Templiner Heimatkalender 2024

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Templiner

Heimatkalender

2024

Hrsg. Templiner Heimatklub


Redaktionskollegium Frau Bärbel Makowitz Herr Bernhard Herzog Herr Eitel Knitter Herr Wolff-Hasso Seybold

Sämtliche Beiträge dieses Kalenders wurden honorarfrei zur Verfügung gestellt. Wir danken den Autoren für ihre Unterstützung. Die in den Texten geäußerten Ansichten müssen nicht unbedingt mit denen der Redaktion oder des Verlages übereinstimmen.

Bestellungen über den Buchhandel Stadtinformation Templin oder direkt beim Verlag © 2023 by Schibri-Verlag, Milow 59, 17337 Milow / Uckerland Titelfoto: Wolff-Hasso Seybold Satz & Layout: Nicole Helms Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlags. Alle Rechte vorbehalten Printed in Germany ISBN 978-3-86863-271-2


Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis Eitel Knitter Bärbel Makowitz Eitel Knitter Annemarie Giegler Dr. Wilhelm Gerhardt Annemarie Giegler Uwe Werner Annemarie Giegler Harald Löschke Gisela Kinzel Gerda Pohl Bernhard Herzog Gisela Kinzel Bärbel Makowitz Klaus Feske Uwe Werner Gerda Pohl Margit Dura Gisela Kinzel Annemarie Giegler Gerda Pohl Bärbel Makowitz/ Sebastian Tattenberg Uwe Werner Gisela Kinzel Joachim Hantke Martin Kunze Gerda Pohl Uwe Werner Wolfgang Rohrbeck Dr. Rudhard Meixner Sigrid Finck/Johann Falk

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Kalender/Vor 100 Jahren gelesen/Wetterregeln Rückblick auf das Jahr 2022 Ausweichziel Templin - 06. März 1944 Historische und neuzeitliche Bevölkerungswanderung im Kreis Templin De Hoasenjagd Erinnerungen an ein Leben mit Schwalben Der verliebte Wurm Sparkasse lädt Kunden zu Streifzug durch die Geschichte ein Jeit up Wihnachten to Wie ich „auf den Hund“ kam Abschied Scherenschnitt Ereignisse von 1931 bis 1947 in Berlin, Fergitz, Kreuzbruch und Flieth mit Flucht sowie Umzug nach Herkensen Begegnung In eigener Sache Vom Vereinsleben im Boitzenburger Land bis zum 2. Weltkrieg Es schnattert und flattert auf Seen und Teichen Scherenschnitt Bahnhofstr. 18 – Templin Sichtweisen Öwer unse Stadtmuer Scherenschnitt

7 19 23

Der Bürgergarten – 1830 - 1970 - 2020 Überlebenschance für lebende Fossilien Freunde Schildbuckel im Grossen Lychensee Mit 205 PS gegen historische Mauern Der bisher letzte Sturm auf das Mühlentor Scherenschnitt Weltkriegsbombe im Templiner Stadion erfolgreich gesprengt Acht mutige Gerswalder Familienväter Schmalblättrige Ölweide blüht in Templin Neue Perspektiven für den Kanusport in Templin

67 73 76 77

29 33 34 37 38 40 41 46 46 47 58 59 60 62 63 64 65 66 66

82 85 86 88 92 94


6 Uwe Werner Wolff-Hasso Seybold Wolfgang Reith Gisela Kinzel Werner Foth Gisela Kinzel

Templiner Heimatkalender 2024

Roboter auf dem Rübenacker – Erprobung von künstlicher Intelligenz auf einer Versuchsfläche in der Uckermark Klimawandel und Heimzug der Zugvögel im Altkreis Templin Wüste Kirchen in der Uckermark Gedicht Zur Geschichte des sowjetischen Ehrenfriedhofs in Templin Ich will

97 99 105 117 118 121


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Kalendarium 2024

Januar M ontag Dienstag M ittwoch D onnerstag F reitag S onnabend S onntag

Vor 100 Jahren gelesen: 1

2

8 15 22 29

9 16 23 30

3 10 17 24 31

4 11 18 25

5 12 19 26

6 13 20 27

7 14 21 28

Wetterregeln: Januar (Hartung) Wenn frostig der Oktober war, so folgt ein linder Januar, An Fabian und Sebastian (20), fängt der rechte Winter an. Der Fabian im Nebelhut, tut dem Obst nicht gut.

03.01. Umwandlung der Templiner Töpferinnung in eine Zwangsinnung. 04.01. Im Standesamt 1922 – 153 Geburten, 80 Eheschließungen gemeldet. 09.01. Für Errichtung von Notwohnungen stehen 200.000 Mark zur Verfügung. 11.11. Leihsärge: Die Kosten für Holzsärge nur für Begüterte noch möglich. 12.01. Das Ruhrgebiet befindet sich in Feindeshand. 19.01. Mehl und Brotverteuerung – 197.000 Mark pro Tonne Roggen. 21.01. Verbot für Tanz und andere Lustbarkeiten ab 10 Uhr abends. 23.01. Aufnahme von Mädchen in Realschulen bedarf Genehmigung des Ministers. 24.09. Ankauf von einem 20 Gold Markstücke für 70.000 Mark. 26.01. Einkauf und Genossenschaft ins Genossenschaftsregister eingetragen 30.01. Kohlepreiserhöhung sind Folge des französischen Einmarsches.

Fensterfront in Feldsteinbau-Leibung in Backstein, Foto: E. Knitter


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Februar M ontag 5 12 19 26 Dienstag 6 13 20 27 M ittwoch 7 14 21 28 D onnerstag 1 8 15 22 29 F reitag 2 9 16 23 S onnabend 3 10 17 24 S onntag 4 11 18 25

Wetterregeln: Februar (Hornung) Je nasser ist der Februar, je nasser wird das ganze Jahr. An Lichtmess (2) Sonnenschein, wird es ein spätes Frühjahr sein. Tritt Mattias stürmisch ein, wird bis Ostern Winter sein.

