Sonderheft Digitalisierung Spezial 2018

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DIGITALISIERUNG SPEZIAL

68237 I ISSN 0001-1983

DAS SONDERHEFT VON AMZ – AUTO l MOTOR l ZUBEHÖR

„Wir brauchen eine offene Plattform“

Chancen und Risiken der Digitalisierung im Blick | 04

2018

www.amz.de

Wenn Cyberkriminelle das Auto ins Visier nehmen Mehr Sicherheit für vernetzte Fahrzeuge | 12


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Editorial

Von der Smart WG zur Smart Mobility

S

eit Alexa und Robbi eingezogen sind, lebe ich in einer Smart WG. Zwar weigert sich Alexa, den Abwasch zu machen, aber sie kann meine Lieblingsmusik auflegen, das Licht dimmen oder die Heizung hochdrehen. Und Robbi saugt fleißig Staub, akribisch nach Plan. Wäre Robbi nicht von Stuhlbeinen überfordert und Alexa von meiner Grammatik, müsste ich mich in puncto Smartheit nicht mehr nur hinter meiner Frau anstellen. Zu Hause leben wir schon im Internet of Things, und bald wird auch draußen alles miteinander reden. Dazu muss ich nicht mit Alexa auf dem Staubsauger fahren – erwähnte ich, dass Dyson E-Autos bauen will? –, nein, ich werde selbst ein smartes Auto haben, das beim Fahren unablässig schwatzt. Es wird auch der Werkstatt erzählen, wenn ihm was fehlt. Die Ersatzteile liegen schon bereit, wenn wir eintrudeln. Unterwegs fragt mein Auto die Ampeln, wie lange es an ihnen warten müsste und schlägt mir den schnellsten Weg vor. Schöne, neue, smarte Welt. Ich bezweifle nur, dass mir das Alexa-Robbi-Auto treu ist. Ungeniert tratscht es über seinen Aufenthaltsort, seine Befindlichkeiten – und über meine! Es notiert meine Fahrweise und Fahrstrecken, ob ich allein unterwegs bin, ja sogar ob ich unterwegs bin, und wer sonst noch das Auto bewegt. Es liest

Inhalt 04 „Wir brauchen eine offene Plattform“ Stefan Schneider über Chancen und Risiken 08 Recht brisant Die Rechtslage beim Thema Telematik 12 Hacking rund ums Auto Mehr Sicherheit für vernetzte Fahrzeuge 14 Rollende Datenbank Der Vernetzungsgrad moderner Autos wächst 16 Das Auto als Dienstleistung Sascha Lobo zum Wandel der Branche

Digitalisierung

in meinem Smartphone und speichert alles in einer Cloud – klingt das nur zufällig nach illegalem Besitzerwechsel? Und ich weiß nicht, wem es davon erzählt. Telematik heißt das, ein Datenhaufen, den das Auto weiterreicht für eine nebulöse Weiterverwendung. „Alexa weigert sich, den Wir loten die 4| Risiken und Abwasch zu machen, Chancen der Telematik für den aber sie kann meine freien Markt aus, beleuchten die 8| Rechtslage und befragen Lieblingsmusik auflegen.“ Experten zu 12| Fahrzeugsicherheit und 14| Datensicherheit. Wohin sich die Mobilität entwickeln könnte, verrät uns der Blogger und Autor 16| Sascha Lobo. Und wir zeigen, 18| wie Teiledaten für Tecdoc standardisiert werden. Ja, die Zukunft wird spannend. Nur wissen wir noch nicht, ob wir uns freuen oder fürchten sollten … Viel Spaß beim Lesen wünscht Ihnen Ihr

Holger Pinnow-Locnikar, Redakteur der amz

Impressum Herausgeber und Verlag Schlütersche Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG Postanschrift: 30130 Hannover Adresse: Hans-Böckler-Allee 7, 30173 Hannover Tel. 0511 8550-0 Fax 0511 8550-2600 www.schluetersche.de www.amz.de

Redaktion: Ingo Jagels (Chefredaktion, V.i.S.d.P.) Tel. 0511 8550-2642 jagels@schluetersche.de Holger Pinnow-Locnikar Tel. 0511 8550 2614 locnikar@amz.de Torsten Hamacher (Content Manager) Tel. 0511 8550-2456 hamacher@schluetersche.de

Anzeigenverkauf: Christian Welc (Leitung) Tel. 0511 8550-2643 welc@schluetersche.de Gitta Lemke Tel. 0511 8550-2648 lemke@schluetersche.de Marion Bäre Tel. 0511 8550-2645 baere@schluetersche.de Tanja Ehlerding Tel. 0511 8550-2647 ehlerding@schluetersche.de ISSN 0001 – 1983

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Extra

„Wir brauchen eine offene Plattform“ Stefan Schneider, Geschäftsführer der Topmotive-Gruppe, über leichtfertige Kunden, zurückhaltende Hersteller und die mögliche Lösung des Telematikproblems. INGO JAGELS

damit an, dass kein Mensch die AGB liest. Das gilt zum Beispiel auch für unseren Fernseher. Was der heutzutage alles an Daten zum persönlichen Nutzungsverhalten überträgt, ist der Wahnsinn. Aber wir nutzen die Geräte trotzdem gerne.

Wie erklären Sie sich das?

»»Stefan Schneider: Mit dem Mehrwert. Es muss für die Leute einen Nutzen haben. Nehmen Sie das Beispiel Facebook – jeder weiß, dass es nicht besonders vernünftig ist, das zu nutzen. Aber trotzdem sind die meisten dabei. Die Verlockung, die sozialen Kontakte zu pflegen, ist nun einmal sehr groß. Aber Facebook sammelt intensiv Daten und lebt sehr gut davon.

Das ist bei einem modernen Auto auch nicht anders …

Als studierter Informatiker ist Stefan Schneider in der Welt der Daten zu Hause. Foto: Jagels/Bearbeitung: Pinnow-Locnikar

Herr Schneider, der neueste Coup in Sachen Telematik ist die geplante Kunden-ID von Volkswagen. Was halten Sie davon?

»»Stefan Schneider: Ich habe mit unserer Datenschutzbeauftragten darüber gesprochen. Da gingen gleich alle möglichen Alarmlampen an. Aber machen wir uns nichts vor. Vom Prinzip her machen Payback oder Apple auch nichts anderes. Da hat auch jeder Kunde seine eigene ID. Und die meisten Kunden nutzen die Services gerne, ohne viel über den Datenschutz nachzudenken. Das Problem fängt schon

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»»Stefan Schneider: Das stimmt. Mein Dienstwagen, ein BMW, ist über das Connected-Drive-System permanent mit der Zentrale des Herstellers verbunden. Das ist mir natürlich bewusst, aber manchmal wundert man sich schon ein wenig, wie viel die von einem wissen. Zum Beispiel, wenn einem per E-Mail ein Termin für den nächsten Service vorgeschlagen wird und dieser genau in eine Lücke in meinem Outlook-Kalender passt. Welch Zufall! Verstehen Sie mich nicht falsch, BMW macht hier nichts Illegales. Natürlich haben die mich vorher gefragt, ob das System Zugriff auf meine Kontakte und meinen Kalender haben darf. Das steht im Kleingedruckten. Aber die Konsequenz daraus, wohin die Daten gehen und was damit gemacht wird, das sagt einem niemand. Wenn ich also einen Terminvorschlag bekomme, der offensichtlich mit meinem Kalender abgestimmt ist, fühle ich mich vor allem ertappt in meiner eigenen Naivität.

Digitalisierung


Extra

Für den Service relevant sind natürlich nicht nur die Daten des Fahrers, sondern auch die des Autos. Wie funktioniert der Zugriff?

