Vista 4 / April 2016

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Nr. 4 | April 2016 CHF 5.50

Heuschnupfen

An den Darm denken kann sich lohnen

Zu viel Medizin? Unnötiger Aufwand

unnötige Kosten

Männer

Gesundheit. Konflikte. Motivation.


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EDITORIAL Liebe Leserin, lieber Leser In der aktuellen Ausgabe von Vista stellen wir die Gesundheit von Männern in den Vordergrund. Der Tra­dition folgend wurde ich als Neue im Redak­ tions­team deshalb mit einem Augenzwinkern ge­ beten, das Editorial zu schreiben. Ausgerechnet ich ... Unweigerlich drängte sich mir der Hit von Herbert Grönemeyer auf, in dem er über Männer singt und schliesslich fragt, wann ein Mann denn ein Mann sei. Ich weiss nicht, wie es Ihnen geht, aber mir wider­streben Klischees – gerade, wenn es dabei um Geschlechter geht. Doch auf die eine oder andere Art unterscheiden sich Männer und Frauen natürlich. Wussten Sie zum Beispiel, dass sich Männer anders verhalten als Frauen, wenn es um ihre Gesundheit geht? Männer haben nicht nur eine kürzere Lebenser­ wartung, sondern sie bringen in der Gesundheits­ versorgung auch andere Voraussetzungen mit. ­Lesen Sie im Heft nach, was ein Männerarzt dazu sagt. Zudem geht oft vergessen, dass auch ein frischgebackener Vater sich erst einmal an seine Rolle und Verantwortung als Elternteil und Partner gewöhnen muss. Ab Seite 28 finden Sie deshalb Informationen und Tipps für den neuen Lebens­ abschnitt mit Kindern. Wie immer halten wir im Heft auch weitere interessante Themen mit wert­ vollen Informationen für Sie bereit. Nun wünsche ich sowohl Ihnen, liebe Herren, als auch Ihnen, liebe Damen, eine spannende Lektüre.

INHALTSVERZEICHNIS

Nr. 4 | April 2016

Vista Dossier 21 –  31 Männer

Gesundheit. Konflikte. Motivation.

Gesunde Ernährung

4 – 6 Männer-Food

Schnell und gesund

Gesundheit aktuell 12  – 13 Gute Durchblutung Freier Zufluss und Abfluss 16  – 18 Früh übt sich …

… wer im Alter geistig fit bleiben will

38 – 39 Heuschnupfen

An den Darm denken kann sich lohnen

Herzliche Grüsse

Gesundheitspolitik

Carmen Hunkeler Redaktorin

10 Hinter den Kulissen So funktioniert Gesundheitspolitik

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33 – 34 Zu viel Medizin?

Unnötiger Aufwand – unnötige Kosten


n ke n he i e ot ger A p ro In d D un

«Ein Indianer kennt keinen Schmerz!»

12 Rundum gesund 37 Instabilität

Probleme mit dem oberen Sprunggelenk

Beauty und Medizin 40 – 41 Der gepflegte Mann Mehr als frisch geduscht

Vista Life 42 – 43 Liebe, Leben, Laster Frauen sind anders, Männer sowieso

In jedem Vista 8, 45 Gesundheits-News 14, 36 Markt-Trends 45 Impressum / Vorschau 46 – 47 gesundgekauft

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Nr. 4 | April 2016

Gesunde Ernährung

Küchenfreaks und Kochmuffel gibt es bei beiden Geschlechtern, wobei letztere langsam aussterben. Die Tipps von Food-Blogger Marco Züger für eine schnelle und gesunde Küche, dürften dieser Entwicklung weiteren Antrieb geben. Nadja Belviso

Männer-Food Schnell und gesund Männer kochen lieber schnell als gesund – Ravioli aus der Dose, Nudelsuppe aus dem Beutel, Pizza aus dem Tiefkühlregal oder im schlimmsten Fall sogar: eine Tüte Chips und ein paar Dosen Bier. Ein Kli­ schee? Fragt man Food-Blogger Marco Züger, merkt man schnell, dass die Ant­ wort komplexer ist als die These. Wie in den meisten Kulturen habe die ­Essenszubereitung auch hier über Jahr­ hunderte hinweg zu den Aufgaben der Frauen gehört. «Inzwischen beobachte ich jedoch die erfreuliche Entwicklung, dass sich Männer hinter dem Herd eman­ zipieren.» Diese Beobachtung macht der Gastronomieberater eines Cateringun­ ternehmens nicht nur bei der Arbeit. Auch im Privatleben und in den Kommentar­

spalten seines Blogs stellt er fest, dass sich das Vorurteil des kochfaulen Mannes nicht aufrechterhalten lässt. «Ich treffe ge­ nauso oft auf Frauen, die fürs Kochen nichts übrig haben», berichtet er. Zeitmangel und Single-Dasein Als Hauptgrund werde bei beiden Ge­ schlechtern die fehlende Zeit genannt. Gemäss Marco Zügers Einschätzung spielt aber auch der Beziehungsstatus eine wichtige Rolle: «Singles kochen seltener, da sie der Meinung sind, dass sich der Aufwand für eine einzelne Person nicht lohnt.» Doch die Reihen der Kochmuffel lichten sich. «In einer Zeit, in der bewusste Er­ nährung im Trend liegt, ist Essen Teil des

Lifestyles geworden», erklärt der Blogger. Das Kochen sei ausserdem einfacher ge­ worden, aufwendige Rezepturen, die stundenlange Vorbereitungszeit in der Kü­ che voraussetzen, seien nicht mehr ge­ fragt: «Heute muss es schnell gehen.» Genau daran scheinen jedoch Kochan­ fänger oft zu scheitern: Ihnen fehlt das Know-how über schnelle Zubereitungs­ arten, mithilfe derer sich gesunde Mahl­ zeiten zaubern lassen. Ein, zwei nerven­ aufreibende Kochmarathons oder ein missglücktes Experiment, und schneller ist die Lust verflogen als sie gekommen ist.

Fortsetzung auf Seite 6

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Rezept Wurzelgemüse-Sa lat aus dem Ofen mit lauwarmem Zi egenkäse und Sb rinz-Chips Als Hauptmahlzeit

für 4 Personen • 6 Karotten, am be sten • 4 Zweige Thymian verschiedenfarbig • 2 EL Honig • 6 kleine, blaue Karto ffeln • 3 EL Olivenöl • 2 Pastinaken • 2 EL Aceto Balsamico • 2 kleine Randen • 1 TL Kümmel • 2 kleine Kohlrabi • 1 30  g Ziegenweichkäse • 4 Schwarzwurzeln z. B. Chavroux • 150 g Radieschen • 100 g Sbrinz AOP, gerieben • 1 rote Zwiebel • eine kleine Handvo ll • 1 Knoblauchknolle Radieschen (zur De koration) Für die Baumnuss

-Honig-Vinaigre tte

• 1 Knoblauchzehe, gepresst • 2 TL scharfer Senf • 6 EL Gemüsebouil lon

• 3 EL Himbeeressig • 5 EL Baumnussöl • 1 TL Honig • Salz / P feffer

Zubereitung 1. Sbrinz-Chips: Sbrin z mit einem Teelöffe l auf einem mit Backpapier beleg ten Blech zu Hä ufchen von 3–5 cm ø forme n und etwas flachdrü cke n. In der Mitte des auf 220 °C vorgeheizten Of en s 4–7 Minuten golde n backen. 2. Das Gemüse saub er waschen und sch älen. Schwarz­­ wurzeln mit Handsch uhen schälen (färbe n stark!) und dann in Zitronen wasser legen.

3. Gemüse bis und mit Zwiebel in mund g­ erechte Stücke schneiden. De n Ofen auf 180 °C vor­heizen. Für die Ma rinade in einer Schü ssel Olivenöl, 1 EL Honig , Kümmel und Aceto Bal­­sa­mico vermengen und mit Salz und Pfe ffer abschmecken. 4. Das Gemüse in ein e ofenfeste Form ge ben. Knoblauch halbiere n und mit der Hälfte der Thymianzweige zum Gemüse geben. Die Marinade über das Gemüse träufeln, mischen und im Ofen für ca. 40 –50 Minu ten backen. 5. V inaigrette: Zutaten verrühren und beise ite stellen. 6. D en Ziegenweichkäs e in mundgerechte Schnitze teilen und in wenig Olivenöl lan gsam braten. Nach dem ers ten Wenden die res tlichen Thymianzweige dazu geben und die Käse stü cke mit 1 EL Honig beträ ufeln. Nochmals ein pa ar Minuten weiter­braten , bis der Käse zu sch melzen beginnt. 7. S obald das Gemüse aus dem Ofen komm t, die Vinaig rette über das Gemüse geben und ve rmengen. Mit Salz und Pfe ffer abschmecken, mi t Radieschen garniere n und mit dem Ziege nweichkäse sowie den Sbrin z-Chips servieren.

Das Rezept stammt von Marco Züger. Er lebt und wohnt in Widen/AG. Auf seinem Blog www.myfood prints.net berichtet er regelmäss ig über neuste Kochkr eationen und Ex­perimente in der Küche.


Fortsetzung von Seite 4

Sich mit Kochen beschäftigen Bereits mit den genannten Ratschlägen, lässt sich mit dem Kochen von heute auf morgen beginnen. Wer sich jedoch 6

Foto: © ExQuisine, Fotolia.com

Reiskocher und Backofen Für die Zögerlichen und Desillusionierten hat Marco Züger ein paar Tipps zusammengestellt. Sein wichtigster: einen Reiskocher kaufen. «Reis waschen, mit Wasser und etwas Salz in den Kocher geben, Deckel zu, Taste drücken, Füsse hoch­lagern. Einfacher geht es kaum», fasst er die Zubereitung eines perfekt gegarten Reises zusammen. Ausgewogener werde die Mahlzeit, wenn man den meist mitgelieferten Dampfkorb mit Zutaten wie Geflügelbrust, Fischfilets oder saisonalem Gemüse fülle. Die neuesten Geräte lassen sich dank Timer-Funktion sogar bis zu 17 Stunden im Voraus programmieren. Fast ebenso unkompliziert sind Ofen­ gerichte: «Sie machen selten Aufwand, und auch das Aufräumen danach ist schnell erledigt», erklärt der gelernte Hotelier/Restaurateur. Damit das Essen nicht nur schnell geht, sondern auch gesund ist und schmeckt, empfiehlt er Aufläufe und Gratins mit hohem Gemüseanteil: «Bei Gemüse intensiviert sich der Geschmack durch die Zubereitung in der heissen Luft.» Und noch etwas spricht für Gaumenschmäuse aus dem Ofen: Die Reste lassen sich problemlos einfrieren, und das Kochen kann an einem anderen Tag ausfallen. Womit der Aargauer Blogger gleich einen weiteren Geheimtipp für Zeitfuchser preisgibt: Wer beim Kochen jeweils die doppelte Menge zubereite und einen Teil einfriere, habe bald eine Palette an fixfertigen Gerichten im Gefrierfach. «Bevor man an einem stressigen Tag das Haus verlässt, legt man sein Wunschgericht in den Kühlschrank, wo es tagsüber auftauen kann, und abends geniesst man eine blitzschnelle, hausgemachte Mahlzeit.»

Wenn er Lust auf ein deftig paniertes Schnitzel habe, dann esse er es – weil es ihn glücklich mache. Food-Blogger Marco Züger

nicht nur etwas Gutes tun, sondern auch noch Spass daran haben möchte, dem empfiehlt Marco Züger eine intensivere Auseinandersetzung mit dem Thema: Kochbücher anschaffen, sich austauschen, Kochserien gucken und viel ausprobieren. «Man wird bald feststellen, dass es viele Möglichkeiten gibt, mit wenigen Handgriffen ein schnelles, leckeres und gesundes Gericht zu zaubern», ist er überzeugt. «Man wird mutiger und lernt zu experimentieren.» Dass man mit dieser Herangehensweise schnell alte Vorurteile hinter sich lässt und faszinierende Welten entdeckt, zeigt sich am Beispiel Gemüse. «Wer seinen Broccoli bis zur Unkenntlichkeit im Wassertopf verkochen lässt oder Karotten immer nur auf dieselbe Art zubereitet, der wird nie daran Gefallen finden», erklärt der Foodfreak. Dabei gebe es Aromakombinationen, die so überraschen, dass sie selbst bei überzeugten Gemüsehassern punkten können. Wie das gehen soll? Mit raffiniertem Würzen. Die Inspiration dazu holt sich Marco Züger aus der asiatischen, nordafrikanischen und orientalischen Küche. So wird alltägliches Schweizer Gemüse plötzlich zu einem exotischen Gaumenschmaus: «Karotten harmonieren mit Vanille, Kreuzkümmel, Safran, Orangenzesten oder Ahornsirup. Zu Randen passt Anis, eine Prise Curry heizt dem Kürbis ein, und Pastinaken können gut mit rosa Pfefferkörnern», schwärmt er. Knollensellerie würze er mit Piment, und zu Kartoffeln oder Topinambur passe Honig und Senf ganz wunderbar.

Nach dem Lustprinzip Marco Zügers Tipps für die schnelle und gesunde Küche gelten sowohl für Männer als auch für Frauen. Dennoch gibt es einen Punkt, in dem sich ein Unterschied bei den Geschlechtern feststellen lässt: «Männer stehen eher auf deftige und fleischlastige Kost.» Diese Vor­­liebe lasse sich einerseits mit dem höheren Kalorienbedarf, andererseits mit dem sozialen und kulturellen Hintergrund, den Rollenvorbildern und den Essgewohnheiten erklären. Männern, die weg von Fertigpizza, Döner und Hamburger wollen, rät er, sich nicht zu sehr auf das Kriterium «gesund» zu versteifen: Wer sich regelmässig bewege, könne sich auch mal ein Cordon bleu mit Pommes frites gönnen. «Ich bin überzeugt, dass unser Körper ganz genau weiss, was gesund für ihn ist und er uns das auch mitteilt.» Wenn er Lust auf ein deftig paniertes Schnitzel habe, dann esse er es – weil es ihn glücklich mache und deshalb gut für sein Wohlbefinden sei. «Meistens habe ich am nächsten Tag kaum mehr Lust auf ein ähnlich schweres Gericht.»

Vista Rezepte

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Auf www.vistaonline.ch/maennerfood finden Sie weitere Rezepte.


Proteine sind wichtige Baustoffe für den Körper. Sie werden für die Funktionsfähigkeit des gesamten Organismus benötigt. Täglich benötigt der Körper mindestens 0,8 Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht. Bei sportlichen Höchstleistungen brauchen die Muskeln sogar noch mehr.

