Norddeutsches Handwerk 02/2024

Page 1

2|2024 129. Jahrgang

www.hwk-bls.de

Betriebe entlasten Handwerk fordert Signal von der Bundesregierung Elf Millionen Euro Förderung fürs Handwerk

Arbeitgeber in der Holschuld

So machen Sie Ihren Betrieb attraktiv

Kultusministerin übergibt Handwerkskammer Bescheid

Warum die elektronische AU Mehraufwand bedeutet

Mit Transparenz und guter Kommunikation punkten



Editorial

E

s ist eine Art Notruf: Mit einem eindringlichen Appell haben sich die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft an Bundeskanzler Olaf Scholz gewandt. Es ist die große Sorge um den Standort Deutschland, die langfristige Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und die Zukunft der Gesellschaft insgesamt, die sie antreibt. In ihrem Brandbrief zeigen die Verbände Defizite sowie dringende Handlungsbedarfe auf und mahnen wirksame Reformen an. Zu den Mitunterzeichnern zählt auch der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH). Denn auch im Handwerk nehmen die Sorgen zu und die Unsicherheit wächst. In Umfragen beurteilen die meisten Betriebe ihre Geschäftslage zwar noch als gut oder zufriedenstellend, die Konjunkturaussichten sind jedoch vielfach negativ. Der dramatische Einbruch bei den Baugenehmigungen im Wohnungsbau lässt die Auftragspolster vieler Bauunternehmen schmelzen wie Schnee in der Sonne. Handwerksbetriebe klagen über hohe Steuerbelastungen und Energiekosten. Für das Handwerk als arbeitsintensiver Wirtschaftsbereich besonders problematisch ist zudem die Entwicklung der Sozialversicherungsbeiträge, die längst die Grenze von 40 Prozent überschritten haben. Steigende Lohnzusatzkosten in den Betrieben machen reguläre Arbeit teurer und werden zum Beschleuniger für Schwarzarbeit, die nach aktuellen Prognosen in diesem Jahr um 8,4 Prozent auf 481 Milliarden Euro zunehmen wird. Unerwünschtes Wachstum verspüren viele Handwerksbetriebe auch bei der Bürokratie: Vorschriften, Berichts- und Nachweispflichten binden immer mehr Zeit im Unternehmen, vieles wird komplexer

Foto: Sascha Gramann

Liebe Leserinnen, liebe Leser! und ist gerade für kleine und mittlere Betriebe kaum noch zu durchschauen. Immer mehr Betriebsinhaberinnen und -inhaber denken inzwischen ernsthaft darüber nach, ihre Selbstständigkeit aufzugeben. Ein Alarmsignal und Weckruf an die Politik, der auch in dem Schreiben der Spitzenverbände zum Ausdruck kommt. In ihrem Brandbrief an den Kanzler beschreiben die Verbände nicht nur die Defizite und Herausforderungen, sie zeigen vor allem auch Lösungen auf. Und sie gehen mit ihren Vorschlägen auf die Bundesregierung zu und suchen das Gespräch. So wie der ZDH als Dachverband des Handwerks den Austausch mit der Regierung, den Ministerien und einzelnen Abgeordneten in Berlin pflegt, ist auch die Handwerkskammer vor Ort mit der Politik im regelmäßigen Dialog. Wie wir uns für Ihre Interessen einsetzen, erfahren Sie im Interview mit Kammerpräsident Detlef Bade in dieser Ausgabe. Zudem haben wir Vertreter der drei Ampelfraktionen gefragt, wie sie die Situation des Handwerks verbessern wollen. Viel Spaß beim Lesen wünscht Ihnen Ihr

Frank Ahlborn, Stabsabteilungsleiter Wirtschaftspolitik und Regionalmanagement der Handwerkskammer Braunschweig-Lüneburg-Stade

Wir sind der Versicherungspartner fürs Handwerk. NDH 2/2024

3

signal-iduna.de/handwerk


34

18 AUS DER HANDWERKSKAMMER 6 Elf Millionen Euro für Bildung Kultusministerin Hamburg überreicht Handwerkskammer Bewilligungsbescheide 10 An die Bundesregierung Zeit zu machen 18 Betrieb mit Tradition 100 Jahre Walter Saudhof GmbH 18 Digitales Lernen im Handwerk Lernmanagementsysteme unterstützen den Unterricht in Technologiezentren BETRIEB 22 Zu viel Bürokratie eAU treibt Aufwände hoch 24 Smartphones auf dem Bau So vermeiden Sie Stress mit Kunden 28 Attraktiver Arbeitgeber So gewinnen Sie Fachkräfte 31 Vier-Tage-Woche So verändern sich die Urlaubstage

» App Handwerk

Abo- und Vertriebsservice Tel.: 0511 8550-8822 E-Mail: vertrieb@schluetersche.de

4

Foto: Denny Gille | Titelfoto: Astrid Bauerfeld

Auch als App Regionales und Management aus einer Hand!

Chefredaktion: Jörg Wiebking (Chefredaktion, V.i.S.d.P.) Tel.: 0511 8550 2439 Fax: 0511 8550 2403 wiebking@schluetersche.de

2 Fotos: Privat | Christiane Bartel

2024

REGIONALES 34 Individuelle Arbeitszeiten Bäckermeister beginnt um 7 Uhr

BETRIEB 36 Rund um die AU Wir klären über Irrtümer auf 40 Als Betrieb punkten Diese Dinge gehören auf die Über-uns-Seite 42 Was Kunden wollen Die Jobs-to-be-done-Methode bringt Ziele und Wünsche in Einklang 45 Lkw-Maut Was Sie prüfen sollten BETRIEB PLUS 46 Transporter-Offensive Stellantis will seine Position im Nutzfahrzeugmarkt ausbauen PANORAMA 48 Satte Sounds aus heimischen Hölzern E-Bässe bauen aus Leidenschaft IMPRESSUM 50 Pflichtangaben

Tiefe Töne sind seine Leidenschaft Gerald Marleaux baut im Harz E-Bässe für Profis weltweit.Seine Marke Marleaux Bassguitars steht für Qualität und Innovation. Er ist stets auf der Suche nach Alleinstellungsmerkmalen. | 48

NDH 2/2024


lassen: n e t a r e Jetzt b 8550-8100 1/ Tel. 051

Wir geben Ihrem Angebot den richtigen Schliff: • maßgeschneiderte Werbekonzepte • innovative Maßnahmen für Ihre Print- und Online-Werbung • über 40 Mio. Reichweite mit Buch, Website und App*

Leidenschaft erreicht mehr mit Gelbe Seiten.

* Quelle: GfK Studie zu Bekanntheit und Nutzung der Verzeichnismedien Oktober 2017; repräsentative Befragung von 15 Tsd. Personen ab 16 Jahren. NDH 2/2024

Ihr Gelbe Seiten Verlag 5


Handwerkskammer Braunschweig-Lüneburg-Stade

Kultusministerin Julia Willie Hamburg überreicht Bewilligungsbescheide an Kammerpräsident Detlef Bade.

Elf Millionen Euro für die Bildung Kultusministerin Hamburg überreicht Handwerkskammer Braunschweig-Lüneburg-Stade Bewilligungsbescheide in Höhe von knapp über 11 Millionen Euro. Niedersachsens Kultusministerin Julia Willie Hamburg hat im Technologiezentrum der Handwerkskammer Braunschweig-Lüneburg-Stade Bewilligungsbescheide in Höhe von knapp über 11 Millionen Euro an Kammerpräsident Detlef Bade überreicht. Die Gesamtsumme setzt sich zusammen aus den Fördermitteln für die Überbetriebliche Lehrlingsunterweisung (4,42 Mio. Euro), die Ausstattung der Werkstätten (704.000 Euro) sowie den Bau des Werkstattzentrums 2 in Lüneburg (5,93 Mio. Euro). Die landesseitige Förderung der Überbetrieblichen Lehrlingsunterweisung (ÜLU) befindet sich damit in Niedersachsen wieder auf dem Niveau der Bundesförderung. Ermöglicht wird dies durch die Mittel aus dem Europäischen Sozialfond ESF Plus sowie die im zweiten Nachtragshaushalt 2023 beschlossene Anhebung der Landespauschalen. Auch für das laufende

6

„Mit Amtsantritt haben wir zugesagt, die Mittel für die Überbetriebliche Lehrlingsunterweisung anzuheben und das haben wir eingelöst.“ Julia Willie Hamburg, Niedersächsische Kultusministerin

Jahr ist die Finanzierung mit den erhöhten Pauschalen sichergestellt. Die ÜLU gilt als die „verlängerte Werkbank“ der Betriebe und ist neben den Ausbildungsbetrieben und berufsbildenden Schulen die dritte Säule im dualen Ausbildungssystem. Lehrlinge erfahren hier betriebsbegleitende Ausbildungsinhalte, die vertiefend sowie praxisorientiert gestaltet sind, und zusätzliche Fertigkeiten, für die im Betrieb oft Zeit und Raum fehlen. Darüber hinaus wird die Ausstattung in den Technologiezentren Braunschweig, Stade und Lüneburg gefördert. Zugleich ist der Bescheid für die Errichtung eines neuen Werkstattzentrums in Lüneburg mit knapp 6 Millionen Euro die in diesem Zusammenhang höchste in einem Bescheid je ausgewiesene Summe. Der Neubau soll künftig fünf Bauhallen für Maure und Zimmer sowie zwei Werkstätten für Tischler beinhalten.

NDH 2/2024


Handwerkskammer Braunschweig-Lüneburg-Stade

Kultusministerin Hamburg betont: „Mit Amtsantritt haben wir zugesagt, die Mittel für die Überbetriebliche Lehrlingsunterweisung anzuheben und das haben wir eingelöst. Die Landesregierung steht zur dualen Berufsausbildung und zur Gleichwertigkeit zwischen akademischer und beruflicher Bildung. Gemeinsam mit den Kammern möchten wir die Ausbildung attraktiv gestalten und sie auf einem modernen, hohen, technischen Niveau vorhalten, um einen hohen Ausbildungsstandard zu gewährleisten. Dass wir heute so viel Geld überreichen können, liegt auch an der hohen Eigenbeteiligung der Kammer für diese Ausbildungsangebote, für die ich mich ganz herzlich bedanken möchte.“ Kammerpräsident Detlef Bade erklärt: „Wir freuen uns über die Anerkennung und Unterstützung der dualen Ausbildung und unserer überbetrieblichen Bildungsstätten seitens der Landesregierung. Davon profitiert das Handwerk

im gesamten Kammerbezirk. Wir haben in den vergangenen zwölf Jahren rund 75 Millionen Euro in die Modernisierung unserer Technologiezentren und Werkstätten investiert. Ohne die Unterstützung von Bund und Land wäre das nicht möglich gewesen. Jeder Cent davon kommt den Handwerkerinnen und Handwerkern in unserem Bezirk zugute.“ W

Die Handwerkskammer Die Handwerkskammer BraunschweigLüneburg-Stade ist mit rund 20.600 Quadratkilometern flächenmäßig der größte Kammerbezirk in Deutschland und umfasst 16 Landkreise und die drei kreisfreien Städte Braunschweig, Salzgitter und Wolfsburg. Sie betreut 29.380 Mitgliedsbetriebe mit etwa 150.000 Beschäftigten.

„Davon profitiert das Handwerk im gesamten Kammerbezirk.“ Detlef Bade, Präsident der Handwerkskammer Braunschweig-Lüneburg-Stade

Fotos: Astrid Bauerfeld

Kultusministerin Julia Willie Hamburg beim gemeinsamen Rundgang mit Detlef Bade und Abteilungsleiter Olaf Bunger durch das Technologiezentrum Braunschweig.

