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Kochen, lernen lustig sein
Ausgabe 26 – Juli 2014
Die Arbeiterwohlfahrt an der Saar – ein Blick in die Geschichte Nach dem Ersten Weltkrieg gibt es in Deutschland vielfach unbeschreibliches Elend. Obdach- und Arbeitslosigkeit, Krankheiten und Alter und völlige Aussichtslosigkeit prägen den Alltag der meisten Menschen. Die Reichstagsabgeordnete Marie Juchacz gründet am 13. Dezember 1919 den Hauptausschuss der Arbeiterwohlfahrt als Arbeitsgemeinschaft der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands. Bis 1927 verdreifacht sich die Anzahl der AWO-Ortsgruppen im Saargebiet. Sie sind Orte der Selbsthilfe der Arbeiterschaft und kümmern sich um Kindererholungen, Schulspeisungen und Sammlungen für bedürftige Familien. Die Weltwirtschaftskrise ab 1929 verschärft das Elend der Menschen. AWO-Suppenküchen helfen Ihnen, über die Runden zu kommen.
Gründung der AWO im Saargebiet und Verbot 1935 durch das NS-Regime Angela Braun-Stratmann ist vom 17. Juli 1924 bis zum 15. Januar 1935 erste Vorsitzende der Arbeiterwohlfahrt Saarland. In der ersten Geschäftsstelle in der Saarbrücker Brauerstraße werden Ortsausschüsse gegründet, Volksspeisungen organisiert und Nähstuben eingerichtet. Finanziert werden die Hilfsaktionen durch Mittel aus der Wohlfahrtslotterie. Mit dem ansteigenden Elend vieler Menschen wächst auch die Anzahl der Ortsausschüsse und Hilfsprojekte. Innerhalb kürzes-
Liebe Leserin, lieber Leser,
Links: Eine der Nähstuben, wie sie nach Gründung der AWO im Saargebiet nach 1924 entstanden. Rechts: Fahrbaree Mittagstisch in den 70ern.
ter Zeit werden über 6000 Menschen im Saarland Mitglied der Arbeiterwohlfahrt. Die Geschäftsstelle in der Brauerstraße genügt schon bald den Anforderungen an die Selbsthilfeorganisation nicht mehr. 1930 zieht die Arbeiterwohlfahrt in die Hohenzollernstraße 45 um, wo noch heute der Sitz der AWO im Saarland ist. Das dem Völkerbund unterstehende Saargebiet bleibt bis 1935 von der Tyrannei des NS-Regimes verschont. Viele Menschen, darunter auch die Gründerin der Arbeiterwohlfahrt, Marie Juchacz, finden im Saarland Zuflucht. Sie gründet in der Saarbrücker Bahnhofstraße (heute in Höhe der Hausnummer 80) eine Fremdenpension, in der Emigranten Zuflucht erhalten.
Rückgliederung an das Deutsche Reich und Verbot der Arbeiterwohlfahrt Am 13. Januar 1935 wird das Saargebiet nach einer Volksabstimmung an das „Deutsche Reich“ zurückgegliedert. Die Arbeiterwohlfahrt wird von den Nazis aufgelöst und verboten. Die Hilfsangebote, die viele Menschen brauchen, kommen zum Erliegen. Viele Funktionäre der Arbeiterwohlfahrt flüchten in andere Länder um einer Verhaftung und der Tyrannei zu entgehen und ihr Leben zu retten oder halfen Mitgliedern, einen Weg ins Exil zu finden. Darunter auch Johanna Kirchner, nach der heute ein AWO-Seniorenzentrum in Saarbrücken-Malstatt benannt ist. Auch Angela Braun-Strat-
mann und Max Braun, ihr Ehemann, emigrieren nach Paris. Max Braun stirbt im März 1945 in England.
