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RUHET SANFT

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Salzburgs Kommunalfriedhof

RUHET SANFT – AUF SALZBURGS FRIEDHÖFEN

„Man könnte viele Beispiele für unsinnige Ausgaben nennen, aber keines ist treffender als die Errichtung einer Friedhofsmauer. Die, die drinnen sind, können sowieso nicht hinaus, und die, die draußen sind, wollen nicht hinein.“

Samuel Langhorne Clemens (* 30. November 1835 in Florida, Missouri; † 21. April 1910 in Redding, Connecticut) – besser bekannt unter seinem Pseudonym Mark Twain

Nichts ist sicherer als der Tod und damit verbunden die Problematik der Frage: Wohin mit den Verstorbenen? Dazu gibt und gab es viele Ideen. So legten einige indianische Stämme ihre Toten auf Bäumen ab; diese sollten dem Himmel näher sein – und für Vögel erreichbar. Eine weitere ökologische Bestattungsform ist die Verbrennung auf dem Scheiterhaufen, zum Beispiel in Indien, Nepal und Burma. Dass dort bis ins Heute nebst dem männlichen Toten auch dessen Witwe mitverbrannt wird, hat religiöse, dynastische und wirtschaftliche Gründe.

Text: Mag.a Eva von Schilgen

Große und bedeutende Männer (vereinzelt auch Frauen) wurden und werden in großen und bedeutenden Bauwerken wie zum Beispiel den Pyramiden oder dem Kreml bestattet. Sehr bescheidene Menschen, die wieder ein „Teil der Natur“ werden wollen, lassen ihre Asche in ökologisch abbaubaren Urnen auf Wiesen vergraben und vergessen dabei, dass diese Asche höchst giftige Schwermetalle enthält. Die Umwandlung der Asche in einen Diamanten ist dagegen eine wahrhaft brillante Idee, denn: „A diamond is forever.“ Wer einen Platz sucht, wo man sich seiner vor Ort erinnert, wo sich die Verwandtschaft nach Erbschaftsstreitigkeiten wieder versöhnt, und wer Floristen auf Jahrzehnte hinweg ein gesichertes Einkommen durch die Grabpflege verschaffen will, der plant seine letzte Ruhestätte in Form eines traditionellen Grabes in einem der Friedhöfe Salzburgs. Diese sind zwar Stätten der Besinnung, werden aber immer mehr zu beliebten Ausflugszielen der Städter und Touristen. Sie dienen der Erholung, tragen zum Geschichtswissen bei … und ja, sie können auch erheitern.

Friedhof St. Peter

DER FRIEDHOF VON ST. PETER

„Froh gelebt, kein Scherz verdorben, - Viel geplagt und nichts erworben, - Viele Freunde, wenig Geld - War sein Loos auf dieser Welt.“ Grabspruch, Friedhof St. Peter, 1870

Er zählt zu den ältesten Begräbnisstätten Europas, eine erste Anlage lässt sich bereits in der Spätantike nachweisen. Nach der Gründung des Stiftes St. Peter im Jahre 696 ist er zunächst nur den Mönchen der Abtei St. Peter vorbehalten, bis er ab 1139 für alle Salzburger/-innen offen ist. Mit der Eröffnung des Kommunalfriedhofes im Jahr 1879 werden die Bestattungen eingestellt – sehr zum Missfallen von Salzburgs Crème de la Crème, da es unter den Salzburger Patrizierfamilien zum guten Ton gehörte, unter ihresgleichen in Familiengruften bestattet zu werden. Erst ab 1930 waren Bestattungen wieder möglich, sofern der Touristenstrom dies zuließ. Denn für diese ist der Friedhofsbesuch ein „must“. Einerseits weil so bedeutende Persönlichkeiten wie der Dombaumeister Santino Solari, der Komponist Michael Haydn, Mozarts Schwester Maria Anna Freifrau von Berchtold zu Sonnenburg oder der berühmteste „Ochs von Lerchenau“, der Sänger Richard Mayr, hier ruhen, andererseits weil der Friedhof einer der romantischsten weltweit ist, berühmt für die antiken schmiedeeisernen Grabkreuze. Bekanntestes Fotomotiv sind die 7 Kreuze des Hofsteinmetzes Sebastian Stumpfegger, der dort mit seinen Eltern und 4 Ehefrauen bestattet ist.