» Stefan Schneider: In einem modernen Fahrzeug mit umfangreicher Ausstattung gibt es bis zu 7000 Erfassungspunkte für alle möglichen Daten und Informationen. Das geschieht über Steuergeräte und andere Module, die entsprechende Werte senden. Das können sehr relevante Informationen für den Service sein, aber auch nur ein Statusbericht, ob die Lampe am Schminkspiegel an- oder ausgeschaltet ist. Von diesen Datenpunkten im Auto werden etwa 700 an den Hersteller übertragen. Denn auch für den ist nicht jede Information von Interesse.

» Stefan Schneider: Nicht allzu sehr. Topmotive gehört zu den wenigen Firmen, die zumindest eingeschränkten Zugriff auf das Car-Data-System von BMW haben. Je nach Freigabe des Fahrers können wir Telematikdaten für bestimmte Fahrzeuge abrufen – was wir testweise für verschiedene Fahrzeuge aus unserem Fuhrpark auch getan haben. Bei den größeren Modellen haben wir über den BMW-Server dann Zugriff auf etwa 70 Datenfelder. Allerdings sind die meisten für Wartung, Service und Reparatur in einer freien Werkstatt völlig irrelevant. Wirklich von Bedeutung sind vielleicht sieben oder acht.

Was heißt das konkret?

» Stefan Schneider: Beispielsweise können wir den Kilometerstand des Fahrzeugs sehen. Das ist nett. Dazu gibt es die Fahrgestellnummer, die kenne ich aber schon vorher, weil ich darüber die Abfrage gestellt habe. Dazu erfahre ich den Standort des Fahrzeugs, die aktuelle Außentemperatur, ob das Schiebedach offen oder geschlossen ist und in welchem Zustand sich die Batterie befindet. Das ist alles sehr schön, aber für die Werkstatt nutzlos. Ein Großteil der Informationen, die notwendig wären, einen korrekten Servicejob anbieten zu können, wird nicht übertragen. Wie zum Beispiel die Frage, ob das Auto aktuelle Fehlercodes hat. Dieser Umstand macht die Sache so schwierig. Man muss BMW aber zugutehalten, dass sie die Ersten waren, die dem Markt überhaupt Informationen zur Verfügung gestellt haben. Andere Hersteller ziehen jetzt nach.

Wie beurteilen Sie die Aktivitäten des freien Marktes in dieser Beziehung?

» Stefan Schneider: Generell ist die Bereitschaft, sich im freien Markt mit dem Thema Telematik zu beschäftigen, in den letzten zwölf Monaten deutlich gestiegen. Es gibt mittlerweile einige Initiativen, die

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Foto: BMW

Lassen sich die Hersteller hier in die Karten gucken?

Der Zugriff von außen bietet nicht nur dem Besitzer des Autos viele neue Möglichkeiten.

zum Teil gut miteinander arbeiten, zum Teil aber auch ein wenig nebeneinander. Hervorzuheben sind hier sicherlich die beiden Telematikplattformen Caruso und Carmunication, an denen wir uns aktiv beteiligen. Außerdem gibt es einige Teilehersteller, die Lösungen mit einem Nachrüstdongle planen oder diesen schon entwickelt haben. Die Frage ist nur, ob die Nachrüstung eine Alternative ist, die uns wirklich was bringt. Die zweite Frage ist, was passiert, wenn wir von den Herstellern keine servicerelevanten Daten bekommen. Und natürlich stellt sich immer die Frage, was die Werkstatt davon hat. Dieser Mehrwert kommt mir bei vielen Diskussionen zu kurz. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass am Markt was passieren muss.

Gibt es Grund zur Zuversicht?

» Stefan Schneider: Der freie Markt hat bei schwierigen Themen schon oft richtig reagiert. Das war beim Thema Fahrzeugdiagnose so, aber auch beim Zugang zu Informationen über Ersatzteile. Man hat immer einen Weg gefunden, die Themen vernünftig zum Laufen zu bringen. Aktuell haben wir allerdings die Situation, dass die Fahrzeughersteller selbst nicht so recht wissen, auf welchen Daten sie sitzen und wie sie die eigentlich umfassend nutzen können. Daher ist die Bereitschaft zur Herausgabe dieser Informationen an den freien Markt überschaubar. Da könnte wesentlich mehr passieren.

7000 ERFASSUNGSPUNKTE für Daten gibt es in einem modernen Fahrzeug mit umfangreicher Ausstattung.

Eine der Antworten des freien Marktes sind Donglelösungen, die der Autofahrer nachrüsten kann. Was halten Sie davon? . 5


Foto: BMW

Extra

BMW ist Vorreiter in Sachen Konnektivität.

„Generell ist die Bereitschaft, sich im freien Markt mit dem Thema Telematik zu beschäftigen, in den letzten zwölf Monaten deutlich gestiegen.“ Stefan Schneider, Geschäftsführer der Topmotive-Gruppe

» Stefan Schneider: Die neuen Fahrzeuge verfügen alle über ein E-Call-System. Der Gesetzgeber wollte damit eine Notruffunktion ins Fahrzeug implementieren, und die Hersteller haben die Infrastruktur clever für ihre Zwecke genutzt. Auf der anderen Seite gibt es noch jede Menge Fahrzeuge auf dem Markt, die nicht über ein Telematiksystem des Herstellers verfügen. Europaweit reden wir hier von mindestens 300 Millionen Fahrzeugen. Diese Fahrzeuge jetzt mit einer Brückentechnologie wie dem Dongle anzubinden, halte ich grundsätzlich für richtig. Allerdings haben wir im Moment die Situation, dass es zwar viele Angebote auf dem Markt gibt, den richtigen Durchbruch, also eine Lösung, die der Werkstatt wirklich hilft, sehe ich noch nicht.

Woran hapert es noch?

» Stefan Schneider: Es fehlen auch hier die wirklich relevanten Informationen, also die Fehlercodes, die über das Abgasumfeld hinausgehen. Unterm Strich gibt es bislang nur verschiedene Insellösungen. Wir sind mit mehreren Herstellern in Gesprächen, um hier passende Schnittstellen zu schaffen. Man darf dabei aber nicht vergessen, dass es die OBD-Dose irgendwann nicht mehr geben wird. Wir müssen neben den Donglelösungen aktiv den direkten Zugriff auf das Auto vorantreiben. Das ist elementar. Wenn wir das nicht schaffen, werden wir als freier Markt eines Tages vor einem größeren Problem stehen.

Wie könnte eine Lösung aussehen, die allen Beteiligten gerecht wird?

» Stefan Schneider: Eine Idee dafür hätte ich, allerdings befürchte ich, dass die nicht in die Praxis umzusetzen ist. Schließlich haben wir zwei Wettbewerbsseiten, die sich komplett gegenüberstehen. Die Schnittmenge in der Mitte wäre eine offene Plattform, wo die Telematikdaten abgelegt werden. Diese Plattform darf nicht unter der Hoheit der Automobilhersteller stehen. Der zweite Schritt sollte in der Möglichkeit für den freien Markt liegen, genauso wie

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die Hersteller auf das Display im Fahrzeug zugreifen zu können, um dort Informationen zu platzieren. Es geht also um zwei zentrale Punkte. Zum einen darum, die Daten aus dem Fahrzeug abzugreifen. Das allein ist schon schwierig genug. Darüber hinaus muss ich mein Geschäftsmodell dorthin bringen, wo vielleicht eine Kaufentscheidung getroffen wird, sprich die Werkstatt für den nächsten Service ausgewählt wird.

Werden auch die großen Internetkonzerne ins Spiel einsteigen?