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Sie zählen zu den ältesten Kulturpflanzen: Hülsenfrüchte (Leguminosen) wie Linsen, Kichererbsen und Bohnen. Wegen ihrer Bedeutung für die Ernährung, Tierfütterung und Landwirtschaft erklärten die Vereinigten ­Nationen 2016 zum «Internationalen Jahr der Hülsenfrüchte». Leguminosen liefern wertvolles Eiweiss, das bei Sojabohnen und Lupinen bis zu 40 Prozent des Gewichtes ausmachen kann. Auch bei der Verarbeitung anfallende Reste weisen noch einen ­hohen Proteinanteil auf und eignen sich daher als wertvolles Viehfutter. Sodann binden die in den Wurzeln von Leguminosen lebenden Knöllchenbakterien Stickstoff aus der Luft und geben ihn als Dünger in den Boden ab. Quelle: aid infodienst

Mehr Smartphones, mehr Kurzsichtige In den grossen Städten Asiens habe sich der Anteil der Kurzsichtigkeit innert weniger Jahre von 20 auf 80 Prozent erhöht, so Wolfgang Wesemann, Leiter der höheren Fachschule für Augenoptik in Köln. Ursachen seien Veränderungen der Lebensumstände, bei denen ein Mangel an Tageslicht eine wichtige Rolle spiele. Kurzsichtigkeit entsteht bei zu starkem Längenwachstum des Augapfels, vor allem zwischen dem 6. und 18. Altersjahr. Da in diesem Alter Jugendliche vermehrt und intensiv Handys, Laptops und Computer nutzen, warnten Experten auf einem Kongress in Berlin vor einer Zunahme der Kurzsichtigkeit auch in Europa.

Quelle: Pharmazeutische Zeitung

Weichmacher sind Umwelthormone Weichmacher, wie sie Kunststoffen beigesetzt werden, geraten in die Umwelt und können so über Nahrung, ­Atmung und die Haut in unseren Körper eindringen. Wie ein Forscherteam um Nora Klöting von der Universität Leipzig (D) am Mausmodell zeigen konnte, greift der Weichmacher Diethylhexylphthalat DHEP massiv in den Hormonhaushalt ein – jedenfalls bei Mäusen. Bereits geringe Mengen des Stoffes führen bei den Nagern zu deutlichen Gewichtszunahmen. Die Forscher wollen die Wirkung von Phthalaten auch auf den menschlichen Organismus genauer untersuchen. Die Resultate sollen auch in die Risikobewertung dieser Stoffe fliessen. Quelle: www.sinexx.de, doi:10.1371/journal.pone.0143190

Beschränkte Zahl von Freunden Online-Freundeskreise ähneln jenen in unserem Alltag stark, so Robin Dunbar. Der Forscher von der University of Oxford (UK) konnte zeigen: Wir haben drei bis vier enge Freunde (Unterstützungs-Clique) und rund elf gute Freunde (Sympathie-Gruppe). Durchschnittlich finden sich 150 lose Freunde sowohl online wie in unserem sozialen Netzwerk. Begrenzende Faktoren für einen grösseren Freundeskreis seien die Zeit und unser Gehirn.

Freunde sind für die Gesundheit ebenso wichtig wie Bewegung und Ernährung Je mehr soziale Bindungen in jungem Alter, desto besser die Gesundheit zu Beginn und am Ende des Lebens: So das Fazit einer Studie eines Teams um Kathleen Mullan Harris von der University of North Carolina in Chapel Hill (USA). Untersucht wurde dabei erstmals der Einfluss von sozialen Bindungen auf Gesundheitsfaktoren wie Übergewicht, Entzündungen und hohen Blutdruck, die langfristig zu Herz­erkrankungen, Schlaganfall und Krebs führen können. In höherem Alter, so ein Resultat der Studie, wirke sich eine soziale Isolation auf die Gesundheit negativer aus als ein beginnender Diabetes und ein behandelter Bluthochdruck. Aufgrund dieser Resultate sollten Adoleszente und junge Erwachsene dazu ermutigt werden, sich ein grosses Beziehungsnetz und eine soziale Kompetenz aufzubauen, so Prof. James Haar. Dies sei für die Gesundheit ebenso wichtig wie sich zu bewegen und gesund zu essen.

Quelle: Bild der Wissenschaft, doi:10.1098/rsos.150292

Quelle: http://uncnews.unc.edu, doi:10.1073/pnas.1220043110

Quelle: Pharmazeutische Zeitung

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Verstopfung: überholte Mythen Alte Mythen über die Verstopfung gelte es auszuräumen, so Apothekerin Dr. Hiltrud von der Gathen aus Rockenhausen (D). So könne nur bei dehydrierten Patienten ein Flüssigkeitsmangel Verstopfung verursachen; daher sei nur in diesen Fällen zu raten, mehr zu trinken. Auch die Empfehlung, bei Verstopfung täglich 30 Gramm Nahrungsfasern zu sich zu nehmen, sei zu hinterfragen. Ebenso der Ratschlag, sich mehr zu bewegen; denn eine Studie habe gezeigt: Mehr Bewegung hat keinen Einfluss auf die ­Verdauung. Die Mehrheit der an Verstopfung leidenden Personen, so das Fazit der Apothekerin, bräuchte eine medikamentöse Therapie. Bei der richtigen Wahl von A ­ bführmitteln sei weder eine Gewöhnung noch eine Elektrolytverschiebung zu befürchten. Nach der AVMF-Leit­linie sollten als erste Wahl die Wirkstoffe Macrogol, Natrium-­Picosulfat und Bisacodyl eingesetzt werden.

GESUNDHEITS-NEWS

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Nr. 4 | April 2016

Gesundheitspolitik

Das Parlament stellt zwar in Sachen Gesundheitspolitik national die Weichen, aber die umfängliche und entscheidende Vorarbeit dafür wird in den beiden Kommissionen des National- und Ständerats geleistet. Eine diskrete Sache! Hans Wirz

Hinter den Kulissen In unserem System haben die kanto­ nalen Parlamente und Regierungen das hauptsächliche Sagen. Aber es braucht grundsätzliche Regeln, die eben in Bern festgelegt werden. Da wird sorgfältig überlegt – ein grosses Hin und Her von Argumenten. Immer mit dem Ziel, opti­ male Kompromisse zugunsten einer Mehrheit der Bevölkerung zu finden. Die umfangreichen «Hausarbeiten» werden von Kommissionen geleistet, die ent­ sprechend den nationalen Wahlen nach Parteistärke zusammengesetzt sind. Die vierjährige Legislatur-Arbeit der Kommis­ sionen der beiden Räte basiert auf dem Auftrag des Parlaments, die später im Rat zu behandelnden Geschäfte gründ­ lich vorzubereiten. Um Ihnen einen Ein­ blick in die Kommissionsarbeit vermit­ teln zu können, haben wir mit Nationalrat Dr. med. Ignazio Cassis gesprochen. Er präsidiert für die nächsten zwei Jahre die Kommission des Nationalrats für soziale Sicherheit und Gesundheit SGK-NR. Kompetenzen sind zentral Es liegt in der Hoheit der Fraktionen, die ihnen zustehende Zahl an Kommissi­ onssitzen personell zu besetzen. Was dabei zählt, sind fachliche Kompetenzen, die Dauer der bisherigen Parlamentstätig­ keit, Sprache und regionale Herkunft. Auf Grund aller Faktoren legt man für je­ des Fraktionsmitglied die thematischen Schwerpunkte fest. Basis der Arbeit sind die wichtigsten Gesetzesprojekte für das 10

Bild: www.parlament.ch

So funktioniert Gesundheitspolitik

Dr. med. Ignazio Cassis (FDP) präsidiert die Kommission des Nationalrats für soziale Sicherheit und Gesundheit.

Parlament sowie Themen aus Sicht des Bundesrates. Die Kommission des Natio­ nalrats für soziale Sicherheit und Ge­ sundheit ist klar «eine der wichtigen», so Ignazio Cassis, «und entsprechend nachgefragt». Kein Wunder: Soziales und Gesundheit sind ja auch dominierende Themen in der Bevölkerung. Ein gut geöltes Maschinchen Die frühmorgendlichen Kommissions­ sitzungen in den Sessionen sind zeitlich gesehen nur Garnitur, die hauptsächliche

Arbeit wird in je zwei Sitzungen zu je zwei Tagen zwischen den Sessionen geleistet. Erfordert es die Komplexität der Ge­ schäfte, kann es mehr werden. Wie etwa in diesem Jahr wegen der «Altersvorsorge 2020». Je nach Thema gibt es in der Kommission noch Subkommissionen. Die Resultate der Vorberatungen schla­ gen sich beispielsweise in Mehrheits- und Minderheitsanträgen, Ergänzungen, Kurz­ berichten, Botschaften und Erlassentwür­ fen nieder. Gemeinsame Sitzungen mit der entsprechenden Kommisssion des Ständerats sind nur für die sogenannte «Einigungskonferenz» vorgesehen. Die zum Tragen kommt, wenn sich National­ rat und Ständerat (nach drei Behand­ lungsrunden) nicht einig werden. Die aktuellen Themen 2016 «Bis in die Herbstsession 2016 schiebt sich das Sozialthema ‹Altersversorgung 2020› klar in den Vordergrund», so un­ ser Gesprächspartner. Weitere aktuelle Themen sind 2016 der Abschluss der Re­ vision des Heilmittelgesetzes, das Krebs­ registrierungsgesetz, das Krankenversi­ cherungsgesetz, die Bestimmungen mit internationalem Bezug und die Stärkung der Qualität und der Wirtschaftlichkeit. Aber auch das Bundesgesetz über die Gesundheitsberufe und das Tabakpro­ du­ktegesetz. Dazu kommen Fragen der Pflege, der Prämienbefreiung für Kinder, der Prämienkategorien und andere. Da muss einiges an Arbeit geleistet werden!


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Nr. 4 | April 2016

Gesundheit aktuell

Damit es unseren Armen und Beinen sowie den Organen gut geht, ist eine funktionierende Blutzirkulation wichtig. Sowohl die Arterien als auch die Venen müssen gesund sein. Markus Meier

Gute Durchblutung Freier Zufluss und Abfluss

Bild: © psdesign1, Fotolia.com

ein Herzkranzgefäss verschlossen ist, kommt es zu einem Herzinfarkt, bei dem das von der Versorgung abgeschottete Herzmuskelgewebe abstirbt oder zu­ mindest vernarbt und unbeweglich wird.

Ein Blutgerinnsel, bestehend aus roten Blutkörperchen und Fibrinfäden (weiss), schwimmt durch ein Gefäss, bis es bei einem Engnis steckenbleibt und den Blutfluss abklemmt.

Mit der Durchblutung in unserem Körper ist es wie mit den Zu- und Abflüssen von Seen. Kommt zu wenig Wasser via Bäche und Flüsse in den See, trocknet er aus und die Wasserqualität sinkt. Kann das Wasser nicht richtig abfliessen, kommt es zu Überschwemmungen. Sowohl das Seeufer als auch das Flussbett nehmen Schaden. 12

Die grossen Arterien und die kleineren Arteriolen sind unsere wichtigsten Zuflüsse, welche die Extremitäten und alle Organe mit Blut und damit mit Sauer-­ stoff und Zucker versorgen. Ist ein arterielles Gefäss verstopft, zum Beispiel durch ein Blutgerinnsel (Thrombus), stirbt das dahinterliegende Gewebe ab, das dieses Gefäss versorgt. Wenn beispielsweise

Venenschwäche Wenn Venen krank sind, ist das auf den ersten Blick nur ein kosmetisches Pro­ blem. Die Venen füllen sich wegen der kaputten Venenklappen übermässig mit Blut und können es nicht mehr genü­gend in Richtung Herz zurücktransportieren. Das Blut sackt in die Beine, die Venen werden immer grösser und schlängeln sich. Das nennt man Krampfadern oder in der Fachsprache Varizen. Die Venen sind aber nicht verkrampft, wie einem der deutsche Namen weismachen will. Wenn ganz kleine Venen betroffen sind, werden diese «Nester» von kleinsten dunkelblau­en Gefässen unter der Haut als Besenreiser bezeichnet. Diese lassen sich gut mit Laser behandeln. In den grossen Varizen gerät das Blut beinahe ins Stocken. Es besteht die Gefahr, dass es zu einer Beinvenenthrombose kommt, wenn man längere Zeit sitzt, z. B. im Flugzeug oder im Bus. Darum sind Krampfadern nicht nur ein kosmetisches Problem! Schreitet die Erkrankung der Venen fort, leidet auch die Haut darunter – typischerweise an den Unterschenkeln und Knöcheln. Sie verfärben sich, werden rot oder hyperpigmentiert. Daran lässt sich die soge-


nannte chronisch venöse Insuffizienz CVI gut erkennen. In diesem Stadium heilen Wunden am Schienbein oder Knöchel um einiges schlechter. Es gibt heute einige von der Fachwelt akzeptierte Operationsmethoden. Wichtig ist es, dass der Venenspezialist (Phlebologe) die Venen gewissenhaft mit Ultraschall kontrolliert. Und es lohnt sich, einen Operateur zu wählen, der Venen-Operationen (z. B. Crossektomie und Venenstripping) sehr häufig macht. Arterienverkalkung Der grösste «Feind» der Arterien sind die Risikofaktoren Übergewicht, Bewegungsmangel, Zuckerkrankheit, hohes Choles­ terin, Bluthochdruck, Rauchen und der Stress. Je mehr Risikofaktoren ein Mensch hat, desto schlechter für seine Gefässe.

Sie sind chronisch entzündet und lagern unter anderem Cholesterin und Kalk in ihre Wände ein. So entstehen die sogenannten Plaques, die den Blutfluss behindern und die Gefässe hart machen. Diese Gefässverkalkung bezeichnet man als eine Arteriosklerose. Löst sich eine Plaque, kann sie ein kleineres Gefäss verstopfen. Passiert dies z. B. in einem Hirngefäss, bekommt ein Gehirnbereich zu wenig Blut und geht zugrunde. Folgen dieses Hirninfarkts, auch Hirnschlag genannt, können eine halbseitige Lähmung, Sprachstörungen, ungewohnt starke Kopfschmerzen und Erbrechen sein. Der Betroffene muss rasch in ein Spital mit dafür spezialisierter Stroke-Unit. Dort gelingt es oft, das Gerinnsel medikamentös oder mit einem kleinen Eingriff aufzulösen.