Wiederaufbau nach 1945 und Aufbau des modernen Wohlfahrtsverbandes Das Land liegt nach dem Zweiten Weltkrieg in Trümmern. Viele der Ortsvereine der Arbeiterwohlfahrt gründen sich nach der Rückkehr der Vorsitzenden, Angela Braun-Stratmann, neu und lindern das Leid, das über die Menschen ergeht. Die Geschäftsstelle in der Hohenzollernstraße übersteht den Krieg trotz schwerer Schäden. Nach der Instandsetzung durch viele freiwillige Helfer entstehen Ortsberatungsstellen und Fürsorgeprogramme
im Bereich der Alten-, Behinderten- und Jugendhilfe. Die AWO leistet einen wesentlichen Beitrag zum Wiederaufbau. In den darauffolgenden Jahrzehnten verdichtet sich das Netz an Hilfsangeboten für Menschen. Einrichtungen und Programme entstehen, die eine Teilhabe aller Menschen an unserer Gesellschaft zum Ziel haben – auch jener Menschen, die nicht am Wirtschaftswunder teilhaben können. Heute ist die AWO Saarland ein demokratischer, unparteiischer und konfessionsloser Verband, der mit über 13 000 Mitgliedern im Saarland Hilfe zur Selbsthilfe bietet. Hier wird Solidarität gelebt. Über 5000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind in über 300 Einrichtungen und Projekten tätig.
Hohenzollern-Kita von HTW und AWO eröffnet
Die Aufgaben und Werte sind geblieben
Reinhard Klimmt
Neunzig Jahre Arbeiterwohlfahrt an der Saar. Angela Braun – unterstützt von ihrem Ehemann Max – war die treibende Kraft bei der Gründung im Februar 1924 und folgerichtig die erste Vorsitzende. 1927 bestanden bereits 104 Ortsgruppen in allen Landesteilen des Saargebiets. Familienfürsorge, Betreuung von Alten, „Invaliden“ und Kindern waren schon damals Schwerpunkte der Arbeit.
Auf Initiative von Marie Juchacz war die Arbeiterwohlfahrt im Dezember 1919 als Arbeitsgemeinschaft der SPD gegründet worden. Heute ist die AWO ein unabhängiger Wohlfahrtsverband auf der Höhe der Zeit. Die Aufgaben sind geblieben, in anderer Gestalt und mit modernen Antworten. Geblieben sind auch die Werte, die weltanschaulichen Fundamente der Arbeit. Am 31. Juli 1914 wurde der Pazifist und Sozialistenführer Jean Jaures ermordet. Von ihm stammt der Satz: „Tradition heißt nicht die Asche bewahren, sondern die Flamme am Brennen zu halten.“
Mit einem bunten interkulturellen Fest ist die Kita Hohenzollern offiziell eröffnet worden. Die Einrichtung in der Hohenzollerstraße in Saarbrücken ist ein Gemeinschaftsprojekt der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) Saar, der AWO Saarland und der WOGE Saar. Die Kita hat 20 Krippen- und 50 Kindergartenplätze und ist von montags bis freitags von sieben bis 18 Uhr geöffnet. Auch Kinder aus dem Stadtteil Alt-Saarbrücken werden hier betreut. Die Kita Hohenzollern ist die dritte betriebsnahe Kindertageeinrichtung, die von der AWO im Saarland geführt wird. „Bildung, Betreuung und attraktive Öffnungszeiten, die Familie und Beruf miteinander vereinbaren lassen, machen die Besonderheit dieser Kita aus“, sagte der AWOLandesvorsitzende Marcel Du-
Vor 90 Jahren ahnte noch niemand, dass sich die AWO zu dieser vielfältigen und leistungsfähigen Organisation entwickeln würde, wie wir sie heute kennen. Unsere AWO vertritt dabei eine faszinierende und zeitlose Idee. Die Idee von mehr Gerechtigkeit, Toleranz und Solidarität in einem Gemeinwesen, in dem sich jeder Mensch in Verantwortung für sich und die Gesellschaft frei entfalten kann. Menschen brauchen einander. An Orten, an denen soziale Beziehungen geknüpft werden und Leben in der Gemeinschaft außerhalb von Familie und Beruf erfahrbar wird. Die Arbeiterwohlfahrt ist eine offene und lebensnahe Organisation für bürgerschaftliches Engagement frei von religiösen Vorbehalten oder kulturellen Ressentiments. Haupt- und Ehrenamtliche können fachliche Entwicklungen anregen und damit Anwaltsfunktionen für Schwächere übernehmen. Diese Aufgabe ist unsere Verpflichtung, hierfür sind wir in dieser Gesellschaft unentbehrlich.
