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Ratgeber | Regeneration
figsten bei exzentrischer Krafteinwirkung zu beobachten, wie sie beim Bergablaufen (Bremsvorgänge) typisch ist. Bei feingeweblichen Untersuchungen konnte man feststellen, dass die Muskelfaserdefekte in den ersten drei Tagen nach Muskelkater auslösender Belastung zunahmen. Nach sechs Tagen waren diese Defekte bei Sportstudenten weitgehend wieder abgeheilt, bei völlig Untrainierten nach zehn Tagen noch nachweisbar. Nach einem 90-Kilometer-Lauf (Comrades/Südafrika) hatten Teilnehmer fünf bis sieben Tage lang Muskelschmerzen, 18 Tage eine verminderte Muskelkraft – „Reparaturdauer“: drei bis vier Wochen. Teilweise konnten nach acht bis zwölf Wochen noch Regenerationszeichen durch feingewebliche (muskelbioptische) Untersuchungen registriert werden. Vor allem im Alter und bei sehr schlechtem Trainingszustand muss eine verzögerte Regeneration beachtet werden.
Klare Beweislage
Mach mal Pause
DIE REGENERATION Teil 1
Eine weitere trainingsmäßige Belastung der noch schmerzenden Muskeln ist ineffektiv. So demonstrierten Gutenbrunner und Mitarbeiter, dass diejenigen, die das zu Muskelkater führende Krafttraining noch vier Tage fortsetzten, nach 25 Tagen immer noch nicht den Kraftverlust durch Muskelschaden ausgeglichen, also nicht wieder die Ausgangskraft erreicht hatten. Dagegen zeigten diejenigen Versuchspersonen, die erst nach einwöchiger Pause das viertägige Krafttraining aufgenommen hatten, nach dem muskelkaterbedingten Kraftverlust eine schnellere Kraftzunahme, die am 16. Tag den Ausgangswert überschritt. Die Trainierbarkeit der Muskulatur unmittelbar nach Überlastung mit nachfolgendem Muskelkater ist also aufgehoben.
von Dr. Dieter Kleinmann
Alternative Reize setzen Regeneration ist mehr als Ausruhen und Erholungsmassagen. Letztere sind besonders beliebt. Doch konnten englische Sportwissenschaftler nach erschöpfender Belastung keinen Unterschied im Laktat- und Blutzuckerverhalten mit und ohne Massagen feststellen. Allerdings war die subjektiv empfundene Erholung in der Ruhephase mit der Behandlung besser als ohne. Der Autor erklärt dies ausschließlich mit psychologischen Effekten. Auch wenn durch Massage keine Leistungssteigerung zu verzeichnen ist, so ist im Leistungssport die oben erwähnte Reaktion nicht unwichtig. Prinzipiell kann die Regeneration durch den Trainingsaufbau selbst, die Ernäh-
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rung, Kaltwasseranwendungen und Entspannen (ausreichenden Schlaf) gefördert werden, zumindest subjektiv auch durch richtig angewendete Massagen sowie Lockerungs- und Dehnungsübungen. Optimal wird der Erfolg eines Trainings erst dann sein, wenn Belastungsintensität und -umfang mit einer zielgerichteten Pausengestaltung abgestimmt sind. Dabei muss die individuelle Trainierbarkeit, die von genetischen Voraussetzungen abhängig ist, ebenso beachtet werden wie das übrige Verhalten außerhalb des Trainings.
Individuelle Unterschiede Regenerative Maßnahmen sollten möglichst sofort nach einem Wettkampf beziehungsweise harten Trainingsein-
heiten erfolgen. Die Geschwindigkeit der Regeneration ist individuell unterschiedlich und mit zunehmendem Alter verlangsamt. Daneben beeinflussen äußere Faktoren wie familiäre Probleme, Krankheiten etc. die Dauer, die aber wiederum ganz besonders von der vorangegangenen Belastung abhängt. War sie gering, so ermüdet man nur leicht und die Erholung ist schnell. Dagegen erfolgt nach einer extremen Grenzbelastung mit ausgeprägten Ermüdungserscheinungen eine deutlich verzögerte Regeneration.
Wenn’s zu viel war Wenn nach einer Belastung nicht nur „schwere“ Beine auftreten, sondern ein Muskelkater (Mikroverletzungen), dann war sie zu hoch. Dies ist am häu-
RUNNING | 06/2008
Es ist wenig sinnvoll, nach einer langen erschöpfenden Belastung, wie nach einem Marathon noch „auszulaufen“, was man immer wieder beobachten kann. Durch eine harte Einheit oder ein langes Rennen wird immer eine mehr oder weniger ausgeprägte Muskelschädigung provoziert, ebenso wie eine Entzündungsreaktion. Sichtbar zum Beispiel an einem Anstieg des C-reaktiven Proteins (CrP) und der weißen Blutkörperchen. Diese „Akute-Phase-Reaktion“ schützt vor fortschreitender Gewebeschädigung, zerstört infektiöse Organismen und leitet Reparaturprozesse ein. Hier haben sich zur schnellen Regeneration Eismassagen und Kaltwasseranwendungen bewährt, zumal die Körpertemperatur nach Belastung erhöht ist, nach einem Marathon bis auf 40 Grad und mehr. Kälte wirkt nicht nur entzündungshemmend, sondern verkürzt auch die Regenerationszeit. Überhaupt ist es nach einer Anstrengung sinnvoller, die Muskulatur nicht wieder mit derselben Belastung nur mit geringerer Intensität zu beanspruchen, sondern einen anderen Reiz zu setzen, beispielsweise Barfußlaufen, Radfahren, Aquajogging. Wichtig ist, dass bereits im Training Überlastungen vermieden werden, um die Erholungsmechanismen nicht zu verzögern.
RUNNING | 06/2008