NDH 2/2024

7


Handwerkskammer Braunschweig-Lüneburg-Stade

WECHSEL BEI DEN INNUNGEN

Drei neue Obermeister Kreishandwerkerschaft Elbe-Weser

Kreishandwerkerschaft Elbe-Weser

Kreishandwerkerschaft Helmstedt-Wolfsburg

Svend Böttjer, Elektrotechnikermeister, ist seit dem 13.12.2023 Obermeister der Innung für Elektrotechnik Bremervörde. Er ist Nachfolger von Uwe Klein.

Stefan Ihssen, Installateur- und Heizungsbauermeister, ist seit dem 22.06.2023 Obermeister der Innung für Sanitär- und Heizungstechnik Osterholz. Er ist Nachfolger von Andreas Manzl.

Thomas Wolke, Installateur- und Heizungsbauermeister, ist seit dem 01.06.2023 Obermeister der Innung für Sanitär- und Heizungstechnik Helmstedt. Er ist Nachfolger von Mehmet Yazici.

DR. ANDREAS BIERICH INFORMIERT:

Die vorschnelle Kündigung und der reumütige Schichtmeister

8

gemäß und zum nächstmöglichen Zeitpunkt unter Einhaltung der vertraglich vereinbarten Frist“. Fälschlicherweise ging der Arbeitnehmer dabei von einer dreimonatigen Kündigungsfrist zum 30.09.2021 aus; tatsächlich betrug diese sieben Monate aufgrund einer Verlängerungsklausel im Arbeitsvertrag bei einer Betriebszugehörigkeit von mehr als 20 Jahren. Zehn Tage später bereute er seine Entscheidung, schickte eine E-Mail an die Personalabteilung und nahm seine Kündigung zurück. Diese sowie eine E-Mail an die Geschäftsleitung blieben ohne Antwort. Folglich arbeitete der Arbeitnehmer erst einmal als Schichtmeister weiter. Erst im November 2021 wurde ihm in einem Personalgespräch mitgeteilt, dass das Arbeitsverhältnis mit Ablauf der Kündigungsfrist am 30.11.2021 ende. Der Arbeitnehmer klagte daraufhin auf Weiterbeschäftigung zu unveränderten Bedingungen. Denn der Arbeitgeber habe das Angebot auf Weiterbeschäftigung konkludent durch sein Verhalten angenommen,

indem er ihn über den 30.09.2021 hinaus weiterbeschäftigt habe. Das LAG Thüringen wies die Klage als unbegründet ab. Das Arbeitsverhältnis sei mit dem Schreiben des Arbeitnehmers vom 07.04.2021 wirksam und fristgerecht zum 30.11.2021 beendet worden. Zum einen war nach Auffassung des LAG die Verlängerungsklausel bezüglich der Kündigungsfristen im Arbeitsvertrag wirksam. Zum anderen könne aus der Weiterbeschäftigung eines Arbeitnehmers über den Ablauf der Kündigungsfrist hinaus nur bei Vorliegen besonderer Umstände auf einen Rechtsfolgewillen des Arbeitgebers zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses geschlossen werden. Im zu entscheidenden Fall lägen aber keine Indizien vor, dass der beklagte Arbeitgeber von einem früheren Ende des Arbeitsverhältnisses ausgegangen war und den Kläger dennoch darüber hinaus weiterbeschäftigen wollte. Eine Fortsetzung

Fachanwalt für Arbeitsrecht: Dr. Andreas Bierich

oder Wiederaufnahme eines Arbeitsverhältnisses wurde weder ausdrücklich noch konkludent vereinbart. Als einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, so das Gericht, war die Rücknahme der Kündigung durch den Arbeitnehmer allein gar nicht möglich. Fazit: Der Widerruf oder die Rücknahme einer Kündigung ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls lediglich als neues Angebot zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter gleichen Bedingungen zu werten. Für einen wirksamen Vertrag bedarf dieses Angebot wiederum einer zumindest schlüssigen Annahme durch den Adressaten der Willenserklärung.

NDH 2/2024

Foto: Schmitz

Nicht selten hört man im Arbeitsrecht von einer „Rücknahme der Kündigung“. Eine bekannte Fallkonstellation: Der Arbeitnehmer nimmt im Kündigungsschutzverfahren mit Erstaunen zur Kenntnis, dass der Arbeitgeber an Stelle eines Abfindungsangebots die Kündigung zurücknimmt. Dabei handelt es sich um das Angebot, das Arbeitsverhältnis zu unveränderten Bedingungen fortzusetzen. In den meisten Fällen bleibt dem Arbeitnehmer nur die Weiterarbeit beim Arbeitgeber. Doch wie ist die Rechtslage, wenn ein Arbeitnehmer kündigt, es sich später anders überlegt und seine Kündigung widerruft? Darüber hatte das Landesarbeitsgericht Thüringen zu entscheiden (Urteil vom 17.01.2023, Az.: 5 Sa 243/22). Das ist passiert: Der spätere Kläger war in einem Betrieb über 20 Jahre beschäftigt, zuletzt als Schichtmeister. Etwas vorschnell kündigte er am 07.04.2021 sein Arbeitsverhältnis schriftlich „frist-


Handwerkskammer Braunschweig-Lüneburg-Stade

Foto: © dusanpetkovic1 - stock.adobe.com

KREISHANDWERKERSCHAFT SÜD-OST-NIEDERSACHSEN

Metall-Innungen haben fusioniert Die Metall-Innungen Wolfenbüttel-Salzgitter und Goslar haben mit Wirkung zum 1. Januar 2024 fusioniert. Die fusionierte Innung führt zukünftig den Namen Metall-Innung Süd-Ost-Niedersachsen. Obermeister ist Tobias Wehrstedt.

INFOS ZUR ZWISCHENPRÜFUNG

Ausbilderfrühstück Die Handwerkskammer Braunschweig-Lüneburg-Stade lädt zum nächsten Ausbilderfrühstück ein. Dabei soll das Thema „Zwischenprüfung bzw. der erste Teil der Gesellenprüfung“ im Fokus stehen, insbesondere wie Ausbilder die Leistung der eigenen Azubis besser beurteilen und einschätzen können, ob sie fit genug für die Prüfung sind. Über Unterstützungsmöglichkeiten durch die Handwerkskammer wird informiert und über die Möglichkeit, die Lehrzeit zu verlängern oder zu verkürzen. Darüber hinaus bietet das Frühstück Gelegenheit, sich in zwangloser Atmosphäre über aktuelle und wichtige Themen rund um die Ausbildung im Handwerk zu informieren und sich mit anderen Ausbilderinnen und Ausbildern auszutauschen. Eingeladen sind alle, die an der Ausbildung in einem Handwerksbetrieb beteiligt sind. Das Ausbilderfrühstück ist kostenlos.

Termine Ausbilderfrühstück: ɓ

ɓ

08.03., 9:30 - 11:00 Uhr TZH Braunschweig Hamburger Straße. 234 38114 Braunschweig 15.03., 9:30 - 11:00 Uhr TZH Stade Rudolf-Diesel-Straße 9 21684 Stade Anmeldung: Thomas Versec Tel. 04131 712-173 versec@hwk-bls.de

NDH 2/2024

Auszubildende im Nachbarland Mecklenburg-Vorpommern können den ÖPNV bundesweit bereits zum ermäßigten Preis von 29 Euro im Monat nutzen. Ein solches Angebot muss es jetzt auch für Azubis in Niedersachsen geben.

HANDWERKSKAMMER FORDERT SCHNELLE EINIGUNG UND EINFÜHRUNG

Wo bleibt das ermäßigte Azubi-Deutschland-Ticket? Nach der Einigung, das Deutschlandticket für 49 Euro fortzuführen, fordert die Handwerkskammer Braunschweig-Lüneburg-Stade, nun auch zügig ein ermäßigtes Deutschlandticket für Azubis einzuführen, das bislang nur für Studierende vorgesehen ist. „Auszubildende im Nachbarland Mecklenburg-Vorpommern können den ÖPNV bundesweit bereits zum ermäßigten Preis von 29 Euro im Monat nutzen. Ein solches Angebot muss es jetzt auch für Azubis in Niedersachsen geben“, sagt Kammerpräsident Detlef Bade. Viele Azubis müssten längere Strecken zu ihrem Ausbildungsbetrieb, ihrer Berufsschule oder ihrer überbetrieblichen Bildungsstätte zurücklegen, auch länderübergreifend. „Die Förderung der Mobilität der jungen Leute wird immer wichtiger, um Ausbildungsplätze zu besetzen und damit den Fachkräftebedarf zu sichern.“ Bereits im November vergangenen Jahres hatten sich die Verkehrsminister auf ein vergünstigtes bundesweit gültiges Semesterticket für Studierende geeinigt. Die Einführung ist für den Sommer geplant.

„Diese grundsätzlich gute Entscheidung führt dazu, dass Studierende verkehrspolitisch attraktivere Rahmenbedingungen erhalten als Auszubildende in der beruflichen Bildung“, kritisiert Bade. Studierenden und Auszubildenden sollten laut Bade gleiche Konditionen geboten werden, um damit auch in diesem Bereich die Gleichwertigkeit des beruflichen und akademischen Bildungssystems zum Ausdruck zu bringen. „Wir wollen, dass unsere Auszubildenden auch gleichwertig behandelt werden und ebenfalls ein ermäßigtes Deutschland-Ticket nutzen können“, betont der Präsident der Handwerkskammer.

Das Portal zum Magazin www.hwk-bls.de/magazin Bei Fragen & Anregungen melden Sie sich gern: Astrid Bauerfeld 0531 1201-124 bauerfeld@hwk-bls.de

9


Handwerkskammer Braunschweig-Lüneburg-Stade

10

NDH 2/2024


Handwerkskammer Braunschweig-Lüneburg-Stade

NDH 2/2024

11


e um den WirtschaftsDas Handwerk ist in großer Sorg stungen haben ein Ausmaß Bela Die nd. schla Deut ort stand und Beschäftigte nicht angenommen, das viele Betriebe Handwerkerinnen und mehr r Imme en. könn ltern schu mehr gegängelt, Frust und ch kratis büro sich n fühle er Handwerk es nicht weitergehen! kann So zu. en nehm ng Verärgeru n – die Betriebe brauchen Die Politik muss endlich umsteuer n! Atme wieder Luft zum

AMH e. V. Mohrenstraße 20/21 10117

Berlin Redaktionelle Verantwortung:

Robert Wüst, Stefan Koenen

Handwerkskammer Braunschweig-Lüneburg-Stade

Was die Bundesregierung jetzt tun

muss:

Abgaben senken  Belastungen bei Steuern und  Bürokratie abbauen en  Bezahlbare Energie sicherstell  Selbstständigkeit wertschätzen schaffen  Planbarkeit und Verlässlichkeit  eln Sie, damit unser Land Mein dringlicher Appell: Hand h bleibt. Treffen Sie die wirtschaftlich stark und erfolgreic für mehr Wachstum und notwendigen Entscheidungen n Sie diese auch um. Es Wettbewerbsfähigkeit, und setze er auf den richtigen Kurs geht darum, dass Deutschland wied kommt. Es ist Zeit, zu machen! Name

An die Bundesregierung Bundeskanzleramt Willy-Brandt-Str. 1 10557 Berlin

Handwerksberuf, Region

Perspektiven und Signale

Um spürbare Entlastungsperspektiven für Betriebe und Beschäftigte zu erreichen, üben Handwerksorganisationen in Deutschland Druck auf die Politik aus. Dazu setzen sie auf den intensiven Austausch mit Regierungsspitzen, Ministerien und Abgeordneten. Über diese Zugänge hat auch der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) in den vergangenen Monaten einiges bewegt. Angesichts der angespannten Belastungssituation sollen weiterhin direkte Gespräche mit der Politik stattfinden. Aber auch öffentlichkeitswirksame Maßnahmen sind erforderlich, um die Forderungen des Handwerks mit Nachdruck zu vermitteln. Es geht darum, sichtbare Zeichen für einen Belastungsstopp sowie mehr Planbarkeit und Verlässlichkeit zu setzen. Die unterschiedlichsten Vorgehen und Aktionen wurden bereits ins Leben gerufen. Der Zentralverband möchte nun mittels einer Postkartenaktion Betrieben und Beschäftigten die Möglichkeit geben, Kernforderungen des Handwerks direkt an die Bundesregierung zu adressieren. Wir haben vorab die Bundestagsabgeordneten der Regierungsparteien zu genau diesen Kernforderungen befragt.

