DER FREIE
2019
KFZ-SERVICEMARKT
68237 I ISSN 0001-1983
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CARAT MESSE 2019
Interview GVA-Präsident
AM 12. UND
spricht die aktuellen Herausforderungen | 12 Bild: © über Ralph Larmann
IAM am Scheideweg? 13. OKTOBER IN
ESSEN
BBE-Analyse der aktuellen Entwicklungen | 06
Rücken-
schmerzen?
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Editorial
Es bleibt spannend
D
er IAM ist in Bewegung. Das war natürlich schon immer so, man gewinnt aber zunehmend den Eindruck, dass sich die Entwicklung immer stärker beschleunigt. Der Trend hin zu größeren Einheiten hält weiterhin an. Die Strukturen werden internationaler, das Geschäftsvolumen wird perspektivisch aber nicht größer. So könnte sich die Zahl der Teilegroßhändler in den kommenden Jahren weiter verringern. Und über allem schwebt der Megatrend der Digitalisierung und Vernetzung.
Neue Player
Wir haben in dem vorliegenden Sonderheft zwei verhältnismäßig neue Player unter die Lupe genommen, die die Möglichkeiten der Digitalisierung konsequent für ihre Zwecke ausnutzen. Zum einen ist das die Firma Autodoc. Den Onlineteilegroßhändler hatte bis vor Kurzem kaum jemand auf dem Schirm. Nachdem der Umsatz der Berliner in den vergangenen drei Jahren geradezu in die Höhe geschossen ist, hat sich das ganz sicher geändert. | 22 Ein weiteres Beispiel, das wir Ihnen vorstellen möchten, ist die Werkstattplattform Caroobi. Mit ihrer unkonventionellen Art haben die beiden jungen Firmengründer, von denen der eine nicht einmal einen Führerschein besitzt, für gehörig Wirbel in der Kfz-Branche gesorgt. | 24
Aber auch die „etablierten“ Unternehmen der Branche haben längst erkannt, dass es von entscheidender Bedeutung ist, die Geschäftsprozesse zunehmend zu digitalisieren. Dies führt auch dazu, dass die Welten immer stärker zusammenwachsen. So hat die WM SE aktuell ihren Teilekatalog und die Werkstattsoftware zu einer cloudbasieren All-in-one-Lö„Man gewinnt den Einsung gebündelt. | 28 Neu ist auch die Serviceplattdruck, dass sich die form Drivemotive, mit der die Entwicklung immer Carat-Gruppe eine Antwort stärker beschleunigt.“ auf die Telematikaktivitäten der Hersteller geben möchte. Bemerkenswert ist, dass Carat andere Unternehmen des freien Marktes dazu aufruft, sich ebenfalls an dem ganzheitlichen Projekt zu beteiligen. | 30 Viel Spaß beim Lesen wünscht Ihnen Ihr
Ingo Jagels, Chefredakteur der amz
Impressum Herausgeber und Verlag: Schlütersche Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG Postanschrift: 30130 Hannover Adresse: Hans-Böckler-Allee 7, 30173 Hannover Tel. 0511 8550-0 Fax 0511 8550-2600 www.schluetersche.de www.amz.de Redaktion: Ingo Jagels (Chefredaktion, V.i.S.d.P.) Tel. 0511 8550-2642 jagels@schluetersche.de Torsten Hamacher (Content Manager) Tel. 0511 8550-2456 hamacher@schluetersche.de
Der freie Kfz-ServiceMarkt 2019
Anzeigenverkauf: Christian Welc (Leitung) Tel. 0511 8550-2643 welc@schluetersche.de Gitta Lemke Tel. 0511 8550-2648 lemke@schluetersche.de Marion Bäre Tel. 0511 8550-2645 baere@schluetersche.de Tanja Ehlerding Tel. 0511 8550-2647 ehlerding@schluetersche.de ISSN 0001 – 1983
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Wohin führt der Weg des Ersatzteils?
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Analyst René Herrmann zur Lage des IAM 10
Digitale Monostrukturen drohen
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Wettbewerb der Zukunft
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Qualität muss nicht teuer sein
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Auch Online Management & Technik aus einer Hand!
Die große Unbekannte im Teilehandel Onlineteilehandelsplattform Autodoc
Heiter dank Wolke Cloudbasierte All-in-one-Lösung
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Preisgünstige Alternativen der Eigenmarken 22
Noch lange nicht zu spät Wolfgang Vogl über Onlineshops
Wie geht es mit der GVO weiter? 18
Ferndiagnose und Festpreise Werkstattportal Caroobi
GVA-Präsident Hartmut Röhl im Interview
» amz | amz.de
Fotos: Hagen Architekten BDA | industrieblick - stock.adobe.com | Speed4Trade
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Digitaler Draht zum Kunden Serviceplattform Drivemotive von Carat
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Wie Phönix aus der Asche Teilegroßhändler Kölb & Sögel
Chefredaktion: Ingo Jagels (Chefredaktion, V.i.S.d.P.) Tel.: 0511 8550-2642 E-Mail: jagels@schluetersche.de Abo- und Vertriebsservice Tel. 0511 8550-2636, Fax: 0511 8550-2405 E-Mail: vertrieb@schluetersche.de Erscheinungsweise: Jährlich mit 10 Print-Ausgaben
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E-Commerce. Was ist bei einem Shop zu beachten?
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Wolfgang Vogl, Director Business Development bei Speed4Trade, erklärt, worauf beim digitalen Absatzmarkt zu achten ist.
Der freie Kfz-ServiceMarkt 2019
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Foto: Jagels
Wohin führt der Weg des Ersatzteils? Die Marktanteile auf dem Independent Aftermarket sind härter umkämpft als je zuvor. René Herrmann, Country Manager vom ICDP, analysiert die aktuelle Situation. RENE HERRMANN
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n den vergangenen Jahren hatten die deutschen Kfz-Werkstätten gut zu tun. Die Zahl der Aufträge ist von 2014 bis 2017 um zwei Prozent gestiegen. Da der Preisanstieg höher lag als die allgemeine Inflation, führte diese Entwicklung zu einem Wachstum des Marktvolumens von acht Prozent in diesem Zeitraum. Nach den Berechnungen unseres ICDP-Aftermarket-Simulations-Modells wird sich diese Entwicklung allerdings nicht fortsetzen. Bis zum Jahr 2030 könnten die Werkstattaufträge um vier Prozent zurückgehen. Das Ergebnis basiert auf verschiedenen Faktoren
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„Im deutschen Markt ist die Konsolidierung weit fortgeschritten.“ René Herrmann, Country Manager vom ICDP
wie dem Mix des Fahrzeugbestands nach Antriebstechnologie (Benzin, Diesel, Plug-in Hybrid, Elektro), dem Fahrzeugalter, dem Trend hin zu längeren Wartungsintervallen wie auch dem Rückgang der durchschnittlichen Fahrleistung. Neuere Fahrzeuge sind weniger anfällig und die Notwendigkeit von Reparaturen wird seltener. Allerdings werden Reparaturen durch die neuen Fahrzeugtechnologien komplexer und benötigen längere Zeit. Auch die Megatrends ACES (Autonomy, Connecitivity, Electricifcation, Sharing) wurden für die Berech-
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nung simuliert. Vollautomatisiertes Fahren wird zwar auch im Jahr 2030 nicht die Regel sein, jedoch wird der Fahrzeugbestand mit ADAS-Systemen (Advanced Driving Assistent Systems) stark zunehmen. ADAS, Connected Car und die intensivere Nutzung von Carsharing-Fahrzeugen werden das Aftermarket-Geschäft aber nur wenig positiv beeinflussen. Durch den Wegfall diverser Verschleißteile generieren Elektroautos weniger Werkstatteingänge. Jedoch wird auch im Jahr 2030 der Bestand an Elektroautos noch verhältnismäßig gering sein. Bezogen auf das gesamte Aftermarket-Marktvolumen wird der Rückgang der Werkstattaufträge allerdings durch den kontinuierlichen Preisanstieg kompensiert. Somit erwarten wir in Deutschland ein leichtes Wachstum des Marktvolumens von rund sechs Prozent bis zum Jahr 2030.
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Die Zahl der Teilegroßhändler könnte in den nächsten Jahren weiter sinken.
men ein legitimes Mittel. Des Weiteren werden mit den gebündelten Kräften Einkaufskonditionen neu verhandelt wie auch die Effizienz in der Logistik gesteigert, um somit langfristig die Profitabilität zu sichern und gegebenenfalls sogar zu steigern.
Zusammenschlüsse von Teilehändlern
Die niedrigen Wachstumsraten im Aftermarket und der intensive Wettbewerb zwischen den Teilehändlern führen zu einer Konsolidierung im Teilehandel in ganz Europa. Der Druck ist jedoch in jedem Land unterschiedlich. Nach Jahren einer relativen Stabilität wurde die Konsolidierung durch Akquisitionen von großen amerikanischen Teilehändlern wie LKQ und GPC wieder verstärkt. Dieses Marktverhalten ist auch typisch in anderen Branchen. Doch die meisten Unternehmer kommen früher oder später an den Punkt, an dem sie sich entscheiden müssen: Akzeptiert man das Risiko, aus dem Markt gedrängt oder von einem größeren Unternehmen gekauft zu werden oder versucht man, durch eigene Investitionen den Merger-and-Acquisition-(M&A)-Prozess mitzugestalten? Schauen wir auf den deutschen Markt: Hier ist die Konsolidierung weit fortgeschritten. Mit Wessels+Müller und Stahlgruber (LKQ) gibt es zwei national agierende Superdistributoren sowie viele regionale Champions. In Zukunft wird es weitere Zusammenschlüsse und Käufe geben, aber nicht mehr in der Geschwindigkeit und mit dem Ausmaß wie in den vergangenen Jahren. Schon bei der Übernahme von Trost durch Wessels+Müller gab es einige kartellrechtliche Hürden zu überspringen. Wir gehen davon aus, dass es vorerst keinen Zusammenschluss von national agierenden Unternehmen geben wird. Eine Ausnahme ist die Übernahme von Privat-Equity-Unternehmen oder ähnlich großen internationalen Teilehändlern aus anderen Ländern, die in den deutschen Markt investieren könnten. Vielmehr werden wir M&As von großen regionalen Teilehändlern sehen, die durch Zukäufe von Unternehmen an den angrenzenden Regionen ihre Marktabdeckung erweitern. Aufgrund der eingangs erwähnten Marktsituation ist ein organisches Wachstum in diesem Verdrängungsmarkt schwer zu realisieren. Um weiterhin Marktanteile zu gewinnen, sind Übernah-
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Der konsolidierte Markt ist bald Realität
2030 WIRD das vollautomatisierte Fahren nicht die Regel sein, jedoch wird der Fahrzeugbestand mit ADAS-Systemen (Advanced Driving Assistent Systems) stark zunehmen.
In den nächsten zehn bis 15 Jahren rechnen wir mit einem Rückgang der Zahl der Teilehändler in Deutschland um 25 Prozent. Dann dürfte die Konsolidierung des Marktes weitestgehend abgeschlossen sein. Neben den ganz großen Teilehändlern haben auch kleinere Händler weiterhin ihre Marktberechtigung. Sie können auch in Zukunft durch geografische Nähe und Nischenprodukte bei den Werkstätten punkten. Je weniger Teilehändler, desto geringer die Auswahl für Werkstätten. Aber dies wird sich im Tagesgeschäft nicht unbedingt bemerkbar machen, da es weiterhin genügend Händler geben wird, die die Versorgung der Werkstätten sicherstellen. Dennoch werden die Superdistributoren ihre Dominanz ausspielen und versuchen, Werkstätten zunehmend an sich zu binden. Dabei wollen sie mit ihren Werkstattkonzepten, individuellen Preisverhandlungen, Werkstattsoftware sowie verschiedenen Dienstleistungen für komplexere Reparaturen punkten. In unserer Konsolidierungssimulation gehen wir davon aus, dass in Deutschland drei große .
Über ICDP Das International Car Distribution Programme (ICDP) ist eine internationale Forschungs- und Strategieorganisation für den Automobilhandel und Aftermarket. Dabei unterstützt das ICDP die Forschungsmitglieder aus Industrie und Handel dabei, Strategien zu entwickeln, um sich für die kommenden Herausforderungen erfolgreich zu positionieren.
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auch Werkstätten von einem starken Partner. Dadurch können sie sich auf ihre Kompetenz, die Reparatur von Fahrzeugen, konzentrieren. Im Vergleich mit den größten europäischen Ländern ist die Situation in Deutschland ähnlich wie in Frankreich, Großbritannien und Polen. In Spanien und Italien rechnen wir mit einer beschleunigten Teilehändlerkonsolidierung in den nächsten Jahren. Hier ist der Markt noch deutlich fragmentierter als in Deutschland.
Fotos: Jagels
Unter einem Dach
Ersatzteile sind wichtig für die Werkstätten. Genauso wichtig ist die fachliche Hilfe.
