AWO Saarland | November 2019

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Sonderseite zum AWO Jubiläum 100 Jahre

· November 2019 · www.awo-saarland.de

100 Jahre AWO - Impressionen aus dem Jubiläumsjahr Jubiläumsempfang im Saarbrücker Rathaus zur Geschichte der AWO Saarland

FEBRUAR

100 Jahre gelebte Solidarität

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Unter dem Vorsitz von Angela Braun Stratmann wurde am 13. Februar 1924 in Saarbrücken die Arbeiterwohlfahrt im Saargebiet gegründet.

JANUAR Nicht Charity ist das Zauberwort, sondern Solidarität

100 Jahre Arbeiterwohlfahrt – ein Blick in die Geschichte

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ür die AWO Deutschlands war 2019 ein besonderes Jahr: sie wurde 100 Jahre alt. 1919 in Berlin vom SPD-Parteivorstand auf Initiative der Reichstagsabgeordneten Marie Juchacz als „Hauptausschuss der Arbeiterwohlfahrt“ gegründet, durchlief die AWO eine wechselvolle Geschichte. Sie spiegelt viel von dem wieder, was sich seit der Gründung in Deutschland und dem heutigen Saarland (welt) politisch wie auch wirtschaftlich und gesellschaftlich ereignete. Armenspeisungen, Suppenküchen und Nähstuben nach dem 1. Weltkrieg, Verbote und Verfolgungen durch Hitlers Nationalsozialisten, das Aufsammeln der Trümmer nach dem 2. Weltkrieg und das Wiederauferstehen, das Immer-wieder-dasein für die Armen und Schwachen im wieder wachsenden, längst nicht alle begünstigenden Wohlstand, bis hin zum unverzichtbaren Faktor im heutigen Sozialstaat: Die AWO wurde damals wie heute gebraucht. Auch um denen Stimme zu geben, die nicht immer für

sich selbst eintreten können oder schlicht nicht gehört werden. „Nicht Charity ist das Zauberwort, sondern Solidarität“, sagt Reinhard Klimmt, der frühere saarländische Ministerpräsident, in seiner Einleitung zu dem Buch über die Geschichte der Arbeiterwohlfahrt im Saarland. „Allen Menschen soll ein menschenwürdiges Leben garantiert werden. Wer in Not gerät, hat ein Recht auf Unterstützung durch die Gemeinschaft, entweder über den Staat oder mit solidarischer Selbsthilfe der Betroffenen. Keine Almosen, keine Wohltaten, sondern Rechte. Damit verknüpft sind die Verpflichtung und die Bereitschaft zur Selbsthilfe. Das alles galt damals und es gilt noch heute“. Gründung im Saargebiet erst 1924 Im Saarland - exakt: im damaligen Saargebiet - erfolgte die Gründung der AWO am 13. Februar 1924 unter Vorsitz von Angela Braun-Stratmann im Gewerkschaftshaus in der Brauerstraße in Saarbrücken.

Der verspätete Start lag daran, dass die Region nach dem von Deutschland und Österreich verlorenen Ersten Weltkrieg infolge des Versailler Vertrags als „Saargebiet“ für 15 Jahre dem Völkerbund unterstellt wurde. 1924 gab es bereits 104 Ortsgruppen der AWO, die vor allem in der Kinder- und Altenbetreuung tätig waren. Die Jahre bis 1935 spielten für das Saargebiet wie auch für die AWO eine besondere Rolle. Nach der „Machtergreifung“ Hitlers 1933 im damaligen Deutschen Reich ergab sich durch die besondere Situation im Saargebiet die Möglichkeit, dass Verfolgte des Naziregimes hier Zuflucht finden oder im Untergrund wirken konnten. Dazu zählte auch Marie Juchacz, die in der Saarbrücker Bahnhofstraße ein Hotel für Emigranten betrieb. Ab 1945, nach dem Zweiten Weltkrieg, war das Land Teil der französischen Besatzungszone. Das war auch der Grund, warum die AWO sich nach Kriegsende nicht gleich wieder anerkennen lassen durfte.

Echt AWO: „Immer mim Herz debei!“

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iesen Wahlspruch haben sich 200 Mitwirkende der AWO auch beim Burbacher Fastnachtsumzug nicht nehmen lassen. Trotz Sturm und Regen waren sie mit ganzem Herzen dabei und brachten die närrischen Grüße der AWO im wahrsten Sinne des Wortes feucht-fröhlich unter die vielen Zuschauer am Straßenrand. Der Burbacher Gaudiwurm ist der größte im Saarland und markiert zugleich den Höhepunkt der Saarbrücker Straßenfaasenacht. Da durfte die AWO nicht fehlen, zumal sie in dem Stadtteil das ganze Jahr über vielfach sozial aktiv ist.