» Stefan Schneider: Ganz sicher. Den Autoherstellern wird bald auch von dieser Seite ein kalter Wind ins Gesicht blasen. Schließlich kennen sich Google, Amazon oder Facebook mit der Verarbeitung von Daten sehr gut aus. Wenn man sieht, wie viel Zeit die Leute in ihren Fahrzeugen verbringen, ist es völlig klar, dass es enorme Möglichkeiten für Werbung und Analyse gibt. Damit bieten sich vielfältige Möglichkeiten, das Geschäft zu machen. Die Fantasie ist praktisch grenzenlos. Die Autohersteller versuchen daher mit aller Macht, ihr Hoheitsgebiet nicht nur gegen den freien Markt zu verteidigen, sondern auch gegen die Datenkonzerne. Schließlich reden wir hier von einem extrem wichtigen Geschäftsfeld der Hersteller, die ja an dem Verkauf ihrer Fahrzeuge nicht mehr allzu viel Geld verdienen.

Wie groß ist der zeitliche Druck für den freien Markt, eine Lösung zu finden?

» Stefan Schneider: Enorm hoch. Der freie Aftermarket ist über seine Gremien, also vor allem über den GVA und auf europäischer Ebene über die Figiefa, auch wirklich bemüht. Allerdings sind unsere Möglichkeiten ohne die politische Unterstützung aus Berlin und Brüssel limitiert. Da helfen kein Geld und keine Ressourcen. Den wirklich gleichberechtigten Zugriff auf die Fahrzeuge kann nur ein EU-Gesetz verschaffen. Denn ohne eine rechtliche Verpflichtung werden die Hersteller nichts rausrücken. W

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Recht brisant Der Zugang zu Daten ist der entscheidende Faktor für den zukünftigen geschäftlichen Erfolg auf dem IAM. Doch das Thema ist hochpolitisch. Claudius Dücker, beim Gesamtverband Autoteile-Handel e.V. (GVA) zuständig für die politische Interessenvertretung in Berlin, erläutert die Hintergründe und den aktuellen Stand der Telematikdiskussion. Unsere Mobilität verändert sich grundlegend: Shared Mobility, alternative Antriebe, vernetzte Fahrzeuge, autonomes Fahren oder die Vision Zero für Unfallzahlen beschäftigen die Automobilbranche und den Autofahrer gleichermaßen. Entsprechend intensiv sind die mediale Berichterstattung und die politischen Diskussionen. Meistens geht es darin um mögliche Auswirkungen auf die Fahrzeughersteller. Doch mindestens genauso relevant für die Mobilität ist der Kfz-Servicemarkt. Auch dieser Sektor wird sich durch Digitalisierung, Vernetzung und neue Verbraucherwünsche verändern. Mit datengetriebenen Geschäftsmodellen hoffen viele Unternehmen, die vor ihnen liegenden Herausforderungen bewältigen zu können. Kern der Diskussion ist der Umgang mit den Daten, gerne heruntergebrochen auf die Frage: „Wem gehören die Daten?“

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Neue Typgenehmigungsverordnung

„Ob oder wann der europäische Gesetzgeber den Zugang zu fahrzeuggenerierten Daten regulieren möchte, ist unklar.“ Claudius Dücker, Senior Policy Officer beim Gesamtverband Autoteile-Handel e.V. (GVA)

Die neue Typgenehmigungsverordnung 2018/858, die ab September 2020 gelten wird, greift das Thema Daten in drei Varianten auf. Erstens: der Zugang zu Wartungs- und Reparaturinformationen. Laut Artikel 61 werden die Daten in elektronischer und in maschinenlesbarer Form zugänglich gemacht. Zweitens: Der OBD-Stecker bleibt als Kommunikationsschnittstelle erhalten. Den dritten Aspekt – und dies ist der für die Zukunft wesentliche – regelt die Verordnung allerdings unzureichend: Der Erwägungsgrund 51 hält lediglich fest, dass „der technische Fortschritt … das Ziel dieser Verordnung im Hinblick auf den Zugang zu Fahrzeugreparatur- und -Wartungsinformationen für unabhängige Wirtschaftsakteure nicht durch die Einführung neuer Methoden und Techniken der Fahrzeugdiagnostik und -reparatur beeinträchtigen [soll],

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etwa durch den Fernzugriff auf Fahrzeuginformationen und -software“. Zwar sichert die neue Verordnung den analogen Wettbewerb; aber die Kommunikation über die OBD-II-Schnittstelle verliert an Bedeutung, weil das moderne Fahrzeug der Gegenwart und erst recht der Zukunft die Daten stattdessen drahtlos sendet. Als Verschärfung des Wettbewerbs kommt eine neue Verwendung des Armaturenbretts als Point of Sale für Dienstleistungen hinzu: Der Fahrzeughalter bucht Angebote des Herstellers bequem über das Armaturenbrett und nimmt Services direkt über einen drahtlosen Datenaustausch in Anspruch. Eine stationäre Kommunikation in der Werkstatt über den OBD-Stecker und das manuelle Ausführen der Reparatur könnten dann mitunter obsolet sein. Daher ist es dringend notwendig, den digitalen Datenzugang zu regulieren, damit auch bei vernetzten Fahrzeugen ein fairer Wettbewerb möglich ist.

Intensive Diskussion

Foto: Ingo Jagels

Hierzu läuft schon länger eine intensive Diskussion auf nationaler und europäischer Ebene. Strittig ist hierzulande die Frage, ob man ein Eigentumsrecht an Daten schaffen soll. Wer soll Eigentümer der Daten sein? Anhand welcher Krite-

Claudius Dücker absolvierte ein Jurastudium in Regensburg und Tübingen und ist seit Sommer 2015 beim GVA. Er vertritt die Verbandspositionen bei politischen Diskussionen und regulatorischen Vorhaben der Bundesregierung bzw. des Parlaments sowie der EU-Institutionen.

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rien? Wer erstellt die Daten? Wer hat die Maschine gebaut, die Daten sichtbar gemacht und gespeichert? Und was nutzt ein Eigentumsrecht, wenn man es nicht ­vollständig und ungehindert ausüben, sprich auf Daten zugreifen und nach ­eigenen Vorstellungen über sie verfügen kann? Damit man Daten für die Wirtschaft, aber auch für Verbraucher sinnvoll und fair zu einem nutz- und handelbaren Gut machen kann, ist der Zugang dazu erforderlich. Nur dann kann ein Verbraucher klar entscheiden, wem er welche Daten zur Verfügung stellen und wann er dies wieder beenden möchte. Grundlage der Diskussion ist, dass fahrzeuggenerierte Daten nur dann gesendet werden dürfen, wenn der Fahrzeugnutzer dies zuvor erlaubt hat und die Datenschutzbestimmungen eingehalten werden. Die Debatte dreht sich im Wesentlichen um zwei Fragen: Ist überhaupt eine gesetzliche Regelung erforderlich oder können die Marktakteure das unter sich regeln? Und zweitens: Falls eine gesetzliche Regelung erforderlich ist, welches technische Konzept soll verwirklicht werden? Die Branchenverbände der Fahrzeughersteller, ACEA und VDA, machen sich für das sogenannte Nevada-Share-&-Secure-Konzept stark. Hierfür haben sie in dem Normungsprojekt Extended Vehicle mehrere technische Standards (ISO 20077, 20078, 20080) entwickelt, respektive entwickeln diese noch. Diese Normen sind aber nicht mit einer gesetzlichen Regelung gleichzusetzen. Sie stellen erst einmal nur sicher, dass wenn ein Fahrzeug vernetzt werden soll, dies aufgrund dieser technischen Standards passieren kann. Eine solche Normung dient beispielsweise dazu, die notwendige Produktsicherheit und Gebrauchstauglichkeit zu schaffen. Die VDA/ACEA-Lösung sieht vor, dass der Datentransfer ausschließlich über den Server des jeweiligen Fahrzeugherstellers läuft. Auch können die Fahrzeugnutzer keine Apps von Drittanbietern im Fahrzeug selbst verwenden. Nur die Dienstleistungen der Fahrzeughersteller oder autorisierter Partner sollen auf dem Display im Armaturenbrett funktionieren. Dieses technische Konzept wird von den Unternehmen des Independent

Aftermarkets jedoch abgelehnt. Eine breite Verbändeallianz (in Deutschland unter anderem ZDK, ADAC, GVA, GDV und VdTÜV sowie ihre europäischen Dachverbände, die auf EU-Ebene als AFCAR: Alliance for the Freedom of Car Repair in Europe agieren) verfolgt mit der Open Telematics Platform einen anderen Ansatz. Dieses Konzept sieht vor, dass die im Fahrzeug generierten Daten direkt an den Server des Dienstleisters gesendet werden, den der Fahrzeugnutzer ausgewählt hat. Der Serviceanbieter kann im Display des Armaturenbretts seine Apps anbieten. Nur diese Lösung garantiert fairen Wettbewerb.