Teilehändler den Markt dominieren werden. In 15 Jahren könnten diese bis zu 75 Prozent Marktanteile unter sich aufteilen. Diese Situation hat auch Auswirkungen auf die Zusammenarbeit zwischen Handel und Werkstatt. Eine wichtige Rolle werden dabei die Daten spielen. Durch den verbesserten Datenaustausch von Diagnose- und Ersatzteilinformationen kann dies die Kooperation optimieren. Zudem werden Teilehändler Connected-Car-Daten im Auftrag von Werkstattkunden organisieren können und ihren Partnerwerkstätten vermehrt Administrationsarbeiten abnehmen. Diese verbesserte Datenintegration ermöglicht eine effizientere Logistik und führt zu weniger Lagerhaltung- und Lieferkosten bei den Teilehändlern. Bei den bevorstehenden Herausforderungen hinsichtlich komplexer Reparaturen, Diagnose und künftiger Telematik-Dienstleistungen profitieren
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3 GROSSE Teilehändler könnten den Markt in Deutschland zukünftig dominieren.
Eine außergewöhnliche Akquisition gab es in Frankreich. Das zeigt, wie Teilehändler auf der Suche nach Wachstum auch neue Wege gehen können. Mit der Akquisition von Oscaro hat die Parts Holding Group Europe neben der Autodis Group einen weiteren internationalen Aftermarket-Player in Ihrem Portfolio. Die Parts Holding Europe wurde vom Private-Equity-Unternehmen Bain Capital gegründet, um die Aftermarket-Aktivitäten der Investitionen zu bündeln. Bain Capital verfolgt die Strategie, die Marktposition der Parts Holding Europe weiter zu stärken. Der geplante Börsengang der Autodis Group soll frisches Geld für weitere Expansionen und Investition mit sich bringen. Dies ist notwendig, um auch in Zukunft mit den Superdistributoren wie LKQ und GPC im Konsolidierungsprozess mithalten zu können. Der Absatz von Kfz-Ersatzteilen über reine B2C-Webshops ist in den vergangenen Jahren stark gewachsen. In UK partizipieren die großen Teilehändler mit eigenen B2C-Webshops. In Kontinentaleuropa sind die B2C-Aktivätten der Teilehändler unauffällig. Dabei fungieren einige als Lieferanten oder Fulfillment-Betreiber von B2C-Webshops im Hintergrund. Dennoch haben große B2C-Webshops angefangen, ihre eigene Logistik aufzubauen. Oscaro nutzt mit seinem Cross-Docking-System die Infrastruktur verschiedener Teilehändler und bedient sich somit ihrer Lager und der quasi Ad-hoc-Belieferung. Nur vereinzelt werden Teile eingelagert. Durch die stetigen Online-Ersatzteilpreisanalysen wird eine dynamische Preiselastizität berechnet. Dadurch findet Oscaro oft den richtigen Preis in der Onlinewelt. Parallel helfen Kfz-Techniker in einem Callcenter dem Kunden bei der Teileidentifikation. Dies hat Oscaro zu dem größten B2C-Webshop mit einem Umsatz von 320 Millionen Euro in Europa gemacht. Dennoch gibt es einige Zweifel an der Profitabilität. Es gab in der Vergangenheit sogar schon Gerüchte über Oscaro als Akquisitionsziel. Als mögliche Interessenten wurden dabei der Fahrzeughersteller PSA im Rahmen seiner Push-to-Pass-Strategie sowie verschiedene Private-Equity-Unternehmen genannt. Nun hat mit Bain Capital ein Private-Equity-Unternehmen mit langjährigen Erfahrungen im Aftermarket den Deal gemacht.
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Das Beste kombinieren
Als schneller Quick Win werden zunächst die Einkaufspreise verglichen und Rücksprache mit den Zulieferern zur Anpassung arrangiert. Weiter führt dies zur Bündelung des Einkaufsvolumens für einen noch besseren Einkaufspreis oder verbesserte Zielvereinbarungen. Durch den Onlinekanal können verschiedene Marken noch besser auch kurzfristig durch SEO, SEM und Kampagnen vermarket werden – unter anderem der Absatz der eigenen Handelsmarke AD. Auch können die Webshopkunden in eine AD-Werkstatt gesteuert werden. Oscaro könnte die Standorte der Autodis Group und/oder ihrer Partnerhändler nutzen, um eine untertägige Belieferung anzubieten. Außerdem kann ein Technologievorteil durch Oscaros Ersatzteilpreisanalyse für dynamische Ersatzteilpreise im Audis-Group-Ersatzteilkatalog genutzt werden. Insgesamt könnten somit die Welten zwischen dem B2C-Webshop und dem traditionellen Teilehandel komplett verschmelzen und damit das Beste aus beiden Welten vereinen.
Auch in Deutschland vorstellbar
„Durch den Onlinekanal können verschiedene Marken noch besser durch SEO, SEM und Kampagnen vermarktet werden.“ René Herrmann, ICDP
Auch in Deutschland ist ein solcher Zusammenschluss vorstellbar, um die Vorteile der Online- und Offlinewelt zu nutzen. Die größten, deutschen Webshops sind: Autodoc, ATP und kfzteile24. Unter besonderer Beobachtung steht insbesondere kfzteile24. Seit 2015 sind die Mehrheitsanteile in Besitz des Private-Equity-Unternehmens EQT Mid Market. Dessen Ziel ist klar: das Wachstum, sowohl im Bereich des Webshops als auch des bestehenden Filialnetzes, zu unterstützen. Ein besonderer Fokus wird auf die Entwicklung des Onlineangebots gelegt, wobei die Erfahrung von EQT im E-Commerce genutzt werden kann. Darüber hinaus enthält der Geschäftsplan Investitionen in Kapazitätserweiterungen und Betriebseffizienz. Erfahrungen aus ähnlichen Beteiligungen zeigen, dass eine Trennung nach fünf Jahren immer wahrscheinlicher wird, sobald ein finanzkräftiger Käufer ein passendes Angebot unterbreitet. Das wäre gegebenenfalls die Möglichkeit von traditionellen Teilehändlern, in das Onlinegeschäft einzusteigen. W
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„Digitale Monostrukturen der Autohersteller drohen“ GVA-Präsident Hartmut Röhl setzt sich mit seinem kleinen Team unermüdlich für die Interessen des freien Kfz-Teilegroßhandels ein. Im amz-Interview äußert er sich zu den aktuellen Herausforderungen. INGO JAGELS
Herr Röhl, der Designschutz ist ein Thema, das die Branche schon seit langer Zeit bewegt. In letzter Zeit gab es durchaus Bewegung in der Sache. Wie ist der aktuelle Stand? Die Reparaturklausel hatte es ja vergangenes Jahr in den Koalitionsvertrag der Bundesregierung geschafft.
» Röhl: Worüber wir uns auch sehr gefreut haben, denn der GVA setzt sich wie viele andere Akteure der Automobilwirtschaft aber auch wie Vertreter von Versicherern und der Verbraucher für eine Liberalisierung des Marktes für sichtbare Kfz-Ersatzteile ein. Gemeinsam mit diesen Partnern und unserem europäischen Dachverband FIGIEFA haben wir schon vor und während der Koalitionsverhandlungen dafür
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25 JAHRE nach Inkrafttreten der Gesetzesänderung könnten Fahrzeughersteller weiterhin ein Monopol für entsprechende Teile für sich beanspruchen.
gesorgt, dass bei den Politikern das Thema auf dem Radar war. Im vergangenen September hat dann das Bundesjustizministerium einen Referentenentwurf vorgelegt, der u. a. die Einführung der Reparaturklausel in das deutsche Designgesetz vorsieht. Dieser Entwurf wurde am 15. Mai vom Bundeskabinett verabschiedet und an den Bundestag übermittelt.
Völlig zufrieden haben Sie sich ja nicht mit dem Entwurf gezeigt …
» Röhl: Der Kabinettsbeschluss enthält einen Bestandsschutz für bereits eingetragene beziehungsweise angemeldete Designs. Fahrzeughersteller könnten so bis zu 25 Jahre nach Inkrafttreten der Gesetzesänderung weiterhin ein Monopol für
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Ein wichtiges Thema sind auch die technischen Informationen. In einem Musterprozess haben Sie einen asiatischen Fahrzeughersteller auf Zugang zu Informationen zur Fahrzeug- und Ersatzteilidentifikation verklagt. Wie sind die Aussichten?
» Röhl: Eine Prognose zu Erfolgsaussichten vor Gericht ist wie immer sehr schwierig, wir wissen aber gute Argumente auf unserer Seite. Aus unserer Sicht verpflichten die Euro-5/6-Verordungen für Pkw und die Euro-VI-Verordnung für Nkw die Fahrzeughersteller, den unabhängigen Markteilnehmern Daten zur Teileidentifikation in elektronischer Form zur unmittelbaren elektronischen Weiterverarbeitung zur Verfügung zu stellen. Das geschieht regelmäßig nicht, wodurch die Wettbewerbsfähigkeit etwa von freien Teilehändlern bedroht wird.
Foto: GVA
entsprechende Teile für sich beanspruchen. Das ist weder für die Autofahrer befriedigend, die weiterhin unter hohen Ersatzteilpreisen leiden würden, noch ist es für unabhängige Marktteilnehmer akzeptabel, die dadurch fortgesetzt vom Wettbewerb ausgeschlossen würden. Auch wäre es gegen den Sinn des Gesetzes, welches den Wettbewerb stärken will, wie es schon in dessen Namen heißt. Die Liberalisierung sollte daher für den gesamten Fuhrpark kommen. Wir werden den weiteren Gesetzgebungsprozess eng begleiten, um die Interessen der Verbraucher an bezahlbaren Ersatzteilen und das Interesse unserer Mitglieder an fairem Wettbewerb zu wahren. Man darf nicht vergessen, dass ein Viertel bis ein Drittel des Umsatzes im Ersatz- und Verschleißteilmarkt auf Produkte entfällt, die potenziell unter den Designschutz fallen können. Unsere Mitglieder leiden also stark unter diesen Monopolen der Autobauer, deren rechtliche Basis man in vielen anderen Staaten Europas bereits aufgelöst hat. Der Bundestag ist zu Nachbesserungen aufgefordert. GVA-Präsident Hartmut Röhl.
„Angesichts der wachsenden Komplexität der Fahrzeuge ist die Identifikation der Ersatzteile von ganz wesentlicher Bedeutung.“
Inwiefern wird diese dadurch bedroht?
» Röhl: In Zeiten zunehmender Modell- und Variantenvielfalt sowie angesichts der wachsenden technischen Komplexität moderner Fahrzeuge ist die Fähigkeit zur Identifikation der für Wartung und Reparatur eines Autos benötigten Ersatzteile von ganz wesentlicher Bedeutung. Die unabhängigen Marktbeteiligten haben bislang zumeist keinen Zugriff auf das Sonderwissen des Fahrzeugherstellers, welches Fahrzeug mit welcher spezifischen Konfiguration sich hinter der VIN verbirgt. Das hindert etwa den freien Teilehandel daran, den Werkstätten markenübergreifende Kataloge auf Basis einer eindeutigen, VIN-basierten Ersatzteiliden- .
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Die Identifikation der Ersatzteile dürfte sich ab 2020 vereinfachen.
tifikation anzubieten. Das ist ein gewaltiger Wettbewerbsnachteil etwa bezüglich der Identifikation des passenden Ersatzteils für ein bestimmtes Fahrzeug. In der Praxis kann es so zu Fehllieferungen kommen oder die Notwendigkeit entstehen, mehrere Teile zu liefern, unter denen die Werkstatt das passende aussucht. Das ist für alle Seiten aufwendig und teuer.
Im nächsten Jahr kommt die neue Typgenehmigungsverordnung. Sind dann nicht die Probleme bei der Ersatzteilidentifikation ohnehin vom Tisch?
» Röhl: Richtig, ab September 2020 kommen neue Typgenehmigungsregeln für den gesamten Fuhrpark zur Anwendung. Darin ist ohne jeden Interpretationsspielraum festgelegt, dass die unabhängigen Marktteilnehmer Zugang zu den Ersatzteil- und Fahrzeugidentifikationsdaten der Fahrzeughersteller in Form von maschinenlesbaren und elektronisch verarbeitbaren Datensätzen erhalten müssen. Ein BGH-Urteil kann allerdings den Druck auf Fahrzeughersteller weiter erhöhen, diesen Regeln auch unverzüglich nachzukommen und mögliche Phantomdebatten etwa um technische Details des Datenzugangs abzukürzen. Wir haben in der Vergangenheit leider lernen müssen, dass Fahrzeughersteller versuchen, Dinge, die ihnen nicht genehm sind und die sie auch nicht verhindern können, zu verzögern. Nur durch möglichst hohen Druck kann man diesem Verhalten entgegenwirken.
