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JÄGER KOCHEN WILD

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„JÄGER KOCHEN WILD“ BAND 1 & 2

Geräucherter Fasan

„JÄGER KOCHEN WILD“ BAND 1 & 2

Wenn Sie ein unterhaltsames Kochbuch suchen und bisher einen eher vorsichtigen Zugang zu Wildbret hatten, werden diese beiden Bücher Sie verführen, das eine oder andere Rezept auszuprobieren. In seinem Vorwort zu Band 1 schreibt Louis Sayn-Wittgenstein-Sayn, dass er gleich beim Titel wusste, dass dieses Kochbuch kein klassisches Nachschlagewerk sein würde. Die Mischung aus altgedienten, leicht zu kochenden, aber besonderen Speisen und einem jagdlichen „Who’s who“ ist etwas Einmaliges.

Die bunte Mischung der kochenden Jäger, die ihre Lieblingsrezepte – gewürzt mit persönlichen Jagdanekdoten – hier preisgeben, präsentiert eine große Variation unterschiedlichster genussvoller Gerichte. Louis Sayn-Wittgenstein-Sayn war selbst als leidenschaftlicher Jäger schon immer an der privaten Verwertung von Wild interessiert. Da diese „wilden“ Rezepte allesamt erprobt und unkompliziert nachzukochen sind, gelingen die köstlichen Speisen direkt aus der Natur auch am häuslichen Herd.

Für alle Nicht-Jäger/innen gibt es im Buch einen kurzen Überblick über „Wildbret im Allgemeinen“. Unter dem Titel „Weidmannsheil“ wird mit dem Vorurteil aufgeräumt, dass die Wildsaison nur auf den Herbst beschränkt sei. Denn man findet – abhängig von den unterschiedlichen Schusszeiten – fast ganzjährig frisches Wild, entweder direkt vom Jäger oder im Wildhandel. In früher Vorzeit diente die Jagd dem Überleben, später prägte sie Kultur, Sprache, Sozialordnung, Musik und Kunst. Erst mit der Domestizierung der Tiere und dem Ackerbau verlor die Jagd an Bedeutung, war aber bis ins 7. Jahrhundert ohne Beschränkung für jedermann zugänglich. Eine Sonderstellung der Könige zum Jagen wurde erst im 9. Jahrhundert anerkannt. Österreich mit seiner ausgeprägten Jagdtradition schaffte das Jagdprivileg im Jahre 1786 durch das Josephinische Patent ab, und ab 1818 konnten auch Bürger und Bauern wieder jagen.

Hirschrücken mit Erdäpfelschmarren und Kräuterseitlingen

Obwohl also dieses einst streng geschützte Vorrecht des Adels bereits vor langer Zeit verloren ging, verbindet so mancher aufgrund alter Gemälde noch heute die Jagd mit herrschaftlicher Gesellschaft hoch zu Ross, einer Vielzahl von Jagdtrophäen und eleganten Jagdschlössern. Heutzutage, so erfährt man von einigen der passionierten Jäger/innen im Buch, sind ihre Aufgaben mehr mit Hege, Pflege und Naturschutz im Jagdgebiet verbunden.

Übersichtlich gegliedert ist der Inhalt: Das Menüangebot bei Hirschfleisch reicht von Hirschfleischknödeln mit Speckkrustl-Sauerkraut und Hirschlaibchen-Wildburgern über den klassischen Hirschrücken mit Portwein-Maroni, Rotkraut und Serviettenknödeln bis zum Hirschtatar. Beim Reh dürfen natürlich der Maibock oder die Rehschulter mit Schwammerlsauce nicht fehlen. Etwas exotischer, aber geschmacklich herrlich abgestimmt, sind Rehragout mit Schokolade sowie Rehrücken mit Kirschsauce und karamellisierten Birnen oder Weintrauben als Beilage. Bei so viel Kreativität am Herd kann man schon auf den Geschmack kommen!

Wildschweinspezialitäten werden, speziell wenn der Wirt selbst Jäger ist, des Öfteren in Gasthäusern angeboten. Aber wer durfte schon einmal Wildschweinroulade mit Feigen-Walnuss-Ricotta-Fülle und ErdäpfelEierschwammerl-Strudel in Vodka-Sauce verkosten? Das müsste man dann wohl selbst ausprobieren. Und wer weiß schon, dass man nicht nur Bratlfett, sondern auch Wildschweinschmalz aufs Schwarzbrot streicht?

