TITELSTORY | Drüsenfieber
◗ Virionen des Epstein-Barr-Virus
Die Krankheit hat viele Namen. Neben Pfeifferschem Drüsenfieber wird auch von infektiöser Mononukleose, Monozytenangina, Morbus Pfeiffer, im Volksmund auch von Kusskrankheit (kissing disease) oder Studentenkrankheit gesprochen. Neuerdings titulieren Mediziner sie häufig mit EBV, dem verantwortlichen Epstein-BarrVirus folgend. Übertragen wird das Virus durch Tröpfchen-, Schmier- oder Kontaktinfektion, meist über den Speichel, daher auch die Bezeichnung Kusskrankheit. Aber nicht nur das Studentenleben, sondern auch eine gemeinsame Trinkflasche beim Sport birgt Ansteckungsgefahr. Es ist anzunehmen, dass 95 Prozent aller Erwachsenen in Deutschland mit dem Virus infiziert sind, somit EBV-Antikörper besitzen.
LIZA GROSS · PUBLIC LIBRARY OF SCIENCE JOURNAL
Däumchen drehen
Ein Schreckgespenst mit vielen Gesichtern Pfeiffersches Drüsenfieber von Udo Meller und Matthias Haller
Die Glieder schmerzen, eine bleierne Schwere macht sich im ganzen Körper breit. Kratzen im Hals, Schüttelfrost, die Vorboten einer Grippe? Ob als
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ambitionierter Hobbyathlet oder Leistungssportler, schon jetzt brennt nur eine Frage unter den Nägeln: „Wie lange?“ – und der bange Moment des Wartens auf die Antwort. Kaum auszudenken, was jetzt an Trainingskilometern durch die Lappen geht. Nach einer Woche hohen Fiebers und völliger Erschöpfung soll ein Besuch beim Sportarzt dann endlich Klarheit
schaffen. Ein Blick auf den Hals genügt. Wie eine Perlenkette zeichnen sich die geschwollenen Lymphknoten ab. Erste Diagnose: Pfeiffersches Drüsenfieber. Ein Blutbild bringt die Bestätigung. Der Name der Krankheit ist in Sportlerkreisen verbreitet, aber kaum jemand weiß, was sich genau dahinter verbirgt.
RUNNING | 11-12/2011
Bei den meisten bricht die Krankheit jedoch gar nicht aus oder sie durchlaufen unbemerkt nur eine abgeschwächte Form. Die typischen Symptome, die erstmalig vom deutschen Arzt Emil Pfeiffer beschrieben wurden, sind Fieber und Lymphknotenschwellung. Längst sind sie charakteristisch geworden. Die Diagnose bedeutet striktes Sportverbot. Körperliche Belastungen jeglicher Art sind zu vermeiden, für jeden Läufer eine Hiobsbotschaft. Trainingspause – das Unwort schlechthin. Stattdessen empfiehlt der Arzt vitaminreiche Kost, ausreichend Flüssigkeitsaufnahme, viel Schlaf und vor allem abwarten, abwarten und noch mal abwarten. Däumchen drehen, Alternativen dazu gibt es keine. Der Frust ist entsprechend groß, die Saisonplanung vorerst hintangestellt. Zeit, sich etwas genauer mit dem Krankheitsbild zu beschäftigen.
Deutsche Post Marathon Bonn 22. April 2012
Das Chamäleon Bei Erwachsenen wird mit einer Inkubationszeit von vier bis acht Wochen nach Kontakt mit dem Virus gerechnet, danach stellen sich grippeähnliche Symptome wie Fieber, Gliederschmerzen und Antriebslosigkeit ein. Eine zusätzliche Hals- oder Mandelentzündung ruft die typischen Lymphknotenschwellungen hervor. Darüber hinaus können noch zahlreiche weitere Anzeichen auftreten. Sie reichen von depressiver Verstimmung über Appetitlosigkeit, Schwindel, Übelkeit, Schüttelfrost, Husten, bis hin zu Hautausschlag. Leistungssportler klagen oft über unerklärliche Muskelverspannungen. Spätestens jetzt wir klar, warum diese Infektion auch als Chamäleon unter den Erkrankungen bezeichnet wird. Die besagten Merkmale klingen im Regelfall nach einigen Wochen ab. Problematischer wird es jedoch bei sich monatelang hinziehenden Symptomen. Insbesondere
RUNNING | 11-12/2011
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TITELSTORY | Drüsenfieber
ED UTHMAN, MD.
die dauerhafte Müdigkeit, Antriebslosigkeit und schlechte Stimmung lassen zunächst auf Burnout oder ein chronisches Erschöpfungssyndrom schließen. Nur eine Blutanalyse durch ein Labor kann Klarheit schaffen.
◗ Blutausstrich mit reaktiven Lymphozyten
Reaktivierung nicht Reinfektion Nach überstandener Infektion besteht zwar eine lebenslange Resistenz, das Virus bleibt jedoch wie alle Viren der Herpes-Familie im Körper. Das bedeutet, es kann zu einer Reaktivierung des Virus und somit der Symptome kommen, nicht aber zu einer Reinfektion, wie fälschlicherweise oft angenommen wird. In selteneren Fällen, besonders bei ausgeprägtem Krankheitsverlauf können zusätzliche Komplikationen auftreten. So ist es möglich, dass durch die Vergrößerung der Milz und der Leber in Folge der Erkrankung die Gefahr eines Milz- beziehungsweise Leberrisses auftritt. Nicht auszuschließen sind außerdem Herzmuskel- sowie Hirnhautentzündung. Das Immunsystem kann außerdem durch Bakterien und andere Viren zusätzlich geschwächt werden.
