Titelstory | Cellulite
Zum Aus-der-Haut-fahren Laufen gegen Cellulite
Unter Cellulite oder „Orangenhaut“ versteht man eine Dellenbildung an der Hautoberfläche, die vorwiegend bei Frauen vorkommt und zwar mit zunehmendem Alter und bei Fettsucht mit 80 bis 90 prozentiger Wahrscheinlichkeit. Anfällig ist besonders der Bereich der Oberschenkel, Oberarme, Hüften und des Gesäßes. Die Cellulite, fälschlicherweise auch „Zellulitis“ genannt, obwohl keine Entzündung vorliegt, entwickelt sich in drei Stufen. Im Anfangsstadium ist die typische Dellenbildung erst zu sehen, wenn man die Haut mit beiden Händen zusammenschiebt. Im zweiten Stadium ist sie bei Muskelanspannung oder Seitenlicht im Stehen erkennbar. Im dritten Stadium wird sie für jeden auch im Liegen deutlich.
Anders als beim Mann mit seinem dünneren Unterhautfettgewebe und den darin netzartig miteinander verwobenen Kollagenfasern verlaufen diese bei der Frau parallel zueinander. Hier können sich bei Gewichtszunahme wachsende Fettzellen leichter zwischen den für Reißfestigkeit sorgenden Kollagenfasern hindurchzwängen und an der Hautoberfläche sichtbar werden. Die Erhebungen bei der „Orangenhaut“ stellen also riesige Fettzellen dar, die vom Bindegewebe nicht in der Unterhaut festgehalten werden konnten (Abbildung).
Ursachen Die das Fettgewebe durchziehenden Kollagenstränge führen zu steppdeckenähnlich aufgebauten Fettläppchen, die entsprechend den zyklischen weiblichen Hormonverände-
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SXC
von Dr. Dieter Kleinmann
rungen mehr oder weniger anschwellen. Östrogene sorgen dafür, dass Frauen Fett vermehrt an Schenkeln und Po ablagern. Auch eine Veranlagung für ein schwaches Bindegewebe mit Neigung zu Krampfadern spielt neben der Fettsucht bei der Cellulite eine Rolle. Ob die Anti-Baby-Pille dabei fördernd wirkt, ist umstritten.
Beweislage Pralle Fettzellen und zusätzliche Krampfadern behindern den Abfluss von Lymphen und Blut mit der Folge einer stauungsbedingten Hautschwellung. Eine dadurch verschlechterte Durchblutung mit Stoffwechselstörung wird durch Rauchen noch verschlimmert, da Nikotin die Gefäße verengt und die Kollagenstruktur des Bindegewebes schädigt. Für eine Ansammlung von Schadstoffen („Verschlackung“) und Übersäuerung, wie von manchen als Ursache der Cellulite angenommen wird, gibt es keine Beweise.
Gegenmaßnahmen Viele Frauen geben für glatte Haut an Schenkeln und Po Unmengen an Geld für von der Industrie angepriesene, aber wirkungslose Wundermittel aus. Gels und Salben können wohl die Haut äußerlich pflegen, nicht aber die „Dellen“ beseitigen, zumal sie nicht bis in die Unterhaut einwirken. Eine angebliche „Entschlackung“ durch innerlich anzu-
RUNNING | 09/2009
PANTHERMEDIA.NET
Titelstory | Cellulite
Hypodermische Fettzellen
chert. Der muskuläre Kalorienverbrauch sollte pro Woche mindestens 2.000 Kilokalorien betragen.
Folgewirkung
Tiefliegende Fettschichten ◗ Große unter der Hautoberfläche liegende Fettzellen verursachen die ungeliebten Dellen der Cellulite
wendende Mittelchen findet nicht statt und entbehrt jeglicher wissenschaftlicher Grundlage. Auch von der Stiftung Warentest vor Jahren überprüfte „Massagegeräte“ schnitten „mangelhaft“ ab.
Aktive Methode Regelmäßiger Ausdauersport mit zusätzlichen Muskel kräftigenden Übungen und eine langfristige Kalorienreduktion vor allem hinsichtlich des Kohlenhydrat- und Fettkonsums sind eine Erfolg versprechende Maßnahme gegen die Cellulite. Je größer die eingesetzte Muskelmasse desto mehr werden Kohlenhydrate und Fette verbrannt und nicht gespei-
Die aufgeblähten Fettzellen schrumpfen durch ambitioniertes Training, unterstützt durch eine gleichzeitige Reduktionskost. Mit Dickenabnahme des Unterhautfettgewebes, das thermoregulatorisch wie ein Fell wirkt, nimmt die Wärmeabstrahlung und damit der Kalorienverbrauch ebenfalls in Ruhe zu. Dünne Leute mit geringem Unterhautfettgewebe frieren daher bei vermehrter Wärmeabgabe leichter, müssen mehr essen, um 37 Grad Celsius Körpertemperatur zu halten, und das ohne Gewichtszunahme!
Weitere Maßnahmen Unterstützend können durchblutungsfördernde Bürstenmassagen und Wechselduschen (kalt/warm) eingesetzt werden, wodurch eine gewisse Hautstraffung erzielt werden kann. Bei Schwellungen sind auch Lymphdrainagen durch den Masseur effektiv. Diese Maßnahmen sind jedoch kein Ersatz für die Bewegungstherapie und Kalorienreduktion! Nur wenn diese Lebensstiländerung wider Erwarten überhaupt keinen Effekt hat, können chirurgische Eingriffe wie Fettabsaugung etc. erwogen werden, jedoch auch ohne garantierten anhaltenden Erfolg, „Nebenwirkungen“ inbegriffen.