Zum Thema „Gams“ gibt es ein vollständiges „GamsMenü“ mit Suppe, Gamslebertascherln und Gamsschinken. Das Altausseer Gamsgulasch verlangt neben Bier natürlich einen Gewürz-Zirbenschnaps, um vollständig serviert zu werden. Man erfährt, dass „Gamsmilch“ mehr mit Kakao und „Jagatee“ zu tun hat als mit Milch vom weiblichen Gamswild. Unter „Allerlei“ finden sich dann Rezepte für Hase, Fasan, Wildente, ja sogar für Wildtauben. Den Fonds und Saucen ist ein eigener Abschnitt gewidmet – gut, dass es genaue Anleitungen dafür sowie für die speziellen Gelees und Beilagen gibt! Da die Jäger nicht nur ihre eigenen Gerichte, sondern auch sich selbst persönlich vorstellen, kann man davon ausgehen, dass die Rezepte gelingen und dass kein Jägerlatein dabei ist.

Die wunderschön am Teller arrangierten Gerichte machen so richtig Appetit. Der Fotograf Joseph Gasteiger-Rabenstein hat hier ganze Arbeit geleistet, um die passionierten Jäger/innen mit ihren Lieblingsmenüs in ihrem persönlichen Ambiente und ihrer Charakteristik einzufangen. Man kann sehen, dass alle Freude an ihrem Jagdglück und dem darauffolgenden Festmahl haben.

Humorvoll und einfühlsam werden diverse Jagdanekdoten präsentiert. Es kommt mehrfach vor, dass plötz

lich der Jäger zum Gejagten wird, weil ein Wildschwein oder ein Zwölfender durchs Gehölz bricht und ihn erzittern lässt. Der eine ruft, um einen Hirsch abzuwehren, „Ho ho ho!“ wie der Weihnachtsmann, weil er mit „gebrochener Flinte“ nicht schießen kann, der andere muss erst seine Hose hochziehen, um dem angreifenden Wildschwein zu entkommen. Ein „Jungjäger auf dem Hochsitz“ kann den Jungfuchs, der mit den Vorderläufen auf seine Leiter springt und ihm direkt ins Auge schaut, nicht mehr schießen. Er schreit den Fuchs an, das Weite zu suchen, und weiß bis heute nicht, ob es vielleicht doch nur eine List war, die den Fuchs verschont hat. Häufig taucht in den Geschichten der Jäger die familiäre Einbindung in die Jagd und die Natur auf. Das Erleben der Schönheit und die entspannende Ruhe in der natürlichen Umgebung – ohne Handyempfang, Internet oder Fernsehen – dient vielen als Ausgleich zum beruflichen Alltag. Die Gemütlichkeit netter Abende mit Gästen und Jagdkollegen und die spannenden Pirschgänge sind ihnen oft genauso wichtig wie ein Abschuss. kultur wird mitgeliefert, und die Leser/innen sind Zaungast beim „Who’s Who“ in vielen besonderen Häusern.

Die Kochdokumentation der unterschiedlichsten Köstlichkeiten in Wort und Bild macht Appetit auf diese gar nicht exotischen, sondern teils vergessenen traditionellen regionalen Gerichte. Das eingespielt gleiche Kochrepertoire kann durch die genaue Schilderung der Zubereitung in verständlich beschriebenen Schritten leicht erweitert werden. Wenn Besuch kommt, kann man seine Gäste mit neuen Menüs verwöhnen. Als kleines Extra dient im Buch auch ein Glossar als Übersetzungshilfe für einzelne Begriffe, damit beim Kochen keine Pannen zwischen österreichischen und deutschen Köchen entstehen, wenn von „Schwammerln“ die Rede ist oder ein selbst gemachtes Wildgewürz angesetzt wird. Für Jäger sind natürlich die verwendeten Begriffe aus der „Jagdsprache“ selbstverständlich, aber auch Nicht-Jäger werden schnell draufkommen, dass „ein Tier anzusprechen“ nicht bedeutet, dem Wild „Grüß Gott“ zu sagen.

