnungsstätten im Stadtteil vorzufinden, die Kultur, Kommunikation, Information, Beratung und Hilfeangebote vereinen und von integrierendem und aktivierendem Charakter sind und ermuntern, das Leben selbst in die Hand zu nehmen und die gegebenen Möglichkeiten auszuschöpfen. Fest steht, daß selbstbestimmtes und eigenverantwortliches Handeln Unabhängigkeit bedeutet. Sozial-kulturelle Arbeit kann als Experimentierfeld begriffen werden, auf dem möglichst viele und auch unkonventionelle Wege gesucht werden.

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Seminarteilnehmerinnen trugen unter dem Stichwort sozial-kultureller Arbeit eine Vielzahl von Umschreibungen zusammen, die in irgendeiner Weise etwas damit zu tun haben, an anderer Stelle ist sozial-kulturelle Arbeit mit den Stichworten bürgernah, dezentral, effizient, kostengünstig, flexibel und integrativ beschrieben worden. Begriffe und Namen sind Programm. Sie sind einerseits vorgeprägt aber andererseits, und entscheidender für jeden einzelnen und für jede Einrichtung, immer wieder selbst zu definieren und mit Inhalten zu füllen. Die Diskussion geht weiter.

Intergenerative Einrichtungen stellen erhöhte Anforderungen an die Mitarbeiterinnen und Nutzerinnen. Es geht um eine Balance zwischen den zwei Formen der Begegnung, einmal der einzelnen Menschen in Gemeinschaften unter sich und zum anderen der Gruppen untereinander und die Begegnung miteinander in einem gewollten Kontext. Sozial-kulturelle Arbeit hat einen emanzipatorischen Ansatz, mit dem das Zusammenwirken aller Kräfte in einem Sozialraum wie Vereine, Initiativen, Wirtschaft, Politik und aktive Bewohnerinnen in den Blickwinkel genommen werden. Die Gefahr besteht dabei, daß Menschen in vorgedachte Strukturen gedrängt und somit institutionalisiert werden können. Um zurückgezogene Menschen in den öffentlichen Raum zu holen, bedarf es sensibler Methoden. Es ist ein langsamer Prozeß, der an den einfachsten Lebensfragen ansetzt.

Geschichte und Konzepte sozial-kultureller Arbeit


Wir sind, was wir geworden sind. Zur Geschichte der sozial-kulturellen Arbeit und des Verbandes für sozialkulturelle Arbeit e.V. Eva-Maria Antz

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Geschichte ist ein Weg, eine Entwicklung. Ein Blick in die Vor- und Entwicklungsgeschichte des Verbandes für sozial-kulturelle Arbeit e.V. zeigt interessante Ereignisse und Veränderungen. Wichtige Impulse für das sich dabei entwickelnde Profil waren gesellschaftliche und politisch-wirtschaftliche Hintergründe und Einflüsse, fachliche Entwicklungen und Diskussionen im Bereich der sozialen Arbeit und Verbandsentscheidungen selbst. Um diese Geschichte deutlich zu machen, werden im folgenden zentrale Aspekte einzelner Epochen aufgezeigt. Schlagworte aus der jeweiligen Zeitgeschichte werden als Hintergrund unkommentiert und auch stark vereinfachend benannt, ausführlicher beschrieben werden dann die jeweiligen Entwicklungen sozial-kultureller Arbeit und des Verbandes.

Problem vom grünen Tisch aus lösen wollen, und er verabscheut die herkömmlichen Formeln einer Wohltätigkeit, die demütigt statt aufzurichten, demoralisiert statt zu bessern... Leben statt Maschinerie, exakte Kenntnisse der zu bessernden Verhältnisse, in die man sich mitten hineinzustellen hat, statt eines unzuverlässigen Urteils aus der Vogelschau - das ist sein Motto...“ (1) So gab es in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts allein in London 26 Wohnheime in Armenvierteln. Zeichnete sich in den ersten Jahren diese Bewegung durch eine gewisse „Programmlosigkeit“ aus, so entwickelten sich aus dem konkreten Zusammenleben mit den Armen zunehmend mehr „social settlements“, in denen auch andere ehrenamtliche HelferInnen, die nicht unbedingt vor Ort lebten, miteinbezogen wurden. So wurden schließlich konkrete Bildungs- und Begegnungsangebote durchgeführt, es gab Sprachkurse für Einwanderer (v.a. in Chicago), Klubräume ermöglichten ein geselliges Zusammensein usw. Der deutsche Professor Classen war von dieser englischen Idee begeistert und brachte sie nach Deutschland. Er gründete 1901 das Volksheim Hamburg. Nun lebten die MitarbeiterInnen zwar nicht mehr zwischen den Nachbarn der Armenviertel (nur einzelne HelferInnen machten noch diesen Schritt), aber es gab zahlreiche Aktivitäten in 6 verschiedenen Stadtteilen: Rechtsauskunftsstellen, Klubs, Debattierabende usw. Wichtig war ebenfalls die Jugendarbeit und der Einfluß der Jugendbewegungen. Der erste Weltkrieg hinterließ seine Spuren. Im Volksheim Hamburg entwickelte sich ein immer stärkeres politisches Selbstverständnis, das schließlich auch als „Sozialismus“ definiert wurde.

1880

Vorab noch ein Hinweis: Der Verband entstand in der „alten“ Bundesrepublik. Die Schlagworte aus der Zeitgeschichte sind demnach Stichworte zur bundesrepublikanischen Realität. Auf die Entwicklung sozial-kultureller Arbeit in der DDR und in den neuen Bundesländern wird in einem eigenen Beitrag eingegangen. 1. Die Wurzeln Schlagworte zur Zeitgeschichte: • 19. Jahrhundert: industrielle Revolution • Verelendung • USA: Einwanderer in den Großstädten • proletarische Wohnviertel Zur Geschichte der sozial-kulturellen Arbeit: Die Wurzeln der sozial-kulturellen Arbeit reichen weit zurück: in London wurde 1884 Toynbee-Hall gegründet, 1889 Hull House in Chicago, die beide als die bekanntesten, frühen Settlements gelten. Grundgedanke der Settler bei der Einrichtung dieser Organisationen war der Wunsch und der Gedanke von sozial bewußten AkademikerInnen, mitten unter den Armen zu leben, um letztendlich mit ihnen ihr Leben zu verbessern. „Der Settler kommt zu den Armen als Mensch zum Menschen...er kommt ‘to bridge the gulf’, um die Klassengegensätze zu überbrücken. Er hat das Vertrauen in gesetzgeberische und Verwaltungsmaßnahmen verloren, die das soziale

Geschichte und Konzepte sozial-kultureller Arbeit

Das Volksheim will „eine Heimstätte für Gemeinschaften sein, will die Menschen aller Volksschichten einigen in gegenseitigem Vertrauen zur Arbeit an der geistigen und sittlichen Vertiefung des Lebens und zur Stärkung des Gefühls gegenseitiger Verpflichtung“. Sozialismus - nicht als Wirtschaftssystem oder -prinzip, nicht als Außenform, sondern als Innenzustand, als eine Gesinnung, eine neue Art der Gestaltung der zwischenmenschlichen Beziehungen - wurde proklamiert. (2) Konkret umgesetzt wurde dieses Selbstverständnis in der Schulungsarbeit, in der Erziehung zum politischen Denken, in Ansätzen der Volksbildung. Die zweite wichtige Neugründung in Deutschland war 1911 die Soziale Arbeitsgemeinschaft


Berlin-Ost (SAG). Der Pfarrer Friedrich Siegmund-Schulze gab sein Pfarramt auf, um in ein Arbeiterviertel in Berlin zu ziehen. Die von ihm initiierte SAG führte sowohl Volksbildung als auch fürsorgerische Arbeit durch, deren Ziel letztendlich die gesellschaftliche Integration der Arbeiter war. So diente auch hier die praktische Sozialarbeit der Überwindung von Klassengegensätzen, allerdings gab es im Vergleich zum Hamburger Volksheim eine stärkere Betonung der fürsorgerischen Aufgaben. Die Vorläuferin des heutigen Verbandes entstand 1925. In diesem Jahr wurde die „Deutsche Vereinigung der Nachbarschaftssiedlungen“ gegründet. All diese Ansätze verschwanden unter der Herrschaft der Nationalsozialisten. Die junge Vereinigung wurde gleich 1933 wieder aufgelöst, einzelne Einrichtungen konnten sich noch halten, aber 1940 wurde dann endgültig auch die SAG in Berlin geschlossen.

bestimmung). Die Ideologie der Nachbarschaftsheime bestand aus den Begriffen Toleranz, Neutralität, Überparteilichkeit. Was der Aufbau dieser Einrichtungen in der Realität der Nachkriegsjahre bedeutete, veranschaulicht das Beispiel aus Neukölln, Berlin: Prinzip der Arbeit war, daß die deutsche Jugend für sich selber etwas aufbauen konnte, nicht ihr etwas überzustülpen. Im April 1947 konnte in einem Gebäude in Neukölln ein Zimmer genutzt werden. Die Armee gab Röntgenplatten, die gereinigt und zu Fenstern verarbeitet werden konnten. Das machten die Jugendlichen, zunächst für alte Leute, dann für sich selber. Später brachten sie Mütter und Geschwister mit. YWCA-Gruppen sammelten Kleider, Schuhe, Schokolade... „und ich bekam haufenweise die Sachen“. Wer eine Stunde Hilfe leistete, bekam einen Schein und konnte ihn gegen Sachen

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2. Die ersten Nachkriegsjahre Schlagworte zur Zeitgeschichte: • Nachkriegszeit • soziale Not: Wohnraum, Arbeit, Hunger • Flüchtlinge • Heimkehrer • Heimatlosigkeit • wirtschaftliche Aufbauhilfe der Alliierten • Re-education-Programme der Alliierten Zur Geschichte der sozial-kulturellen Arbeit: Nach dem Zusammenbruch des Nationalsozialismus und dem Ende des Zweiten Weltkrieges kam es zu zahlreichen Neugründungen von Nachbarschaftsheimen. Aber was bedeutet überhaupt Nachbarschaft? Es handelt sich dabei um eine Grundform sozialen Zusammenwohnens, die bestimmt ist von Wir-Empfinden, räumlicher Nähe, Übereinstimmung/Teilen von Sitten und Bräuchen etc. Spielregeln für eine gute Nachbarschaft sind Partnerschaftlichkeit, Namentlichkeit, Kompromiß und Toleranz. (3) Die Nachbarschaftsheime wurden gegründet von verschiedenen, häufig aus den USA stammenden Bewegungen. Wichtig waren die Quäker aber auch andere Träger: in BerlinNeukölln ging z.B. die Initiative von der YWCA (Christlicher Verein junger Frauen) aus und das Nachbarschaftsheim Urbanstraße, Berlin, wurde mit Mitteln der Klassenlotterie gegründet. Grundanliegen der GründerInnen war ein Verständnis der Nachbarschaftsheime als Beitrag zur Mitmenschlichkeit (Hilfeleistungen für Bedürftige, Arbeitsbeschaffung, Jugendarbeit), als Beitrag zur Umerziehung der Deutschen (Mit-

Nähstube im Nachbarschaftsheim Urbanstraße

einlösen. Frauen haben alte Armeesachen umgearbeitet. Aus sieben Armeeschlipsen konnte man einen Mädchenrock nähen. Die Jungen haben Tische und Stühle aus Armeebeständen wiederaufgearbeitet. Wichtig war, daß die Frauen aus der Isolation herauskamen, daß sie etwas für sich tun konnten. Viele Männer waren gefallen oder noch in Gefangenschaft. Im Nachbarschaftsheim konnten Frauen etwas für die Familie verdienen und sich gegenseitig helfen und stärken. Die Jugendlichen sollten lernen, Spaß haben, volkstanzen, lesen, schreiben...“ (4)

1940

Die Quäker spielten in dieser Aufbauzeit eine wichtige Rolle. Ihr Grundprinzip ist die „Heiligung des Alltags“ - jede kleine Tat ist wichtig, die Haltung ist wichtig, Hilfe zur Selbsthilfe, Gewaltlosigkeit, Konsensentscheidungen. Trotz dieser günstigen Anfangssituation in den ersten Nachkriegsjahren geschah der Aufbau im Bewußtsein, daß die finanzielle Unterstützung durch ausländische religiöse Gruppen zurückgehen würde. Diese Aufbauzeit wurde später oft

Geschichte und Konzepte sozial-kultureller Arbeit


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als „emotionaler Höhenflug“ beschrieben mit echter Begeisterung für den Aufbruch und den Aufbau. Diese Zeit wurde vor allem von denen, die dem Faschismus ablehnend gegenüberstanden, als „Zeit der Befreiung“ verstanden. Die Aufarbeitung des Faschismus war dabei aber kaum Thema, es gab auch kritische Einschätzungen der Ideologie der „Überparteilichkeit“. So zeigt K. Niestroy in seiner Diplomarbeit auf, daß FDJ-Gruppen in Westberliner Heimen keine Räume bekamen, und formuliert daraus den Vorwurf der Systemanpassung an die Amerikaner und auch des Antikommunismus. (5) Die Grundstimmung der Aufbauzeit wird von Ingeborg Blauert, die verschiedene Nachbarschaftsheime in Berlin leitete, so beschrieben: „Ich glaube einfach, eine Auseinandersetzung mit dem Faschismus war noch gar nicht dran. Wir waren irgendwie zu dicht dran. Und ich muß sagen, wenn ich es aus meiner eigenen Sicht sehe, für mich war das ein Aufbruch! Ich war zukunftsorientiert. Mich hat das wirklich von innen her getrieben wieder mitaufzubauen, so daß ich soviel an das Vergangene, an eine Aufarbeitung nicht dachte. Also das war eine außerordentlich mobile Zeit. Und wir waren ja auch ein bißchen wie die ausgetrockneten Schwämme, muß ich sagen. Wir waren nicht nur lernbereit, wir waren willig, wir waren begeistert.“ (6)

fung) hieß. Schon 1952 wurde der neue deutsche Verband auf der internationalen Konferenz des IFS (Internationale Föderation der Nachbarschaftszentren) in Amsterdam auch international anerkannt, was in der damaligen Zeit eine wichtige Wertschätzung und Unterstützung bedeutete. Die meisten Nachbarschaftsheime entstanden bis dahin in Berlin und so organisierte sich 1952 innerhalb des Verbandes die Landesgruppe Berlin. Die Arbeit in den einzelnen Nachbarschaftseinrichtungen bekam einen neuen Akzent: von der Einzelfallhilfe zur sozialen Gruppe. Gruppenpädagogik wurde zum zentralen Begriff und Grundverständnis der Arbeit, verknüpft mit einer zunehmenden Professionalisierung der sozialen Arbeit überhaupt. Prägend für die konkrete Arbeit und die fachliche Diskussion wurde die enge Kooperation mit Haus Schwalbach. Dr. Magda Kelber brachte aus ihrer USA-Emigration die Idee der „social group work“ mit und führte mit KollegInnen zusammen im Haus Schwalbach Fortbildungen für alle durch, die mit Menschen in Gruppen arbeiteten. Sinnbilder für diese neue Pädagogik waren das Flanelltuch zur unterstützenden Visualisierung von Diskussions- und Erkenntnisstrukturen, die „Methode 66“, als Form der Beteiligung aller TeilnehmerInnen bei akademischen Vorträgen, und viele andere Entdeckungen nicht-akademischer Lehrformen.

1950

3. Die Fünfziger und frühen Sechziger Schlagworte zur Zeitgeschichte: • „Wirtschaftswunderzeiten“ • Demokratieaufbau • schaffe, schaffe, Häusle baue • der „Sozialstaat“ Bundesrepublik Deutschland entsteht

Zur Verbandsgeschichte: 1951 wurde der „Verband Deutscher Nachbarschaftheime“ in Darmstadt gegründet. Diesem Datum war eine intensive inhaltliche Diskussion vorausgegangen. Bedeutete diese juristische Form des Zusammenschlusses eine Hilfe oder eher das Ende der bisherigen Spontaneität und Unmittelbarkeit der Zusammenarbeit? Gleichzeitig wurde aber auch die Notwendigkeit einer qualifizierten Öffentlichkeitsarbeit immer dringender, und so war die erste Zielrichtung des Verbandes die Unabhängigkeit von ausländischer Hilfe. Aufgabe der ersten Verbandsgeschäftsführerin, Irma Müller-Edom, wurde die Unterstützung und Beratung der Heime in Finanzfragen und Öffentlichkeitsarbeit. Unterstützt wurde sie von Isi Stehr, einer Mitarbeiterin des AFSC (amerikanischer Quäkerverband), deren Aufgabe „fund raising“ (Mittelbeschaf-

Geschichte und Konzepte sozial-kultureller Arbeit

Haus Schwalbach verstand und lehrte Gruppenpädagogik als eine pädagogische Form der bewußten Nutzung und Steuerung von Gruppenprozessen durch Pädagogen und unterschied auf diese Weise Gruppenpädagogik von der na-

Sommerfest im Nachbarschaftsheim Urbanstraße 1955

turwüchsig verlaufenden Gruppenarbeit, die des Pädagogen nicht bedarf. Magda Kelber kleidete den pädagogischen Anspruch, der Gruppenpädagogik als Pädagogik legitimieren sollte, in acht pädagogische Grundsätze, die im großen und ganzen mit der amerikanischen


Fachliteratur der 50er und 60er Jahre (etwa: Gisela Konopka) übereinstimmten. Die Prinzipien sind: mit der Stärke arbeiten; anfangen, wo die Gruppe steht...und sich mit ihr - ihrem Tempo entsprechend - in Bewegung setzen; Raum für Entscheidungen geben... und notwendige Grenzen positiv nutzen; Zusammenarbeit mehr pflegen als Einzelwettbewerb; sich überflüssig machen; weniger durch traditionelle, persönliche Führungsmittel (Lohn und Strafe, Lob und Tadel) wirksam werden als durch das Gruppenprogramm. (7) Aus heutiger Sicht klingt vieles dieser Prinzipien selbstverständlich - für die Zeit nach dem Faschismus waren es ungewohnte und wichtige Schritte auch zum Demokratielernen. Fürsorgerische Arbeit und Gruppenarbeit ergänzten sich und gehörten zusammen: wichtig war oft das Ziel, die BesucherInnen der Einrichtungen verantwortlich einzubinden, so daß Ansätze der Selbsthilfe entstanden. Ein kurze Schilderung aus dem Jahre 1954 vom Nachbarschaftsheim Wuppertal verdeutlicht dies: „Diese Arbeit lief so selbstverständlich mit, daß wir bisher gar nicht auf den Gedanken kamen, darüber Aufzeichnungen zu machen. Regelmäßige Besucher unserer Programme oder Eltern unserer Kinder, mit denen wir immer wieder Einzelgespräche haben, sind dabei inbegriffen. Es sind oft Menschen aus dem Bunker, und wir freuen uns darüber, daß der Kontakt dorthin im Wachsen ist. Ende letzten Jahres hat sich aus Bunkerbewohnern eine Arbeitsgemeinschaft als ein Art Selbsthilfeorganisation konstituiert. Die ersten zwei Sitzungen fanden im Nachbarschaftsheim statt. Aus ihnen hat sich das Anliegen einer Weihnachtsfeier für die Bunkerkinder ergeben, die ebenfalls in unserem Hause mit etwa 120 Teilnehmern stattfand.“ (8)

Aber das Sozialamt des Bezirksamtes Kreuzberg zeigt nach wie vor starkes Interesse an der Ausführung des Planes und ließ durch Herrn Rams den Vorschlag unterbreiten, von den jetzt ausgegebenen 150 Essen 50 Essen für die neue Speisung abzuzweigen.

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Kinderspeisung im „Mittelhof“ Zehlendorf

17.8.1956: Feierstunde zu 5 Jahren „Rollende Speisung“: täglich werden 325 Portionen erstellt. (9) Die zunehmende Professionalisierung in den Einrichtungen zeigte sich auch in der Entwicklung von Programmheften, Jahresberichten und der Anstellung fester MitarbeiterInnen. Ein Beispiel für die Entwicklung von der Bekämpfung der Nachkriegsnot zu einer anderen Selbstverständlichkeit verdeutlicht der Weg von der Nähstube zu Nähkursen im Nachbarschaftsheim Schöneberg: „Die zuvor offene Arbeit der Nähstube wird durch die Einführung von Kursen abgelöst. Diese sollen jedoch keine starren Formen annehmen, sondern der Gruppenarbeit eines Nachbarschaftsheimes entsprechen... In den frühen 60er Jahren sind noch viele Frauen zur Versorgung ihrer Familien auf das Nähen angewiesen. Im Zuge der Verbesserung der wirtschaftlichen Verhältnisse für breite Bevölkerungsschichten ändert sich allerdings die Bedeutung der Nähstube für die Besucherinnen. Das ‚Nähen aus der Not heraus’ wird von einem Spaß am Nähen und Nähenlernen abgelöst. Ein Stolz auf das Gelernte und zugleich die Möglichkeit des Kontaktes zu anderen Frauen treten in den Vordergrund.“ (10)

1960 Ein weiteres erwähnenswertes Beispiel, das wirklich Geschichte gemacht hat, ist das Projekt „meals on wheels“ oder „Essen auf Rädern“ aus dem Nachbarschaftsheim Urbanstraße, Berlin. In den Stichworten zur Vereinschronologie heißt es: 1961 Überlegungen zu „MEALS ON WHEELS“ (Quelle: Protokoll der Vorstandssitzung am 7. Juni 1961): Der Verein will, ausgehend von ausländischen Erfahrungen, den stationären Mittagstisch um „meals on wheels“ (Essen auf Rädern) erweitern. Ein entsprechender Antrag auf Finanzierung wird von der Klassenlotterie abgelehnt.

4. Die 68er und die folgenden Jahre Schlagworte zur Zeitgeschichte: • Auseinandersetzung mit gesamtgesellschaftlichen und systembedingten Ursachen sozialer Probleme • Städtebau: die Unwirtlichkeit unserer Städte • Erziehung - antiautoritäre Erziehung - politisches Bewußtsein

Geschichte und Konzepte sozial-kultureller Arbeit


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Zur Verbandsgeschichte: In diesen sogenannten „68er Jahren“ war und kam viel in Bewegung. Eingefahrenes und Traditionen wurden in Frage gestellt, es wurde nach gesellschaftlichen und politischen Ursachen und Strukturen gefragt und manches mußte neu formuliert werden. Diese gesellschaftliche Entwicklung fand in vielen Bereichen ihren Niederschlag und Ausdruck im Verband. Bedeutende Schritte waren für den Verband 1969 die Satzungsänderung, bei der die Ziele des Verbandes um den Aspekt der wissenschaftlichen Arbeit als Begleitung der Praxis erweitert wurden, und 1971 die Umbenennung des Verbandes in „Verband für sozial-kulturelle Arbeit“. Die gesellschaftspolitische Debatte schlug sich 1969 nieder in der Resolution des Verbandes „gesellschaftspolitische Aspekte von Bildung und Bildungsarbeit“. Diese Resolution wurde im Rahmen der großen Tagung, die Anfang Mai 1969 unter dem Titel „Die Stadt als Raum des denkenden Aufstandes“ in Berlin stattfand, verabschiedet. Hier wurden die Folgen der Debatte für sozial-kulturelle Bildungsarbeit formuliert und deutlich demokratischere Strukturen in den Einrichtungen gefordert.

Vorschläge zu neuen Organisationsstrukturen: Einführung der Drittelparität, Einführung des Rätesystems, Geschäftsführung im Rotationsprinzip (kein Heimleiter mehr). (11) Die Resolution endet mit dem Satz: „Bei der Durchführung dieser Vorschläge können allerdings hierarchisch-autoritäre Verhaltensweisen der Vereinsmitglieder und der Mitarbeiter sowie Auflagen der Geldgeber hinderlich sein.“ (12) Diese realistische Einschätzung hat oft zugetroffen, andererseits gehen sicher manche Strukturen heute auf den Aufbruch und die Suche der damaligen Zeit zurück. Eine entscheidende Entwicklung stellte die zunehmende Diskussion um Gemeinwesenarbeit dar. Der Blick ging weg von der engen Hauszentriertheit und richtete sich auf das soziale Gemeinwesen. Dieser Blickwechsel hatte auch Folgen für das Rollenverständnis des Sozialarbeiters: weg vom helfenden, betreuenden zum beratenden Gemeinwesenarbeiter. Dazu kam eine deutliche Ausbreitung der Nachbarschaftheime in Neubauvierteln der expandierenden Städte. Ein Beispiel für den radikalen Einstieg in die Gemeinwesenarbeit findet in Berlin statt: 1970/71 wird das Nachbarschaftsheim Charlottenburg umgewandelt in den Gemeinwesenverein Heerstraße Nord, aus dem später (1978) auch ein Gemeinwesenzentrum entsteht.

1970

Stichworte aus der Resolution: Alle in der sozialkulturellen Arbeit Tätigen sollten vorrangig beachten: Junge Menschen sind auf die sich stetig verändernden Lebensverhältnisse vorzubereiten,... Die Überbetonung, die Erfüllung im Berufsleben zu finden, muß zugunsten einer Bewußtmachung der Bedeutung

Hausmusikabend im Nachbarschaftsheim Schöneberg

der Freizeit abgebaut werden... Die Überbetonung des Leistungsdenkens,..., sollte zugunsten der menschlichen Geltung und Anerkennung Leistungsschwächerer, v.a. auch der älteren Menschen abgebaut werden... Es müssen methodische Wege zur Überwindung schichtenspezifischer Arbeit in den Bildungseinrichtungen gesucht werden...

Geschichte und Konzepte sozial-kultureller Arbeit

„Das Nachbarschaftsheim Charlottenburg e.V. hat 1970/71 seine Arbeit von der Waitzstraße im Altbauviertel Charlottenburg ins Neubaugebiet Heerstraße Nord verlagert. Mit dem Umzug war auch eine Umorientierung der Arbeit verbunden: Der Verein öffnet und bindet sich in besonderer Weise an die Siedlung Heerstraße Nord... Er ermöglicht allen sozial arbeitenden Gruppen und Personen in der Siedlung die Mitgliedschaft und bietet sich an als organisatorische Plattform und juristischer Träger für in Aktion tretende Bewohnergruppen. In seiner sozialen Arbeit praktiziert der Verein neue Methoden der sozialen Arbeit (Gemeinwesenarbeit), wobei er langfristig Verbesserung der Lebenssituation im Gemeinwesen anstrebt. Mit seiner Gemeinwesenarbeit möchte er besonders solche Bewohnergruppen unterstützen, die ihre Interessen und Bedürfnisse nicht ausreichend artikulieren und durchsetzen können. Er regt die Bewohner zur Initiative in Gruppen an. Die Arbeitsprozesse der im Siedlungsbereich tätigen Initiativen organisiert er so, daß Lernund Handlungsprozesse bei sozialen Gruppen


(z.B. den im Neubaugebiet lebenden Eltern) in Gang gesetzt werden, die den Betroffenen helfen, ihre Probleme in gesellschaftlichen Zusammenhängen zu erkennen, zu artikulieren und sie motiviert, an der Verbesserung ihrer Lebenssituation in der Siedlung mitzuwirken.“ (13) Die entstehende Fachdiskussion fand auch im Verband einen viel beachteten Ort: es entstand die Sektion „Gemeinwesenarbeit“, die ab 1970 einen eigenen Publikationsteil im RUNDBRIEF, dem Organ des Verbandes, erhielt (bis 1988). Der gesellschaftskritische Auf- und Umbruch jener Zeit zeigte auch Auswirkungen auf die verschiedensten Bereiche des Alltags sozial-kultureller Arbeit in den Einrichtungen: spürbar wurde die Suche nach neuen Inhalten und Methoden vor allem in der Jugendarbeit, die ein deutlich politisierteres Selbstverständnis widerspiegelte, und in einer veränderten Kinderarbeit, bei der auch die Eltern deutlicher in den Blick kamen. Die Kinderläden boomten, alle redeten von „antiautoritärer Erziehung“. Die „alten“ Nachbarschaftsheime wie auch die neueren Einrichtungen experimentierten mit den Ansätzen der Gemeinwesenarbeit, es wurde diskutiert und reflektiert. 5. Die späten Siebziger und frühen Achtziger Stichworte zur Zeitgeschichte: • soziale Bewegungen: Frieden, Frauen, Ökologie, Dritte Welt • Bürgerinitiativen • Jugendarbeitslosigkeit Zur Verbandsgeschichte: Mitte der Siebziger ist die gesamtgesellschaftliche Stimmung geprägt von der Schwierigkeit, nach der radikalen Kritik am Bestehenden in der Praxis sich bewährende Alternativen zu entwickeln: oft geht die Luft raus, Ernüchterungen machen sich breit, die Diskussionen um „Basisdemokratie“ haben zu unklaren Rollen- und Kompetenzverteilungen geführt.

Frauenbewegung, AusländerInnenarbeit, Beratungsarbeit, Ökologiebewegung, Bürgerinitiativen etc. Ein Beispiel für sich verändernde Profilierung ist die Altenarbeit. Veränderungen von Altsein in der Gesellschaft führen zu Initiativen wie „offensives Altern“, Oma-Dienste (organisierte Kinderbetreuungsdienste) und auch zu deutlich generationsübergreifenden Ansätzen. „Es zeigte sich also, daß die bestehenden Altengruppen im Nachbarschaftsheim Schöneberg nicht ausreichend für eine sinnvolle Hilfe zur Gestaltung des Alters und auch nicht offen genug für neue Gruppenmitglieder sind. Dem gegenüber stand unsere Überlegung, daß den alten Menschen in unserer Gesellschaft die Möglichkeit gegeben werden muß, ‘nützlich’ zu sein. Das glauben wir durch die Integration von alten Menschen in den Lebensbereich anderer (vor allem auch jüngerer) Gruppen der Gesellschaft (die zum Teil auch selbst von einer gewissen Isolation betroffen sind) z.B. in einem Treffpunkt-Café erreichen zu können. In dieser Situation entstand die Idee, den Gelben Laden als zusätzliche Einrichtung der Altenarbeit mit neuer Zielsetzung zu nutzen.“ (14)

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Selbsthilfegruppen werden immer zahlreicher und nehmen einen großen Raum auch in den sozial-kulturellen Einrichtungen ein. Selbsthilfe umfaßt dabei die Arbeit nach außen (z.B. Lobbyarbeit) und nach innen (sich selbst helfen). Konflikte um Professionalität und Ehrenamtlichkeit finden auch hier statt!

1980 Konflikte entstehen auch zunehmend bzw. immer wieder beim Thema Ehrenamtlichkeit - bezahlte Arbeit - Professionalisierung. Probleme entstehen, wenn in Mitgliederversammlungen die Mitglieder z.B. von Bürgerinitiativen durch Stimmenmehrheiten gegen die MitarbeiterInnen arbeiten etc. Vielleicht waren da die entstehenden Bewegungen klarere Orientierungen und Zusammenschlüsse nach den Zeiten der Ernüchterungen? Profilierungen finden statt, zahlreiche Bereiche bekommen eindeutige inhaltliche, politische und professionelle Konturen. Dazu zählen z.B.

In der Jugendarbeit wird die zunehmende Jugendarbeitslosigkeit ein unübersehbares Problem: als Antwortversuche werden Beschäftigungsinitiativen entwickelt und angeboten und prägen auch den Alltag in den Einrichtungen des Verbandes. Gleichzeitig wird nach neuen Wegen in der Jugendarbeit gesucht und die offene Jugendarbeit weiterentwickelt. Außerdem findet eine zunehmend bewußte Arbeit mit Jugendlichen unterschiedlicher Nationen statt. Neben diesen prägenden Entwicklungen in der sozialen Arbeit verschärft sich die Diskussion um den Begriff „Kultur“ und deren Bedeutung für die Arbeit in den Einrichtungen. Wer macht Kultur, was ist Kultur - Kultur von oben oder von unten? Auf der Suche nach Antworten werden interessante Projekte von Stadtteilgeschichte etc. entwickelt. Die Fragen sind drängend.

Geschichte und Konzepte sozial-kultureller Arbeit


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„Kultur- und Sozialarbeit als zwei Seiten einer Medaille. Gerade die Bürger- und Gemeinschaftshäuser haben die Chance, beide Seiten zum Vorschein bringen zu lassen; auch und gerade im Verhältnis der Zielgruppen zueinander. Unsere ‘randständigen’ Kinder kämen gar nicht zum Zuge. Wir könnten gar nicht mit ihnen arbeiten, wenn es nicht auch im Hause die Vereine und kulturellen Aktivitäten gäbe“, beschreibt ein Mitarbeiter. „Aber besteht nicht auch die Gefahr der Veränderung, Verschiebung der Zielgruppenarbeit? Plötzlich arbeiten wir mehr mit denen, die schreiben können, die sich in Stadtteilgeschichte vertiefen, als mit den Disco-Typen, den stets so schwer zu Motivierenden. Heißt dann Kulturarbeit nicht Ausweichen vor den Problemen, die auch die Sozialarbeit nicht bewältigen konnte? Im Haus entstehen Konflikte zwischen den alten, ‘traditionellen’ Zielgruppen (Kinder, Jugendliche) und den neuen (z.B. Kulturverein). Das verunsichert die professionellen Mitarbeiter. Das Problem des Verhältnisses Kulturarbeit zu bestimmten Zielgruppen ist noch zu wenig reflektiert. Oder: ist Kulturarbeit Integrationsarbeit gegenüber den unterschiedlichen Gruppen im Stadtteil (Alte-Junge, Einheimische-Ausländer)? Kann sie neue Kommunikationsmöglichkeiten eröffnen?“ (15)

ifs-Tagung in Berlin 1988

Medienkonsum und -kommunikation geprägt ist, und in der die finanziellen Rahmenbedingungen immer enger werden? „Was sind das für Zeiten“ lautet dann auch der Titel der Jahrestagung des Verbandes 1992. Die Annäherung zwischen Deutschland-Ost und Deutschland-West mit allen Schwierigkeiten, anfänglichen Distanziertheiten und Vorurteilen findet im Verband einen konkreten Weg in der Praxis: 1994 findet ein Hospitationsprojekt OstWest statt. MitarbeiterInnen aus westlichen und östlichen Einrichtungen besuchen sich und lernen gegenseitig die Praxis und einen Ausschnitt des Arbeitsalltags kennen. Das Projekt wird von vielen angefragt und genutzt, und es kommt zu Entdeckungen, Bereicherungen und anhaltenden Kontakten. Vorbereitet und begleitet wurde diese Arbeit durch das Ost-West-Kontaktbüro in Berlin, das 1992 im Rahmen des Bundesprogrammes „Aufbau freier Träger“ eingerichtet wurde. Zentrale Aufgabe dieses Kontaktbüros ist es, den Aufbau neuer Einrichtungen in den neuen Bundesländern beratend zu unterstützen.

1990

6. Die Endachtziger und Neunziger Schlagworte zur Zeitgeschichte: • Die „deutsche Einheit“ • Individualisierung • Medienwelt • Ausländerfeindlichkeit • Finanzknappheit • Neue Armut • Freizeitgesellschaft

Zur Verbandsgeschichte: Zahlreiche Aktivitäten und Veränderungen prägen die Entwicklung des Verbandes: 1988 findet in Berlin die große internationale Tagung „Nachbarschaftheime als Brücken zwischen Kulturen“ statt. Im Jahre 1989 gründet sich der Landesverband NRW und die Geschäftsstelle zieht von Berlin nach Köln um. Die Suche nach einer neuen Verbandsidentität führt zur erneuten Diskussion „Was ist sozialkulturelle Arbeit?“ „Offen für jeden - sonst nichts?“ Diese Suche bekommt durch die gesamtdeutsche Entwicklung, die mit der Wende oder Einheit oder wie immer dieser Prozeß zu bezeichnen ist, noch eine viel grundsätzlichere Dimension. Und was bedeutet sozial-kulturelle Arbeit in einer Gesellschaft, die von Individualisierung,

Geschichte und Konzepte sozial-kultureller Arbeit

Das endgültige Brüchigwerden von alten Errungenschaften wie Vollbeschäftigung, Sozialpartnerschaft und sozialstaatlichen Leistungen wird auch in den Einrichtungen des Verbandes immer spürbarer. Sozialstationen, Hauspflege, Schuldnerberatung sind längst selbstverständlich gewordene Initiativen der sozialen Arbeit. Die Diskussion um Lebensweltkonzepte zeigt einen neuen Weg auf, in der Verbindung von individueller, subjekthafter Handlungsweise und gesellschaftlichen Ursachen bzw. Strukturen nach anderen Formen der sozial-kulturellen Arbeit und der Gemeinwesenarbeit zu suchen. „Die Lebenswelt stellt den Horizont dar, innerhalb dessen die Menschen handeln; sie aber wird durch gesellschaftliche Strukturen und deren Wandel begrenzt und beeinflußt...


Dies kann für ein GWA-Konzept in mehrfacher Weise fruchtbar werden: Erstens gewinnen wir eine Analyseebene für Gemeinwesenarbeiter. Stadtteilanalysen sind dann nicht mehr die Datenfriedhöfe statistischen Materials, sondern es kommt darauf an, die Lebenswelt daraufhin zu untersuchen, welche Möglichkeiten sie für die Menschen bereithält - diese sind zu unterstützen, zu erweitern und gegebenenfalls neu zu schaffen -, und welche Behinderungen sie beinhaltet - diese sind zu beseitigen oder wenigstens zurückzudrängen. Je mehr Möglichkeiten politischen, kulturellen und sozialen Handelns die Lebenswelt bietet, um so mehr Handlungsalternativen im Sinne einer produktiven Auseinandersetzung stellt sie für die Menschen zur Verfügung.“ (16) Die Frage nach Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung und nach der Zukunft des Gemeinwesens prägt die aktuelle Arbeit des Verbandes. So wurde im November 1995 in Berlin eine viel beachtete Fachtagung unter dem Titel „Zentrale Verwaltung oder bürgernahe Gestaltung? Soziale und kulturelle Angebote im Wohngebiet verantworten“ durchgeführt. Die immerwiederkehrende Auseinandersetzung um das Besondere der sozial-kulturellen Arbeit, gerade auch in konkreten Anfragen aus dem Hospitationsprojekt, haben zu der Idee einer Qualifizierungsmaßnahme für MitarbeiterInnen aus sozial-kulturellen Einrichtungen geführt. Das Konzept dieser vom Verband vorbereiteten Weiterbildung greift die Grundüberzeugung auf, daß der Ansatz sozial-kultureller Arbeit mehr ist als die Aneinanderreihung von einzelnen sozialen oder kulturellen Aktivitäten. Er ermöglicht sowohl neu einsteigenden wie auch langjährigen, haupt- wie ehrenamtlichen MitarbeiterInnen eine fundierte Auseinandersetzung mit und Weiterentwicklung von theoretischen Grundlagen und praktischen Arbeitsformen sozial-kultureller Arbeit.

(1) Gisela Oestreich: Nachbarschaftsheime gestern, heute - und morgen? München/Basel 1965, S.40 (2) Gisela Oestreich, a.a.O., S.49 (3) vgl. Gisela Oestreich, a.a.O., S. 19/20 (4) Dieter Oelschlägel, Rückblick und Erinnerung - 40 Jahre Verband für sozial-kulturelle Arbeit, in: RUNDBRIEF 2/91, S. 5 (5) vgl. Zusammenfassung von Anneliese Baschnagel, o.J., unveröffentlicht

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(6) Ingeborg Blauert, in: Gundi Nietfeld, Sozial-kulturelle Arbeit im Wandel der Zeit, Die Geschichte des Nachbarschaftsheims Schöneberg, Berlin 1995, S. 35 (7) C. Wolfgang Müller: Wie Helfen zum Beruf wurde, Band 2, Eine Methodengeschichte der Sozialarbeit 1945-1985, Weinheim/Basel 1988, S. 60 (8) aus: Arbeitsbericht Nachbarschaftsheim Wuppertal, Februar 1954, S. 3 (9) 25 Jahre Nachbarschaftsheim Urbanstraße e.V., Stichworte zur Vereinschronologie, 1980 (10) Gundi Nietfeld, a.a.O., S. 77 (11) Gesellschaftspolitische Aspekte von Bildung und Bildungsarbeit, 2. Mai 1969 (12) a.a.O. (13) Konzeptionen für das Gemeinwesenzentrum Heerstraße Nord in Berlin, in: RUNDBRIEF 1/78, S. 38/39 (14) Nachbarschaftsheim Schöneberg, Der Nachbar - Modell für eine integrierte Altenund Gemeinwesenarbeit, in: RUNDBRIEF 3/78, S. 19 (15) Dieter Oelschlägel, Kulturarbeit und Sozialarbeit im Stadtteil - Fragen, Widersprüche, Probleme, in: RUNDBRIEF 3/80, S. 47/48 (16) Dieter Oelschlägel, Die Probleme verstehen lernen - das Lebensweltkonzept, in: Dieter Oelschlägel: Nachbarschaftsheime und sozialkulturelle Arbeit, Texte 1981-1991, Duisburg 1991, S. 79/80

Geschichte und Konzepte sozial-kultureller Arbeit


Sozial-kulturelle Arbeit in der DDR und in den neuen Bundesländern Gudrun Israel

Die Vorgeschichte in der DDR

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Dieser Beitrag ist ein Versuch, aus heutiger und eher subjektiver Sicht herauszufinden, ob es in der DDR sozial-kulturelle Arbeit gegeben hat und wie und wo sie stattgefunden hat. Gegenstand der Betrachtungen soll nicht das gesamte soziale und kulturelle System der DDR sein, sondern die Ausschnitte, in denen sozial-kulturelle Arbeit angesiedelt gewesen ist. Vorangestellt sei, daß es Nachbarschaftsheime im Deutschland vor den Zweiten Weltkrieg nicht nur im westlichen, sondern auch im östlichen Teil des Landes gab, so in Dresden, Leipzig, Görlitz, Wernigerode. Dazu gehörte auch die Soziale Arbeitsgemeinschaft Berlin-Ost (SAG). Alle wurden während der Nazizeit geschlossen. Nach Kriegsende wurde die SAG 1949 neu gegründet, erlangte jedoch nicht wieder ihre frühere Bedeutung. Sie führte in der DDR ihre Tätigkeit außerhalb von Berlin mit der Betreuung von verhaltensauffälligen Jugendlichen weiter. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges und der Aufteilung Deutschlands in vier Besatzungszonen wurden die Nachbarschaftsheime (meist mit ausländischer Unterstützung) nur in den westlichen Zonen einschließlich Westberlin neugegründet. Die soziale und kulturelle Nachkriegsentwicklung in der sowjetischen Besatzungszone hatte nur anfangs ähnliche Ansätze wie in den westlichen. In erster Linie ging es um die Linderung der Nachkriegsnot. In diesem Rahmen wurde z.B. in Sachsen die Aktion „Volkssolidarität gegen Wintersnot“, die Aktion „Heim und Arbeit“ in Mecklenburg oder „Thüringen-Aktion gegen Not“ ins Leben gerufen. Auch die antifaschistischen Frauenausschüsse leisteten einen wichtigen Beitrag. Es wurden Frauen- und Kinderheime, Nähstuben und Wärmehallen eingerichtet, Hilfe für Obdachlose und Umsiedler wurde organisiert, den Kindern galt besondere Fürsorge.