Die Pos tk liegt de arte Magazi m n bei.

12 17

NDH 2/2024


Handwerkskammer Braunschweig-Lüneburg-Stade

Foto: SPD

Bernd Westphal wirtschafts- und energiepolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Bundestag

Bernd Westphal Belastungen bei Steuern und Abgaben senken: „Mit dem jetzt beschlossenen Haushalt 2024 wurden Lohn- und Einkommenssteuern gesenkt und eine Entlastung um 15 Mrd. erzielt. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die Steigerungen bei den Sozialabgaben diese steuerlichen Entlastungen weitgehend aufheben. Mehr Netto vom Brutto funktioniert oft nicht. Die demografische Entwicklung macht Entlastungsspielräume bei den Sozialabgaben nahezu unmöglich. Einige behaupten, in der gesetzlichen Rentenversicherung ließe sich viel Geld sparen und die Beitragssätze könnten sinken. Dazu müsse man nur das Renteneintrittsalter anheben. Das teile ich nicht. Insbesondere für die vielen Millionen Menschen, die körperlich arbeiten, ist das keine Option.“ Bürokratie abbauen: „Bürokratieabbau ist wirtschaftspolitische Daueraufgabe. Noch in diesem Halbjahr werden wir zwei Bürokratieentlastungs-Gesetzentwürfe beraten: Eine Änderung im Handelsbilanzrecht, mit dem die Schwellenwerte zur Bestimmung der Unternehmensgrößenklassen angehoben werden. Durch die Anhebung werden sehr viele Unternehmen in eine niedrigere Größenklasse rutschen – was zu weniger Bürokratie und erheblichen Kostensenkungen führt. Darüber hinaus hat der Bundesjustizminister einen ersten Entwurf für ein Bürokratieentlastungsgesetz vorgelegt. Stand jetzt ist mir dieser noch zu ambitionslos und ich werde mich dafür einsetzen, weitere Entlastungen aufzunehmen.“ Bezahlbare Energie sicherstellen: „Der Ausbau der Erneuerbaren Energien hat deutlich an Fahrt aufgenommen. Langfristig werden Wind und Sonne für günstigere Energie sorgen, kurz- und mittelfristig bleiben die Herausforderungen groß. Deshalb haben wir in dieser Legislaturperiode die EEG-Umlage abgeschafft und erst vor wenigen Wochen die Stromsteuer massiv gesenkt. Wie in anderen Politikfeldern gilt auch in der Energiepolitik: die einfachen Antworten sind nicht immer die richtigen. Großbritannien erlebt aktuell ein Fiasko mit dem Neubau eines Atommeilers mit einer Vervielfachung der Bauzeit und der Kosten im zweistelligen Milliardenbereich.“ Selbstständigkeit wertschätzen: „Der Schritt in die Selbstständigkeit zollt mir außerordentlichen Respekt ab. Es braucht neben den notwendigen Fähigkeiten auch Mut, Weitsicht und Verantwortungsbewusstsein. Einige hoffen, aus dem vermeintlichen Konflikt ‚klein‘ gegen ‚groß‘ politisches Kapital schlagen zu können. Das lehne ich ab. Wir sind die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt und wollen dies bleiben. Für unseren wirtschaftlichen Erfolg brauchen wir global erfolgreiche Industriekonzerne, starke landwirtschaftliche Betriebe, ‚hidden champions‘ im Mittelstand, kreative Startups und selbstverständlich ein erfolgreiches Handwerk als starkes Fundament.“ Planbarkeit und Verlässlichkeit schaffen: „Planbarkeit und Verlässlichkeit sind von hoher Bedeutung und für mich eine Richtschnur für politische Entscheidungen. Leider entzieht sich die Wirklichkeit hin und wieder unseren Plänen. Das war so als 2009 die Immobilienblase in den USA geplatzt ist und die Welt in eine Finanz- und Wirtschaftskrise taumelte, als die Corona-Pandemie die Welt auf den Kopf stellte und auch als Putin vor zwei Jahren die Ukraine überfiel. Ohne die wirtschaftlichen und finanziellen Corona-Nachwehen und die hohe energiepreisbedingte Inflation wären wir in einer komfortableren Situation. Deutschland hat auf diese Krisen gut und verlässlich reagiert - nach innen und außen. Diese Verlässlichkeit behalten wir bei.“

NDH 2/2024

13


Handwerkskammer Braunschweig-Lüneburg-Stade

Foto: FDP

Anikó Glogowski-Merten Bundestagsabgeordnete

Anikó Glogowski-Merten Die Krisen der vergangenen Jahre, die bis heute andauern, haben deutliche Spuren in der deutschen Wirtschaft und Gesellschaft hinterlassen. Insbesondere die COVID-19-Pandemie und der Ukraine- Konflikt haben das stabile Fundament unserer Wirtschaft der vergangenen Jahre erschüttert. Hinzu kam die Energiekrise, die Energie plötzlich zu einer teuren Ressource machte. Das Unternehmertum in Deutschland und die Rolle des Mittelstandes bei der Bewältigung von Krisen sind für unsere Gesellschaft von unbestreitbarer Bedeutung. Selbstständig arbeitende Bürger:innen bringen Innovationskraft in unser Land. Gleichzeitig sind sie aber hohen wirtschaftlichen Risiken ausgesetzt, die in Krisenzeiten für das Individuum untragbar werden können. Unsere Aufgabe in der Politik ist es, die Auswirkungen dieser Krisen auf unsere Gesellschaft und Wirtschaft so gut es geht abzuwenden. Um diesen Auswirkungen entgegenzuwirken, haben wir die Strom- und Gaspreisbremse eingeführt und damit die finanziellen Belastungen in den Jahren 2022 und 2023 schnell und unbürokratisch abgefedert. Nach dem Ende der temporären Energiesubventionen haben wir dafür gesorgt, dass die Stromsteuer für das gesamte produzierende Gewerbe auf das EU-Minimum von 0,05ct für zwei Jahre gesenkt wurde. Das entlastet den Produktionsstandort Deutschland enorm und schafft mittelfristige Planbarkeit für Betriebe. Der Bürokratieabbau ist ein wichtiges Ziel, das wir verfolgen, um unsere Wirtschaft zu entlasten und ihre Potentiale zu entfesseln: Das Bürokratieentlastungsgesetz IV und die Integration des Gesellschaftsregisters in das Unternehmens-Basisdatenregister sind wichtige Schritte, die wir unternommen haben, um dieses Ziel zu erreichen. Das Once-Only-Prinzip im Unternehmensregister ermöglicht eine effizientere Datenpflege. Wir werden auch weiterhin alles daran setzen, bürokratische Prozesse zu identifizieren und zu vereinfachen. Auch auf EU-Ebene setzen wir uns mit der deutsch-französischen Initiative für Bürokratieabbau ein. Die Europäische Kommission hat bereits Maßnahmen zur Vereinfachung von Berichtspflichten auf den Weg gebracht, um die Belastung der Unternehmen um mindestens 25 Prozent zu reduzieren. Der Mittelstand ist das Rückgrat unserer Wirtschaft und wir geben unser Bestes, ihn zu unterstützen. Mit dem ERP-Wirtschaftsplangesetz haben wir eine solide Grundlage für Investitionen und Förderungen bis 2024 geschaffen. Wir wollen weiter daran arbeiten, unseren Selbstständigen wieder eine Basis für Sicherheit und Planbarkeit zu geben.

Außerdem setzen wir uns intensiv für die Fachkräftesicherung ein, indem wir die Zuwanderung qualifizierter Fachkräfte erleichtern und die Attraktivität der beruflichen Bildung steigern. Wir haben die Exzellenzinitiative Berufliche Bildung auf den Weg gebracht, um berufliche Karrieren zu fördern. Des Weiteren arbeiten wir an einer handwerks- und mittelstandsfreundlichen Novellierung des Vergaberechts. Wir wissen um die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Herausforderungen, die die vergangenen Jahre mit sich gebracht haben und stellen uns ihnen.

Lassen Sie uns gemeinsam für eine bessere Zukunft einsetzen!

14

NDH 2/2024


Handwerkskammer Braunschweig-Lüneburg-Stade

Foto: Kaminski

Frank Bsirske Bundestagsabgeordneter

Frank Bsirske Die vielen kleinen und mittleren Betriebe im Handwerk gehören zum Rückgrat unserer Wirtschaft. Insbesondere jungen Menschen bietet das Handwerk krisensichere Arbeitsplätze und Zukunftsperspektiven. Es zeichnet sich durch eine große Heterogenität aus: vom Heizungsinstallateurbetrieb bis zur Bäckerei, vom mittelständischen Unternehmen mit hunderten von Beschäftigten bis zum Kleinstbetrieb. Für das Handwerk wollen wir die Rahmenbedingungen verbessern. Oberstes Ziel ist der Erhalt und die Zukunftsfähigkeit der Betriebe. Damit Handwerksberufe noch attraktiver werden, setzen wir auf eine stärkere Tarifbindung, branchenspezifische Mindestvergütungen und mehr Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Ausbildung. Im Koalitionsvertrag, dem Arbeitsprogramm der Ampel-Koalition, haben wir uns darauf verständigt, zukunftsorientierte Rahmenbedingungen zu schaffen. Hierfür werden wir die Beteiligungsmöglichkeiten von kleinen und mittleren Betrieben an Vergabeverfahren stärken. Förderprogramme und Investitionszuschüsse sollen vor allem für kleine und mittlere Unternehmen und Selbstständige deutlich einfacher zu beantragen und zu dokumentieren sein. Dafür werden wir sie digitalisieren, evaluieren und bedarfsgerecht ausgestalten. Zur Fachkräftesicherung im Handwerk werden wir das duale System der beruflichen Ausbildung stärken und den Übergang von der Schule in die berufliche Bildung verbessern. Mit der Exzellenzinitiative Berufliche Bildung werden wir z.B. die Berufsorientierung für Handwerksberufe ausbauen und die überbetrieblichen Berufsbildungsstätten stärken. Den Zugang zur Meisterausbildung und zu Weiterbildungen werden wir erleichtern, indem wir die Kosten von Meisterkursen und -briefen senken und das Aufstiegs-BAföG weiter reformieren. Über das Startchancen-Programm von Bund und Ländern fließen in den kommenden Jahren mehrere hundert Millionen Euro in die beruflichen Schulen. Mit der Reform des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes hat die Ampel auch einen Beitrag zur Fachkräftesicherung im Handwerk geleistet. Wir haben zahlreiche Hürden für Arbeitskräfte aus dem Ausland beseitigt, Gehaltsschwellen abgesenkt und ermöglichen es anerkannten Fachkräften, flexibel und branchenübergreifend freie Stellen anzutreten. Neu eingeführt haben wir eine Chancenkarte: Auf Basis eines transparenten Punktesystems erhalten Menschen die Chance, zur Arbeitsplatzsuche nach Deutschland zu kommen. Mit der Reform des Staatsbürgerschaftsrechts verkürzen wir die Fristen für die Einbürgerung, erkennen Mehrstaatigkeit an und geben den Menschen Perspektiven. Arbeitsverbote für Asylbewerber*innen und geduldete Menschen wollen wir weiter abbauen und die Beschäftigungsduldung ausbauen. Den Reformpfad bei Aufenthalt und Einwanderung wollen wir konsequent weiter gehen und damit die Fachkräftebasis im Handwerk stärken. Aufgrund der geringen Spielräume in den öffentlichen Haushalten und Sozialversicherungen der kommenden Jahre und den enormen Investitionsbedarfen in die öffentliche Infrastruktur können wir zum jetzigen Zeitpunkt keine Entlastung bei Steuern und Abgaben über das bereits beschlossene Maß hinaus versprechen. Regierungsintern beraten wir daher gerade, wie wir unnötige Bürokratie für die Unternehmen abbauen können. Außerdem wollen wir selbstverständlich eine verlässliche und bezahlbare Energieversorgung für die Unternehmen sicherstellen. Das ist jedoch insbesondere vor dem Hintergrund des Haushaltsurteils des Bundesverfassungsgerichts alles andere als einfach.