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» Röhl: Man kann die Rolle der Fahrzeugvernetzung für den Wartungs- und Reparaturmarkt der Zukunft, aber in wichtigen Ansätzen auch schon heute, kaum überbewerten. Berichte aus dem Markt und verschiedene Studien weisen darauf hin, dass immer mehr Umsatz über Vernetzungslösungen generiert werden kann. Das bedeutet, wer den Zugang zu den Daten und Ressourcen im Fahrzeug hat, macht das Geschäft. Die Reparatur beginnt zukünftig oft bereits automatisch direkt im Fahrzeug und nicht erst nach aktiver Entscheidung des Fahrzeughalters. Vor diesem Hintergrund ist es begrüßenswert, dass in der Branche an Konzepten und Geschäftsmodellen gearbeitet wird, was unabhängige Marktteilnehmer mit den Daten machen können, wenn der geeignete Zugang dazu vorhanden sein wird.
Woran mangelt es denn im Moment?
Wie weit sind Sie vor Gericht gekommen?
» Röhl: Mittlerweile sind wir vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) angelangt. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat im vergangenen Jahr dem EuGH die inhaltlich entscheidenden Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt. Wenn es zeitlich gut läuft, könnte der BGH dann aufbauend auf dem Votum des EuGH noch in diesem Jahr seine Entscheidung fällen.
Die Bedeutung der Vernetzung für den Aftersales-Service wächst weiter. Im freien Markt gibt es eine Reihe von Initiativen dazu, aber der große Durchbruch scheint noch nicht gelungen zu sein.
„Man kann die Rolle der Fahrzeugvernetzung für den Wartungsund Reparaturmarkt kaum überbewerten.“
» Röhl: Derzeit ist zu beobachten, dass Fahrzeughersteller auf Vernetzungslösungen setzen, die Dritte ausschließen. Der freie Markt kann aktuell eigentlich nur über OBD-Dongles Zugang zu Echtzeitdaten aus dem Fahrzeug erhalten, und diese sind dann im Umfang beschränkt oder enthalten nicht die notwendigen Informationen, die für die Entwicklung oder besser gesagt für den Betrieb von Anwendungen des freien Marktes notwendig sind. Als GVA setzen wir uns für eine offene Telematikplattform im Fahrzeug ein, über die unabhängige Marktteilnehmer auf Wunsch des Autofahrers Zugriff auf für spezifische Anwendungen notwendige Daten und Ressourcen des Fahrzeugs erhalten. Wie Sie sehen ist unser altbekannter Slogan, dass wir für die Wahlfreiheit der Verbraucher eintreten, auch im Digitalzeitalter aktuell. Bisher von Fahrzeugherstellern präsentierte Ansätze zur Umsetzung, etwa die im Rahmen der E-Call-Verordnung aufgestellten Rahmenanforderungen an Vernetzungslösungen, leisten das nicht. Unabhängige Marktteilnehmer dürfen beim Datenzugang nicht von ihren schärfsten Wettbewerbern abhängig werden. Genau das droht aber, wenn die Daten über Server geroutet werden, die direkt oder indirekt unter Kontrolle der Fahrzeughersteller stehen.
Die Fahrzeughersteller bringen auch neutrale Server ins Spiel, über die die Marktteilnehmer Zugang zu den Daten erhalten sollen. Warum ist das aus Ihrer Sicht für den freien Markt keine gangbare Lösung?
» Röhl: Bei einem neutralen Server oder auch bei einem sogenannten Shared Server, den sich die verschiedenen
Der freie Kfz-ServiceMarkt 2019
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Akteure teilen, hätten unabhängige Marktteilnehmer auf den ersten Blick zwar einen gleichberechtigten Zugang zu den Daten aber nicht zu den Ressourcen im Fahrzeug. Wir möchten und müssen mit unseren Anwendungen aber auch auf die Displays in den Fahrzeugen, wenn der Autofahrer das wünscht. Im Zeitalter der Digitalisierung ist nicht nur die Schnittstelle zur Technik wichtig, sondern auch die zum Anwender, beziehungsweise in diesem Fall zum Autofahrer. Fehlt dieser Zugang, kann man keine konkurrenzfähigen Angebote unterbreiten. Dann drohen digitale Monokulturen der Fahrzeughersteller im Auto, die weitere Innovationen in diesem Bereich bremsen. Auch aus Sicht der Fahrzeughersteller wäre das wohl unklug. Es wäre, als würde Apple sagen: „Wir lassen nur noch unsere eigenen Anwendungen in unseren App Store und auf unsere Geräte.“ Die Attraktivität des gesamten Produkts für den Kunden würde darunter leiden. Das wäre übertragen auf das Automobil ebenso fatal, werden doch die digitalen Anwendungen und Möglichkeiten, die ein Fahrzeug bietet, immer wichtiger für den Kunden und damit ein wichtiges Differenzierungsmerkmal für die Hersteller. Ich bin mir sehr sicher: Von einer offenen Telematikplattform im Fahrzeug profitieren nicht nur die Autofahrer und unabhängige Marktteilnehmer, sondern auch die Hersteller.
„Unabhängige Marktteilnehmer dürfen beim Datenzugang nicht von ihren schärfsten Wettbewerbern abhängig werden.“
In Kürze startet durch die EU-Kommission die Evaluierung der Aftermarket-GVO, die seit 2010 den Wettbewerb im Ersatzteilund Reparaturmarkt regelt. Wie fällt Ihr Fazit aus und wie wird es weitergehen?
» Röhl: Ohne der Evaluierung vorausgreifen zu wollen kann man wohl sagen, dass ein Regelwerk, das fairen Wettbewerb zwischen Fahrzeugherstellern und dem IAM ermöglicht, nach wie vor wichtig ist, wenngleich es sicher Defizite in der Durchsetzung und Überwachung gibt. Die aktuellen Regeln gelten noch rund vier Jahre. Als GVA werden wir uns gemeinsam mit unserem internationalen Dachverband FIGIEFA intensiv in den Evaluierungsprozess einbringen. Der erste Schritt ist die Erstellung einer sogenannten Road Map, also eines Fahrplans für die Evaluierung. Dafür haben wir substanzielle Vorschläge eingebracht. Wie die Regeln ab 2023 aussehen, ist noch nicht absehbar. Wir werden uns aber selbstverständlich dafür einsetzen, dass es auch zukünftig einen geeigneten rechtlichen Rahmen gibt, der den fairen Wettbewerb schützt. W
Weil ohne die offene Telematikplattform in den Autos digitale Marktplätze beziehungsweise Plattformen rund um Produkte und Dienstleistungen fürs Auto also weniger attraktiv für den Autofahrer wären?
» Röhl: Die Angebotsseite dieser digitalen Marktplätze oder Plattformen wäre eingeschränkt, wenn unabhängige Marktteilnehmer keinen direkten Zugang zu den Daten und Ressourcen im Fahrzeug haben. Darunter würde die Attraktivität des Marktplatzes insgesamt leiden. Wie gesagt: Die digitalen Fähigkeiten eines Autos gewinnen gegenüber dem reinen Fahren immer mehr an Wichtigkeit beim Kunden. Wenn die Fahrzeughersteller nicht aufpassen, könnte einer der Hightechgiganten aus dem Silicon Valley Pläne für den Bau eines eigenen Fahrzeugs aus der Schublade holen und diese umsetzen. Die Ressourcen dafür sind dort quasi in der Kaffeekasse vorhanden. Schon bei der E-Mobilität wurden die etablierten Hersteller von einem ehemals kleinen Start-up wie Tesla überrascht. Wie soll das erst bei der Vernetzung werden, wenn einer der Billionen-Dollar Konzerne wie Apple, Google oder Amazon sich entschließt, es selbst besser zu machen als die Etablierten und ausgehend von seiner IT-Kernkompetenz noch das „bisschen“ Mechanik ergänzt oder zukauft und ein eigenes Auto auf den Markt bringt? Das wäre dann wohl wirklich disruptiv für die Automobilwirtschaft.
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Wettbewerb der Zukunft: Was wird aus der GVO? Für den Vertrieb von Ersatzteilen und Werkstattleistungen gelten in der EU besondere Regeln, die den Wettbewerb schützen. Die aktuelle KfzGVO gilt zwar noch bis 2023, Brüssel berät aber bereits über das nachfolgende Regelwerk. Die Neugestaltung wird sich auf freie Werkstätten und Teilegroßhandel auswirken. DR. THOMAS G. FUNKE
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a Fahrzeughersteller über hohe Marktanteile im Service- und Ersatzteilmarkt verfügen, hat sich die Europäische Kommission in der Vergangenheit wiederholt dafür entschieden, sektorspezifische Regeln zu erlassen, die über die Wettbewerbsnormen für andere Branchen hinausgehen. Diese verhindern vor allem, dass der Fahrzeughersteller seinen Zulieferern und seinen Vertragswerkstätten Bedingungen auferlegt,
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„Wettbewerb fördert die Qualität.“
die den Wettbewerb im Ersatzteil- und Werkstattmarkt zum Nachteil der Verbraucher einschränken würden. Wettbewerb fördert die Qualität und senkt die Preise zum Vorteil der Verbraucher. Das EU-Recht verbietet daher Kartelle und steht Marktmacht und Monopolen kritisch gegenüber. Auch Vertriebsverträge über Ersatzteile und Werkstattleistungen dürfen den Wettbewerber nicht unzulässig beschränken. So
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Der freie Kfz-ServiceMarkt
können Teilehersteller oder Großhändler zwar unverbindliche Preisempfehlungen für ihre Produkte aussprechen, aber die Werkstätten keineswegs zwingen, diese im Weiterverkauf auch zu beachten. Wären solche Preisvorgaben erlaubt, würden alle Werkstätten identische Preise im Markt verlangen und der Wettbewerb zwischen ihnen würde unzulässig beschränkt. Daher überwachen das Bundeskartellamt und die Europäische Kommission nicht nur Fusionen und Kartellabsprachen zwischen Wettbewerbern, sondern auch Vertriebsverträge. Bei Verstößen werden teils immense Bußgelder verhängt.
Zulieferer und Ersatzteilwettbewerb
Der Zugang der Zulieferer zum Ersatzteilmarkt ist von großer Bedeutung für einen funktionierenden Wettbewerb. Wo Zulieferer ihre Produkte nicht nur für die Erstausrüstung fertigen, sondern auch als Ersatzteile unmittelbar an den Teilegroßhandel oder die Werkstätten verkaufen können, wird der Wettbewerb belebt. Dies ist für Kunden vorteilhaft im Vergleich zur indirekten Belieferung, bei der Zulieferer ihre Ware zunächst an den Automobilhersteller liefern und sie erst dann – mit preislichem Aufschlag – in den Markt gelangt. Von diesen Vorteilen profitiert letztlich auch der Verbraucher, der nach Beobachtung der Wettbewerbsbehörden immer wieder unter hohen Ersatzteilpreisen leidet. Daher sieht die aktuelle Kfz-GVO vor, dass ein Fahrzeughersteller seinem Erstausrüster nicht verbieten darf, seine Produkte als Ersatzteile unmittelbar in den freien Markt zu verkaufen. Selbst die Belieferung von Vertragswerkstätten darf der Fahrzeughersteller seinem Zulieferer nicht untersagen – insoweit unterscheidet sich das Regelwerk für die Automobilwirtschaft von den Regeln, die für andere Branchen gelten. Würden also die sektorspezifischen Regeln nicht verlängert, könnte der Fahrzeughersteller die Marktchancen der Zulieferer und damit auch die Wahlmöglichkeiten der Vertragswerkstätten stärker einschränken als bisher. Vertragswerkstätten dürfen neben den Produkten des Fahrzeugherstellers auch Ersatzteile aus dem freien Markt verwenden, sofern diese ihrer Qualität nach wenigstens gleichwertig sind. In diesem Zusammenhang verwendet die Kfz-GVO die Begriffe Originalersatzteil (ein Teil, das nach den Vorgaben des Fahrzeugherstellers gefertigt ist) und qualitativ gleichwertiges Ersatzteil (ein Teil, das geringfügige Unterschiede zum Erstausrüstungsteil aufweist, diesem aber insgesamt in Eignung oder Haltbarkeit wenigstens ebenbürtig ist). Beide können von Vertragswerkstätten eingesetzt werden. Ausnahmen gelten im Rahmen von Rückrufaktionen oder Gewährleistungsarbeiten, bei denen der Fahrzeughersteller die Arbeit der Vertragswerkstatt vergütet und daher auch über die zu verwendenden Teile entscheiden darf.