Punkt bleibt offen

Ob oder wann der europäische Gesetzgeber den Zugang zu fahrzeuggenerierten Daten regulieren möchte, ist unklar. In ihrer letzten offiziellen Stellungnahme zu diesem Thema (Mai 2018) hat die EU-Kommission diesen Punkt offengelassen. Das Europäische Parlament hingegen hat die Kommission aufgefordert, einen Vorschlag für eine gesetzliche Regelung des Zugangs zu fahrzeuggenerierten Daten vorzulegen. Es ist jedoch nicht davon auszugehen, dass dies kurzfristig passieren wird, denn im Frühjahr 2019 finden die nächsten Wahlen zum Europäischen Parlament statt. Dann wird auch eine neue EU-Kommission gebildet. Bis dahin wird kaum ein Gesetzgebungsvorschlag vorgelegt werden. Es liegt also an der neuen Kommission, ob sie tätig werden möchte oder nicht. Unterdessen prüfen die Branchenverbände ACEA, CLEPA und die Verbändeallianz AFCAR, ob sie sich auf eine gemeinsame Lösung verständigen können. Gegenwärtig führen sie dazu einen Trilog unter Leitung der EU-Kommission. Angesichts der üblichen langen Vorlaufzeiten müssen die Vorbereitungen des europäischen Gesetzgebers trotzdem unverzüglich anlaufen. Es wäre fatal, wenn nach langer „Testzeit“ festgestellt würde, dass es ohne gesetzliche Regelungen keine akzeptable und faire technische Lösung für das vernetzte Fahrzeug geben kann und die Automobilhersteller in dieser Zeit Fakten geschaffen hätten, die andere Marktteilnehmer ausschließen. CLAUDIUS DÜCKER, GVA  W

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Extra

„Der freie Markt hat keinen Plan B“ Der gemeinnützige Verein Carmunication hat sich auf die Fahnen geschrieben, den Kfz-Aftermarkt unabhängig von den Herstellern mit Fahrzeugdaten zu versorgen.

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PROZENT aller Fahrzeuge werden laut einer Studie der Unternehmensberatung McKinsey im Jahr 2025 connected sein.

ab, dass derjenige, der die Daten hat, in Zukunft das Geschäft machen wird. Und dabei wird es längst nicht nur um Reparatur- und Serviceleistungen gehen, sondern auch um vielfältige weitere Dienstleistungen rund um die Mobilität. Die Fantasie ist diesbezüglich praktisch grenzenlos. Vor diesem Hintergrund ist der gemeinnützige Verein Carmunication angetreten, relevante Fahrzeugdaten zu sammeln und diese seinen Mitgliedern zur weiteren Nutzung zur Verfügung zu stellen. Die Ursprünge liegen im Jahr 2015. Walter Birner, Kfz-Teilegroßhändler aus Österreich und Gründungsmitglied von Carmunication, erinnert sich: „Uns wurde klar, dass wir handeln müssen: Nicht nur, weil Fahrzeugdaten immer wichtiger werden, sondern weil diese

Foto1: Kzenon - stock.adobe.com

Der Begriff Telematik, genauer gesagt der Zugriff auf Livefahrzeugdaten, schwebt zurzeit fast wie eine dunkle Wolke über dem freien Kfz-Servicemarkt. Die Situation ist diffus: Diverse Autohersteller treiben das Thema mit Macht voran und sammeln schon fleißig Fahrzeug- und Nutzerdaten. Durchaus begünstigt wurden die Aktivitäten durch die Einführung des E-Call-Notrufsystems im Frühjahr 2018. Auf der anderen Seite versucht der freie Markt, mit diversen Donglelösungen gegenzusteuern und von der Entwicklung nicht vollständig abgeschnitten zu werden. Denn das wäre fatal: Laut einer McKinsey-Studie werden im Jahr 2025 bis zu 70 Prozent der Fahrzeuge connected sein. Es zeichnet sich immer deutlicher

In modernen Fahrzeugen hängen praktisch alle Diagnose- und Reparaturmaßnahmen von Autodaten ab. Die freie Werkstatt braucht daher unbedingt den Zugriff darauf.

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Foto: Jagels

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Erik Lundtoft verstärkt seit dem Frühjahr 2018 die Geschäftsführung von Carmunication.

Daten vor allem auf die Speichermedien der Fahrzeugindustrie gehen.“ Aus den ersten Gesprächen wurden konkrete Pläne, die im Herbst 2016 zur Gründung des Vereins führten. „Unser Ziel ist dabei immer gewesen, mit dem Zugriff auf Fahrzeugdaten den freien Markt zu unterstützen“, unterstreicht Birner. „Wenn nur einige wenige vollen Zugang haben, stirbt der Wettbewerb – und mit ihm die Unternehmen, die diesen Zugang nicht haben.“ Bemerkenswert ist bei Carmunication, dass es sich nicht um eine Firma, sondern um einen eingetragenen Verein

handelt. Die durch die Aktivitäten entstehenden Kosten müssen selbstverständlich gedeckt werden, eine Absicht zur Gewinnerzielung besteht aber nicht, versichert Erik Lundtoft. Die Finanzierung erfolgt derzeit über die Aufnahmegebühr in Höhe von 5000 Euro und die Jahresgebühr der aktuell gut 30 Mitgliedsfirmen, die jeweils 10.000 Euro beträgt. Darüber hinaus sollen den Mitgliedern bei einer Inanspruchnahme von Datenpaketen die Carmunication zuvor entstandenen Kosten berechnet werden. Erik Lundtoft, ein erfahrener Automobilmanager, der in seinem Berufsleben für eine Reihe von namhaften Zulieferern tätig war, verstärkt seit dem Frühjahr 2018 die Geschäftsführung von Carmunication. Seine Aufgabe liegt in erster Linie darin, die Datenplattform weiter in der Branche bekannt zu machen und kommerziell weiterzuentwickeln. Im Fokus stehen sechs Sparten: Teilegroßhandel, Werkstätten, Zulieferer aus der Industrie, Datenprovider, Versicherungen & Finanzdienstleister sowie Flottenbetreiber. Die Dienstleistung von Carmunication besteht darin, Fahrzeugdaten aus verschiedenen Quellen, also über Telematiksysteme, Herstellerlösungen oder OBD-Dongles, zu sammeln und auf der eigenen Plattform zur Verfügung zu stellen. Für diesen Zweck werden die

Daten aufbereitet und damit im eigentlichen Sinne nutzbar gemacht. „Unser Ansatz ist es aber, ausschließlich Rohdaten zu liefern“, erklärt Erik Lundtoft. Die Entwicklung konkreter Lösungen und Dienstleistungen sei dann im Anschluss Sache der Mitgliedsfirmen.

