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Sammeln, auswerten, verknüpfen 12. Juli 2015 - Von Sabine Müller In Online Marketing liegt viel (Verwirrungs-)Potential. Die nachfolgende Einführung dient als Orientierungshilfe für alle, die wissen wollen, wann was wirkt. Wir wissen eine Menge über uns: Täglich werden Arbeitszeiten, Sportaktivitäten, Kalorieneinnahmen, Finanzen oder einfach besondere Momente erfasst mit dem Ziel, grosse Teile des Lebens zu optimieren. Denn was wir nicht messen, können wir nicht verbessern. Was im Privaten aus eigenem Antrieb und ohne Verpflichtung geschieht, ist aus Online-Marketing-Sicht höchst geschäftsrelevant. Unternehmen haben das Potential von Online Marketing erkannt und begonnen, ihre Budgetverteilung zugunsten der digitalen Aktivitäten zu verändern. Studien zeigen, dass Internet-Werbung mittlerweile 3,5 Prozent der Gesamt-Werbe-Investitionen in der Schweiz ausmacht, Tendenz steigend. Aber welche Massnahmen sind die richtigen und an welchen Kennzahlen sollen sich die Marketing-Verantwortlichen orientieren, um langfristig erfolgreich zu sein? Zunächst einmal umfasst Online Marketing alle Massnahmen auf digitalen Kanälen, mit dem Ziel, die Marke zu stärken, Interaktionen zu erhöhen oder neue Kunden zu gewinnen. Ausgehend von Unternehmenszielen sollten Marketingziele definiert und die passende Strategie abgeleitet werden. Die Herangehensweise dafür lässt sich vom klassischen Marketing in die digitale Welt übertragen, wo sich grundsätzlich zwei Ansätze unterscheiden lassen: Der Fokus auf Branding, also auf die Markenführung des Unternehmens – oder aber das Augenmerk auf Performance, also auf direkte, kommerzielle Ziele. Sich hierbei zu entscheiden, den eigenen Standort in Bezug auf die Zielsetzung zu bestimmen und die Frage zu beantworten: «Was wollen wir erreichen?», sind notwendige Ausgangspunkte für alle Online-Marketing-Strategien. Bei der Entwicklung der auf die Zielsetzung passenden, digitalen Marketing-Strategie sind Budget und Ressourcen wichtige Einflussfaktoren: Denn nicht jede Massnahme macht für jedes Unternehmen Sinn. Nachfolgend werden die wichtigsten Online-Marketing-Massnahmen erläutert, eingeordnet und kurz bewertet.
Nutzerorientierten Inhalt einbinden
Die eigene Webseite stellt nicht nur die digitale Visitenkarte des Unternehmens dar, sondern ist Mittelpunkt aller Online-Marketing-Aktivitäten. Sie dient sowohl zur Brand- und Imagepflege als auch als Informations-, Interaktions- respektive Transaktionsplattform für Zielgruppe und Suchmaschinen. Die Mehrheit der Unternehmen hält die individuellen Interessen und Bedürfnisse ihrer Zielgruppen für nebensächlich und veröffentlicht Themen auf der Webseite, die in einem direkten Zusammenhang mit den eigenen Geschäftsaktivitäten stehen. Viel nachhaltiger ist es aber, in die Webseiten nutzerorientierte Inhalte einzubinden. Das heisst zum Beispiel, über Geschichten und mehrwertige, bedürfnisorientierte Inhalte den Zugang zu produkt- und transaktionsgetriebenen Seiten zu ebnen. Einen weiteren Mehrwert bieten Unternehmen ihren Online-Besuchern durch responsive Webseiten. Denn in den letzten zwei Jahren ist die Anzahl der Google-Suchen auf mobilen Endgeräten um das Fünffache gestiegen.
In Suchmaschinen oben gelistet sein Eine Webseite allein nützt wenig, wenn diese keine ausreichende Sichtbarkeit in Suchmaschinen erreicht. Suchmaschinenoptimierung (SEO) ist eine nachhaltige Methode mit einer grossen geografischen Reichweite, um langfristig ein gutes Ranking zu erzielen und das Verhältnis zwischen bezahlten und organischen Webseiten-Zugriffen über die Zeit positiv zu beeinflussen, mit anderen Worten die organischen Zugriffe zu steigern. Komplexe Algorithmen bilden dabei die Grundlage, nach welchen die Webseite von sogenannten Web-Crawler analysiert und indexiert wird.
