DIE WEBER Gerhart Hauptmann
DIE WEBER Gerhart Hauptmann
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DIE WEBER Gerhart Hauptmann
Dreißiger, Fabrikant Thomas Sarbacher Frau Dreißiger / Mutter Baumert / Christiane Roßbach Frau Hilse Moritz Jäger Peer Oscar Musinowski Pfeifer Giovanni Funiati Emilie Anne-Marie Lux Der alte Ansorge / Michael Stiller Polizeiverwalter / Welzel / Hornig Ein Reisender / Pastor Kittelhaus Sven Prietz Gottlieb, genannt der rote Bäcker Jannik Mühlenweg Der alte Baumert / Kutsche / Reinhard Mahlberg Johann / Der alte Hilse Frau Heinrich Jelena Kunz Mielchen Helene Schwarz / Laura Steinmayer Die Weber (Chor) Martin Bäßler, Wilhelm Bäuml, Harry Bednarz, Agnieszka Bonomi, Ruben Dietze, Dorothea Förster, Andreas Fett, Achim Geissinger, Annabel Hertweck, Peter Hoffmann, Natascha-Carmen Klein, Claus Krafczyk, Daniela Krol-Zenkowitz, Annette Kuppler, Thomas Leitz, Edmund Ortwein, Annika Ott, Stefan Reis, Dagmar Schneider, Selina Stuhler, Eugen Völlm, Klaus Weinmann, Detlev Wolf
Inszenierung Bühne Kostüme Musik Licht Dramaturgie
Georg Schmiedleitner Volker Hintermeier Su Bühler Sebastian Weisner Felix Dreyer Gwendolyne Melchinger
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Chorleitung Claudia Sendlinger
Regieassistenz Bühnenbildassistenz Kostümbildassistenz Soufflage Inspizienz Kostümbildhospitanz
Magdalena Schönfeld Hanna Bowe Maïté Forster Frank Laske Thomas Hoffmann Monja Münzer
Wir bedanken uns bei Wilhelm Bäuml für die Einstudierung des Weberliedes Technische Direktion Schauspiel Guido Schneitz | Bühnenoberinspektor Manuel Willi | Technische Einrichtung Thorsten Schäfer | Leitung Beleuchtung Felix Dreyer | Beleuchtung Thomas Pfisterer | Leitung Ton & Video Frank Bürger | Leitender Ton techniker Jonathan Eichhorn | Ton Raimund Förnzler, Sebastian Thein | Leitung Requisite Philipp Unger | Requisite Anne Klöppel, Erol Papic | Leitung Maschinerie Mustafa Agacdograyan | Direktion Dekorationswerkstätten Bernhard Leykauf | Konstruktion Andreas Guhl | Technische Produktionsplanung Kathrin Leßner | Leitung Malsaal Lisa Fuß | Leitung Bildhauerei Maik Glemser | Leitung Deko rationsabteilung Dirk Herle | Leitung Nähsaal Heidi Lange | Leitung Schreinerei Oliver Bundschuh | Leitung Schlosserei Patrick Knopke | Maskendirektion Jörg Müller | Leitung Maske Nena Frei | Maske Susanna Lang, Sarah Lechner, Alissa Lo-Bue (Auszubildende) | Kostümdirektion Elke Wolter | Produktionsleitung Kostüme Kerstin Hägele | Gewandmeister*Innen Mareile Eder, Vivien Schlickel (Damen), Anna Volk, Aaron Schilling (Herren) | Leitung Färberei Martina Lutz, Milenko Mociljanin | Leitung Modisterei Eike Schnatmann | Leitung Rüstmeisterei Achim Bitzer | Leitung Schuhmacherei Verena Bähr, Alfred Budenz | Kunstgewerbe Nicola Baumann, Daniel Strobel | Leitung Statisterie Isabelle Grupp
Die Maskenabteilung der Staatstheater Stuttgart wird unterstützt durch MAC Cosmetics
Schauspielhaus
Aufführungsdauer 1:30 Stunden, keine Pause Premiere 12. Januar 2019
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DIE BEDROHTE EXISTENZ „Denn der Mensch ist dem Menschen ein Wolf – kein Mensch“, schreibt der englische Philosoph Thomas Hobbes. Und seit jeher scheint die Ungleichheit zu den Existenzbedingungen der Menschen zu gehören. Sie verfolgt sie und haftet an ihnen wie ihr Schatten. Ohne Eingreifen und Mitleid steigert sich Ungleichheit zum Äußersten und endet in Despotie oder Revolution – in offener Gewalt. In Hauptmanns Drama von 1892 – wie in der historischen Realität 1844 – geht es nur „vordergründig“ um Lohnprozente oder um Lohndrückerei. Der Kampf, um den es geht, ist größer: der Kampf, um den es geht, ist der Kampf um das eigene Leben, der in der Revolte seinen Höhepunkt finden wird. Es ist das bedrohte Existenz- und Lebensrecht, das es zu verteidigen gilt und das doch eigentlich die Arbeit sichern müsste. Was bekanntlich nicht der Fall ist. In den Webern haben die Menschen zwar Arbeit. Doch die Arbeit macht sie kaputt. Sie leiden unter unmenschlichen Bedingungen, Missständen und Ausbeutung. Von den Billiglöhnen, mit denen sie nicht einmal „abgespeist“ werden, können sie nicht leben, geschweige denn ihre Familie ernähren. Ihre Versuche, auf die Not, in der sie stecken, aufmerksam zu machen, werden überhört, sie wollen nicht gehört werden. Stattdessen erfahren sie, dass noch mehr Arbeiter eingestellt werden. Von der Arbeit als einem Lebensnarrativ oder einer Sinnhaftigkeit sind sie weit entfernt. Ihnen geht es um ein Grundrecht, um ihre Existenz. Das Muster bleibt immer und überall auf der Welt dasselbe. Einigen wenigen geht es sehr oder zu gut, viele kommen voran, und noch viel mehr Menschen bleiben in Armut, Krankheit und Not zurück. Ökonomische Entwicklung schafft den Raum für Ungleichheit ebenso wie für die politische Möglichkeit zur Verteilung des Überschusses in unterschiedlicher Weise.