Enge Zusammenarbeit

Zu den zentralen Aufgaben gehört darüber hinaus, die Arbeit der Interessenvertreter des freien Kfz-Servicemarktes auf europäischer Ebene zu unterstützen. „Wir arbeiten eng mit der Figiefa und der Afcar zusammen, gehen aber nicht selbst in die Verhandlungen mit den Fahrzeugherstellern“, betont der Geschäftsführer. Dafür seien die personellen Möglichkeiten einfach zu gering. Welche Bedeutung die Lobbyarbeit an den entscheidenden Stellen hat, ist allen Beteiligten sonnenklar. „Ob unsere Aktivitäten von Erfolg gekrönt sein werden, liegt an der politischen Entscheidung, die auf EU-Ebene getroffen werden muss“, ist sich Lundtoft sicher. Ohne eine gesetzliche Regelung, die die Fahrzeughersteller dazu verpflichtet, dem freien Markt das Recht auf einen neutralen Datenzugang einzuräumen, werde es schwierig. „Wir brauchen eine politische Lösung, denn einen Plan B hat der freie Markt nicht.“ INGO JAGELS W

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Der Feind kann überall lauern, das ist das Tückische an der Digitalisierung. Umso wichtiger sind leistungsfähige Sicherheitssysteme.

Mehr Sicherheit für vernetzte Autos Eine lange Liste erfolgreicher Carhacks zeigt: Um die Sicherheit vernetzter Fahrzeuge ist es nicht allzu gut bestellt. Autohersteller, Zulieferer und Telekommunikationsunternehmen versuchen, die Lage zu verbessern. Die Bedrohung vernetzter Autos durch Hacker ist keine graue Theorie. Glücklicherweise waren es in den vergangenen Jahren vor allem Sicherheitsforscher, die Lücken und Angriffsmöglichkeiten entdeckten und veröffentlichten. Sie gaben den betroffenen Fahrzeugherstellern Gelegenheit, die offenen Flanken durch Updates zu schließen. So zeigten Computerexperten im Juli 2013, dass sie via Laptop auf Bremse, Lenkrad und Hupe eines Toyota Prius und eines Ford-Modells zugreifen

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konnten. Im Mai 2014 veröffentlichte das Onlinemagazin Motherboard ein Video, das zeigte, wie per Remote-Zugriff die Zündung eines nicht näher benannten Fahrzeugs aus der Ferne ausgeschaltet werden konnte. Im Februar 2015 strahlte die US-TV-Sendung 60 Minutes eine ähnliche Vorführung aus, die neben Betätigung von Scheibenwischer und Hupe auch das Bremssystem beeinträchtigte. Im Juli 2014 wurden Schwächen in BMWs Connected-Drive-System bekannt.

Im Juli 2015 steuerten Sicherheitsforscher einen Jeep Cherokee fern und bedienten dabei Radio, Klimaanlage, Scheibenwischer und auch hier wieder das Bremssystem. Kurz darauf demonstrierten andere Fachleute, dass sie einen Tesla zur Notbremsung veranlassen konnten. Im Februar 2016 zeigte ein Hack Sicherheitsmängel in der Kommunikation der App zum Nissan Leaf auf, über die Unbefugte beispielsweise Standheizung und Sitzheizung einschalten konnten.

Im Dezember 2016 war die Tesla-App Ziel solcher Angriffe – neben der Lokalisierung des Fahrzeugs ließen sich die Türen entriegeln und bei physischem Zugriff auf das Auto auch ein Keyless-Start durchführen. Im April 2017 war Hyundai an der Reihe – hier galt der Angriff den im Fahrzeug hinterlegten Nutzerdaten. Besonders bedenklich: Derartige Zugriffe können mitnichten ausschließlich versierte IT-Profis vornehmen. Mittlerweile lassen sich zunehmend auch von weniger

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erfahrenen Programmierern nutzbare Carhacking-Tools in einschlägigen Kanälen des Internets kaufen.

Updates müssen schneller im Fahrzeug ankommen

Sebastian Fillenberg, Continental ein ungeschütztes Fahrzeug mit bekannten Sicherheitslücken simulieren und automatisierte oder auch manuelle Angriffe anziehen – ähnlich wie ein offener Honigtopf Insekten. Unter sicherheitstacho.eu zeigt der Telekommunikationsanbieter eine beeindruckende Livedarstellung erkannter Cyberattacken: Wie kleine Pfeile prasseln pro Sekunde mehrere solche Digitalangriffe aus aller Welt auf die deutschen und internationalen Netze der Telekom herein.

Auch Fahrzeugarchitekturen gegen die Bedrohungen schützen

Foto: Screenshot sicherheitstacho.eu

In der Regel reagierten die betroffenen Autohersteller schnell. Im Vorteil sind dabei Anbieter wie Tesla, die Softwareupdates over the air in ihre Fahrzeuge einspielen können – also per Mobilfunk, ohne dass ein Aufenthalt in der Werkstatt nötig wird. Bei der Mehrzahl der heute auf den Straßen genutzten vernetzten Fahrzeuge besteht diese Möglichkeit jedoch noch nicht. Wird eine Sicherheitslücke entdeckt, müssen die Hersteller abwägen, ob sie einen Rückruf veranlassen oder abwarten, bis das Fahrzeug im Rahmen seiner Serviceintervalle wieder in die Werkstatt fährt. „Updates müssen schneller im Fahrzeug ankommen“, betont daher Sebastian Fillenberg, Pressesprecher des Automobilzulieferers Continental. „In den nächsten Jahren werden Over-the-air-Updates deshalb immer wichtiger. Nach unserer Beobachtung bereiten sich

„In den nächsten Jahren werden Over-the-air-Updates immer wichtiger.“

alle namhaften Fahrzeughersteller darauf vor.“ Einen weiteren Ansatz, Cyberangriffe auf vernetzte Fahrzeuge abzuwehren, verfolgt die Deutsche Telekom. Die Idee: Angriffsmuster sollten schon beim Transport über das Netz identifiziert und ausgefiltert werden, damit sie die von ihnen ins Visier genommenen Fahrzeuge gar nicht erst erreichen. Ähnliche Konzepte verfolgt der Bonner Netzbetreiber auch zum Schutz von Smartphones oder Smart-Home-Lösungen. In ihrem Cyber Defense und Security Operation Center identifiziert die Telekom täglich rund eine Milliarde sicherheitsrelevante Vorfälle. Angesichts der schieren Menge erfolgen Erkennung und Filterung größtenteils vollautomatisch. Dennoch sind 200 Mitarbeiter rund um die Uhr damit beschäftigt, das System zu steuern und zu aktualisieren, neue Angriffstypen zu identifizieren und die erforderlichen Verteidigungsmaßnahmen einzuleiten. Dazu stellen die Sicherheitsexperten auch sogenannte Honeypots auf. Dabei handelt es sich um digitale Lockfallen, die zum Beispiel

Beeindruckende Animation zu den aktuellen Cyberattacken.