Stalltürleibung in Backstein, Foto: E. Knitter

Templiner Heimatkalender 2024

Vor 100 Jahren gelesen: 02.02. Wollt ihr Kohle haben dann zeichnet das Deutsche Volksopfer. 03.02. Erzeugerpreise für Kartoffel betragen pro Zentner 1200-1300 Mark.

06.02. Dem Elisabethverein wurden für Kohle 100.000 Mark bewilligt.

07.02. Januar vor 50 Jahren noch milder – Felder und Wiesen im üppigen Grün. 10.02. Neues Gesetz über die Beschäftigung von Schwerbeschädigten.

13.02. 112 Millionen für den Erweiterungsbau unserer Realschule genehmigt. 16.02. Stadtforst: Eichenverkauf für den Festmeter 1.560.000 Mark.

20.02. Erhöhung der Vorauszahlungen für Gerichtskosten.

23.02. Bisher 100 Milliarden Goldmark Gesamtleistungen an Alliierte gezahlt.

27.02. Reichstag nahm das Notgesetz in zweiter und dritter Lesung an.

28.02. Versuche der Preissenkung für Fleisch und Brot – 1800 Mark für ein Brot.


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Kalendarium 2024

März 4 11 18 25 M ontag 5 12 19 26 Dienstag 6 13 20 27 M ittwoch 7 14 21 28 D onnerstag 1 8 15 22 29 F reitag 2 9 16 23 30 S onnabend 3 10 17 24 31 S onntag

Wetterregeln: März (Lenzing) Gewitter im Märzen geht den Bauern zu Herzen. An Gregor (12) muss der Bauer mit der Saat ins Feld. Ein grüner März bringt selten etwas Gutes.

Stallfenster, Foto: Eitel Knitter

Vor 100 Jahren gelesen: 01.03. Fibeln und Lesebücher für bedürftige Kinder zu stark ermäßigten Preisen.

02.03. Schulaufsicht: Unterrichtsbeginn ab Mai um 7.30 Uhr.

07.03. Die Gemeindevorsteher werden ersucht die Brotmarken abholen zu lassen. 09.03. Der Brotpreis einstweilen stabil, der Zuckerpreis verdoppelt.

11.03. Die Teuerungssätze der Hebammen auf 750% erhöht. 16.03. Ab 1. Mai soll für das Töpferhandwerk eine Zwangsinnung errichtet werden.

17.03. Beihilfen für Pflasterungen und Chausseesierungen nicht mehr unterstützt. 18.03. Röddelin: Maschinengenossenschaft ins Genossenschaftsregister eingetragen. 20.03. Durch Gesetz wird bestimmt, dass am 30.11. Gemeindewahlen zu erfolgen haben. 24.03. Die hiesige Ruhrspende erbrachte eine Summe von 14.351 Mark.


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Templiner Heimatkalender 2024

April M ontag Dienstag M ittwoch D onnerstag F reitag S onnabend S onntag

Vor 100 Jahren gelesen: 1

2

8 15 22 29

9 16 23 30

3 10 17 24

4 11 18 25

5 12 19 26

6 13 20 27

7 14 21 28

Wetterregeln: April (Ostermond) Wenn es an Kartag regnet, Ist das ganze Jahr gesegnet. Gewitter an Georgitag (23), so folgt noch Kälte nach. Hört man Donner im April, Gutes er verkünden will.

Stalltür, Foto: Eitel Knitter

01.04. Die Kirche teilt mit: 1922 starben 87 Personen, getauft wurden 136 Kinder. 01.04. In diesem Jahr fällt der Ostertag auf den 1.April. 07.04. Einführung der Stellmacher und Wagenbauer in eine Zwangsinnung.

10.04. Frau Komburg hält in der Baptistenkirche einen Vortrag für Jungfrauen. 11.04. Mit dem Erweiterungsbau an der Realschule ist begonnen worden. 14.04. Die Gemeindevorsteher werden gebeten die Erstimpflinge zu melden.

15.04. Flieht: Am 7. d. Monats wurde in unserer Gemeinde eine Feuerwehr gegründet. 20.04. Wegen Kohlemangel mußte in Schulen der Unterricht ausgesetzt werden.

22.04. Die Schuld der Realschule wird auf jährlich 20.000 Mark festgesetzt. 28.08. Die Kartoffelpreise je Zentner auf 2100 Mark festgesetzt. 29.04. Der Führertag des Kreisfeuerwehrverbandes findet am 1. Mai statt.


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Kalendarium 2024

Mai

6 13 20 27 M ontag 7 14 21 28 D ienstag 1 8 15 22 29 M ittwoch 2 9 16 23 30 D onnerstag 3 10 17 24 31 F reitag 4 11 18 25 S onnabend 5 12 19 26 Sonntag

Wetterregeln: Mai (Maimond) Erst Mitte Mai ist der Winter vorbei. Regnets am Jacobitag, (3) ein fruchtbar Jahr folgen mag. Kein Reif mehr nach Servatius (13) kein Schnee mehr nach Bonifatius (14).

Hausgiebel in Feldstein, Foto: Eitel Knitter

Vor 100 Jahren gelesen: 05.05. Laut Reichsnotgesetz können Einschränkungen bei Feiern erlassen werden.

06.05. Eigentümer und Pächter sind verpflichtet Ackerdistel zu vernichten. 08.05. Ein heftiges Frühlingsgewitter ging über unserer Stadt nieder.

13.05. Erhöhung der Polizeistrafen von bis zu 30.000 Mark vorgesehen. 15.05. Die Bildung unserer freiwilligen Sanitätskolonne nimmt Gestalt an.

16.05. Die Fischdiebstähle nehmen zurzeit wieder überhand.

18.05. Die Kartoffelpreise liegen derzeit auf bis zu 3700 Mark pro Zentner. 23.05. Der Weg von Weggun nach Boisterfelde vom 23.-27. gesperrt. 25.05. Ab 4. Juni ist mit der Verdoppelung der Brotpreise zu rechnen.

26.05. Die hiesige Schützengilde hält am Sonntag ihr Königsschießen ab. 30.05. Die Tariferhöhung der Post um 100% soll am 15. Juni in Kraft treten.