Der Autorin Lisa Helena Lensing gelingt es, einen sehr persönlichen Kontakt zu den unterschiedlichsten Protagonisten herzustellen und die Sammlung an Jagdanekdoten als amüsante Geschichten in die Rezeptsammlung mit einzubinden. Die Offenheit, mit der die Jäger und Jägerinnen über ihre diversen Erlebnisse berichten, und die Bilder, die eine fröhliche Atmosphäre beim Kochen einfangen, machen gute Laune beim Lesen und alle Beteiligten sehr sympathisch. Viele Reisen dürften nötig gewesen sein, um die Jäger/innen in ihrem Haus oder Hof, Schloss oder Gasthaus aufzusuchen. Vom Gutsverwalter, Marketingmanager, Jagdschriftsteller und Juristen über den Bierbrauer, Lehrer und Psychologen bis zum Schauspieler und Winzer sind alle mit dabei. Auch mehrere Vertreter des alten Adels finden sich mit ihren Geschichten und Lieblingsrezepten in den zwei Büchern. Vom Herzog von Württemberg oder Thurn und Taxis über Seckendorff, Kinsky, Kottulinsky bis zu Sayn-Wittgenstein-Sayn und anderen reicht der illustre Kreis. Die österreichischen Jäger des früheren Adels sind auch zahlreich vertreten und meist leicht daran zu erkennen, dass ihr „von“ durch einen dezenten Bindestrich zwischen den Nachnamen ersetzt wird. Allen, die in den Büchern porträtiert wurden, ist gemein, dass sie mit viel Elan den Kochlöffel schwingen und ihre Gerichte sehr gelungen präsentieren. Die Autoren erlauben uns Zutritt in die unterschiedlichsten Küchen der Rezeptgeber und Köche und nicht nur den Einblick in ihre Kochtöpfe. Der gesellschaftliche und kulturelle Aspekt ausgesuchter EssMan kann diese beiden Bände sowohl als Lesevergnügen als auch zum Nachkochen all jenen empfehlen, die gerne einen neuen Zugang zur Jägerei erleben möchten oder die einfach gerne ausprobieren wollen, selbst einmal „hemmungslos Wild zu kochen“. Text: Hannelore Lensing

Lisa Lensing | Joseph Gasteiger-Rabenstein | Paul Lensing JÄGER KOCHEN WILD – Band 1 & 2 Lieblingsrezepte und Anekdoten leidenschaftlicher Jäger 192 Seiten, Leopold Stocker Verlag ISBN 978-3-7020-1369-1 (Bd. 1) ISBN 978-3-7020-1418-6 (Bd. 2) je € 39,90

HOMA JORDIS

TAFELSPITZ VOM HIRSCH ZUTATEN FÜR 4–6 PERSONEN

1,3 kg Hirschschlögel oder Schulter Öl zum Anbraten Wildknochen 1 Bund Suppengrün ½ Stange Lauch Salz schwarze Pfefferkörner nach Geschmack 3 Lorbeerblätter 5 Wacholderbeeren 2 Zwiebeln mit Schale 3 Knoblauchzehen

ZUBEREITUNG

Schritt 1

Das zugeputzte und ungewürzte Hirschfleisch in heißem Öl gut anbraten, die Knochen mit dem geputzten Suppengrün und den Lauch hinzufügen und kurz mitrösten. Mit kochendem Wasser aufgießen, bis alles bedeckt ist. Salz, Pefferkörner, Lorbeer und Wacholder dazugeben. Die Zwiebeln von den Wurzeln befreien und samt der Schale mitkochen. Knoblauch schälen und ebenfalls dazugeben.

Schritt 2

Das Fleisch auf kleiner Flamme je nach Größe und Beschaffenheit zwischen 2 und 4 Stunden köcheln lassen. (Die dabei entstehende Suppe kann natürlich ebenfalls verwendet werden.) Das Fleisch nicht aus der Suppe herausnehmen, bevor es serviert wird – auf diese Weise bleibt es schön saftig. Vor dem Servieren das Fleisch in gut 1 cm dicke Scheiben schneiden.

Die Rezepte für die Beilagen Bärlauchspinat, Schnittlauchsauce und geröstete Erdäpfel finden Sie im Band 2 „Noch mehr Jäger kochen Wild“.

HUBERT ZUSSNER

WILDSCHWEINRÜCKEN MIT APFELSAUCE ZUTATEN FÜR 6 PERSONEN

Wildschweinrücken 1,5 kg Wildschweinrücken 1 TL Salz, 2 TL Paprikapulver 12 Wacholderbeeren 200 g durchwachsener Räucherspeck (in dünne Scheiben geschnitten) 10 Gewürznelken 1 Tasse Öl

Sauce

1 EL Mehl 250 ml Apfelsaft 4 EL Preiselbeermarmelade 4 EL Hagebuttenmarmelade 250 ml Wasser oder Fleischbrühe frisch gemahlener schwarzer Pfeffer

ZUBEREITUNG

Schritt 1

Das Fleisch waschen, trocken tupfen, von Sehnen befreien und mit Salz und Paprikapulver einreiben. Die Wacholderbeeren mit Wasser bedeckt 5 Minuten quellen lassen. Den Backofen auf 200 °C vorheizen.