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Auch die Konzepte der Autohersteller gehen über bloßes Reagieren auf bekannt gewordene Schwächen hinaus. Dabei erweisen sich allerdings bestehende Lösungen wie der nach heutigen IT-Standards kaum abgesicherte CAN-Bus als besondere Herausforderungen. Einen Vorteil haben deshalb solche Anbieter, die bei der Konzeption ihrer Fahrzeuge praktisch bei null anfangen können. Der von ehemaligen BMW- und Nissan/ Infiniti-Managern gegründete und von chinesischen Investoren finanzierte Elektroautoanbieter Byton hat sogar einen ehemaligen Hacker als Chef seiner Sicherheitsabteilung verpflichtet. Abe T. Chen, der vorher unter anderem für Apple, HP und Tesla gearbeitet hatte, berichtet: „Wo immer möglich, beispielsweise bei der Vernetzung von Entertainmentkomponenten, setzen wir auf modernere Standards wie Ethernet.“

Allerdings arbeitet auch Byton mit klassischen Automobilzulieferern zusammen und kann nicht vollständig auf Lösungen wie das CAN-Protokoll verzichten. „Deshalb bauen wir in unsere Fahrzeuge ein sogenanntes Smart Gateway ein. Dabei handelt es sich um eine Art Wächter, der auf Basis von kryptografischen Signaturen und Machine Learning entscheidet, welche Datenpakete er zu den einzelnen Steuergeräten weiterleitet und welche nicht“, so der Sicherheitsexperte. „Zudem unterziehen wir das System Stresstests, bei denen versierte Hacker versuchen, unsere Schutzmaßnahmen zu umgehen.“ Neben hauseigenen Aktivitäten arbeiten die Fahrzeughersteller auch zunehmend zusammen, um beispielsweise Sicherheitsarchitekturen oder neue Protokolle zu standardisieren. Entsprechende Gremien wurden bei der ISO (International Standards Organisation) oder der SAE (Society of Automotive Engineers) eingerichtet. Die von ihnen definierten Sicherheitsanforderungen sollen künftig zu einem verpflichtenden Bestandteil von Entwicklungsprozessen in der Automobilindustrie werden. „Sie können ein vernetztes System zwar nie zu 100 Prozent sicher machen“, resümiert der Byton-Sicherheitschef Chen. „Aber Sie können Angreifern ihr Geschäft deutlich erschweren.“ Damit sei bereits ein wichtiger Schritt zur Verbesserung der Sicherheit vernetzter Fahrzeuge gemacht. HANNES RÜGHEIMER  W

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Rollende Datenbanken In aktuellen Fahrzeugmodellen verbauen die Hersteller 60 bis 80 Computer. Sie sind untereinander und mit der Außenwelt vernetzt. Und die Anzahl sowie der Vernetzungsgrad werden künftig nicht geringer. HOLGER PINNOW-LOCNIKAR

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m Internet of Things (IoT) sollen die Autos in naher Zukunft nicht nur miteinander, sondern auch mit Verkehrsampeln, anderen motorisierten Verkehrsteilnehmern und diversen Verkehrsleit- und Überwachungssystemen kommunizieren – von den enormen Anforderungen des angestrebten autonomen Fahrens mal ganz abgesehen. IoT-Visionäre sehen die Autos auch schon mit dem heimischen Garagentor oder der Kaffeemaschine parlieren. All diese Zukunftspläne und -visionen stellen die Hersteller vor gewaltige Herausforderungen, besonders was die Sicherheit der hochkomplexen Systeme betrifft. So muss der Produzent eines Autos nicht nur sicherstellen können, dass die intelligenten Fahrzeugsteuerungs- und Sicherheitssysteme unter allen Umständen fehlerfrei funktionieren und damit kein Risiko für die Fahrer, Insassen und andere Verkehrsteilnehmer erzeugen, er ist auch verantwortlich für die Security des Autos über seine

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gesamte Lebensdauer – also die Sicherheit gegenüber Hackern. Ein Securityspezialist ist Prof. Dr. Jörn Eichler, der das Thema Security Engineering bei Volkswagen Pkw in der Technischen Entwicklung verantwortet und die Arbeitsgruppe Secure Systems Engineering am Institut für Informatik der FU Berlin leitet. Eines der primären Ziele der Hersteller ist eben dieser Schutz der Systeme vor unbefugtem Zugriff und Manipulation: „Der Hersteller muss sich in die Position des Hackers hineinversetzen, um Bedrohungen zu antizipieren“, beschreibt Eichler die Vorgehensweise. Entsprechend ergreift der Hersteller Maßnahmen zur Risikobegrenzung. Problem: Auch die Angreifer lernen dazu. Der Hersteller muss dann auf die Veränderung der Bedrohungslage reagieren können. Die Hersteller stehen damit vor großen Aufgaben: „Je stärker Systeme auch über die Fahrzeuggrenze hinaus vernetzt werden, desto größer wird die Angriffsoberfläche“, unterstreicht Eichler.

„Der Hersteller muss sich in die Position des Hackers hineinversetzen, um Bedrohungen zu antizipieren.“ Prof. Dr. Jörn Eichler, Securityspezialist bei Volkswagen Pkw

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„Automatisierte Fahrfunktionen erhöhen dabei das Schadenspotenzial.“ Die juristische Grundsatzposition – der Hersteller bleibt über die gesamte Lebensdauer des Fahrzeugs für dessen Sicherheit verantwortlich – macht es den Entwicklern nicht einfacher. Aber man wähnt sich auf einem guten Weg: „Verbesserte Systemleistungen ermöglichen zusätzliche Schutzmaßnahmen.“ Dabei müssen die Entwickler auch neue Wege gehen, um den Hackern immer einen Schritt voraus zu sein: „Herkömmliche Implementierungen drahtloser Technologien wie WLAN oder Bluetooth sind auch den Angreifern hinlänglich bekannt.“ Technisch bereiten sich die Hersteller auf 5G und V2X vor, mit Narrowband IoT als Zwischenlösung. Darüber hinaus sind Standards bisher allerdings Mangelware: Die europäischen Autobauer forschen jeder für sich und keiner will sich in die Karten schauen lassen. Die Datensicherheit ist aber nicht nur eine Frage der Abwehr äußerer Angreifer. Die DSGVO regelt den Datenschutz auch für Verkehrsteilnehmer. Diese haben ein Recht darauf, über die in Zusammenhang mit ihrer Mobilität übermittelten und gespeicherten Daten Bescheid zu wissen und diese gegebenenfalls löschen zu lassen oder deren Weitergabe freigeben oder untersagen zu dürfen. Über die verbindliche Einhaltung der Regeln wacht die Europäische Datenschutzkommission. Volkswagen entwickelt eine umfassende digitale Kundenakte unter dem Namen Volkswagen-ID, über die vom Kauf des Autos inklusive Zahlungsabwicklung über Wartung, Service und Reparatur bis hin zur Stromabrechnung an Ladesäulen und Over-the-Air-Updates alles abgewickelt werden soll. Diese Pläne werfen

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Prof. Dr. Jörn Eichler leitet die technische Entwicklung des Security Engineering bei Volkswagen Pkw.

viele Fragen auf, da es hier nicht nur um technische, sondern vor allem um personenbezogene Daten geht – Fragen nach der Datensicherheit und nach der Datenverfügbarkeit für den Fahrzeughersteller und sein Wartungspersonal, aber auch für Serviceleistungen aus der Hand freier Anbieter. Das Sammeln von Fahrzeugdaten ist für die Hersteller von herausragender Bedeutung. Dabei geht es in erster Linie um die Überwachung und Wartung der Fahrzeugsysteme. Entsprechend bereitet den Herstellern die Tatsache, dass ihre Fahrzeuge irgendwann nach Ablauf der Garantiezeiträume auch von Dritten gewartet werden könnten, Kopfzerbrechen. Jens Bobsien, Pressesprecher der Volkswagen AG, räumt ein, dass die Wartung von Securitysystemen oder sicherheitstechnisch geschützten Systemen es allein aus technischen Gründen erforderlich machen könnte, den Zugriff nur berechtigtem Wartungspersonal unter Verwendung von Spezialwerkzeug zu gestatten. Anders sei es nicht möglich, Systeme und Bauteile gegen Manipulation zu schützen. Man muss kein Prophet sein, um die Problematik für den freien Ersatzteilmarkt und die freien Werkstätten zu erkennen. Weitere Fragen müssen noch auf Antworten warten: Muss der Kunde mit einer Volkswagen-ID Nachteile befürchten, wenn er eine freie Werkstatt aufsucht? Welche Daten aus der digitalen Kundenakte können freie Werkstätten beim Service einsehen – und wer hat die Rechte an den Daten? Bobsien versichert, dass die VW-ID und die dafür benötigten Systeme nach dem neuesten Stand der Datensicherheitstechnik entwickelt werden. Aber ansonsten hält sich Volkswagen hier im Moment noch bedeckt – vielleicht auch, weil es noch nicht auf alle Fragen Antworten gibt.  W

Foto/Montage: Volkswagen/Holger Pinnow-Locnikar

Foto: Uli-B - Fotolia.com

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Sascha Lobo Gilt als einer der ersten Internetexperten Deutschlands. Seine Blogs, Kolumnen und Vorträge beschäftigen sich mit der Entwicklung und Zukunft unserer Gesellschaft. Der diplomierte Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikationswissenschaftler schreibt seit 2011 für Spiegel Online und überrascht gern mit Thesen gegen den gedanklichen Mainstream.