Kulturarbeit Später ging es darum, bei den Menschen wieder Interesse an Kunst und Kultur zu wecken

Geschichte und Konzepte sozial-kultureller Arbeit

und ihnen den Zugang dazu zu ermöglichen. Dazu wurde Mitte bis Ende der 40er Jahre eine Vielzahl von Organisationen mit den unterschiedlichsten Zielgruppen gegründet, wie die Freie Deutsche Jugend, die Pionierorganisation Ernst Thälmann, der Demokratische Frauenbund Deutschlands, die Volkssolidarität, die Nationale Front, um nur einige zu nennen. Diese Organisationen hatten sowohl politische (Erziehung der Menschen zu bewußten Sozialisten) als auch kulturelle (Organisierung eines vielsei-

DFD-Frauengruppe

tigen kulturellen Lebens) Hintergründe. Sie spielten eine wichtige Rolle in der Kultur- und Freizeitarbeit mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen. Dabei wurde der Begriff „sozial-kulturelle Arbeit“ in der DDR nicht verwendet. Das heißt aber nicht, daß es keine sozial-kulturelle Arbeit gab. Im Gegenteil, sie war wahrscheinlich weiter verbreitet als man annehmen könnte. Sie wurde größtenteils unter der Bezeichnung „Kulturarbeit“ zusammengefaßt. Es gab Kulturarbeiterinnen und Klubleiterinnen, die in diesem Bereich tätig waren, deren Berufsbild jedoch nicht dem der Sozialarbeiterinnen und Sozialpädagoginnen, die in der BRD auf diesem Gebiet arbeiteten und arbeiten, entsprach. Am ehesten mit Sozialarbeiterinnen vergleichbar waren die Fürsorgerinnen, die aber hauptsächlich im Gesundheitswesen und in der Jugendhilfe eingesetzt waren und sozialarbeiterische Aufgaben wahrnahmen. Dafür gab es sowohl eine staatliche als auch eine kirchliche Ausbildung. Im Kultur- und Freizeitbereich waren aber auch Lehrerinnen, Erzieherinnen, Künstlerinnen, Musikerinnen, Pionierleiterinnen und andere Berufsgruppen tätig. Diese Arbeit fand auf verschiedenen Ebenen statt. Es gab z.B. die Kulturhäuser, die meist bei größeren Betrieben aber auch bei den Kommunen angesiedelt waren. In den Wohngebieten gab es die Klubs der Volkssolidarität, die Wohngebietsklubs der Nationalen Front, die Einrichtungen des Demokratischen Frauenbundes und


des Kulturbundes, die kommunalen und die FDJ-Jugendklubs, Sportvereine, in größeren Wohngebäuden die Klubräume der Hausgemeinschaften, um nur eine kleine Auswahl zu treffen. In den Schulen fanden Freizeitveranstaltungen der Pionierorganisation und der FDJ statt. Die Pionierhäuser boten ebenfalls vielfältige Freizeitaktivitäten. Durch die Trennung von Staat und Kirche in der DDR fand die Arbeit in den Gemeindezentren der Kirchen wenig Beachtung.

chen- oder Bildhauerzirkeln unter fachkundiger Anleitung zu entwickeln und zu vervollkommnen. Die Ergebnisse ihrer Tätigkeit wurden öffentlich in Veranstaltungen, Ausstellungen oder Lesungen präsentiert. Höhepunkte dabei waren die regelmäßig stattfindenden Arbeiterfestspiele, bei denen die besten Beiträge vorgestellt

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Die Träger dieser Angebote hießen gesellschaftliche Organisationen. Sie wurden staatlich finanziert und die Arbeitsinhalte wurden größtenteils staatlich vorgegeben und gesteuert. Vereine im heutigen Sinne gab es nicht. Man konnte jedoch in diesen Organisationen Mitglied werden und zahlte auch einen (geringen) Mitgliedsbeitrag. Die Arbeit in diesen Einrichtungen fand allerdings nicht auf der konzeptionellen Grundlage sozial-kultureller Arbeit statt, sondern hatte überwiegend kulturpolitisch-ideologische Hintergründe. Im Vordergrund stand die Entfaltung einer allseitig entwickelten sozialistischen Persönlichkeit und deren Beitrag zur Stärkung und Weiterentwicklung des Sozialismus. Dies bezog sich sowohl auf den kulturellen als auch auf den Bildungsbereich. Ein Hintergrund aller dieser Angebote war z.B. auch die Tatsache, daß in der DDR die geringere Arbeitsproduktivität durch ein Mehr an Arbeitskräften kompensiert wurde, welche auch entsprechende Regenerationsmöglichkeiten zur Verfügung gestellt bekamen. In diesen Einrichtungen war all das selbstverständlich, was wir heute mühsam versuchen wiederherzustellen: Die unterschiedlichsten Menschen trafen sich, um gemeinsamen Freizeitinteressen nachzugehen, sich kulturell oder künstlerisch zu betätigen oder auch um gemeinsam zu feiern. Das Spektrum der Angebote war ebenso breit wie heute und reichte von Volkstanzgruppen, Handarbeitszirkeln, Gesprächsrunden, über Briefmarkentausch, Laientheater oder Diavorträge bis hin zu Zeichenzirkeln, Schachzirkeln, Naturschutz, den verschiedensten sportlichen Aktivitäten usw. Auch das künstlerische Volksschaffen sollte nicht unerwähnt bleiben. Hier hatten Kinder und Jugendliche, Frauen und Männer die Möglichkeit, ihre künstlerischen Fähigkeiten z.B. in Tanzgruppen, in den Zirkeln schreibender Arbeiterinnen, in Laienorchestern, in Mal-, Zei-

19. Arbeiterfestspiele Dresden 1976

wurden, die zuvor bei Wettbewerben auf Kreisund Bezirksebene ausgewählt wurden. Was es bei all diesen Angeboten und Möglichkeiten kaum gab, waren z.B. Mutter-Kind- oder Krabbel-Gruppen. Da die Frauen als Arbeitskräfte gebraucht wurden, wurde die überwiegende Mehrheit der Kinder in Krippen, Kindergärten und Schulhorten betreut. Es gab nur sehr wenig Mütter (oder Väter), die für die Betreuung ihrer Kinder ihre Arbeit aufgaben. Das hatte zum Teil auch finanziellen Ursachen, denn die Löhne und Gehälter waren nicht so hoch, daß trotz niedriger Mieten und Preise ein Einkommen für den Unterhalt einer Familie ausgereicht hätte. Im Zuge der sozialpolitischen Maßnahmen zur Förderung von Familien mit Kindern wurde aber den Müttern (oder Vätern) nach der Geburt eines Kindes im Laufe der Zeit immer mehr Zeit eingeräumt, um ihre Kinder selbst zu Hause zu betreuen. Waren es anfangs nur sechs Wochen, so verlängerte sich dieser Zeitraum später auf ein bis eineinhalb Jahre. Aus dem Zusammensein der Menschen während der vielfältigen Freizeitangebote entstanden auch private freundschaftliche Kontakte und natürlich auch ‘nützliche’ Kontakte (Beziehungen) zu anderen Menschen, die dazu beitrugen, die Mängel z.B. in den Bereichen der Versorgung mit Konsumgütern oder handwerklichen Dienstleistungen auszugleichen.

Geschichte und Konzepte sozial-kultureller Arbeit


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Sozialarbeit

Ehrenamt

Betrachtet man die soziale Seite der sozial-kulturellen Arbeit in der DDR, so fehlt der sozialarbeiterische Anteil fast ganz. Einen wichtigen Beitrag zur Lösung von sozialen Problemen, für die jetzt die Sozialarbeiterinnen zuständig sind, leisteten die Betriebe und Arbeitskollektive. Hier wurden z.B. Alkoholiker oder Haftentlassene integriert und betreut, und das nicht nur während der Arbeitszeit, sondern auch in der Freizeit. Die Arbeitskollektive hatten eine große soziale und kulturelle Bedeutung für den Einzelnen. Man arbeitete zusammen und traf sich auch häufig außerhalb der täglichen Arbeit, um

Die ehrenamtliche Tätigkeit hieß in der DDR gesellschaftliche Arbeit und war sehr stark ausgeprägt. Es war praktisch selbstverständlich, teilweise wurde es auch gefordert, daß sich sowohl Erwachsene als auch Kinder und Jugendliche in ihrer Freizeit unentgeltlich auf irgendeine Weise zum Nutzen der Gesellschaft und der Menschen betätigten. Dabei gab es die vielfältigsten Formen. Kinder und Jugendliche leisteten z.B. Timurhilfe, entlehnt aus dem Buch „Timur und sein Trupp“ von Arkadi Gaidar. Sie kümmerten sich meist um ältere Menschen, kauften für sie ein, holten Kohlen aus dem Keller oder erledigten für sie beschwerliche Wege. Gesellschaftliche Arbeit war für sie aber auch, sich aktiv an Arbeitsgemeinschaften oder Zirkeln zu beteiligen, die in den Schulen oder anderen Einrichtungen wie Pionierhäusern, Stationen Junger Techniker oder Junger Naturforscher, beim DRK, der Feuerwehr usw. stattfanden.

gemeinsam mit Ehepartnern und Kindern Konzerte und Theateraufführungen zu besuchen, Sport zu treiben oder Ausflüge zu machen. Diese Bedeutung ist nach der Wende weitgehend verlorengegangen. Die Betriebe waren unter anderem auch für die Betreuung ihrer Seniorinnen sowohl im Freizeitals auch im sozialen Bereich verantwortlich. Auch die Bewilligung von Kuren und Urlaubsplätzen und die Zuweisung von Wohnungen erfolgte teilweise über die Sozialabteilungen der Betriebe. Eine Reihe von Problemen, mit denen wir heute konfrontiert werden, wie Arbeitslosigkeit, Obdachlosigkeit, unverständliche Formulare usw., waren im gegenwärtigen Ausmaß nicht vorhanden. Es gab nicht nur das Recht auf Arbeit, sondern auch die Pflicht zur Arbeit, so daß von staatlicher Seite Vollbeschäftigung garantiert wurde. Daß es versteckte Arbeitslosigkeit wegen Materialmangels oder technischer Schwierigkeiten gab, ist unbestritten. Sie führte jedoch nicht zum Verlust der materiellen Grundsicherung. Mietschulden wurden als Kavaliersdelikt behandelt und führten nicht zum Verlust der Wohnung. Viele Dinge, um die man sich heute selbst kümmern muß, z.B. Beantragung von Kindergeld, Rente usw., wurden staatlicherseits automatisch bearbeitet und gewährt.

Geschichte und Konzepte sozial-kultureller Arbeit

Für Erwachsene gab es ebenfalls eine Vielzahl von Möglichkeiten. Viele empfanden es z.B. eher als Selbstverständlichkeit denn als ehrenamtliche Tätigkeit, sich über die Volkssolidarität oder innerhalb der Hausgemeinschaft um ältere Menschen zu kümmern. Dabei wurden zum Teil Leistungen wie Hauswirtschafts- oder Krankenpflege erbracht, die heute von den Sozialstationen gegen Bezahlung durchgeführt werden. Medizinische Behandlungen erledigten die Gemeindeschwestern. Gerade im Rahmen der Volkssolidarität wurden unzählige Stunden ehrenamtlicher Arbeit geleistet. Viele Angebote in den Seniorenklubs fanden in ehrenamtlicher Regie statt. An ihre Wohnung gefesselte Frauen und Männer wurden zu Spaziergängen oder zum Besuch des Seniorenklubs abgeholt. Sie wurden ehrenamtlich mit allem Notwendigen versorgt. Als alter oder gebrechlicher Mensch konnte man sicher sein, daß es schnell jemandem auffiel, wenn etwas nicht in Ordnung war. Steckte die Zeitung zwei Tage im Briefkasten oder waren die Jalousien mittags immer noch unten, schaute jemand von der Ortsgruppe vorbei, um nach dem Rechten zu sehen. Viele dieser Selbstverständlichkeiten der nachbarschaftlichen, familiären oder ehrenamtlichen Hilfe und Unterstützung wurden nach der Wende von Arbeitsförderprojekten übernommen. Mit dem Wunsch, den Menschen etwas Gutes zu tun, wurden aber auch, und sicher unbeabsichtigt, noch funktionierende nachbarschaftliche oder familiäre Hilfssysteme zerstört.


Ein weiterer Rahmen für ehrenamtliche Tätigkeit zum Wohle aller war das Nationale Aufbauwerk, das später durch die Subbotniks (aus dem Russischen entlehnte Bezeichnung für frei-

pezierens, des Klempnerns und anderer handwerklicher Arbeiten unter fachkundiger Anleitung erlernen konnte.

War das sozial-kulturelle Arbeit? Zum Abschluß dieser sicher nicht vollständigen Betrachtung stellt sich nun die Frage: War das sozial-kulturelle Arbeit oder nicht? Diese Frage kann nicht mit einem klaren „Ja“ oder „Nein“ beantwortet werden. Viele der Merkmale, die heute für sozial-kulturelle Arbeit gelten, waren vorhanden, wenn auch mit anderen konzeptionellen Hintergründen.

willige Arbeitseinsätze an Sonnabenden) abgelöst wurde. Dabei handelte es sich um organisierte Aktionen, zu denen breit aufgerufen wurde und bei denen unentgeltliche Arbeitsleistungen mit konkreten Zielstellungen erbracht wurden. Das Spektrum reichte vom Anlegen von Grünflächen und Parks, dem Einrichten von Kinderspielplätzen oder Freizeitstätten z.B. für Seniorinnen über Renovierungs- und Instandhaltungsarbeiten in Kindergärten und Schulen bis zum Bau von Sportplätzen oder Gehegen im Tierpark. Noch heute erinnern Tafeln an die Entstehungsgeschichte verschiedener Projekte. Gleichzeitig wurden damit die Ergebnisse ehrenamtlicher Tätigkeit öffentlich gemacht. Ein großes Maß an ehrenamtlichem Engagement wurde im Freizeitbereich deutlich. Die verschiedensten Zirkel und Arbeitsgemeinschaften wurden ehrenamtlich, auf Honorarbasis, oder von hauptamtlichen Mitarbeiterinnen geleitet. Die Menschen, die das in ihrer Freizeit taten, wollten z.B. ihr Wissen und Können an andere weitergeben oder gemeinsam mit anderen ihre Hobbies pflegen oder sie übernahmen die Leitung von Sportgruppen. Ein Teil der Angebote hatte neben der sinnvollen Freizeitgestaltung, wie die Kultur- und Freizeitarbeit in der DDR genannt wurde, noch eine andere Bedeutung. Aufgrund der Situation im Versorgungs- und Dienstleistungsbereich machte es sich regelrecht erforderlich, verschiedene Dinge selbst herstellen oder tun zu können. So gab es Schneider- und Nähzirkel, in denen modische Kleidung für den eigenen Bedarf hergestellt wurde, oder Handarbeitszirkel, in denen viele Kleinigkeiten gefertigt wurden, die es nur schwer zu kaufen gab. Und es gab Zirkel, in denen man Grundkenntnisse des Malerns und Ta-

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Natürlich ist der Ansatz, den Menschen eine sinnvolle Freizeitgestaltung zu ermöglichen, nicht von vornherein gleichzusetzen mit dem Ansatz der sozial-kulturellen Arbeit. Allerdings war die damalige inhaltliche Gestaltung im Bereich der Freizeit- und Kulturarbeit der heutigen sehr ähnlich. Menschen der verschiedenen Generationen trafen sich sowohl innerhalb ihrer Altersgruppe als auch generationsübergreifend, um gemeinsamen Interessen nachzugehen. Dieser Ansatz war meist nicht konzeptionell verankert, sondern hat sich in der Praxis so ergeben. Teilweise wurden generationsübergreifende Begegnungen aber auch gezielt gefördert, wenn auch mit einem anderen Hintergrund als heute. So gab es regelmäßige Kontakte zwischen Kindergartengruppen und Senioreneinrichtungen durch gegenseitige Besuche, gemeinsame Geburtstags- oder andere Feiern mit Aufführungen von kleinen Kulturprogrammen usw., um die Achtung vor alten Menschen zu vermitteln. Viele Schulklassen hatten eine Patenbrigade in einem der örtlichen Betriebe. Kontakte gab es in Form von Betriebsbesichtigungen, Teilnahme von Vertreterinnen der Patenbrigaden an Veranstaltungen der Klassen, gemeinsamen Freizeitaktivitäten und Feiern. Hintergrund war hier auch, daß die Kinder und Jugendlichen sich ein Bild von ihrem späteren Arbeitsleben machen sollten. Natürlich spielte dabei eine Rolle, daß die DDR sich als Arbeiter- und Bauernstaat definierte und Arbeiter und Bauern eine besondere Wertschätzung erfuhren. Die Vermittlung dessen war ein Bestandteil der Erziehung der Kinder und Jugendlichen. Dazu gehörte auch, daß die Lehrpläne der höheren Klassen in den Schulen das Fach ‘Praktische Arbeit’ enthielten, d.h. die Schüler arbeiteten für einige Stunde pro Woche in einem Betrieb.

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Auch multikulturelle Begegnungen fanden statt. Es gab eine Vielzahl von sogenannten Vertragsarbeiterinnen aus Polen, Ungarn, Jugoslawien, Vietnam, Algerien, Angola, Mocambique, Kuba usw., die in der DDR eine Ausbildung erhielten oder arbeiteten. Studentinnen kamen aus vielen Ländern der Welt. Untergebracht waren diese Menschen meist relativ isoliert in Wohnheimen. Die Arbeitskollektive hatten jedoch die Aufgabe, sie zu integrieren und sich auch im Freizeitbereich um sie zu kümmern. Es wurden Veranstaltungen zum gegenseitigen Kennenlernen organisiert und es entstanden viele freundschaftliche Kontakte. Da der Aufenthalt aber zeitlich begrenzt war und die meisten danach wieder in ihre Heimatländer zurückkehrten, hatte die multikulturelle Arbeit nicht die heutige Bedeutung. Zur Frage von Hilfe zur Selbsthilfe könnte man sagen, daß es das, was man als Selbsthilfegruppen bezeichnen könnte, nur im gesundheitlichen Bereich gab. Diese Gruppen waren anders organisiert als heute. Sie wurden fast ausschließlich von Fachpersonal (Ärzte, Krankenschwestern) geleitet, die Übernahme von privater Verantwortung war nicht erforderlich und wohl auch nicht erwünscht. Soziale Selbsthilfe spielte höchstens im Verborgenen eine Rolle, denn Staat und Partei glaubten zu wissen, was gut für die Bürgerinnen sei und trafen entsprechende Maßnahmen. Man könnte aber auch sagen, daß private Selbsthilfe ein Teil des täglichen Lebens in der DDR war. Zwar war die Versorgung mit Lebensmitteln und Waren des täglichen Bedarfs gesichtert, was jedoch darüber hinaus ging, verlangte von den Menschen manchmal schon ein hohes Maß an Erfindungsreichtum, Eigeninitiative und ‘Beziehungsarbeit’. Betrachtet man all das unabhängig von der gesellschaftlichen und politischen Situation mit all den politischen, ideologischen und ökonomischen Zwängen und Einschränkungen, kann man sagen, daß sozial-kulturelle Arbeit, mit gewissen Abstrichen, in der DDR existiert hat. Dabei lag die Betonung jedoch mehr auf den kulturellen als auf den sozialarbeiterischen Aspekten.

Sozial-kulturelle Arbeit in den neuen Bundesländern Mit der gesellschaftlichen Wende in der DDR und der Vereinigung der beiden deutschen Staaten brach ein Großteil der sozialen und kulturellen Angebote, die von den Betrieben und

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den gesellschaftlichen Organisationen geleistet wurden, zusammen. Manche dieser Einrichtungen wurden von den Kommunen übernommen, andere wurden geschlossen. Es gab die ersten Arbeitslosen und viele Menschen, die über 50 Jahre alt waren, wurden in den Vorruhestand geschickt. Es entwickelten sich erste Initiativen mit den verschiedensten Zielrichtungen und für die unterschiedlichsten Zielgruppen. Die Arbeitsämter stellten ABMStellen zur Verfügung. Eine Voraussetzung für deren Beantragung war die Existenz einer juristischen Person z.B. eines eingetragenen Vereins. So wurde in den ersten Jahren nach der Wende eine Vielzahl unterschiedlichster Vereine gegründet. Allerdings gab es darunter nur sehr wenige, die im sozial-kulturellen Bereich angesiedelt waren. Eine Ausnahme dabei waren die östlichen Berliner Bezirke und in geringerem Umfang die an Berlin grenzenden Regionen Brandenburgs. Auf der Suche nach geeigneten Tätigkeitsfeldern besuchte eine Reihe von Interessierten die Westberliner Nachbarschaftshäuser und andere sozial-kulturelle Einrichtungen. Beim Aufbau eigener Einrichtungen erhielten sie Unterstützung von den Häusern und durch den Projektberater des Verbandes für sozial-kulturelle Arbeit, Landesgruppe Berlin e.V., der für die neuen Einrichtungen im Ostteil der Stadt eingestellt wurde. Vorgesehen war von Seiten des Senats, in jedem der Ostberliner Bezirke ein Nachbarschaftszentrum zu finanzieren. Allerdings wurde dieses Vorhaben aus finanziellen Gründen nur in sechs der elf Bezirke umgesetzt. Seit Mitte 1992 gibt es auch beim Bundesverband für sozial-kulturelle Arbeit eine Personalstelle zur Unterstützung des Aufbaus sozial-kultureller Einrichtungen in den neuen Bundesländern durch Beratung vor Ort, Fortbildungsveranstaltungen und Hospitationsangebote. Im Herbst 1992 fand ein erstes Treffen sozialkultureller Einrichtungen aus dem Land Brandenburg statt, aus dem sich ein Arbeitskreis entwickelte, der sich, vom Verband koordiniert, regelmäßig traf und zu verschiedenen Themen austauschte. Der aufgrund der ABM-Problematik ständige Wechsel der Teilnehmerinnen erschwerte eine kontinuierliche Arbeit, und die Tatsache, daß niemand aus diesem Kreis die Verantwortung für die selbständige Weiterführung des Arbeitskreises übernehmen wollte, führte Ende 1996 zu dessen Auflösung.


Konzeptionelle Entwicklung Obwohl auch in den neuen Bundesländern das Interesse an sozial-kultureller Arbeit groß war, gab es jedoch kaum Vereinsgründungen mit generations- und zielgruppenübergreifender Zielstellung. Möglicherweise erschien es zum damaligen Zeitpunkt leichter und überschaubarer, sich auf eine bestimmte Zielgruppe zu konzentrieren. Im Laufe der Zeit änderte sich diese Sichtweise. Viele der Vereine, die wie Pilze aus dem Boden geschossen waren, wurden von Menschen, die aus den unterschiedlichsten Gründen ihre Arbeit verloren hatten, mit dem Ziel gegründet, einen Arbeitsplatz für sich selbst zu schaffen. Die Arbeitsinhalte orientierten sich überwiegend an den Interessen und Fähigkeiten der potentiellen Mitarbeiterinnen und kaum am Bedarf der Bewohnerinnen des Stadtteils/Ortes. Nur in sehr wenigen Fällen wurden Vereine auf einer starken ehrenamtlichen Basis gegründet, wie der Bürgerladen e.V. in Halle-Neustadt oder das Frei-Zeit-Haus e.V. in Berlin-Weißensee, ohne daß die Schaffung von Arbeitsplätzen im Vordergrund stand.

wurden ihnen alle Schwierigkeiten abgenommen. Dies führte zur Abhängigkeit dieser Menschen von den Einrichtungen. Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten hätte für die Einrichtungen in der damaligen Situation bedeutet, über kurz oder lang, wenn die Menschen sich in den neuen gesellschaftlichen Bedingungen eingerichtet hätten, möglicherweise überflüssig zu werden. Dies hätte auch zum Verlust der gerade geschaffenen Arbeitsplätze geführt. Da aber die Bedeutung und Wichtigkeit der Einrichtungen aus perspektivischen und Konkurrenzgründen gesteigert werden mußte (es sollte ja auch nach der ABM eine Finanzierung geben), wurde eine Vielzahl von Hilfs- und Dienstleistungsangeboten entwickelt und mit ABM-Kräften umgesetzt. Dabei ging es auch um Hilfen und Dienste, die bis dahin ehrenamtlich z.B. im Rahmen der Volkssolidarität oder als Nachbarschaftshilfe geleistet wurden, wie das Erledigen von Einkäufen und anderen hauswirtschaftlichen Tätigkeiten für Menschen, die ihre Wohnung nicht verlassen konnten, die Begleitung bei Arztbesuchen, Behördengängen, Spa-

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Anfangs entstanden viele Beratungsstellen und Betreuungsangebote z.B. für Arbeitslose, Vorruheständlerinnen oder Seniorinnen mit dem Ziel, ihnen das Leben unter den neuen gesellschaftlichen Bedingungen zu erleichtern. Denn es gab

ziergängen, Kinderbetreuung bei Behördenbesuchen, Rollstuhlschiebedienste, Besuchsdienste usw.

viele neue Formulare, Gesetze, Anträge usw., von denen sich nicht nur die älteren Menschen überfordert fühlten. Es wurden größtenteils Hilfs- und Beratungsangebote unterbreitet, aber praktisch keine Hilfe zur Selbsthilfe geleistet. Dies hatte zur Folge, daß Menschen, die sich einmal mit einer Frage oder einem Problem an eine Einrichtung gewandt hatten, immer wieder kommen mußten, denn sie wurden nicht befähigt, den Umgang z.B. mit Formularen oder Bescheiden zu erlernen, sondern es

Es zeigte sich, daß sich daraufhin ehrenamtliche Helferinnen, auch wenn sie arbeitslos oder im Vorruhestand waren, zunehmend weigerten, weiterhin ihre Zeit für hilfsbedürftige Mitmenschen zu ‘opfern’, wenn andere für die gleiche Leistung eine Bezahlung erhielten. Damit wurde unbeabsichtigt eine Entwicklung in Gang gesetzt, die zum Schwinden noch funktionierender ehrenamtlicher und nachbarschaftlicher Strukturen führte. Heute muß viel Energie darauf verwendet werden, diese Strukturen wiederherzustellen. Im Laufe der Zeit stellte sich heraus, daß Beratungs- und Hilfsangebote allein nicht ausreichten, um gerade die Menschen zu erreichen, die am meisten vom gesellschaftlichen Umbruch

Geschichte und Konzepte sozial-kultureller Arbeit


betroffen waren, z.B. diejenigen, die von heute auf morgen ihre Arbeit und somit einen großen Teil ihres Lebensinhaltes und ihrer persönlichen Kontakte verloren hatten. Es wurde begonnen, auch kulturelle Veranstaltungen, Gesprächsrunden oder Kurse in den verschiedensten Bereichen anzubieten, um die zunehmende Isolation dieser Menschen zu durchbrechen.

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Auf diese Weise entwickelte sich die sozial-kulturelle Arbeit eher ‘aus dem Bauch heraus’, sozusagen aus Einsicht in die Notwendigkeit. Bei den zahlreichen Gesprächen und Projektbesuchen, die wir in den neuen Bundesländern durchführten, stellten wir immer wieder fest, daß in vielen Einrichtungen inzwischen sozialkulturelle Arbeit gemacht wurde, aber nur sehr wenige wußten, daß es dafür einen Namen und theoretische und praktische Grundlagen gibt. Hier war unser Ansatzpunkt, Informations- und Fortbildungsveranstaltungen zu den Grundlagen der sozial-kulturellen Arbeit zu organisieren und die Umsetzung der neuen Kenntnisse in die Praxis zu unterstützen. Anfangs arbeiteten viele Einrichtungen stark zielgruppenorientiert. Später ergab sich eine wachsende Nachfrage nach neuen Konzepten und Möglichkeiten der Öffnung auch für andere Zielgruppen, für die es in der Umgebung keine Angebote gab aber Bedarf bestand. So funktionierte die Zusammenarbeit zwischen Senioren- und Kindereinrichtungen noch von früher her sehr gut. Neuland war aber die Suche nach Möglichkeiten, daß z.B. auch Jugendliche eine Senioreneinrichtung nutzen können, was bekanntlich nicht ganz problemlos ist. Dafür gibt es gelungene Beispiele wie den Club „Brücke“ der Volkssolidarität Havelland e.V. in Falkensee, wo Jugendliche und Seniorinnen gemeinsame Räume nutzen, gemeinsame aber natürlich auch getrennte Veranstaltungen durchführen und sich gegenseitig mit Rat und Tat zur Seite stehen. Um ihre Angebote publik zu machen, lernten die Träger sehr schnell mit dem Mittel der Öffentlichkeitsarbeit umzugehen. Aus handgeschriebenen Zetteln wurden bald mit Computern gestaltete ansprechende Informationsblätter. Die Veranstaltungshinweise waren und sind in den Hausbriefkästen zu finden, in Tages- und Regionalzeitungen zu lesen und im Radio zu hören. Allerdings sind viele Vereine enttäuscht von der geringen Resonanz, die sie auf ihre umfangreichen Bemühungen erhielten und erhalten. Das liegt nicht etwa an schlechter Öffentlichkeitsar-

Geschichte und Konzepte sozial-kultureller Arbeit

beit, sondern z.B. eher daran, daß die Menschen mit Werbung jeder Art eingedeckt werden und spezielle Angebote nicht wahrgenommen werden. Wer sich in seine vier Wände zurückgezogen hat, fühlt sich vielleicht auch durch ein Blatt Papier nicht unbedingt angesprochen. Das Interesse an einer Einrichtung könnte dann schon eher durch ein persönliches Gespräch geweckt werden, d.h. die Menschen müßten gezielt in ihren Wohnungen aufgesucht werden oder vor dem Supermarkt, im Park oder bei anderen Gelegenheiten angesprochen werden. Doch damit tun sich viele Mitarbeiterinnen (nicht nur von Einrichtungen in den neuen Bundesländern) oftmals schwer. Sie warten doch lieber in der Einrichtung auf die Besucherinnen anstatt ihnen entgegenzugehen und ihnen die ersten Schritte ins Haus zu erleichtern und sind dann unzufrieden darüber, daß sie die von ihnen angesprochene Zielgruppe nicht erreichen konnten. Es ist beeindruckend, wie sich die einzelnen Häuser im Laufe der Zeit entwickelt haben. Wurde anfangs das angeboten, was die einzelnen Mitarbeiterinnen konnten und für richtig und gut für die Nutzerinnen hielten, orientieren sich die Angebote nun zunehmend an den Interessen und Fähigkeiten der Nutzerinnen und an den Bedürfnissen der Bewohnerinnen der Stadtteile/Orte. Und jede Einrichtung hat ihr eigenes Profil mit entsprechenden Arbeitsschwerpunkten entwickelt. Steht z.B. im Stadtteilzentrum Messemagistrale und im Ländlichen Sozio-kulturellen Zentrum in Jänschwalde die Kinder- und Jugendarbeit im Vordergrund, so

arbeitet der Bürgerladen in Halle-Neustadt vor allem mit Seniorinnen und Aussiedlerinnen. Eine Gemeinsamkeit aller Einrichtungen ist, daß viele der Angebote so gestaltet sind, daß sie auch von anderen Interessierten genutzt werden können und auch genutzt werden.


Es wurde und wird eine Vielzahl von neuen Projekten erarbeitet und bewährte Angebote wurden qualitativ weiter verbessert. Aktuelle Trends finden immer schneller ihren Ausdruck auch in der Angebotspalette der Einrichtungen. So hat fast überall das Internet, verbunden mit den Möglichkeiten der Multimediatechnologien, Einzug gehalten. Auch die Kreativangebote verändern sich von Zeit zu Zeit, neue Ausdrucksformen für die Umsetzung der eigenen kreativen Fähigkeiten werden gefunden. Dabei reicht die Spannbreite von Keramikwerkstätten, Handarbeiten und Seidenmalerei über Encaustic, Embossing und verschiedene Drucktechniken bis hin zur Wiederbelebung von alten Handwerken wie Papierschöpfen, Spinn- und Webtechniken oder Korbflechten. In vielen Einrichtungen sind die verschiedensten gesundheitlichen und sozialen Selbsthilfegruppen angesiedelt, die teils eigenverantwortlich, teils mit fachlicher Anleitung arbeiten. Die Räume werden auch anderen Vereinen oder Interessengruppen zur Verfügung gestellt.

gesichert werden können. Für manche Einrichtungen ist die Konzeption ein wichtiges Arbeitsmaterial, und es wird die erforderliche Zeit für eine regelmäßige Überarbeitung und Aktualisierung und auch für die kritische Auseindersetzung mit der eigenen Arbeit und der Situation im Stadtteil/Ort reserviert. So kann festgestellt werden, ob Konzeption und Programm (noch) mit der Zielstellung des Hauses übereinstimmen oder ob Änderungen erforderlich sind. Gleichzeitig können entsprechende Maßnahmen getroffen werden. In anderen Einrichtungen ist es noch nicht zur Selbstverständlichkeit geworden, die eigene Arbeit von Zeit zu Zeit zu überprüfen, um Tendenzen zu erkennen, darauf reagieren zu können und gegebenenfalls die Konzeption entsprechend zu verändern. Manchmal ist sogar eine gewisse Scheu vor Veränderungen festzustellen. Dann heißt es: Das haben wir schon immer so gemacht, warum sollten wir das nun ändern?

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Finanzierung und Mitarbeiterinnen Die Arbeit der freien Träger wurde damals fast ausschließlich auf ABM-Basis finanziert. Personal- und Sachmittel wurden großzügig gewährt. Viele der so entstandenen Einrichtungen und Projekte waren daher sehr gut eingerichtet und ausgestattet.

Im sozialen und Jugendhilfebereich gibt es zunehmend Projekte, die sich gezielt am Bedarf im Stadtteil/Ort orientieren und die auch finanziell gefördert werden und damit zur Absicherung der Einrichtung beitragen. Dazu gehören betreute Wohnformen für Jugendliche oder minderjährige Mütter, ambulante Maßnahmen nach dem Jugendgerichtsgesetz, Familienhilfe und Familienpflege, Betreuungsvereine, sozialpädagogische Gruppenarbeit und Einzelfallbetreuung usw. Inzwischen stoßen viele Einrichtungen an räumliche, teilweise auch an personelle Grenzen. Hier gilt es, konzeptionelle (und auch finanzielle) Entscheidungen zu treffen und zu überlegen, welche Angebote ausgebaut und welche möglicherweise reduziert werden müssen, ob eventuell weitere Räume angemietet werden sollten oder wie bestimmte Angebote personell (ehrenamtlich, Einsatz von Honorarmitteln) ab-

Bei vielen Vereinen, besonders auch im sozialkulturellen Bereich, führte die anfänglich großzügige ABM-Förderpraxis zu einem extrem hohen Personalbestand, der ein hohes Maß an Arbeitsteilung und Spezialisierung mit sich brachte. Auch der kleinste Arbeitsbereich wurde von einer speziell dafür eingestellten Person betreut. Viele der damaligen Mitarbeiterinnen kamen aus sozialen, kultur- oder bildungsbezogenen Arbeitsbereichen (ausgebildete Sozialarbeiterinnen und Sozialpädagoginnen sind bis heute eher selten in den Einrichtungen zu finden), hatten entsprechende Erfahrungen und ihre Motivation war sehr hoch. Damit verbunden war auch die Hoffnung, daß nach der zweijährigen AFG-Förderung feste Stellen geschaffen werden könnten. Doch diese Hoffnung erfüllte sich nur für diejenigen, die es geschafft hatten, Pflichtaufgaben der Kommunen in Bereichen wie Jugendarbeit, Sozialstationen, Kindertagesstätten, Beratungsstellen zu übernehmen, oder die mit ihrer Zielstellung in eines der kommunalen oder Landes-

Geschichte und Konzepte sozial-kultureller Arbeit


förderprogramme paßten. Hier hatten jedoch meist die großen etablierten Träger aus den westlichen Bundesländern mit ihren Erfahrungen und ihrem Know-how die Nase vorn. Es gelang aber auch einigen sozial-kulturellen Einrichtungen zumindest einen, seltener mehrere, Arbeitsbereiche auf diese Weise finanziell abzusichern. Als Beispiel sei hier das Stadtteilzentrum Messemagistrale in Leipzig genannt, wo der offene Jugendtreff aus kommunalen und Landesmitteln gefördert wird.

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Bei den Einrichtungen, mit denen unser Verband in Kontakt steht, wird jedoch keine direkt als sozial-kulturelle Einrichtung gefördert, denn dieser Bereich ist nicht Bestandteil der Pflichtaufgaben. Eine Ausnahme bildet Berlin, wo sozial-kulturelle Arbeit eine langjährige Tradition hat und ein Teil der Einrichtungen eine öffentliche Förderung erhält. Viele der jungen Vereine mußten demzufolge weiterhin auf die Instrumente der Arbeitsförderung bauen. Die Einführung des § 249h AFG (anteilige Finanzierung durch Bund, Land und eine weitere, von Land zu Land unterschiedliche, Instutition) als dreijährige Anschlußfinanzierung für ABM-Stellen verschaffte ihnen eine kleine Atempause, wenn auch die Beantragung sehr aufwendig war, da sie an drei Stellen erfolgen mußte und manchmal noch eine Servicegesellschaft oder eine andere Institution eine Stellungnahme zu dem jeweiligen Projekt abgeben mußte. Voraussetzung für die Bewilligung war jedoch die Mitgliedschaft in einem Wohlfahrtsverband oder die Arbeit im Jugend- oder Umweltbereich. Obwohl nicht jede ABM-Stelle als 249h-Stelle verlängert werden konnte, gab es im Endeffekt doch einige Mitarbeiterinnen, die über einen Zeitraum von fünf Jahren in den Einrichtungen beschäftigt waren. Für die sozial-kulturellen Einrichtungen bedeutete das zumindest ein gewisses Maß an Kontinuität und Stabilität, mit dem der Mitarbeiterinnenwechsel abgefedert werden konnte, der durch die in der Zwischenzeit veränderten Förderbedingungen für AB- und 249h-Maßnahmen (Bewilligung nur noch für ein Jahr oder weniger, bei Verlängerung Neubesetzung der Stelle mit einer anderen Person, Zuweisung von Langzeitarbeitslosen ohne entsprechende Qualifikation, Notwendigkeit eines finanziellen Eigenanteils der Träger an der Finanzierung) verursacht wurde.

Diese veränderte Situation blieb jedoch nicht ohne Auswirkungen. Die bereits erwähnte hohe Arbeitsteilung und Spezialisierung als Folge der teilweise überhöhten Mitarbeiterinnenzahl führte dazu, daß beim Auslaufen einer Maßnahme und dem damit verbundenen Ausscheiden der jeweiligen Personen ein zeitweiliges Vakuum entstand, welches durch die verbliebenen Kolleginnen nicht immer ausgefüllt werden konnte. Im Vertrauen darauf, daß es irgendwie gelingen würde, die Mitarbeiterinnen zu behalten, war versäumt worden, Arbeitsstukturen zu entwickeln, die eine gegenseitige Vertretung ermöglichten. Ein weiteres Problem war, daß im Laufe der Zeit die Teilnahme der Mitarbeiterinnen an Fortbildungsveranstaltungen zurückging. Das hatte u.a. finanzielle Gründe, denn die mit der Arbeitsförderung verbunden Mittel für Fortbildung wurden reduziert oder gestrichen. Auf der anderen Seite entwickelte sich bei manchen Vereinsvorständen die Meinung, kein Geld in Mitarbeiterinnen zu ‘investieren’, die ohnehin nur für ein Jahr in der Einrichtung arbeiten würden. Wer sich fortbilden wollte, sollte dies auf eigene Kosten tun. Ein Zugeständnis war, daß ein Teil der Fortbildungszeit als Arbeitszeit angerechnet wurde. Betrachtet man allerdings das Verhältnis zwischen den teilweise hohen Kosten für Fortbildungsveranstaltungen (incl. Fahrtkosten und Unterkunft) und den Gehältern, die durch veränderte Förderbedingungen im Laufe der Zeit manchmal um mehrere Gehaltsgruppen gesunken waren, bedurfte es schon eines hohen Maßes an Motivation, eine solche Veranstaltung wahrzunehmen. Umgekehrt hatten aber auch kostenlos angebotene Fortbildungen meist nur wenig Zuspruch. Das hatte auch Auswirkungen auf die Identifikation der Mitarbeiterinnen mit dem sozial-kulturellen Arbeitsansatz und dessen Vertiefung und Verankerung in der täglichen Arbeit. Erschwerend kam hinzu, daß zunehmend berufsfremdes Personal ohne pädagogische oder sonstige geeignete Kenntnisse eingestellt werden mußte, und man sich manchmal nicht die Zeit für eine entsprechende Einarbeitung nahm. Diese reduzierte sich dann auf das eigentliche Arbeitsgebiet, wobei die Einrichtung in ihrer Gesamtheit und der sozial-kulturelle Ansatz wenig Berücksichtigung fanden.

