Firmenportrait Hoka One One

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TITELSTORY | Firmenportrait

FIRMENPORTRAIT

he. Dieses dominierende Element soll den Fuß schützen und führen. „Die Verletzungsquote bei Läufern ist nach wie vor viel zu hoch. Sowohl bei Top-Athleten als auch bei Freizeitläufern“, sagt Chefentwickler Diard. Dies sei ein wesentlicher Grundgedanke bei der Entwicklung gewesen. „Viele Outdoor-Enthusiasten beispielsweise sagen, dass sie mit ihren Schuhen zwar sehr gut bergauf laufen können, aber nicht bergab.“ Daher sei die Idee entstanden, einen Schuh mit den

Hoka One One von Claudius Lüder

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uf den ersten Blick scheint es ein krasser Widerspruch zu sein, wenn der Firmengründer JeanLuc Diard (Foto oben rechts) voller Überzeugung erklärt, dass der Name Hoka, der aus der Sprache der Maori stammt, sinngemäß „Zeit zu fliegen“ bedeutet. Das Wort One wiederum, ausgesprochen Ohnee, meint einerseits die Erde, andererseits steht es für das Zweigestirn

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Jean-Luc Diard und Nicolas Mermoud, das 2009 die Marke aus der Taufe gehoben hat. Sie fabrizieren also Schuhe, mit denen man fliegen können soll, die aber rein optisch an leichte Moonboots erinnern. Denn die Modelle umringt eine äußerst dicke und hochgezogene Sohle, und hier liegen das Geheimnis und der Grundgedanke der ungewöhnlichen Sportschu-

FOTOS: HOKA ONE ONE

Es gibt nicht gerade wenige Laufschuhhersteller auf dem deutschen Markt. Dennoch will mit Hoka One One in diesem Frühjahr ein weiterer vermehrt in den Regalen gelistet sein. Das Konzept dahinter: dicke Sohlen und geschützte Füße. Wer mit den ungewöhnlichen Schuhen mal eine Runde drehte, stellt fest: Das ist wirklich etwas ganz anderes.

bestmöglichen Abrolleigenschaften und größtmöglicher Dämpfung und Stabilität zu entwickeln. Die Belastung bei Einheiten bergab entspreche dem Dreifachen des eigenen Körpergewichts, so der Schuhentwickler. Als Vorbild für die Abrolleigenschaften wiederum dienten die Handbiker und Rollstuhlfahrer. „Denn die sind bei den Marathons die schnellsten“, betont Diard. Tatsächlich ist die Sohle

HOKA One One kompakt Name: HOKA One One Gegründet: 2009 Stammsitz: Richmond/USA Mitarbeiter: 65 Erfolgreichster Laufschuh: Clifton

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seiner Modelle auf über 50 Prozent der Länge abgerundet, was auch Energie sparen soll. Der erste Prototyp entspross innerhalb von drei Monaten und bestand nur aus einer Sohle, denn in dieser stecken alle Funktionen, die einen Hoka One One von anderen Schuhen differenziert. Und der Unterschied ist laut Diard groß. „Wir haben uns die Entwicklung von Laufschuhen in den letzten 20 Jahren angeschaut und festgestellt, dass sich nur wenig verändert hat. Wir wollten mit unserem Schuh daher einen wirklich großen Sprung machen.“ Diard und Mermoud sind keine Unbekannten in der Sportartikel-Szene. Der zuerst Genannte war Entwicklungschef und später CEO von Salomon. Mermoud stand als Marketingmanager ebenfalls in den Diensten der Outdoor-Marke. Diard hat im Laufe der vergangenen 20 Jahre zahlreiche Innovationen auf den Weg gebracht und mit seinem neuen Projekt einmal mehr sein Know-how für hochfunktionelles Equipment bewiesen. Denn so sonderbar die Schuhe aussehen, haben sie in der Praxis doch bislang viele Skeptiker überzeugen können. Die ersten Meter mit einem solchen Modell sind stets geprägt von vorsichtigem Abtasten, schließlich erwartet man angesichts des optisch plateauartigen Aufbaus einen eher wackligen Begleiter. Die Sorge sei gegeben. Der Hersteller verbaut doppelt so viel EVA in seinen Sohlen, als dies in den Produkten der Mitbewerber der Fall ist. Die Rückmeldung des Hoka One One ist dann aber erstaunlich direkt und knackig, was unter anderem daran liegt, dass der Fuß relativ tief in der Sohle einsinkt. Diard erklärt dies so: „Wir wollten den maximalen Schutz für den Fuß und haben dabei auch an ein Formel-1-Cockpit gedacht. Da sitzt der Fahrer geschützt und tief in seinem Monocoque drin.“

Bei vielen Schuhen sei die mangelnde Stabilität ein Problem, dies habe man so lösen können. Bei Hoka One One ist praktisch der Fuß der Formel-1-Pilot. Tatsächlich stellt sich relativ schnell ein sehr sicheres Laufgefühl ein. Die optische Größe macht sich nicht durch schwere Schritte negativ bemerkbar, wider Erwarten ist der Schuh trotz der Masse erstaunlich leicht. Der Clifton etwa, Hoka One Ones Bestseller, bringt 318 Gramm auf die Waage. Ein angenehmer Nebeneffekt der hohen Sohle ist zudem ein besserer Schutz vor Nässe. Gestartet ist das Unternehmen in Frankreich, wo die Marke schnell bekannt wurde und inzwischen rund 100.000 Kartons Schuhe verkaufte. In Deutschland sind es in der bisherigen Testphase um die 10.000 Paar. Das soll sich jetzt ändern, mit dem offiziellen Start der Marke und einem breiten Vertriebsnetz. Geplant ist eine Deutschlandzentrale mit Sitz in München. Zudem ist Diard überzeugt davon, dass sich die guten Verbreitungen in Frankreich und den USA auf den deutschen Markt abfärben werden. Ein wesentlicher Grund für den Erfolg in Amerika ist die Deckers Outdoor Corporation, sie übernahm 2012 Hoka One One. Entwickelt werden die Schuhe aber nach wie vor im französischen Annecy, wo Diard mit einem 30-köpfigen Team sitzt. Während die Marke bislang vor allem bei den Trail- und Ultraspezialisten großen Anklang gefunden hat, soll zukünftig die ganze Bandbreite des Laufsports abgedeckt werden. Dazu gehören Race- und Trainingsschuhe. Einen Input holt sich Chefentwickler Diard auch von Profis wie dem amerikanischen Mittelstreckenläufer Leonel Manzano, der beispielsweise ein Spikesmodell mitentworfen hat. Das Konzept der Hoka One Ones sei grundsätzlich auf alle Schuhtypen übertragbar, ist Diard überzeugt.

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