Klare Kante: Sascha Lobo hat sehr genaue Vorstellungen darüber, wohin sich unsere Mobilität entwickelt.

Fotos: Holger Pinnow-Locnikar

Das Auto als Dienstleistung Eine ganze Branche sucht den Weg in die Digitalisierung. HOLGER PINNOW-LOCNIKAR

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utomatisiertes Fahren, Digitalisierung, E-Mobilität, Internet of Things – Schlagwörter beherrschen das mediale Blätterrauschen, wenn es um die Zukunft der Mobilität geht. Die Autobauer überbieten sich mit der Ankündigung neuer E-Fahrzeuge, die angeblich den Weg in die Zukunft darstellen und doch den bekannten Prinzipien verhaftet sind: größer, stärker, schneller. Nur noch nicht weiter. Aber zwischen den Zeilen der großen Ankündigungen klingt doch ein Weiter so durch. Aber ein Weiter so wird es nicht geben, glaubt Sascha Lobo. Der Spiegel-Kolumnist, Blogger und Autor sagt: „Die Autohersteller haben die Digitalisierung noch nicht verstanden.“ Haben die Werkstätten sie verstanden? Eine ganze Branche, die vom Instandhaltungsservice rund ums Auto lebt, sucht jetzt den Weg in die Digitalisierung, um an einer neu entstehenden Wertschöpfungskette teilzuhaben. Plattformen entstehen, die den Autobesitzer direkt mit den Teilelieferanten und den Servicewerkstätten vernetzen sollen.

Herr Lobo, haben Werkstätten in Ihrer Vision von der Mobilität der Zukunft noch einen Platz? Wird es die Beziehung zwischen Werkstatt und Kunde überhaupt noch geben? 16

„Die Autohersteller haben die Digitalisierung noch nicht verstanden.“

» Sascha Lobo: Es wird Instanzen und Personen geben, die professionell den technischen Zustand der Fahrzeuge im Auge behalten und korrigierend eingreifen. Es ist allerdings nicht besonders wahrscheinlich, dass es sich um klassische Werkstätten handeln wird. Das Automobil spreizt sich auf in unterschiedliche Produkte, und wirklich Zukunft haben darunter nur die software- und netzbasierten Produkte und Plattformen. Alles andere diffundiert in eine Servicesphäre, die eher Angelegenheit des Anbieters ist, als irgendwas mit dem Kunden zu tun zu haben. Sagen wir mal so: Mit meinem Carsharingwagen bin ich noch niemals in irgendeine Werkstatt gefahren, wieso auch? Und fragen Sie mal eine Tesla-Fahrerin, was sie von diesem Thema hält. Sie werden ein gewisses Grinsen als Antwort erhalten. Ein gequältes vielleicht, aber ein Grinsen. Abgesehen davon habe ich schon häufiger Autos gekauft, geleast und besessen in meinem Leben. Die zweitschlimmsten Erfahrungen rund um das Auto habe ich in großen, sehr großen Vertragswerkstätten gemacht, ich werde sie nicht vermissen. Die schlimmsten übrigens – mit weitem Abstand – bei Autohändlern. Also dort, wo ich sehr, sehr, sehr viel Geld lassen wollte oder gelassen habe. Wenn Autohändler morgen Vormittag alle pleitegehen, trinke ich mittags einen Diätsekt zum Abschied und gehe abends Pokémon fangen, es wäre für mich also ein normaler Tag ohne jeden Schmerz.

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Wird es noch einen Wettbewerb geben? Oder kommen die Mobilitätsdienstleistungen zukünftig nur noch aus der Hand weniger großer Megakonzerne, die die Märkte untereinander aufteilen? Was wird dann aus dem freien Markt? Hat die Politik noch eine Regulierungschance?

» Lobo: Eigentlich ist der Automobilmarkt heute ebenso in den Händen weniger Megakonzerne, die zahlen hierzulande bloß mehr Steuern als die großen Digitalkonzerne. Das ist also nicht unbedingt ein gültiges Argument. Konzerne sind ja von jeher immer für mehr Regulierung ihrer Konkurrenten. Es gibt aber aus meiner Sicht nicht nur die Pflicht, sondern auch die Chance, eine sinnvolle europäische Regulierung hinzubekommen. Dafür müsste aber ein grundsätzliches Umdenken stattfinden, weg von der Hardwarefixierung der Hersteller, und auch der Politik, hin zu einer Plattformdenkweise. Bisher bedeutet Regulierung von Plattformen nämlich oft, ein neues Geschäftsmodell ganz grundsätzlich zu erschweren, um das alte zu schützen. Das ist hanebüchen, kontraproduktiv und funktioniert höchstens temporär. Gleichzeitig verhindert es, dass bisher erfolgreiche Konzerne sich transformieren können.

Welche Rolle werden Dienstleistungen spielen in der Zukunft der Mobilität?

» Lobo: Die beinahe alleinige Rolle. Wenn man es mit etwas Abstand betrachtet, dann ist bereits heute das geleaste Auto eine Sonderform der Dienstleistung und nicht unbedingt nur ein Produkt. Die strenge Unterscheidung zwischen Dienstleistung und Produkt ist ein Ding des 20. Jahrhunderts, eine prädigitale Veranstaltung, hinter der eine fatale Offlinedenkweise steht. Nämlich der Fehlglaube, man könne im 21. Jahrhundert noch ein dingliches Produkt ohne jeden digitalen, vernetzten Servicelayer anbieten. Grausig, zum Scheitern verurteilt, völlig zu Recht natürlich. Mit der digitalen Vernetzung verschwimmen Produkt und Service bis zur Ununterscheidbarkeit, und das ist auch gut so. Können Sie sich ein iPhone vorstellen ohne App Store und ohne Sicherheitsupdateservice? Nein.

Das eigene Auto war über viele Jahrzehnte das Statussymbol schlechthin, an dem sich der individuelle wirtschaftliche Erfolg ablesen ließ. Durch raffinierte Finanzprodukte hat sich das zwar schon ein Stück weit relativiert – im Prinzip kann beinahe jeder für ein paar Hundert Euro im Monat ein Statussymbol leasen oder finanzieren, aber sehnen sich nicht die meisten Menschen im Mainstream nach so einem Statussymbol? Wenn das eigene Auto das nicht mehr sein kann, was wird es ersetzen? Digitalisierung

Plattformökonomien verlagern die Wertschöpfung vom Dinglichen ins Digitale, prophezeit Sascha Lobo.