Impotenz und die Herz-Kreislauf-Probleme Wenn die arteriellen Gefässe irgendwo im Körper in einem schlechten Zustand sind, dann werden sie auch im restlichen Körper arteriosklerotisch verändert sein. Deshalb spricht man von einem «window of the heart», wenn z. B. der Urologe bei einem Patienten mit Erektionsstörungen feststellt, dass seine Becken- und Penisgefässe geschädigt sind. Oft tritt die Impotenz, auch Erektile Dysfunktion genannt, als erstes auf. Dann ist es empfehlenswert, alle genannten Risikofaktoren zu überprüfen, gegebenenfalls zu behandeln sowie auch das Herz und die Herzkranzgefässe zu untersuchen. Nicht selten lassen sich so Herzinfarkt und die dadurch verursachte Herzschwäche verhindern.

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Nr. 4 | April 2016

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Wunderpflanze Wallwurz Wallwurz ist auch unter dem Namen Beinwell bekannt. Er weist auf die An­ wendung bei Verletzungen hin, die oft an Beinen und Knochen auftreten. Wall­ wurz lindert die Schmerzen auch bei Verstauchungen, Verspannungen, Arthri­ tis, Rheuma, blauen Flecken, Gichtkno­ ten und Gelenkschmerzen jeglicher Art, selbst bei Schleimbeutelentzündungen oder Sehnenscheidenentzündungen. Er hilft bei Brüchen, die Knochen wieder zusammenwachsen zu lassen, indem er die Kallusbildung fördert. Die Wirkstoffe stecken in den Wurzeln und Blättern, wobei deren Kon­zentration in den Wur­ zeln am grössten ist. Neben A ­ llantoin enthalten sie Gerbstoff, Schleim, Aspa­ ragin, Alkaloide, ätherisches Öl, Flavo­ noide, Harz, Kieselsäure und auch Stig­ masterol. Heilpflanze mit Tradition Schon seit Jahrhunderten werden aus Wallwurzextrakten Salben hergestellt und Schmerzen am Bewegungsapparat er­ folgreich behandelt. Ihre Anwendung ist kinderleicht. Die betroffenen Stellen leicht einmassieren, bis die Salbe von der Haut aufgenommen ist. Bei akuten oder chronischen Schmerzen und auch präventiv vor grossen Belastungen.

Tipps Tipps bei Rheuma • Machen Sie bei starken Schmerzen in den Gelenken einen Salbenverband. Die Wirkstoffe werden so noch besser aufgenommen. • Bemühen Sie sich, trotz rheumatischen Beschwerden mobil zu bleiben. • Machen Sie täglich einen Spaziergang. Bewegung tut Ihren Gelenken gut und stärkt die Muskeln. • Lassen Sie Schmerzen nicht anstehen. Regelmässiger Schmerz kann sich ­los­gelöst von der Ursache selbstständig ­machen. • Unterstützen Sie die lokale Rheuma­ therapie mit Dr. Andres Rheuma Kapseln. Teufelskralle und Brennnessel wirken schmerzstillend, entzündungshemmend und verbessern die Beweglichkeit. • Regelmässige Besuche im Thermal­bad oder Meersalzbäder zu Hause ­lindern die Schmerzen und fördern die Beweglichkeit.

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Nr. 4 | April 2016

Gesundheit aktuell

Das Gehirn ist veränderbar – und das ein ganzes Leben lang. Das bedeutet: Man kann seine geistige Leistungsfähigkeit günstig beeinflussen und auch steigern. Rosanna Carbone

Früh übt sich …

… wer im Alter geistig fit bleiben will Können wir unsere Denk- und Merkfähigkeit verbessern? Unsere Erinnerung schulen? Können Gedanken das Gehirn umbauen und was geschieht bei der Meditation? Nicht nur körperlich, sondern auch geistig fit zu bleiben, ist ein grosser Wunsch vieler Menschen für das Alter. Und wie die körperliche Fitness, lässt sich auch die geistige Fitness trainieren. Am besten fängt man damit nicht erst im Alter an. Ein paar Fakten zu unserem Denkorgan Unser Gehirn mit Stammhirn, Zwischenhirn, Grosshirn und Kleinhirn steuert fast alle Körperfunktionen und ermöglicht uns das Denken und Empfinden. Es verfügt über knapp 100 Milliarden Nervenzellen und obwohl es mit seinen durchschnittlich 1,3 bis 1,6 Kilogramm nur ungefähr zwei bis drei Prozent des Körpergewichts ausmacht, beansprucht es etwa 15 Prozent des Gesamtenergiebedarfs. Es besteht aus zwei Hälften, den Hemisphären, die durch den Balken miteinander verbunden sind. Der linken Gehirnhälfte wird das analytische Denken, Logik, Sprache, Zahlenverständnis, Konzentration auf einen Punkt, Fakten, Regeln und die Kontrolle der rechten Hand zugeordnet. In der rechten Hälfte sind Kreativität, Kunstund Musikbewusstsein, Vorstellungskraft und räumliches Vorstellungsvermögen, Intuition, Muster, Verständnis und die Kontrolle über die linke Hand angesiedelt.

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Erneuerungsfähig bis ins Alter Ein weit verbreiteter Irrglaube ist, dass die geistige Leistungsfähigkeit bereits in jungen Jahren ihren Zenit erreicht und sich danach nur noch verschlechtert. Seit den 1990er-Jahren ist bekannt, dass unser Gehirn bis ins hohe Alter neue Zellen und neuronale Verbindungen bildet. Neurogenese nennt sich dieser Prozess, und man kann ihn unterstützen. «Tatsächlich ist unser Gehirn ein Leben lang veränderbar», sagt Stefanie Neuhauser, Neuropsychologin und Inhaberin von «BrainDate», einer Fortentwicklung der Lern- und Trainingsberatung des Psychologischen In­ stituts der Universität Zürich. «Allerdings produziert das Gehirn im Alter etwas ­weniger Hirnzellen, das muss man nicht schönreden. Aber es ist das einzige Organ, das Ausfälle kompensieren kann.» Raus aus der Komfortzone «Je geistig aktiver der Mensch schon in jungen Jahren ist, desto mehr zehrt das Gehirn im hohen Alter davon. Man nennt dies die kognitiven Reserven», erläutert Neuhauser. Wer also früh im Leben dafür sorgt, dass sein Gehirn beschäftigt ist, kann seine geistige Leistungsfähigkeit steigern und bis ins Alter bewahren. Werden die Gehirnstrukturen wenig gebraucht, bildet sich im Alter die Anzahl der Dendriten und Synapsen, die für die Informationsübertragung notwendig sind, im Gehirn zurück. Obwohl sich wieder neue Zellen bilden, sterben diese wegen

Nichtbenutzung schnell wieder ab. Darum gilt: früh anfangen und dran bleiben mit der Unterstützung für ein aktives Gehirn. Das kann man ganz einfach in den Alltag einbauen. «Vermehrt kopfrechnen, sich Telefonnummern merken oder sich wieder einmal anhand einer Landkarte orientieren, statt das Navigationsgerät zu benutzen, sind einfache Wege, um das Gehirn aktiv zu halten», sagt Neuhauser. Wer eine neue Sprache, ein Instrument oder tanzen lernt, sich in ein neues Wissensgebiet vertieft oder ein Projekt verwirklicht, tut viel für seine geistige Leistungsfähigkeit. Wichtig sei, dass es etwas Neues sei und keine Routine, betont Neuhauser. Das Gehirn muss sich dabei anstrengen – man muss «raus aus der Komfortzone», um es mit den Worten der Neuropsychologin zu sagen. Nicht nur Gehirntraining unterstützt die Neurogenese, auch aktive Entspannung, die Ernährung und vor allem Ausdauersport sorgen für ein leistungsfähiges Gehirn. Ausdauertraining «Mens sana in corpore sano» – schon die Römer wussten, dass in einem gesunden Körper ein gesunder Geist sitzt. Das beweisen auch verschiedene neuere Studien, die zum Schluss kommen, dass Ausdauertraining die geistige Leistungsfähigkeit verbessert. Kanadische Forscher vom Montreal Heart Institute liessen Erwachsene zweimal wöchent-


Eine fortwährende Aktivierung der Gehirnstrukturen hilft, geistig fit zu bleiben.

lich ein intensives Intervalltraining machen. Nach vier Monaten hatte sich nicht nur die Kondition verbessert, in Tests erzielten die Teilnehmer auch deutlich bessere Ergebnisse für ihre geistige Leistungsfähigkeit. Bei anderen Studien trat zutage, dass Sprachvermögen, räumliche Vorstellungskraft, mathematischtechnisches und logisches Denkvermögen bei Menschen, die Ausdauersport betreiben, gesteigert waren. Als Grund für diesen Zusammenhang sehen Forscher, dass ein gut trainiertes Herz-Kreislauf-System wichtige Stoffe auf einem hohen Niveau zum Gehirn transportierten kann.

Ernährung Ob eine spezifische Ernährung die Gehirnleistung direkt beeinflussen kann, ist in der Forschung umstritten. Nicht umstritten ist, dass eine ausgewogene Ernährung ein gesundes Gehirn fördert und einige Nährstoffe sich auf die Gehirnleistungen anregend auswirken. • Komplexe Kohlenhydrate als Treibstofflieferanten für unser Gehirn, hauptsächlich in Vollkornqualität von Hafer, Dinkel, Reis, in Obst und Gemüse. Sie geben die Glukose langsamer frei und versorgen so unser Gehirn gleichmässiger mit «Treibstoff», was das Konzentrations- und Lernvermögen fördert.

• Essenzielle Fettsäuren sind wichtig für die Impulsübertragung im zentralen Nervensystem. Darunter vor allem die Docosahexansäure DHA, eine Omega3-Fettsäure, die ein grundlegender Bestandteil der Nervenzellen im Gehirn ist. Sie beteiligt sich entscheidend an der Übertragung von Signalen und Bildung von Verknüpfungen im Gehirn. Als Omega-3-Fettsäure kommt sie vor allem in fetthaltigem Fisch wie Lachs, Thunfisch, Hering oder Makrele sowie im Rapsöl, vor.

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•A minosäuren sind Bestandteile der Gehirnbotenstoffe (Neurotransmitter) und spielen darum eine wichtige Rolle bei der Informationsübertragung. Eine Unterversorgung mit Aminosäuren kann die Kommunikation der Neuronen beeinträchtigen, weil nicht genügend ­Botenstoffe ausgeschüttet werden. Aminosäureketten bilden Proteine, besonders reich an Proteinen sind Lebensmittel wie zum Beispiel Fleisch, Fisch, Eier, Milchprodukte und Hülsenfrüchte wie Linsen und Sojabohnen. Meditation/Entspannung In der Hirnforschung ist man sich einig, dass meditieren die geistige Leistungsfähigkeit günstig beeinflusst. Der Fokus auf das Innere und ein ruhiger Bewusstseinszustand stärken die Aufmerksamkeit sowie Konzentration. Und nicht nur

das: Studien haben gezeigt, dass regelmässiges Meditieren zu sichtbaren Änderungen in dafür zuständigen Hirn­ regionen führen kann. Dies wurde bei tibetischen Mönchen in einem amerikanischen Hirnforschungslabor festgestellt. Auch Entspannung anderer Art wirkt sich günstig auf die geistige Leistungsfähigkeit aus. Zum Beispiel ein Spaziergang in der Natur. Forscher der Universität Michigan haben mit einem Experiment nachgewiesen, dass die Fähigkeit, seine Aufmerksamkeit zu steuern, besonders in natürlichen Umgebungen regeneriert werden kann, und dies zu einer Leistungssteigerung führt.

fische Bereiche lassen sich trainieren und verbessern so ihre Leistung. Das gilt beispielsweise für das Arbeitsgedächtnis. Auch Logik und Konzentration lassen sich schulen. Das bestätigt auch Stefanie Neuhauser und differenziert zudem: «Wer beim Gehirntraining einfach drauflos übt, hat einen geringen Effekt, aber wer gezielt trainiert, kann in den entsprechenden Bereichen seine Leistungsfähigkeit steigern.» Weiterführende Links braindate.ch neuronation.de happyneuron.de freshminder.de

Gehirntraining Dass mit Gehirntraining die Intelligenz allgemein erhöht werden kann, verneinen die meisten Hirnforscher. Spezi­

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Die innovative Ernährung für Knorpel, Bänder, Sehnen und Knochen. Ein Erfahrungsbericht von R. Baer, dem Entwickler eines innovativen Ernährungskonzeptes, der vor 30 Jahren einen Sportunfall mit post-operativen Komplikationen hatte und sich über die Jahre intensiv mit der extrazellulären Matrix und dem Knorpelgewebe auseinander setzte. Sein komplettes Ernährungskonzept geht weiter, als die Einnahme von herkömmlichen Proteoglykanen (Chondroitin, Glukosamin). Heute ist er ein aktives Mitglied der International Cartilage Repair Society (ICRS).

um an ein künstliches Gelenk zu denken und mir wurde geraten, einen Gelenkersatz so lange wie möglich hinauszuzögern.

Der Unfall passierte vor rund 30 Jahren beim Fussballspiel. Ich war damals 18 Jahre jung und hatte meine Kreuz- und Aussenbänder gerissen. Ich wurde umgehend operiert. Eine Woche später bekam ich starke Fieberschübe und die Ärzte diagnostizierten eine Staphylokokken-Infektion. Ich erhielt über mehrere Monate Antibiotika und wurde insgesamt sechs weitere Male operiert. Zwei Jahre später wurde dann ein fortgeschrittener Knorpelverlust im linken Knie festgestellt. Jede sportliche Aktivität schmerzte. Mit 20 Jahren war ich aber noch zu jung,

Als Folge habe ich mir dann einen Ernährungscocktail in Form eines Pulvers zusammengemischt, der spezifische Inhaltsstoffe des Knorpels und Bindegewebes abdeckt. Heute, 30 Jahre nach meinem Unfall habe ich immer noch mein natürliches linkes Knie (kein Gelenkersatz), habe wieder eine hohe Beweglichkeit und treibe regelmässig Sport (Ski, Langlauf, Rad, Nordic Walking). Dank dieser kompletten Formulierung und einem regelmässigen Muskeltraining habe ich es geschafft, mein Knie über die Jahre in einem Gleichgewicht zu halten.

Während meinem Studium und Arbeit in der pharmazeutischen Industrie begann ich mich dann intensiv mit dem Knorpel und dem Bindegewebe auseinander zu setzen. Mich interessierte insbesondere, wie ich die Inhaltsstoffe des Knorpelgewebes und der extrazellulären Matrix in meine tägliche Ernährung integrieren kann.