Web-Crawler analysiert und indexiert wird. Suchmaschinenoptimierung lässt sich in zwei gleichbedeutende Aufgabenbereiche unterscheiden: Onpage und Offpage. - Die Onpage-Optimierung umfasst alle Anpassungen, die direkt auf der Webseite unternommen werden. Dazu gehören die Verbesserungen des Seiteninhalts (Content) sowie der Formatierungen, Überschriften und Sitemap (Linkstruktur). Zentral ist auch die Auswahl und Dichte von Suchbegriffen (Keywords). Hierzu stehen kostenlose Datenbanken zur Verfügung, wie etwa das Google Adwords Keyword Tool. - Die Offpage-Optimierung beinhaltet alle Massnahmen fernab der eigenen Webseite. Dabei geht es im Kern um Linkpartnerschaften (Bildung einer Linkstruktur mit thematisch verwandten Webseiten), die nicht nur auf die Startseite, sondern inhaltlich passend auf einzelne Unterseiten verlinken. Ein gutes Suchmaschinen-Ranking wird von der Anzahl und der Qualität der eingehenden Backlinks mitbeeinflusst. Zusätzlich gewinnt die simultane Erzeugung von sogenannten «Social Sig- nals» an Relevanz. Dabei handelt es sich um die Erwähnungen der Webseite in Form von «Likes» oder «Shares» in sozialen Netzwerken.
Anzeigen in Suchmaschinen schalten Eine weitere Möglichkeit, die Sichtbarkeit der eigenen Online-Präsenz zu steigern, ist Suchmaschinenwerbung (SEA). Die Suchmaschinenwerbung mit Google Adwords oder Bing Ads eignet sich dann, wenn kurzfristig eine hohe Reichweite mit einem geografischen Fokus erzielt werden soll. Dabei stehen die gekauften Werbeplätze nicht in Konkurrenz zu den organischen Suchergebnissen, da sich die beiden Listings visuell unterscheiden. Die Werbeplatzierung erfolgt nach dem Keyword-Advertising-Prinzip. Dementsprechend werden für die gekauften Suchbegriffe (Keywords) bestimmte Position auf der ersten Seite der Suchmaschinenergebnisse zugeteilt.
Soziale Medien nutzen und Newsletter versenden
Social Media Marketing auf Facebook, Youtube oder Instagram repräsentiert eine weitere, zentrale Möglichkeit, um die digitale Reichweite zu erhöhen. Dabei lohnt es sich, den Fokus auf wenige Plattformen zu legen, die dann aber regelmässig mit hochwertigen Inhalten bespielt werden. Anstelle von abverkaufsorientierten, generischen Werbebotschaften klicken Interessierte überproportional häufig auf zielgruppen- und interessenspezifische Inhalte. Dazu gehören redaktionelle Inhalte, die basierend auf demografischen und geografischen Merkmalen, Interessen oder Hobbys erstellt werden. Die Herausforderung besteht darin, der Zielgruppe ohne akutes Kaufinteresse weitere Interaktionspunkte und relevante Informationen zu bieten. Gleichzeitig sollten aber Kunden mit Kaufinteresse nicht abgelenkt oder sogar vom Online-Shopping abgehalten werden. Darüber hinaus ist der Versand von personalisierten und attraktiv aufbereiteten Newslettern, Stichwort E-Mail-Marketing, bei Schweizer Unternehmen verbreitet. Viele setzen dieses Instrument zur Kundenbindung und -pflege ein, weshalb CRM für die Zielgruppen-Segmentierung eine immer stärker nachgefragte Daten-Quelle darstellt. Allerdings ergreifen bisher erstaunlich wenig Unternehmen die Chance, Interessenten (Prospects) durch gezieltes Nachbearbeiten (Nachfass-Mailings) zu konvertieren.