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Templiner Heimatkalender 2024

Juni M ontag D ienstag M ittwoch D onnerstag F reitag 1 S onnabend 2 Sonntag

Vor 100 Jahren gelesen: 3 10 17 24

4 11 18 25 5 12 19 26

6 13 20 27

7 14 21 28

8 15 22 29

9 16 23 30

Wetterregeln: Juni (Brachet) Der Johanni (24) tut dem Winter, noch oft eine Tür auf. Im Juni viel Donner, verkündet trüben Sommer. Um Maria Regen, dann soll es noch 4 Wochen danach regnen.

Stallfrontleibung in Backstein, Foto: Eitel Knitter

01.06. Kartoffelpreise ab 30.Mai bis zu 4800 Mark pro Zentner.

02.06. An das Aufkommen einer Vergnügungssteuer wird erinnert.

03.06. Die Kreissparkasse schloß mit einem Vermögen von 1,5 Milliarden ab. 07.05. Die Havelbrücke Zehdenick wegen Erneuerungsarbeiten für 3 Monate gesperrt.

09.06. Am Sonntag erfolgt der feierliche Weiheakt unseres Stadions. 10.06. Ein ausgewachsenes Exemplar einer Sumpfschildkröte im Ratsteich gefangen. 15.06. Unzählige Vogelnester werden unnütz durch den Johannischnitt zerstört.

19.06. Für den Ankauf für ein 20 Goldmarkstück werden 350.000 Mark gezahlt. 23.06. Die vorläufige Festsetzung der Mehl- u. Brotpreise erfolgte am 20 Juni. 26.06. Eine schlechte Rebhuhnjagd ist nach Jägerkreisen in diesem Jahr zu erwarten. 29.06. Die Verlängerung des Mieterschutzes bis zum 30. September beschlossen.


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Kalendarium 2024

Juli

M ontag D ienstag M ittwoch D onnerstag F reitag S onnabend S onntag

Vor 100 Jahren gelesen: 1

2

8 15 22 29

9 16 23 30

3 10 17 24 31

4 11 18 25

5 12 19 26

6 13 20 27

7 14 21 28

Wetterregeln: Juli (Heuert) Im Juli will der Bauer schwitzen anstatt hinterm Ofen sitzen. Der Tag vor Jakobi (25) Regen bringt keinen Erntesegen. Wettert der Juli mit Zorn dann bringt er doch viel Korn.

Stallfenster, Foto: Eitel Knitter

05.07. Der Verkehr mit Edelmetallen und Edelsteinen bedarf einer besonderen Erlaubnis. 06.07. Der Brotpreis für ein 1800 gr Brot wird auf 3250 Mark festgesetzt.

10.07. Die Landschaftskammer hat ländliche Frauenvereine anerkannt. 12.07. Der Beginn der Jagd auf Birk, Hasel und Fasanen auf den 29.9. festgesetzt.

15.07. Durch die unerträgliche Hitze war die Sitzung der Stadtverordneten eine Qual. 20.07. Die Eisenbahnpreise sind auf das 3-4-fache erhöht worden.

21.07. Die Gründung des Stahlhelm-Bund der Frontsoldaten erfolgte im Seebad. 24.07. Für ein 20 Mark-Goldstück zahlt die Reichbank 900.000 Mark.

26.07. Die ersten Ruhrkinder aus Bottrop zur Erholung hier eingetroffen.

27.07. Die Herrn Bäckermeister verlangen oft einen höheren Preis wie festgelegt. 30.07. Im ganzen Reich regt sich der Kampf der Zigarrenhändler gegen hohe Steuern.


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August M ontag 5 12 19 26 D ienstag 6 13 20 27 M ittwoch 7 14 21 28 D onnerstag 1 8 15 22 29 F reitag 2 9 16 23 30 S onnabend 3 10 17 24 31 S onntag 4 11 18 25

Wetterregeln: August (Ernting) Fängt der August mit Donner an, er es bis zum Ende nicht lassen kann. Im August ein Morgenregen, wird sich bis Mittag legen. In der ersten Augustwoche heiß, Dann bleibt der Winter lang weiß.

Neue Fenster im alten Gemäuer, Foto: Eitel Knitter

Templiner Heimatkalender 2024

Vor 100 Jahren gelesen: 03.08. Die Kosten für 1 Liter Vollmilch 4800 Mark das Pfund Butter 56.000 Mark. 07.08. Ab 2. August Kohlepreiserhöhung um 125143% festgesetzt. 08.08. Gründung eines Begräbnisvereins zur Verbilligung der Begräbniskosten. 11.08. Steigerung der Lebenshaltungskosten im Juli auf 109% gestiegen. 12.08. Ab 13. August kostet ein Markenbrot 14.000 Mark. 13.08. Die FFW von Templin: Der eigentliche Gründungstag ist der 1.11.1883. 17.08. Ab 20. August werden die Bahntarife um 900% erhöht. 20.08. Not bei der Templiner Zeitung der Bezugspreis liegt bei 11.800 Mark. 22.08. Dem Viehhändler Winkler und Fetting Erlaubniskarten für Vieh erteilt. 23.08. Am Montag wurde hier der Bestattungsverein gegründet. 27.08. Die Bahn plant Notgeldscheine im Wert bis zu einer Million herauszugeben.


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Kalendarium 2024

September M ontag D ienstag M ittwoch D onnerstag F reitag S onnabend Sonntag 1

2

9 16 23 30

3 10 17 24

4 11 18 25

5 12 19 26

6 13 20 27

7 14 21 28

8 15 22 29

Wetterregeln: September (Scheiding) Kühler September, kalter Oktober. Jagdherr Ägidius (11) trägt das Wetter des ganzen September in der Tasche. Im September viel Schlehn, im Winter viel Schnee.