NDH 2/2024

15


Handwerkskammer Braunschweig-Lüneburg-Stade

Detlef Bade im Einsatz für Interessen: Herr Bade, nicht nur bei den Bauern ist die Stimmung schlecht, auch im Handwerk ist die Unzufriedenheit groß. Wie reagieren die Handwerksorganisationen darauf? » Detlef Bade: Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind für viele Handwerksbetriebe weiterhin eine Herausforderung. Dabei sind die Belastungen vielfältig und reichen von zu viel Bürokratie über hohe Steuern und Abgaben bis hin zur Frage einer ausreichenden Planungssicherheit. Die Handwerksorganisationen, also auch wir als Handwerkskammer, setzen sich vor allem dafür ein, spürbare Entlastungsperspektiven für Betriebe und Beschäftigte zu erreichen. Dazu nutzen wir den intensiven Austausch mit der Politik, also vor allem Ministerien und Abgeordneten. Über diese Kontakte und Gespräche haben wir in den vergangenen Monaten gemeinsam einiges bewegt, auch wenn es meist viel Zeit erfordert, bis es zu echten Fortschritten kommt und diese nicht immer gleich sichtbar sind. Ein gutes Beispiel dafür ist der Industriestrompreis. Immer wieder haben wir deutlich gemacht, dass es auch energieintensive Handwerksbetriebe gibt, die entlastet werden müssen, und dass dafür die Stromsteuer reduziert werden sollte. Tatsächlich hat sich die Bundesregierung letztlich darauf geeinigt: Für das produzierende Gewerbe wird die Stromsteuer gesenkt und damit auch für viele unserer Mitgliedsbetriebe.

Die Interessenvertretung ist ja eine Kernaufgabe, die der Handwerkskammer per Gesetz übertragen wurde. Was genau umfasst denn diese Interessenvertretung – und was nicht? » Detlef Bade: Handwerkskammern sind öffentlich-rechtliche Einrichtungen mit Pflichtmitgliedschaft und damit zur politischen Neutralität verpflichtet. Unser Aufgabengebiet ist gesetzlich festgelegt. Die Interessenvertretung gehört zwar dazu, aber das Bundesverwaltungsgericht hat mit seinem Urteil zur so genannten „Limburger Erklärung“ Vorgaben gemacht, was

16

eine Kammer im Rahmen ihrer Interessenvertretung darf und was nicht. So müssen unsere Äußerungen inhaltlich das gesetzlich festgelegte Aufgabengebiet betreffen, also stets einen Bezug zum Handwerk haben. Sie müssen sachlich begründet und inhaltlich ausgewogen sein und gegebenenfalls andere Meinungen in der Organisation berücksichtigen. Und unsere Äußerungen dürfen nicht zu emotional und zugespitzt sein. Wir dürfen also nicht sagen „Die Politik der Ampel ist Mist“ - ich halte auch grundsätzlich nichts von solchen Pauschalurteilen. Als Handwerkskammer müssen wir vielmehr darlegen, inwieweit das Handwerk von bestimmten politischen Entscheidungen konkret betroffen ist und welche Änderungen wir für sinnvoll erachten. Dazu helfen uns auch Umfragen. Nicht mit der lautstarken Holzhammermethode erreichen wir etwas in der Interessenvertretung, sondern nur im gemeinsamen politischen Dialog und mit überzeugenden Sachargumenten.

Wer entscheidet über den Inhalt dieser politischen Stellungnahmen? » Detlef Bade: Um diese rechtlichen Vorgaben einzuhalten, holen wir die Zustimmung unserer Vollversammlung zu grundsätzlichen politischen Positionierungen ein. Die Vollversammlung ist das Handwerkerparlament in unserem Kammerbezirk. Hier entscheiden Arbeitgeber und Arbeitnehmer gemeinsam über politische Forderungen, die wir an die Politik herantragen. Neben Positionspapieren bringt die Vollversammlung ihren politischen Willen auch in verabschiedeten Resolutionen zum Ausdruck. Meistens gibt es einen breiten Konsens in den Positionen. Bei abweichenden Meinungen kann aber auch ein Recht auf ein Minderheitenvotum in Anspruch genommen werden, das wir dann ebenfalls bei unseren Äußerungen berücksichtigen müssen.

Was kann denn die Handwerkskammer dann überhaupt konkret machen? » Detlef Bade: Auf der Basis dieser grundsätzlichen Zustimmung zu unseren politischen Positionen suchen wir regelmäßig den Dialog mit Vertretern aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, begleiten Gesetzgebungsverfahren, geben Stellungnahmen ab und bringen uns aktiv in handwerksrelevante Diskurse ein. Dafür haben wir sogar eine eigene Stabsabteilung „Wirtschaftspolitik und Regionalmanagement“, die sich um diese Belange kümmert. So haben wir in den vergangenen Monaten wieder gemeinsam mit IHKen und Wirtschaftsverbänden Abgeordnete und Handwerker aus unserem Kammerbezirk zu parlamentarischen Abenden in Lüneburg und Braunschweig eingeladen. Wir hatten kürzlich die niedersächsische Kultusministerin Julia Hamburg zum Gespräch in unserem Technologiezentrum in Braunschweig. Bei unserer großen Obermeistertagung im Februar wird der Bundesarbeitsminister Hubertus Heil zur Diskussion mit den Handwerkern zur Verfügung stehen. Außerdem stehe ich als Mitglied des Präsidiums des Zentralverbands des Deutschen Handwerks in Kontakt mit der Bundesregierung. Das sind nur einige Beispiele für unsere kontinuierliche politische Arbeit.

NDH 2/2024


Handwerkskammer Braunschweig-Lüneburg-Stade

Was ist Ihnen bei diesen Gesprächen besonders wichtig? » Detlef Bade: Wir brauchen in der Öffentlichkeit noch deutlich mehr Wertschätzung für das Handwerk, für berufspraktische Arbeit und besonders für die berufliche Bildung. Was Handwerkerinnen und Handwerker täglich leisten, ist für unsere Gesellschaft unverzichtbar. Nicht umsonst wurden viele Handwerksberufe in der Coronazeit als systemrelevant eingestuft. In den vielen Gesprächen, die ich führe, betone ich das immer wieder als eines der zentralen Themen, an dem wir gemeinsam arbeiten müssen. Handwerksbetriebe brauchen endlich spürbare Entlastungen und Planungssicherheit, damit sie sich um ihre eigentliche Tätigkeit und ihre Kunden und Aufträge kümmern können. Gesellschaft und Politik sind gefragt, uns hierbei zu unterstützen und vor allem auch junge Menschen von Handwerk und Unternehmertum zu begeistern. Die Politik steht hier im Wort und in der Verantwortung.

NDH 2/2024

Foto: Bauerfeld

Detlef Bade Präsident der Handwerkskammer Braunschweig-Lüneburg-Stade

17


Herzlichen Glückwunsch Die Handwerkskammer Braunschweig-Lüneburg-Stade gratuliert zum Jubiläum und wünscht weiterhin viel Erfolg:

25-JÄHRIGE SELBSTSTÄNDIGKEIT Maler- und Lackierermeister Henning Brockhöft, Amelinghausen, 01.01.2024 Schmiedemeister und Dipl.-Ing. Otto Pabst, Bleckede, 01.01.2024

25-JÄHRIGES BETRIEBSBESTEHEN Autohaus Schmidt & Söhne GmbH & Co. KG, Südheide, 29.01.2024

50-JÄHRIGES BETRIEBSBESTEHEN Tischlermeister Henning Hartkopf, Bad Bevensen, 01.02.2024 Pape Haustechnik GmbH, Selsingen, 01.02.2024

25-JÄHRIGES MEISTERJUBILÄUM Installateur- und Heizungsbauermeister Stefan Drobny, Herzberg am Harz, 04.02.2024

50-JÄHRIGES MEISTERJUBILÄUM Tischlermeister Heinz Müller, Wrestedt, 23.02.2024

18

Walter Saudhof GmbH im Jubeljahr 100 Jahre: Der Betrieb hat eine lange Tradition mit dem inzwischen sechsten Geschäftsführer. Ein gutes Jahr liegt hinter der Walter Saudhof GmbH. Ralf Schmitz, Inhaber des Sanitär- und Heizungsbaubetriebs aus Braunschweig sagt: „Wir haben viele Heizungen eingebaut. Nun arbeiten wir unsere Aufträge für neue Bäder ab.“ Zukünftig werde wohl ein Schwerpunkt auf der Umstellung von Gas auf Fernwärme in Mehrfamilienhäusern der Umgebung liegen. Die Kunden des Handwerksbetriebs kommen aus der Region und sind überwiegend Stammkunden. „Ich höre oft, dass wir schon seit dem Krieg – teilweise schon seit 100 Jahren – der Sanitär- und Heizungspart-

ner sind. Darüber freue ich mich und es bestätigt mich, dass wir gute Qualität abliefern.“ Für Kunden und Geschäftspartner bereitet Ralf Schmitz nun das 100-jährige Jubiläum vor. Geplant sind zwei Tage am Firmensitz, wo unter anderem ein Stand des Otterzentrums Hankensbüttel aufgebaut wird. „Der Betrieb ist Pate eines Otters und unsere Gäste haben die Möglichkeit, statt Geschenken für das Zentrum zu spenden. Alternativ sammeln wir für den Förderverein der Heinrich-Büssing-Berufsschule für eine bessere Laborausstattung.“

NDH 2/2024


„Eigentlich wollte ich mich nie selbstständig machen, aber als sich die Chance bot, habe ich sie ergriffen. Und ich habe es bis heute nicht bereut.“ Ralf Schmitz, Geschäftsführer des Sanitärund Heizungsbaubetriebs Walter Saudhof GmbH

Geschäftsführer Ralf Schmitz mit einem historischen Wasserrohr, das 1969 in Braunschweig ausgegraben wurde.