„Das Automobil spreizt sich auf in unterschiedliche Produkte, und wirklich Zukunft haben darunter nur die softwareund netzbasierten Produkte und Plattformen.“

» Lobo: Es ist ja heute schon messbar, dass eine digitale Generation dieses Statussymbol nicht mehr so relevant findet, jedenfalls in den gebildeteren Schichten. Wenn man sich mit den Personalabteilungen unterhält, dann ist das Thema Dienstwagen heute sehr viel weniger attraktiv, stattdessen möchten die jungen, gut ausgebildeten Leute Homeofficedays. Sogar in den USA sinken die Zahlen der Jugendlichen, die den Führerschein machen, und das obwohl dieses Dokument dort eine Art Ersatzpersonalausweis ist. Das deutet ja darauf hin, dass das Auto als Statusanzeige langsam verblasst. Das hat aus meiner Sicht weniger mit dem Gefühl zu tun, es könne sich jeder leisten, sondern eher mit anderen, einfacheren und persönlicheren Erfolgsanzeigen. Sie können ja mal einen Test bei 19-Jährigen machen: Wollt ihr lieber ein Auto für 100.000 Euro oder 100.000 Follower auf Instagram? Dann kriegen Sie eine interessante Antwort, die viel über neue und alte Statussymbole sagt.

Wie geht es weiter mit der Digitalisierung? Können die Europäer den Vorsprung der Chinesen überhaupt noch aufholen? Oder werden wir zum digitalen Entwicklungsland?

» Lobo: Ein digitales Entwicklungsland sind wir bereits in vielen, aber zum Glück nicht allen Bereichen. China hat gezeigt, dass der Vorsprung Kaliforniens aufholbar ist, als man in Europa nur geredet hat, wenn überhaupt. Natürlich liegt das auch an den autoritären Strukturen und dem erbarmungslosen Hyperkapitalismus in China. Trotzdem lautet das gegenwärtige Digitalzeugnis für Deutschland: stark versetzungsgefährdet. Trotzdem gibt es Grund für einen gewissen Optimismus, denn ich beobachte seit zwei, drei Jahren eine immer größere Aufgeschlossenheit gerade von Konzernen und mittelständischen Unternehmen. Und das bei einer noch immer unfassbar starken Wirtschaftskraft in diesem Land. Denn noch funktionieren die deutschen Erfolgsrezepte hervorragend. Es ist bloß ein Grundmuster der Digitalisierung, dass sie irgendwann – fast über Nacht – nicht mehr sinnvoll anwendbar sind. Es wäre super, wenn man dann schon die neuen Erfolgsrezepte auf den Weg gebracht hätte. W

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Die Akteure des freien Marktes sehen im Flottengeschäft durchaus noch Potenzial. Openmatics soll helfen, das Geschäft auszubauen. Foto: ZF Aftermarket

Alle Daten im Blick Im Fuhrpark- und Flottenbereich lassen sich die Möglichkeiten der Telematik besonders gut ausspielen. ZF Aftermarket hat in Kooperation mit der G.A.S. die Plattform Openmatics entwickelt. Nach langer und intensiver Vorbereitungszeit soll zu Beginn des neuen Jahres der Startschuss für Openmatics fallen. Kooperationspartner für den von ZF Aftermarket entwickelten Telematikdienst ist die Global Automotive Service GmbH (G.A.S.). Der Auftragssteuerer für den Automotive Aftermarkt setzt darauf, seinen Flotten- und Leasingkunden mithilfe von Openmatics einen deutlich erweiterten Serviceumfang in seinem Kfz-Servicenetzwerk anbieten zu können. So werden mit der offenen Telematikplattform künftig unter anderem eine optimale Wartungsplanung und eine Ferndiagnose möglich sein. „Die zunehmende Vernetzung der Fahrzeuge, die damit einhergehende Flut an Daten und deren Verarbeitung haben das Potenzial, den automobilen Servicemarkt grundlegend zu verändern. Dieser Trends muss man sich als Full-Service-Dienstleister bewusst sein“, erklärt G.A.S.-Geschäftsführer Andreas Brodhage. „Die Zusammenarbeit mit ZF Aftermarket bietet uns die Chance, erfolgversprechende neuartige Dienstleistungen für unsere Kunden und unsere Werkstätten anzubieten.“ Zentrales Element von Openmatics ist eine offene und herstellerunabhängige Konnektivitätsplattform. Diese gibt beispielsweise einem Flotten- oder Fuhrparkmanager permanent einen differenzierten Überblick über die von

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SIGNALE kann der Vivaldi-Dongle aus der OBD-Schnittstelle auslesen.

ihm verwalteten Fahrzeuge. Der Zufluss an Daten erfolgt über eigens von ZF entwickelte OBD-Dongles, denen der Hersteller den hübschen Namen Vivaldi gegeben hat. Der Dongle ist in der Lage, insgesamt 77 spezifische Signale direkt aus der OBD-Schnittstelle des Fahrzeugs auszulesen, unter anderem den aktuellen Kraftstoffstand oder das Bremsverhalten des Fahrers, aber auch servicerelevante Informationen wie der Verschleißstand der Bremsen und aktuelle Fehlermeldungen.

Vorausschauende Wartung

In diesem Zusammenhang wird dem sogenannten Predictive Health Monitor eine besondere Bedeutung zukommen, denn hierbei geht es um die vorausschauende Planung von Wartungsarbeiten auf Basis der individuellen Informationen aus den Fahrzeugen. Selbst eine Berechnung von Wahrscheinlichkeiten, wann eine Wartung erforderlich sein wird, bietet das intelligente System. Auf diese Art und Weise sollen sich die notwendigen Wartungstermine innerhalb einer Flotte optimal in die zu fahrenden Touren integrieren lassen. „Welche Informationen konkret in dem Fahrzeug erfasst werden können, hängt allerdings stark vom jeweiligen Fabrikat ab“, erklärt Kim-Oliver Kohlmeyer, der bei ZF Aftermarket als Key-Account-Manager Pkw Deutschland tätig

Digitalisierung


Extra

Das weltweit führende Bestellportal für Freie Werkstätten.

ist. Insbesondere asiatische Fabrikate, aber auch Fahrzeuge aus dem Hause Ford seien in dieser Beziehung recht offen gestaltet. „Aber auch bei anderen Fabrikaten, die ihre Systeme wesentlich stärker geschlossen halten, können wir Stück für Stück mehr Signale interpretieren“, so der Experte. Eine Vielzahl an weiteren Produkten und Services soll die Flexibilität des Systems sicherstellen, verspricht ZF Aftermarket. Dabei stets im Fokus: die optimale Einsatzplanung von Flottenfahrzeugen. Nicht zuletzt soll sich Openmatics auch in bereits existierende Flottenmanagementsysteme integrieren lassen.

Einfache Teilesuche Schneller Bestellprozess 9,8 Millionen Original Fahrzeugteile 38 Fahrzeugmarken

Lösung für den Endkunden

Während bisher die professionelle Nutzung der Plattform im Vordergrund stand und vor allem Flotten- und Fuhrparkmanager angesprochen werden sollen, hat ZF Aftermarket in der jüngsten Zeit zusätzlich die Entwicklung einer Bluetoothlösung für den Endkunden vorangetrieben. Diese soll in den nächsten Monaten zur Marktreife gebracht werden, kündigt Kohlmeyer an. Über eine Handy-App soll der Autofahrer dann Diagnosedaten seines Fahrzeugs abrufen können. Darüber hinaus sei geplant, diverse weitere Funktionen mit einzubinden, zum Beispiel Infos über Tankstellennetze. INGO JAGELS W

„Unser System ist in der Lage, komplette Diagnosetätigkeiten auszuführen.“ Kim-Oliver Kohlmeyer, Key-Account-Manager Pkw Deutschland bei ZF Aftermarket

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Kim-Oliver Kohlmeyer: „Wir können Stück für Stück mehr Signale aus den Fahrzeugen interpretieren.“

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TÜV® www.tuev-nord.de/mobilitaet Fotos: fotolia, iStock, shutterstock


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