oleranz, Freiheit, Gleichheit und Gerechtigkeit – das sind auch 100 Jahre nach der Gründung der AWO in Deutschland die Grundwerte des Wohlfahrtsverbands. Auch wenn sich die Aufgaben geändert haben oder neue dazu gekommen sind: „Die AWO ist auf der Höhe der Zeit“, sagte der Präsident des Bundesverbandes, Wilhelm Schmidt, beim politischen Neujahrsempfang anlässlich des 95. Gründungstages der Arbeiterwohlfahrt an der Saar im Festsaal des Saarbrücker Rathauses. Wegen der Zeit der Völkerbundsverwaltung konnte die AWO im Saargebiet erst fünf Jahre später gegründet werden, nämlich am 13. Februar 1924 im Saal des Gewerkschaftshauses in der Brauerstraße in Saarbrücken. Die Landeshauptstadt und die AWO verbindet vieles. . „Grundwerte so wichtig wie das Grundgesetz“ Fü r P rä s i d e nt Wi l h e l m Schmidt sind die Grundwerte der AWO „so wichtig wie das Grundgesetz“. Die AWO Saarland verdiene viel Lob für ihre Arbeit auch über die Landesgrenzen hinaus. Die Arbeit gehe auch im Jubiläumsjahr nicht aus: Reichtum und Armut in Deutschland seien immer noch sehr ungerecht verteilt. Der Sozialstaat der Zukunft erfordere einen neuen Aufbruch, in den die AWO sich gerne einbringe.

Zahlreiche Gäste waren zu der Jubiläumsfeier in den Festsaal des Saarbrücker Rathaus gekommen. Landesvorsitzender Marcel Dubois hatte bei der Begrüßung der zahlreichen Gäste auf die enge Verbundenheit mit der Stadt Saarbrücken hingewiesen. „Hier wurde die AWO gegründet und hier hat sie ihren traditionellen Sitz“. Gemeinsam habe man Orte der Erinnerung schaffen können, so im Rathaus mit der Büste für Johanna Kirchner, ihren Gedenkstein in der Bahnhofstraße und die Widmung der Angela-Braun-Straße zu Erinnerung an die Gründerin der AWO an der Saar. „Gemeinsam sind wir der soziale Staat“, sagte die damalige Oberbürgermeisterin Charlotte Britz. Zusammen mit der AWO habe man in der Landeshauptstadt viele Einrichtungen schaffen können, die der Allgemeinheit und insbesondere bedürftigen Menschen dienten. „Die AWO hilft, wo sie kann“ „Menschen stehen zusammen,

um Schwächeren zu helfen“, so habe ihr der frühere Landesvorsitzende und heutige Ehrenvorsitzende Paul Quirin einst das Wesen der AWO erläutert, erklärte Sozialministerin Monika Bachmann in ihrem Grußwort. Die SPD-Landesvorsitzende Anke Rehlinger erinnerte an die historische Bindung zwischen AWO und SPD und an den Einsatz von AWO-Gründerin Marie Juchacz für die Frauenrechte. Dass neue Zeiten auch neue Ideen erforderten, wie es die Reichstagsabgeordnete einmal ausgedrückt hatte, sei für den Fortschritt ebenso wichtig wie die Grundwerte der AWO, mit denen man immer auf festem Grund stehe. „Die AWO ist Teil der Erfolgsgeschichte unseres Landes“, betonte Rehlinger, „und sie ist nach wie vor unverzichtbar in ihrem Beitrag für die Gesellschaft“.

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Echt AWO – ein starkes Jubiläumsjahr im Saarland!

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ir haben im Jubiläumsjahr viele schöne P ro j e k t e u n d w i r kungsvolle Aktionen gestartet. Allen voran unser Familienfest in Völklingen, die Beteiligung am „Faasenachtsumzug“ in Sbr.-Burbach, der Flashmob der Mitarbeiter*innen, der Neujahrsempfang in Saarbrücken . Darüber hinaus gab es auch eine rege Beteiligung an vielen Veranstaltungen und Aktionen in den Einrichtungen, Kreisverbänden und Ortsvereinen. Beispiele sind, der Benefizlauf in Elversberg, das Solidaritätskonzert in Heiligenwald, der Kartoffelaktion in Sulzbach und vieles vieles mehr. Eine besondere Freude war es mir, dass unsere Zusammenarbeit mit dem Musicalprojekt „Marie“ in Neunkirchen einen solch großen Anklang fand. Ich bitte an dieser Stelle um Nachsicht und Verständnis, dass wir in dieser Beilage nicht alles erfassen und darstellen konnten. Es war überwältigend! Ich bin stolz darauf, dass

wir gemeinsam das Jubiläum aktiv genutzt haben. Wir haben gezeigt, dass die AWO ein Verband mit einem wichtigen gesellschaftlichen Auftrag und einer klaren sozialpolitischen Haltung ist. Dafür bin ich allen Beteiligten der AWO im Saarland sehr dankbar. Ich wünsche Ihnen, Ihren Angehörigen und allen, die sich mit der AWO verbunden fühlen, ein frohes und zufriedenes Weihnachtsfest.

Marcel Dubois Landesvorsitzender

Briefmarke ehrt AWO-Gründerin Marie Juchacz An AWO-Gründerin Marie Juchacz und ihre besonderen Verdienste um die Frauenrechte erinnerte gleich zu Beginn des Jubiläumsjahres eine neue Briefmarke der Deutschen Post. Mit Juchacz sprach am 19. Februar 1919 erstmals eine Frau vor einem deutschen Parlament. Das Protokoll der Weimarer Nationalversammlung notierte: „Meine Herren und Damen!“ (Heiterkeit.) „Es ist das erste Mal, dass eine Frau als Freie und Gleiche im Parlament zum Volke sprechen darf, und ich möchte hier feststellen, ganz objektiv, dass es die Revolution gewesen ist, die auch in Deutschland die alten Vorurteile überwunden hat.“


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