NDH 2/2024

Schmitz. Dann kam mit Carsten Schäfer der erste externe Geschäftsführer. „2011 wurde ein neuer Geschäftsführer gesucht. Ich war in einem anderen Braunschweiger Betrieb angestellt. Aber meine Kinder waren zu dem Zeitpunkt so groß, dass sie mich nicht mehr so stark brauchten. Also konnte ich Zeit in die Geschäftsführung eines Betriebs investieren“, sagt Ralf Schmitz. „Eigentlich wollte ich mich nie selbstständig machen, aber als sich die Chance bot, habe ich sie ergriffen. Und ich habe es bis heute nicht bereut.“ Seit 2012 führt er das Handwerksunternehmen und hat auch schon für seine eigene Nachfolge vorgesorgt: „Zwei meiner Mitarbeiter wollen den Betrieb in ein paar Jahren gemeinsam weiterführen. Das bereiten wir vor und ich bin froh, dass es auch nach mir mit dem Traditionsbetrieb weitergeht.“ CB W

Im Web: www.saudhof.de

Ehrungen und Urkunden Ihr Betrieb feiert Jubiläum? Stellen Sie einen Antrag bei 25, 40, 50 oder 75 Jubeljahren auf eine Urkunde. Ab 100-jährigem Jubiläum oder einem Meisterjubiläum von 50 oder 60 Jahren möchte die Handwerkskammer darüber hinaus einen Artikel in Form eines Porträts im Norddeutschen Handwerk veröffentlichen, aber auch digital auf Homepage oder in Social-Media-Kanälen der Handwerkskammer berichten. Einige wichtige Informationen sind für die Antragsstellung einer Urkunde notwendig und können online über ein entsprechendes Formular übermittelt werden.

Foto: Christiane Bartel

Die Berufsausbildung liegt dem Betriebsinhaber am Herzen. Er selbst hat zwei Meistertitel: als Gas- und Wasserinstallateurmeister sowie als Installateur- und Heizungsbauermeister. Er ist Vorsitzender der Gesellenprüfungskommission und im Fachverband Sanitär-, Heizungs-, Klimaund Klempnertechnik Niedersachsen sitzt er im Ausschuss Aus- und Weiterbildung sowie in der Kleinen Kommission, die die Gesellenprüfung für Niedersachsen erarbeitet. „Ich bilde selbst auch aus und übernehme einen Großteil meiner Auszubildenden anschließend“, sagt Ralf Schmitz. Bisher klappe das ganz gut. Von seinen insgesamt 11 Mitarbeitern sind vier, die auch im Betrieb gelernt haben. Der Betrieb hat eine lange Tradition mit dem inzwischen sechsten Geschäftsführer. „Die zweite Generation, Karl Schmidt, war der Schwiegersohn des Firmengründers Walter Saudhof. Danach haben die Mitarbeiter Hans-Peter Schönhoff und anschließend Uwe Brüggemann die Firma weitergeführt“, erzählt Ralf

Web: www.hwk-bls.de/ehrungen Mail: ehrungen@hwk-bls.de

19


Handwerkskammer Braunschweig-Lüneburg-Stade

Honorardozent Wilhelm Biehl nutzt ILIAS bereits seit rund zwei Jahren für Präsenzlehrgänge und den Online-Unterricht.

Digitales Lernen im Handwerk Lernmanagementsysteme unterstützen den Unterricht in den Technologiezentren der Handwerkskammer Braunschweig-Lüneburg-Stade. Die Digitalisierung hält auch in der Aus-, Fort- und Weiterbildung immer mehr Einzug. Eine zentrale Rolle nehmen dabei Lernmanagementsysteme wie ILIAS oder Moodle ein, die sowohl beim klassischen Präsenzunterricht als auch bei digitalen Lehrgängen wie Blended Learning unterstützend zum Einsatz kommen. „Wir sind dabei, den Einsatz und die Nutzung von ILIAS in der Aus- und Weiterbildung schrittweise auszubauen“, berichtet Ricarda Heil von der Handwerkskammer. Als Medienpädagogin unterstützt sie zusammen mit ihrem Kollegen IT-Fachkraft Frank Goeke beim Einsatz technischer Neuerungen im Unterricht und bietet entsprechende Schulungen an. „Im ersten Schritt unterstützen die Systeme das Lehrgangsmanagement und die Dozierenden bei administrativen Aufgaben wie der Erfassung der Anwesenheit oder beim Führen des Klassenbuchs. Auch wenn das vielleicht erst einmal trivial klingen mag, sparen unsere Lehrkräfte dadurch wertvolle Ressourcen, die sie in den eigentlichen Unterricht stecken können“, erklärt Heil. Einen Schritt weiter ist Honorardozent Wilhelm Biehl. Seinen Unterricht in der Meistervorbereitung gestaltet er seit rund zwei Jahren mit Unterstützung von ILIAS. „Immer mehr Kolleginnen und Kollegen nutzen ILIAS mittlerweile“, freut sich Biehl und ergänzt: „Der Funktionsumfang ist groß. Neben dem administrativen Bereich nutze ich die Plattform für die Bereitstellung

20

„Wir sind dabei, den Einsatz und die Nutzung von ILIAS in der Aus- und Weiterbildung schrittweise auszubauen.“ Ricarda Heil, Medienpädagogin bei der Handwerkskammer

aller Lehrgangsunterlagen in digitaler Form. Auch Hausaufgaben und Übungsaufgaben im Online-Unterricht sammele ich darüber ein. Somit ist alles an einem Ort“. Ein weiterer Pluspunkt stellt für Biehl die Kommunikation zwischen allen Lehrgangsbeteiligten dar. „Die gesamte Kommunikation, sowohl unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern, aber auch der Austausch mit mir oder dem Lehrgangsmanagement läuft über die Plattform. Statt ständig Mails hin und her zu schicken, haben wir alles zentral an einem Ort. Das ist übersichtlicher und spart am Ende vor allem Zeit“, sagt Biehl. Auch von den virtuellen Lerngruppen zeigt sich der Dozent begeistert: „Damit haben auch die Teilnehmerinnen und Teilnehmer meiner Präsenzlehrgänge die Möglichkeit, sich an einem

Blended Learning Blended Learning ist eine hybride Unterrichtsform. Der Großteil des Unterrichts findet zu festen Zeiten im virtuellen Kursraum statt. Die digitalen Unterrichtseinheiten werden von Präsenzphasen in den Technologiezentren der Handwerkskammer abgerundet. Der gesamte Unterricht wird über ILIAS organisiert.

NDH 2/2024


Handwerkskammer Braunschweig-Lüneburg-Stade

Termine Blended Learning ADA - AUSBILDUNG DER AUSBILDER*INNEN Online und Präsenz in Lüneburg 17.04.2024 - 19.06.2024

In ILIAS lassen sich dreidimensionale Werkstätten und Unterrichtsräume mit verschiedenen interaktiven Funktionen einrichten.

Online und Präsenz in Braunschweig 20.01.2025 - 28.03.2025 GEBÄUDEENERGIEBERATER*IN (HWK) Online und Präsenz in Stade 02.09.2024 - 18.01.2025 GEPRÜFTE*R BETRIEBSWIRT*IN (HWO) Online und Präsenz in Osnabrück 12.04.2024 - 20.03.2026 Online und Präsenz in Hamburg 08.11.2024 - 02.10.2026

NDH 2/2024

Werkstätten eingerichtet, die mit Videos verknüpft sind. Teilnehmer können selbstständig navigieren und sich Produktvideos oder Tutorials zu einzelnen Geräten und Maschinen angucken und wiederholen“, erklärt Ricarda Heil. JR

Online und Präsenz in Braunschweig 15.04.2024 - 08.11.2024 28.04.2025 - 28.11.2025 GEPRÜFTE*R KAUFMÄNNISCHE*R FACHWIRT*IN (HWO)

Kontakt Ricarda Heil und Frank Goeke unterstützen alle Lehrgangsbeteiligten – Teilnehmende, Lehrkräfte und Lehrgangsmanagement – bei der Nutzung von ILIAS. Von der grundlegenden Installation über die einzelnen Funktionalitäten bis hin zu technischen Störungen sind die Kontakte für alle Fragen und Probleme:

Frank Goeke Telefon 04141 6062-94 goeke@hwk-bls.de

Ricarda Heil Telefon 04131 712-368 heil@hwk-bls.de

Foto links oben: Ricarda Heil / Foto rechts oben: © McLittle Stock - stock.adobe.com

virtuellen Ort auszutauschen, gemeinsam zu lernen oder Aufgaben zu lösen. Bei Fragen oder Problemen können sie mich direkt über das System kontaktieren.“ Von den Funktionen überzeugt ist auch Maximilian Betzing, SHK-Ausbildungsmeister im Technologiezentrum Stade. Betzing selbst hat ILIAS zunächst als Teilnehmer eines Lehrgangs kennen und schätzen gelernt: „Begeistert von den vielen Funktionalitäten, von denen ich selbst als Teilnehmer profitiert habe, freue ich mich, ILIAS auch künftig für meinen Unterricht in der überbetrieblichen Lehrlingsunterweisung nutzen zu können.“ Dabei hat der Ausbildungsmeister mit seinen Kollegen aus dem Fachbereich viel geplant: „Neben der digitalen Bereitstellung der Lehrgangsunterlagen wollen wir kleinere Lernvideos erstellen, die zur Wiederholung, Vertiefung oder auch zur Prüfungsvorbereitung genutzt werden können. Auch die klassischen Wissensüberprüfungen am Ende eines Lehrgangs wollen wir künftig darüber laufen lassen“, erklärt Betzing. Unterstützung erhält er dabei von Ricarda Heil und Frank Goeke. „Basierend auf den Ergebnissen aus dem Projekt „One World – Mixed Reality“ haben wir in ILIAS erste dreidimensionale

GEPRÜFTE*R FACHMANN*FACHFRAU FÜR KAUFMÄNNISCHE BETRIEBSFÜHRUNG (HWO)

Online und Präsenz in Lüneburg 06.09.2024 - 12.03.2026 MEISTERVORBEREITUNG IM ELEKTROHANDWERK, SCHWERPUNKT: ENERGIE- UND GEBÄUDETECHNIK, TEIL I UND II Online und Präsenz in Braunschweig, Lüneburg oder Stade* MEISTERVORBEREITUNG IM INSTALLATEUR- UND HEIZUNGSBAUERHANDWERK, TEIL I UND II Online und Präsenz in Braunschweig oder Stade* *Die nächsten Lehrgangstermine sind ausgebucht, eine Aufnahme auf die Warteliste ist möglich. Die nächsten Lehrgänge starten voraussichtlich 2025.

21


Foto: Anna-Maja Leupold

Betrieb

Mit Bürokratie hat Susanne Matthies schon genug zu kämpfen, sie braucht nicht noch Mehraufwände durch die eAU.

eAU treibt Aufwände hoch Entlastung durch die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung? Susanne Matthies spürt davon nichts in ihrem Handwerksbetrieb. Sie fordert Änderungen am Verfahren – damit ist sie nicht allein. ANNA-MAJA LEUPOLD

enn sich Mitarbeitende von Susanne Matthies früher krankgemeldet haben, war das für die Handwerksunternehmerin mit wenig Aufwand verbunden: „Meine Mitarbeiter haben mich morgens angerufen, sind zum Arzt gegangen und haben anschließend den gelben Schein geschickt.“ Durch die Einführung der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) sei das anders geworden, berichtet die Chefin eines SHK-Betriebs aus Laatzen bei Hannover.