Die Kinder machten die Einweihungsfeier zu einem bunten und interkulturellen Fest.
bois vor zahlreichen Gästen. Auch Bildungsstaatssekretärin Andrea Becker, Regionalverbandsdirektor Peter Gillo und Bürgermeister Ralf Latz begrüßten die neue Einrichtung. Dass auch Kinder aus dem Stadtteil die Kita besuchen könnten, sei
Wenn wir auf die bewegten 90 Jahre der Arbeiterwohlfahrt an der Saar zurückblicken, so sind das 90 Jahre praktizierte Solidarität, 90 Jahre Einsatz für Frieden und soziale Gerechtigkeit. Die Flamme, die von Marie Juchacz entzündet, von Angela Braun an die Saar gebracht und von vielen Frauen und Männern gehütet wurde, brennt noch heute hell wie am ersten Tag.
Reinhard Klimmt Ministerpräsident des Saarlandes a.D. Der Historiker und ehemalige Ministerpräsident des Saarlandes hält die Festrede beim Festakt zum 90-jährigen Bestehen der AWO Saarland am Samstag, 19. Juli, 11 Uhr, in der Congresshalle Saarbrücken.
Aufgrund der besonderen politischen Situation des Saargebietes kommt es erst im Jahre 1924 zur Gründung der AWO Saar durch Angela Braun. Doch auch hier nimmt in kürzester Zeit die Zahl der Ortsvereine und offiziellen Hilfeeinrichtungen so zu, dass die AWO rasch zu einem nicht mehr wegzudenkenden sozialen Verband wird.
Bei der Schlüsselübergabe (von links): Wolrad Rommel, Ralf Latz, Rita Gindorf-Wagner, Peter Gillo, Martina Riedel, Marcel Dubois und Andrea Becker.
„ein Gewinn für alle“. „Mit der Kita Hohenzollern können wir mehr als eine qualitätsvolle und flexible Betreuungsmöglichkeit für die Kinder unserer Studierenden und unseres Personals hochschulnah anbieten“, sagte Rektor Wolrad Rommel. Der Studienbereich „Pädagogik und Kindheit“ arbeite intensiv mit der Kita-Leitung zusammen. „So entsteht ein Wissenstransfer, von dem beide profitieren“, so Rommel. Rita Gindorf-Wagner, Geschäftsführerin der WOGE Saar, übergab den Schlüssel an Kindergartenleiterin Martina Riedel. „Bund, Land, Regionalverband und Stadt Saarbrücken haben dieses Projekt gemeinsam gefördert. Die Zusammenarbeit funktionierte reibungslos“, lobte Wagner alle Beteiligten. Die WOGE Saar ist Eigentümer des Hauses, das insgesamt 3,6 Mio. Euro umgebaut wurde.
Unsere Verpflichtung bleibt aber auch, dass wir das Erbe unserer Gründerinnen bewahren und die AWO in Zukunft ein eigenständiger vitaler, vielfältiger und leistungsfähiger sozialer Verband bleibt. Das fordert von uns das verstärkte Engagement um das Profil und die Schwerpunkte unserer zukünftigen sozialen Arbeit. Ihr Marcel Dubois Landesvorsitzender
IMPRESSUM Herausgeber: AWO Landesverband Saarland e.V. (Öffentlichkeitsarbeit) Verantwortlich: Ines Reimann-Matheis Redaktion: Fred Eric Schmitt, Jürgen Nieser Layout/Prepress: m-content – MediaContentGroup, Saarbrücken Druck: Saarbrücker Zeitung Juli 2014