Ein beliebtes Malermotiv waren die in den Fels gehauenen Katakomben, welche den ersten Christen als Versammlungsorte und nicht als Grabstätten dienten. In der Mitte des Friedhofes steht die im Jahr 1485 errichtete spätgotische Margarethenkapelle. An den Kirchenaußenwänden sind zahlreiche Grabplatten von Äbten und Adeligen angebracht.

Friedhof St. Sebastian/Mozart/Nissen

DER SEBASTIANSFRIEDHOF

„PAX VIVIS, REQUIES AETERNA SEPULTIS – Friede den Lebenden, ewige Ruhe den Begrabenen“ (Grabmal des Paracelsus)

Erzbischof Wolf Dietrich von Raitenau gilt als der bedeutendste Bauherr Salzburgs. Um Raum für den neuen Residenzplatz zu schaffen, ordnete er Ende des 16. Jahrhunderts die Auflassung des Friedhofes um den Dom an und beauftragte seinen Hofbaumeister Andrea Berteleto mit dem Bau des Sebastianfriedhofes nach dem Vorbild des im 13. Jahrhundert neben dem Dom von Pisa errichteten Camposanto Monumentale. Bereits zu seinen Lebzeiten ließ der Fürsterzbischof inmitten der hofartigen Anlage mit innen offenem Arkadengang sein prächtiges Mausoleum erbauen, in dem er im Jahr 1617 beigesetzt wurde. Zwischen 1879 und 2014 wurde der Friedhof nicht neu belegt.

Zu den Grabstätten von Leopold Mozart, Vater des Genius Loci Wolfgang Amadeus Mozart, zu dessen Gemahlin Constanze und ihrem zweiten Ehemann Georg Nikolaus Nissen pilgern heute Mozartfans aus aller Welt. Hier ruht auch Constanzes Tante Genovefa von Weber, Opernsängerin, Schauspielerin und Mutter des Komponisten Carl Maria von Weber. Das Grabmal des 1541 in Salzburg verstorbenen berühmten Arztes Theophrastus Bombastus von Hohenheim, genannt „Paracelsus“, befindet sich seit dem Jahr 1564 im Durchgang zur Sebastiankirche. Er gilt als Pionier der modernen Heilkunde sowie der organischen Chemie und ist Namenspatron der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität (PMU) Salzburg.

Kommunalfriedhof, Friedhofseingang

DER KOMMUNALFRIEDHOF

„… und für jeden kommt der Tag.“ Margot Werner, Sängerin

Er gilt seit seiner Eröffnung im Jahr 1879 als einer der schönsten Friedhöfe Europas und ist mit 22 000 Grabstellen der größte Salzburgs. Jährlich finden hier an die 1500 Begräbnisse statt. Das Hauptportal mit dem wunderbaren schmiedeeisernen Tor, die Arkaden und das Mauerwerk sind aus roh behauenen Steinsockeln aus Konglomerat und roten Ziegeln errichtet. Mehr als 1800 teils sehr alte Bäume stehen auf dem 25 Hektar großen Grundstück, zahlreiche Bänke laden zum Verweilen ein. Prachtvoll ist der Ausblick auf die Festung Salzburg, auf den Untersberg, auf Tennen- und Hagengebirge.

Neben Kriegsgräberanlagen, einem niederländischen Soldatenfriedhof, einer halb anonymen Baumhainbestattung und einem anonymen Urnenfeld befinden sich zahlreiche Ehrengräber auf dem Friedhof, darunter jene des Dichters Hermann Bahr (1863–1934), von Salzburgs Gründerzeitbaumeister Valentino Ceconi (1827–1888), des Schauspielers und Gründers der Hilfsorganisation „Menschen für Menschen“ Karlheinz Böhm (1928–2014) oder des letzten großen Operettenkomponisten Nico Dostal (1895–1981). Auch der Maler Franz Xaver von Pausinger (1839–1915), Hitlers erfolgreichste Fliegerin Hanna Reitsch (1912–1974) und ihre im Jahr 1945 in Schloss Leopoldskron durch Freitod verschiedenen Eltern, Schwester und Schwager und deren Kinder, der Erbauer der Großglockner Hochalpenstraße Franz Friedrich Wallack (1887–1966) sowie die Chansonette Margot Werner (1937–2012) haben hier ihre letzte Ruhestätte gefunden.

