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SPRACH. LOS IM VIDEOCHAT

Mag. Eva-Maria von Schilgen

„Die Sprache ist es, was den Menschen ausmacht. AUSSPRACHE das, was ihn verständlich macht.“

Eva von Schilgen (1948 – [geplant] 2068), Journalistin, Satirikerin

Die Sprache ist des Menschen wichtigstes Kommunikationsmittel. Schon im Mutterleib hört das Kind seine Umwelt, und bald nach der Geburt fängt das Baby an zu brabbeln. Mit zwei Monaten durchläuft es die sogenannte „erste Lallphase“, nach 6 Monaten die „zweite Lallphase“. Bei manchem erwachsenen Teilnehmer an Videokonferenzen hat man den Eindruck, dass dieser über jenes Alter nie hinausgekommen ist oder sich schon wieder auf dem Weg dorthin befindet.

Vermutet wird, dass sich der Mensch seit höchstens 125 000 Jahren, mindestens jedoch seit 40 000 Jahren mittels Sprache im heutigen Sinne verständigen kann. Fossile Funde lassen annehmen, dass diese Entwicklung über einen Zeitraum von etwa 2–7 Millionen Jahren erfolgte und mit der anatomischen Veränderung des Rachenraumes zum Resonanzkörper sowie der gleichzeitigen Vergrößerung des Kleinhirns einherging.

Seit Jahrtausenden kommunizieren wir mit anderen Menschen von Angesicht zu Angesicht und haben gelernt, nach wenigen Sekunden diese in „Freund oder Feind“ bzw. in „like or dislike“ einzuordnen. Nach einer Studie des US-Psychologen und Professors an der University of California Albert Mehrabian aus dem Jahr 1967 gilt unsere erste Wahrnehmung zu 55 Prozent der Körpersprache, zu 38 Prozent der Stimmlage und nur zu 7 Prozent dem Inhalt eines Gesprächs.

Bei der modernen Kommunikation über den Bildschirm sind emotionale Rückschlüsse fast nur mehr anhand des Gesichtsausdrucks möglich, was im Falle eines, bei Männern ebenfalls seit Jahrtausenden antrainierten, „Pokerface“ schwierig ist. So kann es sein, dass sich die Aufmerksamkeit verstärkt der Stimme widmet. Um sich auf einen möglichst perfekten Videoauftritt vorzubereiten, wäre es ratsam, die eigene Stimme aufzunehmen, anzuhören und – sollte das Ergebnis nicht zufriedenstellend ausfallen – einen Stimmtrainer zu konsultieren.

Aber nicht in jedem Falle bedeutet eine Schwäche gleichzeitig einen Mangel. Auch das Gegenteil kann etwas bewirken …

ÄHs, die Sie oft in Ihrer Rede verwenden, zeigen, dass Sie schneller reden können als denken.

ATEMLOS sprechen lässt Ihren Gesprächspartner wissen, wie nervös Sie sind.

DIALEKT – Sie wollen nicht verstanden werden?

EMOTIONAL zu werden ist für sensible Partner ein Grund, den Chat schnell zu beenden.

FLOSKELN wie „liebe Teilnehmer“ verlängern, oft eingeschoben, sinnlos Ihre Redezeit.

GEHETZT eine Sache abzuhandeln demonstriert Ihre Gleichgültigkeit.

HOHE STIMME – Diese ist dann passend, wenn Unsicherheit signalisiert werden soll.

LANGSAM zu kommunizieren steigert kaum die Aufmerksamkeit Ihrer Chatpartner, sondern ermüdet sie.

LEISE dahinzuplaudern wird meist als Entscheidungsschwäche ausgelegt.

MONOTON vorzutragen macht Ihr Desinteresse am Chat den anderen Teilnehmern hörbar.

MUND.VOLL. – Essen oder trinken während des Chats enthüllt Ihre Wertschätzung.

PAPAGEI – die Sprechweise des Gegenübers anzunehmen, um sympathisch(er) zu wirken

SCHNALZEN könnte auf ein schlecht sitzendes Gebiss und daher auf Nachlässigkeit hinweisen.

SILBEN VERSCHLUCKEN zeugt davon, dass Sie zwar „sprechen“, aber nichts „sagen“ wollen.

STAKKATO – Der Redeschwall, ohne Luft zu holen, ist eine Methode, andere „totzureden“.

STOTTERN ist, sofern es sich nicht um einen Sprachfehler handelt, ein Signal, dass Ihnen zu dem Thema nichts einfällt.

WIEDERHOLUNGEN können darauf hindeuten, dass Sie nicht „bei der Sache“ sind.

Z WIE SCHWEIGEN – Dazu ist nichts zu sagen.

Peter Sirius (1858–1913), eigentlich Otto Kimmig, deutscher Gymnasialprofessor, Dichter und Aphoristiker

Die Hochsprache beschreibt, der Dialekt charakterisiert.

Fritz P. Rinnhofer (1939–2020), Marketingmanager und Publizist

Die meisten Menschen verziehen die Miene und sprechen lauter, wenn ihre Stärke nachlässt.

Michel de Montaigne (1533–1592), eigentlich Michel Eyquem, Seigneur de Montaigne, französischer Philosoph und Essayist

Das menschliche Gehirn ist eine großartige Sache. Es funktioniert bis zu dem Zeitpunkt, wo du aufstehst, um eine Rede zu halten.

Mark Twain (1835–1910), eigentlich Samuel Langhorne Clemens, US-amerikanischer Erzähler und Satiriker

In der Art des Sprechens liegen Überzeugungskraft und Lebendigkeit; die Sprechpause ist dabei die kleinste Urlaubseinheit.

Mag. Katrin Hagenbeck (geb. 1967), Stimmtrainerin

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