Ehrenamtliche Arbeit Wie bereits erwähnt, erfolgte in den ersten Jahren nach der Wende ein Bruch im Bereich der

Geschichte und Konzepte sozial-kultureller Arbeit


ehrenamtlichen Arbeit. Die meisten Einrichtungen verfügten über so viele Mitarbeiterinnen, daß ehrenamtliche Helferinnen (bis auf die Vorstandsmitglieder) keine Chance erhielten. Dazu kam die Angst, den eigenen Arbeitsplatz überflüssig zu machen, wenn man Ehrenamtlerinnen in der Einrichtung beschäftigen würde. Wer nach freiwilliger Betätigung fragte, wurde oftmals abgewiesen. Diese Haltung erwies sich später als Bumerang. Denn als die Mittel der Arbeitsförderung immer spärlicher flossen und ehrenamtliche Mitarbeiterinnen gebraucht wurden, fand man kaum welche. Auch die Arbeitslosen, von denen man gedacht hatte, daß sie die Zeit und den Wunsch hätten, sich zu engagieren, taten das nur in seltenen Fällen. Im Vordergrund stand bei ihnen die Hoffnung, bald einen neuen Arbeitsplatz zu finden. Und deshalb wollten sie sich nicht festlegen. Um das Ehrenamt zu beleben, wurden in einigen neuen Bundesländern Förderprogramme aufgelegt, die vor allem Vorruheständlerinnen

eine kleine finanzielle Anerkennung als Anreiz für mehr ehrenamtliches Engagement boten. Da die Mittel nicht für alle reichten, die sich nun leichter zur Mitarbeit entschließen konnten, entstanden zwei ‘Klassen’ von Ehrenamtlichen: einige erhielten Geld für ihre Tätigkeit, andere nicht. Meist wurde vereinsintern versucht, einen Ausgleich zu schaffen. Es gab aber auch Vereine, die von Anfang an nur ehrenamtlich arbeiteten und das auch nicht ändern wollten, später aber beschlossen, hauptamtliches Personal einzustellen, um die Arbeit zu professionalisieren und die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen, die manchmal im Umfang einer Vollzeitstelle tätig waren, zu entlasten. Manche dieser Vereine wurden aber auch von den Arbeitsämtern gebeten, Träger von AB-Maßnahmen zu werden. Meist machten sich die Vorstände ihre Entscheidung nicht leicht und angesichts der hohen Arbeitslosenzahlen

wurde die Trägerschaft dann doch übernommen, was zu einer Veränderung des Profils der Einrichtung und zur Erweiterung und Bereicherung der inhaltlichen Angebote beitrug. Und es gab Vereine, die für sich die Entscheidung trafen, mit einer geringen Zahl an hauptamtlichen Mitarbeiterinnen das ehrenamtliche Engagement so zu entwickeln, zu fördern und zu qualifizieren, daß es zur tragenden Säule der Arbeit in der Einrichtung und deren Verankerung im Stadtteil wird. Als Beispiel sei hier das Rabenhaus e.V. in Berlin-Köpenick genannt. Nach der ABM-Phase gelang es, eine Förderung über den Senat zu erhalten. Damit wurden zwei Teilzeitstellen eingerichtet. Gleichzeitig wurde beschlossen, die Zahl der hauptamtlichen Stellen nur gelegentlich und projektbezogen durch Arbeitsfördermittel aufzustocken und die Bewohnerinnen der Umgebung so einzubeziehen, daß sie sich das Haus zu eigen machen und den größten Teil der Angebote in Eigenverantwortung entwickeln und gestalten können. Dabei wird großer Wert auf die Qualifizierung der ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen gelegt. Sie erhalten die Möglichkeit, an Fortbildungen anderer Träger teilzunehmen und es werden interne Veranstaltungen organisiert. Inzwischen reicht das Angebot des Rabenhauses von MutterKind-Gruppen, Computer-, Multimedia- und Internetkursen über sportliche Aktivitäten, regelmäßige Familienwochenenden, einen Schülerklub, Selbsthilfegruppen bis hin zu internationalen und Familien-Sommercamps und Zukunftswerkstätten. Die Höhepunkte der Arbeit werden in Wort und Bild festgehalten, um die Entwicklung der Einrichtung mit ihren Höhen und Tiefen darzustellen.

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Ausblick Der sozial-kulturelle Bereich in den neuen Bundesländern ist in Bewegung. Nach manchmal chaotischen Situationen in der Umbruchzeit zeichnen sich inzwischen Linien und Tendenzen ab. Der Ausgang dieser Entwicklung ist jedoch offen und es bleibt spannend, deren weiteren Verlauf zu beobachten und zu begleiten.

Geschichte und Konzepte sozial-kultureller Arbeit


Qualitätsmerkmale sozial-kultureller Arbeit Gudrun Israel

Zur Bedeutung von Qualitätsmerkmalen

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Die Entwicklung von „meßbaren“ Qualitätsmerkmalen sozialer und somit auch sozialkultureller Arbeit gewinnt aufgrund sinkender Mittel und steigender Konkurrenz immer mehr an Bedeutung. Die negative Seite der Entwicklung besteht in der Verringerung der Angebotsvielfalt, die positive Seite dagegen darin, daß ein größeres Augenmerk auf die Qualität gelenkt wird.

Der sozial-kulturelle Arbeitsansatz wird anhand von neun Merkmalen unter folgenden Gesichtspunkten detailliert beschrieben:

Was ist das?

Wie geht das?

Was braucht es? Gefragt sind: - Qualitätsmerkmale als meßbare Indikatoren für Effektivität und Effizienz sozialer/sozialkultureller Arbeit - Qualitätsmerkmale als Orientierungshilfe für die Nutzerinnen - Qualitätsmerkmale als Orientierungsgröße für die Mitarbeiterinnen - Qualitätsmerkmale als Grundlage für die Verhandlung mit den Geldgebern

Wie kann es überprüft werden?

Was bringt das?

Beispiel Bei der Beantwortung der Frage nach den Qualitätsmerkmalen gilt es, die Effektivität der Arbeit nicht zu vernachlässigen. Als Fachleute der sozial-kulturellen Arbeit beteiligen wir uns an der Diskussion mit dem Ziel, bürgernahe, kostengünstige, bedarfsorientierte Angebote von konkreten sozialen Hilfen und kulturellen Entfaltungsmöglichkeiten für die Bürgerinnen in einem Stadtteil/einem Ort zu entwickeln.

Quellen der Beispiele

Am Schluß dieses Abschnitts finden Sie eine Aufstellung der Instrumentarien und Bedingungen, die die Qualitätsmerkmale sozial-kultureller Arbeit beschreiben. Diese Aufstellung ist eine Methode, das Gewirr von Begriffen, Arbeitsansätzen, Zielgruppen und dergleichen zu strukturieren und übersichtlich darzustellen. Einige Bedingungen gelten für alle Merkmale, wir haben sie jedoch dort plaziert, wo wir ihre Beachtung für besonders wichtig halten. Wir erheben damit nicht den Anspruch auf Vollständigkeit.

Zur besseren Anschaulichkeit wird die Beschreibung der Qualitätsmerkmale mit praktischen Beispielen vor allem aus den Einrichtungen untersetzt, mit denen wir im Rahmen unseres zweijährigen Projektes „Prozeßorientierte Projektberatung und -begleitung des Aufbaus von sozialräumlich bezogenen Nachbarschafts- und Gemeinwesenprojekten in den neuen Bundesländern unter besonderer Berücksichtigung der Jugendarbeit und des ehrenamtlichen Engagements“ zusammengearbeitet haben. Es handelt sich um je eine Einrichtung aus jedem der fünf neuen Bundesländer.

Die Beschreibung erfolgt aus der Sicht des Dach- und Fachverbandes mit dem Ziel, damit eine Grundlage für die Diskussion in den Einrichtungen selbst und darüber hinaus mit den verschiedenen Auftraggebern für die weiteren Verhandlungen zu schaffen.

Um eine praktische Vorstellung von der Tätigkeit der Einrichtungen zu vermitteln, die jeweils unterschiedliche Entwicklungswege durchlaufen haben und sich auf unterschiedlichem Entwicklungsstand befinden, möchten wir diese kurz vorstellen:

Qualitätsmerkmale sozial-kultureller Arbeit


Das Ländliche Sozio-kulturelle Zentrum Jänschwalde (Brandenburg) Das Ländliche Sozio-kulturelle Zentrum Jänschwalde ist eine Einrichtung der Volkssolidarität Spree-Neiße e.V. und befindet sich Ortsteil Jänschwalde/Ost. Es wurde im Herbst 1996 eröffnet und wird von einer Mitarbeiterin und einem Mitarbeiter auf ABM-Basis geführt. Die Stellen wurden für ein drittes Jahr verlängert, danach soll eine Festeinstellung erfolgen. Zu ihrer Unterstützung wurden im Sommer 1998 drei weitere ABM-Kräfte eingestellt. Das Zentrum befindet sich in einem ehemaligen Kindergarten, der von der Gemeinde mietfrei, gegen Zahlung der Betriebskosten, zur Verfügung gestellt wird. Das Haus beherbergt auch einen Judoverein und einen ehrenamtlich geleiteten Jugendklub (eigener Verein). Das Ländliche Sozio-kulturelle Zentrum ist die einzige Einrichtung im Ort, die über hauptamtliches Personal verfügt und sowohl vormittags als auch nachmittags, teilweise auch in den Abendstunden und am Wochenende geöffnet ist. Die Angebote umfassen u.a. offene Kinderund Jugendarbeit, Projektangebote für die benachbarte Grund- und die Gesamtschule, Seniorenarbeit, Bastel- und Handarbeiten, Kinder-, Jugend- und Seniorenkino, Dorffeste, Ferienprogramme, Informationsveranstaltungen zu verschiedenen Themen, Beratungsangebote.

werden, selbst wenn der entsprechende Bedarf manchmal offensichtlich ist, aufgrund der fehlenden Anonymität nicht im Ort, sondern eher in den nahegelegenen Städten Cottbus und Guben angenommen. Ein Schwerpunkt der Arbeit ist die Gemeinwesenarbeit, die sich aufgrund der Entwicklung des Stadtteils erforderlich macht. Die Bevölkerungszahl in Jänschwalde/Ost (z.Z. ca. 1.000 Einwohner) ist im Sinken begriffen. Es besteht ein Wohnungsleerstand von ca. 30% mit steigender Tendenz. Ein Problem ist, daß die Menschen, die nach Jänschwalde/Ost ziehen, überwiegend Sozialfälle sind, die aus den größeren Städten in den Ort ‘abgeschoben’ werden. Die Arbeitslosigkeit ist überdurchschnittlich hoch. Arbeitsplätze in der Umgebung z.B. im Handwerk gibt es kaum. Industrie ist so gut wie nicht mehr vorhanden. Diese Entwicklung läßt erkennen, daß sich hier ein sozialer Brennpunkt entwickeln kann und daß einer solchen Tendenz gezielt gegengesteuert werden muß.

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Das Jugendhaus „Obermützkower Storchennest“ e.V. in Obermützkow (MecklenburgVorpommern) Der Verein wurde 1994 gegründet, hat ca. 75 Mitarbeiterinnen, teils fest angestellt, teils auf der Basis von Arbeitsförderinstrumenten, und befindet sich auf einem ehemaligen Gutshof mit vielen zum Teil noch ungenutzten Gebäuden. Schwerpunkt ist die Jugendarbeit. Der Verein ist Träger von sozialpädagogisch betreutem Wohnen für straffällig gewordene Jugendliche, von sozialpädagogischer Familienhilfe, von Jugendfreizeitarbeit und von zwei Kindertagesstätten. Es ist ge-

Bei den Beratungsangeboten handelt es sich größtenteils um eine erste Kontaktherstellung mit anschließender Vermittlung an andere Institutionen. Spezifische Angebote wie Sozial(hilfe)-, Schuldner-, Alkohol- oder Drogenberatung

Qualitätsmerkmale sozial-kultureller Arbeit


plant, gemeinsam mit Jugendlichen ein Jugendcafé einzurichten und Angebote der mobilen Jugendarbeit zu entwickeln. Zur Zeit wird daran gearbeitet, die an ‘Kindermangel’ leidende Kindertagesstätte in Altenpleen zu einem sozial-kulturellen Zentrum umzugestalten, d.h. die ungenutzten Räume als Treffpunkt für die Bewohnerinnen des Ortes herzurichten. Das ehemalige Heizhaus soll für die Jugendarbeit genutzt werden, im Haus wird es verschiedene Werkstätten und Möglichkeiten für Begegnungen und Freizeitgestaltung geben.

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Das Stadtteilzentrum Messemagistrale des Bürgervereins Messemagistrale e.V. Leipzig (Sachsen) Der Bürgerverein Messemagistrale e.V. wurde 1991 gegründet. Der Verein nutzte einen ehemaligen Wohngebietsklub, der nur aus einem Raum bestand und in dem alle Angebote durchgeführt wurden. Das waren Jugendarbeit, Seni-

Herbst 1995 mit kommunalen und Landesmitteln die benachbarte ehemalige Wärmeumformstation umgebaut. Im September 1996 wurde trotz noch nicht endgültiger Fertigstellung der Räume begonnen, stundenweise einen offenen Jugendtreff und kulturelle und Informationsangebote für Erwachsene und Senioren einzurichten. Von 1991 bis Ende 1996 wurde die inhaltliche Arbeit von ABM-Kräften unter Anleitung des sehr aktiven Vorstandes geleistet. Anfang 1997 gab es eine erste fest angestellte Mitarbeiterin, die als Leiterin des offenen Jugendtreffs über die Fachkraftförderung (CoFinanzierung von Land und Kommune) finanziert wurde. 1998 kam eine weitere feste Stelle aus kommunalen Mitteln dazu, daneben gibt es drei AFG-geförderte Stellen. Im neuen Haus gibt es drei große Räume. Der größte ‘gehört’ der Jugendarbeit und wird als offener Treff genutzt, wo die Jugendlichen sich treffen, Tischtennis, Billard und Kicker spielen und Discos veranstalten können. Ein kleinerer Raum beherbergt den Stadtteiltreff mit regelmäßigen Angeboten für Senioren aber auch mit kulturellen und Informationsveranstaltungen für alle Bewohnerinnen des Stadtteils und er dient als Veranstaltungsort und Treffpunkt für andere Vereine, die keine eigenen Räumlichkeiten haben. Der dritte Raum wird als Büro- und Beratungsraum genutzt. Die Einrichtung eines Mädchentreffs ist geplant. Wenn die entsprechenden Mittel beschafft werden können, soll das Gebäude aufgestockt werden, um mehrere kleine Räume für die Gruppenarbeit und einen Sportbereich zu schaffen. 1998 wurde ein Teil des Foyers zu einem Gruppenraum umgebaut.

Der Bürgerladen e.V. in Halle-Neustadt (Sachsen-Anhalt)

orenarbeit, Treffen von Interessengruppen des eigenen und von anderen Vereinen, Sportangebote usw. Schnell stellte sich heraus, daß ein Schwerpunkt der Tätigkeit die Jugendarbeit sein mußte, denn es gab im Einzugsgebiet, in dem ca. 8.000 Menschen leben, keine entsprechenden Einrichtungen. Für die Vielzahl der Angebote war der Raum nicht mehr ausreichend. Deshalb wurde ab

Qualitätsmerkmale sozial-kultureller Arbeit

Der Bürgerladen e.V. wurde 1991 gegründet und arbeitete über längere Zeit ausschließlich ehrenamtlich vor allem auf den Gebieten Seniorenarbeit und Beratung, mit dem Ziel einer aktiven Freizeitgestaltung und der Unterstützung der Menschen, in erster Linie älterer Bürgerinnen und Bürger, bei der Bewältigung der gesellschaftlichen Veränderungen in den neuen Bundesländern. Ende 1993 begannen acht Frauen ihre Tätigkeit im Rahmen von Arbeitsfördermaßnahmen im Bürgerladen e.V. Im Laufe der Zeit erhöhte sich diese Zahl auf 18. Neben der Tätigkeit dieser


Mitarbeiterinnen in den Bereichen Seniorenarbeit, Kreativangebote und Keramik, Gesundheit und Sport, Leseklub, Beratung und Betreuung von Aussiedlern, Galerie-Café und der Tagesbetreuung psychisch kranker Menschen gibt es noch eine ganze Reihe von kulturellen und Informationsangeboten, die in der Verantwortung von ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen liegen.

vermietet. Das sind ein Keramikverein mit einer eigenen Werkstatt, die Lebenshilfe mit Behindertenarbeit, die Arbeiterwohlfahrt mit Seniorenarbeit (diese Räume werden abends Musikvereinen für Proben zur Verfügung stellt) und ein Sportverein. Kleinere Büroräume werden

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Im Jahr 1997 ist es gelungen, eine institutionelle Förderung vom Sozialamt der Stadt Halle für die Stelle der Geschäftsführung zu erhalten. Bei der Tagesbetreuung handelt es sich um ein in Sachsen-Anhalt einmaliges Projekt, das es psychisch kranken oder labilen, vor allem älteren, Menschen nach einem stationären Aufenthalt in einer psychiatrischen Einrichtung oder bei sonstigem Bedarf ermöglichen soll, in ein normales Leben zurückzukehren. Dabei steht das Training bzw. die Reaktivierung sozialer und alltäglicher Fähigkeiten und Fertigkeiten im Vordergrund. Dies geschieht in Gesprächsrunden, durch die Teilnahme an Veranstaltungen und Angeboten im Haus, gemeinsames Einkaufen und Kochen, Sport, Spaziergänge usw. Seit Sommer 1998 gibt es für die Leitung dieses Projektes eine Förderung von Sozialamt. Für die kommenden Jahre wird die Finanzierung von zwei weiteren Stellen angestrebt.

vom VdK, einem Gesundheitsverein, einem Betreuungsverein und der Initiative kinderfreundliches Jena genutzt. Weiterhin gibt es im Haus eine private Gaststätte und eine gewerbliche Kampfsportschule. Der im Haus befindliche Saal kann von den Vereinen für Veranstaltungen gemietet werden. Der Schwerpunkt liegt derzeit darauf, die Vereine zur Zusammenarbeit untereinander zu motivieren und die Arbeit im Haus so zu gestalten, daß eine positive Ausstrahlung auf den Stadtteil erreicht wird und sich eine Art Nachbarschaftszentrum oder Bürgerhaus mit aktiver Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger entwickeln kann.

Das Lobedaer Informations-, Spaß- und Aktionszentrum LISA in Jena-Lobeda (Thüringen) Dieses behindertengerechte Zentrum befindet sich in einer umgebauten ehemaligen Kita und wurde Ende April 1998 eröffnet. Träger ist die Stadt Jena. Ein Teil der Räume wird von der Kommune (Allgemeiner Sozialdienst, Erziehungsberatung und Schuldnerberatung) genutzt, der andere Teil wurde an Vereine

Qualitätsmerkmale sozial-kultureller Arbeit


Beschreibung der Qualitätsmerkmale

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Vorab: Nach unseren Erfahrungen gibt es keine identischen Stadtteile/Orte und demzufolge auch keine identischen sozial-kulturellen Einrichtungen. Aufgrund der manchmal beträchtlichen Unterschiede ist es schwierig, allgemeingültige Feststellungen zu treffen. Die folgende Beschreibung der Qualitätsmerkmale sozialkultureller Arbeit wollen wir so allgemein und gleichzeitig so konkret wie möglich formulieren. Es liegt in Ihrer Hand, diese Ausführungen so zu ‘übersetzen’, daß sie für Ihre jeweilige Einrichtung angewandt werden können.

während der Treffen der Arbeitsgemeinschaft der offene Treff geschlossen bleiben mußte. Die Leitung der AG übernahm ein graffitierfahrener Jugendlicher aus dem Treff. Dann wurde über Monate hinweg fleißig geübt. Parallel dazu suchten die Jugendlichen nach einer Möglichkeit, ihre erworbenen Kenntnisse auf legale Weise anzuwenden. Es gelang ihnen, die Leitung des nahegelegenen Supermarktes von ihrem Vorhaben zu überzeugen, so daß sie eine zum Gelände gehörende freistehende Mauer gestalten konnten. Dazu wurde das üppig wuchernde Unkraut beseitigt und der Untergrund zum Sprühen vorbereitet.

Orientierung an den Fragen, Kenntnissen und Interessen der Nutzerinnen und Bewohnerinnen Was ist das? Die sozialen und kulturellen Angebote richten sich nach den Fragen, Problemen und Wünschen der Nutzerinnen der Einrichtung. Sie werden an der Planung und Durchführung von Veranstaltungen beteiligt.

Beispiel aus dem Stadtteilzentrum Messemagistrale Leipzig: Einige der Jugendlichen des offenen Treffs wollten sich mit Graffiti beschäftigen. Sie trugen diesen Wunsch an die Mitarbeiterinnen heran. Gemeinsam ging es ans Überlegen.

Auf der Vorderseite der Mauer wurde ein von ihnen entworfenes Bild gesprüht, das zur Verschönerung der Umgebung gedacht ist. Die Rückseite soll später von Zeit zu Zeit neu gestaltet werden und als legale Übungsfläche dienen. Außerdem wurde mit der Supermarktleitung vereinbart, daß die Jugendlichen sich zukünftig darum kümmern, die Fläche um die Mauer herum sauber zu halten.

Wie geht das?

Es wurde beschlossen, zuerst eine Arbeitsgemeinschaft Graffiti einzurichten, um die interessierten Jugendlichen mit technischen und kreativen Fähigkeiten und Fertigkeiten auszustatten. Dazu mußte ein Kompromiß mit den anderen Jugendlichen geschlossen werden, denn aufgrund der räumlichen Bedingungen in der Einrichtung bedeutete das, daß

Qualitätsmerkmale sozial-kultureller Arbeit

Für den Aufbau eines Stadtteilzentrums, Nachbarschaftstreffs oder Bürgerhauses ist es wichtig, so viel wie möglich über den Stadtteil/den Ort und seine Bewohnerinnen zu wissen. Für eine entsprechende Stadtteilanalyse werden alle Informationen und Fakten zusammengetragen, die als Grundlage für die Arbeit dienen können: Zur Bevölkerungsstruktur z.B.: • Wieviele Menschen leben im Einzugsgebiet der Einrichtung? • Welchen Anteil an dieser Zahl haben Kinder, Jugendliche, Erwachsene, Senioren? • Welchen Prozentsatz machen davon Behinderte, Ausländer, Aussiedler, Arbeitslose, Sozialhilfeempfänger aus?


Zur Infrastruktur z.B.: • Welche sozialen und kulturellen Einrichtungen/ Träger mit welchen Angeboten gibt es bereits? • Wieviele und welche Schultypen sind vorhanden? • Wie hoch ist der Versorgungsgrad bei Kindertagesstätten? • Wie ist die medizinische Versorgung? • Wie ist die verkehrsmäßige Erschließung? usw. Diese Informationen erhält man z.B. durch Anfragen bei den verschiedenen Ämtern (Einwohnermeldeamt, Jugendamt, Sozialamt). In größeren Städten gibt es statistische Ämter, bei denen entsprechende Angaben erhältlich sind. Probleme mit dem Datenschutz dürfte es keine geben, da ja keine namentlichen, sondern nur zahlenmäßige Erhebungen gemacht werden. Aus den gesammelten Informationen lassen sich zahlenmäßige Konzentrationen und Schwerpunkte der künftigen Arbeit ableiten, ohne dabei den gesamten Stadtteil/Ort und dessen Bewohnerinnen aus den Augen zu verlieren. Gibt es z.B. einen hohen Seniorenanteil, wird ein Schwerpunkt Seniorenarbeit sein. Stellt sich heraus, daß es keine oder nicht ausreichende Angebote für Jugendliche gibt, sollte Jugendarbeit einen größeren Anteil an der Arbeit erhalten. Wie die inhaltliche Gestaltung der Angebote aussehen soll, erfährt man am besten im Gespräch mit den zukünftigen (bei neuen Einrichtungen) oder den gegenwärtigen Nutzerinnen der Einrichtung. Das heißt also, daß die Menschen gezielt nach ihren Wünschen, Interessen aber auch nach ihren Problemen befragt werden müssen, um nicht am Bedarf vorbei zu planen und zu arbeiten. Bei der Befragung der Stadtteilbewohnerinnen wird ihnen zugesichert, daß die Auswertung anonym erfolgt, damit sie nicht nur von ihren Wünschen, sondern auch von ihren Sorgen erzählen. Gleichzeitig kann erfragt werden, wer bereit ist, sich aktiv in die zukünftige Arbeit einzubringen. Hier ist es natürlich erforderlich, Namen, Adressen, Telefonnummern festzuhalten, damit man weiter in Kontakt bleiben und diese Frauen und Männer in die Arbeit einbeziehen kann. Neben den persönlichen Gesprächen kann man auch Fragebögen einsetzen. Bei anonymen Aktionen wie der Verteilung in die Hausbriefkästen ist der Rücklauf erfahrungsgemäß aber eher gering. Es bietet sich daher an, Aktivitäten für eine Befragung zu nutzen, bei denen viele Menschen zusammenkommen (Stadtteilfeste u.a.), die man dann persönlich befragen kann.

Die Antworten werden auf einem vorbereiteten (auswertbaren) Fragebogen festgehalten. Hier als Beispiel Auszüge aus einem Fragebogen aus der Konzeptionsphase des Nachbarschaftszentrums Bürger für Bürger in Berlin-Mitte: Fragebogen Zutreffendes bitte ankreuzen/ergänzen 1. Befürworten Sie ein Nachbarschaftszentrum in Ihrem Kiez? ja nein unter Vorbehalt

29 2. Mit welchen Personenkreisen wünschen Sie sich im Nachbarschaftszentrum Kontakte? Vorruheständlern Senioren Alleinerziehenden Alleinstehenden Jugendlichen Kindern anderen Erwachsenen ................................. 3. Welche Beratungs- und Betreuungsangebote würden Sie im Nachbarschaftszentrum in Anspruch nehmen? individuelle Beratung offene Treffs Gesprächskreise zu Themen wie: .......................................... Bildungsangebote (Vorträge) Veranstaltungen mit geselligem Charakter z.B. .................................. Kurs- und Zirkelangebote z.B. ............................................ Filmveranstaltungen Exkursionen Sportliche Betätigung Selbsthilfegruppen z.B. ........................................... Vermittlung sozialer Dienste z.B. Begleitung bei Behördengängen Hilfe beim Ausfüllen von Formularen/ Anträgen stundenweise Kinderbetreuung Schiebedienste für Behinderte Hol- und Bringdienste für Mobilitätseingeschränkte praktische Lebenshilfe z.B. Tips für die Hauswirtschaft Tips für die Erziehung der Kinder Tips zur Vorbereitung auf Ehe und Familie Tips speziell für Frauen Tips für gesunde Lebensweise ............................................

Qualitätsmerkmale sozial-kultureller Arbeit


4. Welche weiteren Dienstleistungsangebote erachten Sie im Kiez für notwendig? ..................................................... ..................................................... ..................................................... 5. Welche Öffnungszeiten des Nachbarschaftszentrums wären für Sie angenehm?

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vormittags

nachmittags

abends

Montag bis Freitag Sonnabend Sonntag

Familienstand: ................................. Anzahl der im Haushalt lebenden Kinder: ................................................. Leben in Ihrem Haushalt behinderte Familienmitglieder? ja nein Berufserfahrungen als: .............................................. zur Zeit berufstätig: ja nein

6. Wären Sie bereit, mit Ihren Fähigkeiten, Berufs- und Lebenserfahrungen das Wirken des Nachbarschaftszentrums zu unterstützen? ja nein bedingt

Bei Interesse zur Mitarbeit oder an einem Gespräch mit uns, teilen Sie uns bitte Ihre Anschrift oder Telefonnummer mit. .........................................................

7. In welcher Weise könnten Sie sich vorstellen, im Nachbarschaftszentrum aktiv zu werden? Nutzen von Beratungsangeboten Nutzen von Betreuungsangeboten Nutzen von Begegnungsangeboten Nutzen von Bildungsangeboten eigenes Wissen/Können einbringen z.B. durch handwerkliche Hilfe bei Rekonstruktions- bzw. Instandhaltungsarbeiten durch Referententätigkeit durch Zirkel-/Kursleitertätigkeit Bereitschaft zu ehrenamtlicher Nachbarschaftshilfe in folgender Weise: ............................................ Mitarbeit in Gremien des Nachbarschaftszentrums

Vielen Dank für Ihre Unterstützung!

8. Besuchen Sie bereits eine Begegnungsstätte, welche? ................................................ Abschließend bitten wir Sie um einige persönliche Angaben, deren Beantwortung Ihnen freigestellt ist, aber in jedem Falle nur unserem Anliegen dienen soll: Zugehörigkeit zur Bevölkerungsgruppe: Vorruheständler Senioren Alleinstehende Alleinerziehende Behinderte Kinder Jugendliche Alter: ............................................... männlich

Qualitätsmerkmale sozial-kultureller Arbeit

weiblich

Wichtig ist, daß die gesammelten Informationen keinen endgültigen Charakter haben. Sie müssen auch von bereits länger bestehenden Einrichtungen immer wieder aktualisiert werden, um ein entsprechendes Reagieren auf aktuelle Ereignisse und Entwicklungen zu gewährleisten. Das heißt, daß die Angebote einer sozial-kulturelle Einrichtung der Entwicklung der Interessenlage der Nutzerinnen Rechnung tragen und sich von Zeit zu Zeit verändern (müssen). Angebote, die über längere Zeit gewünscht und gut angenommen wurden, können sich im Laufe der Zeit als überholt erweisen. Das kann beispielsweise bedeuten, daß Kreativangebote durch Bildungsangebote abgelöst werden. Hier sind Geschick und Kommunikationsfähigkeit der Mitarbeiterinnen der Einrichtung gefragt, um solche Trends zu erfassen und durch gemeinsame Planung mit den Besucherinnen neue Angebote zu entwickeln und umzusetzen. Dabei geht es um die Frage was gemacht werden soll und wie. Es geht aber nicht nur darum, die Fragen, Kenntnisse und Interessen der Menschen zu kennen, die die Einrichtung bereits nutzen, sondern auch derjenigen, die bisher noch nicht erreicht worden sind. Dabei wird überprüft, wer die Einrichtung nutzt und wer möglicherweise ausgeschlossen ist. Stellt man bspw. im Jugendbereich fest, daß die Angebote zu 90% von Jungen genutzt werden, stellt sich die Frage: Was wird mit den Mädchen, sollten für sie eigene Angebote geschaffen werden?


Weitere Möglichkeiten sind persönliche Gespräche, Präsenz der Mitarbeiterinnen im Stadtteil/im Ort, ein Tag der offenen Tür, Schnupperangebote, vielleicht auch einmal eine persönliche Einladung. Aber auch die Mund-zu-MundPropaganda hat dabei einen nicht geringen Stellenwert. Wem es in der Einrichtung gefällt, sei es durch gute Angebote oder qualifizierte Hilfe in Problemensituationen oder eine angenehme Atmosphäre, der wird es sicher in seinem Bekanntenkreis weitererzählen. Eine weitere Möglichkeit, die Bedürfnisse der Menschen festzustellen, sind Stadtteilerkundungen. Dabei geht es darum, den Stadtteil/ den Ort gezielt und ggf. mit bestimmten Fra-

gestellungen zu erkunden. Das kann z.B. durch die Mitarbeiterinnen selbst, aber auch als Projekt oder längerfristiges Angebot gemeinsam mit den Nutzerinnen der Einrichtung erfolgen. Bei Spaziergängen durch den Stadtteil/den Ort können interessante, wissenswerte oder auch veränderungswürdige Details auf Fotos, Videos oder in schriftlicher Form festgehalten werden. Gesammeltes Bildmaterial und Informationen zum Stadtteil und zur Stadtteilgeschichte können als Ausstellung oder Dokumentation aufbereitet und als Grundlage für die Entwicklung der Angebotsstruktur der Einrichtung genutzt werden. Ein weiteres Ergebnis von Stadtteilerkundungen ist, daß man auch die Treffpunkte von Kindern, Jugendlichen oder Senioren außerhalb von bestehenden Einrichtungen kennenlernt, wo man diese aufsuchen, mit ihnen in Kontakt kommen kann. Mit eigenen Augen zu sehen, mit eigenen Ohren zu hören und dabei Gespräche und Stimmungen aufzunehmen, kann manchmal ein von den bisherigen Erfahrungen abweichendes Bild der Situation im Stadtteil/Ort ergeben.

Was braucht es? Voraussetzungen für eine erfolgreiche Arbeit in diesem Bereich sind z.B., daß die Mitarbeiterinnen wissen müssen, welche räumlichen, infrastrukturellen (technischen), personellen und finanziellen Ressourcen in der Einrichtung zur Verfügung stehen. Diese sind natürlich in jeder Einrichtung unterschiedlich, genau wie die Mitarbeiterinnen unterschiedliche Qualifikationen und persönliche Fähigkeiten und Neigungen haben, die in die Arbeit einfließen.

31 Ein Schwerpunkt dabei ist, daß alle haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen das Prinzip der Beteiligung der Nutzerinnen des Hauses und der Bewohnerinnen des Stadtteils/des Ortes an der Gestaltung der Angebote mittragen und dementsprechend aktiv sind. Dazu müssen Modelle entwickelt werden, die die Beteiligung der Menschen ermöglichen. Einige Möglichkeiten, wie die Mitarbeit im Vorstand oder in Beiräten, sind, wenn der Träger ein eingetragener Verein ist, in der Satzung festgehalten. Es können aber auch Arbeitsgruppen gebildet werden, die sich aus haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen, Nutzerinnen und Vorstandsmitgliedern zusammensetzen, und die die Wünsche und Ideen zusammentragen und nach Möglichkeiten für deren Umsetzung in die praktische Arbeit suchen. Entsprechend dem Konzept, dem Profil, den Ansprüchen und Zielen der einzelnen Einrichtungen kann es auch mehrere Arbeitsgruppen geben, die sich mit unterschiedlichen Themen befassen, wie die inhaltliche Gestaltung und Weiterentwicklung der Arbeit oder aber Finanzierungsfragen. Verschiedene Gremien arbeiten möglicherweise zeitlich begrenzt, wenn es um bestimmte Aktivitäten wie die Vorbereitung und Durchführung eines Stadtteilfestes oder das Organisieren einer Reise, einer Weihnachtsfeier usw. geht. Dazu muß festgelegt werden, welche Kompetenzen und welches Gewicht diese Gremien erhalten. Können sie z.B. verbindliche Entscheidungen treffen oder ‘nur’ Empfehlungen aussprechen? Gleichzeitig muß sichergestellt werden, daß und auf welche Weise (mündliche Berichte, Protokolle) die Informationen aus der Einrichtung in den Gremien und aus Gremien auch bei den entsprechenden Stellen der Einrichtung ankommen. Das heißt, man braucht eine entsprechende Dokumentation, ein funktionierendes Informationssystem und es muß Klarheit über die Rollen der beteiligten Personen bestehen.

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Nachvollziehbare Entscheidungsstrukturen erleichtern und fördern die Beteiligung der Nutzerinnen der Einrichtung an der Planung und Durchführung der Angebote. Das heißt auch, daß es selbstverständlich ist, die Hinweise, Wünsche, Fragen und auch Kritik ernst zu nehmen und für die Besucherinnen erlebbar in der täglichen Arbeit zu berücksichtigen. Die Weiterentwicklung und Förderung kommunikativer Fähigkeiten der Mitarbeiterinnen sind hierbei eine wichtige Grundlage.

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Wie kann es überprüft werden? Zur Beantwortung der Frage, ob die Angebote tatsächlich (noch) mit den Fragen, Kenntnissen und Interessen der Nutzerinnen der Einrichtung und der Bewohnerinnen des Stadtteils/des Ortes übereinstimmen, gilt es, die Untersuchungsergebnisse von Stadtteilanalysen und Befragungsaktionen regelmäßig auf ihre Aktualität zu überprüfen. Das kann z.B. geschehen durch Befragung der Besucherinnen oder durch Interviews im Stadtteil/im Ort. Aber auch die statistische Erfassung und Auswertung der Besucherinnenzahlen bei den einzelnen Angeboten und Veranstaltungen macht deutlich, ob diese noch ‘im Trend’ liegen. Wenn über einen gewissen Zeitraum erkennbar ist, daß die Zahl der Nutzerinnen eines Angebotes rückläufig ist, müssen die Ursachen herausgefunden werden. Liegen sie z.B. in der inhaltlichen Gestaltung, in der Gruppenzusammensetzung, in einer ungünstigen Veranstaltungszeit, laufen Veranstaltungen für ähnliche Interessengruppen möglicherweise parallel? Gibt es äußere Faktoren, die nicht ausreichend berücksichtigt wurden, wie Fußball- und andere Sportereignisse oder aktuelle Geschehnisse (z.B. umfangreiche Sanierungsmaßnahmen) im Stadtteil/im Ort? Oder ist das Interesse an einem bestimmten Angebot tatsächlich nicht mehr im ursprünglichen Umfang vorhanden? Sind die Ursachen ermittelt, kann man entsprechend reagieren und Veränderungen vornehmen, z.B. indem der Englisch- und der Französischkurs nicht mehr parallel, sondern zeitversetzt angeboten werden, oder die Möglichkeit geschaffen wird, die Fußball-WM auf einer Großleinwand in der Einrichtung zu verfolgen und für diese Zeit die Männergesprächsrunde auszusetzen. Vielleicht kann ein klärendes Gespräche mit einer Kursleiterin/einem Kursleiter oder einer Teilnehmerin/einem Teilnehmer

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geführt werden. Oder es muß ein uninteressant gewordenes Angebot ganz aus dem Programm gestrichen werden. Bei neuen Angeboten (auch wenn sie auf Wunsch der Besucherinnen und Besucher der Einrichtung entstanden sind) braucht es meist etwas Geduld bis sie so laufen, wie es geplant ist. Oftmals haben diejenigen, die sich mit den Vorbereitungen befaßt haben, viel Zeit, Arbeit und persönliches Engagement investiert. Entsprechend hoch ist ihre Erwartungshaltung. Und groß ist dann ihre Enttäuschung, wenn diese Erwartungen nicht sofort erfüllt werden. Dabei ist es durchaus als Erfolg zu werten, wenn ein neues Angebot anfangs ‘nur’ von zwei oder drei Personen wahrgenommen wird. In dieser Situation sind Strukturen wichtig, in denen auch zwei Personen als Gruppe betrachtet werden mit entsprechenden Absprachen und Regeln. Außerdem brauchen neue Dinge immer einige Zeit, bis sie sich etabliert haben. Und diese Zeit müssen sich auch die Verantwortlichen ‘gönnen’. Stellt sich später heraus, daß dieses neue Angebot doch nicht den Zuspruch hat, der aufgrund der geäußerten Wünsche und Interessen zu erwarten gewesen wäre, kann es gegebenenfalls modifiziert werden oder aber es wird mit den Nutzerinnen und Nutzern die Entscheidung getroffen, es wieder aus dem Programm zu nehmen.

Beispiel aus dem Ländlichen Sozio-kulturellen Zentrum Jänschwalde: Um mehr Erwachsene und auch die berufstätigen Bewohnerinnen von Jänschwalde für das Haus zu interessieren, wurden Abendveranstaltungen in Form von Spielrunden angeboten mit der Möglichkeit, sich zu treffen, zu unterhalten oder bei Spiel und Spaß einen angenehmen Feierabend zu verbringen. Nach mehreren Terminen, die nur von einzelnen Bürgerinnen bzw. gar nicht wahrgenommen wurden, wurde dieses Angebot eingestellt. Eine andere Möglichkeit im Team zu überprüfen, ob die eigene Arbeit (noch) den Bedürfnissen der Nutzerinnen entspricht, sind Planspiele und Szenarien. Mit Planspielen können Situationen oder Aktivitäten aus der täglichen Arbeit, Befragungsaktionen usw. nachgespielt werden, um zu analysieren, was gut gelaufen ist oder was beim nächsten mal verbessert oder verändert werden kann oder muß. Dabei haben die Mitarbeiterinnen auch einmal die Möglich-


keit, in die Rolle von Nutzerinnen oder von ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen zu schlüpfen und umgekehrt die Nutzerinnen und die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen in die Rolle der Hauptamtlichen, und sie können so erleben, wie die eigene Arbeits-, Verhaltens- oder Vorgehensweise auf andere wirkt. Daraus lassen sich Veränderungen für die Zukunft ableiten. Oder man macht die Erfahrung, daß das, was geleistet wurde, in Ordnung war. Lernen vom Erfolg bedeutet, auf Funktionierendes aufzubauen. Mit Szenarien werden ausgewählte Teile der Planspiele auf ähnliche Weise bearbeitet. Planspiele und Szenarien sind aber nicht nur für die Auswertung und Überprüfung von Arbeitsprozessen und -ergebnissen geeignet, sondern auch für deren Vorbereitung. Dabei kann z.B. eine Strategie entwickelt werden für die Durchführung von Befragungs- oder anderen Aktionen. Zu erwartende schwierige Situationen können vorab in verschiedenen Varianten durchgespielt werden. Und man kann sich dann für die beste Variante entscheiden. Durch diese Art des Übens und Ausprobierens werden gleichzeitig die kommunikativen Fähigkeiten geschult und es können auch Berührungsängste bei Mitarbeiterinnen abgebaut werden, die z.B. eine Bürgerbefragung durchführen sollen und befürchten, daß sie nicht an die zu befragenden Menschen ‘herankommen’.

Was bringt das? Werden in der täglichen Arbeit zumindest einige der oben beschriebenen Instrumentarien, Bedingungen, Standards und Möglichkeiten der Evaluation und Qualitätsicherung berücksichtigt, werden in Ihrer Einrichtung die Angebote bürgernah und bedarfsorientiert sein. Stellen die Bewohnerinnen fest, daß es einen Ort gibt, wo ihre Ideen und Wünsche gefragt sind, wo sie ernst genommen werden, wo sie ihren Interessen nachgehen, ihre Fähigkeiten und Kenntnisse entfalten, weiterentwickeln und mit anderen teilen können und wo sie auch Hilfe in schwierigen Situationen erhalten können, identifizieren sie sich auch mit den Zielen und Inhalten der Einrichtung und bringen sich in die Arbeit ein. Letztendlich bedeutet das auch, daß Menschen mit geringer Mobilität Entfaltungsmöglichkeiten dort vorfinden und ihren Interessen nachgehen können, wo sie wohnen.

Orientierung an der Bedarfslage im Stadtteil

Was ist das? Die genaue Kenntnis der Lebenslage der Bewohnerinnen eines Stadtteils/Ortes ist die Grundlage für die Entwicklung sozialpädagogischer Angebote und Dienstleistungen, die im Stadtteil fehlen und an denen ein Bedarf besteht. Durch ihren stadtteilorientierten Arbeitsansatz sind sozial-kulturelle Einrichtungen in der Lage, flexibel auf neuentstehende Problemlagen zu reagieren. Sie stellen nicht nur Dienstleistungen für die Bewohnerinnen zur Verfügung, sondern unterstützen durch basis- und prozeßbegleitende Beratung auch Bürgerinitiativen, Interessenvereinigungen usw., die im Stadtteil/Ort aktiv sind bzw. werden wollen.

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Wie geht das? Der generations- und zielgruppenübergreifende Arbeitsansatz sozial-kultureller Einrichtungen hat den Vorteil, daß er flexibles Reagieren auf sich verändernde oder neu entstehende Problemlagen ermöglicht. Bei rein zielgruppenorientierten Einrichtungen ist das nur im Rahmen der Zielgruppe möglich. So ist es schon von der konzeptionellen Gestaltung einer Jugendeinrichtung nicht möglich, Angebote für Senioren ins Programm aufzunehmen, wenn z.B. in der Nähe ein Seniorenwohnhaus eingerichtet wird. Das scheitert an mehreren Punkten: • Die Finanzierung der Einrichtung wird gefährdet, da sie von ihrer ursprünglichen Zielgruppe abweicht. Die Förderung von Seniorenarbeit über den Bereich Jugendarbeit ist rein haushaltstechnisch nicht möglich. • Die Ausstattung einer Jugendeinrichtung ist selten für Senioren geeignet. • Die Konzeption ist nur auf Jugendarbeit ausgelegt. • Das Personal ist nicht entsprechend ausgebildet. Sozial-kulturelle Einrichtungen verfügen über eine große Flexibilität in ihren Angeboten. Die oben beschriebene Situation wäre für sie nicht allzu problematisch. Die Senioren können an bereits bestehenden Angeboten teilnehmen oder es werden entsprechend ihren Wünschen und Interessen neue Angebote entwickelt.

