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GIVING UP, HURTS THE MOST
from EPICULTURA 01
by s.motyl
Wenn Du die Möglichkeit hättest einen Blick in die Zukunft zu werfen, würdest Du Dich trauen? Trauen vielleicht schon, aber ich will es nicht wissen. Ich finds spannender, Wege zu gehen. „If you don`t know which way you are going, any road can take you there“ Und wenn ich jetzt ein Bild von mir sehen würde mit 4 schreienden Kindern weiss ich nicht, ob ich dem nächsten Typen, den ich daten würde, so unvoreingenommen gegenübertreten könnte. Ich habe keinen Schimmer, wo ich in einem Monat bin und erst recht nicht, wo ich in einem Jahr bin und das finde ich ganz toll. Das hat mir früher Angst gemacht, da wollte ich immer alles genau wissen und verstehen, alles voraus kalkulieren. Jetzt finde ich es, im Gegenteil, schöner, nicht zu wissen was genau passiert, weil nur so ist dein Leben spannend, interessant und lebenswert.
Also denkst Du nicht soviel an die Zukunft? Natürlich plant man einige Sachen, man kann nicht komplett, wie gesagt, in den Tag hineinleben, den Job kündigen und kucken, wann das Geld zu Ende geht, aber ich versuche schon eher hineinzuleben. Man hat ja gerne Sachen, die man verschiebt „Ja, mache ich nächstes Jahr.“, „Kümmere ich mich nächsten Monat drum.“, „Hat ja noch Zeit“. Wieso machst du es nicht jetzt? Worauf wartest du denn? Das Leben kann so schnell vorbei sein. Man kann natürlich nicht komplett alles machen was man will, aber man sollte mehr in der Gegenwart leben. Klar, Vergangenheit spielt eine Rolle, Zukunft spielt eine Rolle, aber die Gegenwart sollte den größten Part einnehmen.
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Wie schwer tust Du Dir mit Entscheidungen? Etwas zu beenden fällt mir relativ schwer, weil das ja auch bedeutet, irgendwie aufzugeben. Hab das sogar tätowiert: „Giving up, hurts the most“. Etwas aufzugeben ist für immer der größte Schmerz, weil man sich damit ja auch sein eigenes Versagen eingestehen muss. Und dann fängt man an, nach zu denken. Ich habe nicht so viel Ehrgeiz, kann also an sich schon schnell Dinge hinwerfen, aber im Großen und Ganzen denkt man doch viel nach „hätte man“ und „könnte man“ Dinge starten ist erst mal schön und gut, aber man gelang doch schneller an seine Grenzen , als man vorher denkt.
Wann läufst du zur Bestform auf, während einer Krise oder wenn Du gerade eine ruhige Phase hast?
Im Büro tatsächlich, witzigerweise im Stress. Weniger Fehler mache ich in der Hektik. Wenn ich Zeit habe, dann driften meine Gedanken ab und ich baue Fehler in Sachen ein. Privat denke ich tut Ruhe ziemlich gut. Umso relaxter die Athmosphäre ist, umso gechillter ich bin, umso mehr kannst du die Gedanken ordnen, klare Ziele formulieren und bessere Entscheidungen treffen. Aber so im Stress, ja dann willst du es einfach nur schnell hinter dir haben. Wenn du mit dir im Reinen bist kannst du auch glücklich sein und andere Entscheidungen treffen.
Dann kannst du auch alleine als Individuum existieren. Und nur dann kannst du auch andere Menschen in dein Leben lassen und mit denen dein Leben teilen. Aber du kannst nicht unglücklich sein, dir irgendeinen Menschen nehmen, erwarten dass er dir dann Glück bringt. Da muss man erstmal definieren was Glück bedeutet. Das ist eine ganz schwierige Frage. Was bedeutet denn eigentlich „Glück“?
Gute Frage! Was ist „Richtig“ und was „Falsch“?
Wie risikofreudig bist Du?
Da müssen wir wieder Risiko defninieren. Einfach den Job kündigen, Wohnung aufgeben, Auto verkaufen, und nach Neuseeland gehen, wäre für viele Leute ein „Risiko“. Habe ich zu der Zeit gar nicht so gesehen, fand ich eher einen guten, klaren Schritt in ne Richtung. Aber sonst bin ich eher, wie gesagt, etwas ruhiger, teils sicherheitsbestimmt. Ich will oft gerne wissen, was passiert. Ich glaube das ist auch typisch Frau, immer „alles sezieren“, alles genau verstehen, auch bei meinem Gegenüber immer nachgefragt: „Warum ist das so? Wie fühlst du dich dabei?“ Aber sonst im Großen und Ganzen doch eher, nicht so risikobereit, weil ich zu sehr über die Konsequenzen nachdenke. Dann denkst du da solange drüber nach, dass es sich am Ende gar nicht mehr lohnt, es zu machen.
Besser so als anders?
Kommt natürlich immer darauf an worum es geht. Bei einigen Sachen isset auch egal. Ne Tätowierung hab ich mir zB damals auch 100x länger und intensiver überlegt als jetzt. War ein riesen Thema, hab ein riesen Fass aufgemacht und jetzt isset in dem Sinne halt nix Besonderes mehr.
Ein besonderes Gesamtkunstwerk, oder?
