REPORTAGE | Berliner Halbmarathon
als Leistungsnachweis für die Marathon-Olympia-Nominierung 66:30 Minuten vor, die Arne Gabius mit 62:45 Minuten klar unterbot. Somit erreichte der Viertplatzierte (seit 1999 lief damit erstmals wieder ein Deutscher hier unter die Top Ten) sein Minimalziel, erträumt hatte er sich bestimmt ein schnelleres Rennen. Julian Flügel sowie Philipp Pflieger bestätigten ebenfalls ihre Olympia-Qualifikation mit 64:58 respektive 65:29 Minuten. Ging man bei den Herren von dieser Leistungserbringung aus, so gab es bei den Damen eine Überraschung. Isabell Teegen erkämpfte bei ihrem Halbmarathon-Debüt in 73:52 Minuten ein Ticket für die Leichtathletik-Europameisterschaften 2016 in Amsterdam. Siegerin des Rennens wurde Elizeba Cherono in 70:43 Minuten.
An einem Sonntag im April Berliner Halbmarathon 2016 von Jochen Schmitz
Kurz vor dem offiziellen Teil der ersten Pressekonferenz zum 36. Berliner Halbmarathon riefen die Vertreter der Polizei den Renndirektor Mark Milde zu einer internen Besprechung, um ihm mitzuteilen, dass es massive Probleme mit der Streckenführung gibt und weitreichende Konsequenzen für die Veranstaltung am Sonntag zu erwarten sind.
Am Sonntag stieg Kiprop dann beim Rennen frühzeitig aus. Sein Landsmann Richard Mengich rettete die Sportlerehre Kenias und bereitete sich mit einer Siegerzeit von 59:58 Minuten selbst das schönste Geburtstagsgeschenk. Der Deutsche Leichtathletik-Verband gab
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Arne Gabius lief in die Top Ten.
Isabell Teegen debütierte als beste Deutsche.
Mit über 32.500 gemeldeten Teilnehmern ist der Berliner Halbmarathon der größte seiner Art in Deutschland.
FOTOS: JOCHEN SCHMITZ · NIKE
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Zahlreiche Sehenswürdigkeiten passieren die Aktiven während der 21,097 Kilometer durch die Hauptstadt.
FOTOS: JOCHEN SCHMITZ · CAMERA 4
pril, April! So viel Humor traut man den Gesetzeshütern der Hauptstadt eigentlich kaum zu. Mark Milde fand mit dem Verweis auf das aktuelle Datum langsam seine Gesichtsfarbe wieder. Dieser originelle Einstieg sollte allerdings nicht das einzige Kuriosum der folgenden Gesprächsrunde bleiben. Durch die jüngst positiven Entwicklungen in der Straßenlaufszene, wie beispielsweise dem neuen nationalen Marathonrekord von Arne Gabius, interessiert sich die Öffentlichkeit und somit die Presse erfreulicherweise wieder vermehrt für die deutschen Athleten. Neben Gabius nahmen Philipp Pflieger, Julian Flügel und Mona Stockhecke an der Konferenz teil. Und sie waren im wahrsten Sinne des Wortes gefragt. Der HalbmarathonWeltmeister von 2010, Wilson Kiprop, spielte jedoch eine Nebenrolle, er saß anschließend wenig beachtet alleine abseits des Geschehens.
So viel zur Elite, doch da gab es ja noch die zig Tausend Freizeitathleten. Insgesamt schrieben sich 32.753 Läufer (davon knapp 12.000 Berliner) in die Starterliste ein ‒ unter ihnen die drei Auserwählten unserer Aktion „Fit zum Halbmarathon mit Wobenzym Plus“. Über Monate hinweg coachte Robert Mücke das Trio auf der Grundlage einer zuvor stattgefundenen Leistungsdiagnostik im Rahmen eines Kennenlern-Wochenendes in Regensburg. Ab diesem Zeitpunkt begleiteten Stabi-Übungen, Intervalle und weitere Vorgaben den Alltag von Nina, Frank und Christine. So klebte bei Nina als „Abschreckung“ der Trainingsplan gleich neben dem Kühlschrank. Und die Hotelauswahl während ihres vergangenen Urlaubs traf die 32-Jährige stets nach dem Kriterium eines vorhandenen Fitness-Raums. All das lohnte sich. Die Düsseldorferin unterbot ihre Wunschzeit mit 1:49:01 Stunden um mehr als fünf Minuten. Ihr Fazit lautet: „Man kann das eigentlich gar nicht in Worte fassen. Der Halbmarathon in Berlin war einfach unbeschreiblich schön. Die Strecke zur Siegessäule war Gänsehaut pur.“ Überhaupt den ersten Halben zu finishen, das nahm sich Christine vor. Nach einer längeren laufabstinenten Phase schnürte sie seit Anfang 2015 wieder regelmäßig die Sportschuhe. Sie betont, dass das gesamte Projekt Halbmarathon durchgängig auf den Schultern ihrer
Nina blieb deutlich unter ihrer Wunschzeit.
Christine finishte ihren ersten Halben souverän.
Traum-Ziel erreicht: sub 1:30 Stunden.
ganzen Familie getragen wurde. Als sich die Kinder der dreifachen Mutter nach dem erfolgreichen Finish zu der Platzierung erkundigten und sie ihnen etwas von Siebentausendsoundso berichtete, entgegneten jene mit den Worten: „Aber ’ne Medaille haste trotzdem bekommen, ja?“ Bereits zwei Tage nach dem Rennen spürte sie nichts mehr von den Strapazen. Gut so, denn der nächste Halbmarathon wartet bereits auf sie. Fehlt noch der Herr der Runde. Mit einer Marathonbestzeit von 3:22 Stunden setzte sich Frank das Ziel, die Halbdistanz in weniger als anderthalb Stunden zu absolvieren. Dafür ließ der Steuerberater sogar seinen eigentlich vorgesehen Start in Biel sausen. Trainer Robert bestätigte ihm im Vorfeld ein enormes Potenzial, was seine Bewegungs-Ökonomie anbetrifft. Somit war sein starkes Ergebnis von 1:29:07 Stunden fast zu erwarten. Was gibt es sonst noch zum Event zu sagen? Der Frühling zog an diesem ersten April-Sonntag 2016 in Berlin ein. Der Sonnenschein lockte die Hauptstädter an den Kurs, wo sie für gute Stimmung sorgten. Apropos. Auf und an der Strecke fanden sich, einem derzeitigen Trend folgend, sogenannte Laufcommunitys, wie der Nike Running Club oder die Adidas Runners, ein und sorgten für zusätzliche Euphorie. Den neuen Standort der Messe mitten in der Stadt nahmen die Besucher sowie Teilnehmer gut an, obwohl es am Samstag schon ein wenig warm in den Hallen wurde. Die Kinderrennen am Samstag fanden erstmals im Elise-Tilse-Park statt. Auch hier sah man, wie am gesamten Veranstaltungswochenende, hauptsächlich strahlende Gesichter.
Die „Road to Rio-10K11 Crew“ des Nike+ Run Club mit Europameister Jan Fitschen.
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