Heute verwenden und empfehlen zahlreiche international renommierte Fachärzte und Knorpelspezialisten meine Formulierung. Dieses Ernährungskonzept kann als integrativer und komplementärer Ansatz bei Knorpel, Bänder, Sehnen und Knochen Problemen angesehen werden.

Sechs Bausteine meiner Ernährung • Hochdosierter, niedermolekularer ChondroCollagenComplex CCC® (Mix von verschiedenen KollagenTypen, enzymatisch aufgespalten) • Spezifisches Aminosäuren-Spektrum, essentielle Aminosäuren • Chondroitin und Glukosamin in Sulfatform • Hochdosierte, natürliche Antioxidantien (Hagebutte (Galaktolipide), SOD-Melonenextrakt (Superoxydismutase), weitere) • Mineralstoffe Calcium, Mangan, Kupfer, Chrom • Vitamine C, D, E, K, Niacin

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Rotpunkt Apotheken informiert

In Apotheken kann die «Pille danach» ohne Rezept bezogen werden. Die Rotpunkt Apotheken bieten die Serviceleistung in einer diskreten und vertrauensvollen Atmosphäre an.

Pille danach

Neu: Die noch sicherere «Pille danach» «Verschiedene Gründe können dazu füh­ ren, dass eine Frau die «Pille danach» für eine Notfallverhütung kaufen möchte», sagt dipl. Apothekerin ETH/FPH Marion Molnar. «Es kann gut sein, dass keine Ver­ hütungsmittel angewendet wurden, die Einnahme der Anti­babypille vergessen ging oder das Kondom zerriss. Ebenso wirkt eine Kon­trazeption nicht mehr zu­ verlässig bei Erbrechen und Durchfall. Auch bei Frauen in der Stillperiode kann die «Pille danach» eine Lösung sein, um eine unerwünschte Schwangerschaft zu verhindern.» Gestiegene Nachfrage In jüngster Zeit sei die Nachfrage nach der «Pille danach» stark gestiegen – zum einen, weil sie bekannter geworden sei, zum anderen, weil vermutlich mit der Se­ xualität fahrlässiger umgegangen werde. Daher hätten die Rotpunkt Apotheken ihre Serviceleistungen rund um die Not­ fallverhütung stark erweitert. «Wir führen zur Notfallverhütung durch­ schnittlich zwei Beratungsgespräche pro Tag durch, wobei die Nachfrage an Wochen­enden und nach Silvester/Neujahr, in der Fastnachtszeit oder nach An­ lässen wie der Olma deutlich höher ist», erklärt die Inhaberin der Rathaus Rot­ punkt Apotheke in St. Gallen. «Häufig sind es junge Frauen zwischen 16 und 20, die sich bei uns beraten lassen.» Für viele Frauen sei eine Apotheke für die «Pille danach» die bevorzugte Anlauf­

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Pille danach – Eine Service­ leistung der Rotpunkt Apotheken

stelle, da der Zugang niederschwellig sei: «Einerseits, weil viele Apotheken lange und auch am Wochenende geöffnet sind. Andererseits, weil manche Frauen Hem­ mungen haben, einen Frauenarzt zu konsultieren.» Zudem erhalte man bei Ärzten oft nicht schnell genug einen Termin. «Bei der Notfallkonzeption muss man schnell handeln», sagt die Apothe­ kerin. «Denn bei der «Pille danach» gilt: Je schneller sie eingenommen wird, desto besser ist die Frau geschützt.» Umfassende Beratung ist wichtig Wichtig sei, das Gespräch in einem Be­ ratungsraum in vertraulicher Atmo­s­phä­re zu führen. «Wir klären anhand ­eines standardisierten Fragebogens ab, ob eine «Pille danach» abgegeben werden darf

oder ob die Person an einen Arzt wei­ terverwiesen werden muss.» Beim Be­ ratungsgespräch würden weitere Infor­ mationen rund ums Verhüten vermittelt, auch über den Schutz vor Geschlechts­ krankheiten. «Es darf nicht sein, dass eine Frau die «Pille ­danach» wiederholt als Ersatz für eine Antibabypille verlangt – sei es, weil die Eltern nichts davon wis­ sen dürfen oder ein Arzt nicht aufgesucht werden will ...» Drei rezeptfreie Produkte Drei «Pillen danach» sind in den Rotpunkt Apotheken ohne Rezept erhältlich. Nor­ Levo® und Levonorgestrel® sowie neu el­ laOne®. «NorLevo® kann bis zu 72 Stun­ den nach dem Verkehr eingenommen werden», sagt Marion Molnar, «doch der Schutz ist bei Einnahme innerhalb von 24 Stunden am besten, danach sinkt die Erfolgsrate. Auch e ­ llaOne® sollte mög­ lichst bald nach dem Verkehr eingenom­ men werden, doch ist das Zeitfenster – 5 Tage – grösser.» Die umfangreiche Serviceleistung einer Rotpunkt Apotheke zur «Pille danach» koste 20 Franken, exklusive «Pille da­ nach». Die Standorte der Rotpunkt Apo­ theken finden Sie unter: www.rotpunkt-apotheke.ch


Nr. 4 | April 2016

Vista Dossier

Männer

Medizin

Bitte mehr Bewusstsein Die Emanzipation der Frau ist auf gutem Weg, gleichzeitig hat Mann seine Selbstorientierung verloren. Welche Rollen soll er wie spielen, damit Frau zufrieden ist und er selber gesund bleibt? Eine interessante Herausforderung. Hans Wirz

Bild: zVg

nen (und das auch ganz selbstverständlich tun), haben wir für dieses Vista-­ Dossier mit der Lupe nach Männerärzten gesucht – und tatsächlich einen ge­ funden. Dr. med. Marco Caimi nennt sich Männermediziner und führt in Basel eine Männerpraxis. Auch optisch eine sehr spezielle, das sei vorweg genommen. Wir haben mit ihm ein anregendes Gespräch geführt.

Dr. med. Marco Caime führt in Basel die erste Männerpraxis der Schweiz, mit sehr viel Erfolg – Nachahmer erwünscht!

Wie gesund ist der Mann in unseren Breitengraden und was zeichnet ihn aus? Erster Gedanke: Er ist auf Leistung getrimmt. Liefert er genug – was und nach welchen Massstäben auch immer – geniesst er Ansehen. Fühlt sich dementsprechend anerkannt, tüchtig und gesund. Überforderung ist für ihn ein Fremdwort, «No problem» sein Mantra. Na gut, hie und da mag er sich nicht so ganz fit fühlen und an der Sinnhaftigkeit seines Lebensstils zweifeln – aber er ist doch kaum je krank! Ob es deshalb keine sogenannten Männerärzte gibt? Während Frauen mit grosser Selbstverständlichkeit zu einer Tausendschaft von Frauenärztinnen und -ärzten gehen kön-

Die grosse Leere Die Fachrichtung Männerärzte gibt es in der Schweiz nicht, aber in Österreich und Deutschland. Und in Basel. Der Mann geht das Thema «Männergesundheit» aus verschiedenen Perspektiven an. Zuerst untersucht und vermisst er (wie jeder gute Arzt) gründlich den Körper. Was sind die Symptome einer gesundheitlichen Störung, was die messbaren Werte? «Männer wollen die Fakten auf dem Tisch. Sie wollen schwarz auf weiss wissen, wo sie stehen», so Marco Caimi, «sie sind es so von der Arbeit her gewohnt». Reden über ihre Gesundheit tun sie selten gern. Trotzdem kommt nach den Zahlen das zur Sprache, was Hausärzte oder gar Spezialärzte aus Zeitgründen nur am Rand ansprechen können, nämlich die psychische Seite einer Situation. «Der heutige Arzt ist nicht dafür bezahlt, in die Tiefe führende Gespräche zu führen. Das wird als für den Heilungserfolg nicht relevanter Luxus angesehen.» Für Marco Caimi führt diese

Dossier-Übersicht S. 21–23 Medizin Bitte mehr Bewusstsein S. 24 – 25 Manneskraft Probleme mit Prostata und Potenz S. 26 – 27 Überforderung «Mann» ist gestresster denn je S. 28 – 29 Vater werden Zwischen Freude und Nachdenklichkeit S. 30 – 31 Gut zu wissen Hilfreiches rund um das Thema Männer

einseitige, eigentlich schiefe Betrachtungsweise ins Leere. Sogar in eine teure Abhängigkeit von Technik und Medika­ menten. Man könnte es so sagen: Die physischen Tatsachen sind ein Drittel der Realität, ebenso viel das Psychische. Die Grundlage für eine echt Gesund machende Therapie bringt das letzte Drittel, das Ineinanderfliessenlassen der beiden

Fortsetzung auf Seite 22

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Fortsetzung von Seite 21

Zustände. Die subtile Gesamtbetrachtung und -interpretation. Die Überwindung der rein chemisch-technischen ­Bewältigung von Krankheitszuständen. Männer holen auf ... Das Gesundheitsbewusstsein ist bei Frauen stärker ausgeprägt. Noch. Aber jetzt holen die Männer auf. Sind für Frauen Gespräche über die Gesundheit selbstverständlich, finden langsam auch die Männer Gefallen daran. Wobei allerdings häufig nicht direkt über Gesundheit geredet wird, sondern lieber über Leistungsbereitschaft, Fitness, Burn-out oder Wohlbefinden. Wollen Frauen – oder andere Interessierte – den Mann bezüglich Gesundheit motivieren, sprechen sie ihn am besten nicht über seine Vernunft, sondern über seine männlichen Wertvorstellungen an. Nebst dem Leistungsvermögen etwa über den Spieltrieb oder seine Eitelkeit. Und seine

v­ ersteckten Ängste und Hoffnungen. Es braucht also eine andere Kommunikation als bisher. Üben Sie Nachsicht: Der Mann ist auf der Suche nach (s)einer neuen Rolle. ... bauen aber auch ab Einerseits wird weibliches Denken und Verhalten immer wichtiger, andererseits gilt das typisch männliche Verhalten häufig als grob bis primitiv und deshalb eher als schä(n)dlich bis unerwünscht. Was zunehmend zu einer «Verweiblichung» des Alltags führt. Also ziehen sich die Männer tendenzmässig von ihrem typischen Ausdruck zurück, wirken deshalb zunehmend farblos und ohne Biss. «Männer haben einen Teil ihrer Ursprünglichkeit an der Garderobe abgegeben», so Caimi, «Männer sollen zum Neutrum werden, die Polaritäten zwischen Mann und Frau werden zunehmend geschwächt. Wenn aber die Gegensätzlichkeiten beidseitig abge-

schliffen werden, fehlt die Antriebskraft im Leben.» Selbstverständlich will niemand die Emanzipation der Frau infrage stellen, aber es sind neue Rollenvorstellungen auch beim Mann notwendig. Es braucht eine «Mannzipation», wie es Marco Caimi nennt. Erstes Fazit Auch in der Praxis eines Männerarztes wird zuerst der Körper untersucht und die Resultate mit Zahlen belegt. Weil hinter körperlichen Problemen nicht selten psychische Probleme stehen, kommen nach dem Körper die «weichen Faktoren» zur Sprache. Wie beispielsweise die Si­ tuation am Arbeitsplatz, der Lebensstil, Partnerschaftssituationen, der Freundeskreis, die Wertvorstellungen, Markantes auf dem Lebensweg, Ängste, Hoffnungen und Vorstellungen. Mit zunehmendem Alter beispielsweise die erschreckende Vorstellung, eines Tages nicht

Bild: © Adam Gregor, Fotolia.com

Männer im Wartezimmer unter sich. Allerdings nicht immer: Frauen sind ebenfalls willkommen – und oft kommen beide zusammen.

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Nr. 4 | April 2016

mehr gebraucht zu werden. Oder, typischerweise, die Angst vor dem Abbau der Leistungsfähigkeit – nicht nur am Arbeitsplatz. «Mann» könnte überflüssig werden. Die Stärke eines Männer­arztes muss also, neben dem Fachwissen als Mediziner, in erster Linie die ganzheitliche Betrachtung nachdenklicher, weil verunsicherter Männer sein. Frauen willkommen In die Männerpraxis von Dr. med. Marco Caimi kommen mitnichten nur Männer. Nicht selten sind es sogar Frauen, die ihnen den Weg zum Männerarzt öffnen – und dann manchmal in den Gesundungsprozess einbezogen werden. Voraussetzung für einen eventuellen gemeinsamen Erfolg ist immer der Verzicht auf Machtkämpfe. Und die Bereitschaft, sich auch nach langen, langweiligen Jahren wieder neu aufeinander einzulassen und sich echt auseinanderzusetzen.

Endlich ein Drink, mit dem ich mich schöntrinken kann.

Vista Dossier Männer

Der neue Mann ... Es gibt ebenso wenig «die Frau» wie «den Mann». Beide sind immer indivi­ duell, also unterschiedlich unterwegs. Aber es gibt mehrheitliche Gemeinsamkeiten, die sich in Trends ausdrücken. Ein solcher Trend scheint zu sein, dass sich Männer vermehrt für gesundheit­ liche Fragen interessieren – und sei es nur wegen ihrem typisch männlichen Fokus auf ihre Leistungsfähigkeit. Wie also kommt «Mann» zu mehr GesundheitsSensibilität und mehr Gesundheits-Kompetenz? Über mehr Information. ... und der neue Arzt «Der Arzt war in sehr frühen Zeiten in erster Linie Berater in Sachen Prävention. Gespräche waren zentral. Dann kamen industriell hergestellte Medikamente und die Apparatemedizin sowie das Schwergewicht der ärztlichen Tätigkeiten auf die Reparatur des Körpers», meint Marco

Caimi. «Langsam ändert sich jetzt die Nachfrage. Nicht zuletzt dank dem Internet. Mann will mehr wissen über sich selbst und seine Mängel – auch wegen der Infragestellung seiner Männlichkeit». Damit steigt das Bedürfnis nach ganzheitlicher Betrachtung und Beratung. Diese verstärkte Nachfrage unterstützt den Trend nach mehr Autonomie – nicht nur beim Mann. Wer sich aber orientieren und beraten lassen will, erwartet eine personenbezogene Verständlichkeit in der Kommunikation. Fachdeutsch, das Ärzte früher kennzeichnete, ist nicht mehr gefragt, viel mehr will auch «Mann» mehr Verständlichkeit. Klarheit mit verlässlichen Zahlen auf der intellektuellen Ebene, Gespräche in Bezug auf seine Gefühle und ureigenen Wünsche seiner Männlichkeit. Spannend, diese Entwicklungen. Ob sich die Ärzteschaft darauf einzustellen weiss? Zugunsten der Gleichberechtigung wäre das toll ...

