Programmheft (Auszug) "IWANOW"

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IWANOW nach Anton Tschechow

in einer neuen Bearbeitung von Robert Icke


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IWANOW nach Anton Tschechow in einer neuen Bearbeitung von Robert Icke Deutsch von John Birke


IWANOW nach Anton Tschechow in einer neuen Bearbeitung von Robert Icke Deutsch von John Birke

Mit Nikolas Benjamin Grüter Anna Paula Skorupa Matthias Klaus Rodewald Peter Michael Stiller Sinaida Marietta Meguid Sascha Nina Siewert eugen Felix Strobel Marta Christiane Roßbach Michael Peer Oscar Musinowski Statisterie

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Martin Bäßler, Thomas Braun, Barbara Carl-Mast, Peter Ehrhardt, Heinz Fischer, Andrea Grugel, Birte Kessler, Arife Kowal, Daniela Krol, Thomas Leitz, Wolf Liebermann, Stefan Reis, Wolfgang Ripper, Dagmar Schneider, Martin Uhlirz, Julia Vetter, Anette Wanner, Erik Wunderlich, Sabine Wurster


Inszenierung Bühne Kostüme Licht Video Sound Design Dramaturgie

Robert Icke Hildegard Bechtler Wojciech Dziedzic Natasha Chivers Tim Reid Joe Dines Ingoh Brux

Regieassistenz Annalisa Engheben, Joshua Higgott Bühnenbildassistenz Helen Stichlmeir Kostümassistenz Natalie Nazemi Dramaturgieassistenz und Christina Schlögl Dolmetscherin Soufflage Mirjam Dienst Inspizienz Thomas Hoffmann Bühnenbildhospitanz Kostümhospitanz

Annika Ehrmann, Paula Overath Jasmin Holten, Paula Vogel

Schauspielhaus Aufführungsrechte Rowohlt Theater Verlag, Hamburg Aufführungsdauer 2:10 Stunden, keine Pause Premiere 17. November 2019

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Technische Direktion Schauspiel Guido Schneitz | Bühnenoberinspektor Manuel Willi | Technische Einrichtung Thorsten Schäfer | Leitung Beleuchtung Felix Dreyer | Beleuchtung Thomas Pfisterer | Leitung Ton & Video Frank Bürger | Leitender Tontechniker Phillipp Reineboth | Ton Raimund Förnzler | Leitender Videotechniker Merten

Lindorf | Video Jochen Gehrung | Leitung Requisite Philipp Unger | Requisite Jörg Schellenberg, My-Driss Alaoui Masbahi | Leitung Maschinerie Mustafa Agacdograyan | Direktion Dekorationswerkstätten Bernhard Leykauf | Konstruktion Andreas Guhl | Technische Produktionsplanung Claudia Cramer-Zimmermann | Leitung Malsaal Lisa Fuß | Leitung Bildhauerei Maik Glemser | Leitung Dekorationsabteilung Dirk Herle | Leitung Nähsaal Heidi Lange | Leitung Schreinerei Peter Reisser | Leitung Schlosserei Patrick Knopke | Maskendirektion Jörg Müller | Leitung Maske Nena Frei | Maske Hanna Maile, Gabi Nessel, Tony Schmoll, Andrea Wagner, Susanne Ziegler | Kostümdirektion Elke Wolter | Produktionsleitung Kerstin Hägele | Gewandmeister*innen Mareile Eder, Vivien Schlickel (Damen), Anna Volk, Aaron Schilling (Herren) | Leitung Färberei Martina Lutz, Milenko Mociljanin | Leitung Modisterei Eike Schnatmann | Leitung Rüstmeisterei Achim Bitzer | Leitung Schuhmacherei Verena Bähr, Alfred Budenz | Kunstgewerbe Nicola Baumann, Daniel Strobel | Statisterie Isabelle Grupp, Nadine Holländer Die Maskenabteilung der Staatstheater Stuttgart wird unterstützt durch Dr. Hauschka und MAC Cosmetics.