Der an der Friedhofsmauer gelegene Gasthof „Hölle“ wird gleichermaßen gerne sowohl von Ausflüglern als auch von Trauergesellschaften besucht.

Weitere Salzburger Friedhöfe befinden sich in den Stadtteilen Aigen (dort bereits 1447 erwähnt), in Gnigl (seit 1696), in Maxglan (seit dem 14. Jh.) und in Morzg.

DIE MUSLIMISCHE GRABANLAGE AM KOMMUNALFRIEDHOF

„Fortnehmen wird euch der Engel des Todes, der mit euch betraut ist. Alsdann werdet ihr zu eurem Herrn zurückgebracht.“ (Koran, Sure 32,11)

Muslime in Salzburg können auf dem Kommunalfriedhof in einer eigenen Abteilung bestattet werden. Die

Jüdischer Friedhof, Grabdetail

Jüdischer Friedhof Grabmal Ignaz Glaser (1853–1916)

Grabanlage ist nach Südosten angelegt. Nach dem islamischen Glauben sollte der Leichnam nach der traditionellen dreimaligen Waschung jedoch noch am Todestag oder spätestens am nachfolgenden Tag auf der rechten Körperseite liegend, mit dem Kopf nach Osten, das Gesicht nach Mekka gerichtet, beigesetzt werden und an diesem Ort für ewig verbleiben. In Österreich besteht jedoch eine 48-stündige Frist, außerdem ist die Bestattung ohne Sarg und nur in dem im Islam üblichen Leinentuch verboten. Wer also über die nötigen Mittel verfügt, lässt sich in seinem Heimatland bestatten. Damit entfallen jedoch so wichtige Trauerrituale wie jene, sich nach 40 Tagen als auch an den Feiertagen wiederum am Grab einzufinden, um aus dem Koran zu lesen.

DER JÜDISCHE FRIEDHOF

„Seitdem der Tod aufgekommen ist, ist man seines Lebens nicht mehr sicher.“ (jüdisches Sprichwort)

An der Stelle des ersten jüdischen Friedhofes aus dem 14. Jahrhundert breitet sich heute der Park des Hotels Schloss Mönchstein aus. Salzburgs Fürsterzbischöfe haben in den folgenden Jahrhunderten dazu beigetragen, dass die Stadt noch vor dem NaziRegime als „judenfrei“ galt. Erst durch die Liberalisierung im 19. Jahrhundert wuchs die jüdische Gemeinde in Salzburg und damit der Wunsch nach einer eigenen Begräbnisstätte. Im Jahr 1893 erwarb schließlich der jüdische Begräbnisverein Chewra Kadischa ein Grundstück in Aigen/Glasenbach mithilfe der Salzburger Landesregierung – allerdings gegen den Willen der Gemeinde, die befürchtete, dass die katholische Bevölkerung sich gestört fühlen könnte.

Nach dem „Anschluss“ im Jahr 1938 beschlagnahmten die Nationalsozialisten den Friedhof und übergaben ihn an die ehemalige Friedhofswärterin. Diese verkaufte mehr als die Hälfte der Grabsteine und ließ auf dem Gelände ihre Kühe weiden. Die Leichenhalle diente ihr als Schweinestall. Die 1946 gegründete jüdische Kulturgemeinde erhielt von den Amerikanern den Friedhof zurück. Einen wesentlichen finanziellen Beitrag zur Errichtung eines neuen Pförtnerhauses trug der aus den USA stammende Salzburger Kunstmäzen Donald Khan bei. Ihre letzten Ruhestätte haben auch der Zukunftsforscher Robert Jungk (1913–1994) und der aus Prag stammende Glasfabrikant und bedeutendste Mitbegründer der Gemeinde Bürmoos, Ignaz Glaser (1853–1916), hier gefunden, ebenso der k. u. k. Hofantiquar Albert Abraham Pollak, der im Jahr 1867 als erster Jude nach mehr als 350 Jahren in Salzburg das Niederlassungsrecht bekam.

Der Friedhof ist nur nach Anmeldung zu besichtigen. Legen Sie als Zeichen, dass der oder die Verstorbene nicht vergessen ist, nach alter jüdischer Sitte einen kleinen Stein auf den Grabstein.

Denn: Wirklich tot sind nur jene, an die sich niemand mehr erinnert.

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