Alte Toreinfahrt, Foto: Eitel Knitter

Vor 100 Jahren gelesen: 01.09. Der zweite Transport von 12 Ruhrkindern zur Erholung hier eingetroffen. 04.09. Das 1.Vereinssportfest des Sportclubs „Viktoria“ fand gestern im Stadion statt. 06.09. Japan: Tokio ist durch ein verheerendes Erdbeben in Schutt und Asche gelegt. 11.09. Die Arbeiten zum Bau des Finanzamtes in der Bismarckstraße haben begonnen. 14.09. Neue Postsätze der Post: Ein Fernbrief kostet 250.000 Mark. 16.09. Die Mehlpreise betragen für einen Doppelzentner Roggenmehl 1.380.000 Mark. 18.09. Der Dollar am 17.9. mittags mit 131.800000 Mark gehandelt. 21.09. Eine Razzia in Berliner Hotels führte zur Beschlagnahme von 700 Milliarden Mark. 25.09. Die Arzthonorare stiegen auf 10.000 Mark nach oben. 26.09. Flieht: Zwei Brände konnten von der neugegründeten Wehr bekämpft werden. 28.09. Über das gesamte Reich ist der Ausnahmezustand verhängt worden.


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Templiner Heimatkalender 2024

Oktober

Vor 100 Jahren gelesen:

Montag 7 14 21 28

Dienstag 1

Mittwoch 2

8 15 22 29

9 16 23 30

Donnerstag 3 10 17 24 31

Freitag 4 11 18 25

Sonnabend 5 12 19 26

Sonntag 6 13 20 27

Wetterregeln: Oktober (Gilbhart) Der Oktoberhimmel voller Sterne, hat schon warme Öfen gerne. Regen an Sankt Dionysius (9) regnet den ganzen Winter gewiss. Wenn es Sankt Severin (23) gefällt, bringt er mit die erste Kält.

Fenstermotiv, Foto: Eitel Knitter

01.10. Die Postgebühren für ein Päckchen betragen für ein Kilo 4 Millionen Mark.

02.10. Spenden für das Kriegerdenkmal gingen 60 Millionen Mark ein. 03.10. Sein vierzigjähriges Lehrerjubiläum beging hier Lehrer Theiß.

04.10. Errichtung des Ehrenmals des Kriegerdenkmals unmittelbar in Gefahr.

06.10. Die Geschäftspraktiken der Gas- u. Elektrizitätswerke sind gemeingefährlich. 12.10. Die Viehzählung in der Stadt ergab 892 Rindvieh, 2300 Schweine, 628 Ziegen.

22.10. Der große Dampfkessel im hiesigen Elektrizitätswerk abmontiert.

23.10. Bebersee: Jagdverpachtung von 300 Morgen für 31 Zentner Roggen. 25.10. Der zweite Lehrgang der Landwirtschaftlichen Schule beginnt.

27.10. Deutschland ist gesamt gesehen Zahlungsunfähig.


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Kalendarium 2024

November 4 11 18 25 M ontag 5 12 19 26 D ienstag 6 13 20 27 M ittwoch 7 14 21 28 D onnerstag 1 8 15 22 29 F reitag 2 9 16 23 30 S onnabend 3 10 17 24 Sonntag

Wetterregeln: November (Nebelung) Allerheiligen (2) klar und helle, sitzt der Winter schon auf der Schwelle. Wenn es an Allerheiligen schneit, dann lege deinen Pelz bereit. Wenn es im November blitzt und kracht, im nächsten Jahr der Bauer lacht.

Efeu am alten Gemäuer, Foto: Eitel Knitter

Vor 100 Jahren gelesen: 02.11. Es ist zu erwarten: Die Brotkarte kommt wieder.

04.11. Errichtung der Schmiedezwangsinnung ist erfolgt. 06.11. Kurs des Dollars am 5.11. amtlich auf 420 Milliarden Mark. 09.11. Neues Bahngeld: Gutscheine von 500.000 und 1 und 5 Millionen Notgeld.

11.11. Die Lebenshaltungskosten erhöhten sich auf 629,5 % des Vorjahres. 14.11. Stadtverordneten-Sitzung zum Bau eines zweiten Bürgerschulhauses. 16.11. Ankauf von Silber der Reichsbank zum 150 millionenfachen Neuwert.

20.11. Sportclub „Viktoria“ veranstaltete hier einen Langstreckenlauf.

24.11. Die Einnahmen der Holzverkäufe betragen nach Schätzungen 60.000 Goldmark. 27.11. Dem Polizeiassistenten Decker wurden seine Stiefel gestohlen.


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Dezember M ontag D ienstag M ittwoch D onnerstag F reitag S onnabend 1 Sonntag

2

9 16 23 30

3 10 17 24 31

4 11 18 25

5 12 19 26

6 13 20 27

7 14 21 28

8 15 22 29

Wetterregeln: Dezember (Julmond) Im Dezember recht strenge Kält, sie voll 18 Tage hält. Der Dezember lind und nass, bleibt leer dann Scheun und Fass. Wenn es nicht wintert, so sommert es auch nicht.

Stallwand mit Toreinfahrt, Foto: Eitel Knitter

Templiner Heimatkalender 2024

Vor 100 Jahren gelesen: 01.12. Zurzeit herrscht hier strenge Kälte und heftiges Schneetreiben. 02.12. Nach der Abbauverordnung werden alle verheirateten Beamtinnen gekündigt. 08.12. Die Lebenshaltungskosten belaufen sich auf 151millionenfache der Vorkriegszeit. 10.12. Das Ermächtigungsgesetz mit 313 zu 18 Gegenstimmen angenommen. 12.12. Weitere Senkung des Brotpreises auf 60 Goldpfennige für ein Roggenbrot. 14.12. Die Einwohnerzahl der Stadt beläuft sich auf 7480 Personen. 16.12. Rektor Hanschke hielt einen Vortrag über „Die Kunst von Albrecht Dürers“. 20,12. Der Betrag für eine Postkarte ist auf 140 Milliarden gestiegen. 23.12. Die städtische Realschule lud Eltern zum Weihnachtsabend ins Seebad ein. 24.12. Ein Temperatursturz läutete die „Weiße Weihnacht“ ein. 29.12. Mit der Eiswerbung ist gestern Nachmittag auf den Stadtsee begonnen worden.


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Eitel Knitter: Rückblick auf das Jahr 2022

Eitel Knitter

Rückblick auf das Jahr 2022 Januar 2022.

