RUNNING - Das Laufmagazin Nr. 164 | Nordseelauf

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REPORTAGE | Nordseelauf

Die windige Auftaktetappe im Nordseeheilbad Bensersiel, einem Ortsteil von Esens, war mit 13,4 Kilometern zugleich die längste. Von den beiden weißen Deichbrücken, einem beliebten Fotomotiv mit herrlichem Blick auf den Segelhafen und die Ostfriesischen Inseln, bot sich den Urlaubsgästen mit der langen Läuferschlange, die sich auf den Weg machte, ein tolles Bild. Mit seinem flach abfallenden Sandstrand, der Riesenrutsche im Meerwasser-Freibad und dem Abenteuerspielplatz ist Bensersiel ein Paradies für Kinder. Auf dem vom ADAC mit fünf Sternen ausgezeichneten Strandund Familiencampingplatz standen die Besucher vor dem Deich und somit direkt am Meer. Als besonderen Service gab es für die Läufer nach dem Zieleinlauf einen Grillabend mit anschließendem Public Viewing für das zweite Weltmeisterschafts-Spiel der deutschen Fußballnationalmannschaft gegen Ghana. In drei Tagen wurden dann hintereinander drei Inseln erobert. 10,4 vielseitigen Kilometern auf Wangerooge, der östlichsten der Ostfriesischen Inseln, folgten 12 Kilometer auf Norderney, dem ältesten Nordseeheilbad Deutschlands. Bereits 1797 wurde das Eiland zum königlich-preußischen Seebad ernannt. Auf der kleinsten der Ostfriesischen Inseln durften dann noch 10,6 Kilometer auf zwei Runden bewältigt werden. Baltrum liegt genau

Wo de Nordseewellen trecken an de Strand 7 N

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Neuwerk

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5 Wurster Nordseeküste

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Vom 21. bis 28.06.2014 hieß es an der niedersächsischen Nordseeküste wieder: „Mach nicht halt – lauf gegen Gewalt!“ Auf sieben Etappen und insgesamt 73,5 Kilometern erlebten die Teilnehmer beim 13. EWE – Nordseelauf die landschaftlichen und kulturellen Reize dieser Region, die sich seit 2009 mit dem Titel UNESCOWeltnaturerbe schmücken darf. Die „Tour de Nordsee“ war von Beginn an eine Erfolgsstory und erreichte innerhalb weniger Jahre einen Kultstatus. Dies verdankt sie auch einer außergewöhnlichen Kontinuität. Der Hauptsponsor sowie die Helfer und Organisatoren sind seit der Premiere unverändert und bilden eine eingefleischte, routinierte und professionelle Truppe.

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Jeden Tag mussten der Start, das Ziel und die Strecke eingerichtet und Hunderte von Teilnehmer von ihren Unterkünften in verschiedenen Orten zum Fähranleger gebracht werden. Die Überfahrten sind zudem gezeitenabhängig. Im Extremfall wird für den Nordseelauf sogar eine eigene Fähre gechartert. Nach jeweils vier gewonnen Etappen zeichnete sich die Dominanz von Björn Kuttich (Offenbacher LC) und Nicole Jansen (Birthday Runners) ab. Zum „Tour de Genuss“ avancierte dann der wohlverdiente Ruhetag. Fakultativ konnte an einer Kochshow im Seefischkochstudio in Bremerhaven teilgenommen werden, was von einem großen Teil der laufenden Urlauber gerne angenommen wurde. Über die Jahrhunderte hat sich entlang der Küste eine Küche mit ganz eigenen regionalen Spezialitäten herausgebildet. Fisch, Krabben und Muscheln kommen aus dem Meer, die Felder im Binnenland

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FOTOS: RALF GRANER

von Stefan Schlett

im Herzen der sieben Ostfriesischen Inseln, die einen Schutzschild für das einzigartige Wattenmeer bilden. Sie ist die Vierte von links und die Vierte von rechts. Jede Insel ist anders und hat ihren eigenen Charakter, jede ist eine Welt für sich: urwüchsige Dünenberge, einsame Sandstrände, grüne Oasen, Salzwiesen mit ihrem Reichtum an Flora und Fauna und natürlich der Meeresstrand bei Ebbe und Flut. Das Insel-Hopping war für die Organisation eine logistische Herausforderung.

as einwöchige Event mit jährlich wechselnden Etappenorten auf den Inseln und entlang der ostfriesischen Küste ist eine Initiative der Nordsee GmbH, Bremerhaven Touristik, der Evangelischen Kirche und des Stromversorgers EWE. Mittlerweile hat sich eine Community von mehreren Hundert Stammkunden gebildet, die an der Veranstaltung teilnehmen. 2014 wurde in Bensersiel und auf den Ostfriesischen Inseln Wangerooge, Norderney und Baltrum gelaufen. Nach einem Ruhetag ging es jenseits der Weser an der Wurster Nordseeküste und in Bremerhaven weiter, bevor mit dem Wattlauf von der Insel Neuwerk nach Cuxhaven der alljährliche Höhepunkt des sportlichen Unterfangens gekrönt wurde.