Der freie Kfz-ServiceMarkt 2019
2023 GÜLTIGKEIT: Die aktuelle Regelung für Reparatur, Wartung und Ersatzteilvertrieb gilt bis zum 31. Mai 2023.
Die aktuelle Kfz-GVO bestimmt weiterhin, dass ein Fahrzeughersteller seinem Zulieferer in der Regel nicht untersagen darf, sein eigenes Markenzeichen auf einem Erstausrüstungsteil anzubringen. So finden sich dann auf der Erstausrüstungskomponente häufig das Markenzeichen des Fahrzeugherstellers und das des Zulieferers, weshalb die Regelung auch als Dual Branding bekannt ist. Ist das Teil verschlissen und wird in der Werkstatt ausgebaut – so der Hintergedanke des europäischen Gesetzgebers –, erkennt der Mechaniker anhand des Logos den ursprünglichen Teilehersteller und wird so ermutigt, das entsprechende Ersatzteil von diesem zu beziehen. Welche Rolle diese optische Identifikation von Ersatzteilen im Wettbewerb noch spielt, wird dafür mitentscheidend sein, ob diese Regelung über die aktuelle Kfz-GVO hinaus eine Zukunft haben wird. Immerhin werden Ersatzteile häufig bestellt, bevor das verschlissene Teil ausgebaut ist. Letztlich wird sich der Gesetzgeber für die künftigen Regeln davon leiten lassen, welche nachweisbaren Wirkungen die bisherigen Regelungen hatten.
Ersatzteilzugang für Werkstätten
Weiterhin bestimmt das derzeit geltende europäische Recht, dass der Fahrzeughersteller seinen Vertragswerkstätten nicht untersagen darf, Ersatzteile an eine freie Werkstatt zu verkaufen. Dies ist nicht selbstverständlich. In anderen Branchen kann ein Markenhersteller seinen Vertragshändlern sehr wohl untersagen, seine Markenprodukte an Händler weiterzuverkaufen, die nicht zum Vertriebsnetz gehören – so können Gucci oder Prada verhindern, dass ihre Handtaschen oder Sonnenbrillen auf den Verkaufstischen von Aldi oder Lidl landen. Der .
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Der freie Kfz-ServiceMarkt
Recht komplex: Für die Evaluierung der Kfz-GVO hat Brüssel einen genauen Fahrplan aufgestellt.
Wettbewerb im Werkstattmarkt hingegen ist dem europäischen Gesetzgeber wichtiger gewesen als das Interesse des Fahrzeugherstellers an der Geschlossenheit seines Vertriebssystems. Da etliche Ersatzteile über den Automobilhersteller verfügbar sind, ohne dass es Alternativen aus dem freien Markt gäbe und die freie Werkstatt die Reparatur ohne diese Monopolteile nicht durchführen könnte, hängt die Wettbewerbsfähigkeit der freien Werkstatt vom Zugang zu diesen Teilen ab. Deswegen trägt die aktuelle Kfz-GVO dazu bei, dass freie Werkstätten benötigte Ersatzteile auch von Vertragswerkstätten beziehen können. Verkäufe an Endverbraucher allerdings kann ein Markenhersteller auch in anderen Branchen kaum beschränken. Sollten die aktuellen Regeln für den Automobilsektor nicht verlängert werden und auch die Möglichkeiten des freien Großhandels zum Bezug von Teilen vom Fahrzeughersteller nicht stärken (was wohl eine Ideallösung für den freien Markt wäre), könnte die Europäische Kommission Werkstätten künftig Endverbrauchern gleichsetzen, um so den Zugang zu Teilen zu gewährleisten. Für eine solche Lösung lässt sich anführen, dass Werkstätten die Ersatzteile nicht isoliert weiterverkaufen, sondern für die Erbringung der Werkstattleistung auswählen und im Kundenfahrzeug verbauen. Eine
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solche rechtliche Lösung würde auch freien Werkstätten in anderen Branchen helfen, die über Schwierigkeiten beim Ersatzteilbezug klagen – dies gilt etwa für Uhrmachermeister oder Motorradfachbetriebe.
Garantieerhalt und Datenzugang
„Die aktuelle europäische Gesetzgebung in der Kfz-GVO wird ergänzt durch Leitlinien.“
Die Gesetzgebung in der Kfz-GVO wird ergänzt durch Leitlinien. Diese sind für die Auslegung des Kartellrechts hilfreich, allerdings für Gerichte nicht bindend. So tendieren die Leitlinien dahin, dass jede Werkstatt, die in das Netz eines Fahrzeugherstellers aufgenommen werden möchte und dessen Kriterien erfüllt, auch aufzunehmen ist. Die Gerichte hingegen haben die Entscheidungsfreiheit des Fahrzeugherstellers in einzelnen Verfahren stärker gewichtet. Ebenso betonen die Leitlinien, dass ein Fahrzeughersteller die Mängelbeseitigungsrechte des Kunden (Gewährleistung und Garantie) nicht davon abhängig machen darf, dass dieser die regelmäßigen Inspektionen nur von Vertragswerkstätten durchführen lässt. Es soll alleine darauf ankommen, wer den Mangel verursacht hat. Auch wenn dieses Thema in der Praxis immer noch für Abgrenzungsprobleme sorgt, haben sich doch die Garantiebedingungen etlicher Fahrzeughersteller aufgrund der Leitlinien zur Kfz-GVO im Laufe der Zeit zum Vorteil der Verbraucher verbessert.
Der freie Kfz-ServiceMarkt 2019
Der freie Kfz-ServiceMarkt
Die Leitlinien besagen auch, dass ein Fahrzeughersteller freien Marktbeteiligten Zugang zu technischen Informationen für die Wartung oder Instandsetzung zu gewähren hat. Dies gilt nicht nur zum Vorteil von freien Werkstätten, sondern auch für Teilehändler, Teilehersteller, Datenanbieter oder Diagnosegerätehersteller. Wie und wie weit der Zugang zu gewähren ist und wie hoch die Gebühren sein dürfen, ist Gegenstand mehrerer rechtlicher und kommerzieller Auseinandersetzungen. Die Auslegung der entsprechenden Typzulassungsnormen beschäftigt sogar den Europäischen Gerichtshof. Die Vernetzung und Automatisierung von Fahrzeugen wird dazu führen, dass der Zugang zu Daten für den Wettbewerb noch wichtiger wird. Hier ist Brüssel in besonderer Weise gefragt. W
Der Autor
Der freie Kfz-ServiceMarkt 2019
„Die Auslegung der entsprechenden Typzulassungsnormen beschäftigt sogar den Europäischen Gerichtshof.“
NEU
4 Foto: Osborne Clarke
DR. THOMAS G. FUNKE leitet in der internationalen Wirtschaftskanzlei Osborne Clarke die Praxisgruppe Kartellrecht. Er vertritt Unternehmen gegenüber dem Bundeskartellamt sowie der EU-Kommission im Rahmen der Fusionskontrolle, in Sektoruntersuchungen und Ermittlungsverfahren sowie in den Bereichen Vertrieb und Compliance. Bei der Durchsetzung von Kartellschadensforderungen hat er Grundsatzentscheidungen vor dem Europäischen Gerichtshof und dem Bundesgerichtshof erwirkt. Thomas G. Funke wird vom Fachmagazin „Global Competition Review“, von Legal 500 und in „Who’s who Legal: Competition 2016“ empfohlen, sein Team war 2014 nominiert als „Juve“-Kartellrechtskanzlei des Jahres. Er hat zahlreiche Aufsätze zum Kartellrecht der Automobilwirtschaft und zur Kartellschadensrichtlinie verfasst, ebenso wie Kommentierungen zum Kartellverfahrensrecht (Luchterhand) und zum Internationalen Kartellrecht (C.H. Beck). Er ist Mitautor des Buches „Fusionskontrolle beim Unternehmenskauf“. Nach dem Studium in Bonn, Caen, Lausanne, Berkeley und Virginia (LL.M.), Referendariat in Köln und Brüssel sowie der Promotion (Dr. jur.) ist er seit 2002 als Rechtsanwalt bei Osborne Clarke tätig, seit 2009 als Partner.
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ABE
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Qualität muss nicht teuer sein Für freie Werkstätten und ihre Kunden bieten die Eigenmarken der Teilegroßhändler hochwertige und zugleich preisgünstige Alternativen zum Angebot der Markenhersteller. Ein Überblick. HOLGER PINNOW-LOCNIKAR
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„Wir haben eine einheitliche Farbgebung, die in der Werkstatt gut aussieht.“ L. Rybinsky, WM SE
tenzial. Neben einer Vielzahl von Spezialisten, die zum Beispiel gebrauchte Motorenteile aufbereiten, haben sich auch einige Grossisten etabliert, die mit ihren Eigenmarken ein breites Sortiment für den Aftermarket bereithalten. Und wie bei den erwähnten Weißmarken stecken in den Verpackungen und Designs der Eigenmarken bewährte Markenprodukte, die von den Kooperationspartnern – Markenhersteller oder deren Vorlieferanten – produziert werden. Auch für
Foto: WM SE
er Markt offeriert ein vielfältiges Sortiment, von der Hebebühne bis zum Motoröl. Ähnlich wie die Weißmarken im Supermarkt geben die Eigenmarken ein Qualitätsversprechen, das sich nicht in einem erhöhten Preis ausdrückt. Die Nachfrage nach preiswerten Alternativen im Bereich von Ersatzteilen, Verschleißteilen und Fahrzeugchemie, gerade für Reparaturen an gebrauchten Fahrzeugen oberhalb des Garantiealters, bietet ein erhebliches Marktpo-
Bunt gibt es woanders: Was edel daherkommt, ist schwarz, anthrazit oder dunkelgrau.
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Der freie Kfz-ServiceMarkt 2019
Der freie Kfz-ServiceMarkt
Foto: Holger Pinnow-Locnikar
diese ist es ein einträgliches Zusatzgeschäft, denn über die Eigenmarken werden zusätzliche Märkte bedient. Der Nutzen überwiegt auch die sogenannten Kannibalisierungseffekte, also die Konkurrenz des Markenprodukts mit dem Eigenmarkenpendant. Für die großen Handelsunternehmen lohnt sich das Geschäft mit der Eigenmarke ebenfalls, denn diese ist ein gewaltiges Kundenbindungsinstrument: Wer zum Beispiel mit der Werkstattausrüstung gute Erfahrungen gemacht hat, kauft aus selber Hand auch gern andere Produkte. Ganz wichtig sind dabei die Serviceleistungen: Neben zertifizierter Erstausrüsterqualität und dem oft günstigeren Preis sind Verfügbarkeit und kurze Lieferzeiten wichtige Argumente. Meist haben die Anbieter eigene Katalogsysteme, in denen Fahrzeugteile fahrzeugspezifisch gesucht und gefunden werden können. In der Regel sind Teile innerhalb eines Tages lieferbar.
WM SE
Der freie Kfz-ServiceMarkt 2019
Vom Filter über Reinigungsgeräte bis hin zur Hebebühne gibt es bei Repstar bezahlbare Erstausrüsterqualität.
mie, Motoren-, Getriebe- und Hydrauliköle zu attraktiven Preisen und in Erstausrüsterqualität definieren den Selbstanspruch der Marke. Das Portfolio umfasst Öle, Sprays, Pasten und Spachtelmassen, Lacke und Winterchemie, aber auch Starterbatterien und ein umfangreiches Sortiment an Leuchtmitteln, Reifendruck-Kontrollsysteme und Innenraumfilter. Generatoren und Starter sind ebenfalls im Angebot, dazu für die Werkstatt Reifenmontier- und Wuchtmaschinen, Hebebühnen und kleinere Servicegeräte. Bei Repstar versucht man immer, nah an den Trends zu bleiben. So wird es zum Beispiel ab dem Herbst schwarze RDKS-Ventile geben, weil schwarze Alufelgen gerade in Mode kommen. Insgesamt möchte WM SE die Marke durch den Ausbau des Sortiments und kontinuierliche Optimierung am Markt festigen als gute Adresse für Qualität vom Fachmann.
Lukas Rybinski, Gebietsleiter Werkstattausrüstung bei WM
Coparts
Foto: Holger Pinnow-Locnikar
Mit zwei Eigenmarken ist WM SE auf dem Markt präsent. Dabei decken die Marken Monochrom und Repstar ein unterschiedliches Portfolio ab. Die durchgängig in Schwarz und Anthrazit gehaltene Eigenmarke Monochrom ist im Premiumsegment beheimatet. Das macht sich an verschiedenen Aspekten bemerkbar, etwa dem Garantieumfang und der Lieferausstattung. Grundsätzlich basieren die Monochrom-Geräte auf den Standardausführungen der Markenhersteller, bieten aber neben dem eigenen Design eine verbesserte Ausstattung. „Zum Beispiel haben wir eine Hebebühne, die in Qualität und Preis der eines Originalherstellers entspricht, aber wir statten sie in der Monochrom-Version mit einer beidseitigen Bedienung aus“, erläutert Lukas Rybinski, Gebietsleiter Werkstattausrüstung bei WM SE. Für Kfz-Werkstätten hat Monochrom neben der Hebetechnik Diagnosegeräte und -systeme, Geräte für die Reifenmontage, Getriebeheber, Bremsenentlüfter oder auch Kleingeräte im Angebot, dazu neuerdings drei Werkstattwagenmodelle aus der Fertigung von Hazet, Analyse- und Messgeräte und vieles mehr, alles im gleichen dunklen Design. „Das ist für Premiumwerkstätten auch wichtig“, betont Rybinski. „Wo gearbeitet wird, da entsteht Dreck, da sind Fingerabdrücke. So etwas ist Besitzern solcher Werkstätten ein Dorn im Auge. Deshalb haben wir diese einheitliche und pflegeleichte Farbgebung, die im Werkstatteinsatz immer gut aussieht.“ Die Palette wird entsprechend den Marktanforderungen ständig erweitert. Drucklufttechnik und Batterieservice sollen demnächst ins Portfolio kommen. Die Marke Repstar besteht in heutiger Form erst seit der Zusammenführung von WM und Trost. Hochwertige Werkstattausrüstung, Werkstattche-
Die Marke Car1 der Firma Coparts hat sich besonders im Bereich der Werkstattausrüstung etabliert, liefert aber auch häufig benötigte Fahrzeugteile wie Starterbatterien, Leuchtmittel, Innenraumfilter oder Öle. Für die Werkstatt hält man zum Beispiel Klimaservice- oder Scheinwerfereinstellgeräte, Reifenmontiermaschinen oder Hebebühnen bereit. Klassische Verschleißteile gehören dagegen bewusst nicht zum Programm. „Wir setzen hier auf ein gutes Angebot für die Marke und runden das, wenn gewünscht, mit .