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Manneskraft

Probleme mit Prostata und Potenz Das Selbstvertrauen eines Mannes hängt auch damit zusammen, wie zufrieden er mit dem Sexualleben ist. Gutartige Prostatavergrösserung, Prostatakrebs sowie Erektionsstörungen können die männliche Psyche und Sexualität massiv beeinträchtigen. Markus Meier

Schon der römische Politiker und Philosoph Marcus T. Cicero (106 – 43 v. Chr.) hatte in seiner Schrift «Cato maior de senectute» vier Gründe für den schlechten Ruf des Alters aufgeführt: 1. Es halte von Taten ab. 2. Es mache den Körper schwach. 3. Es beraube einen fast aller Genüsse. 4. Es sei nicht weit vom Tode entfernt. «Das Altern ist keine Krankheit sondern ein physiologischer Vorgang», entgegnet Dr. med. Gianfranco Mattarelli, Facharzt für Urologie, Liestal. «Es geht mit dem Verlust physiologischer Funktionen beim gesunden Individuum einher», so Mattarelli. In seinem Fachbereich entstehen daraus folgende Probleme: Symptome des unteren Harntrakts (Lower Urinary Tract Symptoms LUTS), die gutartige Prostatavergrösserung, Erektile Dysfunktion, Prostatakrebs sowie das partielle Androgendefizit des älteren Mannes PADAM.

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Eine elegante Krawatte ist ein Symbol für den leistungs­ fähigen Mann, der geschäftlich erfolgreich ist. Männerprobleme wie Impotenz zerstören dieses (Selbst-)bild.

Bild: © zakiroff, Fotolia.com

Männliches Geschlechtshormon «Das Testosteron steht im Zentrum des strukturellen Zerfalls des Mannes», erklärt Dr. med. Christian Sigg, Leitender Arzt des Andrologiezentrums Zürich. Die chemische Struktur dieses Geschlechtshormons wurde von Leopold Ružička (1887 – 1976) entdeckt, einem Schweizer Forscher an der ETH und Universität Zürich. Testosteron ist ein Prohormon. Das bedeutet, dass nur seine Abbauprodukte wirksam sind. Zwischen dem 40. und

70. Lebensjahr nimmt dieses aktive, freie ­Testosteron um jährlich ein Prozent ab. Generell sind durch vollständigen oder teilweisen Testosteron-Mangel beim alternden Mann (PADAM) die folgenden Symptome möglich: weniger Lust auf Sex, Rückgang der sexuellen Aktivitäten, ein schlechteres Allgemeinbefinden, weniger Muskelkraft, Knochenschwund, Bauchfettzunahme, mehr Herz-KreislaufErkrankungen, Schlafstörungen, Depres­ sionen, reduzierte geistige Fähigkeit usw. «Erst wenn man sich vor Augen hält, dass Essen und Sexualität die zwei wichtigsten Dinge in unserem Leben sind, die keine Altersgrenze kennen, lässt sich auch ihre Bedeutung für den Patienten besser einschätzen», sagt Dr. Sigg. Die Behandlung des Testosteron-Mangels sei umstritten. Er empfiehlt die TestosteronErsatztherapie bei einem Gesamt-Testosteron von weniger als 8 nmol/l. Im Bereich von 12 bis 20 nmol/l könne man mit Testosteron behandeln, wenn Symptome vorhanden seien, so der Experte. Gutartige Prostatavergrösserung Beim älteren Mann können im unteren Harntrakt störende Symptome (Lower Urinary Tract Symptoms LUTS) auftreten: verzögertes Einsetzen der Blasenentleerung trotz starken Harndrangs, Pressbedürfnis zur Blasenentleerung, das Gefühl, die Blase werde nicht ganz leer, schwacher Harnstrahl, nachtröpfelnder Urin und eine lange Blasen­


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Restharn in der Blase befindet. Zur Thera­ pie eignen sich pflanzliche und syntheti­ sche Mittel. In einer späteren Phase folgt oft eine Operation, bei der der Urologe dem Patienten durch die Harnröhre Pros­ tata-Material abträgt, das diese einengt. Nach einem solchen Eingriff haben etwa 80 Prozent einen Samenerguss, der ein­ wärtsgerichtet ist – in die Blase schiesst. Der Urin erscheint beim Wasserlassen nach dem Sex trübe. Ca. fünfzehn Prozent entwickeln nach der Ope­ration eine Erek­ tile Dysfunktion. Weniger als ein Prozent leidet danach an einer Blasenschwäche. Prostatakrebs Das Prostatakarzinom ist der häufigste Krebs des Mannes. Vorsicht ist geboten, wenn bei nahen Verwandten schon ein­

mal ein Prostatakrebs aufgetreten ist. Mit einem Bluttest und einem Tastun­ tersuch via Enddarm sollte diese Krebs­ form ab dem 45. Altersjahr ausgeschlos­ sen werden. Die Betroffenen spüren keine Symptome, zumindest nicht bis der Krebs Ableger macht. Erektionsstörungen «Als Erektile Dysfunktion ED bezeichnet man die über längere Zeit bestehende Unfähigkeit, eine für die Penetration ge­ nügende und bis zur Ejakulation an­ haltende Rigidität zu erreichen», erklärt Dr. Mattarelli. Die Ursachen sind viel­ schichtig: organisch (vaskulär, neurolo­ gisch, hormonell), psychogen (zentrale Störungen, Verhaltensstörungen) oder auch gemischt.

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entleerungsdauer. Manchmal setzt der Harndrang so plötzlich ein, dass nicht rechtzeitig die Toilette erreicht werden kann. Dies bezeichnet man als Drang­ inkontinenz. Einige dieser Symptome sind typische Merkmale einer gutartigen Prostatavergrösserung BPH. 50 Prozent der 60-Jährigen sind davon betroffen. Bei den 80-Jährigen sind es 100 Pro­ zent. Etwa die Hälfte hat Symptome, die behandelt werden müssen. Wichtig da­ bei sind die Blasenentleerungsstörungen, die zu ständig wiederkehrenden Blasen­ entzündungen führen können. Der Arzt stellt die Diagnose, indem er die Pros­ tata via Enddarm abtastet. Bei einem fühlbaren Befund folgt ein Ultraschall­ untersuch, mit dem man überprüfen kann, ob sich nach dem Toilettengang

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Überforderung «Mann» ist gestresster denn je Gesundheitsförderung ist von besonderem Interesse im Hinblick auf die wirtschaftliche Situation: Arbeitsstellen werden abgebaut oder sind in Gefahr, wegrationalisiert zu werden. Was bei zu vielen Männern erheblichen Stress bewirkt. Hans Wirz

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auch gutes Vorbild sein. Immerhin. Um eine positive Ent­ wicklung zu fördern, haben wir uns mit Dr. Thomas Mattig, Direktor der Gesundheitsförderung Schweiz, zum Gespräch getroffen. Es ging dabei hauptsächlich um die tägliche Arbeit, um das, was sich im Kopf abspielt und um das «Teamwork Gesundheit» in der Familie. Gesundheitsförderung ist eine spannende Herausforderung um mehr Eigenbestimmung und Selbstverantwortung. «Mann» könnte allerdings mehr da­ rüber wissen. Deshalb lohnt es sich, in den folgenden Text einzusteigen.

Interview mit: Dr. Thomas Mattig, Direktor der Gesundheitsförderung Schweiz. «Die klassische Rollenverteilung gibt es immer weniger.»

Stress basiert auf tatsächlichen oder erwarteten Überforde­ rungen meist am Arbeitsplatz, aber auch im Privaten. Analog zur häufigen Überforderung der Frauen, die sich im wirtschaft­ lichen Arbeitsprozess befinden, erwartet man auch von Män­ nern permanente Verfügbarkeit. Sie sollen voll am Job ar­beiten und Karriere machen, sich intensiv mit den Kindern abgeben und Staubsaugen. Über 88 Stunden pro Woche seien Män­ ner im Einsatz, wurde an der Universität Freiburg kürzlich er­ rechnet. Auch wegen den zunehmend vielfältigen Herausfor­ derungen hat der Mann dann meistens «keine Zeit», sich voll bewusst seiner Gesundheit zuzuwenden – zuerst müssen die «echten» Probleme gelöst werden. Der Mann treibt allerdings häufig etwas Sport zwecks besserer Fitness und wegen dem gesundem Aussehen. Wenn er Kinder hat, will er bewusst 26

Vor rund drei Jahren haben wir uns auf diesen Stühlen zum gleichen Thema unterhalten. Hat sich in der Zwischenzeit aus Ihrer Sicht einiges verändert? Mir persönlich fallen immer mehr Männer auf, die Fitnesstra­ cker am Handgelenk tragen. Sie wollen offensichtlich mehr über ihren Gesundheitszustand wissen. Jederzeit. Beispiels­ weise, wenn es um den Kalorienstand geht. Oder wie es um den Blutdruck steht. Technische Hilfsmittel und Anzeigen zu Leistungsdaten kommen Männern entgegen. Der Mann will es genau wissen? Ja. Es müssen Zahlen sein, gut interpretierbar, umfassend und unmittelbar aktuell. Auch Tipps werden immer geschätzt, etwa zur Ernährung, Bewegung oder für den psychischen Bereich. Männer haben ihre Karrierepläne – denn wer sich nicht voll in die Arbeit eingibt, bleibt zurück. Aber kann beispielsweise ein überforderndes Verhalten am Arbeitsplatz nicht gesundheitsgefährdend sein? Kurzfristig kann man den Output steigern, wenn entsprechende Erholungspausen folgen. Probleme ergeben sich bei andauern­ der Überbelastung. Übrigens kommen dann auch Frauen an den Anschlag: Fehler passieren, man ist nicht mehr motiviert und gibt die Unlust weiter. Der Mehreinsatz, grundsätzlich vor­ teilhaft für den Betrieb, wirkt dann kontraproduktiv.


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Hastige Sprünge im Arbeitsprozess bringen selten bis nie gute Qualität. Darum lieber nur zügig Schritt um Schritt.

Was ist der Auslöser für die heute so häufige Hast in den Betrieben? Die allgemeine Lage ist in jeder Hinsicht unsicherer geworden, kurzfristiges Denken nimmt Überhand. Man denkt an Verlagerung von ganzen Abteilungen ins Ausland, der enorme Margendruck hemmt Investitionen, macht ein Stück weit hilflos. So wird der Dauerstress durch Ängste verstärkt. Machen Ängste krank? Angst kann sogar selbst zur Krankheit werden. Wie handeln die Unternehmer? Das ist sehr unterschiedlich. Immerhin gibt es einige Dutzend Schweizer Unternehmen, die zusammen mit der Gesundheitsförderung Schweiz ganz gezielt und nachhaltig Gesundheitsförderungs-Programme initiiert haben. In vielen Fällen ist also die unternehmerische Praxis fortschrittlicher als die Politik der Verbände und Parteien, die teilweise immer noch ­präventionskritisch eingestellt sind. Die Rollen von Frau und Mann, früher klar geregelt, greifen immer mehr ineinander. Die «neuen Männer» kümmern sich freudvoll um ihre Kinder, die Frauen haben ihren 60-Prozent-Job. Ja, die klassische Rollenverteilung gibt es immer weniger. Auch fühlt «Mann» sich beispielsweise immer mehr für die Gesundheit der ganzen Familie verantwortlich. Inklusive seiner eigenen. Wie können Paare sich gegenseitig helfen, Überforderungen zu überwinden? Probleme früh ansprechen und gemeinsam zu besprechen sollte normal werden. Auch wenn es um den Arbeitsplatz geht. Und es sollte sich niemand für den Partner oder für die Familie aufopfern. Manchmal braucht es noch mehr Selbstverantwortung.

Welche Rolle spielt in Sachen Gesundheitsförderung die Vorbildfunktion im Rahmen der Familie? Eine ganz wesentliche. Kinder übernehmen Ansichten und Gewohnheiten von beiden Elternteilen. Oft wollen Kinder auch über das reden und diskutieren, was sie ausserhalb der Familie wahrnehmen. Dementsprechend gibt es auch die Vorbildfunktionen von und in Betrieben. Chefs sind Vorbilder, aber auch «Mann» ist vorteilhafterweise ebenfalls Vorbild – egal, in welcher Position. Denn wer sich gesund und wohl fühlt, beeinflusst das Arbeitsklima positiv. Gesundheitsförderung bringt also nicht nur sich selbst sehr viel, sondern auch dem Umfeld. Wie wirkt – in Kürze – Gesundheitsförderung Schweiz? Als von Kantonen und Versicherten getragene Stiftung haben wir den gesetzlichen Auftrag, Massnahmen zur Förderung der Gesundheit und Verhütung von Krankheiten umzusetzen. Wir erarbeiten Konzepte für Gesundheitsdirektionen in 21 Kantonen und unterstützen – direkt oder indirekt – Umsetzungsmassnahmen. Wichtige Partner für uns sind auch Betriebe, die für ihre Mitarbeitenden in gesunde, motivierende Arbeitsplätze investieren. Dabei geht es um Ernährung und Bewegung, aber zunehmend auch um psychische Faktoren. Viele Männer fühlen sich durch die Frage überfordert, was denn nebst ihrer Leistungs­bereitschaft das Mann-Sein bedeutet? Respektive, was seine Gesundheit fördert? Ein gutes Mass an Gelassenheit ist positiv. Manchmal sollte «Mann» alte, festgefahrene Gewohnheiten überdenken. Und gewisse Mängel einfach auch akzeptieren. Rollenbilder aufgeben, Veränderungen unterstützen, entsprechend kommunizieren. Das kann im positiven Sinn herausfordern.

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Vater werden

Zwischen Freude und Nachdenklichkeit Vater werden kann überschwängliches Glück, aber auch eine enorme Verunsicherung auslösen. Eines ist sicher: Wenn ein Buschi unterwegs ist, müssen sich nicht nur Frauen, sondern auch die Männer gewaltig umstellen. Klaus Duffner

Rolle aber noch nicht gewachsen und machen sich allerlei Sorgen: Reicht das Geld? Ist bald meine Freiheit dahin? Bin ich für ein Baby überhaupt «bereit»? Auto, Wohnung, Job – alles wird auf Familientauglichkeit abgeklopft. Dabei brauchen gerade die kleinen Kinder, ausser sehr viel Aufmerksamkeit und Liebe, materiell nicht viel. So mancher ehemaliger Draufgänger fürchtet zudem den Verlust des unbeschwerten Lebens. Tatsächlich müssen sich viele Männer ziemlich umstellen. Mit Kollegen um die Häuser ziehen oder das ganze Wochenende auf dem Fussballplatz verbringen sind zwar keine unerfüllbaren Wünsche, sie wollen aber – vor allem solange die Kinder noch klein sind – sehr gut geplant sein. Denn irgendwann möchte auch die Frau wieder mal etwas anderes machen, als sich den ganzen Tag um den Nachwuchs kümmern.