03.01. Templin investiert weiter ins Stadion. 05.01. Grenz-Zaun wird zur Todesfalle für Wildtiere. 07.01. Wetter in der Uckermark im Dezember mit wenig Sonnenschein. 10.01. Impflicht kommt wohl später oder gar nicht. 11.01. Stärkster Anstieg der Baupreise in Deutschland seit 51 Jahren. 21.01. Tafel zur Templiner Stadiongeschichte aufgestellt. 22.01. Haussperling landete erneut auf Platz eins der Wintervögel. 24.01. Woba Templin mit wenig Leerstand auf dem Wohnungsmarkt. 26.01. Lychen: Schwerlasttransport bleibt ein Dauerbrenner. 30.01. Bauern wollen dem Wolf an den Kragen. 31.01. Sturmtief Nadel hält die Helfer im Atem.

11.02. 100 Kilogramm - Fliegerbombe im Stadion gesprengt. 15.02. Firmen konkurrieren regelrecht um Lehrlinge. 16.02. Trotz Corona steht Templin finanziell gut da. 18.02. Sturmtief Genial fegte über die Uckermark. 24.02. Mit der Draisine ist Schluss 26.02. Brandenburg genehmigt Tessla Fabrik in Schönheide. 27.02. Lesefähigkeit von Schülern ist rapide gesunken.

März 2022

04.03. Alsenhof erhält eine richtige Straße. 07.03. Die Toten von 1944 mahnen uns zum Frieden. 10.03. Bäcker und Fleischer stellen ihre Landtouren ein. 16.03. Die Stadt schafft fünf mobile Tempotafeln an. 18.03. Ein Rettungswagen geht voll ausgestattet in die Ukraine. Februar 2022 20.03. Flüchtlinge finden Aufnahme im 02.02. Vierter Anlauf für eine BaumschutzKloster Eichendorff. satzung in Templin. 24.03. Bei den Friseurpreisen stehen einem 03.02. EU stuft Atomkraft und Gas als Klizurzeit die Haare zu Berge. mafreundlich ein. 25.03. Das Stadtbad Templin wird von der 04.02. Das Wetter im Januar zu mild mit Stephanus GmbH betrieben. wenig Sonnenschein. 26./27. Zentrale Sammelstelle für Hilfsgüter 08.02. Bereits das zweite Jahr mehr Zuzug für Ukraine auf dem Waldhof. als Wegzug in Templin.


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Templiner Heimatkalender 2024

28.03. Westernstadt Eldorado startet neue Saison. 31.03. Ambulantes Stationäre Zentrum in Templin eröffnet.

April 2022

04.04. Museum begrüßt viele Gäste zum 65.Geburtstag. 04.04. Lychen. Altes Kino als Kulturzentrum eröffnet. 05.04. Historischer Wetter-Rekord im März mit 240-255 Sonnenstunden. 08.04. Barnim und die Uckermark sind Vorreiter in Sachen Wasserstoff. 9/10.04.Neubau der Kannenburger Schleuse endlich begonnen. 14/15. Dachfläche des MKC bekommt Solaranlage. 20.04. Steigerturm des Boizenburger Schlosses wird saniert. 22.04. Die hiesige Holzindustrie bangt um ihre Zukunft. 27.04. Templiner dürfen mitreden zu Photovoltaik auf Freiflächen. 29.04. Neue Bebauungspläne für die Draisine-Strecke. 30.05. Lychen: Natur-Kita bekommt Tiere und Nutzgarten.

14/15.05. Am Montag kann eine totale Mondfinsternis beobachtet werden. 19.05. Eine Verkehrszählung für Templin angekündigt 21.05. Ist der Zug RB 63 Templin-Joachimsthal abgefahren? 24.05. Templin will Option auf DraisineGrundstücke. 31.05. Brandenburg war zweit trockenstes Bundesland in diesem Frühjahr.

Juni 2022

03.06. MKC erhält neues Parkett und ein Solardach. 07.06. Die Freien Wähler empört über die Windkraftpläne. 10.06. Kommt das Ticket für Schüler zum Nulltarif? 14.06. Die Inflation zermürbt zurzeit die Mittelschicht. 15.06. Das Wetter in der Uckermark im Mai warm und relativ trocken. 21.06. Hitzewelle mit 39 C° lässt Betonstraßen bersten. 24.06. Kreispolitiker fordern Garantien für das PCK Schwedt. 27.06. Templins Fußballer steigen in die Landesliga auf. 29.06. Boizenburg: 50 Jahre Eigenheimbau Mai 2022 am Ochsenberg. 30.06. Täglich treffen rund 100 Tonnen Ge03.05. Erste Spundwände für Kannenburger stein die Erde. Schleuse eingebaut. 7/8.05. Wetter im April 2022 etwas zu kühl Juli 2022 und zu trocken. 7/8.05. Umweltminister Vogel würdigt das 01.07. Rumpelpflaster in der Hans-SachsLeben von Ernst Pries. Straße ist Geschichte. 10.05. Herzfelder lassen es zum 100. ihrer 02.07. Trotz 19000 AOK-Versicherten im Wehr tüchtig krachen. Altkreis schließt AOK in Templin. 13.05. Preise für Bauland klettern in der 05.07. Hardenbecks 751 Jahrfeier – drei tolUckermark in die Höhe. le Tage gefeiert. 14/15.05. Eine gewaltige Gasexplosion er- 06.07. Eine Hitzewelle trocknet Urlauberschütterte Lychen. land Italien aus.


Eitel Knitter: Rückblick auf das Jahr 2022

07.07. Langjährige Schulleiterin Elke Benzmann nach 36 Jahren verabschiedet. 08.07. Das Wetter in der Uckermark im Juni zu Trocken und warm. 11.07. Die Stadt prüft Äcker als Standort für Solarfelder. 13.07. Helmut Bergstürze stellt Buch „Terra Lychen“ vor. 18.07. 312 000 Euro für Europäische Schule. 25.07. Jäger schießen bis zu 14495 Waschbären im Jahr. 26.07. Grüner Tabubruch: Atomkraftwerke können länger laufen.