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Lieferanten ab, die heute bereits eine Alternative bieten“, beschreibt Geschäftsführer Ulrich Wohlgemuth die klare Ausrichtung auf Kundenbedürfnisse. Er sieht Car1 als eine qualitätsstarke Alternative mit einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis. Die Produkte von Car1 sind im Tec-Doc-Katalog gelistet, was für Werkstätten, die damit bevorzugt arbeiten, ein Vorteil ist.
Carat
Breit aufgestellt ist die Carat-Unternehmensgruppe mit den Eigenmarken Corexx, Men@Work, Ad und Profi Color. Das Angebot verteilt sich mehr oder minder schnittmengenfrei auf die Marken. Von Corexx können die Partnerwerkstätten seit 2015 günstig Ersatzteile in Originalqualität bestellen, das aber ausschließlich bei Ad-Cargo, deren Gesellschafter die Carat-Handelsgruppe ist. Mit den qualitativ hochwertigen Ersatzteilen ermöglicht Carat seinen Werkstattpartnern auch für gebrauchte Fahrzeuge eine zeitwertgerechte Reparatur. Mit mehr als 15.000 Artikelnummern allein für den Pkw-Bereich ist eine hohe Marktabdeckung gewährleistet. Unter dem Label Men@Work vertreibt Carat seit 2009 sein Programm für die Werkstattausrüstung, das mit allem aufwartet, was man sich in die Werkstatt stellen oder legen kann, also Hebebühnen, eine breite Palette an Prüfständen und Testgeräten, Werkstattwagen und vieles mehr. Carat versieht die Eigenmarke mit einem einheitlichen Design für eine wiedererkennbare Corporate Identity, auch um den hohen Anspruch an die Qualität, Nachhaltigkeit und Verfügbarkeit zu unterstreichen. Bei Men@Work sind das Silber und
Stil, den Mann in der Werkstatt mag: Men@Work.
Foto: Coparts
Foto: Carat
Die Produktpalette von Car1 ist umfangreich.
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Schwarz, aber die Marke des eigentlichen Herstellers bleibt als Co-Branding immer sichtbar. Die Marke ist im Premiumbereich angesiedelt und bietet dafür gegenüber vergleichbaren Markenprodukten eine erweiterte Ausstattung. Für die Marke Ad, auch schon seit 1997 auf dem Markt, bleibt das Segment Öle, Betriebs- und Pflegemittel sowie Zubehör. Gestartet mit einer Handvoll Chemieprodukten für die Werkstatt umfasst das international verfügbare Programm heute rund 150 Produkte für Werkstatt und auch Endverbraucher, die diese über ihre Werkstätten beziehen können. Ein neuer Ableger für Reinigungsadditive ist die seit 2017 aufgebaute Eigenmarke Ad Green Line. Generell versteht man sich nicht als Low Budget-Variante, sondern als qualitativ hochwertige Alternative im mittleren Preissegment. Über ein einheitliches Design auch der in den Endkundenverkauf gelangenden Produkte will man für mehr Kundenbindung sorgen.
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Der freie Kfz-ServiceMarkt
Foto: Hess
Markt in Bewegung
Die Anbieter der Eigenmarken unternehmen große Anstrengungen, um ihr Portfolio jederzeit marktund kundengerecht zu halten, denn inzwischen herrscht großer Konkurrenzdruck – auch durch Billiganbieter aus dem Internet. Dabei kann auch schon mal eine Eigenmarke vom Markt verschwinden oder durch eine andere ersetzt werden, wenn sich die bisherige Ausrichtung als nicht konkurrenzfähig oder nicht effizient erweist. Aber gerade in Zeiten, in denen Autoreparaturen immer kostspieliger werden, bleiben Eigenmarken aufgrund ihres Qualitätsversprechens bei einem besser vermittelbaren Preis-Leistungs-Verhältnis wichtige Größen auf dem Markt, mit Vorteilen für alle Seiten: ein Zusatzgeschäft für den OE-Hersteller, ein Umsatzgarant und Kundenbindungsinstrument für den Anbieter, eine Geldbeutel und Gewinnmarge schonende Alternative für die Werkstatt – und ein Preisargument für den qualitätsbewussten Endkunden. W
Vom Verbandskasten bis zum Radlager: Tectimum.
Neben den Grossisten, die vor allem mit ihrem breiten Sortiment an Werkstatteinrichtungen auffallen, gibt es stärker auf Fahrzeugchemie und funktionales Zubehör spezialisierte Eigenmarken wie Tectimum und Cartechnic.
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Hess
Die Hans Hess Autoteile GmbH konzentriert sich mit ihrer Eigenmarke Tectimum auf ausgewählte Ersatzteile und Schmierstoffe von Automobilzulieferern. Neben Starterbatterien, Glühlampen, Innenraumfiltern und Radlagern gibt es Motorenund Getriebeöle oder Bremsflüssigkeiten, Kühlerschutzmittel, Adblue, Bremsenreiniger oder Scheibenfrostschutzmittel. Wesentlicher Claim ist auch hier das Qualitätsversprechen in Verbindung mit einem attraktiven Preis. Für die Zukunft ist ein kleines Sortiment an Handwerkzeugen geplant. Das Sortiment soll darüber hinaus mittelfristig weiter ausgebaut werden.
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Die ATR-Marke Cartechnic ist bereits seit Mitte der 1990er auf dem Markt vertreten. Vergleichbare Qualität zum günstigeren Preis lautet hier das Markenversprechen. Begonnen hat Cartechnik mit Kühler- und Frostschutzmitteln, aber im Laufe der Jahre wuchs das Programm auf rund 700 Produkte an. Dazu zählen Öle für Motoren, Getriebe, Hydraulik und Klima, Autolampen, Pflegemittel, Wischblätter, Starterbatterien und Lackprodukte, die über Kooperationspartner vertrieben werden.
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Foto: Autodoc
Der
Autodoc-Geschäftsführer Alexej Erdle.
Die große Unbekannte im Teilehandel Noch vor ein paar Jahren hatte kaum jemand in der Branche die Online-Teilehandelsplattform Autodoc auf dem Schirm. Nach einer Phase des rasanten Wachstums hat sich das grundlegend geändert. In der kurzen Unternehmensbeschreibung auf der Firmeninternetseite bezeichnet sich Autodoc bereits als „Europas führender Onlinehändler für Autoersatzteile“. Und in der Tat ist der Umsatz des 2008 von Alexej Erdle, Vitalij Kungel und Max Wegner gegründeten Unternehmens in den vergangenen drei Jahren durch die Decke geschossen. Nach vorläufigen Zahlen verkauften die Berliner 2018 Waren im Wert von rund 415 Millionen Euro – in insgesamt 26 Ländern und größtenteils an den Endverbraucher. Ein Jahr zuvor lag der Umsatz noch bei 254 Millionen Euro, 2016 waren es 119 Millionen Euro. Im amz-Interview äußert sich Geschäftsführer Alexej Erdle zur aktuellen Situation und den Plänen des Unternehmens.
Herr Erdle, wie kamen Sie 2008 auf die Idee, Autoteile online zu verkaufen anstatt über Werkstätten oder eigene Shops?
»»Alexej Erdle: Uns war aufgefallen, dass man ein Ersatzteil für sein Auto über die Werkstatt nur sehr teuer bekam, das gleiche Teil aber im Großhandel sehr viel günstiger angeboten wurde. Angesichts des hohen Preisaufschlags in den Werkstätten und im Einzelhandel sahen wir eine Möglichkeit, durch direkte Vermark-
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tung einen Spareffekt um bis zu 70 Prozent zu erzielen. Wir schalten den Zwischenhandel aus und bieten so die gleichen Originalteile wie der stationäre Handel zu einem günstigeren Preis an. Wir hatten das Know-how, einen einfachen Onlinevertrieb selbst aufzubauen und haben direkt angefangen.
Autodoc ist mittlerweile in 26 europäischen Ländern aktiv. Gibt es beim Umsatz regionale Schwerpunkte? Wo sind Sie besonders stark, wo gibt es Nachholbedarf?
»»Erdle: Als deutsches Unternehmen mit Gründungssitz Berlin steht natürlich zunächst der deutsche Markt im Fokus. Insgesamt konnten wir jedoch eine harmonische Umsatzverteilung über alle Märkte verteilt erzielen, auf denen wir aktiv sind. Aktuell legen wir unseren Fokus auf West- und Südeuropa, da hier noch Potenziale zu heben sind.
Sie bieten mehr als 2,5 Millionen Ersatzteile an. Wie ist das organisatorisch und logistisch zu schaffen?
»»Erdle: Die Belieferung erfolgt von zwei großen Zentrallagern. Eins befindet sich direkt am Unternehmenssitz in Berlin-Lichtenberg, das zweite ist in Stettin, Polen. Jedem dieser beiden Zentrallager sind bestimmte Regionen
zugeordnet und werden von dort bedient. Das erlaubt es Autodoc mit seinen Lieferpartnern, strukturelle Wettbewerbsvorteile aufzubauen. Parallel bauen wir weitere Lagerstätten auf und investieren in Lagerhaltungstechnologien, um die Lieferperformance zu steigern.
Funktioniert die Identifikation der Ersatzteile für den Kunden zuverlässig? Mit welchen Systemen arbeiten Sie?
»»Erdle: Das ist in der Tat einer der Knackpunkte in unserem Business. Selbst wenn der Kunde mit den eindeutigen Angaben aus der Zulassungsbescheinigung bestellt, sind bei einigen Marken trotzdem Probleme möglich. Wir investieren extrem in die Ausbildung unserer Mitarbeiter im Kundensupport und der Bestellabwicklung, um hier mögliche Fehllieferungen aufzufangen. Alle Autodoc-Shops arbeiten mit den Produkten der Tec Alliance, womit wir immer die aktuellsten Kfz-Ersatzteildaten haben.
Sie haben eine ganze Reihe von offenen Stellen zu besetzen. Ist das ein Hemmnis für das weitere Wachstum des Unternehmens?
»»Erdle: Richtig, dies ist in der Tat ein zentraler Punkt, den wir lösen müssen. Bislang ist Autodoc sehr organisch und mit einem festen
Der freie Kfz-ServiceMarkt 2019
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freie Kfz-ServiceMarkt
Foto: Autodoc
„Um das weitere Wachstum zu realisieren, suchen wir permanent neue Fachkräfte.“ Alexej Erdle, Geschäftsführer Autodoc
Die Unternehmenszentrale in Berlin.
Stab an Stammmitarbeitern gewachsen. Doch um das weitere überproportionale Wachstum zu realisieren, suchen wir permanent neue Fachkräfte, die sich in einem dynamischen Wachstumsunternehmen beweisen wollen.
Starkes Wachstum muss finanziert werden. Geschah das in den vergangenen Jahren aus eigener Kraft? Oder gibt es einen starken Partner im Hintergrund?
»»Erdle: Hinter dem Namen Autodoc stehen seit der Gründung drei Gründer, wir sind auch privat befreundet. Wir sind aus eigener Kraft gewachsen und haben alle Mittel und Gewinne immer wieder in unser Unternehmen investiert.
Produktgruppen und Regionen investieren zu wollen. Können Sie dazu schon Details verraten?
»»Erdle: Hierzu möchte ich mich momentan nicht äußern.
Wohin soll die Reise denn grundsätzlich gehen und hält das Wachstum an?