Gerade bei Sportlern Auch bei „Sportverrückten“ sollten spätestens jetzt die Armglocken klingen. Die Krankheit, die auf den ersten Blick wie eine harmlose Virusgrippe anmutet, darf keinesfalls auf die leichte Schulter genommen werden. Vom kurzen Leistungsabfall wie bei Tennisspieler Roger Federer über ein Saison-Aus wie im Fall des Nordischen Kombinierers Ron-
ny Ackermann bis hin zum KarriereEnde für Ex-Fußballprofi Olaf Bodden, Leistungssportler trifft es besonders hart. Was der Nichttrainierte oft als vorübergehende Müdigkeit oder Schlappheit wahrnimmt und schnell auf Stress oder Wetter schiebt, macht sich beim Athleten der unter Maximalbelastung trainiert umso schneller bemerkbar. So verläuft das Pfeiffersche Drüsenfieber bei Nichtsportlern oft unbemerkt und wird im Umkehrschluss meist als Sportlerkrankheit bezeichnet. Ein wirksames Medikament für eine schnelle Genesung gibt es jedoch nicht.
Homöopathie und Traditionelle Chinesische Medizin Oft wird Antibiotika verabreicht, meist Ampicillin, was jedoch zu einem unangenehm juckenden Hautausschlag führen kann. Fiebersenkende Mittel werden zwar zur Bekämpfung der Symptome eingesetzt, die medikamentösen Behandlungsmöglichkeiten sind damit aber schon erschöpft. Anders in der Komplementärmedizin. Sowohl die klassische Homöopathie als auch die Traditionelle Chinesische Medizin (insbesondere die Akupunktur) bieten eine breite Palette an Behandlungsmöglichkeiten. Das Virus kann damit zwar nicht eliminiert werden, dennoch führt die immunstimulierende Wirkung bei-
Auch RUNNING-Praktikant und Mittelstreckenläufer Matthias Haller hat bereits Erfahrung mit dem Saison-Killer gemacht. „Ich lag fast zweieinhalb Wochen mit 40 Grad Fieber im Bett. Danach war mein Kreislauf im Keller, zum einen durch die krankheitsbedingte Schwächung, zum anderen durch den fehlenden Belastungsreiz des Trainings.“ Es folgte eine sechswöchige Zwangspause mit wöchentlichen Blutkontrollen in der Sportmedizin der Universitätsklinik Heidelberg. „Ich wollte natürlich so schnell wie möglich zurück auf die Bahn, aber die Ärzte haben mich gebremst. Es fiel mir sehr schwer, denn ich wollte zur DM nach Kassel, aber ich habe mich an die Vorgaben gehalten.“ Danach galt es, sich ganz behutsam wieder an die Trai-
der Methoden zweifelsohne zu einer Besserung des Gesamtzustandes. Die Praktiken orientieren sich an den individuellen Merkmalen, sodass es auch hier keine allgemeingültigen homöopathischen Arzneien oder Akupunkturpunkte nach Krankheitsnamen gibt.
Keinesfalls ohne Rücksprache Damit bleibt also keine andere Möglichkeit, als die Krankheit auszusitzen – und das kann dauern. Die Verläufe sind so unterschiedlich wie die Symptome. Von sechs Wochen bis hin zu drei Monaten kann die Gesundung in Anspruch nehmen. Auch wenn es schwerfällt, sich zu gedulden, ist dies jedoch unabdingbar, um nicht Gefahr zu laufen, das geschwächte Immunsystem durch einen zu frühen Trainingsreiz zu überfordern. Gerade im Ausdauersport ist dies immer eine Gratwanderung, zwischen zu frühem Einstieg und den möglichen Folgen und zu langer Pause und damit einhergehendem Formverlust. Dennoch sollte der Wiedereinstieg ins Training keinesfalls ohne Rücksprache mit dem behandelnden Arzt erfolgen. Ansonsten droht die Erkrankung im schlimmsten Fall chronisch zu werden. Deshalb gehören beim Pfeifferschen Drüsenfieber die Laufschuhe in den Schrank, ohne Wenn und Aber!
ningsbelastung zu gewöhnen. Fast einen Monat hat es gedauert, um von 30 Minuten lockerem Dauerlauf wieder auf die Normalbelastung von sechs bis sieben Trainingseinheiten pro Woche zu kommen. „Im Nachhinein bin ich froh, dass ich mir die Zeit genommen habe. Auch jetzt, fast drei Monate später, merke ich immer noch, dass mein Immunsystem sehr anfällig ist. Gerade mit harten Trainingseinheiten im anaeroben Bereich muss ich noch sehr vorsichtig sein. Wenn ich zu viel will, folgt die Rechnung auf dem Fuße und ich bin zwei, drei Tage ziemlich platt.“ Glücklicherweise erkannte Trainer Christian Stang die Symptome frühzeitig, somit folgte eine rasche Diagnose und rechzeitige Trainingspause.
Zurich goes fast! ye1a0rs
der lauf durch die schnellste stadt der schweiz.
22. APRIL 2012
Willkommen in Zürich – In Zürich kommen alle auf ihre Kosten. Die Argumente dazu liefert einerseits die schnelle Strecke – 70 Prozent aller LäuferInnen laufen hier in Zürich regelmässig persönliche Bestzeit – aber auch die einzigartige Lage Zürichs, umrahmt von bewaldeten Hügelzügen, dem Alpenpanorama am Horizont und die einmalige Innenstadt von Zürich haben es in sich. Jubiläums Marathon – Der Zürich Marathon wird 10 Jahre alt. Feiern Sie mit uns und zusammen mit Tausenden von AthletInnen und ZuschauerInnen das 10-jährige Jubiläum des Zürich Marathons. Internationaler Zürich Marathon, Postfach, CH-8036 Zürich Hauptsponsor
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