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In seinen Überlegungen zum „flexiblen Menschen“ stellt der amerikanische Soziologe Richard Sennett die These auf, dass die heutige Arbeitswelt und unser Wirtschaftssystem uns Menschen kaputt machen und dass der Druck auf den einzelnen Menschen damit immer weiter steigen würde. Den Text hat er vor zwanzig Jahren publiziert. Ob sich seither etwas geändert habe, wurde er unlängst dazu befragt. Im Gegenteil, meinte er: Heute sei die Situation noch schlimmer. Heute stehe man an der Schwelle einer Entwicklung, in der Maschinen über Menschen herrschen könnten. In der Politik fehle der Diskurs über die Auswirkung der Automatisierung auf unser Arbeitsleben. Und man müsse sich in Zukunft mit dem Gedanken auseinandersetzen, dass Menschen überflüssig werden, dass über die reine Funktionserfüllung der Mensch und menschliche Beziehungen nichts mehr gelten. „Es gibt in der Arbeitswelt nur sehr wenig Wertschätzung für das Geleistete. Es geht heute nur noch darum, einen Job möglichst gut und billig zu erledigen. In diesem Arbeitskontext stehen wir heute. Es ist durchaus so gewollt, dass Arbeit weniger und kürzer wird und es im Gegenzug mehr und mehr Unsicherheit gibt. Es ist das Resultat davon, Arbeit auf eine bestimmte Art zu organisieren und zu finanzieren.“ Als Arbeitsforscher interessiere er sich dafür, wie man Technologie so einsetzen könne, dass Menschen gedeihen und nicht herabgewürdigt würden.
Als der Webersohn Moritz Jäger nach seiner Armeezeit wieder nach Hause kommt, muss er feststellen, dass sich nichts geändert hat, mehr noch, dass sich die Zustände der Arbeiter verschlechtert haben. Er hingegen, der frühere Nichtsnutz, hat sich beim Militär bewährt, hat sich Respekt und Ansehen verschafft, ist ein Anderer geworden. Zu Hause wird er wie ein Held gefeiert. Alle Hoffnung setzen die Weber nun in ihn. Moritz Jäger ist ihr Anführer und der Kampf gegen die Fabrikanten kann beginnen. Die Oberen müssen gestürzt werden. Im letzten Akt berichtet das Stück unter anderem von der Wandlung einer Arbeitermutter zur Revolutionärin. Die Nicht-Gehörte verschafft sich nun Gehör und das Recht, zumindest in Zukunft anders leben zu können. Ihre Hoffnung stirbt zuletzt. Gwendolyne Melchinger
Reichtum produziert Macht. Wenn der Großfabrikant Dreißiger über seine Arbeiter sinniert und in den von Entbehrung und Ausbeutung gezeichneten Gesichtern und Körpern seiner Angestellten Schönheit und Würde entdeckt, liegt dem nicht nur eine zynische und pervertierte Haltung gegenüber anderen Menschen zugrunde, sondern auch eine Weltfremdheit und Realitätsverschiebung. Im ersten Akt bricht ein Kind vor Unterernährung zusammen. Auf die Idee, dass er als Arbeitgeber dafür verantwortlich sein könnte, kommt er nicht. Schuld tragen die Eltern, die ihr Kind arbeiten lassen. Zu gut hat er sich mit seiner Familie in der Wohlstandsblase und dem Reichtum eingerichtet. Zu sicher ist er sich seiner Macht, zu selbstverständlich geworden seine Autorität. Die heile Welt bekommt erst Risse, als sein Grund und Boden, sein Eigentum, seine Villa angegriffen werden.
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Das komplette Programmheft zu „DIE WEBER“ können Sie beim Besucherservice oder in unserem Theatershop zum Preis von 2,50 € erwerben. 12