W

22

Warum die eAU Mehraufwand bedeutet

„Bürokratie haben wir schon genug.“ Susanne Matthies, Unternehmerin

Seit etwas mehr als einem Jahr müssen Betriebe die Krankmeldungen ihrer Mitarbeitenden digital bei den Krankenkassen abrufen. „Diese Neuerung hat die Aufwände im Betrieb massiv in die Höhe getrieben“, sagt Matthies. „Wenn es schlecht läuft, dann sind wir mehr als eine Stunde mit einer Krankmeldung beschäftigt.“ Der Grund: Matthies und ihre Büromitarbeiterin müssen jetzt mehr mit ihren Mitarbeitenden und ihrem Steuerbüro kommunizieren, Informationen einholen und teilen.

NDH 2/2024


Betrieb

Wie auch viele andere Handwerksbetriebe hat die Unternehmerin ihre Lohnbuchhaltung outgesourct. Das bedeutet: Ihr Steuerberater kümmert sich um den eAU-Abruf, wenn einer der 17 Mitarbeitenden arbeitsunfähig ausfällt. Damit das Steuerbüro eine Abfrage bei der Krankenkasse starten kann, benötigt es Informationen, die sie selbst erst einmal besorgen muss, berichtet Matthies: „Nach dem Arztbesuch muss ich bei den Mitarbeitern den Beginn und das voraussichtliche Ende der Arbeitsunfähigkeit abfragen und ob es sich um eine Erst- oder Folgebescheinigung handelt.“ Die Infos schickt sie per Mail an den Steuerberater. Der fragt dann die eAU digital bei der Krankenkasse ab – was Matthies pauschal zehn Euro pro Abfrage kostet. Damit ist für den Handwerksbetrieb das Thema jedoch längst nicht erledigt: „Meine Mitarbeiterin bereitet die Lohnabrechnung für das Steuerbüro vor“, sagt Matthies. Neben geleisteten Arbeitsstunden und Urlaubstagen müsse sie auch die Fehltage mit Attest auflisten. „Das ist für die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall wichtig, wir kennen aber nur die tatsächlichen Fehltage“, erläutert die Unternehmerin. Daher müsse ihre Mitarbeiterin sich mit dem Steuerbüro in Verbindung setzen, die Daten abgleichen und gegebenenfalls die interne Dokumentation ändern. „Wenn es schlecht läuft, ist meine Mitarbeiterin damit bis zu einer halben Stunde beschäftigt“, berichtet Matthies. Das ist Zeit, die im Betrieb an anderer Stelle fehlt – zum Beispiel für Angebote. Außerdem fallen durch den Mehraufwand Kosten an: „Pro Krankmeldung sind das bis zu 73 Euro.“

Was die Unternehmerin fordert

„Wenn es schlecht läuft, dann sind wir mehr als eine Stunde mit einer Krankmeldung beschäftigt.“ Susanne Matthies, Unternehmerin

Matthies meint deshalb: „Die Holschuld der Arbeitgeber muss zu einer Bringschuld der Krankenkassen oder Ärzte werden.“ Mit dieser Forderung ist die Handwerkerin nicht allein. Im vergangenen Jahr hat das Bundesjustizministerium Wirtschaftsverbände um Vorschläge zum Bürokratieabbau gebeten. Die mehr als 400 Antworten hat das Statistische Bundesamt ausgewertet und priorisiert. In der Top-Kategorie 1 landete auch ein Vorschlag vom Landes-Innungsverband für das bayerische Bäckerhandwerk – es geht um die Rücknahme der eAU-Abrufpflicht für Arbeitgeber. Das Bundesamt platzierte den Vorschlag in der Kategorie 1 als für eine schnelle Umsetzung geeignet, zum Beispiel im vierten Bürokratieentlastungsgesetz.

BEG IV: Was nicht im Gesetzentwurf steht Doch die Chancen, dass sich am eAU-Verfahren etwas ändert, scheinen gering. Im ersten Entwurf für das Bürokratieentlastungsgesetz findet sich die eAU-Bringschuld nicht. Nach Angaben des für die eAU zuständigen Bundesarbeitsministeriums gibt es datenschutzrechtliche Hürden: Beim Versand dürften Daten nur „an den tatsächlich Berechtigten übermittelt werden“, teilt das Ministerium mit. Die Krankenkassen hätten die sogenannte „Bringschuld“ als Lösung „ausführlich“ geprüft. Dabei seien auch Daten an nicht berechtigte Arbeitgeber übermittelt worden. Aus diesem Grund sei der eAU-Versand an die Arbeitgeber nicht weiterverfolgt worden. Für Susanne Matthies ist das keine befriedigende Antwort. „Bürokratie haben wir schon genug, Mehraufwände durch die eAU brauchen wir nicht auch noch“, sagt die Unternehmerin. W

Seminare

Hallenbau

Schulung + Zertifizierung Kompetenzbildungsstätte Kälte – Klima – Elektro Wärmepumpen

Mehr als 500 Betriebe haben 2022 mit uns Mitarbeiter gefunden!

Anton Tumbrägel 04441/6845 + 0171 60099770 www.kaelte-weiterbildung.de info@kaelte-weiterbildung.de

BIS INS DETAIL.

www.handwerk.com

Jetzt die einfache Lösung zur

www.stahlhallen-janneck.de

Ankäufe Verkäufe Suchen ständig gebrauchte

SCHREINEREIMASCHINEN NDH 2/2024

Albko, Ganderkesee

Zum Gewerbegebiet 23 49696 Molbergen T: 04475 92930-0

Bewerbersuche testen! Für mehr Informationen QR-Code scannen.

WIR SPIELEN FÜR SIE EINE TRAGENDE ROLLE

auch komplette Betriebsauflösungen MSH-nrw GmbH · Tel. 02306 941485 info@msh-nrw.de · www.msh-nrw.de

Treppenstufen-Becker Besuchen Sie uns auf unserer Homepage dort finden Sie unsere Preisliste! Tel. 0 1 www.treppenstufen-becker.de23


Fotos: Jahn, erstellt mit KI Midjourney | www.neuschaefer-grube.de

Betrieb

Smartphones auf der Baustelle sind längst zum alltäglichen Arbeitsmittel für Handwerker geworden.

Handy-Nutzung auf dem Bau: Stress mit Kunden vermeiden Ärger mit Kunden, weil Monteure am Handy hängen, ist keine Seltenheit. Doch bevor der entsteht, können Betriebe vorbeugen – mit diesen Tipps. MARTINA JAHN

H

andwerker am Handy? In Zeiten von digitaler Zeiterfassung, IT­Schnittstel­ len und Cloud­Lösungen sind Smart­ phones auf Baustellen zum Arbeits­ mittel geworden. Doch mancher Kunde kann noch nicht zwischen Daddeln und notwendiger Daten­ verarbeitung differenzieren. Beschwerden über die Handy­Nutzung von Handwerkern auf der Baustelle kennen einige Betriebe. „Smartphones sind moderne Kommunikations­ mittel. Doch wie der Umgang im Arbeitsumfeld auf andere wirkt – dieses Bewusstsein muss bei man­ chen Handwerkern und Kunden noch geschärft werden“, sagt Armin Hering, Vertriebsexperte und Geschäftsführer von kundenzentriert.de in Herford. Wie Handwerksbetriebe den Stress mit Kunden wegen der Nutzung von Smartphones vermeiden, dazu gibt er folgende Tipps.

Armin Hering, Vertriebsexperte

Das sollte vom Azubi bis zum Teamleiter gelten. „Am besten, Sie erarbeiten die Regeln gemeinsam mit dem gesamten Team – dann stehen alle dahin­ ter“, sagt er. Zudem komme es dann intern seltener zu Diskussionen. In Pausen und bei Autofahrten sei hingegen ausreichend Zeit, auch mal privat einen Blick in den Nachrichteneingang zu werfen. „Gerade jüngere Mitarbeiter greifen häufiger zum Smartphone und sind noch nicht an die Gepflogen­ heiten im Betrieb gewöhnt“, sagt Hering. Da helfen klare Vorgaben und die Kontrolle, ob sie eingehalten werden. „Ein Aushang im Pausenraum ist schön und gut – aber das allein reicht nicht.“ Er empfiehlt, das Thema von Zeit zu Zeit aufzugreifen und die Punkte, wenn nötig, zu überarbeiten oder anzupassen. Zudem sollten Chefs ihre Mitarbeitenden dafür sensibilisieren, welche Wirkung bestimmte Verhal­ tensweisen bei Kollegen und Kunden haben. Berufs­ anfänger seien oft unsicher, wie sie auftreten sollen.

1. Keine private Nutzung auf der Baustelle „In jedem Betrieb sollte es klare Regeln für die Smartphone­Nutzung beim Kunden geben“, betont Hering. Er rät Unternehmern, die private Nutzung von Handys auf der Baustelle generell zu verbieten.

24

2. Der erste Eindruck zählt bei Kunden Beschwerden von Kunden aufgrund der Handy­ Nutzung auf der Baustelle können Betriebe vermei­ den, bevor sie entstehen, sagt Hering. Der Schlüssel

NDH 2/2024


Betrieb

dazu sei das Gesamtbild der Handwerker bei Kun­ den. Grundlage für einen guten Eindruck sind aus seiner Sicht folgende Punkte: ɓ pünktlich erscheinen oder vorab informieren, wenn es Verzögerungen gibt, ɓ jeder grüßt beim Eintreffen freundlich sowie ɓ eine aufrechte und präsente Körperhaltung.

Drei Fragen an ... ... Chiara Burgdorf (Foto), Geschäftsführerin der Dachdeckerei Burgdorf in Lehrte

Wer das beachte und seinem Team mit auf den Weg gebe, beuge schlechter Stimmung vor. Denn selbst ein Blick auf das Handy, um die Uhrzeit zu sehen, könne bei Kunden negative Reaktionen erzeugen, wenn vor­ her kein freundlicher Kontakt aufgebaut wurde.

Dürfen Ihre Mitarbeitenden Smartphones auf der Baustelle privat nutzen?

Betriebe, die digital unterwegs sind und häufig Smartphones oder Tablets bei der Arbeit nutzen, sollten das Kunden gegenüber offen kommunizieren. „Beobachten Sie, ob der Kunde sich dafür interes­ siert, was Sie an digitalen Endgeräten machen“, rät Hering. Meist hätten Handwerker schnell ein Gespür dafür, ob Kunden misstrauisch oder interessiert sind, und können darauf reagieren. „In so einem Fall können Sie den Kunden zu sich bitten und zeigen, wozu Sie das Smartphone nutzen“, sagt der Berater. Je offener Handwerker darüber sprechen, wie wichtig digitale Hilfsmittel als Arbeitsunterstützung sind, desto eher hätten Kunden dafür Verständnis. „Bieten Sie skeptischen Kunden ruhig an, Nachfragen zu stellen, falls Unklar­ heiten auftreten“, rät Hering. Wichtig sei außerdem, die Kunden über kurze Arbeitsunterbrechungen zu informieren, damit kein Misstrauen aufkommt. „Da reicht auch ein Satz wie ‚Ich gehe nochmal zum Auto und hole Material xy‘“, sagt Hering und ergänzt: „Wer sich um Kopf und Kra­ gen redet, gibt dem Gesprächspartner das Gefühl, er müsse sich rechtfertigen.“ Und das lasse Kunden dann vielleicht mangelnden Arbeitseinsatz vermuten.