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◗ Bensersiel

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◗ Wangerooge

liefern Kohl und Kartoffeln, die Obsthöfe steuern Äpfel und Birnen sowie Beeren bei. Da das Klima an der Küste sehr rau sein kann und die Fischer und Bauern schon immer schwer arbeiten mussten, sind norddeutsche Gerichte traditionell eine gehaltvolle Kost. Der Hering – lange Zeit das Rückgrat der norddeutschen Küche – wird als Matjes (im Frühjahr gefangen und in Salz gepökelt), sauer eingelegt als Bismarckhering oder als grüner Hering, nach Müllerin Art in Mehl gebraten, genossen. Was vom grünen Hering übrig bleibt, kommt in die Lake und wird zum Brathering. Garnelen, die hier Krabben genannt werden, verspeist man als Fischerfrühstück mit Bratkartoffeln und Spiegelei. Tagsüber gibt es das Krabbenbrot als Snack und abends kommen sie als Krabbencocktail auf den Tisch. Der König der Küste ist der Aal. Nachts in der Reuse gefangen und am nächsten

Tag gebraten serviert, ist er mit das Edelste, was die Nordsee zu bieten hat. Das Labskaus ist ein weiteres Traditionsgericht, bestehend aus Kartoffelbrei, Corned Beef, Zwiebeln, Rote Beete, Rollmops oder Bismarckhering, Spiegelei und Gewürzgurke. Als Süßspeise ist die Rote Grütze weltberühmt, und die Zeremonie mit ostfriesischem Tee füllt ein eigenes Kapitel. Zwischen Bremerhaven und Cuxhaven liegt das Nordseebad Wremen, ein kleiner idyllischer Ort direkt hinter dem Seedeich an der Wurster Nordseeküste, dem Schauplatz der fünften Etappe. Dieser Landstrich zwischen Marsch und Geest hat allerdings nichts mit dem Nahrungsmittel gemein, wie man zuerst annehmen könnte. Im Land der Wursten prägte von jeher die Natur den Menschen: Man wohnte auf vielen kleinen Wurten – Erdanhäufungen, welche in Zeiten, in denen es noch keine Deiche gab, die Menschen und ihre

◗ Baltrum

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◗ Norderney

Habe vor den Sturmfluten zu schützen vermochten. Diese Wurten – woanders auch als Warften bezeichnet – gaben dem Landstrich seinen Namen. Nachdem direkt am Start in einem eigens für das „öffentliche Sehen“ aufgebauten Festzelt das eher ruhige Weltmeisterschafts-Match Deutschland-USA verfolgt wurde, durften die Sportler anschließend beim Wremer-AbendrotLauf über fünf Kilometer mit den Hufen scharren. Über die doppelte Distanz ging es am nächsten Abend in der Seestadt Bremerhaven, die zum Bundesland Bremen gehört. Wo die Weser in die Nordsee mündet, liegt Deutschlands größte Stadt an der Nordseeküste. Ihre Existenz hat sie hauptsächlich der Seefahrt zu verdanken. Viele Jahrzehnte gingen stattliche Passagierdampfer von Bremerhaven „über den Teich“, meistens nach New York. Zigtausende von Auswanderer aus Deutschland und dem übrigen Mitteleuropa starteten

◗ Wurster Nordseeküste

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◗ Bremerhaven

von der Unterweser aus in ein neues Leben drüben im Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Und am 01.10.1957 setzte hier ein gewisser Elvis Presley als US-Soldat von der See kommend zum ersten Mal seinen Fuß auf den europäischen Kontinent. Die Hochseefischerei und der Schiffbau – früher ein wichtiges Standbein – haben über die Jahre erheblich an Substanz eingebüßt. Da aber 90 Prozent des interkontinentalen Warenaustausches per Schiff erfolgen, gehört Bremerhaven in diesem globalen logistischen Netzwerk mittlerweile zu den Big Playern. Die Stadt ist eine der größten Automobildrehscheiben der Welt und verfügt über den viertgrößten Containerhafen Europas. Die zweimal 5,1 Kilometer, welche zum großen Teil auf der Deichkrone entlang zu absolvieren waren und an etlichen Sehenswürdigkeiten der Bremerhavener Havenwelten vorbeiführten, boten eine ausgewöhnliche Arena.

Ein Megaliner der China Shipping Group, beladen mit mehreren Tausend 40-Fuß-Containern, zog behäbig am Cuxhavener Anleger Alte Liebe vorbei, wo 670 Wattabenteurer auf die Fährüberfahrt zur Insel Neuwerk warteten. Kein Gewässer in Europa wird so viel befahren wie die Niederelbe vor Cuxhaven. Millionen von Schiffstonnagen rauschen Jahr für Jahr an dem Nordseeheilbad vorbei. So dicht wie an der Alten Liebe bekommt man die fahrenden Ozeanriesen in keiner Stadt an der Nordsee zu sehen. Am frühen Abend gab der Wattranger bei optimalen Bedingungen den zwölf Kilometer langen Prickenweg frei, und kurze Zeit später suhlten sich knapp 700 Läufer und Walker wie eine Horde Wildschweine bei Ebbe auf dem Meeresboden vor Cuxhaven. Wie immer ein starkes Bild an dem Ort, wo sich Himmel und Erde eine Bühne teilen. Die spektakulärste Etappe des Nord-

◗ Neuwerk

seelaufes war traditionell die teilnehmerstärkste. Bis weit nach Mitternacht dauerte die anschließende Abschlussveranstaltung im Stadion am Meer in CuxhavenDuhnen. Björn Kuttich (Gesamtzeit 4:33:11 Stunden) und Nicole Jansen (Gesamtzeit 5:25:04 Stunden) gewannen zwar nicht mehr alle restlichen Etappen, jedoch verteidigten sie ihren Vorsprung in der Gesamtwertung komfortabel. Mit 3.443 Starts über die gesamte Laufwoche und Teilnehmern aus sechs Ländern konnte eine positive Bilanz gezogen werden. Die professionelle Organisation durfte sich wieder einmal über viele zufriedene und glückliche Sportenthusiasten freuen. Der 14. Nordseelauf geht beziehungsweise läuft vom 06. bis 13.06.2015 über die Bühne respektive über die Inseln und entlang der Nordseeküste. Informationen finden sich unter: www.nordseelauf.de.


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