Ist das Kind erst einmal da, sind viele väterliche Zukunftsängste verflogen.

«Ich werde Vater.» Diese drei Wörter lösen bei vielen Männern einen Sturm der Gefühle aus. Die meisten reagieren mit Freude und Stolz und freuen sich jeden Tag über den wachsenden Bauch der Frau. Andere haben gemischte Gefühle und fürchten sich vor der kommenden Verantwortung: Werden wir das hinbekommen? Emotionale Achterbahn Während der Schwangerschaft dreht sich alles um das ungeborene Kind und die werdende Mutter. Obwohl ihr Bauch in den ersten Monaten kaum Veränderun28

gen zeigt, spielen sich im Inneren des weiblichen Körpers grundlegende hormonelle Umstellungen ab. Neben Übelkeit, Müdigkeit, Heisshungerattacken, schweren Beinen oder Schwindel sind auch Stimmungsschwankungen typisch. Emotionale Hochs mit unbeschreiblichen Glücksmomenten wechseln sich ab mit Heulattacken und Zukunftsängsten. Oft beschleicht das männliche Pendant dann das Gefühl, dauernd etwas falsch zu machen. Da heisst es, ruhig bleiben, die Lebensgefährtin trösten und warten, bis der (Hormon)-Sturm vorübergezogen ist. Viele Männer fühlen sich ihrer neuen

Gemeinsame Geburtsvorbereitung Den meisten Männern wird erst richtig bewusst, was sie da in schöner Stunde auf den Weg gebracht haben, wenn sie bei der Ultraschalluntersuchung erstmals die Bewegungen des Kindes sehen und seinen Herzschlag hören. Mit Stolz deuten die Väter die gut sichtbaren Tritte des Ungeborenen gegen die mütterliche Bauchwand als Beleg dafür, dass dies «einmal ein guter Fussballer wird». Besonders Eifrige wollen sich nichts entgehen lassen und wünschen bei jeder Vor-


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sorgeuntersuchung und jedem Gespräch dabei zu sein. Sie sind über das Internet bisweilen extrem gut informiert und brennen darauf, ihr Wissen weiterzu­ geben. Das kann zur paradoxen Situa­ tion führen, dass «plötzlich nicht mehr die Schwangere, sondern der Mann im Mittelpunkt der V ­ orsorgeuntersuchung steht», berichtet die Hebamme Maike Eyßell. Während Geburtsvorbereitung und Geburt früher Frauensache und Männer im Kreisssaal ausdrücklich ver­ boten waren, hat sich das heute kom­ plett gewandelt. Die meisten Väter wol­ len die Geburt ihres Kindes miterleben und nehmen – wenn auch oft mit mil­ der Distanz – auch an Geburtsvorberei­ tungskursen teil. Vor allem vor der ers­ ten Geburt kann ein solcher Kurs sehr

nützlich sein, denn viele wissen nicht, was auf sie zukommt. So ergab vor ei­ nigen Jahren eine Befragung unter 175 Paaren, dass 58 Prozent der werdenden Väter «etwas» Angst davor haben, ihrer Frau bei der Geburt nicht richtig beiste­ hen zu k­ önnen. Rund ein Drittel gab so­ gar an, «starke» Angst zu haben, die Schmerzen der Frau hilflos mit ansehen zu müssen. Manche von ihnen halten diese Situation tatsächlich kaum aus und fordern Hebammen und Ärzte immer wieder auf, «doch endlich etwas zu tun», worauf ­irgendwann die ganze Geburts­ station nervös wird. Auf der anderen Seite müssen Hebammen oft mehre­re Geburten gleichzeitig betreuen, wo­ durch die Männer die einzigen Vertrau­ enspersonen für die Gebärenden sind.

Ein unaufgeregter Partner, gestählt in ei­ nem Geburtsvorbereitungskurs, kann da­ her für viele eine wichtige Stütze sein. Nicht mehr im Mittelpunkt Aber auch die Zeit nach der Geburt ist für manche Herren eine Herausforde­ rung. Sie beklagen eifersüchtig, dass ihre Frau nur noch Augen für das Kleine habe. Männer, die es gewohnt sind im Mittelpunkt zu stehen, werden bei Be­ suchen von Verwandten oder Freunden plötzlich zur Nebensache. Trotzdem er­ klärt laut einer Studie lediglich ein Pro­ zent der Männer, manchmal zu zweifeln, ob die Entscheidung für ein Kind richtig gewesen ist. Für die allermeisten frisch­ gebackenen Väter wird der Nachwuchs plötzlich das Wichtigste im Leben.

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Gut zu wissen

Hilfreiches rund um das Thema Männer Auf dieser Doppelseite stellen wir Ihnen viele nützliche Links, Buchtipps, Informationen sowie Zitate zum Thema dieses Dossiers zur Verfügung. Diese sind nicht nur für Männer interessant, sondern auch für Frauen!

Zitat

Links

«Manche Männer bemühen sich lebenslang, das Wesen einer Frau zu verstehen. Andere befassen sich mit weniger schwierigen Dingen, zum Beispiel der Relativitätstheorie.»

www.maenner.ch Dachverband von Schweizer Männer- und Väterorganisationen

Albert Einstein

www.vaterrechte.ch Vaterrechte Schweiz. In Zusammenarbeit mit der Kindesschutzorganisation Schweiz www.mannebuero.ch Website vom «mannebüro» Züri www.urologie.ch Website der Schweizerischen Gesellschaft für Urologie www.prostatakrebs.ch Homepage der Stiftung Prostataforschung

Über was spricht der Mann? In einer Studie des Instituts für Demoskopie in Allensbach am Bodensee aus dem Jahr 2011 wurden 1852 Männer und Frauen nach ihrem Gesprächsverhalten befragt: • Die meisten Männer (65%) reden gern über Sport. Dagegen sind für 75% der Frauen «Neuigkeiten aus dem Bekannten- und Freundeskreis» das Topthema, gefolgt von Familien­themen (65%). • Weitere wichtige Männerthemen: Autos, Technik, Politik und Beruf. • Frauen haben im Schnitt ein breiteres Themenspektrum (11,4 Themen) als Männer (9,4). • Jede zweite Frau (47%) redet gerne über Gefühle, bei den Männern nur jeder Sechste. • Nur jeder fünfte Mann stuft sich als «sehr kommu­nikativ» ein, bei den Frauen ist es jede dritte. Bei jungen Männern und Frauen ist der Unterschied noch grösser. • 29% der Frauen trifft es sehr, wenn sie kritisiert werden, bei den Männern nur 18%.

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www.krebsliga.ch Offizielle Website der Krebsliga Schweiz mit guten Informationen zum Thema Prostatakrebs www.inkontinex.ch Schweizerische Gesellschaft für Blasenschwäche www.gesunde-maenner.ch Website des Verein Forum Männergesundheit www.gesundheitsfoerderung.ch Website der Gesundheitsförderung Schweiz www.maennerzeitung.ch Die Männerzeitung erscheint viermal im Jahr und ist länderübergreifend (Deutschland, Österreich, Schweiz)


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Was Mann und Frau (besser) kann Männer besitzen eine durchschnittliche Hirnmasse von 1375 und Frauen von 1245 Gramm. Da Frauen im Durchschnitt jedoch kleiner sind als Männer, leitet sich daraus kein kleineres weibliches Gehirn ab. Trotzdem bestehen funktionelle Unterschiede: Männer haben ein besseres (mathematisches) Abstraktions­ vermögen, können besser ziel­gerichtet werfen und fangen, haben ein besseres räumliches Vorstellungsvermögen und zeigen bessere optische Leistungen bei Suchbildern.

Frauen sind besser und schneller bei optischen Wahrnehmungen mit detailgetreuem Erinnerungs­vermögen, haben eine flüssigere Sprache und den sprachlich grösseren Einfallsreichtum, verfügen über eine feinere Motorik der Hand und besitzen eine höhere Wahrnehmungsgeschwindigkeit. Quelle: Spektrum Verlag

«Wer glaubt, dass Frauen das schwächere Geschlecht sind , sollte mal Nachts versuchen die Bettdecke auf seine Seite zu ziehen.» Quelle: gofeminin.de

Buchtipps Der grosse Patientenratgeber Prostatakrebs. Risiko, Früherkennung, Diagnose, Behandlung. Stiftung Männergesundheit. Lothar Weissbach, Edith Boedefeld Zuckschwerdt Verlag. ISBN 978-3-86371-154-2; 280 Seiten, CHF 27.90

Mann, Macht, Mannzipation Der Mann im Spannungsfeld zwischen Beruf, Beziehung und Bedürfnissen. Dr. med. Marco Caimi Pro BUSINESS GmbH, Berlin; 1. Auflage 2014; ISBN 978-3-86386-788-1; 264 Seiten, CHF 35.90

Beckenbodentraining für Männer: Harninkontinenz und Erektionsstörungen mindern und überwinden. Ute Michaelis, Verlag Urban & Fischer, ISBN 978-3-43745-189-8; 181 Seiten, CHF 27.90

Health Economy Neue Denkformen für eine gesunde Wirtschaft. Thomas Mattig Verlag NZZ Libro, 1. Auflage 2014; ISBN 978-3-03823-883-6; 180 Seiten, CHF 49.90

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Dolsan AG informiert

Der Verlust von Kopfhaaren kann für junge wie für ältere Menschen eine leidvolle Erfahrung darstellen. Besonders stark scheint ein ­Haarausfall Frauen zu belasten. Denn gesundes Haar symbolisiert Schönheit, Vitalität und Lebensfreude.

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Gesundheitspolitik

Über hohe Krankheitskosten wird viel gejammert. Und die steigende Lebenserwartung macht Gesundheit immer teurer. Doch es gäbe grosse Einsparungsmöglichkeit, ohne Verzicht auf die Behandlungs­ qualität. Dazu eine emotionslose Betrachtung. Hans Wirz

Zu viel Medizin? Bild: zVg

Unnötiger Aufwand – unnötige Kosten

Pascal Strupler ist Direktor des Bundesamtes für Gesundheit BAG in Bern. «Eine Krankheit, die nicht ausbricht, verursacht am wenigsten Kosten.»

Was ist «unnötiger Aufwand»? Wo liegen die entsprechenden Handlungsfelder? Wir orten zwei hauptsächliche Bereiche: Erstens bei all den Fällen, in denen eine Notwendigkeit für eine medizinische In­ ter­vention keineswegs definitiv ge­ge­ben ist, Ärzte aber keine Unterlassungsfehler machen möchten. Oder wenn aus wirt­ schaftlichen Gründen eher überflüs­sige Operationen durchgeführt wer­den. Zwei­ tens medizinische Zwischenfälle, die zu unnötigen Nachbehandlungen führen, wie etwa «Diagnosefehler, eine Infektion oder die Abgabe falscher Medikamente», so Pascal Strupler, Direktor des Bundes­ amtes für Gesundheit BAG. Vista hat sich mit ihm unterhalten.

Die Situation National und international schätzt man die Höhe der Einsparungsmöglichkeiten zwischen 8 und 35 Prozent der Gesund­ heitskosten. Pro Jahr betragen diese in der Schweiz mehr als 70 Milliarden Franken. Dazu Pascal Strupler: «Wir haben keine exakten Zahlen für die Schweiz, aber laut internationalen Studien erlebt jeder zehnte Patient in einem Spital einen medizinischen Zwischenfall bei grund­ sätzlich notwendigen Behandlungen. Solche Zwischenfälle verlängern den Spitalaufenthalt um durchschnittlich eine Woche. Diese Zahlen dürften auch für unser Land ungefähr zutreffen. Wir spre­ chen hier also von einem durchaus gravierenden Problem, das Kosten in Millionenhöhe verursacht und für die Betroffenen – und oft auch für ihre An­ gehörigen – Leid mit sich bringt.» Diese Zwischenfälle sind laut Strupler aber nur ein Teil des Problems Überversor­ gung. Dieses umfasst auch alle Eingriffe und Therapien, die unnötig oder gar kontraproduktiv sind. Das Unnötige vermeiden Viele Akteure – etwa Ärzte, Spitäler, Po­ litiker und Behörden – sind daran, die Situation zu verbessern. Zudem haben die medizinischen Fachgesellschaften zum Teil Empfehlungen für die Ärztin­ nen und Ärzte erarbeitet, die unnötige Behandlungen und Therapien verhin­ dern sollen. «Die Stiftung Patienten­

sicherheit hat schon mehrere erfolgrei­ che nationale Programme durchgeführt und weitere lanciert, zum Beispiel im Bereich der Chirurgie und der Infektio­ nen. Dieses Jahr wird sie ein Programm für eine sichere Medikamentenabgabe starten. Der Bundesrat seinerseits hat eine Qualitätsstrategie ans Parlament überwiesen, in deren Rahmen weitere Programme umgesetzt werden sollen.» Es fehlt also nicht an Bemühungen. Motive Warum gibt es überhaupt überflüssige Untersuchungen, Medikamente-Verschrei­ bungen und Operationen? Einerseits sind, wie bereits erwähnt, ent­sprechende Um­ sätze willkommen, andererseits behan­ deln manche Ärzte, immer zu Guns­ten der Patientinnen und Patienten, im Zweifelsfall «lieber einmal zu viel als zu wenig», so Pascal Strupler. «Je besser sie informiert sind, desto sicherer werden sie in ihren Entscheidungen.» Was ihnen dabei hilft, sind auch Empfehlungen der Fachgesellschaften. «Ärztinnen und Ärzte können grundsätzlich kein Inte­ resse daran haben, unnötige Behand­ lungen durchzuführen – sie möchten ihre Patienten ja gesund machen und nicht krank.» Manchmal sei es jedoch richtig, auf Untersuchungen und/oder medizinische Eingriffe zu verzichten. Es

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durchaus aktiv. «Die Menschen in der Schweiz wissen heute, auch wegen den Informationskampagnen des Bundes, relativ gut, wie sie sich gesundheits­ fördernd verhalten können. In diesem Bereich wird auch an den Schulen aus­ gezeichnete Arbeit geleistet, wo wir seit langem eng mit den Kantonen zusam­ menarbeiten. Und die Patientenorgani­ sationen leisten wichtige Aufklärungs­ arbeit im Bereich der Patientenrechte. Unser Ziel ist, die Gesundheitskompe­ tenz des Einzelnen weiter zu erhöhen.»