Ja, kann man sagen. Die Ersten hatten alle eine Bedeutung, war für mich damals auch ganz wichtig war. Jetzt seh ich das eher als „Lebensabschnitt“. Wenn ich zB die Lotusblüte sehe, kann ich mich genau daran erinnern, wie ich die gemacht habe. Wer ich in dieser Zeit war, was ich für Träume hatte, was ich für Ziele hatte, mit wem ich zusammen war, wo ich gewohnt habe. Ich erinnere mich, wie ich zu der Zeit war, halt in dem Moment. Was an dem Punkt im Leben auch abging, was man sich so vorgestellt hat. So erinnern mich meine Tattoos an ganz viele Sachen. Eins hab ich in Australien gemacht, eins zB in San Diego. Wenn ich drauf schaue ernnere ich mich oft „Ach, weißt du noch, damals, in San Diego, ach ja“, so halt. Es ist wie eine Art Fotoalbum, was du durchblätterst und dich an Zeiten erinnerst, Moment. Wer du warst oder wer du gerne sein wolltest. Viele Tätowierungen kann man auch als „Warnungen“ sehen oder man verbindet sie mit Dinge, die man durchgestanden hat. Deswegen passt das Wort Bedeutung nit so, ich finde eher Lebensabschnitt.
Was war der verrücksteste Plan, den Du jemals ausgeheckt hast?
Ich hatte so viele bescheuerte, verrückte Pläne, die keine Hand und Fuß hatten, die auch, Gott sei Dank, nie durchgesetzt wurden. Grade im jüngeren Jahren. Ich wollte direkt aus Deutschland auswandern, komplett, auf Nimmerwiedersehen, radikal den Jobs kündigen, ohne Erspartes nem Typen sonst wohin folgen. Man macht halt sau dumme Sachen mit Anfang 20. Man lernt dann nach ner Zeit, nicht immer so extreme Entscheidungen zu treffen. Erst mal auszuprobieren, hin fahren, reinschnuppern, anstatt immer gleich ´Nägel mit Köpfen´ zu machen. Nicht immer so straight. Erst mal kucken, will ich das überhaupt? Und nicht direkt alle Zelte abbrechen. Lieber jung seine Fehler und seine Erfahrungen machen und dann später aus dem Weisheitstopf schöpfen.
Alle F Nf Jahre Guckst Du Zur Ck
UND DENKST DIR: „BOAH WAR ICH EIN ARSCHLOCH!“
Wo liegen Deine Schwächen, was sind Deine Laster? Welcher Versuchung kannst Du nicht widerstehen?
Ich bin sehr ungeduldig. Ich will Sachen jetzt und gleich und sofort. Ich will das jetzt wissen. Ich will das jetzt haben... Was war das andere noch mal?
Versuchung! Fällt es Dir schwer, dich an deinen Ernährungsplan zu halten?
Ach, bei meinen Unverträglichkeiten bin ich straight. Da gibt es auch keine Ausnahmen. Ist natürlich eine Versuchung, wenn du jetzt mit einem Käsebrötchen hier sitzen würdest, da hätte ich natürlich Lust drauf. Aber da ich die Konsequenz kenne, ist „Versuchung“ auch wieder relativ.
Und sonst so, lieber schnell und lässig oder langsam und sorgfältig?
Kommt darauf an, um was es geht. Im Büro will ich einfach Volumen wegarbeiten. Bin zwar sorgfältig, könnte aber noch sorgfältiger sein. Wenn ich keinen Bock habe, merke ich, dass ich beim Sport zB, die Übungen nicht anständig ausgeführe, weil ich dann schnell nach Hause will. Das ist so Mist, den muss ich mir noch abgewöhnen. Man sollte Dinge ja auch nicht zu langsam und sorgfältig machen, aber man sollte halt eine gute gesunde Mischung finden. Und wenn man die Zeit hat, sollte man sich die Zeit auch nehmen, denke ich. Und wenn man die Zeit nicht hat, dann muss man halt improvisieren.
Ich frage jetzt nicht nach Fakten, aber gibt es Dinge die Du aus Deiner Biographie streichen würdest? Was mir momentan so einfällt, würde ich alles reinschreiben. Wenn ich schon sowas schreib, dann will ich mich nicht toll und interessant darstellen. Dann gibbet alles. Den ganzen Dreck und alle Spinnereien und alle Fehler, denn das macht es autenthisch. Besonders wenn man auch daraus gelernt hat und jetzt an einem Punkt ist, wo man zurückdenken kann: „Oh mein Gott“. Jemand hat mal gesagt „Alle fünf Jahre guckst du zurück und denkst dir: „Boah war ich ein Arschloch“!“ Immer im fünf Jahres Rhythmus.
Hast Du noch Freunde, die diese Rythmus überstanden haben?
Also eine Person, die jetzt auch hier in Hamburg wohnt, die kenne ich seit der zweiten Klasse. Wir haben zusammen die Grundschule, Realschule und Ausbildung gemacht, sind auch mal getrennte Wege gegangen, haben uns dann aber wieder zusammengefunden. Uns verbindet einfach auch so viel, weil wir auch eine ähnliche Kindheit hatten und ich kann mir ganz schwer vorstellen, dass sie jemals aus meinem Leben komplett weg ist. Es gibt natürlich Sachen, die mich an ihr stören, es gibt Sachen, die sie an mir stören, aber das ist einfach natürlich. Wir kennen uns seit wir 6 sind. Du hast halt natürlich mal wen in Facebook, da schreibst du mal einem Kollegen aus der alten Zeit oder so, aber alles mega oberflächlich. Wirklich Freunde, also aus meinem Dörfchen, wo ich aufgewachsen bin, nur sie und meine Schwester natürlich. Aber reicht mir auch. Mit dem Rest will ich auch nichts zu tun haben. Bin ganz froh da weit weg zu sein und mein Ding zu machen.