4. Austausch im Team über Eigenheiten der Kunden Innerhalb des Teams sei es auch hilfreich, sich unter­ einander zu informieren, wenn Kunden besonders positiv oder negativ auffallen. „Hat sich zum Bei­ spiel schon ein Kunde über zu häufige Smartphone­ Nutzung beschwert, können andere Kollegen darauf beim nächsten Termin besonders achten“, sagt der Vertriebscoach. Auch andere Eigenheiten von Kunden sollten Mitarbeitende untereinander austauschen – und der Chef sollte mit gutem Vorbild vorangehen. So sind die Handwerker vor dem Termin informiert und die Kunden haben keinen Anlass, nach Fehlern für Beschwerden zu suchen. W

NDH 2/2024

„In jedem Betrieb sollte es klare Regeln für die SmartphoneNutzung beim Kunden geben.“ Armin Hering, Vertriebsexperte

» Chiara Burgdorf: Grundsätzlich haben alle sechs Handwerker, die auf den Baustellen unterwegs sind, ihr eigenes Smartphone dabei. Aber sie wissen, dass sie bei der Arbeit private Dinge nicht erledigen dürfen. Das haben wir besprochen. Für einen Blick in den Chat oder in soziale Netzwerke sind kurze Pausen da. Bisher hat auch in den kleinen Pausen niemand die Nutzung übertrieben.

Wofür brauchen Ihre Leute die Smartphones auf der Baustelle? » Burgdorf: Aus mehreren Gründen: Sie müssen sich untereinander abstimmen, falls mal eine Baustelle eher fertig wird oder sich etwas verzögert. Und wir müssen sie aus dem Büro beim Kunden erreichen können. Außerdem arbeiten wir mit einer umfangreichen Dokumentation unserer Tätigkeiten. Die dient zum einen unserer internen Information über Arbeitszeiten, Arbeitsschritte und verbrauchte Materialien. Zum anderen nutzen wir sie als Absicherung bei Versicherungsschäden oder wenn Kunden meinen, wir hätten bestimmte Dinge nicht korrekt erledigt. Damit haben wir gute Erfahrungen gemacht.

Wie informieren Sie die Kunden über dieses Vorgehen? » Burgdorf: Unsere Kunden sind immer darüber informiert, was wir vor Ort machen. Auf unsere Fotodokumentation weisen wir bereits in den Angeboten hin. Wir sagen den Kunden genau, was wir dokumentieren und dass davon nichts ohne ihre Zustimmung an die Öffentlichkeit gelangt. Manche Kunden erlauben uns auch, Projekte auf unseren Social-Media-Kanälen zu posten. Ärger hat es weder wegen der Smartphone-Nutzung noch wegen der Fotos je gegeben. Offene Kommunikation sehe ich da ganz klar als Schlüssel zum Erfolg. (JA)

Foto: Privat

3. Kommunikation schafft Missverständnisse aus dem Weg

25


Betrieb

DIE BE FÜR IHR B

NATION AL TER IN

2024 Winner PI

D CK -U P AWA R

Ford Ranger. Gewinner des International Pick-up Award 2024*. NDH 2/2024

26 *van-of-the-year.com/home-ipua/


ESTEN BUSINESS

Betrieb

NATION AL TER IN

2024 Winner VA

N

OF THE YEA

R

Der neue Ford Transit Custom. Europas Nr. 1 ist International Van of the Year 2024**. NDH 2/2024

27 **van-of-the-year.com/


Betrieb

Als Arbeitgeber attraktiv werden Ihnen laufen die Mitarbeitenden weg und offene Stellen bleiben unbesetzt? Wie Sie das in drei Schritten ändern können, lesen Sie hier.

in attraktiver Arbeitgeber zu sein, ist heute wichtiger als früher. „Wir haben mittlerweile einen Arbeitnehmermarkt – die Mitarbeiter können sich aussuchen, wo sie arbeiten möchten“, sagt Svea Janssen, Betriebsberaterin bei der Handwerkskammer für Ostfriesland. „Für Arbeitgeber, die alles so machen, wie es immer war, wird es immer schwerer.“ Doch woran erkennt man, dass der Betrieb an Attraktivität verliert? Es gibt wichtige Warnsignale. „Die Mitarbeiter beschweren sich“, nennt Janssen ein Beispiel. „Erste Kündigungen kommen, es wird zunehmend schwieriger, die offenen Stellen zu besetzen. Spätestens dann sollte man sich mit dem Thema auseinandersetzen.“ Denn gerade bei der Suche nach neuen Mitarbeitenden können Arbeitgeber mit einem zufriedenen Team punkten. „Das beste Empfehlungsmarketing, das es gibt, sind zufriedene Mitarbeiter“, betont Janssen. „Stellenanzeigen bringen nicht mehr viel. Aber wenn ein Mitarbeiter auf Whatsapp postet: ,Willst Du mein Kollege werden?‘ – das funktioniert.“ In diesen drei Schritten kommen Sie dem Ziel näher, ein attraktiver Arbeitgeber zu werden.

E

Schritt 1: Machen Sie eine ehrliche Bestandsaufnahme Um sich zu verbessern, müssen Sie zunächst klären, wo die Probleme liegen – und dabei ehrlich mit sich sein. Unterstützung gibt es bei den Handwerkskammern. „Wir haben beispielsweise einen Kurzcheck mit 20 Fragen aus vier Bereichen entwickelt, den ich mit den Verantwortlichen durchgehe“, erläu-

28

tert Janssen das Angebot der HWK Ostfriesland. Im Kurzcheck können Aussagen zu Arbeitsorganisation, Werten, Qualifizierung sowie Sicherheit und Gesundheit mit „ja“, „ein wenig“ oder „nein“ beantwortet werden. Ein Beispiel aus dem Bereich Arbeitsorganisation: „In unserem Unternehmen wissen alle, was von ihnen erwartet wird und wer welche Entscheidungsbefugnisse besitzt.“ Vielen Chefs sei gar nicht klar, dass die Arbeitsorganisation ein wichtiger Einflussfaktor ist, sagt Janssen. Weitere wichtige Bereiche, die oft unter dem Radar blieben, seien: ɓ Beteiligung („Ich beziehe die Mitarbeitenden in die Arbeitsplanung und -gestaltung mit ein.“) ɓ Fähigkeiten der Mitarbeitenden („Ich kenne die Stärken und Schwächen unserer Mitarbeitenden und setze dieses Wissen systematisch ein.“) ɓ Gesundheitsförderung („Ich habe im Unternehmen Maßnahmen ergriffen, um Belastungen und Erkrankungen zu vermeiden und die Gesundheit der Mitarbeitenden zu unterstützen.“).

Foto: Geber86 - stock.adobe.com

KATHARINA WOLF

Kommunikation ist wichtig! Nehmen Sie sich die Zeit für eine wöchentliche Teamrunde, damit alle auf dem Laufenden sind.

„Wir haben mittlerweile einen Arbeitnehmermarkt – die Mitarbeiter können sich aussuchen, wo sie arbeiten möchten.“ Svea Janssen, Betriebsberaterin bei der Handwerkskammer für Ostfriesland

NDH 2/2024


Betrieb

Sind die Defizite klar, sollten Sie handeln. Obwohl viele Themen längere Zeit brauchen, um positive Änderungen zu bewirken, gibt es drei schnelle Maßnahmen, die jeder Betrieb umsetzen kann. Kommunikation: „Ganz wichtig sind Kommunikation und Transparenz“, sagt Janssen. Dafür reiche ein kurzes wöchentliches Treffen mit allen im Betrieb oder, in größeren Unternehmen, im Team, um die Themen der kommenden Woche anzusprechen: ɓ Was steht an? ɓ Wer macht was? ɓ Wer ist krank? ɓ Was ist neben der täglichen Arbeit noch wichtig für die kommende Zeit?

NDH 2/2024

Foto: HWK/Lichtbildwerkstatt

Schritt 2: Ergreifen Sie erste Sofortmaßnahmen

Svea Janssen, Betriebsberaterin bei der Handwerks­ kammer für Ostfriesland

„Das müssen keine langen Sitzrunden sein“, sagt Janssen. „Man kann sich auch für zehn Minuten zusammenstellen.“ Der Effekt sei schnell spürbar: „Wenn alle wissen, was läuft, minimiert das den Flurfunk und das hebt die Stimmung.“ Mitarbeitergespräche: Die zweite schnell umzusetzende Maßnahme sei die Einführung von Mitarbeitergesprächen. „Ein offenes Gespräch mit jedem im Betrieb muss nur einmal im Jahr für eine halbe Stunde stattfinden, aber es kann große Effekte erzielen“, ist Janssen überzeugt. Oft sei die Scheu jedoch groß. „Es gibt Leitfäden und Unterstützung von den Handwerkskammern, die die Vorbereitung und das Gespräch erleichtern“, appelliert sie an die Betriebe, sich Hilfe zu holen. Weiterbildung: Eine dritte Möglichkeit, die zu jedem Handwerksunternehmen passt, sei

29


Betrieb

das Angebot von Weiterbildungen. „Da gibt es viele Möglichkeiten, vom Telefontraining über Rückenschule bis zum Ausbilderschein für den Meister“, betont Janssen.

Foto: Robert Kneschke - stock.adobe.com

Schritt 3: Entwickeln Sie eine individuelle Lösung für Ihren Betrieb

Gut investierte Zeit: Spielt die Mannschaft gut zusammen, zahlt sich das schnell aus.

Mit schnellen Maßnahmen ist es allerdings meist nicht getan, um die Attraktivität als Arbeitgeber dauerhaft zu erhöhen. Auf Basis des Kurzchecks identifiziert Svea Janssen mit den Unternehmen die wichtigsten Themen, die angegangen werden sollten. „Da gibt es kein Patentrezept für alle Betriebe, sondern es muss eine individuelle Lösung gefunden werden, die zum Gewerk, zum Team und zum Chef passt“, sagt die Betriebsberaterin. Grundlage für diese Lösung sei ein Organigramm, das klar zeigt, wer im Betrieb eigentlich was macht und wer wen vertritt. „Das kostet schon ein bisschen Arbeit, aber es macht sehr transparent, wie die Aufgaben und damit auch die Arbeitsbelastung verteilt sind“, so Janssen. Gerade gute Mitarbeiter seien oft sehr eingespannt und damit möglicherweise unzufrieden. Dann gelte es zu klären, wie die Aufgaben besser verteilt werden können oder welche Hilfsmittel die Mitarbeitenden entlasten. „Es lohnt sich, diese Zeit und Mühe zu investieren“, betont Janssen. „Wir hatten hier schon Handwerker, die aufgeben wollten, weil es im Betrieb nicht rundlief, und die jetzt erfolgreich weitermachen.“ W

Um ein attraktiver Arbeitgeber zu sein, reicht es nicht, nur Vergünstigungen anzubieten, sagt Andree Balzen (Foto), Personalchef bei Hansa Polytechnik. Man muss auch darüber sprechen. Es war während der Corona-Zeit, als es für die Hansa Polytechnik GmbH in Moormerland schwieriger wurde, offene Stellen und Ausbildungsplätze zu besetzen. „Ein Grund war die Verunsicherung“, ist Andree Balzen, im Stahlbaubetrieb zuständig für Personal und Finanzen, überzeugt. „Für uns

30

war das der Anlass, über Maßnahmen nachzudenken, die unsere Attraktivität als Arbeitgeber steigern, und Dinge, die wir bereits umsetzen, offener zu kommunizieren.“ So gilt seit Langem für alle Mitarbeitenden ein „früher Start ins Wochenende“: Die Arbeitszeit von 40 Stunden wird so verteilt, dass am Freitag um 13:15 Uhr Schluss ist. Auch Neues wurde eingeführt: betriebliches Gesundheitsmanagement mit Unterstützung einer Krankenkasse, Mitgliedschaft bei einem Firmenfitness-Anbieter, betriebliche Altersvorsorge und neue Arbeitskleidung. „Oft kamen die Anregungen aus der Belegschaft“, sagt Balzen. Seit Kurzem profitieren die Mit-

arbeitenden von einer betrieblichen Krankenversicherung, die Leistungen übernimmt, die die Kassen nicht zahlen. „Man muss die Maßnahmen allerdings gut kommunizieren, damit sie genutzt werden und nicht nur kosten.“ Vieles sei im Detail kompliziert, sagt Balzen. So müssen Zuschüsse zu Firmensport und anderen Benefits die erlaubten Zuwendungshöhen einhalten. Die Einführung der neuen Arbeitskleidung sei aufwendig gewesen. Doch insgesamt zieht der Personalchef eine positive Bilanz: „Es lohnt sich.“ Ein wichtiges Indiz: Im vergangenen Jahr konnten frei werdende Stellen schnell neu besetzt werden. Und fünf neue Azubis für 2024 haben auch schon unterschrieben. (KW)

NDH 2/2024

Foto: Hansa Polytechnik GmbH

„Benefits gut kommunizieren“


Betrieb

Vier-Tage-Woche: Verändert sich die Zahl der Urlaubstage? Wer seinen Mitarbeitenden eine Vier-Tage-Woche anbietet, muss auch dafür sorgen, dass der Urlaubsanspruch vertraglich angepasst wird. Im Zweifel zahlen Betriebe drauf.