»»Erdle: Wir stehen erst am Anfang des Erfolges und sehen noch viele Möglichkeiten und erhebliches Wachstumspotenzial. Der Onlinehandel wächst überproportional zum
stationären Handel, der momentan noch einen Großteil des Gesamtmarkts umsetzt. McKinsey hat im Juni 2017 die Studie „The changing aftermarket game“ publiziert, in der die Unternehmensberatung damit rechnet, dass bis 2035 20 bis 30 Prozent der Ersatzteile online gekauft werden. Es stimmt schon, wir sind die letzten Jahre sehr schnell gewachsen – und wir sind stolz darauf, unseren Umsatz jährlich im hohen zweistelligen Prozentbereich zu erhöhen, ohne dass wir andere Firmen aufkaufen. Wir sehen darin die Bestätigung, dass unser Konzept gebraucht wird. INGO JAGELS W
Bislang beliefert Autodoc praktisch ausschließlich Privatkunden. Ist der Einstieg in das B2B-Geschäft eine Option für das zukünftige Geschäft?
»»Erdle: Aktuell liegt unserer Privatkundenanteil bei über 90 Prozent, daher sehen wir noch erhebliches Potenzial im B2B Geschäft.
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Der Verkauf von Ersatzteilen ist nur eine Seite der Medaille. Die andere besteht darin, zusätzliche Dienstleistungen oder technische Services anzubieten. Planen Sie entsprechende Angebote?
Doppelte Kraft, halber Zeitaufwand mit patentierter Technologie.
»»Erdle: Wir sind uns unserer Stärken bewusst und daher konzentrieren wir uns auf dieses Business. Allerdings nutzen wir Chancen, die wir erkennen.
Neuerdings bieten Sie auch Lkw-Ersatzteile an. Wie ist dieses Geschäft angelaufen? Und wer sind in diesem Bereich die Kunden?
»»Erdle: Dieser Bereich läuft besser als erwartet, überwiegend beliefern wir Do-it-for-meKunden und professionelle Werkstätten.
Neulich haben Sie angekündigt, zum richtigen Zeitpunkt in weitere Der freie Kfz-ServiceMarkt 2019
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Foto: Jagels
Der freie Kfz-ServiceMarkt
Gründer und Geschäftsführer von Caroobi: Nico Weiler und Mark Michl (v. li.).
Ferndiagnose und Festpreise Ein Besuch in der Berliner Firmenzentrale des Werkstattportals Caroobi. Ein grau melierter Herr mit Schraubenschlüssel in der Hand begrüßt auf der Caroobi-Website die Kundschaft. Typ vertrauenswürdiger Kfz-Meister. Vom Alter her könnte er wohl der Vater der beiden jungen Männer sein, die tatsächlich hinter dem Werkstattportal stehen. Mark Michl und Nico Weiler haben die Onlinemeisterwerkstatt vor drei Jahren gegründet – seitdem hat sich das Unternehmen, das seinen Kunden Reparaturen und Serviceleistungen zum Festpreis vermittelt, zu einem Star der deutschen Start-up-Szene entwickelt. Schließlich haben verschiedene Geldgeber, allen voran BMW, in den vergangenen Jahren in Summe rund 27 Millionen Euro investiert. Dabei wären die beiden Jungunternehmer selbst nicht einmal ansatzweise in der Lage, Autos fachgerecht zu reparieren. Sie sind keine Kfz-Meister und haben keinen Gesellenbrief aus dem Kfz-Gewerbe in der Tasche. Müssen sie auch nicht, da die Reparaturarbeiten in rund 750 regionalen Partnerwerkstätten ausgeführt
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werden. Trotz oder vielleicht gerade wegen der fehlenden Branchenkenntnis haben sie aber messerscharf erkannt, wo in den Abläufen des täglichen Werkstattgeschäfts der Bedarf für ein intelligentes digitales Geschäftsmodell besteht.
„Wir haben mittlerweile viel Erfahrung bei der Erfassung von Schäden.“ Mark Michl, Unternehmensgründer Onlinemeisterwerkstatt
Wie kann man sich abheben?
Gleichwohl war es keinesfalls so, dass es vor Caroobi noch keine Internetplattformen für die Vermittlung von Werkstattaufträgen gegeben hätte. Die Auswahl für den Autofahrer war auch vor drei Jahren schon groß. Irgendetwas müssen die Berliner offenbar anders gemacht haben, dass es ihnen gelungen ist, sich abzuheben. Bei einem Besuch in der Zentrale in Berlin wollen wir dieser Frage auf den Grund gehen. Rund 130 Personen sind in den direkt gegenüber vom Alexanderplatz gelegenen Büroräumen tätig. Was einem sofort ins Auge fällt: Hier arbeiten fast nur junge Leute. Ein großer Teil zählt noch keine 30 Jahre. Die Frage, ob es überhaupt jemanden gibt, der die 40 überschritten hat, kann
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Der freie Kfz-ServiceMarkt
Geschäftsführer Mark Michl spontan nicht beantworten. Einen Kollegen gebe es wohl, so ganz sicher sei er sich aber nicht. Überhaupt vermitteln die Büroräume den Eindruck einer großen Studentenwohngemeinschaft. Die Einrichtung ist schlicht und funktional. Viele Schreibtische, Laptops, große Bildschirme und der eine oder andere noch viel größere Monitor an der Wand, der in Echtzeit über die Zugriffszahlen der Homepage informiert – das war es. Sieht ein bisschen so aus, als wäre die Firma erst vor einer Woche eingezogen. Aber viel mehr Dinge braucht es offenbar nicht für ein Internetunternehmen, das in der Kfz-Welt gehörig Staub aufgewirbelt hat. Dieser unkonventionelle Ansatz scheint durchaus seine Anziehungskraft zu entfalten – nicht nur auf Investoren, sondern auch auf gutes Personal. „Wie in vielen Start-ups arbeiten bei uns Leute, die auch bei den großen Autoherstellern einen attraktiven Job bekommen hätten. Sie haben sich aber für uns entschieden, obwohl man hier weniger verdient“, erklärt Nico Weiler. „Wir bieten hier eben andere Dinge. Vor allem haben wir eine besondere Kultur, bei der jeder aufgerufen ist, das Unternehmen mitzuprägen.“
Kernkompetenz im Fokus
Im Unterschied zu anderen Plattformen vermittelt Caroobi nicht nur Reparaturaufträge zum Festpreis an die Werkstätten, sondern kümmert sich auch um die administrative Abwicklung – von der Fehleranalyse über die Bestellung und Lieferung der Ersatzteile bis hin zu Rechnungsstellung und Forderungsmanagement. Der Ansatz ist, dass sich die Werkstatt auf ihre Kernkompetenz konzentrieren kann – also auf die Fahrzeugreparatur. Die Werkstatt steht daher auch nur in einem vertraglichen Verhältnis zu Caroobi, nicht aber zum Autofahrer. Die wohl wichtigste Fähigkeit ist, die eingehenden Schadenfälle aus der Ferne richtig einzuordnen. Für diesen Zweck beschäftigt das Unternehmen eine ganze Truppe von Kfz-Fachleuten, die zum Teil über einen Meisterbrief verfügen. „Wir haben mittlerweile viel Erfahrung bei der Erfassung von Schäden“, unterstreicht Mark Michl. Auch Dank einer leistungsfähigen Datenbank könne man 98 Prozent
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Screenshot der Caroobi-Website.
der Probleme korrekt diagnostizieren. Falls das nicht möglich sei, werde der Kunde gebeten, zur Diagnose in eine angeschlossene Werkstatt zu fahren. Dank der zumeist eindeutigen Erfassung der Fahrzeugschäden ist es für die Berliner auch kein Problem, dem Kunden am Telefon einen Festpreis für die anstehende Reparatur zu nennen. Sofort entscheiden muss sich der Autofahrer nicht, er hat ein halbes Jahr Zeit, Vergleichsangebote einzuholen. Anders als man es bei einer Onlineplattform vermuten könnte, verfolgen die Macher von Caroobi nicht das Ziel, immer durch den günstigsten Preis auf sich aufmerksam zu machen. „Das haben wir zu Anfang probiert. Wir mussten aber schnell erkennen, dass dieser Ansatz Probleme mit sich bringt“, sagt Nico Weiler. Bei einer reinen Sortierung nach dem Preis werde sich der Kunde immer für das günstigste Angebot entscheiden. Es entstehe ein Race-tothe-bottom. „Wenn man als Anbieter in diesen Wettkampf eintritt, lohnt sich das Geschäft für die guten Werkstätten nicht mehr. Das ist der Grund, warum es bei den Portalen so viele Qualitätsprobleme gibt.“ Apropos Qualität: Auf die Auswahl der Partnerwerkstätten legt man großen Wert. Um überhaupt in die praktische Testphase zu kommen, muss eine Liste von 30 Punkten erfüllt werden. Mark Michl: „Das hört sich vielleicht dramatischer an als es ist, bei der Liste handelt es sich um Standards, die jede gut geführte Werkstatt erfüllen kann.“ Aber nach den kritischen Erfahrungen in der Startphase habe man gesehen, wie wichtig es ist, ausschließlich auf professionell geführte
Werkstätten zu setzen. Bevor es dann zu einer festen Zusammenarbeit kommt, müssen drei Testaufträge erfolgreich bearbeitet werden. Und auch danach steht das Thema Kundenzufriedenheit ganz oben auf der Prioritätenliste. Über den sogenannten Net Promoter Score wird diese permanent für alle Partner gemessen. „Man kann sofort erkennen, wenn es Probleme gibt“, betont Michl.
Auslastung steigt
Unter Strich zahle sich dieser Anspruch aus. Die Erfahrung zeige, dass der Kunde – in gewissen Grenzen – preislich durchaus flexibel sei, wenn die Qualität stimme. „Billiger kriegt man immer irgendwie hin. Aber die Kunden, die nur auf den Preis achten, sind nicht unsere Zielgruppe“, versichert Nico Weiler. Fragt sich nur, ob der fest definierte Stundensatz – ähnlich wie bei der Werkstattsteuerung von Unfallschäden durch Versicherungsgesellschaften – nicht zu Problemen für die Werkstatt führt? Die beiden räumen ein, dass der Stundensatz sicherlich eine Hürde sei, verweisen aber auf die Vorteile für die Werkstätten für Caroobi: „Wir sorgen für Auslastung und entlasten zugleich bei der Administration. Dadurch rechnet sich der Ansatz.“ Für die Zukunft sehen Michl und Weiler noch erhebliches Potenzial für ihre Geschäftsidee: „Es gibt im Kfz-Aftermarket keine wirklich dominante Marke. Und aktuell werden nur zwei Prozent aller Reparaturen online gebucht. Aber für 38 Prozent der Reparaturen wird im Vorfeld online gesucht. Das zeigt, wie viel Nachfrage für diese Geschäftsform vorhanden ist.“ INGO JAGELS W
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Der freie Kfz-ServiceMarkt
Noch lange nicht zu spät Onlineshops gibt es im Kfz-Aftermarket mittlerweile zuhauf. Gleichwohl kann es auch heute noch sinnvoll sein, einen digitalen Absatzkanal aufzubauen. Wolfgang Vogl vom E-Commerce-Spezialisten Speed4Trade erklärt, worauf zu achten ist. Lohnt es sich heute überhaupt noch, Onlineportale oder -shops einzurichten?
»»Wolfgang Vogl: Ja, es kann sich für Teilegroßhändler, Zulieferer, aber auch für Autohausgruppen oder Werkstattketten lohnen. Aber es ist wichtig, sich von vornherein darüber klar zu sein, was damit erreicht werden soll. Als zusätzliches Marketinginstrument können sie bei der Stammkundenpflege helfen. Wenn größere Umsätze erwirtschaftet werden sollen, handelt es sich um ein Vertriebsinstrument, welches von Beginn an professionell betreut werden muss. Dann gilt es gut zu überlegen, was man verkaufen will.
Wen erreicht man über Onlineportale?
»»Vogl: B2C- und B2B-Kunden sollten mit einem jeweils anderen Schwerpunkt angesprochen werden: Dem Endkunden kann ich Kfz-Teile, Zubehör und vielleicht auch Services für die Werkstatt anbieten. Gewerbekunden erreiche ich als Teilegroßhändler beispielsweise über ein digitales Teileeinkaufsportal.
Wolfgang Vogl ist Director Business Development bei Speed4Trade.
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Foto1: Speed4Trade
Ist die Konkurrenz im Internet nicht längst viel zu groß?
»»Vogl: Wenn sich ein Anbieter als neuer Kfz-Teile-Shop positionieren will, steht er im Wettbewerb zu etablierten Playern. Seinen Shop einfach online zu stellen und zu warten, bis jemand vorbeikommt, funktioniert leider nicht. Dafür führen einfach zu viele Händler die gleichen Teile im Sortiment. Um sich abzuheben, braucht es eine besondere Qualität, passende Services, eine gewisse Sortimentstiefe und natürlich einen wettbewerbsfähigen Preis. Wer über gute Zulieferquellen verfügt, kann online günstigere Preise als der Wettbewerb anbieten und damit neue Kunden gewinnen. Ein Argument kann es auch sein, das aktuellste Sortiment sofort zum Verkaufsstart anbieten zu können.
Der freie Kfz-ServiceMarkt 2019
Der freie Kfz-ServiceMarkt
Was könnte eine Nischenproduktausrichtung im Kfz-Teile-Bereich sein?
