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KUNST IST UREWIG
Vor vielen Jahren kam ich in eine Wohnung, in der die Besitzer alte und zeitgenössische Kunst in atemberaubender Weise kombiniert hatten. Neben einem wuchtigen Renaissanceschrank hing ein wildes, rotes Schüttbild von Hermann Nitsch.
Mittlerweile haben Kunsthändler schon lange keine Scheu mehr, in Biedermeier-Kojen die genialen „Kritzeleien“ von Hans Staudacher aufzuhängen und über einer Jugendstil-Sitzgruppe einen „Mao“ von Andy Warhol. Es passt, weil beides von hoher Qualität ist.
Zugegeben, die Qualität von Möbeln ist relativ leicht erklärbar: Hierbei kommt es auf die perfekte handwerkliche Verarbeitung an, auf die Zweckmäßigkeit, auf die stilgerechte Form.
Die Qualität von Kunstwerken ist hingegen sehr viel schwieriger zu beurteilen. Das fängt schon damit an, dass niemand definieren kann, was Kunst eigentlich ist. Sie kann heute alles sein: ein zusammengepresstes Autowrack, eine schmutzige Badewanne oder eine auf einen Zettel gekritzelte Notiz.
Aber schon in der Renaissance, als Kunst entweder ein Bild oder eine Skulptur war, wurde die Beurteilung der Qualität eines Kunstwerks als unmöglich erachtet. Also entschloss man sich, nicht die Werke, sondern die Fähigkeiten des Künstlers, seine Kreativität, sein Potenzial, seine Persönlichkeit, sein Charisma zu beurteilen. Das ist noch heute so. Banksy erzielt nicht deshalb so hohe Preise, weil seine Werke so großartig wären, sondern weil das Geheimnis um seine Person so atemberaubend ist.
„Objektive“ Kriterien für die Qualität von Kunst gibt es nicht. Sonst hätten die Professoren der Universität Gustav Klimt vor 120 Jahren nicht geraten, seine Bilder besser im Wurstelprater aufzuhängen. Sonst wären die Passstücke von Franz West vor dreißig Jahren nicht um ein Butterbrot zu haben gewesen, während sie heute Zigtausende Euro kosten.
Aber auch, wenn es keine objektiven Kriterien gibt, für sich selbst kann man immer herausfinden, was einen bewegt, was einen anregt, was einem wichtig ist. Und deshalb existiert kein grundsätzlicher Gegensatz zwischen alter und neuer Kunst. Ob ein Kunstwerk als aufregend erlebt wird oder nicht, hängt nicht von seiner Entstehungszeit ab.
18. Auktion, Günter Brus
„Alle wissen Bescheid, nur nicht die Bestie“, Mischtechnik auf Papier, 111,5 x 78 cm, 1985, verkauft um € 68.340,00
Angesichts der Höhlenmalereien in Lascaux soll Pablo Picasso ausgerufen haben: „Wir haben nichts dazugelernt!“ Und tatsächlich wirken einige der Jahrtausende alten Bilder ungeheuer modern. Aber auch „modern“ passt als Begriffsbeschreibung nicht wirklich. „Kunst“, hat Egon Schiele vor 110 Jahren gesagt, „Kunst ist nicht modern, Kunst ist urewig.“
Otto Hans Ressler
INFOBOX
RESSLER KUNST AUKTIONEN GMBH 1100 Wien, Absberggasse 27, Galerie Ostlicht Tel.: +43 1 6005630 oder +43 676 4102225 ressler@resslerkunst.com Unsere nächste Auktion: 30. Januar 2023, Vorbesichtigung ab 27. Januar 2023 (auch Samstag und Sonntag). Online unter www.resslerkunst.com ab 8. Januar 2023. Sie wollen Kunstwerke verkaufen? Wir bieten Ihnen kostenlose Schätzungen und faire Konditionen. Auktionen sind die ideale Möglichkeit, um den besten Preis zu erzielen.
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