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Diese Flexibilität bezieht sich nicht nur auf den reinen Freizeitbereich, sondern auch auf sozialpädagogische Angebote und Dienstleistungen. Wird ein bestimmter Bedarf im Einzugsgebiet festgestellt und es gibt keine entsprechenden Angebote anderer Träger, wird die Einrichtung eine Konzeption entwickeln, sich um die Finanzierung (so erforderlich) kümmern und schließlich das Angebot unterbreiten.

Beispiel aus dem Bürgerladen e.V. Halle: 34

Im Bereich der Seniorenarbeit wurde die Notwendigkeit deutlich, für einige ältere Besucherinnen individuelle Angebote in Form einer gerontopsychiatrischen Tagesbetreuung zu erarbeiten. Diese Menschen befanden sich in Krisensituationen, wie Verlust der Partnerin oder des Partners, Entlassung aus ambulanter oder stationärer psychiatrischer Behandlung oder Verlust der vertrauten Wohngegend durch einen Umzug. Einige von ihnen waren zwar körperlich jedoch nicht psychisch in der Lage, einfache alltägliche Tätigkeiten wie Einkaufen, Abwaschen, Wäschewaschen usw. zu verrichten. Sie suchten tagsüber Hilfe und Betreuung außerhalb der eigenen Wohnung, ohne diese aufgeben zu wollen.

Beratung zu Möglichkeiten der Inanspruchnahme weiterer sozialer Hilfe, Begleitung bei Behördenangelegenheiten). Die Gäste der Tagesbetreuung haben auch die Möglichkeit, gemeinsam mit den übrigen Nutzerinnen an allen anderen Kreativ-, Sport- und Kulturangeboten in der Einrichtung teilzunehmen. Im Laufe der Zeit wurden viele große und kleine Erfolge sichtbar. So ist es gelungen, die Entwicklung der anfangs sehr verschlossenen Gäste so zu fördern, daß einige von ihnen inzwischen im Chor mitsingen und sogar bei größeren Veranstaltungen Texte vorlesen und Gedichte rezitieren. Und die Gäste motivieren sich auch schon mal gegenseitig. So stand ein Ausflug auf dem Programm und eine Frau wollte sich nicht beteiligen. Daraufhin sagte eine andere Frau zu ihr: Eben hast du dich noch beklagt, daß dir die Decke auf den Kopf fällt und jetzt willst du hier drin sitzenbleiben. Also, raff dich auf und komm mit! Diese Art der gerontopsychiatrischen Tagesbetreuung ist bisher einmalig in Sachsen-Anhalt. Denn die Tagesgäste werden nicht als Kranke in einer speziellen Einrichtung isoliert, sondern sie sind in den gesamten Tagesablauf des Hauses integriert. Sie bleiben nicht ausschließlich unter sich, haben täglich Kontakt mit gesunden Menschen und werden auch individuell gefördert. Tritt in einem Stadtteil/Ort ein Problem auf, muß es natürlich jemanden geben, der sich darum kümmert und die Lösung dieses Problems in Angriff nimmt. Das heißt, daß der Verein als Träger einer sozial-kulturellen Einrichtung auch Trägerfunktion für ein bestimmtes Angebot übernimmt.

Beispiele aus dem Jugendhaus „Obermützkower Storchennest“ e.V.: 1994 wurde daraufhin die „Tagesbetreuung“ angeboten. Die vorwiegend älteren Menschen werden tagsüber mit folgenden Zielstellungen betreut: Wiedergewinnung bzw. Aufrechterhaltung der Aktivitäten des täglichen Lebens (gemeinsamer Einkauf, Zubereitung von Mahlzeiten, Tischdecken, Abwaschen, gemeinsame Vorbereitung von Feiern, Veranstaltungen...); Bewegungstraining (Sitzgymnastik, Spaziergänge, Übungen mit Kleingeräten, Tanzen und Singen); Orientierungstraining zu Zeit, Ort und Person; (Re)Aktivierung der geistigen Fähigkeiten (Lesungen, Spiele, Musikhören, Musikmachen, kreative Arbeiten mit Seide, Papier, Naturmaterialien, Theater- und Kinobesuche); soziale Betreuung und Beratung (Gespräche zur persönlichen Situation,

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Die Region leidet unter extrem hoher Arbeitslosigkeit mit vielen Begleitproblemen wie finanzielle Probleme von Familien, Schwierigkeiten der Eltern bei der Erziehung ihrer Kinder, steigende Jugendkriminalität, Alkoholmißbrauch usw. Der Verein setzte sich mit dieser Situation auseinander und übernahm die Trägerschaft für die sozialpädagogische Familienhilfe nach § 31 KJHG. Die Mitarbeiterinnen suchen die Familien in ihren Wohnungen auf, beraten und unterstützen sie bei der Lösung von Erziehungs- und familiären Problemen. Voraussetzung dafür ist, daß die Familien auch bereit sind, sich helfen zu lassen. Denn es handelt sich hierbei immerhin um einen ‘Eingriff von


außen’ in familieninterne Angelegenheiten. So kommt es auch vor, daß Familien, die Hilfe dringend notwendig hätten, diese ablehnen. Erschwerend für die Arbeit in ländlichen Gebieten kommt hinzu, daß sich kaum etwas ‘verheimlichen’ läßt, d.h. für die übrigen Dorfbewohnerinnen wird sichtbar, daß man Hilfe benötigt.

Einrichtungen ist (leider) hoch. Der Verein kann jedoch auf Grund eines amtlich für den Ort festgelegten Schlüssels dort nur 5-6 Jugendliche betreuen. Beide Projekte werden vom Jugendamt gefördert. Durch institutionelle Vernetzungen und Absprachen der Träger und Verwaltungen werden Informationen zu (Problem-) Situationen ausgetauscht, auf deren Grundlage der Bedarf für sozialpädagogische Angebote oder Dienstleistungen festgestellt, die Realisierung von entsprechenden Vorhaben konzipiert, ein Träger gefunden und die Finanzierung sichergestellt werden kann.

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Was braucht es?

Darüber hinaus übernahm der Verein die Trägerschaft für ein sozialpädagogisch betreutes Wohnen von straffällig gewordenen Jugendlichen. Dazu wurde auf dem Gelände des Gutshofes, auf dem sich mehrere Projekte des Vereins befinden, ein Gebäude entsprechend hergerichtet. Dort werden die Jugendlichen rund um die Uhr von Fachpersonal betreut. Ihnen wird ein Schul- bzw. Berufsabschluß ermöglicht. Wer weder zur Schule geht noch eine Lehre absolviert, wird zu gärtnerischen und anderen Arbeiten auf dem Hof herangezogen. Haben die Jugendlichen das 18. Lebensjahr vollendet, müssen sie die Einrichtung verlassen. Sie erhalten dann Unterstützung bei den ersten Schritten in Richtung selbständiges Leben und bei der Suche nach einer Wohnung. Im Haus hat jede/r Jugendliche ein eigenes Zimmer und es stehen Gemeinschaftsräume zur Verfügung. Gemeinsam mit den Jugendlichen wurden (strenge) Regeln für eine Hausordnung erarbeitet, bei deren Verletzung der/die Betreffende das Wohnprojekt verlassen muß. Das gilt z.B. bei Drogengebrauch, mehrfachem Schulschwänzen, unerlaubtem Verlassen des Geländes oder erneuten kriminellen Handlungen. Der Bedarf an solchen

Flexibilität im Umgang mit der Konzeption der Einrichtung ist eine der Bedingungen für die Orientierung der Arbeit an der Bedarfslage im Stadtteil/Ort. Das heißt natürlich nicht, daß die Konzeption völlig offen gehalten wird. Die Grundlinien müssen immer vertreten werden und auch in der täglichen Arbeit erkennbar sein. Flexibilität ist jedoch nicht mit Beliebigkeit zu verwechseln. Beliebigkeit macht die Arbeit nicht transparent, sondern diffus und sowohl für die Nutzerinnen als auch für die Mitarbeiterinnen nicht mehr nachvollziehbar. Flexibilität beinhaltet auch, daß man Angebote, für die kein Bedarf mehr besteht, beendet oder unter Aufgaben, die man übernommen und erfüllt hat, einen Schlußstrich zieht. Flexibilität bedeutet demzufolge nicht notwendigerweise, daß die Einrichtung ständig erweitert wird, weil immer neue Aufgaben und Angebote dazukommen. Es muß ein Maß gefunden werden, daß altbewährte und neue Angebote sich nicht gegenseitig ausschließen oder verdrängen. Soll die Arbeit in der Einrichtung sich am Bedarf im Stadtteil/Ort orientieren, müssen auch freie Kapazitäten für Entwicklungsaufgaben vorhanden sein. Es sollte also jemanden geben, der die Entwicklungen im Stadtteil/Ort genau verfolgt, neue Situationen oder Probleme erkennen kann, die entsprechenden Stellen (z.B. Geschäftsführung oder Vorstand) in der Einrichtung darüber informiert. Dann wird gemeinsam überlegt, ob eigener Handlungsbedarf besteht. Ist das der Fall, wird die Vorgehensweise festgelegt. Meist wird es sich dabei um die Entwicklung einer Konzeption und die Sicherung der Finanzierung handeln. Für diese Aufgaben muß natürlich jemand zuständig sein/gemacht wer-

Qualitätsmerkmale sozial-kultureller Arbeit


den. Diese Person/en sollten, sofern sie nicht ständig konzeptionell arbeiten, dann auch die erforderliche Zeit erhalten. Das beinhaltet, daß sie u.U. eine Zeit lang von ihrer täglichen Arbeit befreit werden.

Beispiel aus dem Ländlichen Soziokulturellen Zentrum Jänschwalde:

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In zwei bis drei Jahren wird die Gesamtschule im Ort geschlossen werden, nur die Grundschule bleibt erhalten. Das bedeutet für die Einrichtung, daß ein Teilbereich der Arbeit, nämlich der Schülertreff, stark an Bedeutung verlieren wird. Die Grundschüler dürfen das Schulgelände in Freistunden nicht verlassen und die Gesamtschüler, die Freistunden oder die Wartezeit bis zur Abfahrt des Schulbusses im Haus verbracht haben, werden nicht mehr kommen. So stellen sich für das LSZ gleich mehrere Aufgaben, an denen konzeptionell gearbeitet werden muß. Das sind z.B. der Verlust der Zielgruppe der Gesamtschülerinnen, die zum Teil vormittags, hauptsächlich aber in den frühen Nachmittagsstunden das Haus nutzen; der Wegfall von Projekten, die gemeinsam mit der Gesamtschule durchgeführt werden; und die Suche nach Möglichkeiten der Nutzung des dann leerstehenden Schulgebäudes. Seit dem Bekanntwerden der Entscheidung, die Schule zu schließen, gibt es Überlegungen, mit welchen konzeptionellen Ideen dieses entstehende Vakuum gefüllt werden kann. Gleichzeitig geht es auch um die Finanzierung von zwei Personalstellen zum Sommer des Jahres 2000. Aus diesen Gründen hat der Träger einen Mitarbeiter freigestellt, damit dieser sich gezielt mit der Situation beschäftigen und konzeptionelle Lösungen erarbeiten kann.

weiterhin, dann natürlich zu anderen Zeiten, besuchen würden. Erste Ergebnisse der Überlegungen sind bereits sichtbar: Es wurde ein kleines (gebrauchtes) Computer-Netzwerk angeschafft, das zum Erledigen von schriftlichen Hausaufgaben wie das Schreiben von Aufsätzen, das Erarbeiten von Vorträgen usw. genutzt werden kann. Dazu gibt es entsprechende Nachschlagewerke in der Bibliothek und

auf CD-Rom. Zusätzlich dazu verfügt das Haus über einen Internetanschluß, so daß auch die Möglichkeiten des Suchens, Kommunizierens und Surfens im Internet besteht. Für das Schulgebäude gibt es aufgrund des Lehrstellenmangels in der Region die Idee, ein Ausbildungszentrum mit Wohn-, Unterrichtsund Arbeitsräumen einzurichten. Die konzeptionellen Vorbereitungen und die Recherchearbeiten sind bereits angelaufen. Wer erfolgreich an einer Konzeption arbeiten will, benötigt auch den Zugang zu Informationen anderer Institutionen und Ämter. Zur genauen Beschreibung der Situation im Stadtteil/Ort und deren Unterlegung mit konkreten Fakten sind diese Informationen genauso notwendig wie zur Überprüfung der Finanzierungsmöglichkeiten oder zur Vermeidung von Angebotsdoppelungen. Gibt es z.B. bereits eine betreute Wohnform für schwangere minderjährige Mädchen in der Umgebung, macht es wenig Sinn, eine zweite in unmittelbarer Nähe einzurichten. Dann sollte eher der Weg gewählt werden, daß das vorhandene Projekt erweitert wird, wenn tatsächlich ein erhöhter Bedarf an solchen Unterbringungsmöglichkeiten offensichtlich wird.

Wie kann es überprüft werden? So wurde gemeinsam mit den Kindern und Jugendlichen überlegt, welche Angebote für sie so interessant wären, daß sie das Haus auch

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Zur Überprüfung der Frage, ob sich die Angebote der eigenen Einrichtung wirklich an der


Bedarfslage im Stadtteil orientieren, bedarf es der Abstimmung mit den zuständigen kommunalen Stellen. Denn nur wenn ein von einer Einrichtung festgestellter Bedarf auch von diesen bestätigt wird, werden sie bereit sein, ein Angebot bzw. eine Dienstleistung auch zu finanzieren. Nutzerinnenbefragungen und Umfragen im Stadtteil/im Ort sind weitere Möglichkeiten herauszufinden, ob die bestehenden oder neu entwickelte Angebote dem Bedarf entsprechen. Beachtung finden sollten auch die Rückmeldungen von Stadtteilkonferenzen, von Aktivitäten im Sozialraum, aus Arbeitsgruppen oder ähnlichen Gremien. Die Informationen, die man auf diese Weise erhält, geben ebenfalls Aufschluß darüber, ob die Angebote und Dienstleistungen der Einrichtung sowohl von den Bewohnerinnen des Stadtteils/Ortes als auch von den kommunalen Stellen als notwendig und richtig betrachtet werden. Natürlich kann die Einrichtung auch selbst solche Gremien ins Leben rufen bzw. sich an deren Organisation beteiligen.

Die Durchführung von Experten-Hearings trägt dazu bei, die eigene Arbeit unter Einbeziehung der Meinung und der Erfahrungen von Fachleuten zu überprüfen und zu hinterfragen.

Was bringt das? Die Orientierung der Arbeit der Einrichtung an der Bedarfslage im Stadtteil/Ort ist ein entscheidender Beitrag zum Abbau von Defiziten in der sozialen und kulturellen Versorgung. Dadurch wird gewährleistet, daß Bedarfslagen und positive wie negative Veränderungen schnell erkannt werden und entsprechend flexibel mit der Entwicklung neuer Angebote und Dienstleistungen oder, bei sinkendem oder nicht mehr vorhandenem Bedarf, mit deren Modifizierung oder Streichung reagiert werden kann.

Multikulturelles und generationsübergreifendes Begegnen und Zusammenwirken in Stadtteilen Was ist das? Menschen unterschiedlichen Geschlechts, unterschiedlicher Generationen und weltanschaulicher Orientierungen werden zusammengeführt und dabei gefördert, gruppenspezifische und gemeinsame, stadtteilbezogene Interessen zu verwirklichen.

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Wie geht das? Generationsübergreifende Aktivitäten sind ein wichtiger Bestandteil sozial-kultureller Arbeit. Das heißt jedoch nicht, daß alle Angebote für Menschen der verschiedenen Generationen

konzipiert sein müssen. Denn die unterschiedlichen Generationen und die damit einhergehenden unterschiedlichen Altersgruppen haben natürlich stark abweichende Interessen und Bedürfnisse. So haben Seniorinnen eher ein Bedürfnis nach Ruhe, wohingegen Kinder und Jugendliche andere Verhaltensweisen haben und auch laut sind. Und Jugendliche wollen nicht ständig Rücksicht nehmen müssen, wenn sie z.B. Musik in der für sie ‘angenehmen’ Lautstärke hören wollen. Dazu gehört auch die unterschiedliche Gestaltung der Räumlichkeiten was Mobiliar, farbliche Gestaltung, Beleuchtung usw. anbelangt. Gemeinsame Aktivitäten aller Generationen lassen sich meist nur über ein gemeinsames Thema und eine gemeinsame Vorbereitung verwirklichen. Gemeinsame Themen können z.B. die Veranstaltung von Festen in der Einrichtung

Qualitätsmerkmale sozial-kultureller Arbeit


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oder im Stadtteil, die Durchführung eines Trödelmarktes oder einer Hilfsaktion usw. sein. Ausgangspunkte für generationsübergreifendes Begegnen und Zusammenwirken sind in erster Linie zielgerichtete Angebote für einzelne Bereiche und Zielgruppen. Um das Begegnen und Zusammenwirken zu fördern, lassen sich dann geplante gemeinsame Angebote für die unterschiedlichen Zielgruppen entwickeln. Denn multikulturelles und/oder generationsübergreifendes Begegnen und Zusammenwirken entsteht in den seltensten Fällen von selbst. Hier sind kommunikatives Geschick und Aufmerksamkeit der Mitarbeiterinnen gefragt. Die verschiedenen Generationen sollten direkt angesprochen werden, das Ansprechen muß möglicherweise auch in verschiedenen Sprachen erfolgen. Dies bezieht sich sowohl auf die unterschiedlichen Generationen als auch auf die unterschiedlichen Kulturen. Es muß auch für die erforderlichen Freiräume für Begegnungen gesorgt werden. So sollte es in der Einrichtung Räume geben, die zwangloses, unverbindliches Begegnen ermöglichen und fördern. Das sind in vielen Häusern kleine Cafés, wo sich die Nutzerinnen der verschiedenen Angebote treffen und ins Gespräch kommen können. Da kommt die Seniorensportgruppe, um ihren Durst zu stillen, und trifft im Café auf die Mutter-Kind-Gruppe, die zum Abschluß ihres Treffens noch einen Kaffee trinken möchte, oder auf die Jugendlichen, die noch eine Cola trinken wollen bevor sie in den Jugendtreff gehen, der in einer halben Stunde öffnet... Zu einem wirklichen Begegnen wird dieses ‘Zusammentreffen’ jedoch erst, wenn sich unter den einzelnen Gruppen auch Gespräche, Kontakte und Austausch entwickeln. Will man diesen eher unverbindlichen Charakter der Begegnungen durchbrechen, braucht man ein konkretes Ziel oder Thema, das für alle Beteiligten von Interesse ist und das man gezielt verfolgen kann. Hier gibt es viele Möglichkeiten, die allerdings von den Interessen, Kenntnissen und Fähigkeiten der Einzelnen abhängig sind. So könnten sich, unabhängig von Alter und Nationalität, die Hobbyköchinnen zu einem Kochzirkel zusammenfinden. Oder es wird die Gründung einer Theatergruppe in Angriff genommen. Vielleicht gibt es gute Sängerinnen und Sänger, die sich zusammentun möchten. Möglicherweise besteht Interesse an einer Kabarettgruppe, an einem Selbstverteidigungskurs, an der Vorbereitung und Durchführung eines Kinderfestes, an Erzählcafés usw. Geeignet ist auch die Arbeit in Werkstätten, wobei nicht eine Altersgruppe, sondern ein

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Thema im Vordergrund steht, mit Angeboten in vielfältigen Bereichen wie Keramik, Foto, Fahrrad, Moped, Motorrad, Druckerei, Holz- oder Metallbearbeitung, Textilgestaltung, Malen und Zeichnen. Aufgabe der Mitarbeiterinnen ist es nicht nur, ein offenes Ohr für diese Wünsche zu haben und die Umsetzung der Ideen zu fördern und zu unterstützen, sondern gleichzeitig die Ziele der Einrichtung zu vertreten, die unter anderem darin bestehen, Gemeinschaft und Eigenverantwortung zu fördern. Die Raumvermietung an Fremdgruppen bietet weitere Möglichkeiten für die Förderung von Begegnungen. Hier kommen Menschen in die Einrichtung, die nicht zu den ständigen Nutzerinnen gehören, sondern in den vorhandenen Räumlichkeiten ihre eigenen Interessen umsetzen möchten. Dabei ergibt sich wiederum eine unverbindliche Begegnungsmöglichkeit mit den ‘regulären’ Besucherinnen des Hauses. Denn man trifft sich auf alle Fälle beim Betreten und Verlassen der Räume. Ob es sinnvoll ist, dieses punktuelle Begegnen weiter auszubauen, sollte von Fall zu Fall entschieden werden. Bei der Nutzung der Räumlichkeiten durch Fremdgruppen ist es wichtig, diese Gruppen zu kennen und zu wissen, daß deren inhaltliche Arbeit sich mit den Grundsätzen der eigenen Arbeit deckt. Keine Einrichtung ist zum Beispiel völlig vor rassistischen oder spiritistischen Gruppierungen geschützt, deren Haltung anderen Menschen gegenüber diesen Grundsätzen widerspricht. Mit Regeln wie grundsätzliches Werbeverbot und erhöhte Aufmerksamkeit der Mitarbeiterinnen kann der Mißbrauch der Einrichtung weitestgehend vermieden werden. Auch durch Angebote an wechselnden Orten werden Begegnungsmöglichkeiten gefördert.

Beispiel aus dem Bürgerladen e.V. in Halle: Die Mitarbeiterin des Leseclubs entwickelte die beliebte Angebotsreihe „Musikalischliterarische Wanderungen“. Bekannte Schauspielerinnen, Schriftstellerinnen, Sängerinnen, Komponistinnen usw. werden mit Informationen aus ihrem Leben und Ausschnitten aus ihrem künstlerischen Schaffen vorgestellt. Je nach Thema werden Filmausschnitte gezeigt, Musikbeispiele ausgewählt oder Auszüge aus Büchern vorgelesen. Da die Vorbereitung dieser Veranstaltungen sehr zeit- und arbeitsin-


tensiv ist (es muß jede Menge Material gesichtet, zusammengestellt und für die Präsentation aufgearbeitet werden), überlegte die Mitarbeiterin, wie sie die inzwischen recht umfangreich gewordene Sammlung weiter nutzen könnte. So entstand die Idee, dieses Angebot auch in anderen Einrichtungen der Stadt durchzuführen. Die Orte und Termine werden auch in der eigenen Einrichtung bekanntgegeben, so daß diejenigen, die das eine oder andere gern noch einmal sehen oder hören möchten, dies tun können. Gleichzeitig kommen so Menschen in Kontakt, die sich in ihren jeweiligen ‘Stammeinrichtungen’ nie begegnen würden. Informationsveranstaltungen und Feste eignen sich besonders für generationsübergreifende Aktivitäten. Informationsveranstaltungen werden meist für den Stadtteil und seine Bewohnerinnen wichtige und interessante Themen und Probleme behandeln, z.B. die geplante Sanierung von Wohnhäusern, die Schaffung von verkehrsberuhigten Zonen im Wohngebiet, die Neugestaltung der Grünanlagen, oder andere Themen von aktueller Bedeutung wie Informationen zum Mietrecht, zum Rentenrecht, zur Gesundheitsproblematik, um nur einige zu nennen.

Beispiel aus dem Stadtteilzentrum Messemagistrale in Leipzig: Hier findet regelmäßig einmal im Monat der ‘Bürgerstammtisch’ zu den unterschiedlichsten Themen statt. Dabei wird großer Wert darauf gelegt, die Interessen und Fragen der Bewohnerinnen des Stadtteils zu berücksichtigen. So gab es Fragen zur Qualität und zum

Preis des Trinkwassers. Dazu wurde jemand vom Wasserwerk eingeladen, der den Bürgerinnen Rede und Antwort stand. Oder es werden Vertreter des Amtes für Stadtplanung

gebeten, Auskunft zur Entwicklung des Wohngebietes zu geben. Aber auch Politiker der Stadt werden eingeladen, um sich den Fragen der Menschen zu stellen und sie bei der Lösung ihrer Probleme zu unterstützen. Weiterhin werden auch Informationsveranstaltungen zu Alltagsfragen wie gesunde Ernährung, Haustierpflege, Tips zur Wohnungsrenovierung, Leistungen der Krankenkassen usw. angeboten. Diese Veranstaltungen werden von verschiedenen Altersgruppen genutzt, so auch von Leuten, die sonst nicht regelmäßig ins Haus kommen. Stadtteil-, Wohngebiets-, Kinder-, Familien-, Sommerfeste usw. sind immer Höhepunkte für die Einrichtung und den Stadtteil. In vielen Häusern gibt es inzwischen traditionelle Feste

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zu verschiedenen Thematiken und Anlässen. Bei deren Vorbereitung und Durchführung sind nicht nur die haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen gefragt, sondern alle Nutzergruppen der Einrichtung können (und sollen) ihren Beitrag zum Gelingen leisten. Die Beteiligungsmöglichkeiten reichen dabei von handwerklichen Arbeiten beim Aufbau und Gestalten von Ständen, über die Aufführung von kleinen Programmen, die Präsentation und/oder den Verkauf von Keramik-, Seidenmal-, Bastel- und Handarbeiten aus den einzelnen Bereichen des Hauses, bis hin zur Sicherstellung der gastronomischen Versorgung oder dem Einwerben von Spenden. Bei Stadtteilfesten arbeiten alle interessierten Einrichtungen, Vereine, Institutionen usw. des Territoriums und nach Möglichkeit auch deren Nutzerinnen gemeinsam an der Vorbereitung und Durchführung. Dabei ist natürlich auch der organisatorische Aufwand höher. Die Aufgabenverteilung muß koordiniert und der Stand der Vorbereitungen regelmäßig überprüft werden, die Finanzierung muß sichergestellt, erforderliche Genehmigungen müssen eingeholt werden, die Öffentlichkeitsarbeit darf nicht vergessen werden usw.

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Die Bedeutung von multikulturellen Begegnungen ist natürlich in Stadtteilen/Orten besonders groß, in denen viele Menschen mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen leben. Dabei gilt wie bei der generationsübergreifenden Arbeit: Ohne ein spezielles Thema, Ziel oder Interesse funktioniert multikulturelles Begegnen nicht. Es gilt u.a. auch Begegnungsmöglichkeiten für die Menschen einer Kultur zu schaffen z.B. durch spezifische Angebote für Frauen, Mädchen, Familien usw., aus denen heraus dann multikulturelles Begegnen mit bestimmten Zielstellungen entwickelt werden kann. Ziele können z.B. sein: Angebote für bestimmte Interessengruppen wie Näh-, Schneider- oder Handarbeitskurse für Frauen und/oder Mädchen, gemeinsame Betätigung in verschiedenen Werkstattbereichen (Holz, Fahrrad, Keramik, Medien) oder die gemeinsame Vorbereitung und Durchführung von kulturellen Veranstaltungen zum gegenseitigen Kennenlernen oder von Stadtteilfesten.

dann immer ein ganzer Tag unter einem nationalen Thema. Es gab bereits einen AfrikaTag, einen Osteuropa-Tag, einen LapplandTag, einen Lateinamerika-Tag. Auch sportliche Wettkämpfe stehen auf dem Programm. So spielen Mannschaften verschiedener Länder oder gemischte Mannschaften gegeneinander Fußball oder Volleyball. Immer mit von der Partie sind natürlich auch die jugendlichen und erwachsenen Nutzerinnen der Einrichtung.

Beispiel aus dem Bürgerladen e.V. in Halle: Auf dem Gelände des Frauen- und Kommunikationszentrums, in dem auch der Bürgerladen beheimatet ist, findet jährlich das Multikulturelle Sommerfest statt. Veranstalter sind die fünf im Haus ansässigen Vereine. Der Tag

Beispiel aus dem Stadtteilzentrum Messemagistrale Leipzig: Im Umfeld der Einrichtung leben viele Menschen unterschiedlicher Nationalitäten und demzufolge gibt es eine ganze Reihe kultureller Organisationen. Das Stadtteilzentrum stellt Räume für Zusammenkünfte der jeweiligen Organisationen zur Verfügung. Gleichzeitig wird großer Wert auf das gegenseitige Kennenlernen sowohl der Organisationen untereinander als auch mit den deutschen Stadtteilbewohnerinnen gelegt. Um ein gutes Zusammenleben zu fördern, finden mehrmals

jährlich Veranstaltungen statt, bei denen sich eine oder mehrere Nationalitäten mit ihren Sitten und Bräuchen, Musik und Tänzen, Kleidung und Essen vorstellen können. So kommen alle ins Gespräch und lernen sich gegenseitig kennen und verstehen. Es steht

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beginnt mit einem politischen Frühschoppen, bei dem zu aktuellen Themen diskutiert wird. Dieses Jahr war es die Einführung des Euro. Es treten Kulturgruppen aller in der Stadt vertretenen Nationalitäten mit Musik und Tanz auf. Eine internationale Modenschau stand diesmal auch auf dem Programm. Es gibt Sport-, Spiel- und Bastelangebote für Kinder. Auch Kostproben aus der internationalen Küche (arabisch, vietnamesisch, russisch, deutsch) gehören dazu, die von den Vertreterinnen der einzelnen Länder vorbereitet und angeboten werden. Die Vereinigung der Binationalen Familien organisierte eine Tombola. Und verschiedene Organisationen wie der Eine-Welt-Laden, das Eine-Welt-Haus oder das DRK nutzten die Möglichkeit, um ihre Arbeit vorzustellen.

Was braucht es? Fachkompetentes Personal ist eine Grundvoraussetzung für generationsübergreifende Ar-


beit. Da es um Menschen aus allen Altersgruppen und nicht nur um bestimmte Zielgruppen geht, müssen die betreffenden Mitarbeiterinnen auch den Zugang zu den verschiedenen Generationen finden. So wird es sicher eine Umstellung sein für jemanden, der bisher ausschließlich in der Kinder- und Jugendarbeit tätig war und sich nun darüber hinaus auch an jüngere und ältere Erwachsene und Seniorinnen wenden möchte oder soll. Hilfreich ist dabei auch der Blick über den Tellerrand, um von den Erfahrungen anderer zu lernen, neue Ideen in die Arbeit einfließen zu lassen, deren Qualität zu verbessern und die eigene Tätigkeit zu reflektieren. Das schließt auch die Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit allen Bereichen der eigenen Einrichtung aber auch mit anderen Vereinen, Projekten und Institutionen ein. Stadtteile/Orte sind keine statischen Gebilde. Die kulturellen und altersmäßigen Strukturen der Bevölkerung werden sich im Laufe der Jahre verändern und damit auch die Interessen und Bedürfnisse der Menschen. Diese Veränderungen zu erkennen und entsprechend darauf zu reagieren, erfordert Flexibilität in Bezug auf die Arbeitsansätze der Mitarbeiterinnen, die Angebotsstruktur und die konzeptionelle Weiterentwicklung der Einrichtung. Für die multikulturelle Arbeit benötigt man sowohl fach-, als auch kultur- und sprachkompetentes Personal mit reichlich Phantasie und Toleranz. Neugier auf andere Kulturen und die Aneignung guter Kenntnisse zu den kulturellen Hintergründen der ausländischen Mitbürgerinnen sind eine wesentliche Voraussetzung für erfolgreiches Handeln. Ein hohes Maß an Tole-

ranz ist erforderlich, um im Umgang mit anderen Kulturen Dinge und Erscheinungen zu akzeptieren, die auf den ersten Blick ungewöhnlich sind. Hat man sich z.B. mit dem unterschiedlichen Rollenverständnis von Männern/Jungen und

Frauen/Mädchen aus dem islamischen Kulturkreis beschäftigt, ist klar, daß Angebote für diese Zielgruppen diesem Rollenverständnis entsprechen müssen, wenn man sich nicht selbst einen Mißerfolg organisieren will. Auch Kenntnisse in der jeweiligen Sprache bzw. die Einstellung von Mitarbeiterinnen der entsprechenden Nationalität sind ebenfalls erforderlich, da nicht alle Menschen, besonders die, die man erreichen möchte, die deutsche Sprache ausreichend beherrschen. Es ist leichter, mit ihnen in Kontakt zu kommen, wenn man entsprechende Sprachkenntnisse hat. Das gilt erst recht für die Unterstützung und Beratung von ausländischen Mitbürgerinnen in Problemsituationen.

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Die Berücksichtigung kultureller Werte und Normen ist eine wichtige Grundlage und Voraussetzung für erfolgreiche multikulturelle Arbeit. Dann muß eben auch mal ein männerfreier (oder auch ein frauenfreier) Raum geschaffen werden, wenn z.B. erreicht werden soll, daß türkische oder arabische Frauen und Mädchen bestimmte Angebote annehmen (dürfen). Im Vergleich zu den westlichen Bundesländern spielt in den östlichen Bundesländern die Thematik der islamischen Kultur eher eine untergeordnete Rolle. Hier stehen vor allem Aussiedlerinnen aus den GUS-Staaten, Vietnamesinnen und Kriegsflüchtinge aus der Balkan-Region im Blickpunkt.

Beispiel aus dem Bürgerladen e.V. in Halle: Unter dem Motto „Reden und besser verstehen“ wurde das Projekt MITEINANDER ins Leben gerufen. Das Projekt will die Intergration von Aussiedlerfamilien, Flüchtlingen, ausländischen und binationalen Partnerschaften unterstützen. Ansatzpunkte sind die Beratung von Aussiedlerfamilien und Flüchtlingen, der Kontakt zum Verband binationaler Partnerschaften, individuelle Hilfen, die Durchführung von gemeinsamen Veranstaltungen, die Zusammenarbeit mit Ämtern der Stadt Halle, Leitungen der verschiedenen Heime, sowie mit Verbänden, Vereinen und Institutionen. In diesem Projekt arbeiten eine deutsche Kollegin und eine Aussiedlerin gemeinsam an der Lösung der verschiedenen Probleme. Dabei geht es z.B. um das richtige Ausfüllen der verschiedensten Anträge, um Hilfestellung bei der Arbeits- und Lehrstellensuche, um Bera-

Qualitätsmerkmale sozial-kultureller Arbeit


tung in individuellen Problemsituationen, um das Erlernen der deutschen Sprache bzw. die Verbesserung der Sprachkenntnisse oder um die Begleitung bei Behördenangelegenheiten, bei denen Unterstützung oder Dolmetschleistungen notwendig sind.

wird dabei geholfen, ihre eigenen Fähigkeiten (wieder)zuentdecken und so zu vertiefen oder weiterzuentwickeln, daß sie in die Lage versetzt werden, ihre Probleme zu erkennen und aktiv an deren Lösung zu arbeiten.

Wie geht das? Wie kann es überprüft werden?

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Die Überprüfung der Qualität von multikultureller und generationsübergreifender Arbeit erfolgt durch die Dokumentation der spezifischen Angebote, d.h. die Darstellung der Vielfalt der Angebote. Gleichzeitig werden dabei Fragen überprüft, wie: Haben die Angebote noch oder überhaupt einen Bezug zum Haus bzw. zu dessen Aufgabenstellung? Welche Ziele und welche Zielgruppen sind erreicht worden? Damit einhergehend sollte ein Abgleich mit der Gesamtkonzeption stattfinden. Regelmäßige Gespräche und aufmerksames Zuhören während der einzelnen Angebote können zur Überprüfung der Akzeptanz der Teilnehmerinnen genutzt werden. Dazu zählt auch die regelmäßige Auswertung gemeinsamer Aktionen sowohl mit den Mitarbeiterinnen als auch mit interessierten Beteiligten. Eine wichtige Rolle spielt dabei auch die Auswertung von Pressemitteilungen.

Meist wird man als Mitarbeiterin oder Mitarbeiter einer sozial-kulturellen Einrichtung während einer Unterhaltung, bei gemeinsamen Tätigkeiten, bei Wanderungen usw., also bei ganz ‘normalen’ Angeboten, mit individuellen Problemlagen einzelner Besucherinnen und Besucher konfrontiert. Das können z.B. finanzielle oder gesundheitliche Probleme, Erziehungsfragen, Auseinandersetzungen mit dem Vermieter, Unzufriedenheit mit einer bestimmten Situation im Stadtteil sein. Die Herangehensweise der sozial-kulturellen Arbeit bei der Lösung solcher Probleme ist, die-

Was bringt es? Auf diese Weise entsteht ein Ort der Begegnung für alle Altersgruppen und Nationalitäten im Stadtteil/Ort und es wird ein aktiver Beitrag zum Verständnis und zu sozialem Miteinander geleistet. Vorurteile werden abgebaut. Sich von ‘liebgewordenen’ Abgrenzungen zu trennen und sich selbst als Teil eines größeren Zusammenhangs zu begreifen, kann manchmal ein schmerzlicher Prozeß sein. Aber nur so kann Ignoranz abgebaut werden und Verantwortlichkeit und Toleranz wachsen.

Hilfe zur Selbsthilfe Was ist das? Im Vordergrund der Arbeit steht, Menschen dabei zu unterstützen, ihre Fragen und Probleme aus eigener Kraft bzw. in einer Gruppe Gleichgesinnter zu lösen. Das heißt, den Menschen

Qualitätsmerkmale sozial-kultureller Arbeit

sen Menschen entsprechende Kenntnisse zu vermitteln, Handlungsstrategien zu trainieren und sie damit in die Lage zu versetzen, Antworten auf ihre Fragen oder Lösungen für ihre Probleme selbst zu finden. Dies läßt sich für betroffene Einzelpersonen und auch für Gruppen anwenden. Ein Grundsatz dabei ist, daß nicht ich als Mitarbeiterin oder Mitarbeiter das Problem für eine Hilfesuchende oder einen Hilfesuchenden löse, sondern daß ich sie dabei unterstütze und dazu befähige, es selbst zu tun. Ich fülle also nicht mal eben den Wohngeldantrag aus (weil es schneller geht, wenn ich es selbst mache), sondern ich nehme mir Zeit für Erklärungen und passive Hilfeleistungen. So kann erreicht werden, daß ein Lernprozeß einsetzt, von dem diese Person profitieren kann und dessen Ergebnisse auch weiterhin angewendet werden


können. Durch die Stärkung der Eigenverantwortung und der Kompetenzen der Menschen entsteht kein Abhängigkeitsverhältnis zwischen dem/der Hilfesuchenden und der Helferin/dem Helfer. Insbesondere wenn eine größere Personengruppe betroffen ist, sind Informationsrunden geeignet, um den Sachverhalt zu beleuchten, die Ursachen zu analysieren und Lösungswege aufzuzeigen. Je nach Problemlage bietet sich die Initiierung von Selbsthilfegruppen oder Bürgerinitiativen an. Das heißt jedoch nicht, daß diese Gruppen auch ständig von hauptamtlichen Mitarbeiterinnen geleitet werden müssen. Nach einer Anfangsphase, in der professionelle Unterstützung und Begleitung dazu führen sollten, die Mitglieder der Gruppe zu befähigen, diese selbst zu organisieren und zu leiten, tritt die professionelle Leitung in den Hintergrund. Bestehen bleibt dabei das Angebot der Beratung von Interessierten und Gruppen zu spezifischen Themen. Mitarbeiterinnen der Einrichtung mit entsprechenden Kenntnissen unterstützen Einzelpersonen, Selbsthilfegruppen, Bürgerinitiativen, wenn es um Fragen der Organisation geht, oder wenn Krisenintervention oder Mediation erforderlich sind. Da nicht alle Fragen oder Probleme mit Unterstützung der Mitarbeiterinnen gelöst werden können, ist die Kooperation mit Fachleuten der verschiedensten Bereiche besonders wichtig. Viele Einrichtungen haben im Laufe der Zeit Karteien entwickelt mit Ansprechpartnern anderer Träger und Institutionen, die

sich auf bestimmte Fachgebiete spezialisiert haben. Dorthin können Hilfesuchende dann vermittelt werden. Es ist empfehlenswert, die einzelnen Schritte der Bearbeitung der verschiedenen Problemlagen festzuhalten, damit diese später in ähnlichen Situationen wieder verwendet werden oder als ‘Nachschlagewerk’ für Selbsthilfegruppen dienen können. Ebenso hilfreich ist es, eine Übersicht über bestehende Selbsthilfegruppen der verschiedenen Bereiche zu haben, damit Hilfesuchende an diese vermittelt werden können. Es muß ja nicht für jede/jeden, der auf der Suche nach einer solchen Gruppe ist, eine neue eingerichtet werden.

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Im Rahmen von Hilfe zur Selbsthilfe wird sicher jede Einrichtung ihre Räume und Infrastruktur zur Verfügung stellen für Bürgerinitiativen und Vereine. Das heißt, mit der Nutzung der Räume ist auch die Nutzung der vorhandenen technischen und organisatorischen Ressourcen (Telefon, Computer, Kopierer usw.) verbunden. Solche Angebote werden auch von den verschiedensten Selbsthilfegruppen angenommen, die oft nur von Zeit zu Zeit einen Raum für ihre Treffen und Veranstaltungen benötigen. Durch entsprechende Öffentlichkeitsarbeit können Selbsthilfeangebote für Gruppen oder Einzelpersonen bekanntgemacht werden oder weitere Mitglieder für eine Gruppe gesucht werden. Es werden die Möglichkeiten und Erfolge von Selbsthilfegruppen dargestellt, einem breiteren Personenkreis nahegebracht und vielleicht wird deren Interesse geweckt.

Was braucht es? Für die Arbeit mit Selbsthilfegruppen und Einzelpersonen müssen eigene Räume vorhanden sein, die man diesem Personenkreis zur Nutzung anbieten kann. Das bedeutet natürlich nicht, daß diese Räume ausschließlich für Selbsthilfearbeit genutzt werden müssen und daß dort keine anderen Aktivitäten stattfinden dürfen. Die Raumvergabe muß aber entsprechend koordiniert werden. Den Selbsthilfegruppen kann z.B. eine vorrangiges Nutzungsrecht eingeräumt werden. Eine verbindliche und entscheidungsbefugte Koordinationsstelle für die Selbsthilfearbeit sollte selbstverständlich sein. Die Gruppen und Personen brauchen eine feste Kontaktperson, an die sie sich mit ihren Fragen wenden können. Dabei kann es z.B. einfach nur darum gehen, welcher Raum genutzt wird. Oder es

Qualitätsmerkmale sozial-kultureller Arbeit


werden bestimmte Materialien oder Geräte benötigt, die im Haus vorhanden sind, aber herausgegeben werden müssen. Oder es geht darum, kompetente Referentinnen zu einem bestimmten Thema zu finden. Oder jemand befindet sich in einer akuten Krise, die professionelles Eingreifen notwendig macht...