Massnahmen übergreifend aussteuern
Die Kunst im Online-Marketing besteht schliesslich darin, die Zielgruppe zum richtigen Zeitpunkt mit der richtigen Botschaft am richtigen Kontaktpunkt innerhalb der Customer Journey, also des Zyklus, den der Kunde bis etwa zum Kauf durchläuft, für sich zu gewinnen. Dazu empfiehlt sich eine kanal- und massnahmenübergreifende Betrachtungsweise. Denn die häufigsten Fehler beim Aufbau von Online-Marketing-Massnahmen rühren entweder daher, dass die einzelnen Aktivitäten isoliert analysiert und bewertet werden, oder dass sich die Marketing-Verantwortlichen in parallel laufenden Massnahmen verzetteln und Optimierungspotentiale aus Zeit- und Ressourcennot verschenken. Oft reicht eine konversionsoptimierte, suchmaschinenfreundliche, responsive Webseite mit bedürfnisgerechten Inhalten, gepaart mit einer flankierenden Werbemassnahme zur Zielerreichung.
Daten auswerten und den Erfolg messen Sporadische oder aktionsspezifische Messungen reichen nicht aus, um strategisch nutzbare Erkenntnisse über die Effektivität der Online-Marketing-Aktivitäten abzuleiten. Unternehmen müssen verstehen lernen, Ergebnisse in Echtzeit zu verfolgen, zu interpretieren, in Bezug zu anderen Kennzahlen zu setzen und Optimierungsmassnahmen daraus zu entwickeln. Google Analytics etwa bietet ein kostenfreies Tool zum Sammeln von Webseiten-Daten. Einmal auf der Webseite installiert, sind die Daten einsehbar und über diverse Schnittstellen exportierbar. Um zusätzlich bestehende Annahmen validieren zu können, oder um zukünftige Kampagnen zielgerichtet zu segmentieren, tun Unternehmen gut daran, ihre Kennzahlen um kundenspezifische Daten wie Interesse, geografischer Fokus, Kundenstatus, Kaufpräferenz oder Customer Lifetime Value anzureichern. Zusammenfassend ist also zu sagen: Die digitale Marktbearbeitung gewinnt zunehmend an Relevanz. Online-Marketing beginnt mit der eigenen Webseite und der geschickten Orchestrierung sowie der kontinuierlichen Optimierung von dezidierten Massnahmen auf Basis der Erfolgsmessung. Dabei bilden Daten die Grundlage, um die maximale Wirksamkeit der eingesetzten Mittel auszuloten. Im Optimalfall werden diese frühstmöglich erfasst, gesammelt, angereichert, aktualisiert und fortlaufend ausgewertet. Diese Daten sind auch für das aktuelle Trend-Thema Content Marketing (mehr dazu ab S. 34) essentiell. Das Erstellen und Verbreiten von zielgruppenrelevanten, werbefreien und mehrwertigen sowie kostenlos zugänglichen Inhalten wird immer relevanter. Was früher als Kundenmagazin bekannt war, erlebt heute im digitalen Umfeld ein regelrechtes Revival. Damit diese Inhalte auch zum Geschäftserfolg beitragen, müssen Unternehmen wissen, was ihre Kunden interessiert, wie sie die Beiträge aufbereiten müssen und vor allem, über welche Kanäle die Zielgruppe informiert werden möchte. Nur wer diese Daten hat, kann die Synergien zwischen Content Marketing und anderen Disziplinen wie SEO und den sozialen Medien nutzen. In einem nächsten Schritt gilt es, den Einfluss der Content-Marketing-Aktivitäten auf den Geschäftserfolg zu messen. Und hier liegt die Herausforderung: Unternehmen müssen heute anfangen, Informationen zu sammeln, um morgen die Ergebnisse ihrer Aktivitäten auswerten zu können. Denn am Ende gewinnen die Daten. Sabine Müller ist Senior Consultant bei der digitalen Kommunikationsagentur Namics 13 in Zürich, wo sie sich auf die Themen digitale Kamapagnenführung, Performance und Content Marketing fokussiert.
Tipp: In fünf Schritten zum Erfolg
1. Entwickeln Sie ein klares Bild, was Sie mit Online-Marketing erreichen wollen. 2. Starten Sie fokussiert mit ersten Massnahmen, deren Erfolg Sie genau verfolgen. 3. Nehmen Sie sich Zeit, gesammelte Daten zu analysieren und Optimierungs- potentiale zu realisieren. 4. Erschliessen Sie weitere Kanäle und verknüpfen Sie diese mit den bestehen Massnahmen. 5. Kombinieren Sie die gewonnenen Erkenntnisse der digitalen Kanäle mit Ihrem Wissen über Ihre Kunden, um die Gewohnheiten und Bedürfnisse Ihrer Zielgruppe möglichst gut zu verstehen. Copyright by Swiss IT Media 2015