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05.09. Draisine-Strecke zwischen Templin und Fürstenberg abgebaut. 07.09. Boitzenburg – Größter Solar-Park beginnt zu wachsen. 10/11.09. Wetter im August in der Uckermark zu trocken, zu warm. 15.09. Templin erarbeitet Kriterienkatalog für Solarparks. 16.09. Enttäuschung nach dem Aus der Bahn RB63 in der Schorfheide 19.09. Stromspeicher für Windpark bei Randowtal eingeweiht. 23.09. Amtseinführung für Templins neuen Pfarrer Veit Böhmen. August 2022 24.09. Gerswalder wollen keine Windräder vor ihrer Haustür. 01.08. Deutlich weniger Störche in Branden28.09. Zahnärztin Frau Dr. Kerstin Fischer burg gezählt. erhält Verdienstorden. 03.08. Rekordpreise für Immobilien in Brandenburg so teuer wie nie. Oktober 2022 04.08. Schlimmste Dürre in der Geschichte 08.10. Templin stellt sich gegen Windfeld in des Landes dieses Jahr. Groß Dölln. 05.08. Das Wetter im Juli 2022: Deutlich zu trocken und sehr heiß. 10.10. In den Kirchen wird es in Zukunft kälter sein. 09.08. Binnenschiffer kämpfen mit eklatanten Niedrigwasser. 12.10. Templin Montagsspaziergänger wollen Zeichen setzen. 12.08. Oder-LKA nimmt Ermittlung nach mysteriösem Fischsterben auf. 14.10. Die Sorge ums Geld überragt zurzeit alles andere. 15.08. Freiwillige Helfer zum Einsammeln von toten Fischen gesucht. 20.10. In den Söllern sollen wieder die Frösche quaken. 19.08. Abschied vom ehemaligen ForstchorLeiter Peter Ullrich. 20.10. Die Brandenburger zahlen fürs Stromnetz besonders viel. 23.08. Embargostopp für Erdöl aus Russland 22.10. Naturtherme Templin hält Preise für gefordert. Gäste weiter stabil. 24.08. Wieder starke Nachfrage nach Kohlebriketts. 23.10. Treibt Grüner Wasserstoff bald Busse und Traktoren an? 27/28.08. Grundstein für Neubau am Standort der Kita „Käthe Kollwitz“ gelegt. 24.10. Kita- und Schulessen teurer – Preise steigen. September 2022 27.10. Neue Kinoleinwand im Multikulturellen Zentrum. 02.09. 47. Windeignungsgebiete in der 28.10. Bald Cannabis auch auf brandenburUckermark. gischen Feldern? 03/04.09. Region fordert bessere Bahnverbindungen.


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Templiner Heimatkalender 2024

November 2022

01.11. Brandenburg verklagt Polen wegen Ausbau der Oder. 05.06. Kita Neubau im Bürgergarten nimmt Gestalt an. 07.11. Autoren feiern wieder den neuen Heimatkalender. 08.11. Das Jahr 2022 das teuerste Tankjahr aller Zeiten. 09.11. Im Stadthaushalt klafft erstmals eine Lücke. 12.11. Baustelle Kannenburg noch im Zeitplan. 16.11. Wetter in der Uckermark im Oktober ungewöhnlich trocken und mild. 18.11. Prosit auf eine 100jährige in Templin – Frau Elisabeth Selbig. 19.11. Der erste Schnee des Winters hat Einzug gehalten. 28.11. Landrätin Dörck: Kein Politiker mit Merkel-Format in Sicht.

Dezember 2022

05.12. Härtere Strafen gegen Klimakleber gefordert. 06.12. Wildwuchs von Windkraftanlagen in Zukunft befürchtet. 10/11.12. Große Frage: Drohen auch hierzulande Stromausfälle? 12.12. Boizenburg: Kirche komplett wegen Fußbodensanierung ausgeräumt. 13.12. Wohnungsmieten steigen in Brandenburg rasant an. 14.12. Sensationeller Durchbruch bei der Kernfusion. 21.12. Schlechteste Zuckerrüben-Ernte seit 2008 24.12. Weiße Weihnachten legt die Vereinigten Staaten lahm. 27.12. Virologe Drosten erklärt CoronaPandemie für beendet. 28.12. THW-Helfer-Abzeichen in Gold für Templiner Daniel Reinhard. 31.12. In Templin und Prenzlau wird wieder mehr geheiratet.


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Bärbel Makowitz: Ausweichziel Templin - 06. März 1944

Bärbel Makowitz

Ausweichziel Templin - 06. März 1944 In diesem Jahr jährt sich zum 80. Mal der Tag des Bombenabwurfs auf Templin. Obwohl dieses Ereignis schon in früheren Heimatkalendern bearbeitet wurde, möchte ich diesen Jahrestag auf Grund immer noch stattfindender kriegerischer Auseinandersetzungen und der damit verbundenen Zerstörungen und des unermesslichen Leids nochmals aufgreifen. Bereits seit Ende des Jahres 1943 hatte die 8. Luftflotte der USA Tagesangriffe auf Städte besonders in West- und Norddeutschland durchgeführt, seit Beginn des Jahres 1944 vermehrt auf die Reichshauptstadt Berlin. Der Beginn des Hauptschlages sollte am 6. März erfolgen. 757 amerikanische B-17 und B-24 Bomber der 3. Bombendivision der 8. Air Force, auch „Fliegende Festungen“ genannt, begleitet von 644 Jagdflugzeugen, sollten in Erkner die Kugellagerwerke, in Kleinmachnow die Bosch-Elektro-Werke und bei Ludwigsfelde die Daimler-Benz-Motorenwerke angreifen. Der Bomberstrom erstreckte sich über 150 Kilometer. Schon beim Anflug auf die deutsche Grenze wurden diese Verbände in heftige Abwehrkämpfe verwickelt, die ersten Ausfälle waren zu verzeichnen. Im Raum Halle und über dem Harz kam es zu massiven Angriffen deutscher Jagdverbände. Wieder waren schwere Verluste zu verzeichnen. Im Raum Brandenburg war der Begleitschutz gezwungen, umzukehren, dadurch gelang es den deutschen Verbänden, in diese Bomberpulks