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Persönliche Befindlichenkeiten und Problemlagen der Menschen in den verschiedenen Bereichen der individuellen und sozialen Selbsthilfe erfordern kommunikative Fähigkeiten und Akzeptanz im Umgang mit unterschiedlichen Gruppen sowie gute Kenntnisse auf dem Gebiet professioneller Verfahren in Interaktion, Beratung und Krisenintervention. Je nach Inhalt, Zusammensetzung und Zielstellung der Gruppen ist eine unterschiedliche Herangehensweise notwendig. Es gibt Gruppen, die vorwiegend nach innen gerichtet und klein sind und deren Ziel neben der praktischen Hilfe ein veränderter Umgang mit einem Problem (z.B. chronische Krankheiten, Konflikte in der Partnerschaft usw.) ist. Es gibt Gruppen, die sowohl nach innen (zur Bewältigung eigener Problemlagen), aber auch stark nach außen wirken (z.B. zum Thema Alkohol), und die auch auf individuelle Problemlagen von Betroffenen orientiert sind. Manchmal sind sie auch als Vereine organisiert. Und es gibt Gruppen, die vorwiegend sozialpolitisch orientiert sind, und in denen sich Menschen durch aus Selbstbetroffenheit oder Solidarität entstandenem Interesse für die Verbesserung sozialer oder gesundheitlicher Situationen einsetzen. Diese Gruppen sind eher außenorientiert und zielen mehr auf das soziale Umfeld als auf Individuen (z.B. Bürgerinitiativen).

denen ihre Treffen stattfinden oder bei denen sie angebunden sind, zufrieden sind, kann man z.B. bei Auswertungstagen mit Vertreterinnen und Vertretern der Selbsthilfegruppen erfahren. Die Dokumention der Vermietungen gibt Aufschluß über die Akzeptanz der räumlichen, technischen und organisatorischen Bedingungen durch die Gruppen.

Was bringt es? Durch die Förderung und Unterstützung von individueller und sozialer Selbsthilfe wird die Stärkung und Erweiterung von Eigenverantwortung und Kompetenz der Menschen erreicht. Damit einher geht der Abbau von Abhängigkeiten der Betroffenen oder Hilfesuchenden, wenn sie lernen und dabei unterstützt werden, die Lösung ihrer Fragen oder Probleme selbst in die Hand zu nehmen.

Vernetzung im Stadtteil Gemeinwesen-Entwicklung Was ist das? Vernetzung im Stadtteil und GemeinwesenEntwicklung beinhalten die zielgerichtete Einbeziehung aller im Stadtteil vorhandenen „Einheiten“, wie soziale und kulturelle Einrichtungen, Vereine, Initiativen, Verwaltung, Politik und Wirtschaft, um unter Einbeziehung der Anwohnerinnen einen Beitrag zur Lösung der anstehenden Probleme im lokalen Wohnumfeld zu leisten.

Wie geht das? Manche Gruppen brauchen mehr Unterstützung, manche weniger. Manche brauchen für eine gewisse Zeit professionelle Hilfe im Gruppenfindungsprozeß, bei der Übernahme von Verantwortung innerhalb der Gruppe oder bei organisatorischen Fragen. Und andere brauchen oder wollen keine Hilfe von außen. Das zu erkennen, erfordert auch große Sensibilität.

Wie kann es überprüft werden? Ob die Mitglieder der Selbsthilfegruppen mit ihrer eigenen Arbeit und der Zusammenarbeit mit den Mitarbeiterinnen der Einrichtung, in

Qualitätsmerkmale sozial-kultureller Arbeit

Eine Möglichkeit, die Vielzahl und Vielfalt der in einem Stadtteil/Ort vorhandenen Träger, Einrichtungen und Institutionen zu organisieren und zu institutionalisieren, ist der Zusammenschluß zu gemeinsamen Gremien. Das können Nachbarschaftskonferenzen, Arbeitskreise, Ausschüsse, Informationsgespräche oder informelle Treffen sein. Der informellen Vernetzung können z.B. Informationsgespräche oder informelle Treffen dienen. Um z.B. die verschiedenen informellen Gruppen oder Szenen anzusprechen, kann man sie an ihren Treffpunkten aufsuchen und die Gelegenheit zu Gesprächen nutzen.


Gremien wie Nachbarschaftskonferenzen, Arbeitskreise oder Ausschüsse sollten, je nach Aufgabe, auf eine länger- oder kürzerfristige Dauer und die Teilnahme eines festen Personenkreises angelegt sein. Das ist die Grundlage für die Schaffung eines Kreises von Personen, die sich kennen(lernen), voneinander wissen, was sie tun, und miteinander umgehen können. Die Gründung eines solchen Gremiums basiert häufig auf der Erkenntnis, daß einzelne Personen, Gruppen oder Einrichtungen den Aufgaben und Anforderungen in ihrer Arbeit oder in ihrem Stadtteil/Ort nicht entsprechend begegnen können. Durch isoliertes Handeln entstehen Doppelungen von Angeboten oder Termine werden doppelt belegt, was letztendlich zur ineffektiven Nutzung der vorhandenen Ressourcen führt. Dies läßt sich durch die Abstimmung und Bündelung von Maßnahmen und Angeboten vermeiden. Die Arbeit in Gremien, die von den verschiedenen „Einheiten“ im Stadtteil gebildet werden, dient dazu, aktuelle Informationen über Stadtteilereignisse zu sammeln, auszutauschen und zu analysieren, Problemlagen zu erkennen und entsprechende gemeinsame Handlungsstrategien zu entwickeln und in die Praxis umzusetzen. Hier kann z.B. die Frage nach der Übernahme der gemeinsamen Trägerschaft zweier oder mehrerer Vereine/Institutionen für ein Angebot oder eine Dienstleistung eine Rolle spielen. Andere Gremien werden zum Erfahrungsaustausch zu bestimmten Themen und Arbeitsschwerpunkten, zur Entwicklung von Qualitätsstandards oder zur Fortbildung genutzt. Wieder andere beschäftigen sich mit der Vorbereitung und Durchführung von öffentlichkeitswirksamen Aktivitäten wie Stadtteil- und Straßenfesten oder Aktionstagen. Allerdings ist die Teilnahme an solchen Gremien noch nicht mit Vernetzung gleichzusetzen. Eine Voraussetzung für Vernetzungsarbeit ist die Einsicht in die Notwendigkeit der Kooperation, der Bündelung von vorhandenen und der Erschließung von neuen Ressourcen. Das beinhaltet auch die gemeinsame Nutzung dieser Ressourcen. Dies kann eine wichtiger Beitrag zur Verbesserung der täglichen Arbeit sein. Es werden Dinge möglich, die sonst z.B. nicht oder nur mit hohem finanziellen, organisatorischen oder personellen Aufwand durchgeführt werden können. Wünschen sich z.B. die jugendlichen Nutzerinnen der Einrichtung ein Video-Projekt, so muß die erforderliche Technik nicht extra ange-

schafft werden, wenn sie beim ‘Nachbarn’ ausgeliehen werden kann. Und möglicherweise kann man sich den Video-Experten gleich mit ‘ausleihen’. Im Gegenzug kann die eigene Einrichtung vielleicht bei der Gestaltung eines neuen Faltblattes für das Partner-Projekt behilflich sein, das nicht über einen geeigneten Computer verfügt. Für die Bündelung und gemeinsame Nutzung der im Stadtteil/Ort vorhandenen Ressourcen gibt es eine Vielzahl von weiteren Beispielen. Angefangen von der gegenseitigen Nutzung der Möglichkeiten in den jeweiligen Einrichtungen wie spezielle Werkstätten und damit verbundene Technik (Keramik/Brennofen, Video/Schnittanlage, Öffentlichkeitsarbeit/Computer...) über die gemeinsame Organisation und Durchführung von Ferienfreizeiten, Wochenendcamps oder Stadtteilfesten bis zur Nutzung von Angeboten in anderen Einrichtungen, welche von der Besucherinnen des eigenen Hauses gewünscht, aber aus verschiedenen Gründen dort nicht organisiert werden können. Allerdings ist das eher ein Idealzustand, denn in der Praxis spielen Konkurrenzen trotz aller Vernetzungsstrukturen und -gremien eine nicht zu unterschätzende Rolle.

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Vernetzung bedeutet aber nicht nur Verbündete in ‘guten Zeiten’, sondern auch Partner in Krisensituationen zu haben oder zu finden. Vernetzungsgremien können dabei auch für kollegiale Beratung oder zur Entwicklung von Problemlösungsstrategien genutzt werden.

Beispiel aus dem Stadtteilzentrum Messemagistrale in Leipzig: Im Bereich der offenen Jugendarbeit wurde in einer Reihe von Leipziger Einrichtungen festgestellt, daß rechtsorientierte Jugendgruppen teilweise erfolgreich versuchten, sogenannte ‘befreite Zonen’ zu schaffen, das heißt, sie okkupierten die Jugendklubs und verdrängten andere Gruppen völlig. Die Mitarbeiterinnen des Stadtteilzentrums, die bis dahin diese Probleme nicht kannten, suchten Kontakt zu Jugendarbeiterinnen anderer Einrichtungen, um gemeinsam Maßnahmen und Strategien zu erarbeiten, um solche Erscheinungen im eigenen und in anderen noch nicht betroffenen Häusern vorzubeugen bzw. Gegenmaßnahmen für bereits betroffene Einrichtungen zu ergreifen. Daraus entwickelte sich ein Arbeitskreis, der sich regelmäßig trifft und sich gezielt mit dieser Problematik in Form von Erfahrungsaustausch, speziellen Fortbildungsveranstaltungen und Strategiedebatten auseinandersetzt.

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Ähnlich problematisch für die betroffenen Häuser ist es, wenn Jugendgruppen, die über eine erstaunliche Mobilität verfügen, von Einrichtung zu Einrichtung ziehen und eine nach der anderen ‘aufmischen’. Dadurch kommt es nicht nur zu einer Verunsicherung oder Vertreibung der Jugendlichen, die hier ihre Freizeit verbringen, sondern auch zur Verunsicherung der anderen Nutzergruppen des Hauses. Dabei kommt es auch zur Bedrohung von oder Gewaltanwendung gegen Personen oder Sachen. Auch hier gilt es, daß sich die Mitarbeiterinnen, aber auch die Nutzerinnen der betroffenen Einrichtungen zusammenschließen, um gemeinsam eine Lösung zu finden und zielgerichtet gegen solche Tendenzen vorzugehen. Es kann aber auch das Gegenteil der Fall sein: Wird z.B. festgestellt, daß die gleichen Seniorinnengruppen sich in verschiedenen Einrichtungen die ‘Rosinen aus dem Kuchen picken’, sollte zur Vermeidung von Überbetreuung und zur Konzentration von Ressourcen eine Arbeitsteilung vereinbart werden. Das bedeutet idealerweise, daß eine Einrichtung zugunsten einer anderen die Angebote für Seniorinnen einstellt oder auf spezielle Angebote reduziert, die von anderen nicht abgedeckt werden. Die so freigesetzten Ressourcen können dann für andere oder neue Arbeitsschwerpunkte eingesetzt werden. Die verschiedenen Gremien der Vernetzungsarbeit sind auch von großer Bedeutung für Fragen der Gemeinwesen-Entwicklung. So bilden Nachbarschafts- oder Stadtteilkonferenzen eine geeignete Plattform für die Beteiligung der Stadtteilbewohnerinnen bei der Lösung von konkreten, stadtteilbezogenen Problemen oder

zend einbringen, z.B. indem sie die Räume und die Infrastruktur ihrer Einrichtungen oder entsprechende Informationen zur Verfügung stellen oder indem sie gemeinsam Strategien entwickeln und Vorgehensweisen trainieren. Bei der praktischen Umsetzung liegen Federführung und Verantwortung bei den Bewohnerinnen. Sie entscheiden auch, welche Form ihr Gremium haben soll. Diese ist sicher abhängig vom Arbeitsinhalt und von der voraussichtlichen Dauer. Es kann beispielsweise ausreichend sein, daß sich betroffene und interessierte Stadtteilbewohnerinnen zu einer Bürgerinitiative zusammenschließen, es kann aber auch erforderlich oder gewünscht werden, einen Bürgerverein zu gründen, um als juristische Person einen entsprechenden Handlungsspielraum zu haben. Für die Arbeit in den verschiedenen Gremien mit Vernetzungscharakter beschreibt Heinz Altena 14 Funktionen: „Die folgende Beschreibung der einzelnen Positionen hat ausschließlich erläuternden Charakter. Jede Einrichtung und jede/r potentielle Teilnehmer/in muß für sich eine Wertanalyse vornehmen. Erst danach kann er/sie/es entscheiden, welche Funktionen für die Arbeit sinnvoll sind. Nur ein bewußtes und gewolltes Einlassen kann zu einer fruchtbaren Vernetzung führen. Ein bloßes ‘Schau’n wir mal’ ist eher destruktiv und auf Dauer schädlich. 1. Kennenlernen: Das Miteinanderbekanntmachen ist ausgesprochen nützlich. Es hilft, Schranken zwischen Institutionen, Gruppen und Personen abzubauen und damit die häufig vorhandenen Ängste und Vorurteile zu revidieren (oder zu bestärken). 2. Kommunikation: Im Gespräch werden Meinungen und Haltungen ausgetauscht. Positionen werden profilierter und verständlicher. Lob und Tadel braucht nicht aufgestaut, sondern kann zielgerichtet an die Frau oder an den Mann gebracht werden. 3. Kontaktaufnahme: Eine ’Face to Face’-Situation ermöglicht einen relativ problemlosen Erstkontakt. Gerade für eine horizontale Ausrichtung der Vernetzungsarbeit ist eine niederschwellige Kontaktfindung angezeigt.

der Umsetzung von anstehenden Veränderungen im Wohnumfeld. Im Vordergrund stehen dabei die Interessen, Wünsche und Probleme der Bewohnerinnen. Die Mitarbeiterinnen der Einrichtungen können bei Bedarf ihre professionellen Fähigkeiten und Erfahrungen unterstüt-

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4. Koordination: Einzelne Aktivitäten und ganze Arbeitsbereiche können aufeinander abgestellt werden. Damit lassen sich personelle und sächliche Ressourcen bündeln und zielgerichteter einsetzen.


5. Kooperation: In vielen Fällen wird es sich als nützlich erweisen, gemeinsam bestimmte Anliegen vorzubringen oder konkrete Aufgaben zusammen mit anderen zu erledigen. Dies kann zwischen Institutionen oder Personen zu spontanen oder längerfristigen Verbindungen führen. Funktionierende Koordinations- und Kooperationsstrukturen helfen wiederum, andere und anderes exakter wahrzunehmen und konstruktiv miteinander umzugehen. 6. Konkretion: Koordinations- und Kooperationsstrukturen lassen sich leichter aufbauen und festigen, wenn die Erfahrung konkreter Gemeinsamkeit gemacht wurde. Es sind nicht die großen Entwürfe, die vertrauensbildend wirken, sondern die kleinen Schritte und erlebbaren konkreten Projekte. 7. Konkurrenzabbau: Institutionen und dort beschäftigte oder engagierte Mitarbeiter/innen stehen ständig unter ungeheurem Anforderungs- und Legitimationsdruck. Konkurrenzen sind im lokalen Bereich unvermeidlich und in vieler Hinsicht durchaus zuträglich. Um aber die negativsten Auswüchse solcher Konkurrenzsituationen, wie Neid, Mißgunst oder gar Denunziationen, zu vermeiden, brauchen die Menschen einen relativen ’Schonraum’ zur Austragung ihrer Ansprüche und Ängste. 8. Konsensbildung: Stadtteilkonferenzen bieten die Möglichkeit, widersprüchliche, sich ergänzende oder übereinstimmende Ansichten offenzulegen und wenn nötig oder sinnvoll einem Minimalkonsens zuzuführen. 9. Konfliktaustragung: In allen Institutionen, ob Familie oder Nachbarschaft, Schule oder Kirche, Stadt oder Land, sind Konflikte an der Tagesordnung. Sie abzuschaffen oder zu ignorieren, wäre ein wenig hilfreiches Unterfangen. Was gelingen kann und sollte ist allerdings, das Niveau des Konfliktaustauschs erträglich zu gestalten. Dazu braucht es Formen und Räume. Die Institution ’Stadtteilkonferenz’ ist ein Ort, erträgliche Form zu üben. 10. Kräftebündelung: Ob Konsens oder Konflikt - manchmal ist die Bündelung aller stadtteilrelevanten Kräfte unverzichtbar. Es bestehen häufig genug manifeste oder latente Bedrohungen, die nur gemeinsam zu meistern sind. 11. Konzeptdiskussion: Stadtteilmanagement sollte nachvollziehbar sein. Ob große oder großartige Gesamtanalysen und -konzepte oder kleine, bescheidene Zielgruppenarbeit - notwendig und sinnvoll scheint ein reflektiertes

Planen und Vorgehen. Eine Diskussion alter und neuer Maßnahmen und Überlegungen ist häufig Garant für ein erfolgreiches Unterfangen. Möglichen Enttäuschungen kann somit vorsorglich begegnet werden. 12. Kontrolle: Eine wenig geliebte Maßnahme, sowohl bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern als auch bei sozialen Dienstleistungen insgesamt. Kontrolle wird häufig gleichgesetzt mit Schnüffelei, Maßregelung und Kompetenzbeschneidung. Kontrolle, positiv angewendet, kann auch eine unterstützende und bestärkende Wirkung haben. Hinweise, auch kritische, aus dem Kreis der Stadtteilkonferenz dienen letztlich zur Überprüfung professionellen Handelns.

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13. Kollegiale Beratung: Die dezentrale Arbeitsweise verschiedener Dienste führt zu einer Lösung von ihren ’Mutterhäusern’. Es fehlen damit die Nestwärme und der alltägliche Austausch. Die Anforderungen vor Ort sind in der Regel größer. Um so mehr ist ein kollegiales Feedback erforderlich. 14. Klatsch und Tratsch: Trotz aller Wichtigkeit und Ernsthaftigkeit, mit der die Menschen bei der Sache sind, darf die Entlastungsfunktion derartiger Treffen nicht unterbewertet werden. Dem Arbeitsalltag enthoben, kann sich ein Klima (häufig in Pausen und am Ende der Veranstaltung) entwickeln, das einen Austausch von amüsanten, intimen und skandalösen Geschichten begünstigt.“ (Formen und Funktionen sozialräumlicher Vernetzung, in: QS 10)

Was braucht es? Eine erfolgreiche und effektive Vernetzung im Stadtteil/Ort setzt voraus, daß die Notwendigkeit zur Vernetzung erkannt wird und daß sie gewollt ist. Die Verbindlichkeit der Teilnahme an entsprechenden Gremien ist selbstverständlich. Wer als Vertreterin einer Einrichtung in einem Gremium mitarbeitet, muß klare Trägerstandpunkte vertreten können, das beinhaltet, daß diese Person/en die Standpunkte des Trägers kennen müssen und von diesem autorisiert sein müssen, Entscheidungen in seinem Sinne mitzutragen. Das bedeutet wiederum, daß funktionierende Informationsnetze bestehen, denn die Informationen müssen in mehrere Richtungen fließen: zwischen dem Träger und seiner Vertreterin (und zurück), aber auch zwischen den verschiedenen im Gremium vertretenen „Einheiten“. Es werden verbindliche For-

Qualitätsmerkmale sozial-kultureller Arbeit


men und Wege festgelegt, um Informationen zu sammeln, festzuhalten, aufzubereiten, zu verteilen und gegebenenfalls zu veröffentlichen, damit die Arbeit nachvollziehbar und kontrollierbar sein kann. So werden Transparenz und Kontrollarbeit als wichtige Bestandteile von Vernetzungsarbeit garantiert.

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Voraussetzungen für eine erfolgreiche Arbeit sind auch die Kenntnis der verschiedenen „Einheiten“, die im Stadtteil und im Gremium vertretenen sind, und die Akzeptanz durch diese „Einheiten“. Wenn man voneinander weiß, was man tut und welche Ziele man verfolgt, kann man auch gemeinsame Ziele und Strategien festlegen und verfolgen. Das gilt auch für die gegenseitige Akzeptanz. Wer offen und ehrlich über seine Arbeit und seine Vorhaben berichtet, erfährt auch die entsprechende Anerkennung der Gesprächspartnerinnen. Wer ‘mauert’ oder Ideen ‘klaut’ oder die Teilnahme als ‘Einbahnstraße’ betrachtet, gerät schnell in Bedrängnis und wird möglicherweise vom Informationsfluß ausgeschlossen oder ganz aus dem Gremium gedrängt. Es bedarf guter Kommunikationsfähigkeiten und Sensibilität in Bezug auf unausgesprochene Stellungnahmen (ablehnende Haltungen, Abgrenzung), sowohl um die eigenen Meinungen und Ansprüche deutlich zu machen als auch um die oftmals unterschiedlichen Meinungen und Ansprüche zu einem Konsens zu führen, entsprechende Entscheidungen oder Maßnahmen zu treffen oder gemeinsame Strategien zu entwickeln und dabei niemanden unbewußt auszugrenzen.

Dazu gehört auch die regelmäßige Überprüfung des eigenen Angebots im Kontext sonstiger Angebote im Stadtteil. In den Vernetzungsgremien erfährt man aus erster Hand, was die einzelnen teilnehmenden Vereine, Institutionen, Initiativen usw. tun, mit welchen Inhalten und Zielgruppen sie arbeiten, auf welche Arbeitsbereiche sie sich möglicherweise spezialisiert haben, welche ihrer Angebote erfolgreich sind und welche nicht, welche Probleme oder Defizite sie im Stadtteil erkennen, welche Pläne sie haben. Dabei stellt sich schnell heraus, welche Angebote doppelt oder mehrfach vorhanden sind oder welche fehlen. Und es wird erkennbar, wie sich die eigene Einrichtung mit ihren Angeboten in die Gesamtheit der Angebote aller Träger einfügt. Werden die vorhandenen Angebote z.B. mit den Daten aus einer Stadtteilanalyse oder mit den Erfahrungen und Informationen der einzelnen Einrichtungen abgeglichen, läßt sich daraus ableiten, ob Konzentrationsprozesse (Arbeitsteilung) eingeleitet werden sollten, ob man auf bestimmte Entwicklungstendenzen durch die Flexibilisierung der bestehenden Angebote reagieren kann oder ob ein völlig neues Angebot entwickelt werden muß. Dann kann in einem fairen Prozeß geklärt werden, wer welche Aufgaben, welche Verantwortungen oder z.B. die Trägerschaft für einen neues Projekt übernimmt. Überprüft werden kann die Qualität der Vernetzungsarbeit auch durch die Auswertung der Protokolle der Treffen. Dabei können Entscheidungs- und Entwicklungsprozesse noch einmal nachvollzogen werden und es lassen sich daraus

Wie kann es überprüft werden? Zur Evaluation und Qualitätssicherung von Vernetzungsarbeit und Gemeinwesenentwicklung gilt es, eine Überprüfung von Selbstbild und Fremdbild der Einrichtung und ihrer Arbeit sowie deren Auftreten in den Vernetzungsgremien vorzunehmen. Es wird analysiert: Wie sehen wir uns selbst und unsere Arbeit? Und wie wird sie von anderen gesehen? Wie sehen wir unseren Beitrag zur Vernetzung? Und wie sehen ihn die anderen? Damit verbunden ist automatisch auch eine Imageüberprüfung. Vermitteln wir wirklich das, was wir nach innen und außen vermitteln wollen? Stimmt das mit unserem Anliegen und unserem Konzept überein? Müssen wir möglicherweise am Erscheinungsbild, am Auftreten oder an den Angeboten unserer Einrichtung und/oder unserer Mitarbeiterinnen arbeiten?

Qualitätsmerkmale sozial-kultureller Arbeit

Schlußfolgerungen für Verbesserungen oder Veränderungen der Arbeitsweise ziehen. Die Rückkopplung zur eigenen Einrichtung bietet die Möglichkeit zu erfahren, wie die Mitarbeiterinnen aber auch die Nutzerinnen die Bedeutung und die Ergebnisse der Mitarbeit in Vernetzungsgremien und den Wert von Aufwand und Nutzen einschätzen. Denn Mitarbeiterinnen, die an Vernetzungsgremien teilnehmen, müssen ja während ihrer Abwesenheit vertre-


ten werden und brauchen dafür Verständnis und Unterstützung von ihren Kolleginnen. Es können auch verschiedene Fragetechniken wie Delphi-Befragungen, Fragebögen, Interviews genutzt werden, um die Akzeptanz der Arbeit der Vernetzungsgremien bei den vor Ort ansässigen „Einheiten“ festzustellen. Delphi-Befragungen wurden ursprünglich als Planungsund Prognosemethode konzipiert. Inzwischen wurden sie so weiterentwickelt, daß sie auch als Evaluationsmethode genutzt werden können. Dabei werden Betroffene anonym befragt und die Ergebnisse an Experten weitergeleitet. Diese kommunizieren nicht untereinander. Sie fassen die durchschnittliche Beantwortung der Fragen zusammen und geben sie wieder zurück an die Befragten. Dieser Prozeß kann mehrmals wiederholt werden. Im Alltag muß festgestellt und überprüft werden, welche der in den verschiedenen Gremien vereinbarten Ziele in die Praxis umgesetzt und welche Ergebnisse erreicht wurden. Allerdings können und sollen durch Vernetzungsarbeit Konkurrenzen nicht völlig beseitigt werden. In einem Stadtteil/Ort wird es immer in verschiedenen Bereichen konkurrierende Träger und Angebote geben. Diese Konkurrenz fördert gleichzeitig die Weiterentwicklung der eigenen Einrichtung und die des gesamten Stadtteils.

Förderung von Familien, anderen Lebensgemeinschaften und Nachbarschaftsbeziehungen durch informelle Vernetzung Was ist das? Familien, andere Lebensgemeinschaften und Nachbarschaftsbeziehungen werden gefördert und unterstützt. Dabei werden die vorhandenen informellen Hilfesysteme berücksichtigt und deren Funktionen gestärkt. Bestehende Strukturen werden unterstützt und neue Formen des Zusammenlebens gefördert.

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Wie geht das? In einem Stadtteil/Ort leben verschiedene Generationen, je nach Struktur, auf mehr oder weniger engem Raum und auf unterschiedliche Weise zusammen. Es gibt neben der klassischen Familie (Mutter, Vater, Kind/er), alleinerziehende Mütter und Väter, eheänliche oder gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften mit und ohne Kind/er, Wohngemeinschaften von Jugendlichen, jungen Erwachsenen, Studentinnen oder Seniorinnen, generationsübergreifende Wohnprojekte und Singlehaushalte unterschiedlichen Alters. Diese Menschen haben so gesehen erst einmal nur gemeinsam, daß sie in derselben Gegend leben.

Was bringt das? Auf diese Weise kann eine wirksame und kostengünstige Koordination aller im Stadtteil wirksamen Ressourcen erfolgen. Eine ehrliche und faire Zusammenarbeit aller Beteiligten und die gemeinsame Nutzung der vorhandenen Ressourcen führten zur einer qualitativen Verbesserung der eigenen Tätigkeit. Je nach Inhalt und Zielstellung der Vernetzungsgremien verbessert sich auch die (Lebens)Situation der Stadtteilbewohnerinnen, die sich in den gesamten Prozeß mit ihren Ideen und Vorstellungen aber auch mit ihren Kenntnissen und Erfahrungen einbringen und Verantwortung bei der Umsetzung ihrer Ziele übernehmen.

Welche Beziehungen und Beziehungsgeflechte (informelle Netzwerke) sich zwischen diesen Menschen entwickeln, ist von verschiedenen Faktoren abhängig. Dazu gehören die unterschiedlichen persönlichen, beruflichen und kulturellen Hintergründe der Bewohnerinnen, die Wohn- und Lebensbedingungen, die vorhandene Infrastruktur (Kitas, Schulen, medizinische Versorgung, Arbeitsmöglichkeiten, soziale und kulturelle Angebote, Einkaufsmöglichkeiten, Verkehrsverbindungen), aber auch die unterschiedlichen sozialen und kulturellen Fähigkeiten, Kenntnisse, Interessen und Bedürfnisse. Wie kann es gelingen, dieses komplexe Gebilde mit seinen strukturellen Vor- und Nachteilen zu überschauen, existierende Beziehungen zu erkennen und deren Weiter- bzw. Neuentwicklung zu fördern? Ein Ansatzpunkt ist, Räume und Gelegenheiten zu schaffen und auch zu inszenieren, damit Menschen sich begegnen können. Dazu eignen sich u.a. generationsübergreifende Aktivitäten, wie sie im Abschnitt „Multikulturelles und generationsübergreifen-

Qualitätsmerkmale sozial-kultureller Arbeit


des Begegnen und Zusammenwirken in Stadtteilen“ beschrieben werden. Auch Nachbarschaftsfeste sind eine Möglichkeit. Sie sind auf den unmittelbaren Wohnbereich (Kiez) bezogen und man erreicht damit, daß die Menschen, die sich möglicherweise täglich begegnen sonst aber keine Kontakte unter-

tags, für einen qualifizierteren Umgang miteinander erwerben. Oder sie können Fähigkeiten auf einem gemeinsamen Interessengebiet erlernen und ausbauen. Weitere Angebote der Familienbildung sind auch Kurse rund um die Geburt und Erziehung von Kindern (Geburtsvorbereitung, Stillen, Säuglings- und Kinderpflege, Schwangeren-, Säuglings- und Kindergymnastik und -massagen, Erziehungsmethoden, Umgang mit der Pubertät). Darüber hinaus gibt es eine Reihe von Möglichkeiten, gemeinsame Aktivitäten von Eltern/Großeltern und Kindern/Enkeln zu fördern wie gemeinsames Singen und Spielen, sportliche, künstlerische oder handwerkliche Betätigung, Wanderungen.

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einander haben, sich kennenlernen und ins Gespräch kommen, dabei gemeinsame Interessen oder Bedürfnisse entdecken und nach Betätigungsmöglichkeiten oder Möglichkeiten der gegenseitigen Unterstützung suchen. Für die Mitarbeiterinnen der Einrichtungen sind solche Feste auch eine Gelegenheit, im Gespräch mit den Besucherinnen oder bei der Auswertung der Veranstaltung Informationen zu sammeln, die für die Entwicklung und Förderung von informellen Netzwerken wichtig sind. Wird z.B. deutlich, daß im Kiez viele Familien mit Kindern leben, kann es darum gehen, Angebote in den Bereichen Familienberatung, -erholung und -bildung zu entwickeln oder bereits vorhandene Angebote entsprechend den Bedürfnissen der Familien zu erweitern. Den Begriff „Familie“ verwenden wir bei unseren Betrachtungen im erweiterten Sinne, das heißt er umfaßt alle Formen des Zusammenlebens von Frauen, Männern und Kindern und nicht ausschließlich Ehepaare mit Kindern. So kann es erforderlich sein, eine Erziehungsoder Trennungsberatungsstelle einzurichten, wenn sich eine Konzentration von problematischen Familiensituationen abzeichnet. Für Familien in einer schwierigen finanziellen Lage, mit beengtem Wohnraum oder in Krisensituationen können (kostengünstige) Familienerholungsangebote mit oder ohne sozialpädagogischer Betreuung organisiert werden. Eine wichtige Rolle spielt auch die Familienbildung. Dabei können Eltern und/oder Kinder Kenntnisse für die Überwindung von Krisensituationen, für die bessere Bewältigung des All-

Qualitätsmerkmale sozial-kultureller Arbeit

Auch Selbsthilfegruppen mit unterschiedlichen Inhalten wie Still-, Krabbel-, Mutter/Vater-KindGruppen, Gruppen pflegender Angehöriger, können zur Unterstützung der informellen Vernetzung beitragen. Denn meist reduzieren sich die Kontakte und Beziehungen der Menschen untereinander nicht ausschließlich auf die Teilnahme an den Treffen, sondern sie bestehen auch darüber hinaus.

Beispiel aus dem Nachbarschaftshaus „Donizetti“ in Berlin-Hellersdorf Ein Schwerpunkt der Arbeit des Nachbarschaftshauses „Donizetti“ ist die Förderung von Familien sowohl durch Angebote im Freizeit- als auch im Beratungs- und Bildungsbereich. Die Palette reicht von der Geburtsvorbereitung, Stillgruppen, Mutter-Kind-Gruppen, Gruppen nach dem Prager Eltern-Kind-Programm (PEKiP), über Sportangebote für Mütter und Tagesmütter mit Kleinkindern, Familien- und Nachbarschaftsfeste, Schülerklub, Freizeitangebote für Vorschulkinder und deren Eltern, Gesprächskreise zu Erziehungsfragen z.B. zum Thema „Erziehen mit Herz und Verstand“ oder „Gewaltfreie Erziehung“ bis hin zur psychologischen Einzelberatung für Familien und alleinerziehende Eltern in Problemsituationen. Dabei wird großer Wert darauf gelegt, daß die Angebote so gestaltet werden, daß sie von Eltern und Kindern und auch von Großeltern gleichermaßen genutzt werden können. Betätigungsmöglichkeiten gibt es z.B. im Malzirkel, im Koch- und Backzirkel, in der Holzwerkstatt, in der Keramikstube oder im Sportbereich. Die Angebote werden je nach Inhalt und Bedarf von hauptamtlichen Mitarbeiterinnen angeleitet oder sie finden in ehrenamtli-


cher Verantwortung statt. Nicht selten ergibt sich die Konstellation, daß sich die älteren schulpflichtigen Geschwister nachmittags im Schülerklub betätigen, während ihre Geschwister im Vorschulalter zum Basteln, Spielen oder zu sportlichen Aktivitäten kommen und die Eltern sich im Café zusammenfinden. Betrachtet man die Wohnsituation der Menschen, kann es angebracht sein, Beratung für neue Wohnformen, z.B. Wohngemeinschaften für Seniorinnen, Alleinerziehende oder Behinderte, altersgerechtes Wohnen anzubieten oder generationsübergreifende Wohnprojekte zu entwickeln. Oder man kann Unterstützung beim Wohnungstausch leisten, wenn festgestellt wird, daß Familien mit beengtem Wohnraum sich vergrößern, Seniorinnen oder Alleinlebende aus einer für sie zu großen in eine kleinere Wohnung ziehen möchten. Eine weitere Möglichkeit, die informelle Vernetzung zu fördern, sind Tauschringe.

Beispiel aus dem Nachbarschaftsheim Urbanstraße e.V. in Berlin-Kreuzberg: Im Nachbarschaftsheim Urbanstraße e.V. ist der Kreuzberger Tauschring angesiedelt. Hier haben Menschen (nicht nur mit schmalem Geldbeutel) die Gelegenheit, Dinge oder Dienstleistungen durch den Einsatz von Zeit und nicht von Geld zu erwerben. Dabei geht es nicht unbedingt um einen direkten Tausch zwischen zwei Personen, sondern es entwickelt sich oft eine ganze Kette (Frau X schneidet Herrn Y die Haare, dafür fährt Herr Y die gehbehinderte Frau Z zum Arzt). Es wird nicht Leistung gegen Geld, sondern Leistung gegen Leistung bzw. Zeit gegen Zeit getauscht. Als Form der Kontrolle und ‘Abrechnung’, werden für die Mitglieder des Tauschrings Zeitkonten mit einer ‘Verrechnungseinheit’ meist in Form einer imaginären Währung (Kreuzer in Berlin-Kreuzberg, Heller in BerlinHellersdorf) eingerichtet. Beim Wert der Währung gibt es unterschiedliche Ansätze. Beim Kreuzberger Tauschring wird der ‘Preis‘ für jede erbrachte Leistung vorher zwischen den Tauschpartnerinnen frei in Kreuzern ausgehandelt. Manche Tauschringe tauschen nur Zeit gegen Zeit (z.B. eine Stunde Fensterputzen für eine Stunde Hilfe bei der Gartenarbeit), andere legen ‘Kosten’ für die einzelnen Leistungen fest (z.B. kostet eine Stunde Hausaufgabenhilfe 5 X, eine Stunde Computerarbeit 3 X).

Die eigenen und die von anderen in Anspruch genommen Leistungen werden im TauschringBüro als Soll und Haben auf dem Zeitkonto verbucht. Dadurch ergibt sich ein Überblick über erbrachte Leistungen. Und es wird deutlich, wer möglicherweise nur Leistungen erbringt und selbst keine in Anspruch nimmt oder wer nur Leistungen anderer nutzt, ohne sich selbst einzubringen. Um einem Mißbrauch des Systems vorzubeugen, wurde ein Kreditlimit von 300 Kreuzern nach oben und unten festgelegt. Die Koordination und Organisation des Tauschrings erfolgt ehrenamtlich. ‘Vergütet’ wird diese Tätigkeit durch eine festgelegte Summe, die von den Zeitkonten der Mitglieder den Konten der Koordinatorinnen gutgeschrieben wird. Zu den Aufgaben der Koordinatorinnen gehört neben dem Führen der Zeitkonten auch die Organisation der regelmäßigen Treffen der Mitglieder und die Zusammenstellung der angebotenen und gesuchten Leistungen, damit im Bedarfsfall die entsprechenden Tauschpartnerinnen schnell vermittelt werden können.

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Es wird ein jährlicher Mitgliedsbeitrag erhoben, damit Kosten wie Porto, Telefon und Kopien abgedeckt werden können. Die Obergrenze der Mitgliederzahl liegt nach den Erfahrungen des Kreuzberger Tauschrings bei ca. 150 Personen, denn sonst wird der ‘Verwaltungsaufwand’ so groß, daß er nicht mehr ehrenamtlich realisiert werden kann, und die Überschaubarkeit geht verloren. Während Tauschringe eher auf ein größeres Territorium bezogen sind, damit Angebot und Nachfrage auch wirklich ausgewogen sein können, konzentriert sich Nachbarschaftshilfe auf den unmittelbaren Wohnbereich, das heißt, auf die Mitbewohnerinnen des eigenen oder der umliegenden Häuser. In manchen Häusern gibt es gut funktionierende Nachbarschaftskontakte einschließlich Nachbarschaftshilfe, in anderen nicht. Ein Ansatzpunkt für die Mitarbeiterinnen der sozial-kulturellen Einrichtungen ist es, diese Strukturen zu stärken, zu fördern bzw. deren Entwicklung zu unterstützen. Dabei hat ihre Tätigkeit meist einen vermittelnden Charakter. Sie werden auf Menschen aufmerksam (gemacht), die Hilfe im täglichen Leben benötigen, und sie kennen oder suchen Menschen, die diese Hilfe leisten können und wollen. Eine aktive Nachbarschaftshilfe kann z.B. älteren oder behinderten Menschen ein relativ selbstbestimmtes Leben in der eigenen Woh-

Qualitätsmerkmale sozial-kultureller Arbeit


nung ermöglichen und sie sind, außer im medizinischen Bereich, nicht auf professionelle und oftmals selbst zu finanzierende Dienstleistungen angewiesen. Sie können so lange wie möglich in der ihnen vertrauten Umgebung leben, der Umzug in ein Heim kann verhindert oder hinausgezögert werden.

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Nachbarschaftshilfe bezieht sich aber nicht ausschließlich auf die Unterstützung von alten oder behinderten Mitmenschen, auch Familien mit Kindern sind dankbar, wenn Nachbarn abends nach den Kindern sehen, wenn sie selbst nicht zu Hause sind, oder wenn die Kinder am Nachmittag von einer vertrauten Person be-

und Probleme, daß Sensibilität für unterschiedliche Sichtweisen notwendig ist. Nicht immer stimmt die Lebensphilosophie der Menschen mit der eigenen überein und nicht immer ist das, was aus der Sicht der Mitarbeiterinnen richtig ist, auch wirklich die Lösung für die jeweilige Person in ihrer ganz persönlichen Situation. Das heißt, andere Meinungen, Ansichten und Lebenssituationen werden akzeptiert. Eingriffe, die die Veränderung der persönlichen Situation von Hilfesuchenden bewirken sollen, können nur dann erfolgen, wenn die Betroffenen das selbst wollen.

Wie kann es überprüft werden?

treut werden können, bis die Eltern von der Arbeit kommen. Nachbarschaftshilfe hat viele Facetten, die vom Entgegennehmen von Paketen, dem Ausführen des Hundes über Babysitting und Einkaufen bis zur Begleitung bei Spaziergängen oder Behördenbesuchen und kleinen Reparaturarbeiten reichen. Eine wesentliche Rolle spielt dabei die Gegenseitigkeit der Hilfe.

Was braucht es? Die Förderung von Familien, anderen Lebensgemeinschaften und Nachbarschaftsbeziehungen durch informelle Vernetzung ist in erster Linie Beziehungsarbeit. Beziehungen zu den Menschen und zwischen ihnen müssen aufgebaut, Kontakte gepflegt und weiterentwickelt werden. Wenden sich Menschen in Krisensituationen an Mitarbeiterinnen mit der Bitte um Unterstützung und Beratung, müssen sie in der Lage sein, beratend und vermittelnd tätig werden zu können. Dazu bedarf es eines hohen Maßes an Kompetenz in Beratung und Mediation. Die Besucherinnen der Einrichtung und Bewohnerinnen des Stadtteils mit denen die Mitarbeiterinnen in Kontakt kommen, haben so unterschiedliche Hintergründe, Interessen, Wünsche

Qualitätsmerkmale sozial-kultureller Arbeit

Zur Überprüfung der Tätigkeit im Bereich der Förderung von Familien, anderen Lebensgemeinschaften und Nachbarschaftsbeziehungen durch informelle Vernetzung sind Rückmeldungen von anderen, mit diesen Fragen befaßten Institutionen, wie Schulen, Sozialpädagogische Dienste, Erziehungsberatungsstellen hilfreich. Man kann Angebote, Erfahrungen und Qualitätsstandards abgleichen, eventuelle Defizite feststellen und gemeinsame Lösungsstragien für Problemsituationen entwickeln. In bestimmten Fällen wird eine direkte Zusammenarbeit angebracht sein oder es werden einzelne Angebote oder Dienstleistungen in die eigene Einrichtung geholt. Beispielsweise kann, den entsprechenden Bedarf vorausgesetzt, eine Zweigstelle der Erziehungsberatung im Hause angesiedelt oder in eigener Trägerschaft übernommen werden. Gibt es in der Einrichtung ein Projekt oder Pläne zur Arbeit mit jugendlichen Straftäterinnen, ist die Rückkopplung mit der Jugendgerichtshilfe eine Möglichkeit, die Qualität der eigenen Arbeit zu überprüfen bzw. Qualitätsmerkmale festzulegen. Ablesen läßt sich der Erfolg u.a. an der Rückfallquote oder, wenn präventiv gearbeitet wird, an der Verringerung der Anzahl der Straftaten. Das Wohnungsamt ist ein Kooperations- und Ansprechpartner für alle mit den Wohnbedingungen der Stadtteilbewohnerinnen verbundenen Fragen. Wie in allen Bereichen der sozial-kulturellen Arbeit sind auch hier regelmäßige oder gelegentliche Auswertungsgespräche mit allen Beteiligten eine gute Möglichkeit herauszufinden, ob die speziellen Angebote den Bedürfnissen und


Wünschen der Menschen entsprechen, was besonders gut funktioniert und wo noch Ansatzpunkte für Veränderungen gesehen werden.