Meistens sind sie angemessen und helfen, manchmal aber «eigentlich» unnötig: Operationen am Körper.

braucht also mehr Gespräche mit der Patientenschaft, dementsprechend für mehr Zeit auch mehr Geld. «Der Bundes­ rat hat auf Oktober 2014 die eigentliche ärztliche Arbeit, also etwa das Gespräch mit der Patientin oder dem Patienten, ge­ genüber gewissen technischen Leistun­ gen aufgewertet.» Ein wichtiger Schritt also in die richtige Richtung. Abwägen ist zentral Einerseits kann man mit frühzeitigen Untersuchungen spätere Krankheitsfälle vermeiden, andererseits besteht die Ge­ fahr des zu viel Untersuchens und Ein­ greifens. Wer soll oder kann entschei­ den, ob Untersuchungen Sinn machen? «Hier sind vor allem die Fachspezialis­ ten gefragt, die die neuesten Erkennt­ nisse aus der medizinischen Forschung kennen und in Empfehlungen und Richt­ linien umsetzen können. Also etwa die medizinischen Fachgesellschaften, die dies ja auch tun.» Auf der Basis dieser Grundlagen könne der behandelnde Arzt oder die Ärztin dann entscheiden, welche Behandlung die beste sei für den jeweiligen Patienten. Die Rolle der Patienten Gesundheitskompetenz hilft. «Je besser die Patientin oder der Patient informiert 34

ist, desto eher kann sie oder er die Ent­ scheide mit der Ärztin oder dem Arzt diskutieren», so der Gesprächspartner. Bei der Patienteninformation gebe es na­türlich noch viel Verbesserungspoten­ zial, «auch wenn die Patientenorgani­ sationen in diesem Bereich bereits wert­ volle Arbeit leisten». Dabei müsse der Patient keine Angst davor haben, gründ­ lich nachzufragen. «Gerade am Lebens­ ende geht es nicht immer ums Mach­ bare, sondern um das Sinnvolle. Also um das, was dem Willen des Patienten oder der Patientin entspricht.» Eine im­ mer grössere Rolle spielt dabei die zu erwartende Lebensqualität bei medi­ zinischen Therapien respektive beim Weglassen derselben. Die Ärztinnen und Ärzte sollten «in der Lage sein, medizini­ sche Aspekte auf eine einfache und ver­ ständliche Art zu erklären, damit die Pa­ tienten tatsächlich aktiv in den Entscheid einbezogen werden können». Es braucht also mehr Verständigungsfähigkeiten der Fachleute. Die Frage der Kompetenz Gesundheitskompetenz ist, wenn Nor­ malbürger nachvollziehen oder einschät­ zen können, was diese oder jene Ent­ scheidung für sie oder ihn bedeuten könnte. Das BAG ist in diesem Bereich

Ängste vor den zusätzlichen Problemen Niemand geht gerne ins Spital. Man hat beispielsweise Angst vor Ansteckungen. Zu Recht? «Die Situation hat sich eindeu­ tig verbessert. Die Stiftung Patienten­ sicherheit hat hier bereits sehr gute Ar­ beit geleistet. Aber es gibt immer noch zu viele Infektionen. Deshalb wird der Bundesrat demnächst eine nationale Strategie zur Bekämpfung der Infektio­ nen in Spitälern und Pflegeheimen ver­ abschieden.» Sie ergänze die nationale Strategie gegen Antibiotika-Resistenzen. Fragen der Ethik Wann «lohnt» sich eine fragliche medizi­ nische Intervention? Ein heikles Thema, weil «sich lohnen» hauptsächlich mit Geld in Zusammenhang gesetzt wird. Ganz klar muss man den Begriff aber auch auf die Psyche beziehen. Etwa, ob jemand ganz persönlich die möglichen Nebenwirkungen – beispielsweise von Krebsbehandlungen – auf sich nehmen will oder kann. «Ethische Erwägungen müssen grundsätzlich bei jedem Ent­ scheid einbezogen werden. Damit meine ich keine abgehobenen philosophischen Überlegungen, sondern Fragen wie: Was will der Patient?», meint dazu Pascal Strupler. «Was ist in seinem Sinne? Was kann unnötiges Leiden verkürzen? Wie kann man trotz teilweise schweren Er­ krankungen eine möglichst hohe Le­ bensqualität erreichen? Es gibt einige Spitäler, die ethische Überlegungen sys­ tematisch in die Behandlungsabläufe einbeziehen und damit gute Erfahrungen machen – etwa die Notfallabteilung des Unispitals Basel.» Diesem guten Beispiel sollten andere folgen.


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Nr. 4 | April 2016

Rundum gesund

Verletzungen der Aussenbänder kommen beim Fuss sehr häufig vor. Früherkennung und korrekte Behandlung sind wichtig. TherapieZiele: die normale Funktion, volle Stabilität und die Schmerzfreiheit. Dabei gilt es nicht nur die Bänder zu beachten. Markus Meier

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Probleme mit dem oberen Sprunggelenk

Interview mit: PD Dr. med. Norman Espinosa, Facharzt FMH für Orthopädische Chirurgie und Traumatologie des Bewegungsapparates, Fussinstitut Zürich

Wie häufig sind Bandverletzungen am Fuss? Bandverletzungen am oberen Sprunggelenk, OSG genannt, gehören zu den häufigsten Verletzungen des muskuloskelettalen Apparates. Sie machen etwa 25 Prozent aller Sportverletzungen aus. Was genau passiert, wenn man den Fuss «vertrampet»? Die meisten «Verdrehungen» am OSG, Distorsionen genannt, geschehen in einer spitzfüssigen, nach innen gehaltenen und gedrehten Stellung des Rückfusses. Dabei kommt es zu einer Überbeanspruchung der Bänder und möglichen Zerreissungen. Häufig reissen die Aussenbänder, gelegentlich auch die Innenbänder. Und es gibt Kombinationen davon. Welche Symptome haben die Betroffenen? Patienten, die eine akute Bandverletzung erleiden, kommen oft mit Schmerzen, Schwellungen und zum Teil mit Blutergüssen über der betroffenen Bandregion in die Praxis.

Was gilt es zu beachten? Die frühe Diagnose der akuten Instabilität, korrekte funktionelle Behandlung sowie Rehabilitation garantieren eine hohe Erfolgswahrscheinlichkeit. Allfällige Brüche schliessen wir durch spezielle Röntgenaufnahmen aus. Es folgen fünf Tage mit Bandage, Salben und Schmerzmedikamenten, die bei leichtgradigen Verletzungen wie z. B. Zerrungen ausreichen. Bei schweren Verletzungen muss oft eine temporäre Ruhigstellung während zwei Wochen in Betracht gezogen werden. Dann folgt eine strukturierte, physiotherapeutische Nachbehandlung mit Propriozeption, neuromuskulärer Stabilisation, Kräftigung und Erhalt der Beweglichkeit. Die konservative Therapie führt in fast 90 Prozent zu einem erfolgreichen guten Resultat. Gibt es Probleme nach Distorsionen? Anhaltende Schmerzen über mehrere Wochen oder Monate, neuerliche Distorsionen, Probleme beim Gehen oder Laufen auf unebenem Boden oder Beschwerden bei Sportarten mit schnellen Richtungswechseln weisen auf eine chronische OSG-Instabilität hin. Diese ist oft Folge einer unzureichenden Behandlung der akuten Verletzung. Als Spätfolge kann sich in bis zu einem Drittel der Fälle eine OSG-Arthrose ausbilden. Wann muss ein Patient operiert werden? Wenn eine mehrmonatige, korrekt durchgeführte, konservative Therapie versagt, sollte bei entsprechendem Leidensdruck eine Operation überlegt werden. Wie repariert man die Aussenbänder? Grundsätzlich sollte man alle Aussenbänder anatomisch rekonstruieren. Bei gut erhaltenem Gewebe können direkte Nähte oder Wiederbefestigungen am Wadenbein mit Ankersystemen vorgenommen werden. Bei fehlenden Bändern ersetzt sie der Chirurg über Transplantation von Eigen- oder Fremdsehnen. Alle Operationen können entweder über einen längeren Hautschnitt oder mit minimal-invasiven Techniken bewerkstelligt werden. 37


Nr. 4 | April 2016

Gesundheit aktuell

Heuschnupfenpatienten rät Margrit Fischer zu einer ganzheit­lichen Therapie. Die dipl. Drogistin HF kombiniert gerne Schüsslersalze mit spagyrischen und homöopathischen Mitteln. Und rät bei Bedarf zu einer Darmsanierung. Jürg Lendenmann

Heuschnupfen

An den Darm denken kann sich lohnen

Margrit Fischer, dipl. Drogistin HF, ist Geschäftsinhaberin der beiden Impuls-Drogerien Fischer in Belp.

«Mit der Behandlung des Heuschnupfens soll man früh beginnen», sagt die dipl. Drogistin HF Margrit Fischer. Also nicht erst dann, wenn einen Symptome wie Niesattacken, Fliessschnupfen, verstopfte Nase, juckende oder tränende Augen plagen. «Wir versuchen daher die Kunden präventiv zu behandeln und mit einer Therapie früh zu starten – schon

Schüsslersalze: das Allergie-Trio «Gerne empfehle ich zur Prävention eine Basistherapie mit Schüsslersalzen Nr. 2 Calcium phosphoricum, Nr. 6 Kalium sulfuricum und Nr. 10 Natrium sulfuricum», sagt Margrit Fischer. «Dieses sogenannte Allergie-Trio wirkt einerseits ausleitend und entgiftend, was dazu führt, dass der Körper weniger auf Allergieauslöser reagiert. Zudem wird die Eiweissregu­ lation unterstützt, sodass der Körper fremdes Eiweiss wie das von Blütenpollen als weniger bedrohlich wahrnimmt. Je nach Situation kann man das Immunsystem mit Schwarzkümmelölkapseln und den Schüsslersalzen Nr. 3 Ferrum phosphoricum und Nr. 21 Zincum chloratum noch direkt stärken. Ist

der Heuschnupfen akut, ergänzen wir je nach Symptomen wie laufende Nase oder roten Augen individuell mit entsprechenden Salzen.» Hilfreiche Spagyrika und Homöopathika Ideal kombinieren lassen sich Schüsslersalze mit Spagyrika – pflanzlichen Arzneien, bei deren Herstellung die Wirkstoffe getrennt, bearbeitet und wieder zusammengeführt werden, so Margrit ­Fischer: «Wir haben eine bewährte Mischung, die wir bei Heuschnupfen einsetzen. Je nach Symptomen bei Patienten ergänzen wir diese individuell mit zusätzlichen spagyrischen Essenzen.» Sind beispielsweise die Augen betroffen, werde oft Euphrasia officinalis (Augentrost) einbezogen, wenn die Nase laufe oder gerötet sei Allium cepa (Küchenzwiebel) und bei gereizten Atemwegen Pelargonium reniforme (Pelargonie). «Die Homöopathie ist eine Reiztherapie», erklärt die Drogistin. Sie lasse sich daher gut einsetzen, um die Heilkräfte des Körpers zu stimulieren. «Wir haben gute Erfahrungen gemacht mit einem Am häufigsten reagieren Heuschnupfenpatienten auf die Pollen von Gräsern.

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Bild: © Jürgen Fälchle, Fotolia.com

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im Dezember, spätestens aber im Fe­ bru­ar. Grossen Wert legen wir auf eine ganzheitliche und umfassende Beratung und Therapie.» Wichtige Elemente einer Behandlung seien die Biochemie nach Dr. Schüssler, Spagyrik und/oder Homöopathie; aber auch eine Darm­ sanierung könne sich als empfehlenswert erweisen.


Produkt, dessen Globuli eine bewährte Kombination von homöopathisch po­ tenzierten Pollen verschiedener Früh­ lingsblühern enthalten. Die Globuli kön­ nen zusätzlich zu einer Basistherapie mit Schüsslersalzen vorbeugend ein­ genommen werden, um den Körper zu stimulieren. Während der ersten vier Wochen je einmal, danach reicht eine Gabe pro Monat.» Darmsanierung Wenn es nötig sei, kämen bei akutem Heuschnupfen auch andere bewährte Arzneimittel wie Nasensprays und Na­ sentropfen zum Einsatz, die Symptome lindern. «Meistens ist es so, dass Heu­ schnupfenpatienten in die Drogerie kom­ men, die schon vieles mit mässigem Er­ folg ausprobiert haben oder die schon seit Jahren von Heuschnupfen geplagt werden. In diesem Fall nützt es nicht viel, wenn wir etwas Ähnliches hervor­

nehmen. Dann müssen wir mit ihm über die Grundlagen reden ... auch über eine Darmsanierung.» Eine Darmsanierung schlage sie auch Pa­ tienten vor, bei denen eine herkömmliche Desensibilisierung nicht zum gewünsch­ ten Erfolg geführt habe. «Von Allergi­kern höre ich oft die Frage: Warum soll mir eine Darmsanierung helfen? Ein gesunder Darm ist die Grundlage, denn ein starkes Immunsystem ist auch von der Darmflora abhängig. Indem wir eine geschädigte Darmflora gezielt aufbauen, können wir das Immunsystem stimulieren.» Gute Erfahrungen hat Margrit Fischer mit einem Therapieplan gemacht, bei dem Spagyrika, eine Urtinkturmischung mit Bittersalz, Tees und einem Probioti­ kum kombiniert werden. «Der Therapie­ plan findet in drei Stufen statt. In den ersten 10 Tagen wird der Darm gereinigt und entschlackt. Daran anschlies­send wird der Verdauungstrakt während 24 Ta­

gen stabilisiert und stimuliert. In der letz­ ten, 14 Tage dauernden Phase wird der Darm regeneriert und die Darmflora wieder aufgebaut.» Die Kur könne im All­ tag problemlos umgesetzt werden, da keine Diät vonnöten sei. Entsprechend gross sei die Compliance der Anwender. «Wir haben sehr gute Rückmeldungen von Kunden erhalten», sagt die Dro­gis­tin. «Manche sagten, sie hätten eine gute Saison und zum ersten Mal wieder den Duft der Blumen gerochen.»