Schritt 2

Das Fleisch mit den Speckscheiben gleichmäßig bedecken und mit den Gewürznelken feststecken. Den Rücken auf einen Bratrost legen, das Öl in die Fettpfanne, die unter den Bratrost gestellt wird, gießen und das Fleisch im Backofen etwa 45–50 Minuten braten. Dabei häufig mit Öl und dem mit der Zeit entstehenden Bratenfond begießen, das Fleisch aber nicht umdrehen.

Schritt 3

Inzwischen das Mehl mit dem Apfelsaft verquirlen. Sobald der Braten gar ist, herausnehmen und warm stellen. Die Apfelsaftmischung mit dem entfetteten Bratensatz verrühren. Diese Flüssigkeit in einen Topf gießen und auf der Herdplatte andicken lassen. Die beiden Marmeladen und so viel Wasser oder Fleischbrühe einrühren, bis eine sämige Sauce entsteht. Den Braten aufschneiden (die Gewürznelken vorher entfernen) und das Fleisch bei Tisch mit Pfeffer bestreuen. Die Sauce gesondert dazu reichen.

Tipp

Als Beilagen passen Polenta und mit Preiselbeermarmelade gefüllte, gedünstete Apfelhälften.

PHILIPP BREITENECKER

REHBEUSCHEL

ZUTATEN Lunge und Herz von einem Reh 1 Bund Wurzelwerk (Karotte, Sellerie, Gelbe Rübe etc.) etwas Öl zum Anbraten 1 EL Salz 1 Lorbeerblatt 5 Pfefferkörner 4 Stück Wacholderbeeren 1 EL Thymian 1 Zwiebel, geschält 3 ganze Knoblauchzehen, geschält Pfeffer aus der Mühle 1 Schuss Zitronensaft

Zutaten für die Sauce

1 Zwiebel, geschält 5 kleine gesalzene Kapern 2 Karotten, geschält 10 Essiggurkerl 60 g Butter 60 g Mehl 1 Schuss Essig 1 Knoblauchzehe, gehackt je 1 Becher Obers und Sauerrahm 1 Lorbeerblatt Salz und Pfeffer 1 kleines Thymiansträußchen, frisch gehackt 1 Hauch Majoran 1 Prise Zucker 1 Schuss Zitronensaft geriebene Schale von einer unbehandelten Zitrone 1 EL Sardellenpaste

ZUBEREITUNG

Schritt 1: Die Innereien waschen, die Lunge evtl. mit der Messerspitze leicht anstechen, damit der Sud besser eindringen kann. Wurzelwerk putzen, waschen und in Stücke schneiden.

Schritt 2: In einem großen Topf Öl heiß werden lassen, das Wurzelwerk kurz darin anbraten und mit 2,5–3 l Wasser aufgießen und salzen. Lorbeerblatt, Pfefferkörner, Wacholderbeeren, Thymian, ganze Zwiebel, ganze Knoblauchzehen, Lunge und Herz zufügen und bei schwacher Hitze köcheln lassen.

Schritt 3: Nach ca. 25 Minuten die Lunge (Beuschel) aus dem Wasser nehmen und kurz in kaltes Wasser legen. Das Herz noch weitere 15 Minuten kochen lassen. Danach auch das Herz herausnehmen und über Wasser auskühlen lassen, den Sud für die Sauce aufbewahren.

Schritt 4: Herz und Lunge in feine Streifen schneiden. Mit Salz, Pfeffer und Zitronensaft vermengen und beiseite stellen. (Hier macht sich die Arbeit des Kleinschneidens bezahlt, weil’s dann besser schmeckt!)

Schritt 5: Für die Sauce den Kochsud vom Beuschel und vom Herz abseihen und bei reduzierter Hitze köcheln lassen. Die Zwiebeln, Kapern, Karotten und Essiggurkerl sehr fein hacken. Die Butter erhitzen, das Mehl darin braun rösten, das Feingehackte beigeben, etwas mitrösten und mit dem ganzen Sud aufgießen. Mit einer Schneerute glatt rühren, dann ca. 30 Minuten zu einer molligen Sauce verkochen. Herz- und Lungenstreifen, Essig, Knoblauchzehe, Obers und Sauerrahm dazugeben. Lorbeerblatt dazugeben, mit Salz und Pfeffer abschmecken, Thymiansträußchen, einen Hauch Majoran, 1 Prise Zucker, einen Schuss Zitronensaft, geriebene Zitronenschale und Sardellenpaste beimengen, danach 20 Minuten lang heiß ziehen lassen.

A.E.Köchert Neuer Markt 15 • 1010 Wien (43-1) 512 58 28 www.koechert.com A.E.Köchert Alter Markt 15 • 5020 Salzburg (43-662) 84 33 98

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