einzudringen. Es häuften sich Meldungen über Abschüsse. Gegen 12.00 Uhr war man am Ziel, hatte die Vororte von Berlin erreicht. Hier schlug den Verbänden so schweres Abwehrfeuer der Flak entgegen, dass sie nicht nach Berlin vordringen konnten. Der Verband versuchte jetzt, aufgeteilt in mehrere Gruppen, aus verschiedenen Richtungen anfliegend, sein Ziel zu erreichen. Aber auch das ohne Erfolg. Da erging um 12.10 Uhr ein Befehl, der für Templin tragische Folgen hatte. Es wurde angeordnet, den für beide Seiten so verlustreichen Kampf abzubrechen und auf dem Rückflug die in den letzten Monaten „bewusst festgelegten Ausweichziele“, so auch Templin, zu bombardieren. Gegen 12.30 Uhr befanden sich die Flugzeuge ca. 25 km südlich von Berlin. Nach dem Bombenabwurf sollten sich die Verbände über Wittstock zum Rückflug treffen. Das eigentlich Erkner angreifende Geschwader flog östlich an Berlin vorbei, es musste über die südliche Uckermark nach Wittstock fliegen. So klinkten die Piloten ihre Bombenlast über östlichen Berliner Wohngebieten und neben Potsdam, Oranienburg und Wittstock auch über Templin aus. Dieser 06.März 1944 war ein sonnenklarer Vorfrühlingstag mit wolkenlosem Himmel, berichtete der Templiner Dieter Krüger. Günther Naacke, damals Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr, erinnerte sich: „Gegen 13.00 Uhr ertönte der auf- und abschwellende Ton der Sirenen. Fliegeralarm.


24 Für mich war alles Folgende zunächst Routinesache. Schnell in den Flur, dort hängt die Einsatzbekleidung der Feuerwehr. Stiefelan, Schutzhelm auf, Atemmaske umgehängt, noch ein kurzer Gruß an die daheimbleibenden Eltern und Geschwister und ab geht es in schnellem Schritt zum Sammelpunkt in der Elisabethstraße 7 (heute Heinestraße). Sogleich wird ein Mitglied der HJ-Jugendfeuerwehr als Melder zum Führungsstab geschickt. Kurz nachdem wir am Sammelpunkt eingetroffen waren, sehen wir die Kondensstreifen von Flugzeugverbänden. Den bei Fliegeralarm zugewiesenen Kellerraum suchten wir nicht auf.“ Auch die Einwohner Templins gingen trotz Bombenalarm ihrem Alltag nach, die Erwachsenen waren bei der Arbeit, viele Hausfrauen beim Einkauf oder der Mittagszubereitung. Im Krankenhaus wurden die Patienten versorgt, sogar eine Operation durchgeführt, die Säuglinge lagen zum Stillen bei ihren Müttern in den Krankenzimmern. Ein Arzt und einige Schwestern standen am Krankenhauseingang und sahen die anfliegenden Bomber, niemand war im Luftschutzkeller. Nur die Schüler der Bürgerschule befanden sich mit ihren Lehrern wie angewiesen in den Kellerräumen, die mittels Balken stabilisiert worden waren. Niemals war bisher bei Bombenalarm etwas passiert, man hatte keine Angst, suchte wie so oft den Himmel nach herannahenden Flugzeugen ab. Doch an diesem 6. März 1944 war alles anders. „Wir standen auf dem Hof und sahen deutlich, dass eine Gruppe von Maschinen Templin anflog“, so G. Naacke weiter. „In Richtung Gandenitz waren Fallschirme zu sehen. Offenbar Flieger, deren Maschinen in Luftkämpfen zerstört waren. Um 13.32 war plötzlich eine Zielmarkierung über dem Stadtgebiet zu sehen. Dann hörte man auch schon das Pfeifen der herabsausenden Bom-

Templiner Heimatkalender 2024

ben. Es blieb keine Zeit mehr, die schützenden Kellerräume aufzusuchen. Wir warfen uns auf die Erde. Da umgaben uns auch schon Staub- und Dreckfontänen, Splitter schwirrten herum. Dachziegel und Mauersteine umgaben uns. Nach kaum einer Minute war der Angriff vorbei.“ Ähnliches berichtete Hans-Georg Tabbert, dessen Vater eine Bauschlosserei in der heutigen Goethestraße besaß. „Ich stand am Hoftor, als die Flugzeuge ihre Last abwarfen. Durch das herumfliegende Hoftor wurde ich am Kopf verletzt und blutete stark. Mein Vater trug mich durch das Trümmerfeld aus zerstörten Häusern und umgefallenen Lichtmasten, um nach Prenzlau zu einem HNO-Arzt zu fahren, da das Krankenhaus zerstört war.“ Der 15jährige Fritz Henkel beobachtete das Herannahen der Flieger vom Dach des Anbaus seines Elternhauses in der heutigen Martin-Luther-Straße: “… Das Brummen der Motoren des ersten Verbandes war noch nicht verklungen, da wurde es wieder lauter, der zweite Verband war im Anflug. … Drei, sechs, neun zählte ich noch. Als meine Mutter mich rief, war ich schon die Leiter heruntergesaust und rettete mich mit einem Hechtsprung unter den Küchentisch. Plötzlich war ohrenbetäubender Krach um uns herum, es staubte fürchterlich. Der Türrahmen im Nebenraum war aus der Wand gerissen worden, Fensterscheiben zerbarsten und das Trommeln der Pflastersteine auf das Wellblech versetzte einen in Todesangst. Nach einer Minute war nur noch Stille. Wir waren noch einmal davongekommen. Das werde ich niemals vergessen.“ Es warfen 37 Bomber der 8. US-Luftwaffe 438 Sprengbomben von 250 kg aus 6 000 m Höhe auf die Stadt. Gewaltige Detonationen, ein Gemisch aus Krachen, Bersten, und Knallen hallten durch die Stadt, Wände und Gebäude stürzen ein. Dunkler Staub hüllte die Innenstadt ein, Straßen und Bürgersteige waren nicht mehr passierbar. Das Abwurf-


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Bärbel Makowitz: Ausweichziel Templin - 06. März 1944

gebiet erstreckte sich von Norden nach Süden, vom Stadtrand bis zum Gericht in der Puschkinstraße. Und vom Osten nach Westen, vom Vorstadtbahnhof bis zur Schule am Eichwerder.