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Nr. 4 | April 2016

Beauty und Medizin

War früher das Badezimmerschränkchen reine Frauendomäne, gibt sich der Mann von heute nicht mehr mit dem Zahnputzglas zufrieden. Die Körperpflege nimmt auch bei ihm einen wichtigen Stellenwert ein – und zwar unabhängig von seinem Style. Nadja Belviso

Der gepflegte Mann Mehr als frisch geduscht

Wilde Männer pflegen sich genauso intensiv wie ihre glattrasierten Zeitgenossen.

Man möchte meinen, im Zeitalter des Hipster-Bartes und des Männerdutts neh-­ me das männliche Interesse an Körperpflege zugunsten eines Born-to-be-wildLifestyles wieder ab. Doch pflegt sich der wilde Mann von heute genauso wie sein glattrasierter Kollege – nicht umsonst boomen Barbershops wie zuletzt in den 50er-Jahren. Und selbst der Besuch eines Kosmetikstudios ist für Männer von heute keine Schande mehr. Einer, der das weiss, ist Alain Ebner, ausgebildeter Kosmetiker bei Bodyzone Cosmetics & Spa in Basel. «Zwar gibt es immer noch Männer, die mit ­Zahnpasta, 40

Duschgel und Deo auskommen», sagt er. «Doch eine optimale Pflege erfordert etwas mehr Aufwand.» Zur Minimalroutine gehörten neben dem Zähneputzen auch die Bartpflege oder Rasur, das Frisieren, die Hautpflege im Gesicht und am Körper sowie Hand-, Fuss- und Nagelpflege. Die Produktepalette, die er empfiehlt, könnte entsprechend auch zu Streit mit der Partnerin um das Spiegelschränkchen führen. Wissenschaft Rasur «Jeder Mann muss die für ihn ideale Art der Rasur finden», erklärt Alain Ebner.

Der Rasierapparat eigne sich für Männer mit empfindlicher Haut, da er kaum Reizungen verursache. «Für Bartträger gibt es Multifunktionsapparate, mit denen man den Bart trimmen und konturieren kann.» Gleichzeitig lasse sich damit auch Kopf- und Körperhaar kürzen oder rasieren. Wer schon auf ein Multifunktionsgerät setze, könne sich gleich für ein Modell mit Nasen- und Ohrenhaartrimmer entscheiden. «Vor der elektrischen Rasur empfiehlt es sich, ein PreShave-Produkt aufzutragen. Es richtet das Barthaar auf und entfettet die Gesichtshaut», sagt der Experte. Für die Nassrasur entscheiden sich eher Männer mit dunklen Haaren und starkem Bartwuchs. «Obwohl die Klingen teuer sind, sollte man sie regelmässig auswechseln, da es sonst zu e ­ inem Rasurbrand – juckenden Hautreaktionen, kommen kann.» Ins Nassrasur-Set gehöre ausserdem ein Rasiergel oder -schaum, damit die Barthaare vor der Rasur geschmeidig werden, und ein mildes After-Shave-Produkt, das die Haut­ regeneration fördert und Pickel­ chen vorbeugt. Von Rasierwasser rät der Profi im Zweifelsfall ab: Nur wirklich unempfindliche Häute kämen mit dem darin enthaltenen Alkohol klar. Gesichtshaut – das Komplettpaket Auch eine männliche Gesichtshaut hat Ansprüche. So gehört gemäss Alain Ebner zur Grundausstattung kaum weniger als


eine Frau für die Gesichtspflege­routine braucht: Reinigungsprodukt, Peeling, Ge­­ sichtswasser und Tagespflege. Obwohl der Mann dieselben Pflegeschritte wie die Frau ausführt, hat seine Haut andere Bedürfnisse. «Der Mann sollte bei der Reinigung auf ein Gel oder eine synthe­ tische Seife zurückgreifen, da sie das Talgdrüsenfett an der Haut­ober­fläche so­ wie Schweiss, Staubpartikel und Abgase am besten zu entfernen vermögen.» Da Männerhaut mehr Talg produziert, neigt sie eher zu Verhornung. Der Kos­ metiker rät deshalb zu regelmässigem Meersalzpeeling, das nicht nur die ab­ gestorbenen Hautschüppchen entferne, sondern zugleich regenerativ und desinfi­ zierend wirke. Die anschliessende Anwen­ dung von Gesichtswasser sorge schliess­ lich dafür, dass die natürliche Hautbarriere aufrechterhalten bleibt.

Als Abschluss brauche es eine feuch­ tigkeitsspendende Tagespflege. «Ich höre immer wieder von Männern, die Produkte ihrer Freundinnen anwenden. Davon rate ich dringendst ab», sagt Alain Ebner. Prä­ parate für Frauen seien meist zu reichhal­ tig für die ohnehin ölige Männerhaut. Die Tagespflege sollte deshalb mehr Wasser als Fett enthalten, ideal seien Cremes mit Glycerin. «Damit die Haut noch länger frisch bleibt, könnte sich der Mann zusätz­ lich eine regenerierende Nachtpflege an­ schaffen, vorzugsweise mit Antioxidanten wie Vitamin A und C oder dem Coenzym Q10, die hautglättend wirken.» Für einen schönen Blick Die Haut im Augenbereich benötige be­ sondere Pflege. Wer ein Produkt mit Kol­ lagen wähle, wirke der Beanspruchung durch stetige Mimikbewegungen entge­

gen. Auch koffeinhaltige Produkte seien beliebt, weil sie Tränensäcke abschwellen liessen und Augenschatten bekämpften. Zusätzlich kann Mann sich etwas Gutes tun, wenn er hin und wieder ein Kos­me­ tikstudio aufsucht, das auf Männer abge­ stimmte Behandlungen anbietet: etwa Ausreinigung, Manicure und Pedicure. «Die Hände eines Mannes sind seine Visi­tenkarte», so der Basler Kosmetiker. Zusätzlich können sich Männer Körper­ haare professionell entfernen lassen. Die Brauenkorrektur mit Wachs sei vor allem bei jüngeren Männern beliebt. Im Kosmetikstudio könne ein Fachmann die Haut professionell analysieren und die passenden Produkte individuell zu­ sammenstellen, so Alain Ebner. «Meist verfügen Kosmetikstudios über hoch­ wertige Pflegeprodukte, die es auch in erschwinglichen Varianten gibt.»

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Nr. 4 | April 2016

Vista Life

Tag der Solisten In wenigen Minuten ist die Sache mit Papa erledigt. Zur Freude oder Panik gehört das traditionelle Besäufnis. Vaterschaftsurlaub und Kindergeld sind Bestandteil der gesellschaftlichen Anerkennung, Kinderlose werden geächtet. Andy Stuckert

Nun gibt es einen neuen Planeten. Andy Stuckert bewundert, wie raffiniert Astronomen ihren Arbeits­ platz sichern. Um die dürre Som­ merzeit zu überstehen, sollte er auch etwas Unglaubliches erfin­ den, das länger lebt als eine Zeitungsente. Zu welchem Preis und an wen könnte ein profanes Schattenkabinett verkauft werden? Die Abklärung ist geplant.

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Der Biologielehrer beschrieb die Familie als Zelle des Staates. In den wenigsten Fällen hat dies et­ was mit einem Gefängnis zu tun. Die damaligen Strukturen waren simpel. Der Vater als Oberhaupt der Familie stand an der Spitze der Nahrungskette, neben der Zucht herrschte noch die Ordnung. Wir übten fleissig die Reproduktionstechnik, bis ex­ treme Feministinnen die antiautoritäre Erziehung erfanden und das Land ins Chaos stürzten. Bevor wir unseren Beitrag zur Staatsentwicklung leisten ­konnten, standen stundenlange Diskussionen über Frauenrechte und Erziehungsmethoden an. Das ausgelöste Dilemma beschädigte unsere Potenz schwerwiegend. Wenn dem Platzhirsch das Röh­ ren verboten wird, sinkt die Lust zur Weitergabe seiner chaotischen Gene. Die hoffnungsvollen Be­ ziehungen mit konventioneller Familienplanung en­ deten in politisch asexuellen Worthülsen. Vater wer­ den fiel aus der Aufgabenliste. Um dennoch die Wertschätzung der Volksgemeinschaft zu erhalten, besorgten wir uns eine Beziehung mit Beilage. Fa­ milienpackungen einzukaufen wurde mit einem an­ erkennenden Lächeln der Kassiererin belohnt. Das erhoffte Kindergeld erhielt weiterhin der eigentliche Produzent und die restlichen Ansprüche durften wir quasi freiwillig finanzieren. Selbstverständlich wa­ ren unsere Ansichten und Vorschläge zur Erziehung nicht gefragt. In dieser modernen Familienstruktur standen wir unten und plötzlich war das mit dem Gefängnis eine nachvollziehbare Realität. Anstatt hemmungslosen Sex zu geniessen, wurde nachts über Schulsport und Rechte der genetisch beteilig­

ten Parteien gesprochen. Wochenende und Ferien wurden nach externen Wünschen ausgerichtet. Höchste Zeit für einen sofortigen Neuanfang. Etwas Dankbarkeit Kinderlose bezahlen solidarisch mit für Tageskrip­ pen, damit sich erfolgreiche Eltern selbst verwirk­ lichen können. Springen zur Seite, wenn überbreite Kinderwagen im Supermarkt einen Stau verursa­ chen und lassen sich von unerzogenen Rotznasen anpöbeln. Sie profitieren weder von Familienrabatt noch von zusätzlichen Feiertagen. Neutral betrach­ tet eine erstklassige Diskriminierung. Wir mögen Kinder. Wenn die Menschheit vom Aussterben be­ droht ist, sind wir die Ersten, die dagegen ankämp­ fen. Doch bis dahin sollte die Gemeinschaft froh sein, haben wir unsere rebellischen und anarchis­ tischen Gene nicht spontan freigelassen. Haben keine Lehrer in den Wahnsinn getrieben und für laute Musik sind nur wir schuldig. Kinderlose Väter gelten als suspekt, nicht gebärfreudigen Frauen geht es nicht besser. Wir sind die asozialen Rand­ figuren der Geschichte. Wir leisten klaglos und ohne Anerkennung unseren Beitrag zum Erhalt von Kinderspielplätzen und schauen pflichtbewusst Wer­ bung für Babynahrung. Damit dieser Tragödie ein Ende bereitet wird, verlangen auch wir einen jähr­ lichen Ehrentag, Respekt vor unserer Verantwor­ tung und Unterstützung. Wie die Blattlaus oder die Kuhmilch möchten wir mindestens einmal im Rampenlicht stehen. Wir fordern deshalb offiziell einen arbeitsfreien Tag der Solisten.


Streicheltherapie Wenn die Rakete nicht zündet und das Feuerwerk ausbleibt, entspannen sich Frauen im Bett mit einem guten Buch. Erotik ist auch Kopfsache. Weicht die körperliche Lust dem mütterlichen Instinkt, ist es Zeit für ein offenes Gespräch. Sandra Poller

«Wie oft würdest du Anlauf nehmen, um einen Kerl heiss zu machen?» Der Sonntagmorgen ist Bea nie zu schade für anspruchsvolle Themen. «Dieser Mechaniker aus dem Internet hat sein Werkzeug nicht im Griff und selbst meine Reiz­ wäsche ist umsonst.» Eine extra Portion Butter un­ terstreicht das Problem. Da ich weder körperlich noch geistig über die Erfahrung einer Sexbombe verfüge, bin ich überfordert. Ich beteilige mich an der Butterorgie. «Selbst ohne Alkohol ziehe ich den Kürzeren. Der Typ ist zwar mega lieb, aber nur Kuscheln ist auch öde.» Geduldiger Engel Männer haben Stress, Haare auf den Ohren und können nicht immer, wenn sie sollten. «Für sol­ che Momente gibt es diese blauen Pillen mit dem Restrisiko Herzinfarkt. Auch nicht berauschend, wenn das in meinem Bett passiert.» Wissenschaft­ liche Analysen erleichtern mir die Anteilnahme. Falsche Ernährung und kein Sport sind natürliche Verhütungsmittel. «Rohkost futtern und Joggen ist für mich kein romantisches Vorspiel. Ich bin nicht seine Therapeutin und stehe auf spontane Lusterfüllung, sonst bekomme ich Kopfschmer­ zen.» Paartherapie fällt ins Wasser, meine weite­ ren Anregungen wie Geduld oder aufmunternde Streicheleinheiten sind wirkungslos. «Über Mo­ nate habe ich ihn bemuttert, selbst ein Engel hätte nicht so viel Verständnis für seine Nudel auf­ gebracht. Meine Samthandschuhe sind durchge­ wetzt.» Vielleicht ist er schwul und weiss es nicht.

«Aha, nun bin ich die Doofe. Hauptsache es liegt an mir und er ist kein Versager. Auf welcher Seite stehst du eigentlich?» Geknickt schleiche ich vom Tisch und konsultiere das allwissende Internet. Erektionsprobleme füllen mehrere tausend Sei­ ten. Die Abhilfe reicht von technischen Eingriffen bis zur schwarzen Magie. Ich liebe Hexenkram. Manche Männer sind vom Pornokonsum total geschädigt und für einfachen Sex unbrauchbar. Meine Zuneigung für Bea reicht trotzdem nicht für einen flotten Dreier. «Danke für das Angebot, aber für solche Dienste gibt es Swingerclubs», grinst sie. «Wie wär’s?» Frühlingserwachen «Glaubst du Männer reden unter sich darüber, wenn sie keinen mehr hoch bekommen?» Beim heutigen Erfolgszwang ist das kaum anzunehmen. Ab einem gewissen Alter sind Männerklöster mit entsprechenden Seminaren im Trend. «Vielleicht sollte ich ihn in die Wüste schicken bis er ausge­ hungert ist. Manche haben ja nach einer solchen Kur ein erstaunliches Frühlingserwachen.» Ihre Fürsorge ist nie von Egoismus geprägt. «Gewisse Ladys leisten sich einen potenten Liebhaber und einen geistreichen Begleiter für das öffentliche Le­ ben. Ganz abgeneigt bin ich dieser Variante nicht. Mir fehlt bloss ein Schönheitschirurg und ein An­ lageberater. Bis dann warte ich auf ein Wunder und lasse mich streicheln.» Eine perfekte Lösung.

Sandra Poller hat eine kleine Erbschaft gemacht. Nach Abzug der fälligen Steuern reicht es um eine umweltfreundliche Heizung einzubauen. Planung und Bau­ein­ gaben sowie die notwendigen Bewilligungsverfahren fressen ein tiefes Loch in die Kasse. Der alte Ofen wäre für viele Jahre billiger. Umweltschutz und ein reines Gewissen sind unbezahlbar.


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