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WOHIN MIT MIR? von Anton Tschechow Seine Vergangenheit (Iwanows) ist wunderschön, wie die der meisten russischen Intellektuellen. Es gibt keinen oder fast keinen wohlgeborenen russischen Herrn oder Akademiker, der sich nicht seiner Vergangenheit rühmte. Die Gegenwart ist immer schlechter als die Vergangenheit. Warum? Weil die russische Erregbarkeit eine spezifische Eigenschaft besitzt: sie wird rasch abgelöst durch Ermüdbarkeit. Voll Feuer, kaum der Schulbank entwachsen, nimmt der Mensch eine Last auf sich, die seine Kräfte übersteigt, nimmt sich der Schulen an, der Bauern, der rationalen Wirtschaft, hält Reden, schreibt an den Minister, kämpft gegen das Übel, applaudiert dem Guten, liebt nicht etwa einfach und irgendwie, sondern unbedingt entweder Blaustrümpfe oder Psychopathinnen oder Jüdinnen oder sogar Prostituierte, die er rettet usw. usw. Aber kaum ist er 30 – 35 Jahre alt, beginnt er Müdigkeit und Langeweile zu verspüren. Er hat noch nicht mal einen anständigen Schnurrbart, aber schon sagt er autoritativ: „Heiraten Sie nicht, mein Lieber … glauben Sie meiner Erfahrung.“ Oder: „Was ist im Grunde der Liberalismus? Unter uns gesagt, Katkov hatte sehr oft recht.“ Und schon ist er bereit, Zemstvo und rationale Wirtschaft und Wissenschaft und Liebe zu verleugnen. Mein Iwanow sagt zu dem Arzt (I. Akt, 5. Szene): „Sie, lieber Freund, haben erst voriges Jahr Ihr Studium beendet, Sie sind noch jung und guten Muts, ich bin fünfunddreißig. Ich habe das Recht, Ihnen Ratschläge zu erteilen …“ Das ist der Ton dieser vor der Zeit Müdegewordenen. Weiter, unter Seufzern, rät er dem Arzt: „Heiraten Sie nicht so und nicht so, sondern wählen Sie sich etwas Alltägliches, Graues, ohne grelle Farben, ohne überflüssige Töne … Je grauer und eintöniger die Grundfarbe, desto besser … Das Leben, das ich geführt habe, – wie ist es ermüdend! … ach, wie ermüdend!“ Er spürt die physische Ermüdung und Langeweile, versteht aber nicht, was mit ihm vorgeht und was geschehen ist. In solch eine Situation gera-

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ten, schieben beschränkte und gewissenlose Leute die ganze Schuld gewöhnlich auf die Umgebung oder schreiben sich den Status der überflüssigen Menschen und Hamlets zu und geben sich damit zufrieden. Iwanow aber, als gerader Mensch, erklärt dem Arzt und dem Publikum offen, daß er sich nicht verstehen kann: „Ich verstehe es nicht, ich verstehe es nicht …“ Die Veränderung, die in ihm vorgegangen ist, kränkt seinen Anstand. Er sucht die Ursachen außerhalb und findet sie nicht; er beginnt, sie in seinem Innern zu suchen und findet einzig und allein ein unbestimmtes Schuldgefühl. Das ist ein russisches Gefühl. Der Russe fühlt – ob jemand in seinem Haus gestorben ist, krankgeworden ist, ob er bei jemandem Schulden hat oder sich selbst etwas borgt – immer sich selbst schuldig. Die ganze Zeit spricht Iwanow von seiner unbestimmten Schuld, und das Schuldgefühl in ihm wächst von Mal zu Mal. Im I. Akt sagt er: „Wahrscheinlich trage ich eine furchtbare Schuld, aber meine Gedanken sind ganz durcheinander, meine Seele ist in Trägheit erstarrt, und ich habe nicht die Kraft, mich zu verstehen …“ Im III. Akt sagt er zu Sascha: „Tag und Nacht plagt mich das Gewissen, ich fühle mich zutiefst schuldig, aber worin meine Schuld besteht, kann ich nicht begreifen …“ Zu der Ermüdung, der Langeweile und dem Schuldgefühl fügen Sie noch einen Feind hinzu. Das ist die Einsamkeit. Wäre Iwanow Beamter, Schauspieler, Pope, Professor, dann hätte er sich an seine Situation gewöhnt. Aber er lebt auf einem Gutshof. In einem Landkreis. Die Leute dort sind entweder Trinker, oder Kartenspieler, oder solche wie der Arzt … Keiner will etwas wissen von seinen Gefühlen oder den Veränderungen in ihm. Er ist einsam. Die langen Winter, die langen Abende, ein leerer Garten, leere Zimmer, der nörgelnde Graf, die kranke Frau … Er kann nirgendwohin fahren. Darum quält ihn jeden Augenblick die Frage: wohin mit mir?

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Das komplette Programmheft zu „Iwanow“ können Sie beim Besucher­­service zum Preis von 2,50 € erwerben.

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