Werderstraße

Rathaus

30 Häuser waren total zerstört, viele trugen Schäden unterschiedlichen Grades davon. In der Stadt trafen Bomben das Rathaus, das „Hotel Beseler“ Am Markt, das Kaufhaus Schraermayer und den gegenüberliegenden Kolonialwarenladen Dähne in der Mühlenstraße/ Ecke Martin-Luther-Straße, in der Martin-Luther-Straße den Vulkaniseur-Betrieb Slowinski, getroffen wurden die Rühlstraße, die Werderstraße/ Ecke Pestalozzistraße und die Ecke Fischer/ Obere Mühlenstraße, die Obere Mühlenstraße, die Prenzlauer Allee und die Friedrich-EngelsStraße, Häuser in der August-Bebel-Straße sowie ein Anbau des Hotels und Restaurants „Seebad“. Dort kamen vier französische Kriegsgefangene ums Leben.

Hotel „Beseler“ – Am Markt

Hotel „Seebad“

Obere Mühlenstraße

Akzisehaus


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Templiner Heimatkalender 2024

Zerstörte Stadtmauer am Pulverturm

Blau: Bombentreffer Schwarz: durch Beschuss und Brandstiftung zerstört

Werder-/Ecke Pestalozzistraße

Auch neben der katholischen Kirche gingen Bomben nieder, das Kirchendach wurde abgedeckt, die Fensterscheiben mit der Glasmalerei gingen entzwei. Die Schüler der Bürgerschule hatten, wie bei jedem Bombenalarm, die Kellerräume getrennt nach Mädchen und Jungen aufgesucht. Die Tochter des Zahnarztes Härter, die im Alarmfall nach Hause in die Prenzlauer Allee kommen sollte, wurde getötet. Eine Bombe ging auch in der Nähe der Schule am Kanal hinter der Pionierbrücke nieder. Das Telefonnetz sowie die Strom- und Wasserversorgung waren getroffen, die Bahnverbindung nach Prenzlau und Eberswalde unterbrochen. Der Eisenbahnknotenpunkt Templin fiel kurzfristig aus. Über das noch

funktionierende Netz der Reichsbahn konnten zum Glück Hilfskräfte, insbesondere der Feuerwehr, angefordert werden. Besonders tragisch war die Bombardierung des deutlich mit dem Roten Kreuz auf dem Dach gekennzeichneten Krankenhauses. Allein auf dieses gingen rund 20 Sprengbomben nieder. Das Krankenhaus wurde total verwüstet, hier waren allein 96 Opfer zu beklagen.

Krankenhaus-Vorderansicht


Bärbel Makowitz: Ausweichziel Templin - 06. März 1944

Hinteransicht Krankenhaus

Krankenhaus

Frauen aus dem KZ Ravensbrück bei Aufräumarbeiten

Durch den verspäteten Abwurfbefehl des Staffelkapitäns blieb die Stadt von einem zusätzlichen Abwurf von Brandbomben verschont. An dem Tag gab es noch zweimal Fliegeralarm, wodurch die Bergungsarbeiten unterbrochen und behindert wurden. An diesem Tag starben 130 Menschen, der Jüngste gerade einen Tag alt. 85 Menschen erlagen noch später ihren schweren Verletzungen. Die Opfer des Bombenangriffs, 215

27 Tote, waren 141 Frauen, 43 Männer, 31 Kinder, darunter 38 „Fremde“. Diese waren nicht in der Stadt oder im Kreis ansässig, sondern Ausgebomte oder Luftkriegsflüchtlinge vorwiegend aus Berlin, bzw. Kriegsgefangene. 24 Personen davon starben auf den Straßen. Noch am selben und an den drauf folgenden Tagen leisteten Frauen und Mädchen aus dem Konzentrationslager Ravensbrück Aufräumungsarbeiten und bargen die Toten. Sie mussten mit bloßen Händen arbeiten und wurden dabei von Posten mit Hunden bewacht. Mitglieder von SA und HJ, Mädchen vom Reichsarbeitsdienst und auswärtige Feuerwehren wurden ebenfalls heranbeordert. Aus Carin-Hall wurden Teile des SS-Wachregiments Hermann Göring nach Templin abkommandiert. Die Toten bettete man notdürftig im Prenzlauer Tor und in der Turnhalle der Bürgerschule auf. Ein Notkrankenhaus wurde im „Postheim“ errichtet, Verletzte brachte man auch in den unteren Räumen des früheren „Reformrealgymnasiums“ in der Kantstraße und im „Waldhof“ unter. Die Kinder wurden im Schloss Gerswalde versorgt. Die ambulante Versorgung wurde im Katasteramt, der späteren Poliklinik. in der Robert-Koch-Straße und im Isolierhaus in der Heinestraße vorgenommen. In den folgenden Wochen gab es weder Strom noch fließendes Wasser. Am 12. März wurde fand unter großem Aufwand die Trauerfeier im „Schützenhaus“ statt. Eine Ehrenkompanie marschierte auf. In der Bahnhofstraße formierte sich um 12.00 Uhr ein großer Trauerzug der Templiner und zog in die Röddeliner Straße. Dort wurden die Toten auf dem neu angelegten „Waldfriedhof“ beigesetzt. Die getöteten französischen Kriegsgefangenen begrub man links des Friedhofeingangs. Ihre sterblichen Überreste wurden 1947 nach Frankreich überführt.


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Templiner Heimatkalender 2024

Trauerfeier

Neuer Waldfriedhof Rödeliner Straße

Einige Bombenopfer aus Berlin bzw. den Dörfern wurden in ihre Heimatorte überführt. Die Beisetzung nutzte die NS-Führung, um den Hass gegen die Alliierten zu schüren, und den Willen zum Durchhalten und zur Weiterführung des Krieges anzustacheln.

Zur Anlegung des Friedhofes mussten die Frauen und Mädchen aus dem Konzentrationslager das Waldstück roden. Die Grabstätte der Opfer des Bombenabwurfs wird heute als Ehrenhain gepflegt und mahnt an alle Toten.


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