» Vogl: Die beste Werbung ist immer noch ein hervorragendes Produkt. Nischenproduktshops im Kfz-Teile-Segment können das als ihr Erfolgsmodell etablieren und sich auf ein spezielles Sortiment fokussieren. Darin haben sie im Idealfall wenig Konkurrenz. Beispielsweise weil sie der Exklusivimporteur sind. Oder sie spezialisieren sich auf einen ausgewählten Komplettkatalog an Ersatzteilen, etwa für US-Fahrzeuge oder für bestimmte Oldtimermodelle.
Braucht es einen eigenen Onlineshop, um in den Onlinehandel einzusteigen?
» Vogl: Nicht unbedingt. Für die ersten Verkäufe kann auch in eine bestehende Website ein kleineres Shopmodul integriert werden. Um überhaupt in den Kundenfokus zu gelangen, bietet sich die Vermarktung von Teilen und Zubehör über Onlinemarktplätze wie Ebay oder Amazon an. Dafür benötigt man kein eigenes Shopsystem und man kann erste Erfahrungen im Onlinehandel sammeln. Funktioniert das gut, kann man sein Sortiment erweitern oder seine Marktplatzkunden zum eigenen Onlineshop lotsen.
Wie sollte man einen Shop organisatorisch in den Betrieb einbinden?
» Vogl: Wenn Umsatzziele an den Shop geknüpft sind, sollte er von einem eigens dafür abgestellten Team mit Expertise oder einem geeigneten Dienstleister betreut werden. Ein solches Expertenteam sollte aus mindestens drei bis fünf Personen bestehen. Zu deren Aufgaben zählen unter anderem die Datenaufbereitung, Marketing, Kundenkommunikation und der Versand. Und so selbstverständlich es auch klingt: Wenn die ersten Bestellungen eingehen, müssen ein Packtisch und die Materialien für den Versand griffbereit sein.
„Die größte Herausforderung für einen Onlineshop liegt in der regelmäßigen Gewinnung von Neukunden, die immer kostspieliger wird. Google lässt sich Anzeigen mittlerweile teuer bezahlen.“ Wolfgang Vogl, Wirtschaftsinformatiker mit Spezialisierung auf digitale Geschäftsmodelle
stellen. Außerdem braucht man eine durchdachte Marketingstrategie inklusive einer regelmäßigen Kundenansprache mit Aktionsanschreiben oder Newslettern, etwa zur Reifenwechselsaison oder zum Frühjahrscheck in der Werkstatt.
Welche weiteren Ausbaustufen eines Onlineshops können in Erwägung gezogen werden, wie steht es zum Beispiel um das Onlinegeschäftsmodell für Werkstattservices?
» Vogl: Service macht den Unterschied. Eine mögliche Ausbaustufe für Werkstatt
und Handel ist ein Serviceportal, das Teilehersteller, Großhändler oder Kooperationen im Verbund mit Filialen starten können. Verkauft werden können dort weiterhin Kfz-Teile, Zubehör sowie Werkstattservices. Diesen stationären Vorteil können all jene Händler nicht bieten, die sich dazu entschieden haben, ihre Produkte ausschließlich online zu verkaufen. Für die Endkunden sind viele Anbieter, gekoppelt mit einer großen Sortimentsauswahl – auf einem Portal vereint –, sehr attraktiv.
Worin sehen Sie die größten Herausforderungen beim Aufbau eines Onlineshops oder eines Werkstattportals?
» Vogl: Die sehe ich in der regelmäßigen Gewinnung von Neukunden, die immer kostspieliger wird. Google lässt sich Anzeigen mittlerweile teuer bezahlen. Darum zielen viele erfolgreiche Plattformstrategien zunächst auf eine sogenannte Schlüsselinteraktion durch ein Produkt ab, das Besucher immer wieder auf die Seite zieht. Es muss aber nicht immer ein Produkt sein, das diese Zugkraft ausübt. Das Endergebnis sollte aber immer sein, dass Besucher auf die Seite gehen und Traffic generiert wird. Nur wenn ein Onlineshop regelmäßig seine feste Anzahl an Seitenaufrufen generiert und Seitenbesucher regelmäßig wiederkehren, kann man von einem langfristigen Erfolg sprechen. INGO JAGELS W
Welche Tipps können Sie für die praktische Umsetzung und das Einrichten eines Shops geben?
» Vogl: Oft wird erst an ein ansprechendes Websitelayout gedacht, weil der Shop optisch etwas hermachen soll. Aber wichtiger als die Optik sind das Produktdatenmanagement sowie die Auftragsprozesse und die damit verbundenen Systemschnitt-
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Auf der eigenen Werkstattmesse präsentierte WM SE die Repdoc-Cloud, die jetzt an den Start geht. Alle Fotos/Screenshots: WM SE
Heiter dank Wolke WM SE hat den eigenen Katalog und die Werkstattsoftware zu einer cloudbasierten All-in-oneLösung gebündelt. Die Partnerwerkstätten von WM SE haben es schon ganz gut bisher: Auf ihrem PC in der Werkstatt haben sie den Repdoc-Katalog installiert, der ihnen online den Zugriff auf rund 2,5 Millionen Artikel ermöglicht, fahrzeugspezifisch erfasst zu etwa 60.000 Kfz- und 17.000 Nfz-Typen. Dazu haben sie im Idealfall die Repdoc-Werkstattsoftware installiert, die sie bei allen betrieblichen Prozessen von Angebot und Auftrag bis zu Rechnung und Mahnung unterstützt. Aber jetzt könnte es sogar noch besser werden, denn WM SE hat die schon mehrfach ausgezeichneten Softwareprodukte zu einer neuen Komplettanwendung gebündelt, der Repdoc-Cloud. Wie der Name schon andeutet, hat WM SE dafür nicht einfach nur zwei Programme in einen gemeinsamen Karton gepackt, denn miteinander kommunizieren konnten die beiden Anwendungen auch vorher schon, sondern eine All-in-one-Lösung auf dem aktuellen Stand der digitalen Technik konzipiert, die ihre Daten in einer Cloud ablegt. Da wird der aufmerksame Werkstattbesitzer aber erst einmal stutzig: Ist das denn sicher? Schließlich kann man in der Werkstattsoftware komplette Kundendatensätze anlegen, speichern und verwalten. Das muss ja alles DSGVO-konform passieren. Diese Bedenken zerstreut Sascha Toletzki, Leiter der Kunden-IT bei WM SE, schnell: „Sämtliche Daten werden auf einem deutschen Server und streng nach DSGVO-Vorschrift gespeichert. Dass die Daten nicht mehr lokal auf einem Büro-PC in der Werkstatt liegen, ist von der Sicherheit her
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2,5 MILLIONEN Artikel bietet der Repdoc-Katalog, der online abrufbar ist.
sogar ein Vorteil.“ Die Werkstatt hat auch nach wie vor jederzeit Zugriff und Verfügungsgewalt über die gespeicherten Daten: „Unsere Kunden können, falls sie einmal nicht mehr mit der Repdoc-Cloud arbeiten wollten, jederzeit die Herausgabe und Löschung der Daten verfügen, um ihre Datensätze wieder offline zu verwalten.“ Die Daten würden dann in einem „maschinenlesbaren“ Format abgespeichert und zurückgegeben werden.
Über die Eingabemaske kann der Mitarbeiter einen Auftrag direkt anlegen und dokumentieren.
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Wenn die Daten aber nicht mehr lokal auf einem Werkstatt-PC gespeichert sind, hat das neben der hohen Datensicherheit etliche weitere Vorteile, wie Toletzki erläutert: „Die gesamte Anwendung ist browserbasiert und kann daher von jedem Ort aus mit jedem beliebigen onlinefähigen Endgerät aufgerufen werden.“ Das heißt: Egal ob in der Werkstatt ein Windows-, Macintosh- oder Linux-System steht, egal ob man innerhalb der Werkstatt, auf dem Betriebshof oder beim Kundenbesuch mit einem iPad, einem Android-Tablet oder gar mit dem Smartphone ins System möchte – Repdoc-Cloud ist für jeden Mitarbeiter von überall her erreich- und nutzbar.
Auftragsanahme beim Kunden
Das bringt für die Auftragsannahme von unterwegs, also direkt beim Kunden, enorme Vorteile: Der Mitarbeiter kann zum Beispiel direkt vor Ort und im Beisein des Kunden Fotos von den Schäden aufnehmen und ins System übertragen, was die Kalkulation und Dokumentation des Reparaturaufwands erleichtert. Dass die beiden vorherigen Anwendungen jetzt zu einer gemeinsamen Softwarelösung werden, spendiert ihnen auch eine gemeinsame Benutzeroberfläche, die möglichst anwenderfreundlich gestaltet worden ist. „In vielen Werkstattbetrieben kümmern sich Empfangsdamen oder die Ehefrauen der Werkstattbesitzer um die Erstberatung der Kunden oder die Auftragsannahme“, weiß Toletzki, „ darum haben wir die Oberfläche so gestaltet, dass man sich auch ohne Kenntnis der Fahrzeugtechnik leicht in dem System zurechtfindet und zum Beispiel mit wenigen Klicks eine Reparaturanfrage mit einem konkreten Angebot beantworten kann.“ Dafür enthält die Repdoc-Cloud „unter der Haube“ umfangreiche Datensätze zu beinahe allen Fahrzeugtypen und zu verschiedenen Arbeitswert-Berechnungssystemen. So können auch die benötigten Ersatzteile zum Beispiel für eine Regelinspektion oder eine Wartung der Klimaanlage zusammen mit den Arbeitswerten für Wartung und Montage direkt in ein Angebot oder einen Auftrag übernommen werden. Da alle Prozesse serverbasiert ablaufen, kann WM SE die Anwendung und ihre zugrunde liegenden Datensätze auch stetig auf aktuellem Stand halten: Updates erfolgen im Hintergrund, ohne dass der Werkstattbetrieb dadurch belastet wird. Die Vereinheitlichung und Vereinfachung vieler Werkstattprozesse dürften eine Menge Zeit sparen, sodass die einmaligen Einrichtungskosten und die monatlichen Gebühren für Wartung und Datensicherung relativ schnell amortisierbar erscheinen. HOLGER PINNOW-LOCNIKAR W
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Der Infoturbo auf der Datenautobahn Der aktuelle amz-Newsletter steht für Sie bereit! Nachrichten für: Werkstätten, Teilehandel, Teileindustrie, Pkw, Transporter, Nutzfahrzeug Jetzt kostenfrei anmelden unter: amz.de/newsletter
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Foto1: metamorworks - stock.adobe.com
Der digitale Draht zum Kunden Die Carat-Gruppe will mit der Serviceplattform Drivemotive einen Gegenpol des freien Marktes zu den Aktivitäten der Fahrzeughersteller aufbauen. Aktuell befindet sich das System in der Testphase. Die digitale Ansprache des Autofahrers auf Basis von Telematikdaten wird immer wichtiger. Der Vorsprung der Fahrzeughersteller gegenüber dem freien Markt ist beträchtlich – was längst nicht nur an der Möglichkeit der Autobauer liegt, als Erstes auf die in den Kundenfahrzeugen generierten Daten zugreifen zu können. Auch die nach wie vor ungeklärte Rechtslage, in welcher Form und von wem die Daten genutzt werden dürfen, hemmt die Entwicklung alternativer Ansätze. Und nicht zuletzt verfügen BMW, Mercedes, Audi oder Volkswagen über deutlich größere finanzielle und personelle Ressourcen, neuartige digitale Produkte und Services zu entwickeln.
Passende Antwort geben
„Das Thema Konnektivität ist riesengroß. Die Hersteller bieten vielfältige Telematikdienste an und steuern Kundenfahrzeuge mit anstehenden Wartungs- und Reparaturarbeiten schon heute in ihre Vertragswerkstätten. Darauf muss der freie Markt dringend eine passende Antwort geben“, mahnt Christian Gabler. Er ist
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nicht nur Prokurist und Einkaufsleiter der Mannheimer Carat-Gruppe, sondern auch Geschäftsführer der Mecanto GmbH. Über diese neue Firma hat die Handelskooperation mit der Onlineserviceplattform Drivemotive eine Lösung auf den Weg gebracht, die sich nach den Vorstellungen der Initiatoren zum Standard für den freien Markt entwickeln soll. „Kein Unternehmen des freien Marktes wäre allein in der Lage, gegen die Angebote der Autohersteller anzukommen. Es kann nur eine gesamtheitliche Lösung geben“, unterstreicht Gabler. Es gebe zwar eine ganze Reihe von Ansätzen, bislang seien dies aber lediglich Insellösungen. Ein ganzheitliches Konzept habe noch niemand auf den Weg gebracht. Die Plattform Drivemotive – die zu Beginn ihrer Entwicklungsphase im vergangenen Jahr noch Mecanto25 hieß – soll hingegen Autofahrer, Werkstätten, Teilegroßhändler und Industriepartner miteinander vernetzen. Hintergrund für diese Aktivitäten seien laut Gabler zwei entscheidende Punkte: Zum einen gehe es darum, die
digitale Schnittstelle zum Kunden zu besetzen. Die direkte Ansprache ermögliche vielfältige Optionen der Steuerung. Zum anderen sei es von grundlegender Bedeutung, die Daten aus den Kundenfahrzeugen zu generieren – und damit das Geschäft zu machen. „Wenn ich weiß, was der Kunde möchte, kann ich auf seine individuellen Wünsche eingehen“, erklärt der Experte.