Was bringt es? Das Ergebnis der Arbeit ist eine Stabilisierung von Beziehungsgefügen im Stadtteil und zwischen seinen Bewohnerinnen. Viele der kleinen und für manche Menschen beschwerlichen Dinge des Alltags können innerhalb dieser Gefüge ohne größeren Aufwand auf nachbarschaftlicher Ebene erledigt werden. Professionelle Hilfe muß nur dann in Anspruch genommen werden, wenn sie wirklich erforderlich ist. Die Mitarbeiterinnen der Einrichtungen können als Vermittlerinnen, bei Bedarf auch als professionelle Helferinnen, einen Beitrag zur konstruktiven Bewältigung von Generationskonflikten leisten, indem sie beispielsweise Gesprächsrunden organisieren und moderieren, generationsübergreifende Aktivitäten gemeinsam mit den Bewohnerinnen planen und durchführen oder in akuten Konfliktsituationen als Vermittlerinnen zur Verfügung stehen. Daraus ergeben sich positive Sozialisationseffekte für alle Bewohnerinnen eines Stadtteils/ Ortes. Die Lebensqualität und das Zusammenleben der verschiedenen Generationen verbessern sich spürbar.

Zusammenarbeit von haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen Was ist das? Ehrenamtliche Arbeit erweitert und ergänzt die Reichweite der professionellen Angebote von Nachbarschaftseinrichtungen. Sie umfaßt Freiwilligendienste und die Mitwirkung an Entscheidungsprozessen auf allen Ebenen der Einrichtungen. Sozial-kulturelle Einrichtungen sind sowohl Einsatzfelder ehrenamtlicher Tätigkeit als auch Ausgangsorte bürgerschaftlichen Engagements. Die aktuelle Situation in der sozial-kulturellen Arbeit ist gekennzeichnet von einem Wandel gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und politischer Rahmenbedingungen. Dementsprechend wird auch von einem Wandel des Ehrenamtes hin zu „bürgerschaftlichem Engagement“ gesprochen. Die Begriffe sind vielfältig, unter-

schiedlich besetzt und unterschiedlich benutzt: Ehrenamt, freiwillige Arbeit/Tätigkeit, bürgerschaftliches Engagement. Dennoch meinen diese Begriffe in der Regel zunächst das gleiche, nämlich freiwillige, unbezahlte, soziale und/oder kulturelle Arbeit Einzelner für sich und für das Gemeinwohl bzw. im Gemeinwesen. Die Sprache verrät gleichwohl, in welchem Selbstverständnis, welchem geschichtlichen oder politischen Rahmen solche Arbeit gesehen, bewertet und verstanden wird. Gleichzeitig zeigen zahlreiche Untersuchungen, daß sich die Motivationslage der engagierten Bürgerinnen wandelt. Die Bedürfnisse nach mehr Freiraum, Selbstbestimmung, Zeitsouveränität und persönlicher Entwicklung werden immer zentraler und bestimmender.

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Wie geht das? Sozial-kulturelle Einrichtungen sind Orte für bürgerschaftliches Engagement, für Menschen, die in eigener Verantwortung etwas für sich selbst oder gemeinsam mit anderen etwas für ihren Stadtteil tun wollen (z.B. Verkehrsberuhigung, Spielplatzsituation, Probleme mit Vermietern). Ehrenamtliches Engagement ist ein wichtiges Qualitätsmerkmal der sozial-kulturellen Arbeit. Sie lebt und entwickelt sich maßgeblich durch die freiwillige Betätigung und Beteiligung der Nutzerinnen an der Gestaltung der Angebote und der gesamten Arbeit der Einrichtung. Ehrenamtliche Mitarbeit ist ein Ausdruck der Identifizierung der Bürgerinnen mit den Zielen und Inhalten sozial-kultureller Einrichtungen und der Bereitschaft, Verantwortung dafür zu übernehmen. Sie bietet den Menschen Möglichkeiten, ihren Interessen nachzugehen, ihre Kenntnisse und Fähigkeiten mit anderen zu teilen bzw. anderen zur Verfügung zu stellen und gleichzeitig Einfluß auf die Entscheidungs-, Entwicklungs- und Gestaltungsprozesse der Einrichtung und darüber hinaus auch des Stadtteils nehmen zu können.

Beispiel aus dem Rabenhaus e.V. in Berlin-Köpenick: Ein Anwohner einer vielbefahrenen Straße im Stadtteil wandte sich an die Mitarbeiterinnen des Rabenhauses, da er durch diese Situation seine Lebensqualität massiv beeinträchtigt sah. Er suchte nach Gleichgesinnten, mit denen er sich für die Einrichtung einer ver-

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kehrsberuhigten Zone einsetzen wollte. Die Mitarbeiterinnen machten daraufhin einen Aushang für die Bewohnerinnen mit der Bitte um Beteiligung. Der Aufruf war erfolgreich und innerhalb von kurzer Zeit entstand eine Bürgerinitiative, die ihre Treffen im Rabenhaus durchführte und von den Mitarbeiterinnen Unterstützung in verschiedenen Fragen erhielt. Dabei ging es u.a. um organisatorische Hilfe, die Nutzung der Kenntisse der Mitarbeiterinnen im Umgang mit Verwaltungen, das Finden der richtigen Ansprechpartnerinnen, Öffentlichkeitsarbeit usw. Diese Bürgerinitiative arbeitete sehr engagiert, scheiterte allerdings leider an bürokratischen, gesetzlichen und verwaltungstechnischen Hindernissen. In manchen Einrichtungen gibt es traditionell ein großes ehrenamtliches Engagment mit klaren Zuständigkeiten, wie im Bürgerladen e.V. in Halle oder im Frei-Zeit-Haus e.V. in BerlinWeißensee. Andere Einrichtungen versuchen seit Jahren, freiwillige Mitarbeiterinnen zur Bereicherung ihrer Arbeit oder zur Unterstützung der Hauptamtlichen zu finden. Doch wie kann man Menschen dafür gewinnen, sich auf ehrenamtlicher Basis zu engagieren? Ein Patentrezept gibt es nicht. Positive Erfahrungen gibt es z.B. mit der Durchführung von Informationsveranstaltungen, bei denen die Arbeit der Einrichtung und entsprechende Betätigungsfelder für interessierte Menschen vorgestellt werden. Man kann auch bei den unterschiedlichsten Gelegenheiten, wie dem Tag der offenen Tür, Werbung für ehrenamtliche Arbeit betreiben. Benötigt man Unterstützung für klar definierte Tätigkeiten, kann man einen Aushang im Fenster oder im Schaukasten machen. Allein ein Zettel mit der Aufschrift „Suchen Ehrenamtliche“ wird aber wahrscheinlich wenig Beachtung finden.

Beispiel aus dem Rabenhaus e.V. in Berlin-Köpenick: Die Mitarbeiterinnen des Rabenhauses suchten jemanden, der ihnen bei der Korrespondenz mit einer Partnereinrichtung in Frankreich behilflich sein konnte, denn in der Einrichtung gab es niemanden, der des Französischen mächtig war. Über eine ‘Suchanzeige’ im Schaufenster wurde ein Mann gefunden, der diese Aufgabe übernehmen konnte. Als dann ein gemeinsames Sommercamp mit den französischen Partnern geplant wurde, organisierte er einen Französisch-Kurs. Weil

Qualitätsmerkmale sozial-kultureller Arbeit

sich aus dieser bis dahin einmaligen Aktion ein regelmäßiger Austausch entwickeln sollte, wurde für diesen Mann und für diesen Zweck eine AFG-Stelle beantragt, so daß er die Möglichkeit erhielt, aus dem ehrenamtlichen Engagement in eine bezahlte Stelle zu wechseln. Durch seine Tätigkeit fanden über mehrere Jahre hinweg verschiedene deutsch-französische Begegnungen sowohl in Deutschland als auch in Frankreich mit unterschiedlichen Teilnehmerinnen (Kinder und Jugendliche/Familien/Seniorinnen) statt. Inzwischen hat er das Rentenalter erreicht und arbeitet jetzt ehrenamtlich im Vorstand. Die Suche nach ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen erfordert eine konkrete Zielstellung. Bevor man sich an entsprechende Personen oder Personengruppen wendet, muß klar sein, wo, mit welchem Ziel und in welchem zeitlichen Rahmen sie eingesetzt werden sollen. Als Vorbereitung kann z.B. eine Art Katalog erarbeitet werden, der Möglichkeiten und Formen für ehrenamtliches Engagment und die dafür erforderlichen strukturellen Bedingungen enthält. So muß für bestimmte Tätigkeiten Platz, bspw. ein Schreibtisch mit Computer, vorhanden sein bzw. eingerichtet werden, wenn schriftliche oder gestalterische Dinge erledigt werden sollen. Es geht also darum, Arbeitsplätze und -formen für ehrenamtliche Arbeit zu schaffen. Wenden sich Nutzerinnen der Einrichtung oder Stadtteilbewohnerinnen an die Mitarbeiterinnen auf der Suche nach Möglichkeiten, ihre Zeit und/oder ihre speziellen Fähigkeiten, Erfahrungen und Kenntnisse anderen zugänglich zu machen, oder suchen sie nach einem bestimmten Angebot und signalisieren gleichzeitig, daß sie auch bereit wären, die Verantwortung für die Durchführung zu übernehmen, ist ein solcher Katalog von Vorteil. Es kann sofort festgestellt werden, welche Art von Betätigung benötigt wird und welche Bedingungen (Anforderungen an die zukünftigen ehrenamtlichen Mitstreiterinnen, entsprechende Arbeitsbedingungen, räumliche Voraussetzungen) damit verbunden sind. Im persönlichen Gespräch können dann die genauen Modalitäten (zeitlicher Rahmen, Befugnisse, Verbindlichkeit) geklärt werden. Bei neuen Ideen und Vorschlägen wird gemeinsam überlegt, ob, wie und wo diese umgesetzt werden können. Es empfiehlt sich, einen festen Ansprechpartner für ehrenamtliche Mitarbeiterinnen in der Einrichtung zu haben, sowohl für den Erstkontakt, damit Interessentinnen nicht von einem zum anderen geschickt werden, als auch für die wei-


tere Zusammenarbeit. Die Zuständigkeit für die konkrete Arbeit wird dabei meistens bei den Mitarbeiterinnen der einzelnen Arbeitsbereiche liegen, in denen die Interessierten dann tätig sind. Das hängt mit dem direkten Bezug zu den fachlichen und inhaltlichen Zielstellungen dieser Bereiche zusammen. Die Qualität der ehrenamtlichen Arbeit in sozial-kulturellen Einrichtungen zeichnet sich jedoch nicht allein dadurch aus, daß es engagierte freiwillige Mitarbeiterinnen gibt. Wichtiger ist die Gestaltung der Zusammenarbeit zwischen ihnen und den hauptamtlich Beschäftigten, der gleichberechtige Umgang miteinander sowie die gegenseitige Respektierung und Anerkennung. Ehrenamtliche Mitarbeiterinnen als billige Hilfskräfte zu betrachten, die vielleicht zum Putzen oder Kaffeekochen eingesetzt werden können, widerspricht diesen Prinzipien völlig, ist aber leider in manchen Einrichtungen (noch) zu beobachten. Für die hauptamtlichen Mitarbeiterinnen bedeutet die Zusammenarbeit mit ehrenamtlich Engagierten aber nicht nur Unterstützung für die eigene Arbeit und/oder Bereichung der An-

gebote der Einrichtung, sondern auch zusätzliche Arbeit. Wenn die Zusammenarbeit gut funktionieren soll, müssen die Ehrenamtlichen auch mit entsprechenden Fähigkeiten und Kenntnissen ausgestattet werden. Sie brauchen, je nach Tätigkeitsbereich, in größerem oder geringerem Umfang Beratung, Unterstützung und Qualifizierung. Es geht nicht nur darum, daß sie in der Einrichtung eine sinnvolle und für sie selbst zufriedenstellende Betätigung oder Aufgabe finden, sondern sie müssen auch wissen, in welchen Zusammenhängen sie das tun. Das beinhaltet, ihnen z.B. die Konzeption und die Strukturen des Hauses und ihre Einbindung darin vorzustellen. Auch Vertrauen gehört dazu.

Für bestimmte Tätigkeiten, wie Vorstandsarbeit, Leitung von Gruppen oder Arbeit mit schwierigen Zielgruppen, sind spezielle Kenntnisse erforderlich. Dafür brauchen Ehrenamtliche Unterstützung durch die Hauptamtlichen und es sollte ihnen die Möglichkeit eingeräumt werden, sich, wenn gewünscht, entsprechend und auf Kosten des Trägers qualifizieren zu können. Dabei ist es nicht immer einfach, geeignete Fortbildungen für ehrenamtliche Mitarbeiterinnen zu finden. Wer im Arbeitsprozeß steht, kann meist nicht ohne weiteres an Wochentagen tagsüber an einer Veranstaltung teilnehmen, sondern muß auf die Abendstunden oder das Wochenende ausweichen. Es besteht aber auch die Möglichkeit, daß die Fortbildung von den hauptamtlichen Mitarbeiterinnen übernommen wird, oder daß sich mehrere Träger zusammentun und eine gemeinsame Wochenendveranstaltung durchführen. Beratung für ehrenamtliche Mitarbeiterinnen kann aus mehreren Gründen erforderlich sein. Es können in einer ehrenamtlich geleiteten Gruppe Probleme auftreten, die nicht aus eigener Kraft gelöst werden können. Es kann sich um inhaltliche oder strukturelle Veränderungswünsche von einzelnen Gruppenmitgliedern oder der Gruppenleitung handeln. Es kann um Gestaltungs- oder Organisationsfragen gehen. Aber auch bei persönliche Fragen oder Problemen der ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen kann Beratungsbedarf bestehen.

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Daraus ergibt sich, daß eine gute Zusammenarbeit zwischen haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen die Grundlage für eine positive Entwicklung der Qualität der ehrenamtlichen Arbeit bildet. Und es wird deutlich, daß für diese Zusammenarbeit auch Zeit eingeplant werden muß und daß sie nicht im Selbstlauf funktioniert. Ehrenamtliches Engagement wird als Bestandteil der täglichen Arbeit betrachtet und die Menschen, die sich engagieren, werden auch in den Arbeitsablauf der gesamten Einrichtung einbezogen. Dazu können Entscheidungsgremien geschaffen werden, in denen haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiterinnen über die verschiedensten Dinge, die die Einrichtung und deren Arbeit betreffen, gemeinsam diskutieren und entscheiden. In vielen Häusern gibt es ständige oder zeitweilige Arbeitsgruppen zu unterschiedlichen Themen. Sie beschäftigen sich z.B. mit Fragen der Programmgestaltung, der Finanzen, der Öffentlichkeitsarbeit, mit der Vorbereitung von Festen usw. Es können aber auch rein ehrenamtliche Gremien sein.

Qualitätsmerkmale sozial-kultureller Arbeit


Beispiel aus dem Frei-Zeit-Haus e.V. in Berlin-Weißensee:

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Was braucht es?

Hier gibt es eine Programmkommission, eine Finanzkommission und eine Kommission für Öffentlichkeitsarbeit, in denen Haupt- und Ehrenamtliche gemeinsam arbeiten. Die Baukommission wurde nach Abschluß der Bauarbeiten wieder aufgelöst. Auf rein ehrenamtlicher Basis arbeitet der Helferinnenkreis, der aus ca. 15 Personen besteht und sich in eigener Regie um das Café und die gastronomische Betreuung von Veranstaltungen kümmert. Gleichzeitig werden die hauptamtlichen Mitarbeiterinnen bei ihren vielseitigen Aufgaben unterstützt. Die Helferinnen treffen sich regelmäßig am Monatsende, um die Aufgaben zu besprechen, die sich aus dem Programm des Folgemonats ergeben. Außerdem gibt es einen ehrenamtlichen Krankenbesuchsdienst, der sich einmal im Monat trifft, feststellt, wer krank ist, und diese Menschen dann besucht. Werbung für die ehrenamtliche Mitarbeit macht das Frei-Zeit-Haus z.B. im Programmheft. Interessierte werden gebeten, sich im Büro zu melden oder sich im Rahmen des „Marktes der Möglichkeiten“ über bereits existierende Betätigungsmöglichkeiten zu informieren oder neue Ideen einzubringen.

Für eine erfolgreiche Zusammenarbeit von haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen braucht man eine klare Aufgabenstellung. Es wird (gemeinsam) festgelegt, welche Aufgaben zu erledigen sind und wer sie übernimmt. Dazu gehören auch geklärte Verantwortungen, Rollen und Zeiteinheiten. Wer sich ehrenamtlich engagieren möchte, muß wissen, ob und welche Verantwortungen übernommen werden (sollen), welche Entscheidungsbefugnisse, Rechte und Pflichten damit verbunden sind und welcher zeitliche Umfang angedacht ist. Ist ein befristeter Zeitrahmen absehbar, z.B. für die Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung eines Festes oder einer anderen Veranstaltung, oder soll es ein längerfristiger Einsatz, z.B. die Leitung eines Kurses, eines Kreativangebotes oder einer Selbsthilfegruppe, sein. In einer Tätigkeitsbeschreibung, die alle entsprechenden Angaben enthält (vergleichbar mit einer Stellenbeschreibung), können diese Daten festgehalten werden. Dadurch lassen sich Unklarheiten vermeiden und Grundlagen für die Überprüfbarkeit und Transparenz sowohl für die ehrenamtliche Durchführung einer Tätigkeit als auch für die Zusammenarbeit mit den hauptamtlichen Mitarbeiterinnen herstellen.

Ehrenamtliche Mitarbeiterinnen als Partnerinnen ernst zu nehmen, ist die wichtigste Anerkennung freiwilliger/ehrenamtlicher Leistungen. Es sollte eine Selbstverständlichkeit sein, daß die hauptamtlichen Mitarbeiterinnen (und auch die Nutzerinnen) ehrenamtliches Engagment entsprechend würdigen. Die Art und Weise, wie die Anerkennung geschieht, kann sehr verschieden sein und hängt von den Möglichkeiten der Einrichtung aber auch von den Befindlichkeiten der ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen ab. Manche/r möchte keinen öffentlichen Dank, dann ist eine ganz persönliche Würdigung angebracht. Andere freuen sich über einen Artikel in der Stadtteilzeitung, über einen Blumenstrauß oder eine kleine Aufmerksamkeit.

Auch für ehrenamtlich Engagierte ist es wichtig, nachvollziehbare Entscheidungsstrukturen und Mitbestimmungsmodelle vorzufinden und mitentscheiden zu können. Sie müssen wissen, welche Entscheidungen auf welcher Ebene oder von welchem Gremium getroffen werden, damit sie sich mit Fragen, Wünschen oder Ideen an die entsprechenden Stellen wenden und sich an Entscheidungsprozessen beteiligen können. Das kann die Mitarbeit im Vorstand oder in verschiedenen internen Arbeitsgruppen, -ausschüssen oder -kommissionen sein. Das setzt voraus, daß Ehrenamtliche gleichberechtigte Mitglieder eines solchen Gremiums sind, daß ihre Meinungen und Ideen genauso in Entscheidungsprozesse einfließen wie die der Hauptamtlichen.

In manchen Einrichtungen gibt es traditionelle ‘Zeremonien’. Es werden Ausflüge oder Feierstunden nur für die freiwilligen Mitarbeiterinnen organisiert. Hausfeste, Mitgliederversammlungen oder andere Veranstaltungen werden genutzt, um das Engagement öffentlich zu würdigen.

Selbstverständlich müssen getroffene Entscheidungen auch bei den betreffenden Stellen oder Personen ankommen, das heißt, auch die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen brauchen den Zugang zu diesen Informationen. Der Informationsfluß muß entsprechend organisiert werden. Es besteht auch die Möglichkeit, daß ehrenamtliche Mitarbeiterinnen die Einrichtung bei externen Veranstaltungen oder in Stadtteil- bzw.

Qualitätsmerkmale sozial-kultureller Arbeit


nicht dazu führen, daß sie bestimmte Dinge nicht mehr tun dürfen, weil sie durch hauptamtliche Routine schneller oder besser erledigt werden könnten.

Wie kann es überprüft werden?

kommunalen Gremien (Stadtteil-, Jugendhilfe-, Sozialausschuß usw.) vertreten. Es müssen nicht immer Vorstandsmitglieder sein. Allerdings sollten die betreffenden Personen entsprechend vorbereitet werden, denn als Verteterinnen der Einrichtung müssen sie auch deren Standpunkte darstellen. Für die hauptamtlichen Mitarbeiterinnen bedeutet die Zusammenarbeit mit Ehrenamtlichen, daß sie über Innovationsbereitschaft verfügen und unterschiedliche Motivationen akzeptieren. Freiwillig Engagierte haben eigene Ideen und Vorstellungen und sie erhalten die Möglichkeit, diese umzusetzen, auch wenn manches neu oder ungewöhnlich sein sollte, vorausgesetzt es handelt sich um Aktivitäten, die sich im Rahmen der Konzeption der Einrichtung bewegen. Die Motivation zu ehrenamtlicher Arbeit kann unterschiedlich sein. Manche/r möchte sich einfach nur nützlich machen ohne besondere Verantwortung zu übernehmen. Einige stellen hohe Ansprüche an sich selbst und auch an andere, gehen sehr bewußt mit ihrer Rolle um. Andere wollen nur gelegentlich tätig werden und sich nicht auf eine längerfristige regelmäßige Tätigkeit festlegen. Wieder andere sind bereit, sehr viel Zeit und Arbeit zu investieren. Der Anspruch an die hauptamtlichen Mitarbeiterinnen ist, diese unterschiedlichen Motivationen zu respektieren. Das bedeutet aber auch, daß die Zusammenarbeit mit den Ehrenamtlichen nicht immer einfach ist. Von den Hauptamtlichen wird verlangt, daß sie sich auf jede Person individuell einstellen. Es gilt herauszufinden, wer welches Maß an Unterstützung, Anleitung und/oder Zuwendung benötigt und wer selbständig und eigenverantwortlich tätig sein kann und will. Auch Geduld und Toleranz sind manchmal vonnöten. Stimmen die Vorstellungen der Hauptamtlichen nicht mit der Arbeitsweise der Ehrenamtlichen überein, sollte das

Die Qualität der Zusammenarbeit kann zum Beispiel durch ein Stimmungsbarometer bei haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen überprüft werden. In Gesprächen oder bei Befragungen in der Einrichtung können Stimmungen schnell erkannt werden. Es wird deutlich, ob die Haupt- und Ehrenamtlichen aber auch die Nutzerinnen zufrieden oder unzufrieden sind, ob es Unstimmigkeiten oder gar Konflikte gibt, ob ehrenamtliches Engagement tatsächlich akzeptiert und respektiert wird. Stellen sich Mißverhältnisse heraus, wird nach den Ursachen gesucht und gemeinsam daran gearbeitet, diese zu beseitigen. Denn eine gespannte Atmospäre in der Einrichtung oder in einzelnen Bereichen wird auch von den Nutzerinnen wahrgenommen und kann im schlimmsten Fall zur Rufschädigung im Stadtteil führen.

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Das Image und die Akzeptanz der Einrichtung im Stadtteil geben ebenfalls Aufschluß darüber, ob sie von den Bewohnerinnen als Ort anerkannt ist, wo diese sich aktiv betätigen, einbringen, mitbestimmen, mitentscheiden können und wo ihre Interessen, ihre Meinungen und Wünsche gefragt sind. Statistische Auswertungen geben Aufschluß über die Anzahl der ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und der ehrenamtlich geleisteten Arbeitsstunden oder die Teilnehmerinnenzahl bei ehrenamtlich geleiteten Angeboten usw. Dazu muß festgelegt werden, welche Daten erfaßt werden, auf welche Weise das geschieht und wer dafür verantwortlich ist. Mit Hilfe von Aufgaben- und Zielanalysen können positive wie negative Entwicklungstendenzen festgestellt werden. Die bisherige Entwicklung kann erfolgreich sein und beibehalten werden. Sollten sich Veränderungen erforderlich machen, können entsprechende Maßnahmen getroffen und Schritte eingeleitet werden. Zur Überprüfung eignen sich auch gemeinsame Auswertungstage und Supervision. Bei Auswertungstagen geht es um eine intensive und konstruktive Auseinandersetzung zu aktuellen inhaltlichen, strukturellen, organisatorischen und anderen Fragestellungen, die sich auf die Zusammenarbeit zwischen haupt- und ehrenamt-

Qualitätsmerkmale sozial-kultureller Arbeit


lich Tätigen beziehen. Supervision ist eine Möglichkeit, Situationen, Prozesse oder Probleme mit Hilfe einer außenstehenden Person zu analysieren, zu bewerten und positiv zu beeinflussen.

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Eine Zukunftswerkstatt kann Möglichkeiten für die perspektivische Weiterentwicklung der Zusammenarbeit zwischen haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen aufzeigen. Dabei geht es darum, Ideen, Vorstellungen und Wünsche aufzugreifen, sie auf ihre Realisierbarkeit zu prüfen und nach Wegen für die Umsetzung in der praktischen Arbeit zu suchen.

Was bringt das? Durch eine funktionierende Zusammenarbeit von haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen wird die Einrichtung zu einem Ort für bürgerschaftliches Engagement. Interessierte Bürgerinnen haben hier die Möglichkeit, gemeinsam mit Gleichgesinnten ihren Interessen nachzugehen und gleichzeitig selbst Verantwortung für deren Umsetzung aber auch für die Gestaltung der Arbeit der Einrichtung zu übernehmen, sich an Entscheidungs- und Entwicklungsprozessen zu beteiligen und damit etwas für sich selbst und für andere zu tun. Durch die Förderung des ehrenamtlichen Engagements kann die Nutzung der verschiedenen Kenntnisse und Fähigkeiten zur aktiven Lebensweltgestaltung unterstützt und zielgerichtet entwickelt werden. Menschen aktivieren und motivieren andere, indem sie sie an ihren Fähigkeiten, Kenntnissen und Erfahrungen teilhaben lassen. Damit leisten sie einen aktiven Beitrag zur Gestaltung ihres eigenen Lebens und befähigen damit gleichzeitig ihre Mitmenschen, selbst Einfluß auf ihre eigene Lebensqualität zu nehmen.

Verbindung von sozialer und kultureller Arbeit an einem Ort Was ist das? Soziale und kulturelle Arbeit gehören zusammen. In beiden Bereichen steht die Kommunikations- und Ausdrucksfähigkeit der Menschen in ihrer direkten Umgebung im Mittelpunkt. Die soziale und kulturelle Eigeninitiative wird gefördert.

Qualitätsmerkmale sozial-kultureller Arbeit

Wie geht das? Sozial-kulturelle Einrichtungen sind Orte, wo sich Menschen der verschiedenen Generationen in den unterschiedlichsten Lebenssituationen begegnen. Diese Menschen werden nicht nach dem Schubladenprinzip nach den Problemen, die sie vielleicht haben, eingeteilt, sondern sie werden als Menschen betrachtet, die vor allen Dingen über spezielle Kenntnisse, Fähigkeiten, Erfahrungen und Interessen verfügen. Ansatzpunkt sind also nicht ihre Defizite, sondern ihre Ressourcen. Diese werden meist im kulturellen Bereich sichtbar. Dabei wird der Begriff „Kultur“ als Kultur für alle und Kultur von allen, als Alltagskultur, als Kultur des Umgangs miteinander verstanden. Alle, die es möchten, können die Angebote des Hauses nutzen, indem sie selbst aktiv werden, sich in die Gestaltung dieser Angebote einbringen oder indem sie die Rolle von Konsumentinnen einnehmen. Durch den stadtteilorientierten Ansatz der sozial-kulturellen Arbeit wird Kultur vor Ort und als Alltagskultur gefördert. Ein Anliegen von sozial-kultureller Arbeit ist, Kultur als Basis für Identität und Lebenssinn zu betrachten und zu leben. Die Stadtteilbewohnerinnen haben die Möglichkeit, durch die Erfüllung ihrer kulturellen und kreativen Bedürfnisse ihre Lebensqualität zu verbessern. Dadurch daß sie in der Einrichtung die entsprechenden Voraussetzungen dafür vorfinden und diese, wenn sie es wünschen, auch eigenverantwortlich und initiativreich gestalten können, wächst ihre Identifizierung mit dem Haus und mit dem Stadtteil, was wiederum die eigene Identität stärkt. Durch die Anwendung und Verknüpfung von sozialen und kulturellen Methoden werden niedrigschwellige Zugänge und Rahmenbedingungen geschaffen. Dabei wird angestrebt, daß sich vertrauensvolle Kontakte und Beziehungen zwischen den Nutzerinnen der Angebote und den Mitarbeiterinnen der Einrichtung entwickeln. In Zusammenhang mit den kulturellen Angeboten können die Mitarbeiterinnen auch soziale Problemlagen einzelner Personen oder Gruppen erkennen und gemeinsam Lösungswege erarbeiten oder über Hilfsangebote informieren. Die Vielfalt kreativer Möglichkeiten wie Werkstätten, Theatergruppen, Gestaltung von Zeitungen, Internetseiten usw. zu nutzen, eröffnet Chancen, über die kreative Betätigung gemein-


sam mit anderen Menschen, die eigene Lebenssituation ganz anders zu erfahren und an dieser Erkenntnis zu wachsen. Als wichtige Erfahrung kann z.B. erlebt werden wie Gemeinschaft

funktioniert, die an einem Thema arbeitet, wie man den eigenen Platz in dieser Gemeinschaft ausfüllt, Verantwortung übernimmt, Anerkennung bekommt, inspiriert wird. Diese kleinen Gemeinschaften spiegeln Lebenssituationen wider. Wer in diesen und durch diese Gemeinschaften neue Lösungsansätze gefunden hat, hat gute Chancen, auch das alltägliche Leben erfinderischer zu bewältigen. Wollen sich Menschen auf eigenverantwortlicher und selbstorganisierter Basis kulturell und kreativ betätigen, stehen ihnen Räume und Ausstattung zur Verfügung.

Werkstattregeln gemeinsam zu diskutieren und festzulegen. Gemeinsame Projekte aller Gruppen wecken das Bewußtsein, daß die Werkstatt nur in der Gemeinschaft funktionieren kann. Der Frühjahrsputz, gemeinsame Ausstellungen der entstandenen Werke, Verkauf von selbst hergestellten Dingen beim Trödelmarkt (der Gewinn fließt in die Werkstattkasse), gemeinsame Wochenendfahrten, sind über Jahre zu festen Bestandteilen der Gemeinschaft geworden. All das wird von den Werkstattnutzerinnen in Eigenregie organisiert und durchgeführt. Sie betrachten die Werkstatt als ihre eigene, die sie mitgestalten können, wo sie mitbestimmen können und für die sie sogar einen Schlüssel erhalten können, um individuell arbeiten zu können. Dieser Prozeß kann nicht völlig dem Selbstlauf überlassen werden. Es werden immer wieder fachliche und vermittelnde Kompetenzen benötigt, die von einer Mitarbeiterin wahrgenommen werden. Sie hat eine Beobachtungsund Steuerungsfunktion, um die Werkstatt für alle offen zu halten, zu verhindern, daß sie von bestimmten Gruppen ‘okkupiert’ wird und darüber hinaus als Ansprechpartnerin präsent zu sein. Gleichzeitig ist sie das Bindeglied zwischen der Werkstatt und der gesamten Einrichtung.

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Auszüge aus der Werkstatt-Ordnung

Beispiel aus dem Nachbarschaftshaus Pfefferberg in Berlin Prenzlauer Berg: Das Nachbarschaftshaus Pfefferberg hat eine Keramikwerkstatt, die zusammen mit den Nutzerinnen ausgebaut und eingerichtet wurde. Sie erfüllt eine wichtige Funktion als Ort der generations- und zielgruppenübergreifenden Begegnung und kreativen Betätigung. Dabei steht die Förderung von Gemeinschaft, Gemeinschaftssinn und Eigenverantwortung im Mittelpunkt. Das oberste Prinzip ist, daß Geben und Nehmen ausbalanciert sein sollen. Dienstleistungen stehen nicht im Vordergrund, es wird vielmehr darauf geachtet, daß die Nutzerinnen alles selbst machen können und für eine Leistung eine Gegenleistung erbringen. So werden auch Arbeiten erledigt, die in der Werkstatt anfallen. In dieser Werkstatt gibt es Gruppen (Kinder, Jugendliche, Erwachsene, Eltern-Kind-Gruppen), die zwar auf den ersten Blick unabhängig voneinander arbeiten, aber in vieler Hinsicht miteinander zu tun haben. Sie müssen die Werkstatt zeitlich und platzmäßig miteinander teilen. Schon deshalb ist es wichtig,

KERAMIK-WERKSTATT-FIBEL FÜR ALLE NUTZERiNNEN

Das Keramik-Handwerk und die Organisation der Werkstatt erfordern Absprachen und Einsicht in die nicht immer gleich zu erkennende Logik. Mit dieser Fibel soll diese Logik verständlich gemacht werden. Es gibt 3 Regeln, die von allen NutzerInnen eingehalten werden müssen: ➊ Geben und Nehmen müssen sich die Balance halten. Die Nutzung der Werkstatt kostet 10 DM pro Monat, für das Dasein.

Qualitätsmerkmale sozial-kultureller Arbeit


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Das Habenwollen fertig gebrannter Sachen erfordert einen den Material- und Brennkosten angemessenen Obolus, d.h., sie müssen ausgelöst werden. Je nach Gruppe und Absprache kann das in Form von Geld, Naturalien (z.B. Speis und Trank) oder ehrenamtlicher Arbeit geschehen. ➋ Die Werke anderer werden nicht angefaßt. Gründe: Ungebrannte Sachen sind sehr zerbrechlich und aufgetragene Farben und Glasuren sind oft nicht wischfest. ➌ Das Sofa ist altehrwürdig und schonungsbedürftig, darum darf nicht darauf herumgehüpft werden. … Es folgen Hinweise zum Umgang mit Material und Werkzeug…

Was braucht es? Zur Verbindung von sozialer und kultureller Arbeit an einem Ort ist eine Definition der Schnittstelle von Sozial- und Kulturarbeit erforderlich. Jede Einrichtung muß entsprechend ihren Angeboten, den Fähigkeiten ihrer haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und ihrer Struktur herausfinden, wo diese Schnittstelle liegt und wie sie zur Förderung der Nutzerinnen und zur Befriedigung ihrer sozialen und kulturellen Bedürfnisse entwickelt wird. Dazu benötigen die Mitarbeiterinnen fachliche und konzeptionelle Kompetenz in den Methoden der kulturellen und sozialen Arbeit und entsprechende Qualifizierungsmöglichkeiten. Auch Kreativität und Experimentierfreude sind gefragt. Damit verbunden ist die Offenheit für Ungewohntes, denn die Tätigkeit in sozial-kulturellen Einrichtungen ist auf Grund der Vielschichtigkeit der Angebote, des generationsund zielgruppenübergreifenden Ansatzes und der Orientierung an den Bedürfnissen und Interessen der Stadtteilbewohnerinnen ein ständiger Entwicklungsprozeß. Dabei kommen Mitarbeiterinnen nicht selten mit Menschen und deren Lebenssituationen in Kontakt, die nicht dem ‘gängigen’ Lebensmodell entsprechen. Dann gilt: Ungewöhnliche Umstände erfordern ungewöhnliche Herangehensweisen. Hohe Kommunikationsbereitschaft und professionelle Sensibilität sind nötig, um den unterschiedlichen Ansprüchen der verschiedenen Generationen und Zielgruppen gerecht zu werden. Man muß sich immer wieder auf neue

Qualitätsmerkmale sozial-kultureller Arbeit

Menschen und Situationen einstellen, diese einschätzen und entsprechende Schlußfolgerungen ziehen können.

Wie kann es überprüft werden? Die Nutzung der Angebote wird dahingehend überprüft, ob die kulturellen Angebote auch einen sozialen Hintergrund haben. Es erfüllt nicht den Zweck der Verbindung von sozialer und kultureller Arbeit an einem Ort, wenn Menschen aus der ganzen Stadt zu rein kulturellen Veranstaltungen gelockt werden. Das macht zwar eine hohe Besucherzahl aus, aber diese Besucherinnen entwickeln keine weitergehendere Beziehung zum Haus. Statistische Auswertungen von Benutzerinnenzahlen sollten auch einmal daraufhin überprüft werden. Die Beobachtung des Stimmungsbarometers im Stadtteil gibt Aufschluß über die Akzeptanz, die Attraktivität und das Image des Hauses bei den Bewohnerinnen und darüber, ob die ‘Kultur’ der Einrichtung bei allen Schichten Anklang findet. Besucherinnenprofile machen deutlich, ob Gruppen möglicherweise ausgeschlossen sind oder bevorzugt werden. Es lohnt sich, auch die Anfragen zu erfassen, die nicht sofort abgedeckt werden können. Dann kann ggf. eine entsprechende Reaktion erfolgen. Je nach Art der Anfragen kann gleichzeitig herausgefunden werden, über welche ‘Schätze’ (Fähigkeiten und Kenntnisse) die Stadtteilbewohnerinnen verfügen, die in die weitere Arbeit einfließen können.

Was bringt es? Die Verbindung von sozialer und kultureller Arbeit an einem Ort trägt zur Stärkung von Kommunikations- und Ausdrucksformen der Bürgerinnen bei. Durch kulturelle und kreative Betätigung können die Menschen ihre sozialen Kompetenzen erweitern. Das führt zu einer Verbesserung der Lebensqualität. Der Stadtteil erfährt eine Aufwertung, indem sich die Menschen positiv mit ihm identifizieren, weil sie dort (fast) alles vorfinden, was eine hohe Lebensqualität ausmacht.


Bündelung von Angeboten; Gesamtverwaltung, Gesamtleitung, Transparenz und Erreichbarkeit Was ist das? Die gemeinsame Leitung der verschiedenen Bereiche stellt ein gemeinsames Profil der Angebote sicher, ermöglicht die Bündelung der zur Verfügung stehenden Ressourcen und sichert die notwendige Flexibilität und eine klare Orientierung der Nutzerinnen. Gemeinsame Verwaltung begünstigt eine optimale und kostengünstige Nutzung der vorhandenen Ressourcen und Kompetenzen.

Wie geht das? Am Anfang steht eine Idee, die die Grundlage für die Entwicklung einer Gesamtkonzeption bildet. Für deren Gestaltung kann die Auswertung von Stadtteilanalysen und Bewohnerinnenbefragungen genutzt werden. Daraus ergeben sich die Schwerpunkte für die Arbeit. Die Interessen, Wünsche und Bedürfnisse der (zukünftigen) Nutzerinnen sollten in die Planungsarbeit einfließen und doppelte Angebote vermieden werden. Mit der Erarbeitung einer Konzeption für die gesamte Einrichtung wird der Grundstein für die weitere Arbeit gelegt. Da sich der Stadtteil und die Interessen und Bedürfnisse seiner Bewohnerinnen im Laufe der Zeit verändern, gilt es, von Zeit zu Zeit die Konzeption zu aktualisieren. Dabei kann überprüft werden, ob die aktuellen Angebote noch mit der Konzeption und den Bedürfnissen der Nutzerinnen übereinstimmen. Veränderungen werden in die Konzeption eingearbeitet. Sowohl bei der Erarbeitung der Gesamtkonzeption als auch bei deren Aktualisierung sollten alle Bereiche des Hauses einbezogen werden, damit gewährleistet werden kann, daß sich die Mitarbeiterinnen mit dem gesamten Haus, seiner Entwicklung, seiner Philosophie und nicht nur mit ihrem eigenen Arbeitsbereich identifizieren. Damit kann gleichzeitig sichergestellt werden, daß die Mitarbeiterinnen voneinander wissen, was sie tun, wie und warum sie es tun. Das ist eine wichtige Voraussetzung für die Kooperation der einzelnen Bereiche untereinander und

es kann Auskunft gegeben werden, wenn Stadtteilbewohnerinnen oder andere Personen etwas über die Arbeit des Hauses und die Möglichkeiten, die sich ihnen hier bieten, wissen möchten. Auch bei der Mitarbeit in Stadtteilgremien, wo die Mitarbeiterinnen meist als Vertreterinnen der Einrichtung und nicht nur ihres Arbeitsbereiches auftreten, sind die entsprechenden Kenntnisse von Vorteil. Eng verbunden mit der Gesamtkonzeption ist die Verantwortung für die Philosophie der Einrichtung, denn wer sich für sozial-kulturelle Arbeit entscheidet, entscheidet sich für einen Arbeitsansatz, der besondere Hintergründe und Ansprüche hat, die in der täglichen Arbeit gelebt werden und das inhaltliche Bild einer solchen Einrichtung ausmachen.

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Diese Philosophie zeichnet sich unter anderem dadurch aus, daß sozial-kulturelle Einrichtungen sich an alle Menschen richten, unabhängig von Herkunft, Nationalität und Geschlecht. Sie ist stadtteilorientiert, generations- und zielgruppenübergreifend. Es geht darum, etwas gemeinsam mit den Menschen und nicht nur für die Menschen zu tun. Der Mensch wird in seiner Ganzheit betrachtet. Ansatzpunkte für die gemeinsame Arbeit sind die Fähigkeiten, Kenntnisse, Interessen und Bedürfnisse der Menschen. Die Verbindung von sozialer und kultureller Arbeit an einem Ort garantiert, daß soziale und kulturelle Bedürfnisse gleichermaßen aufgegriffen und bearbeitet werden. Dabei können die unterschiedlichsten Wege und Methoden genutzt und mit Phantasie, innovativen Ideen und Experimentierfreudigkeit gestaltet werden. Gute Organisation, Koordination und Kooperation sind durch die fachlich und inhaltlich sehr verschiedenen Bereiche eine Grundvoraussetzung für das Funktionieren einer sozial-kulturellen Einrichtung. Viele der vorhandenen Räume werden mehrfach und von den unterschiedlichsten Gruppen/Bereichen des Hauses und von außerhalb genutzt, also muß die Belegung der Räume organisiert werden. Aber auch der Ablauf und die Gestaltung der Arbeit in der Einrichtung als Ganzes sollte organisiert, Zuständigkeiten und Verantwortungen festgelegt werden. Das funktioniert am ehesten, wenn alle bereit sind, sich auch außerhalb ihres Arbeitsbereiches für das Haus einzusetzen. Dabei geht es sowohl um die kleinen Dinge des Alltags als auch um größere Veranstaltungen wie Stadtteil-, Straßen-, Hausfeste, Tagungen, die das ganze Haus betreffen und einer entsprechenden Organisation bedürfen.

Qualitätsmerkmale sozial-kultureller Arbeit


Die für die einzelnen Arbeitsbereiche erarbeiteten Programme sollten zusammengeführt und für die Nutzerinnen in einer verständlichen und übersichtlichen Form aufbereitet werden. Für die Veröffentlichung und Werbung ist eine gemeinsame Öffentlichkeitsarbeit nützlich. Die Herstellung, der Druck und die Verteilung von Programm- und Werbematerialien können zentral organisiert werden und diese Stelle informiert regelmäßig Presse und Rundfunk. Sonderaktionen oder -veranstaltungen können ebenfalls auf diese Weise bekanntgemacht werden.