Aus Sicht des Autofahrers
Um Drivemotive auf ein möglichst solides Fundament zu stellen, hat Carat im Vorfeld mit diversen potenziellen Partnern gesprochen. Dazu zählen nicht nur namhafte Zulieferer aus der Branche, sondern auch Versicherer und andere Dienstleister. Dahinter steckt die Erkenntnis, dem Autofahrer echte Mehrwerte bieten zu müssen. Gabler: „Es ist nicht ausschlaggebend, was Werkstätten, Teilehändler oder die Carat-Zentrale wollen. Wir brauchen eine Lösung aus Sicht des Autofahrers. Denn er trifft die Entscheidung. Alles andere kann keinen Erfolg haben.“
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Die Testphase für Drivemotive ist vor wenigen Monaten angelaufen. Dafür wurden erste Kundenfahrzeuge mit entsprechenden Dongles ausgestattet. Zum Gesamtpaket von Drivemotive Connect gehören auch eine Smartphone-App für den Kunden sowie ein Dashboard für die Werkstätten. Über die ständige Verbindung zwischen Fahrzeug und App erhält der Fahrer vielfältige Informationen über Fahrzeug und Fahrdaten. Bereits umgesetzte Features sind beispielsweise eine Fehleranalyse, die mittels OBD-2Schnittstelle den Fehlercode ausliest und dem Fahrer eine „Übersetzung“ der Angaben bietet, sowie ein Tankstellenfinder, der über Spritpreise und Öffnungszeiten informiert und bei Bedarf zur Wunschtankstelle navigiert. Für Dienstwageninhaber interessant ist auch das elektronische Fahrtenbuch, das alle Fahrten aufzeichnet und am Monatsende eine praktische Übersicht für den Arbeitgeber oder das Finanzamt erstellt. Perspektivisch soll der Funktionsumfang noch deutlich weiter gehen. Denn Drivemotive soll nicht nur ein nettes Gadget für den Autofahrer sein, sondern den Werkstätten helfen, Bestandskunden nachhaltig zu binden, Neukunden zu akquirieren und damit neue Umsatzfelder zu erschließen, so Gabler. Der Werkstattpartner bekommt über Drivemotive
So sieht die Homepage von Drivemotive aus.
Connect die Möglichkeit, jederzeit mit seinen Kunden in Kontakt zu treten. So kann er individuelle Angebote übermitteln und über anstehende Servicearbeiten und -termine informieren.
Rechtzeitig informieren
Auch dem Autofahrer sollen Reparatur- und Wartungsbedarfe rechtzeitig über seine Smartphone-App aufgezeigt werden. Eine entsprechende Handlungsempfehlung mit notwendigen Tipps zum weiteren Vorgehen gehört ebenfalls mit dazu. Der Fahrer behält so den Überblick über den Zustand seines Autos und kann seine Werkstatt per Klick auf dem Smartphone kontaktieren oder gleich online einen Termin anfragen und reservieren. Bis allerdings auch die benötigten Ersatzteile für das jeweilige Kundenfahrzeug automatisch bestellt werden können
und der Kunde auf Knopfdruck ein exaktes Angebot bekommt, sei es noch ein weiter Weg, räumt Gabler ein. Grund dafür sei die nach wie vor nicht immer einfache Thematik, ein Teil 100 Prozent sicher zu identifizieren. „Aber wir werden dahin kommen, das ist eine Frage der Zeit.“ Ziel sei die vernetzte Wertschöpfungskette über den gesamten Prozess – von der Angebotserstellung über Werkstattbuchung, Teilebestellung und -lieferung bis hin zur automatischen Abrechnung. Damit die Carat-Werkstätten ihren Kunden Drivemotive jetzt schmackhaft machen können, wurde ein Starterpaket zusammengestellt. Darin enthalten sind zehn Dongles und umfangreiches Informationsmaterial. In nächster Zeit möchte man vor allem Erfahrungen sammeln, um das System dann Schritt für Schritt weiter auszubauen. INGO JAGELS W
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Wie Phönix aus der Asche Der Teilegroßhändler Kolb & Sörgel erlebte im Sommer 2014 das totale Fiasko – nach einem Großbrand war der Firmenstandort in Fürth eine Ruine. Fünf Jahre später steht das Unternehmen ganz neu da. INGO JAGELS
Für den Teilegroßhändler, der sich ausschließlich auf die Belieferung von Wiederverkäufern spezialisiert hat, war das im ersten Moment die ultimative Katastrophe. Doch noch am selben Morgen richtete Sörgel den Blick nach vorne und traf sich mit seinen Mitarbeitern in einem benachbarten Schnellrestaurant, um einen Notfallplan aufzustellen. Schließlich sollte und musste die Belieferung der Kunden irgendwie weitergehen. Dass er in dieser Situation nicht komplett die Segel streichen musste, lag daran, dass die Firma in Maisach bei München einen zweiten Standort betreibt. Glück im Unglück war, dass sich dort auch die zentrale EDV-Anlage der Firma befindet.
Foto: Hagen Architekten BDA
Foto: Hagen Architekten BDA
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ie Nacht vom 27. auf den 28. August 2014 wird Kilian Sörgel nie vergessen. Um 3 Uhr morgens klingelte die Polizei den Unternehmer aus Fürth aus dem Bett. An seinem Firmensitz an der Karl-BrögerStraße war ein Großbrand ausgebrochen. Ursache unbekannt. Das Feuer wütete so heftig, dass die 2500 Quadratmeter große Lagerhalle nicht zu retten war. Der angeschlossene Bürotrakt wurde schwer beschädigt. Die Feuerwehr, die insgesamt eineinhalb Tage im Einsatz war, musste sich darauf beschränken, die umliegenden Häuser zu sichern. Der Gesamtschaden belief sich auf rund sechs Millionen Euro.
„Viele haben es damals nicht bemerkt, dass unsere Firma am Hauptstandort praktisch nicht mehr existierte.“ Kilian Sörgel, Unternehmer
Die Anlieferung der Waren erfolgt im hinteren Teil des Gebäudes.
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In einer Krise steckt oft auch eine Chance: Fünf Jahre nach dem Brand spielt Kolb & Sörgel weiterhin eine wichtige Rolle im freien Teilemarkt.
„Weil die EDV nicht von dem Brand betroffen war, konnten wir die Fürther Kunden direkt von Maisach aus beliefern. Ich bin mir sicher, dass viele es damals nicht bemerkt haben, dass unsere Firma am Hauptstandort praktisch nicht mehr existierte“, betont der Unternehmer. Rund ein Vierteljahr haben die Mitarbeiter aus Fürth daraufhin in der rund 180 Kilometer entfernten Filiale im Süden Bayerns gearbeitet.
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Die Firma Kolb & Sörgel, die zu diesem Zeitpunkt auf eine rund 110-jährige Geschichte zurückblicken konnte, stand vor der Frage, wie es weitergehen sollte. Wiederaufbau des weitgehend zerstörten Gebäudes? Oder gar ein Neubau an anderer Stelle? Die acht Gesellschafter, die allesamt zur Familie gehören, entschieden sich für den Abriss des 1984 errichteten Bauwerks und den Neubau auf dem vorhandenen Grundstück. .
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Foto: Kolb & Sörgel
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Bodentiefe Fenster, hochwertige Materialien – hier darf die Besprechung auch mal etwas länger dauern.
„Lange diskutieren mussten wir über diesen Punkt nicht“, erinnert sich der 51-Jährige. Mit der Überlegung, mit einem Neubau irgendwo auf die grüne Wiese zu gehen, habe man sich nur kurz beschäftigt. „Wir hätten nicht die Zeit gehabt, ein neues Grundstück zu finden, es zu erschließen, die
Genehmigung für den Bau zu bekommen und dann ein Gebäude zu errichten.“ So entstand unter fachkundiger Betreuung durch das Nürnberger Architekturbüro Hagen innerhalb von zwei Jahren eine neue Heimat für das Unternehmen. Weil die Geschäfte im Teilegroßhandel während der Planungs- und Bauzeit
„Uns war es wichtig, eine angenehme Arbeitsatmosphäre für die Mitarbeiter zu schaffen.“
Foto: Kolb & Sörgel
Kilian Sörgel, Unternehmer
Der Bürotrakt ist sehr großzügig und hell gestaltet.
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Der freie Kfz-ServiceMarkt 2019
Der freie Kfz-ServiceMarkt
Warenfluss von hinten nach vorne
Der logistische Ablauf ist so gestaltet, dass die Waren im hinteren Bereich über zwei Rampen angeliefert werden. Obwohl die Platzverhältnisse auf dem Außengelände nicht üppig sind, haben die Lieferfahrzeuge dank des großen Hinterhofes hinreichend Platz zum Rangieren. Der Warenfluss in dem knapp 65 Meter langen und elf Meter hohen Gebäude erfolgt von hinten nach vorne. An der Warenausgabe holt ein Subunternehmer, der seit vielen Jahren für Kolb & Sörgel arbeitet, die von den Kunden bestellten Ersatzteile mehrmals täglich ab. Die drei abgetrennten Etagen, auf denen insbesondere kleinere Teile eingelagert werden, sorgen für ein ruhiges und sauberes Arbeiten. Die Mitarbeiter bleiben auf ihrer jeweiligen Etage, um die Ersatzteile einzulagern und zu kommissionieren. Je nach Lagerstelle splittet das EDV-System dafür die Kundenaufträge automatisch und leitet sie an den jeweiligen Kommissionierplatz weiter. Die Ware wird dann in Boxen zusammengestellt und über einen Aufzug ins Erdgeschoss geschickt, wo die einzelnen Positionen zusammengefasst werden. Beim Sortiment konzentriert sich Kolb & Sörgel auf Pkw-Verschleißteile, Öle und Batterien sowie Zubehör wie Dach- und Heckträger. Eine wichtige Rolle spielt im Handelsgeschäft zudem Car1, die Eigenmarke von Coparts. Der direkt an den Lagerbereich angrenzende Bürotrakt, der auf der Straßenseite im oberen Teil des Firmengebäudes beheimatet ist, besticht nicht nur durch seine Großzügigkeit und Helligkeit, sondern auch durch eine besondere Materialauswahl. Anhand vieler Details ist spürbar, dass Architekt und Bauherr auf diesen Bereich ihr besonderes Augenmerk gelegt haben. „Uns war wichtig, die Arbeits-
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Foto: Kolb & Sörgel
natürlich weitergehen mussten, wurde ganz in der Nähe eine leer stehende Lagerhalle angemietet. Dort wurde ein provisorischer Standort für das Teilelager eingerichtet. Am 1. Juli 2016 war es dann so weit. Das neu errichtete Gebäude an alter Stelle war fertig und konnte sozusagen ans Netz gehen. Entstanden ist ein Bauwerk, das auf einer Lagerfläche von gut 5000 Quadratmetern nicht nur deutlich effizientere logistische Arbeitsabläufe ermöglicht als zuvor, sondern auch optisch ein echter Hingucker geworden ist. „Wir haben uns viele Gedanken gemacht, wie wir den vorhandenen Platz optimal ausnutzen können. Insbesondere ging es dabei um die Frage, wie wir die Höhe im Logistikbereich sinnvoll nutzen können“, berichtet Sörgel. Um eine hohe Effizienz bei einem gleichzeitig wohldurchdachten Fluss der Waren zu erreichen, entschied man sich für eine Kombination aus Hochregallager und Etagenlagerung. Drei abgetrennte Etagen sorgen für ruhiges und sauberes Arbeiten.
atmosphäre für die Mitarbeiter so angenehm wie möglich zu gestalten“, unterstreicht Kilian Sörgel. Dieses Ziel wurde erreicht. Dafür sorgen neben dem hochwertigen Eichenparkett auch die bodentiefen Fenster, akustische Dämpfer an den Wänden und ein offener Innenhof, den die Mitarbeiter bei gutem Wetter für ihre Pausen nutzen können. Nicht zuletzt bieten die Büros genügend Platz für eine weitere Expansion. Unterm Strich bleibt festzuhalten, dass sich die Firma von dem großen Schockmoment vor fünf Jahren sehr gut erholt hat und weiterhin eine wichtige Rolle im freien Teilemarkt spielt. In einer Krise steckt eben oft auch eine Chance. W
Kilian Sörgel ist Geschäftsführer der Kolb & Sörgel GmbH & Co. KG. Foto: Jagels
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