62 Überlegt werden sollte auch, wie die Sammlung und Weitergabe von Informationen erfolgt. Besonders in großen Häusern mit vielen Mitarbeiterinnen und mehreren Standorten ist es wichtig, dafür praktikable Modelle zu finden, da es meist nicht möglich ist, regelmäßige Besprechungen mit allen Kolleginnen durchzuführen. Um den Informationsfluß und den entsprechenden Rücklauf zu gewährleisten, kann z.B. nach dem Delegationsprinzip verfahren werden, d.h. jeder Bereich ist mit einer Person vertreten, die die Informationen an die und von den anderen Mitarbeiterinnen weitergibt. Oder es können zentrale Postfächer eingerichtet und die Informationen dort abgeholt werden. Möglich ist auch eine Umlaufmappe oder die Versendung von Informationen per Fax. An Bedeutung gewinnt auch die Nutzung von neuen Technologien wie E-Mail oder Internet, mit denen eine schnelle Information und Rückantwort erleichtert wird. Jede Einrichtung kann für sich selbst entscheiden, welcher Weg für sie geeignet ist. Es ist wichtig, daß auch die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen in den Informationsfluß einbezogen werden. Die Gesamtverwaltung einer Einrichtung hat viele Vorteile. Zum einen können dadurch die Mitarbeiterinnen der einzelnen Bereiche entlastet werden, da sie sich neben der inhaltlichen Arbeit nicht übermäßig mit verwaltungs- und finanztechnischen Fragen beschäftigen müssen. Weiterhin wird dadurch ein Gesamtüberblick über Finanzierungsfragen möglich. Für die Geschäftsführung und den Vorstand wird die finanzielle Situation der Einrichtung auf einen Blick erkennbar, die erforderlichen Daten werden an einer Stelle gesammelt und müssen nicht erst von den einzelnen Arbeitsbereichen abgefragt werden. Dabei sollten natürlich auch die Mitarbeiterinnen dieser Bereiche einen Überblick über ihre Finanzen haben, damit sie entsprechend ihren Befugnissen darüber verfügen können. Diese Befugnisse sollten von der

Qualitätsmerkmale sozial-kultureller Arbeit

Geschäftsführung, der Verwaltung und/oder dem Vorstand gemeinsam mit den Mitarbeiterinnen festgelegt werden. Die Finanzierungsfragen betreffen jedoch nicht nur die Verwaltung und Abrechnung der aktuell vorhandenen Mittel. Immer mehr in den Blickpunkt rückt heute die Erschließung zusätzlicher oder neuer Finanzierungsquellen. Dafür ist es hilfreich, in der Einrichtung eine zentrale Person zu haben, die sich, intensiver als das den Mitarbeiterinnen neben der inhaltlichen Arbeit in ihren Bereichen möglich ist, mit Finanzierungsmöglichkeiten beschäftigt und als Ansprechpartnerin zur Verfügung steht. Sozial-kulturelle Einrichtungen umfassen meist mehrere unterschiedliche Arbeitsbereiche. Dabei treten immer wieder Fragen, Probleme, Klärungs- oder Diskussionsbedarf auf, die alle Bereiche bzw. das Haus als Einheit betreffen. Das können z.B. Fragen der Entwicklung des ehrenamtlichen Engagments, der Öffentlichkeitsarbeit, der Qualifizierung usw. sein. Diese übergeordneten Themen sollten herausgefiltert und entsprechend bearbeitet werden, um in der Einrichtung klare Standpunkte herzustellen und Herangehensweisen abzustimmen.

Was braucht es? Die wichtigste Arbeitsgrundlage ist ein überprüfbares Gesamtkonzept. Es beinhaltet die Ziele und Inhalte und deren Umsetzung in die Praxis und bildet den Rahmen für alle Aktivitäten. Die Rahmenbedingungen sollten so gestaltet werden, daß sie genügend Raum für Veränderungen und Weiterentwicklungen bieten. Dadurch daß sich die Arbeit an den Bedürfnissen im Stadtteil und an den Interessen, Kenntissen und Fähigkeiten der Nutzerinnen des Hauses orientiert, kann es erforderlich werden, das Konzept zu modifizieren, es der Entwicklung der praktischen Arbeit anzupassen, neue Vorhaben aufzunehmen oder konzeptionell auf sich abzeichnende Veränderungen zu reagieren. Eine wichtige Rolle spielt dabei, daß dies im Rahmen der Philosophie des Hauses und des sozial-kulturellen Ansatzes geschieht. Ein angemessenes Informationswesen und nachvollziehbare Entscheidungsstrukturen tragen dazu bei, die Arbeit sowohl für die Mitarbeiterinnen als auch für die Nutzerinnen transparent zu machen. Es sollten Wege und Möglichkeiten gefunden werden, den Informationsfluß zwischen Geschäftsführung, haupt- und


ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Nutzerinnen so zu organisieren, daß Informationen so schnell wie möglich an den betreffenden Stellen ankommen, auch der Rücklauf sollte funktionieren. Regelmäßige Mitarbeiterinnenbesprechungen können ein gangbarer Weg sein. Garantiert werden sollte aber auch, daß Informationen, die in der Zwischenzeit eintreffen und vor dem nächsten Gespräch bearbeitet werden müssen, die Adressatinnen schnell erreichen. Es geht aber nicht nur darum, daß alle regelmäßig informiert werden. Die Mitarbeiterinnen können und sollten sich auch selbst informieren. Dazu gehört auch, daß diese Informationen weitergegeben werden. Das bezieht sich sowohl auf interne als auch auf Informationen von außen. Informationen wie spezielle Fortbildungsangebote, Berichte oder Unterlagen zu verschiedenen Themen, Material über andere Einrichtungen usw. können an zentraler Stelle gesammelt und von den Mitarbeiterinnen eingesehen werden. Diese Sammlungen können auch als Umlauf durch die einzelnen Bereiche gehen. Die tägliche Arbeit in einer Einrichtung ist immer auch mit dem Treffen von Entscheidungen auf verschiedenen Ebenen (Vorstand, Geschäftsführung, Bereichsleitung) verbunden. Damit einher geht die Schaffung von Entscheidungsstrukturen, die festlegen, wer welche Entscheidungen auf welcher Ebene mit welchen Befugnissen trifft bzw. treffen kann. Diese Strukturen werden von Einrichtung zu Einrichtung unterschiedlich sein. Entsprechend der organisatorischen Strukturen kann z.B. die Hauptverantwortung beim Vorstand liegen. Der Vorstand kann eine Geschäftsführerin/einen Geschäftsführer einstellen, der/dem alle oder genau definierte Entscheidungskompetenzen übertragen werden. Geklärt werden sollte auch, welche Entscheidungen von Bereichs- oder Projektleiterinnen getroffen werden können, ob und mit wem sie sich vorher möglicherweise abstimmen müssen usw. Werden Entscheidungen getroffen, empfiehlt es sich auch zu überlegen, wie diese weitergeleitet werden. Klare Regelungen fördern dabei Transparenz und beugen Mißverständnissen und Unklarheiten vor. Beauftragt z.B. der Vorstand eine Mitarbeiterin mit einer bestimmte Aufgabe, ohne die Geschäftsführung/Projektleitung zu unterrichten, welche dann verwundert ist, daß andere Arbeiten liegenbleiben, kann das zu Verunsicherungen auf beiden Seiten führen. Deshalb sollten entsprechende generel-

le Regelungen getroffen und eingehalten werden. Geschäftsverteilungspläne und Arbeitsplatzbeschreibungen sind dabei eine Hilfestellung. Weitere wichtige Voraussetzungen für eine erfolgreiche Arbeit sind Kooperation und Kommunikationsfähigkeit. Die einzelnen Arbeitsbereiche einer Einrichtung sollten Möglichkeiten der Zusammenarbeit nutzen. Das kann z.B. die Durchführung gemeinsamer Projekte sein oder die Mitarbeiterinnen können sich gegenseitig vertreten, wenn sie auch über Grundkenntnisse in den jeweiligen anderen Bereichen verfügen.

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Aber auch die Kooperation zwischen den haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen, der Geschäftsführung und dem Vorstand sollte so funktionieren, daß alle einbezogen und ernst genommen werden, damit die tägliche Arbeit möglichst reibungslos und in guter Qualität stattfinden kann. Dabei spielen Kommunikationsfähigkeit und die Bereitschaft zum Konsens eine wichtige Rolle. Sie sind ein wesentlicher Bestandteil der Zusammenarbeit der Mitarbeiterinnen untereinander und natürlich auch in der Arbeit mit den Nutzerinnen der Einrichtung, der Arbeit im Stadtteil, der Kooperation mit anderen Einrichtungen und Institutionen, der Mitarbeit in den verschiedensten Gremien, der Öffentlichkeitsarbeit, der Verhandlung mit Geldgebern usw. Für eine wirksame Öffentlichkeitsarbeit sollte im Vorfeld überlegt werden, mit welchem Ziel sie erfolgen soll. Geht es darum, das aktuelle Programm bekannt zu machen, kann ein anderes Herangehen notwendig sein als bei gezielter Pressearbeit oder bei einem Angebot, das auf eine bestimmte Zielgruppe zugeschnitten ist. Die Verteilung von Monats-, Halbjahres- oder Jahresprogrammen kann z.B. durch Auslegen in der Einrichtung und/oder an anderen Stellen im Stadtteil (Behörden, Läden, Arztpraxen) geschehen. In Einzelfällen könnte die Zusendung per Post angebracht sein. Viele Einrichtungen haben dafür bereits ein entsprechendes Verteilsystem entwickelt. Die aktuellen Tages- oder Wochenprogramme oder Auszüge daraus können in (kostenlosen) Stadtteil- oder Regionalzeitungen oder über lokale Rundfunksender veröffentlicht werden. Für Höhepunkte, wie Stadtteilfeste oder einmalige Veranstaltungen kommen auch Plakat- oder andere Werbeaktionen in Frage. Wenig erfolgreich ist im allgemeinen die Bestückung von Hausbriefkästen mit Wer-

Qualitätsmerkmale sozial-kultureller Arbeit


bematerial, da diese Informationen in der Flut von anderer Werbung untergehen. Zur Öffentlichkeitsarbeit gehört natürlich auch die Pressearbeit. Fast überall ist es inzwischen selbstverständlich, daß zu besonderen Veran-

Wichtig ist auch die Erreichbarkeit der Einrichtung. Sie sollte einen publikumswirksamen Standort haben, damit sie von den Bewohnerinnen des Stadtteils zu Fuß oder mit einem geringen zeitlichen Aufwand erreicht werden kann. Für die gesamte Arbeit einer Einrichtung sollten Innovations- und Risikobereitschaft, Visionsund Motivationsfähigkeit gefordert und gefördert werden. Dadurch kann die flexible und schnelle Reaktion auf Veränderungen im Stadtteil und Veränderungen der Interessen und Bedürfnisse der Menschen gewährleistet werden. Neue Ideen können aufgegriffen oder entwickelt und innovativ und mit Mut zum Risiko umgesetzt werden. Sozial-kulturelle Einrichtungen sind das Bindeglied zwischen ihren Nutzerinnen und dem gesamten Stadtteil. Sie übernehmen gemeinsam mit den Bürgerinnen Verantwortung für dessen Gestaltung. Dabei kann die Entwicklung von Visionen für den Stadtteil, und daraus resultierend für die zukünftige eigene Arbeit, hilfreich sein. Das erfordert von den Mitarbeiterinnen ein hohes Maß an Motivationbereitschaft, auch als Voraussetzung dafür, andere Menschen zum Mitmachen zu gewinnen.

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Wie kann es überprüft werden? staltungen Pressevertreterinnen eingeladen oder eigene Artikel an die Presse gegeben werden. Dabei wird die Presse nicht nur genutzt, um Erfolge der Arbeit in der Einrichtung öffentlich darzustellen, sondern auch um Druck auf die Politik auszuüben oder die Solidarität von Bewohnerinnen oder anderen Einrichtungen im Stadtteil zu gewinnen, wenn es z.B. um die Schließung von Einrichtungen oder Mittelkürzungen geht. Ebenso kann die Presse genutzt werden, um auf Mißstände oder Problemlagen im Stadtteil aufmerksam zu machen und um Menschen aufzurufen, sich an deren Beseitigung zu beteiligen. Eine Voraussetzung dafür ist auch die regelmäßige Kontaktpflege mit der lokalen Presse und Rundfunk- und Fernsehsendern. Durch die Vielfalt und Flexibilität der Angebote und Betätigungsmöglichkeiten und durch die damit verbundenen meist ebenso vielfältigen Finanzierungsformen sind betriebswirtschaftliche und Verwaltungskompetenz wichtige Voraussetzungen für das Funktionieren der Einrichtung. Bestandteile der Qualitätsentwicklung und -sicherung sollten auch Fortbildungs- und Schulungsangebote sein.

Qualitätsmerkmale sozial-kultureller Arbeit

Die Durchführung von überschaubaren SelbstEvaluationsprojekten in den einzelnen Bereichen und in der Gesamteinrichtung kann eine Möglichkeit zur Überprüfung der Arbeit sein. Unter einer bestimmten Frage- und Zielstellung und mit verschiedenen methodischen Herangehensweisen betrachten die Mitarbeiterinnen der einzelnen Bereiche und des gesamten Hauses ihre eigene Arbeit. Die Ergebnisse können die Grundlage für die Veränderung, Weiterentwicklung oder Beibehaltung der inhaltlichen Arbeit sein. Hilfreich bei der Überprüfung und Weiterentwicklung der eigenen Arbeit kann auch eine Fremdevaluation sein. Das kann z.B. im Form von Organisations- oder Qualitätsanalysen oder Supervision geschehen. Dabei bietet der Blick von außen, der nicht durch ‘Betriebsblindheit’ oder tägliche Arbeitsroutine verschleiert ist, eine gute Möglichkeit, Kritikpunkte herauszuarbeiten oder Bestätigung für die Qualität der Arbeit zu erhalten. Soll eine Fremdevaluation erfolgreich stattfinden, ist deren Akzeptanz durch die Mitarbeiterinnen förderlich.


Prozeßorientiert sollte ein Abgleich der Konzeptionen mit den sich verändernden Lebensund Problemlagen im Stadtteil erfolgen. Dabei wird deutlich, ob und inwieweit Veränderungen eingetreten oder abzusehen sind und ob und welche Auswirkungen diese auf die Arbeit der Einrichtung hatten oder in der Zukunft haben sollten/könnten. Möglicherweise erfordern diese Veränderungen eine Modifizierung der Konzeption eines Bereiches oder des ganzen Hauses. Für Transparenz und Überschaubarkeit kann u.a. die Dokumentation von Kosten und Finanzierung sorgen. Daraus wird ersichtlich, welche Mittel aus welchen Quellen in welche Bereiche fließen und wie sie dort verwendet werden. Erkennbar wird auch, wo Reserven oder Finanzierungslücken bestehen und wie sie ausgeglichen werden. Durch die Auswertung der Öffentlichkeitsarbeit kann man z.B. einen Überblick erhalten über die Präsenz des Hauses in den Medien. Aber auch der Vergleich von Aufwand (Investition von Zeit und Geld) und Nutzen (wieviele Menschen wurden tatsächlich erreicht) von Werbeaktionen kann festgestellt werden.

Was bringt es? Das Ergebnis der erfolgreichen Arbeit sozialkultureller Einrichtungen sind bürgernahe, flexible, kostengünstige soziale und kulturelle Angebote, die zur Verbesserung der Lebensbedingungen der Bürgerinnen im Gemeinwesen beitragen. Bürgernahe und flexible Angebote entstehen durch die Orientierung an den Interessen, Kenntnissen, Fähigkeiten und Wünschen der Stadtteilbewohnerinnen. Die Nutzung der vorhanden räumlichen, materiellen, zeitlichen, strukturellen und personellen Ressourcen durch die unterschiedlichsten Gruppen führt zu einer ökonomische Auslastung der Einrichtung. Durch den stadtteilorientierten Ansatz von sozial-kulturellen Einrichtungen tragen sie zur Verbesserung der Lebensbedingungen der Bewohnerinnen bei.

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Qualitätsmerkmale sozial-kultureller Arbeit in der Übersicht Birgit Weber

Qualitätsmerkmale sozial-kultureller Arbeit


Qualitätsmerkmale sozial-kultureller Arbeit

Was ist das?

Wie geht das?

BESCHREIBUNG DER ZIELE

INSTRUMENTARIEN

Die Menschen sind bei der Planung und Durchführung der Veranstaltungen beteiligt. Die Hilfe und die Angebote richten sich nach ihren Fragen, Problemen und Wünschen.

쑺 쑺 쑺 쑺 쑺

Sozialpädagogische Angebote und Dienstleistungen, die im Stadtteil fehlen und an denen ein Bedarf besteht. Flexible Antworten auf neuentstehende Problemlagen. Basis- und prozeßbegleitende Beratung.

쑺 Flexibilität in den Angeboten 쑺 Übernahme von Trägerfunktionen 쑺 Institutionelle Vernetzung und Absprachen

Menschen unterschiedlichen Geschlechts, unterschiedlicher Generationen und weltanschaulicher Orientierungen werden zusammengeführt und dabei gefördert, gruppenspezifische und gemeinsame, stadtteilbezogene Interessen zu verwirklichen.

쑺 쑺 쑺 쑺 쑺 쑺

zielgerichtete Angebote für einzelne Bereiche geplante gemeinsame Angebote Freiräume für Begegnungen Raumvermietung an Fremdgruppen Angebote an wechselnden Orten Informationsveranstaltungen, Feste

Im Vordergrund der Arbeit steht: Menschen dabei zu unterstützen, ihre Fragen und Probleme aus eigener Kraft bzw. in einer Gruppe Gleichgesinnter zu lösen.

쑺 쑺 쑺 쑺 쑺 쑺

Informationsrunden Dokumentation, Öffentlichkeitsarbeit Beratung von Interessierten und Gruppen Organisation, Krisenintervention, Mediation Kooperation mit Fachleuten Räume und Infrastruktur zur Verfügung stellen für Bürgerinitiativen und Vereine

VERNETZUNG IM STADTTEIL GEMEINWESEN-ENTWICKLUNG

Zielgerichtete Einbeziehung aller im Stadtteil vorhandenen „Einheiten“ - wie soziale, kulturelle Einrichtungen, Vereine, Initiativen, Verwaltung, Politik und Wirtschaft. Beiträge zur Lösung der anstehenden Probleme im lokalen Wohnumfeld unter Einbeziehung der AnwohnerInnen.

쑺 Teilnahme an und/oder Initiierung von Nachbarschaftskonferenzen, Arbeitskreisen, Gremien, Informationsgesprächen, Ausschüssen und informellen Treffen 쑺 aktuelle Information über Stadtteilereignisse 쑺 gemeinsame Trägerschaft 쑺 gemeinsame Nutzung von Ressourcen

FÖRDERUNG VON FAMILIEN, ANDEREN LEBENSGEMEINSCHAFTEN UND NACHBARSCHAFTSBEZIEHUNGEN DURCH INFORMELLE VERNETZUNG

Berücksichtigung und Funktionsstärkung der informellen Hilfesysteme Ausgleich von Defiziten Verknüpfung von familialen und stadtteilbezogenen Netzwerken

쑺 쑺 쑺 쑺 쑺 쑺 쑺

ZUSAMMENARBEIT VON HAUPTUND EHRENAMTLICHEN MITARBEITERINNEN

Ehrenamtliche Arbeit erweitert und ergänzt die Reichweite der professionellen Angebote von Nachbarschaftseinrichtungen. Sie umfaßt Freiwilligendienste und die Mitwirkung an Entscheidungsprozessen auf allen Ebenen der Einrichtungen.

쑺 쑺 쑺 쑺

VERBINDUNG VON SOZIALER UND KULTURELLER ARBEIT AN EINEM ORT

Soziale und kulturelle Arbeit gehören zusammen. In beiden Bereichen steht die Kommunikations- und Ausdrucksfähigkeit der Menschen in ihrer direkten Umgebung im Mittelpunkt. Die soziale und kulturelle Eigeninitiative wird gefördert.

쑺 쑺 쑺 쑺 쑺 쑺 쑺

soziale und kulturelle Methoden Organisation und Koordination Kultur für alle und Kultur von allen verstehen Kultur vor Ort und als Alltagskultur fördern Vielfalt kreativer Möglichkeiten nutzen Kultur als Basis für Identität und Lebenssinn Räume und Infrastruktur zur Verfügung stellen

BÜNDELUNG VON ANGEBOTEN; GESAMTVERWALTUNG, GESAMTLEITUNG, TRANSPARENZ UND ERREICHBARKEIT

Die gemeinsame Leitung der verschiedenen Bereiche stellt ein gemeinsames Profil der Angebote sicher und ermöglicht die Bündelung der zur Verfügung stehenden Ressourcen und sichert die notwendig Flexibilität und eine klare Orientierung der NutzerInnen. Gemeinsame Verwaltung begünstigt deren optimale und kostengünstige Nutzung.

쑺 쑺 쑺 쑺 쑺 쑺 쑺

Organisation und Kooperation Informationssammlung und Weitergabe Entscheidung für übergeordnete Themen Gesamtkonzeption erstellen und aktualisieren gemeinsame Öffentlichkeitsarbeit Verantwortung für die Philosophie der Einrichtung Gesamtüberblick über Finanzierungsfragen

ORIENTIERUNG AN DEN FRAGEN, KENNTNISSEN UND INTERESSEN DER NUTZERINNEN UND BEWOHNERINNEN

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ORIENTIERUNG AN DER BEDARFSLAGE IM STADTTEIL

MULTIKULTURELLES UND GENERATIONSÜBERGREIFENDES BEGEGNEN UND ZUSAMMENWIRKEN IN STADTTEILEN HILFE ZUR SELBSTHILFE

Qualitätsmerkmale sozial-kultureller Arbeit

Stadtteilerkundungen Stadtteilanalysen Befragung der StadtteilbewohnerInnen Bildmaterial, Stadtteilgeschichte Gemeinsame Planung durch MitarbeiterInnen und BesucherInnen 쑺 Reagieren auf aktuelle Ereignisse und Entwicklungen

generationsübergreifende Aktivitäten Familienberatung/ -erholung/ -bildung Beratung für neue Wohnformen Wohnungstausch Tauschringe Nachbarschaftshilfe Nachbarschaftsfeste

Informationsveranstaltungen Werbung für ehrenamtliche Arbeit Anerkennung freiwilliger Leistungen Arbeitsplätze und -formen für ehrenamtliche Arbeit schaffen 쑺 Beratung, Unterstützung, Qualifizierung 쑺 Entscheidungsgremien schaffen


Was braucht es?

Wie kann es überprüft werden?

Was bringt es?

BEDINGUNGEN UND STANDARDS

EVALUATION UND QUALITÄTSSICHERUNG

ERGEBNIS

쑺 쑺 쑺 쑺 쑺 쑺 쑺

Klarheit über vorhandene Ressourcen Beteiligungsmodelle für alle nachvollziehbare Entscheidungsstrukturen übersichtliches Informationssystem Rollenklarheit kommunikative Fähigkeiten handhabbare Dokumentation

쑺 Überprüfung von Untersuchungsergebnissen und tatsächlichen Programmen; BesucherInnenbefragungen 쑺 Interviews im Stadtteil 쑺 Statistische Auswertung 쑺 Beschreibung der Ziele und Ergebnisse 쑺 Szenarien 쑺 Planspiele

bürgernahes, bedarfsorientiertes Angebot Entfaltungsmöglichkeiten im Stadtteil

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Flexibilität freie Kapazitäten für Entwicklungsarbeit Sicherung der Finanzierung Zugang zu Informationen anderer Institutionen und Ämter

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Abstimmung mit zuständigen kommunalen Stellen NutzerInnenbefragungen Umfrage im Stadtteil Rückmeldung von Stadtteilkonferenzen, Sozialraum, AGs und ähnlichen Gremien 쑺 Experten-Hearings

Abbau von Defiziten in der sozialen und kulturellen Versorgung der Stadtteile

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fach-, kultur- und sprachkompetentes Personal Blick über den Tellerrand Bereitschaft zur Zusammenarbeit Flexibilität Berücksichtigung kultureller Werte und Normen Phantasie und Toleranz

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ein Ort der Begegnung für alle Altersgruppen und Nationalitäten im Stadtteil aktiver Beitrag zu Verständnis und sozialem Miteinander

Dokumentation der spezifischen Angebote Abgleich mit der Gesamtkonzeption Überprüfung der Akzeptanz bei den TeilnehmerInnen regelmäßige Auswertung gemeinsamer Aktionen Auswertung der Pressemitteilungen

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쑺 eigene Räume 쑺 verbindliche und entscheidungsbefugte Koordinationsstelle 쑺 kommunikative Fähigkeiten und Akzeptanz im Umgang mit unterschiedlichen Gruppen 쑺 professionelle Verfahren in Interaktionen, Beratung und Kriseninterventionen

쑺 Auswertungstage mit VertreterInnen der Selbsthilfegruppen 쑺 Dokumentation der Vermietungen

Stärkung und Erweiterung von Eigenverantwortung und Kompetenz der Menschen Abbau von Abhängigkeiten

쑺 쑺 쑺 쑺 쑺 쑺

klare Trägerstandpunkte funktionierende Informationsnetze Kommunikationsfähigkeiten Transparenz und Kontrollarbeit Kenntnis der verschiedenen „Einheiten“ Akzeptanz durch die „Einheiten“

쑺 Überprüfung von Selbstbild und Fremdbild 쑺 Imageüberprüfung 쑺 regelmäßige Überprüfung des eigenen Angebots im Kontext sonstiger Angebote im Stadtteil 쑺 Protokolle der Treffen 쑺 Rückkopplung zur eigenen Einrichtung 쑺 Delphi-Befragung

wirksame und kostengünstige Koordination aller im Stadtteil wirksamen Ressourcen

쑺 Kompetenz in Beratung und Mediation 쑺 Sensibilität für unterschiedliche Sichtweisen

쑺 Rückmeldung von anderen, mit diesen Fragen befaßten Institutionen, wie Schulen, Sozialpädagogische Dienste, Erziehungsberatungsstellen 쑺 Jugendgerichtshilfe 쑺 Wohnungsamt 쑺 Auswertungsgespräche mit allen Beteiligten 쑺 Kooperation mit Vereinen

Stabilisierung von Beziehungsgefügen konstruktive Bewältigung von Generationskonflikten positive Sozialisationseffekte

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쑺 Stimmungsbarometer bei haupt- und ehrenamtlichen MitarbeiterInnen 쑺 statistische Auswertung 쑺 Aufgaben- und Zielanalysen 쑺 gemeinsame Auswertungstage und Supervision 쑺 Befragung im Stadtteil 쑺 Zukunftswerkstatt

Ort für bürgerschaftliches Engagement Nutzung verschiedener Kenntnisse und Fähigkeiten zur aktiven Lebensweltgestaltung

쑺 Definition der Schnittstelle Sozial- und Kulturarbeit 쑺 fachliche und konzeptionelle Kompetenz in Methoden der kulturellen und sozialen Arbeit 쑺 Kreativität und Experimentierfreude 쑺 hohe Kommunikationsbereitschaft 쑺 Offenheit für Ungewohntes 쑺 professionelle Sensibilität

쑺 쑺 쑺 쑺 쑺

Stärkung von Kommunikations- und Ausdrucksformen der BürgerInnen zur Verbesserung der Lebensqualität Aufwertung des Stadtteils positive Identifikation mit dem Stadtteil

쑺 überprüfbares Gesamtkonzept 쑺 angemessenes Informationswesen und nachvollziehbare Entscheidungsstrukturen 쑺 Kooperation und Kommunikationsfähigkeit 쑺 Innovations-/Risikobereitschaft, Visions-/Motivationsfähigkeit 쑺 wirksame Öffentlichkeitsarbeit 쑺 betriebswirtschaftliche und Verwaltungskompetenz

쑺 Durchführung von überschaubaren Selbst-Evaluationsproj. in den einzelnen Bereichen u. in der Gesamteinr. 쑺 regelmäßiger Abgleich der Konzeptionen mit den tatsächlichen und geäußerten Bedürfnissen der StadtteilbewohnerInnen 쑺 Dokumentation von Kosten und Finanzierung 쑺 Auswertung der Öffentlichkeitsarbeit 쑺 Fremdevaluation

klare Aufgabenstellung geklärte Verantwortungen, Rollen und Zeiteinheiten nachvollziehbare Entscheidungsstrukturen nachvollziehbare Mitbestimmungsmodelle Innovationsbereitschaft Akzeptanz unterschiedlicher Motivationen

Überprüfung der Nutzung der Angebote statistische Auswertung von NutzerInnenzahlen Stimmungsbarometer im Stadtteil BesucherInnenprofile Erfassung von Anfragen

kostengünstige, flexible, bürgernahe soziale und kulturelle Angebote zur Verbesserung der Lebensbedingungen der BürgerInnen im Gemeinwesen

Qualitätsmerkmale sozial-kultureller Arbeit


Knackpunkte Erfahrungen aus der Zusammenarbeit mit Projekten in den neuen Bundesländern Gudrun Israel

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Im Folgenden möchte ich noch einmal im zusammengefaßter Form Erscheinungen, Fragen und Probleme aufgreifen, die mir bei der Zusammenarbeit mit sozial-kulturellen Projekten in den neuen Bundesländern besonders aufgefallen sind. Sie hängen teilweise mit den politischen und gesetzlichen Rahmenbedingungen zusammen und nicht jede Einrichtung ist von allen dieser Themen betroffen, sie sind jedoch weit verbreitet. Die Auseindersetzung damit ist als Hilfestellung für die tägliche Arbeit gedacht. Entstehung und Aufbau der Einrichtungen Betrachtet man die Gründungsphase und die Entstehung der Einrichtungen, so sind diese in der Regel von viel Enthusiasmus, Motivation und Hoffnung bei den Gründerinnen und Mitarbeiterinnen gekennzeichnet. Die wenigsten Einrichtungen entwickelten und entwickeln ihre Angebote aber auf der Grundlage von Stadtteilanalysen. Bekannt war anfangs meist nur die Einwohnerzahl des Einzugsgebietes. Es wurden kaum weitergehendere Informationen eingeholt oder Befragungen der Stadtteilbewohnerinnen durchgeführt, um darauf basierend zumindest Grundzüge wie die altersmäßige Struktur zu erkennen und sich mit bestimmten Angeboten an spezielle Zielgruppen zu richten.

Knackpunkte

Übernahme von Kindertagesstätten usw. Hier gibt es sicher für die eine oder andere Einrichtung noch Möglichkeiten, tätig zu werden. Dazu ist es hilfreich, die Entwicklung im Stadtteil genau zu beobachten, um Tendenzen schnell zu erkennen, entsprechende Konzepte zu entwickeln und die Finanzierung zu sichern. Dabei könnte manchmal ein wenig mehr Mut zum Risiko förderlich sein. Auswirkungen der Struktur der Arbeitsfördermaßnahmen Von großer und weitreichender Bedeutung sind die Bedingungen, die durch die Politik und Praxis der Arbeitsfördermaßnahmen in den neuen Bundesländern entstanden sind. Nach wie vor wird die überwiegende Mehrheit der Mitarbeiterinnen sozial-kultureller Einrichtungen über Arbeitsfördermittel finanziert. Nach einer fünfjährigen relativ gesicherten ABM- mit anschließender 249h-Finanzierung dreht sich das AFG-Karussell nun immer schneller. Die Maßnahmen greifen nur noch kurzfristig. Mitarbeiterinnen können häufig nur noch für ein Jahr oder gar einen noch kürzeren Zeitraum beschäftigt werden. Das kann zur Stagnation, im schlimmsten Fall zur Verringerung der Qualität der Arbeit führen.

Ausschlaggebend für die inhaltliche Arbeit waren fast ausschließlich die Interessen, Fähigkeiten, Ideen und Wünsche der haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen. Diese wurden nicht unbedingt daraufhin überprüft, ob sie auch den Interessen und Bedürfnissen der Bürgerinnen entsprechen.

Hinzu kommt, daß die umfangreiche Nutzung von Arbeitsfördermaßnahmen auch enorme Kräfte bindet. Der bürokratische und verwaltungstechnische Aufwand hat im Laufe der Jahre stark zugenommen, Formulare ändern sich ständig, die Antrags-, Umsetzungs- und Abrechnungsverfahren werden immer komplizierter und aufwendiger. Teilweise wird eine monatliche Abrechnung verlangt und die Mitarbeiterinnen haben minutiöse Nachweise des zeitlichen und inhaltlichen Ablaufs ihrer Arbeit zu führen. Erstaunlicherweise lassen sich viele Träger von diesem Aufwand nicht abschrecken. Nur wenige lehnen es ab, auf dieser Basis zu arbeiten.

Es ist jedoch eine zunehmende Orientierung an den Bedürfnissen im Stadtteil zu beobachten, von denen die Mitarbeiterinnen durch die Nutzerinnen des Hauses und in Gesprächen erfahren. Auch Finanzierungsgründe spielen dabei eine Rolle. Zur Stabilisierung der Arbeit sollten zumindest Teilbereiche finanziell abgesichert werden. Dabei sind die Erfolgsaussichten am größten, wenn es sich um Pflichtaufgaben der Kommunen handelt, die sich mit den Bedürfnissen der Menschen im Stadtteil decken. Dazu gehören Jugendarbeit, Familienhilfe und Familienpflege, die

Bedingt durch die anfangs großzügige Bewilligung von Arbeitsfördermaßnahmen verfügen viele Einrichtungen bis heute über überproportional viele Mitarbeiterinnen im Vergleich zur Größe der Einrichtung, zum Inhalt der Angebote und zur Zahl der Nutzerinnen. In Verbindung mit dem Auslaufen dieser Maßnahmen ist kaum darüber nachgedacht worden, die Arbeit perspektivisch nach den Grundsatz „Weniger ist vielleicht mehr“ neu zu strukturieren, so daß sie effektiv und in gleicher oder sogar höherer Qualität von weniger Personal getan werden kann, um auf


diese Weise vielleicht die eine oder andere feste Stelle zu schaffen. Alle Anstrengungen liefen vielmehr darauf hinaus, diese Stellen mit anderen Personen neu zu besetzen. Das schlägt sich bis heute in einer hohen Arbeitsteilung und Spezialisierung der Mitarbeiterinnen, aber auch in der Kurzfristigkeit ihrer Tätigkeit nieder. Daraus entwickelt sich eine Spirale ohne Ende. Dazu trägt auch die veränderte Förderpolitik der Arbeitsämter bei. Es werden in erster Linie langzeitarbeitslose Personen vermittelt, die nicht unbedingt für soziale, kulturelle und pädagogische Arbeit qualifiziert sind. Demzufolge und durch die Tatsache,daß es über Jahre hinweg nur selten gelungen ist, feste Stellen zu schaffen, ist der Anteil entsprechend qualifizierter Mitarbeiterinnen, die es anfangs gab, stark zurückgegangen. Durch die Beibehaltung der hohen Anzahl von Mitarbeiterinnen, die immer weniger entsprechende Qualifikationen mitbringen, wird zwar weiterhin eine große Angebotsvielfalt bereitgestellt, sie führt aber auch dazu, daß einige Mitarbeiterinnen für sich Nischen suchen und finden, um nicht in ihrem eigentlichen Arbeitsbereich tätig werden zu müssen. Mangelnde Kenntnisse und Fähigkeiten erschweren oder verhindern es, die Nutzerinnen der Einrichtung und die Stadtteilbewohnerinnen im Sinne des sozial-kulturellen Ansatzes zu aktivieren und zu motivieren, selbst tätig zu werden und sich für die Berücksichtigung ihrer Wünsche und Bedürfnisse einzusetzen. Es entwickelt sich bei manchen Mitarbeiterinnen vielmehr der Wunsch, Menschen betreuen zu wollen. Denn dieser Weg ist für sie einfacher zu bewältigen. In einigen Bereichen ist Betreuung sicher angebracht, in anderen jedoch nicht. Das wird z.B. im Seniorenbereich besonders deutlich. Es ist für viele hauptamtlichen wie ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen immer noch schwer zu verstehen, daß Seniorinnen nicht ständig betreut werden müssen. Auch wenn die älteren Menschen ein arbeitsreiches Leben hinter sich haben und sich im Alter lieber bedienen lassen möchten, kann es nicht im Sinne von sozial-kultureller Arbeit sein, dies zu fördern. Auch Seniorinnen haben Fähigkeiten, Kenntnisse und Kompetenzen, die sie einbringen können, um etwas in der Einrichtung und für die Einrichtung und damit für sich selbst zu tun. Dadurch kann sich ihr Lebensgefühl deutlich verbessern. Denn viele ältere Menschen leben mit dem Gefühl, allein, nicht mehr gebraucht und ausgeschlossen zu sein. Gerade sozial-kulturelle Einrichtungen mit ihren vielfältigen Angeboten, Begegnungs- und Betätigungsmöglichkeiten können dem entge-

genwirken. Läßt man diese Menschen sich jedoch immer an den ‘gedeckten Tisch’ setzen, wird durch diese oftmals gar nicht notwendige Betreuung das Gegenteil erreicht. Sie bleiben passiv und werden nicht dazu motiviert, sich selbst aktiv zu beteiligen. So sollte z.B. bei der Einstellung neuer Mitarbeiterinnen darauf geachtet werden, daß Aufgaben vorhanden sind oder gefunden werden, die ihren Kenntnissen und Fähigkeiten entsprechen. Es ist wenig förderlich für die Qualitätsentwicklung einer Einrichtung, für die Weiterentwicklung des sozial-kulturellen Ansatzes und auch für das persönliche Lebensgefühl der Mitarbeiterinnen, wenn die Kluft zwischen Anspruch und Möglichkeiten zu groß ist. Und die Praxis hat gezeigt, daß es kaum möglich ist, Mitarbeiterinnen, die keinen eigenen Bezug zu dieser Arbeit mitbringen, innerhalb der kurzen Zeit, die sie in der Einrichtung arbeiten, umfassendes Wissen zu vermitteln.

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Aufgrund der Kurzfristigkeit der Arbeitsverhältnisse und der Verringerung oder völligen Streichung der Fortbildungsmittel aus den Arbeitsförderprogrammen wird immer weniger in Weiterbildung im sozial-kulturellen Bereich investiert. Es werden nur dann Veranstaltungen wahrgenommen, wenn sie im Ort oder in der näheren Umgebung und kostenlos stattfinden. Meist sind das Veranstaltungen für spezielle Arbeitsbereiche, Fortbildungen im Bereich der sozial-kulturellen Arbeit werden oft als weniger wichtig betrachtet. Im Laufe der Zeit hat sich auch die Motivation der Mitarbeiterinnen verändert. Waren sie anfangs hochmotiviert und engagiert, in der Erwartung, daß es irgendwie weitergehen würde, kam spätestens dann die Ernüchterung, wenn die Stellen ausliefen und keine Anschlußfinanzierung gefunden werden konnte. Inzwischen stellt sich die Situation so dar, daß von vornherein klar ist, daß die Stellen befristet sind und eine Verlängerung nur in Ausnahmefällen erfolgt. Dies wirkt sich positiv wie negtiv auf die Motivation der Mitarbeiterinnen aus. Einige engagieren sich stark in der Hoffnung, später zu den Ausnahmen zu gehören, andere machen ‘Dienst nach Vorschrift’ oder versuchen, sich eine angenehme Zeit zu machen. Wenn es trotz entsprechender Anleitung nicht gelingt, die Motivation der Mitarbeiterinnen positiv zu beeinflussen, werden aber nur in seltenen Fällen entsprechende Konsequenzen gezogen, wie z.B. die Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor Ablauf der Probezeit, die auch bei Arbeitsfördermaßnahmen festgelegt werden kann. Die Aufzählung all dieser Problembereiche zeigt,

Knackpunkte


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daß die Rahmenbedingungen, wie sie in den Arbeitsverträgen und -bedingungen der Mitarbeiterinnen zum Ausdruck kommen, sehr unterschiedliche Ebenen betreffen: das Verhältnis Mitarbeiterinnen - Größe und Ausrichtung der Einrichtung, Fragen der Motivation, der Weiterbildung und auch der grundlegenden Ausrichtung und der Qualität der Arbeit. Aber sind diese Rahmenbedingungen immer die einzige Erklärung für die vorhandenen Entwicklungen? Wie lassen sich Motivation und Qualität gerade in bzw. trotz dieser Rahmenbedingungen erhalten, stärken, weiterentwicklen? Wie können andere Bedingungen geschaffen werden? Wo wird an Alternativen gearbeitet? Öffnung und Präsenz der Einrichtungen im Stadtteil Ein wesentliches Merkmal sozial-kultureller Arbeit ist die Arbeit mit den Menschen im Stadtteil und damit auch die Öffnung der Einrichtung für den Stadtteil. So sind die Mitarbeiterinnen der Einrichtungen bei Veranstaltungen, Festen und anderen Aktivitäten im Stadtteil mit Ständen, Programmen, Angeboten usw. vertreten und kommen auf diese Weise in Kontakt mit anderen Personengruppen als den Nutzerinnen der Einrichtung. Es ist jedoch in vielen Einrichtungen eine gewisse bis große Scheu der Mitarbeiterinnen zu beobachten, außerhalb solcher Aktivitäten auf die Menschen im Stadtteil zuzugehen oder sie in ihren Wohnungen oder an Treffpunkten aufzusuchen und anzusprechen. Man gibt sich lieber mit dem zufrieden, was man hat, als das Risiko einzugehen, auch einmal Ablehnung zu erfahren. Daraus ergibt sich, daß nur die Meinungen und Wünsche der Nutzerinnen der Einrichtung einholt werden und die übrigen Bewohnerinnen des Stadtteils außen vor bleiben. In diesem Zusammenhang ist auch die Haltung vieler Mitarbeiterinnen zu sehen, lieber in der Einrichtung auf die Menschen zu warten, anstatt auf sie zuzugehen, Schwellenängste abzubauen und ihnen die ersten Schritte ins Haus zu erleichtern. Diese Wartehaltung kann auch zu den Ursachen dafür gehören, daß Mitarbeiterinnen enttäuscht sind, wenn sie trotz intensiver Vorbereitung und Öffentlichkeitsarbeit für ein Angebot nicht die gewünschte oder erwartete Resonanz erhalten. Das trifft besonders auf Angebote zu, die nicht für einen großen, sondern für einen ganz speziellen Personenkreis konzipiert sind. Dann sollte man sich auch nicht scheuen, diese Menschen gezielt anzusprechen oder sie persönlich, schriftlich oder telefonisch zu informieren, wenn die entsprechenden Daten verfügbar sind. Weit verbreitet ist auch die Annahme, daß Angebote von Anfang an in vollem Umfang genutzt

Knackpunkte

werden müssen. Auch die anfängliche Teilnahme von weniger als der erwarteten Anzahl von Personen ist ein Erfolg! Das zu akzeptieren fällt manchmal schwer, man sollte sich jedoch die Zeit nehmen, ein Angebot wachsen zu lassen, ohne es vorschnell enttäuscht wieder aus dem Programm zu nehmen. Wenn sich nach einer bestimmten Zeit herausstellt, daß es tatsächlich nicht auf Zuspruch stößt, sollte versucht werden, die Ursachen herauszufinden. Liegt es daran, daß das Angebot nicht genügend bekanntgemacht wurde? Liegt es an der Uhrzeit, zu der es stattfindet? Oder besteht wirklich kein Bedarf an diesem Angebot?... Auch eine Einrichtung braucht Zeit um sich entwickeln zu können und dieser Prozeß hört nie auf. Die Eröffnung einer Einrichtung ist gleichzeitig der Beginn ihrer Veränderung. Sie kann natürlich nicht ins Uferlose wachsen, sondern es geht darum, Veränderungen im Stadtteil durch flexibles Reagieren aufzugreifen und die Arbeit der Einrichtung entsprechend zu modifizieren. Das zu wissen und damit kreativ und innovativ umgehen zu können, ist eine wichtige Voraussetzung für das erfolgreiche Wirken im Stadtteil. Zusammenfassung Diese ‘Knackpunkte’ spielen in den Einrichtungen in unterschiedlicher Weise und Konzentration eine Rolle. Solche Erscheinungen zu kennen und zu erkennen, eröffnet die Möglichkeit, fördernd oder gegensteuernd zu handeln und damit zur Weiterentwicklung und Sicherung der Qualität der sozial-kulturellen Arbeit beizutragen. Wir möchten Sie dazu ermutigen, auf dem eingeschlagenen Weg weiterzugehen, denn sozial-kulturelle Arbeit ist ein wichtiger Beitrag zur Verbesserung der sozialen und kulturellen Lebensbedingungen der Menschen im Stadtteil/Ort, der durch die Aktivierung und Motivierung der Bewohnerinnen letztendlich von ihnen selbst geleistet wird. Dazu bedarf es aber auch entsprechender Rahmenbedingungen. Einerseits werden diese von den Einrichtungen selbst geschaffen (Standort, Arbeitschwerpunkte, Mitarbeiterinnen, Finanzierung usw.), andererseits werden sie von Politik und Gesellschaft vorgegeben. Die Rahmenbedingungen können sozial-kulturelle Arbeit fördern oder behindern. So kann sich der sozial-kulturelle Arbeitsansatz auf Dauer nur durchsetzen, wenn die Bereitschaft der Mitarbeiterinnen und der Einrichtung zu langem Atem und Phantasie vorhanden ist und Politik und Verwaltung ihrer Verantwortung gerecht werden. Vielleicht lassen sich gemeinsame Wege suchen.


Fundraising Dr. Friedrich Haunert Sozial-kulturelle Arbeit lebt von der Beteiligung der Menschen, von Vernetzung im Gemeinwesen. Sie formuliert ihre Ziele aus den Bedarfslagen im Stadtteil heraus. Sozial-kulturelle Arbeit geht über den Bereich der Pflichtaufgaben hinaus. Angebote und Dienstleistungen, die in das Gebiet der freiwilligen Leistungen der kommunalen Verwaltungen fallen, werden in vielen Fällen nicht oder nicht ausreichend finanziert. Deshalb ist Fundraising notwendig, um die dafür erforderlichen Mittel oder Mittel für zusätzliche Aktivitäten einzuwerben.

Was ist Fundraising? International wird mit Fundraising die Mittelbeschaffung nichtkommerzieller Einrichtungen bezeichnet, wie es wörtlich übersetzt heißt. Mit bestimmten Instrumenten, die im weiteren näher erläutert werden, wird einer bestimmten Marketingstrategie folgend versucht, möglichst viele Menschen in die gemeinnützigen Ziele einer Organisation einzubeziehen, sie zu Beteiligten, zu Freunden zu machen und von ihnen bzw. mit ihnen gemeinsam zusätzliche und für die Arbeit notwendige Ressourcen zu erschließen. Auf diese Ressourcen besteht kein Rechtsanspruch und sie fließen nicht regelmäßig, auch wenn mitunter staatliche Quellen angezapft werden. Privatpersonen haben als Ressourcen-Quelle die größte Bedeutung. Die Ziele sozial-kultureller Arbeit konkurrieren mit den Zielen anderer nichtkommerzieller Einrichtungen um Geld, Aufmerksamkeit, Knowhow, Sachwerte und Zeit potentieller Förderer. Diese immer knapperen Ressourcen sind also das angepeilte Ergebnis der Bemühungen.

die Gefahr, daß es nur als Selbstzweck betrieben wird anstatt als strategische Managementaufgabe mit dem Ziel, die gemeinnützigen Zwecke und gesellschaftlichen Visionen langfristig zu erreichen.

Zahlen In Deutschland scheint die Bereitschaft der Bevölkerung, sich aktiv an der Zielerreichung gemeinnütziger Organisationen zu beteiligen, etwas geringer ausgeprägt als im europäischen Vergleich. Aber im Vergleich zum Mutterland des Fundraising, den USA, sieht es geradezu mager aus. Auch unter der Berücksichtigung, daß es dort keine Kirchensteuer gibt und über 40% der US-amerikanischen privaten Mittel religiösen Zwecken zugute kommen, sind die ca. 150 Mrd. $ ein Vielfaches der geschätzten 4 bis 8 Milliarden Spendenmark in Deutschland.

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Bei uns werben nur 250 von geschätzten 25.000 spendensammelnden Non-Profit-Organisationen 80% aller privaten Drittmittel ein. Weiterhin läßt sich feststellen, daß etwa 80-90% der eingeworbenen Mittel von Privatpersonen, aber nur etwa 5% von Wirtschaftsunternehmen stammen. Inwieweit dieses im einzelnen auch für Gemeinwesenprojekte, Nachbarschaftsvereine und Stadtteilinitiativen zutrifft, müßte von der Fundraising-Forschung erst noch untersucht werden.

Fundraising-Grundregeln

Jede Organisation verfügt über erhebliches Vermögen - freilich im übertragenen Sinn. All die Phantasie, Kreativität, die Lösungspotentiale für gesellschaftliche Fragen, die Projekte, das freiwillige soziale Engagement usw. sind ausbaufähig. Lediglich Geld für sozial-kulturelle Arbeit besorgen zu wollen, wäre zu kurz gegriffen. Somit ließe sich Fundraising auch mit „Vermögensentwicklung” übersetzen.

Sozial-kulturelle Arbeit ist in Deutschland von staatlichen Zuwendungen vielfach abhängig und stark geprägt. Jede Quelle prägt den Empfänger; niemand beißt die Hand, die ihn füttert. Sozial-kulturelle Arbeit ist jedoch immer schon auf eine Finanzierung aus vielen Quellen angewiesen. Einerseits geht nichts ohne Zuwendungen für staatliche Pflichtaufgaben. Andererseits lassen sich viele der zumeist ambitionierten Projekte nur mit ideeller Unterstützung Freiwilliger, mit Förderung durch Stiftungen, materieller Unterstützung durch Firmen und vor allem durch Geld-, Zeit- und Sachspenden von Privatleuten realisieren.

Wenn Fundraising nicht als reine Beschaffung von Geld zum Überleben einer Organisation in schlechten Zeiten begriffen wird, verringert sich

Sozial-kulturelle Arbeit ist auf bürgerschaftliches Engagement angewiesen und fördert Engagementbereitschaft. Nur wer darum gefragt

Fundraising


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wird, gibt auch etwas ab - und es muß immerzu gefragt werden. Obwohl die häufigste Antwort „Nein” lautet, muß weitergefragt werden - was eine wichtige Regel im Fundraising darstellt. Eine weitere wichtige Regel ist der Dank. Aber - und hier unterscheidet sich Fundraising für Gemeinwesenarbeit in Deutschland nicht sonderlich vom Fundraising für Kultur, für Schulen, Wohlfahrtsverbände oder Kinderläden allzu selten noch wird Fundraising als Managementaufgabe begriffen, die sie zweifellos darstellt. Immer noch zu selten wird professionalisiertes Fundraising betrieben; das bedeutet zielgerichtet, geplant, systematisch, langfristig, eingebunden in andere Aktivitäten des sozialen Marketing und der sozialen Kommunikation zu handeln. Fundraising wird leider oft als lästige Nebenaufgabe angesehen und nicht als zentrale Aufgabe von Vorstand und Geschäftsführung. Jede sozial-kulturelle Organsiation muß für ihre laufende Arbeit und für besondere Projekte Mittel aus den verschiedensten Quellen erschließen.

Fundraising-Ziele, -Instrumente und Planung Fundraising-Ziele können neben der Erschließung von Ressourcen (Geld, Zeit, Sachwerte oder Know-how) die Verringerung der aufzuwendenden Fundraising-Kosten, die Steigerung der Zufriedenheit von Fördernden, Fundraisingmitarbeitern, Angebotsnutzern und der Öffentlich-

lung neuer Instrumente keine Grenzen gesetzt außer die eigenen.

Kurzfristige Fundraising-Instrumente (Auswahl): · · · · · ·

Spendenbriefe (Mailings) Sammlungen Mitgliederwerbung PR-Materialien/Freianzeigen/Rundfunkspots „Events”: Feste/Flohmarkt/Tombola Telefon-Fundraising, z.B. für Sachspenden

Mittelfristige Fundraising-Instrumente (Auswahl): · Verkauf von Produkten und Dienstleistungen (Merchandising) · Lotterien · Akquisition von Geldbußen bei Gerichten und Staatsanwaltschaften · Kommunale (bezirkliche) Sondermittel · Anträge bei Förderstiftungen · Sozial-Sponsoring

Langfristige Fundraising-Instrumente (Auswahl): · · · · ·

Gründung einer eigenen Stiftung Erbschafts-Fundraising Großspendenakquisition Programme für Freiwillige Aufbau von Förderkreisen

Eine Strategie zur Erreichung langfristiger Ziele erfordert eine langfristige Planung, der sich die mittelfristige Planung von Zielen für den Zeitraum von 2-3 Jahren unterzuordnen hat. Für die kurzfristige Planung muß die Organisation entsprechend flexibel sein und genügend Raum lassen. Es werden Aktivitäten entfaltet, um die mittel- und langfristigen Planungen vorzubereiten und zu begleiten. Oft ist auch eine schnelle Reaktion auf unvorhersehbare Krisen und veränderte Rahmenbedingungen nötig.

keit, die Verbesserung des eigenen Images sowie die Öffentlichkeitsarbeit darstellen. Um diese Ziele zu erreichen, stehen eine Reihe von Instrumenten zur Verfügung, die einer möglichst genauen Planung entsprechend eingesetzt werden. Zweckmäßig scheint eine Differenzierung in kurz-, mittel- und langfrstige Instrumente, um die eigenen Fundraising-Ziele effizient zu erreichen. Der Phantasie sind bei der Entwick-

Fundraising

In der Praxis haben sich folgende Planungsschritte bewährt: Situationsanalyse Wichtige Teilschritte sind die Feststellung der internen und externen Faktoren und Rahmenbedingungen, des Ist-Zustands der Einrichtung, Fragen nach Leitbild, Selbstbild, Stärken und


Schwächen, interner Bereitschaft zum Fundraising, Analyse der Fundraising-Erfahrungen, der Adreßbestände auf Fundraising-relevante Informationen, des Bedarfs, der Finanzsituation, der Konkurrenten, des Images etc.

Zielfestlegung Hier sollen zunächst die grobe Richtung bestimmt werden und grundsätzliche Ziele, auch die wichtigsten Fundraising-Ziele, formuliert werden. Will der Verein bspw. expandieren, in neue Arbeitsfelder eindringen, Kernkompetenzen stärker herausstellen, unabhängiger werden von öffentlicher Finanzierung, Mitglieder stärker einbinden, Ressourcen für Fundraising einsetzen? Es können z.B. in Bezug auf Firmenkooperationen in Übereinstimmung mit dem Leitbild Grundsätze aufgestellt werden (Sponsoring ja-nein; Branchen, mit denen nicht kooperiert wird etc.). Wichtig: Bereitschaft zum Fundraising innerhalb der Einrichtung verstärken, Freiwillige einbinden!

Operationalisierung von Zielen Oberziele müssen so formuliert werden, daß sie zu umsetzungsfähigen, realistischen und meßbaren Zielvorgaben werden.

Überlegungen zu und Festlegung von konkreten Maßnahmen und Strategien Den operationalisierten Zielen werden jeweils die passenden Fundraising-Quellen und -Instrumente zugeordnet. Die Ergebnisse der Situationsanalyse werden natürlich berücksichtigt. Mögliche Folgen für Besteuerung und Gemeinnützigkeit müssen in den Überlegungen Berücksichtigung finden.

Entwicklung von Jahresplan, Festlegung von Zeitplan, Investitionen und Zuständigkeiten In diesem wichtigen Planungsschritt zeigt sich, ob zuvor ehrlich analysiert und recherchiert wurde. Wenn sich jetzt bspw. herausstellt, daß es nicht genügend Zeitkapazitäten gibt, war vielleicht die Analyse ungenau oder es wurden nicht die passenden Instrumente gewählt. Zum Beispiel wird der immense Aufwand einer Kooperation mit der Wirtschaft im Rahmen von Sponsoring meistens völlig unterschätzt.

Durchführung der Maßnahmen Die Umsetzung der geplanten Fundraising-Aktivitäten sollte mit einer exakten Planung relativ reibungslos ablaufen - so die Theorie. In der Realität gilt: „Alles was schiefgehen kann, geht schief!” Deshalb die Ratschläge: immer wieder fragen; testen, testen, testen, testen; Datenbankpflege (alle Aktivitäten nutzen, um die Fundraising-Datenbank mit Ideen und vor allem Adressen zu füllen).

Kontrolle

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Den Förderern gegenüber werden angemessene Formen des Danks (zeitnahe Versendung der Spendenquittungen, Anrufe, Briefe, Veranstaltungen, Ehrungen, Angebote zur Mitentscheidung, Informationen über Projekterfolge und Spendenverwendung etc.) gewählt, die vorab geplant wurden. Nach Abschluß der jeweiligen Maßnahmen muß eine Wirkungskontrolle stattfinden (z.B. Auswertung der Medienresonanz). Aufgrund der Situationsanalyse und Zieloperationalsierung ist eine Soll-Ist-Analyse möglich. In dieser Phase finden auch die Projektdokumentation und Prozeßkontrolle statt, um die Befähigung der Einrichtung zum Lernen zu erhöhen. Die Einrichtung befindet sich innerhalb der prinzipiell unendlichen Planungsschleife erneut in der Situationsanalyse.

Fundraising ist eine Investitionsentscheidung Fundraising-Maßnahmen sollten idealtypisch in der dauerhaften Pflege von Kontakten mit möglichst vielen Förderern und deren Einbindung in die langfristige Planung münden. Aus Firmenspendern können Sponsoren werden, aus Einmalspendern Mitglieder und Freiwillige, aus Großspendern sogar Erblasser etc. Zunächst muß also innerhalb einer Organisation die Entscheidung getroffen werden, Mittel für den Einstieg in die langfristige Vermögensentwicklung der sozial-kulturellen Einrichtung zu stecken, anstatt sich aktionistisch von einem Fundraising-Projekt zum nächsten zu hangeln. Mittel müssen für Beratung, Fortbildung, Literatur, geeignete Hard- und Software, PR-Material, Konzept- und Projektentwicklung und vieles mehr bereitgestellt werden. Ohne eine beherzte Entscheidung in diesem Sinne wird über viele Jahre jedes Fundraising nur dahindümpeln;

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meistens so lange, bis einer Organisation buchstäblich das Wasser bis zum Halse steht. Doch dann ist es oft schon zu spät, denn niemand spendet Beifall oder Geld für ein sinkendes Schiff.

Fazit

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Die Diskussion um Mittelbeschaffung und Finanzierung sozial-kultureller Einrichtungen ist so alt wie diese Einrichtungen selbst. Der Begriff Fundraising und das systematische Einwerben von Mitteln sind aber ebenso neu, wie das Bewußtsein, zunächst erhebliche Investitionen in längerfristige Aktivitäten tätigen zu müssen. Die wichtigsten Hemmfaktoren beim Fundraising sind fehlende Zeit, mangelnde Professionalität, Aktionismus, mangelhafte strukturelle Voraussetzungen der Einrichtungen, fehlende Öffentlichkeitsarbeit sowie mangelndes Selbstbewußtsein. Die wichtigsten Stärken sozial-kultureller Einrichtungen liegen in den weitverzweigten Netzwerken und Kooperationserfahrungen mit vielen gesellschaftlichen Gruppen und Partnern, der langjährig bewiesenen bedeutsamen Arbeit für das Gemeinwesen, der fachlichen Qualifikation der haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, einer in manchen Fällen zumindest gesicherten Grundfinanzierung und dem prinzipiellen Interesse vieler lokaler Medien sowie der Politik, die bürgerschaftliches Engagement bekanntermaßen gestärkt sehen möchte.

Fundraising

Neue Initiativen sowie bestehende Einrichtungen, denen die staatlichen Mittel bis zur Existenzgefährdung gekürzt zu werden drohen, denken vielleicht über die prinzipielle Frage nach, inwieweit sich sozial-kulturelle Arbeit in Deutschland unabhängig von „Staatsknete” weiterentwickeln läßt. Am weitesten geht hier wohl das Community Organizing. Fundraising mit solcher Intensität zu betreiben, daß Personal und Betrieb dauerhaft nur aus privaten Quellen gesichert werden, scheint bei uns für absehbare Zeit aber nur in Ausnahmefällen eine realistische Perspektive darzustellen. Gleichwohl können mit Ideen, motivierten Freiwilligen, einem langen Atem und einer hohen Frustrationstoleranz beachtliche Fundraising-Erfolge erzielt werden, die einen Rückgang der öffentlichen Förderung kompensieren und die Umsetzung zusätzlicher Projekte ermöglichen könnten. Hier liegt die große Chance des Fundraising. Projekte, die mit Unterstützung privater Förderer realisiert werden können, sind ein wichtiger Baustein für die Profilierung einer Einrichtung und geben den Nährboden für weitere unabhängige Projekte ab, die desto unkonventionellere Antworten auf gesellschaftliche Probleme im Gemeinwesen geben, je unabhängiger sie von staatlicher Finanzierung sind. Fundraising bedeutet auch, daß man Kontakte zu den Bürgern herstellt und diese Kontakte pflegt, was zur Erhöhung der Qualität sozial-kultureller Arbeit beitragen kann.


Die Autorinnen Eva-Maria Antz, geb. 1957, wohnt in der Nähe von Köln, ausgebildet als Sonderschullehrerin, gearbeitet als Bildungsreferentin immer in sicherer Entfernung zur Institution Schule. Zugang zu Aspekten sozial-kultureller Arbeit über verschiedene Etappen in der eigenen Biografie, mit Neugierde 1995 eingetaucht in die Geschichte des Verbandes im Rahmen der Vorbereitung der Qualifizierungsmaßnahme des Verbandes für sozial-kulturelle Arbeit e.V. (1995-1998). Seit November 1998 im Verband im Projekt ProBE (Projekt zur Unterstützung und Weiterentwicklung bürgerschaftlichen Engagements in sozial-kulturellen Einrichtungen) tätig.

75 Susanne Besch, geb. 1955, Diplom-Ingenieurin für Nachrichtentechnik, Leiterin des künstlerischen Volksschaffens, Diplom-Sozialpädagogin, Naturwissenschaftliches Studium, später Kulturarbeit in der DDR Mitbegründerin und seit 1991 Mitarbeiterin des Nachbarschaftshauses Pfefferberg in Berlin Prenzlauer Berg Berufsbegleitendes Studium der Sozialarbeit/Sozialpädagogik Besondere Erfahrungen in der kreativen und sozial-kulturellen Arbeit in Werkstätten

Friedrich Haunert, geb. 1957, Diplom-Pädagoge, Dr. phil Seit 1994 gemeinsam mit Dr. Reinhard Lang Aufbau der Arbeitsstelle Fundraising, die als Projekt „Partnership“ seit 1998 vom Paritätischen Wohlfahrtsverband Berlin getragen wird. Im Auftrag der Paritätischen Akademie Organisationsberatung, Qualifizierung, Information und Projektentwicklung für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gemeinnütziger Organisationen zu Fundraising, Sozial-Sponsoring, Sozialmarketing. Lehrbeauftragter an der Katholischen Fachhochschule für Sozialwesen, Berlin, im Studienschwerpunkt Gemeinwesenarbeit/Gemeinwesenökonomie. Adresse: Partnership - Arbeitsstelle Fundraising Haus der Parität Tucholskystr. 11 10117 Berlin

Gudrun Israel, geb. 1960, Diplom-Sprachmittlerin, Sozialarbeiterin Seit 1992 Mitarbeiterin des Verbandes für sozial-kulturelle Arbeit e.V. Arbeitsschwerpunkte: Beratung und Begleitung des Aufbaus sozial-kultureller Einrichtungen in den neuen Bundesländern als Projektberaterin für Nachbarschafts-, Gemeinwesen- und Jugendprojekte, Bildungsreferentin, Projektleiterin der „Prozeßorientierten Projektberatung und Begleitung von sozial-kulturellen Einrichtungen in den neuen Bundesländern“

Birgit Weber, geb. 1957, Diplom-Sozialpädagogin Seit 1992 Geschäftsführerin des Verbandes für sozial-kulturelle Arbeit e.V. (Bundesverband)

Die Autorinnen


Der Herausgeber

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Der Verband für sozial-kulturelle Arbeit e.V. versteht sich als bundesweiter Dach- und Fachverband für Einrichtungen, Vereinigungen und Projekte der sozial-kulturellen Arbeit. Der Verband wurde 1951 gegründet. Damals schlossen sich zwölf Nachbarschaftsheime in Westberlin und Westdeutschland zum „Verband Deutscher Nachbarschaftsheime e.V.“ zusammen. Inzwischen sind auch Bürgerzentren und andere soziale Zentren im Verband organisiert. 1971 erfolgte aufgrund der Veränderung und Weiterentwicklung der inhaltlichen Arbeit der Mitgliedseinrichtungen die Umbenennung in „Verband für sozial-kulturelle Arbeit e.V.“ Zur Zeit sind 65 Einrichtungen dem Verband durch direkte oder indirekte Mitgliedschaft verbunden. Sie verteilen sich über die ganze Bundesrepublik. Ca. 50 weitere Einrichtungen hauptsächlich in den neuen Bundesländern werden unterstützt und beraten durch unser Ost-West-Kontaktbüro in Berlin. Die Bundesgeschäftsstelle befindet sich in Köln. In Berlin und Nordrhein-Westfalen gibt es Landesgruppen, in Hessen existiert eine Arbeitsgruppe, die sich regelmäßig trifft. Alle angeschlossenen Einrichtungen und Projekte sind rechtlich selbständig. Der Verband repräsentiert auch die Idee und die Arbeit der Nachbarschaftsheime, Bürgerzentren, Projekte der Gemeinwesenarbeit etc. nach außen. Der RUNDBRIEF, die Verbandszeitschrift, erscheint regelmäßig seit 1965. Die Geschichte der sozialen Arbeit in Deutschland seit Mitte der 60er Jahre, insbesondere auch der Gemeinwesenarbeit, ist darin dokumentiert. Die Inhalte setzen sich aus Fachbeiträgen verschiedener Autorinnen, Praxisberichten und Berichten von Tagungen, Seminaren und Forschungsprojekten zusammen. Der Verband ist auf nationaler Ebene Mitglied im Paritätischen Wohlfahrtsverband, im Paritätischen Bildungswerk und im Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge und auf internationaler Ebene Mitglied in der Internationalen Föderation der sozial-kulturellen Nachbarschaftszentren (International Federation of Settlements and Neighbourhood Centres - IFS). Daneben arbeitet der Verband aktiv in der Europa-Gruppe des IFS mit.

Der Herausgeber

Ein kurzer Auszug aus unseren Projekten: Tagungen Im November 1999 findet die Tagung „Bürgergesellschaft und Sozialstaat - Die Zivilgesellschaft gestalten“ statt. Sie wird ein Forum sein, auf dem die mit diesem Thema verbundenen Fragen unter Beteiligung von hauptberuflichen und freiwilligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sozial-kultureller Einrichtungen, ehrenamtlichen Vorständen sowie Zuständigen aus Verwaltung und Politik diskutiert werden können. Die Erfahrungen der Praktiker werden in den Zusammenhang der aktuellen sozialpolitischen Debatte gestellt und dadurch neu beleuchtet. Wir bieten Möglichkeiten zum Dialog mit Wissenschaft und Politik, in der Hoffnung, daß beide Seiten, Praktiker wie Theoretiker, davon profitieren.

Das Projekt ProBE ProBE steht für „Projekt zur Unterstützung und Weiterentwicklung des bürgerschaftlichen Engagements in sozial-kulturellen Einrichtungen“. Zentrales Ziel ist es, Voraussetzungen einer gelungenen bürgerschaftlichen Mitarbeit in sozial-kulturellen Einrichtungen herauszuarbeiten und für die Einrichtungen in Form eines Qualitätshandbuches nutzbar zu machen. Das Projekt geht mit seiner Untersuchung beispielhaft in mehreren Einrichtungen den Fragen nach: Welche Faktoren waren bisher für eine erfolgreiche Zusammenarbeit mit engagierten Bürgerinnen maßgebend? Können diese Faktoren auf die heutigen Anforderungen übertragen werden? Welche Faktoren müssen weiter- bzw. neuentwickelt werden? Es werden elementare Merkmale von bürgerschaftlichem Engagement untersucht. Das Vorhaben geht davon aus, daß maßgebende Faktoren für eine Zusammenarbeit mit engagierten Menschen sich sowohl im persönlichen Profil der in den Einrichtungen handelnden Menschen als auch in den Strukturen der Organisation, in den Kommunikationsstrukturen und den Partizipationsmöglichkeiten widerspiegeln.


Das Projekt ProBE (November 1998 bis Oktober 2000) wird gefördert vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

Prozeßorientierte Projektberatung und Begleitung Seit Januar 1997 führt der Verband das Projekt „Prozeßorientierte Projektberatung und Begleitung des Aufbaus von sozialräumlich bezogenen sozial-kulturellen Nachbarschafts- und Gemeinwesenprojekten in den neuen Bundesländern unter besonderer Berücksichtigung der Jugendarbeit und des ehrenamtlichen Engagements“ durch. Im Rahmen dieses Projektes arbeiten wir über zwei Jahre mit je einer Einrichtung aus jedem neuen Bundesland zusammen. Die Einrichtungen wurden in Gesprächen zwischen unserem Verband, den Vorständen und den Mitarbeiterinnen der Projekte ausgewählt. Schwerpunkte der gemeinsamen inhaltlichen Arbeit sind die prozeßorientierte Beratung der Projekte vor Ort und die Begleitung des jeweiligen Entwicklungsprozesses sowie das Training der hauptund ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen vor Ort mit dem Ziel der Verstetigung und Festigung der Strukturen. Die Dokumention der Erfahrungen aus diesem Projekt erfolgt in Form des vorliegenden Handbuches. Die Förderung dieses Projektes erfolgte über das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

zelnen Bundesländern. Dadurch war es möglich, die gesamte Fortbildung kostengünstig anzubieten. Informationen zum und Erfahrungen aus dem Qualifizierungsprojekt und aus der Arbeit des Verbandes sind auf einer CD-Rom zusammengestellt, die beim Verband erhältlich ist.

Fachveranstaltungen Neben den regelmäßigen Jahrestagungen veranstaltet der Verband Fachtagungen zu aktuellen Fragen. Die Tagung „Zentrale Verwaltung oder bürgernahe Gestaltung“ (November 1995) setzte sich beispielsweise mit den Fragen nach der Zukunft des Gemeinwesens auseinander. Über 200 Expertinnen diskutierten über die Chancen sozialkultureller Arbeit zwischen zentraler Verwaltung oder bürgernaher Gestaltung. Dokumentationen zu den Tagungen sind beim Verband erhältlich.

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Die Bestandsaufnahme sozial-kultureller Einrichtungen in Deutschland Als Grundstein zu einer bundesweiten Verbindungs- und Vernetzungsstelle für sozial-kulturelle Einrichtungen führten wir eine bundesweite Befragung durch. Im weiteren Verlauf wurden die Daten ausgewertet, ein Modell der Vernetzung zur gegenseitigen Unterstützung wird erarbeitet. Die ersten Ergebnisse sind in Form einer Datenbank beim Verband erhältlich.

Qualifizierungsmaßnahme Hospitationsprojekt Die Qualifizierungsmaßnahme fand von Oktober 1996 bis September 1998 als berufsbegleitende Fortbildung für haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiterinnen in sozial-kulturellen Einrichtungen statt. Sie ermöglichte sowohl neu einsteigenden als auch langjährigen Mitarbeiterinnen eine fundierte Auseinandersetzung mit und Weiterentwicklung von theoretischen Grundlagen und praktischen Arbeitsformen sozial-kultureller Arbeit. Die Fortbildung setzte sich aus vier Bestandteilen zusammen: 7 Kurswochen (fünftägig in geschlossenen Fortbildungsgruppen für ca. 25 Teilnehmerinnen), offene Bausteine (10 dreitägige Seminare für ca. 25 Teilnehmerinnen), Hospitationen (jeweils 14tägig im ersten oder letzten Drittel der Fortbildung). Das Projekt wurde finanziell gefördert vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und ein-

Vom 1.7.1993 bis 31.12.1993 fand ein Austausch von Mitarbeiterinnen verschiedener Einrichtungen in Ost- und Westdeutschland statt. Aus insgesamt 10 Bundesländern sowie aus West- und Ostberlin haben sich 41 Einrichtungen an dem Hospitationsprojekt beteiligt. 37 Personen ließen sich auf eine Hospitation im jeweils anderen Teil Deutschlands ein. Die Teilnehmerinnen plädierten für eine Fortsetzung und Ausweitung dieses Projektes. Im Vordergrund stand das Kennenlernen anderer Arbeitsweisen. Wichtig war es, einen anderen Blickwinkel anzunehmen und das eigene Hintergrundwissen zu erweitern. Aus dem erfolgreichen Projekt entstand das Qualifizierungsprojekt.

Der Herausgeber


Literaturtips Gerhard Buck: Gemeinwesenarbeit und kommunale Sozialplanung. Untersuchung zur sozialpolitischen Funktion und zur historischen Entwicklung eines Handlungsfeldes der Sozialarbeit, Hofgarten Verlag Berlin 1982 Gisela Oestreich: Nachbarschaftsheime gestern, heute - und morgen?, Ernst Reinhardt Verlag, München 1965

Dietmar Freier: Orte sozialer Zusammenarbeit. Gemeinwesenorientierte Ansätze für den Ausbau des Konzeptes Sozialstationen, in: Blätter der Wohlfahrtspflege 140/1993/7+8/228-230 Bürgerhäuser für morgen. Zentren der sozialen, kulturellen und ökologischen Innovation. Ein Ideenbuch. Hrsg. vom ILS Dortmund, waz-Druck, Duisburg 1992

78 Qualitätssicherung durch Zusammenarbeit, QS 10, Materialien zur Qualitätssicherung in der Kinder- und Jugendhilfe, Hrsg. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Bonn 1997 Frahm/Magel/Schüttler (Hrsg.): Kultur - ein Entwicklungsfaktor für den ländlichen Raum, JEHLE, München 1994 Wolfgang Hinte/Fritz Karas: Studienbuch Gruppen- und Gemeinwesenarbeit. Eine Einführung für Ausbildung und Praxis, Neuwied/Frankfurt am Main 1989 Dieter Oelschlägel: Zum aktuellen Stand der fachwissenschaftlichen Diskussion in der sozialkulturellen und in der Gemenwesenarbeit, in: RUNDBRIEF 1/95 Dieter Oelschlägel: Begegnungsstätten als Stadtteilagenturen. Rahmenbedingungen und Handlungsansätze, in: projekt i - Forum „Bürgerhäuser für morgen“: Bürgerhäuser als Stadtteilagenturen. Soziale und kulturelle Stadtentwicklung unter Beteiligung von Bürgerhäusern. ILS, Dortmund 1998, 1-11 Dieter Oelschlägel: Gemeinwesenarbeit. Zwischen stadtteilorientierter Dienstleistung und Selbsthilfe, in: Soziale Arbeit 42/1993/1/2-10 Nando Belardi: Neue Bundesländer: Gemeinwesenarbeit tut not!, in: Sozial (SI:SO) 1/1996/1/54-57, Siegen Ulrike Fuchs (Hrsg.): Soziale Arbeit im Stadtteil. Probleme verwalten oder Leben gestalten. ISKA, Nürnberg 1993 (Berichte und Materialien aus der sozialen und kulturellen Arbeit) EREV (Hrsg.): Sozialpädagogische Familienhilfe zwischen Familientherapie und Gemeinwesenarbeit - Methodische Ansätze in der Sozialpädagogischen Familienhilfe, Hannover 1993 (EREV Schriftenreihe 4/93)

Literaturtips

Sabine Bachmair et al.: Beraten will gelernt sein. Ein praktisches Lehrbuch für Anfänger und Fortgeschrittene, Weinheim 1994 Kirsten Ebbe/Peter Friese: Milieuarbeit. Grundlagen präventiver Sozialarbeit im lokalen Gemeinwesen, Stuttgart 1989 Lothar Böhnisch, Klaus Blanc: Die Generationsfalle. Von der Relativierung der Lebensalter, Sammlung Luchterhand 1989 Hebenstreit-Müller, Rudolf Pettinger: Miteinander lernen, leben, engagieren - Neue soziale Netze für Familien. Theorie und Praxis der Frauenforschung, Kleine-Verlag, Bielefeld 1991 Monika Alisch (Hrsg.): Stadtteilmanagement. Voraussetzungen und Chancen für die soziale Stadt. Leske + Budrich, Opladen 1998 Gerd Iben/Anke Drygala/Irma Bingel/Rudolf Fritz: Gemeinwesenarbeit in Sozialen Brennpunkten. Aktivierung, Beratung und kooperatives Handeln. Juventa, Weinheim 1992 Wolfgang Hinte: Von der Stadtteilarbeit zum Stadtteilmanagement. Sozialraumorientierung als methodisches Prinzip sozialer Arbeit, in: Blätter der Wohlfahrtspflege 139/1992/5/119122

Multikulturelles Zusammenwirken Wolfgang Benz: Integration ist machbar/ Ausländer in Deutschland, Verlag C. H. Beck München 1993, Irene Hübner: „...wie eine zweite Haut“/ Ausländerinnen in Deutschland, Beltz Verlag, Weinheim, Basel 1985


Helmut Schweitzer Hrsg. Dietrich Thränhardt: Der Mythos vom interkulturellen Lernen, LIT Verlag, Münster, Hamburg 1994 Ralf-Erik Posselt, Klaus Schumacher: Projekthandbuch: Gewalt und Rassismus, Verlag an der Ruhr, Mülheim an der Ruhr 1993 Multikulturelle Gesellschaft als Lebensform/ Wirklichkeit, Zukunftsvision oder Bedrohung? (Ein Reader für MultiplikatorInnen in der Schule und in der Jugendarbeit), Hrsg. IDA/Informations-, Dokumentations- und Aktionszentrum gegen Ausländerfeindlichkeit für eine multikulturelle Zukunft e.V., Düsseldorf 1992

Ehrenamt Martina Otto-Schindler: Berufliche und ehrenamtliche Hilfe. Perspektiven der Zusammenarbeit. Eine empirische Studie zu Bedingungen und Erfahrungen in der sozialen Arbeit, Universitätsverlag Rasch, Osnabrück 1996 Wolf Rainer Wendt: Professionelle Sozialarbeit und freiwilliges Bürgerengagement sind kein Widerspruch. Der Auftrag ist es, die Kompetenz der Bürgerinnen und Bürger zu ermöglichen und zu wahren. in: Blätter der Wohlfahrtspflege 9/95

Interkulturelle Pädagogik vor dem Hintergrund einer multikulturellen Gesellschaft (Ein Reader für MultiplikatorInnen in der Schule und Jugendarbeit), Hrsg. IDA Düsseldorf

Roland Schmidt: Bürgerschaftliches Engagement bricht Verkrustungen auf. Die Wiedergewinnung von Gemeinschaftlichkeit : das Profil von Bürgerengagement in einer individualisierten Welt, in: Blätter der Wohlfahrtspflege 9/95

Matthias Betz: Multikulturelle Feste/Projekte mit Kindern und Jugendlichen, Hrsg. BNW Bayerisches Jugendrotkreuz, München 1996

Ruth Brack: Freiwillige Tätigkeit und Selbsthilfe aus der Sicht beruflicher Sozialarbeit, Paul Haupt, Bern 1986

Nachbarschaftsheime als Brücken zwischen den Kulturen, in: Informationsdienst zur Ausländerarbeit 1988

Fundraising

Selbsthilfe

Manfred Bruhn, Jörg Tilmes: Social Marketing. Einsatz des Marketing für nichtkommerzielle Organisationen. Stuttgart, Berlin, Köln 1989

Praxishandbuch für Selbsthilfekontaktstellen, Hrsg. ISAB Institut für sozialwissenschaftliche Analysen und Beratung 1993

Marita Haibach: Handbuch Fundraising. Spenden, Sponsoring, Stiftungen in der Praxis. Frankfurt/Main, New York 1998

Selbsthilfe 2000. Perspektiven der Selbsthilfe und ihre infrastrukturelle Förderung, ISAB 1996

Reinhard Lang, Friedrich Haunert: Handbuch Sozial-Sponsoring. Grundlagen, Praxisbeispiele, Handlungsempfehlungen. Weinheim, Basel 1995

Selbsthilfe und Selbsthilfeunterstützung in der Bundesrepublik Deutschland, ISAB 1996 Michael Lukas Möller: Selbsthilfegruppen, Rowohlt-Verlag 1978

Detlef Luthe: Öffentlichkeitsarbeit für Nonprofit-Organisationen. Eine Arbeitshilfe. Augsburg 1994

Norbert Wohlfahrt, Helmut Breitkopf: Selbsthilfegruppen und soziale Arbeit - eine Einführung für soziale Berufe, Lambertus Verlag 1995

Maecenata Dokumentationszentrum Deutsche Stiftungen (Hrsg.): Maecenata Stiftungsführer 1996. München 1996

Klaus Bahlki, Wolfgang Thiel: Jenseits des Helfens - Professionell unterstützte Selbsthilfegruppen, Lambertus Verlag 1991

Stiftung Mitarbeit, Die Paritätische Geldberatung e.G. (Hrsg.): Wie Stiftungen fördern. Arbeitshilfen für Selbsthilfe- und Bürgerinitiativen Nr. 15. Bonn 1997

C. W. Müller: Selbsthilfe - ein einführendes Lesebuch, Beltz-Verlag 1993

79

Paritätischer Wohlfahrtsverband - Gesamtverband e.V., Prokon Verlag (Hrsg.): Vereine. Eine Arbeitshilfe zur Gründung von sozialtätigen Vereinen. Frankfurt/Main 1995

Literaturtips


Rupert Graf Strachwitz (Hrsg.): Dritter Sektor Dritte Kraft. Versuch einer Standortbestimmung. Stuttgartt 1998

Veröffentlichungen der Nachbarschaftshäuser Elfi Witten: Offen für alle. Nachbarschaftszentren in Berlin, Hrsg. Verband für sozial-kulturelle Arbeit, Landesgruppe Berlin e.V. 1995

80

Nachbarschaftsheim Mittelhof e.V. (Hrsg.): 40 Jahre „Mittelhof“ Nachbarschaftsheim Berlin Zehlendorf, Berlin 1987 Nachbarschaftsheim Urbanstraße e.V. (Hrsg.): Räume für Freiräume, Generationen gemeinsam im Stadtteil, 40 Jahre Nachbarschaftsheim Urbanstraße e.V., Berlin 1995 Gundi Nietfeld: Sozial-kulturelle Arbeit im Wandel der Zeit. Die Geschichte des Nachbarschaftsheimes Schöneberg. Hrsg. Nachbarschaftsheim Schöneberg e.V., Berlin 1995

Veröffentlichungen des Verbandes für sozialkulturelle Arbeit e.V. Sozial-kulturelle Arbeit, Bestandsaufnahme der Arbeit in den Nachbarschafts-, Bürgerzentren und Gemeinwesenprojekten, Köln 1991

Impressum Herausgeber: Verband für sozial-kulturelle Arbeit e.V. Slabystraße 11, 50735 Köln Dezember 1998 Redaktion: Gudrun Israel Layout: Jörg H. Fischer Fotos: Bürgerladen e.V., Halle Bürgerverein Messemagistrale e.V., Leipzig Jugendhaus „Obermützkower Storchennest“ e.V. Kiek in e.V., Berlin Kiezspinne Nachbarschaftlicher Interessenverbund e.V., Berlin Ländliches Sozio-kulturelles Zentrum Jänschwalde Nachbarschaftsheim Mittelhof e.V., Berlin Nachbarschaftsheim Schöneberg e.V., Berlin Nachbarschaftsheim Urbanstraße e.V., Berlin NUSZ ufaFabrik, Nachbarschafts- und Selbsthilfezentrum e.V., Berlin Rabenhaus e.V., Berlin Stadt Jena, Tiefbauamt Stadtteilausschuß 61 e.V., Berlin Verband für sozial-kulturelle Arbeit e.V.

40 Jahre Verband für sozial-kulturelle Arbeit e.V., Köln 1991 Dokumentation der Fachtagung „Zentrale Verwaltung oder Bürgernahe Gestaltung? Soziale und kulturelle Angebote im Wohngebiet verantworten“, 1996 Dokumentation der Konzeptions-, Informations- und Durchführungsphase der Qualifizierungsmaßnahme für haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiterinnen aus sozial-kulturellen Einrichtungen, Köln 1998

Gefördert durch Der RUNDBRIEF des Verbandes erscheint halbjährlich seit 1965. Er enthält praxisorientierte und wissenschaftliche Beiträge zu aktuellen Fragen und Problemen der sozial-kulturelle Arbeit und Gemeinwesenarbeit, Informationen, Stellungnahmen usw. Informationen zu den Inhalten erhalten sie beim Verband.

Literaturtips + Impressum


Verband für sozial-kulturelle Arbeit e.V.

Wir sind

Wir bieten

ein Dach- und Fachverband für sozial-kulturelle Einrichtungen

Beratung und Unterstützung der Mitgliedseinrichtungen Organisation von Erfahrungsaustausch und Kommunikation der Mitgliedseinrichtungen untereinander Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen für MitarbeiterInnen der Einrichtungen Unterstützung und Hilfe beim Aufbau neuer Einrichtungen Durchführung wissenschaftlicher Untersuchungen über die Grundlagen der sozial-kulturellen Arbeit Interessenvertretung der Mitglieder nach außen Öffentlichkeitsarbeit (Verbandszeitschrift RUNDBRIEF, Kontakt zur Presse etc.) Verbindungen mit verwandten Einrichtungen im In- und Ausland

Sie erreichen uns

Bundesgeschäftsstelle Slabystraße 11 50735 Köln Telefon: 0221/760 69 59 Fax: 0221/760 79 05 E-Mail: VSKAKoeln@t-online.de

Büro Berlin und IFS-Europa-Büro Tucholskystraße 11 10117 Berlin Telefon: 030/280 961 07 Fax/AB: 030/280 961 08


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