„Betriebe sollten die Urlaubszeit vertraglich regeln.“ Volker Görzel, Rechtsanwalt

fünf Tagen Arbeit 30 Tage Urlaub, also sechs Wochen. Durch die Reduktion auf vier Tage ergibt sich ein Urlaubsanspruch von nur noch 24 Tagen. „Der Anteil der Urlaubstage reduziert sich also um ein Fünftel“, stellt er klar. Beispiel 2: Arbeitet ein Mitarbeiter in einer Vier-Tage-Woche nur 36 Stunden, hat er ebenso 24 Tage Urlaubsanspruch. „Die geleisteten Stunden spielen in dem Fall keine Rolle – nur die Tage pro Woche, an denen er arbeitet“, sagt Rechtsanwalt Görzel. MARTINA JAHN W Foto: nmann77 - stock.adobe.com

Die Vier-Tage-Woche ist auch in Handwerksunternehmen ein beliebtes Instrument, Mitarbeitende zu gewinnen und zu binden. Mit der Einführung eines anderen Arbeitszeitmodells kann sich auch die Anzahl der Urlaubstage ändern. Doch bedeuten vier anstatt fünf Arbeitstage automatisch weniger Urlaubsanspruch? „Das ist oft ein wunder Punkt an der Vier-Tage-Woche“, sagt Volker Görzel, Fachanwalt für Arbeitsrecht von der Kanzlei HMS Barthelmeß Görzel aus Köln. „Wenn Mitarbeitende ihre Arbeitszeit oder Arbeitstage verringern, verändert sich der Urlaubsanspruch nicht automatisch“, betont Görzel. Vielmehr müssten Betriebe dafür sorgen, dass sie angepasste Zeiten und Urlaubsansprüche vertraglich regeln. „Die Gefahr ist sonst, dass sie als Arbeitgeber die Urlaubstage bezahlen und ihnen an den verlorenen Tagen Arbeitskräfte fehlen“, sagt der Rechtsanwalt. Er empfiehlt Betrieben, in den Änderungsvertrag zur Vier-Tage-Woche auch einen Absatz zum veränderten Urlaubsanspruch mit aufzunehmen. Alternativ könne ein Passus dieser Art auch in den Grundarbeitsvertrag mit aufgenommen werden. Sinngemäß könnte das laut Görzel so formuliert werden: „Mit der Veränderung der Arbeitstage von fünf auf vier reduziert sich der Anspruch der Urlaubstage auf 24 Tage im Jahr.“

Zwei Beispiele: So verändert sich die Zahl der Urlaubstage bei einer Vier-Tage-Woche Doch richtet sich die Zahl der Urlaubstage nach Arbeitstagen oder Arbeitsstunden? „Der Urlaubsanspruch errechnet sich immer anhand der Wochenarbeitstage“, sagt Rechtsanwalt Görzel. Er verdeutlicht das an zwei Beispielen. Beispiel 1: Ein Mitarbeiter, der vorher fünf Tage in der Woche insgesamt 40 Stunden gearbeitet haben, reduziert auf eine VierTage-Woche. Sein Urlaubsanspruch betrug bei

NDH 2/2024

Bei der Berechnung des Urlaubsanspruchs kommt es auf die Arbeitstage pro Woche an, nicht auf die Stundenzahl.

31


Betrieb Nur arbeiten, wenn die Kita offen ist? Das muss der Arbeitgeber nicht erlauben. Foto: RioPatuca

Bessere Schichten für Alleinerziehende? Weil sie nur während der Öffnungszeiten der Kita arbeiten wollte, zog eine alleinerziehende Mutter vor Gericht. Die Richter sahen den Fall differenziert. Der Fall: Eine alleinerziehende Verkäuferin in einer Bäckerei beantragte nach ihrer Eltern­ zeit eine Verringerung der Arbeitszeit auf 35 Stunden. Gleichzeitig verlangte sie, nur noch montags bis freitags wäh­ rend der Öffnungszeiten der Kita ihrer Zwillinge zu arbeiten. Ihr Arbeitgeber genehmigte die Arbeitszeitverkürzung, lehnte die Verlegung der Arbeitszeit aber ab. Die Frau klagte. Das Urteil: Das Landes­ arbeitsgericht (LAG)

Mecklenburg­Vorpommern entschied im Sinne des Arbeitgebers. Zwar müssten Arbeitgeber bei der Bestim­ mung der Lage der Arbeitszeit nach Möglichkeit auch auf andere Verpflichtungen des Arbeitnehmers Rücksicht neh­ men. Dies gelte indes nicht, wenn betriebliche Gründe oder berechtigte Belange anderer Arbeitnehmer dem entgegenstehen. In diesem Fall sei die von der Klägerin beantragte Fest­

in Einklang zu bringen. Eine besondere Berücksichtigung der persönlichen Umstände der Arbeitnehmer – in diesem Fall: eine alleinerziehende Mutter von Zwillingen zu sein – sehe das Gesetz nicht vor. Der Fall liegt jetzt beim Bundesarbeitsgericht. (KW) W

legung der Arbeitszeit mit dem Organisationskonzept der Bäckerei nicht vereinbar. In der Filiale sei die Arbeit in einem Drei­Schicht­System an sechs Wochentagen zwischen 5:30 und 20 Uhr organisiert. Wenn eine Mitarbeiterin ausschließlich in der Mittelschicht arbeite, müssten andere dies ausglei­ chen. Doch auch die anderen beschäftigten Mütter hätten ein schutzwürdiges Interesse, Familien­ und Berufsleben

LAG Mecklenburg­

a Vorpommern:

Urteil vom 13. Juli 2023, Az. 5 Sa 139/22

Wer muss an die Kasse übermitteln? Laut einem Urteil hat ein Versicherter Anspruch auf Krankengeld, obwohl seine Krankschreibung verspätet bei der Krankenkasse einging. Das liegt an der eAU.

32

er weiterhin arbeitsunfähig und fällt weitere zwölf Wochen aus. Während dieser Zeit ist der Mann lückenlos mehrfach krankgeschrieben. Trotzdem verweigert ihm die Kranken­ kasse das Krankengeld. Begründung: Die Arbeitsunfä­ higkeitsbescheinigungen seien nicht rechtzeitig eingegangen.

Daraufhin klagt der Mann gegen seine Krankenkasse.

Was sagt das BSG? Das Bundessozialgericht (BSG) stellte klar, dass Kassenärzte seit dem 1. Januar 2021 für die Übermittlung von Arbeits­ unfähigkeitsbescheinigungen an die Krankenkassen verant­ Foto: angellodeco - stock.adobe.com

Mitglieder der gesetzlichen Krankenkassen haben bei län­ gerer Krankheit Anspruch auf Krankentagegeld. Das gilt auch für freiwillig gesetzlich versi­ cherte Selbstständige, wenn sie eine Krankenversicherung mit Anspruch auf Krankengeld abgeschlossen haben. Doch muss die Kasse das Kranken­ geld noch zahlen, wenn weder der gesetzlich Versicherte noch der behandelnde Arzt die Arbeitsunfähigkeits­ bescheinigung rechtzeitig bei der Krankenkasse einreichen? Darüber hat nun das Bundes­ sozialgericht entschieden. Im Frühjahr 2021 fällt ein Mitarbeiter krankheitsbedingt sechs Wochen aus. Nach dem Ende der Lohnfortzahlung ist

Bundessozialgericht fällt Grundsatzurteil: Es darf nicht zu Lasten der Versicherten gehen, wenn Ärzte die eAU zu spät an die Krankenkasse melden.

wortlich sind – als elektro­ nische Arbeitsunfähigkeits­ bescheinigung (eAU). Geschehe dies nicht rechtzei­ tig, dürfe das nicht zu Lasten von Versicherten gehen. Die Krankenkassen dürften den Versicherten bei einer verspä­ teten Meldung also nicht das Krankengeld vorenthalten. Dass in den Praxen 2021 die technischen Vorausset­ zungen für den eAU­Versand noch nicht überall vorgelegen haben, änderte aus Sicht des Bundessozialgerichts nichts am Krankengeldanspruch des Versicherten. (AML) W BSG: Urteil vom

a 30. November 2023, Az. B 3 KR 23/22 R

NDH 2/2024


Foto: Leupold, erstellt mit KI Midjourney

Betrieb

Dienstleister versäumt Schneeräumung: Weil der Betrieb davon wusste und nichts unternahm, muss er jetzt Schadensersatz leisten.

Wer haftet, wenn der Räumdienst patzt? Bei Schnee verunglückt ein Lkw auf dem Betriebshof. Der Betrieb muss Schadensersatz zahlen – obwohl er einen Dienstleister mit dem Winterdienst beauftragt hat. Warum ist das so?

Der Fall: Ein Betrieb beauftragt einen Dienstleister damit, auf dem Firmengelände die Räumpflichten im Winter zu übernehmen. Doch bei einem plötzlichen Kälteeinbruch versäumt der Dienstleister, spät abends zu räumen und zu streuen. Nachts fährt dann ein Lkw-Fahrer auf den Betriebshof und baut einen Unfall. Die Spedition verklagt den Betrieb daraufhin. Das Urteil: Zu Recht, entscheidet das Landgericht (LG) Köln. Der Betrieb habe seine Verkehrssicherungspflicht fahrlässig verletzt und müsse daher Schadensersatz zahlen. Das Gericht stellte klar, dass Grundstückseigentümer die Verkehrssicherungspflichten zwar grundsätzlich an Dritte übertragen können. Wer einen Dienstleister beauftragt, habe aber Kontroll- und Überwachungspflichten – ohne konkreten Anlass müsse ein Dienstleister allerdings nicht kontrolliert werden. Doch in diesem Fall hätte der Betrieb nach Ansicht des Gerichts handeln müssen: Denn dem Betrieb sei 90 Minuten vor dem Unfall bekannt gewesen ist, dass der Dienstleister trotz plötzlichem Kälteeinbruch weder Schnee geräumt noch gestreut hatte. Er hätte daher selbst tätig werden müssen. Im Verfahren argumentierte der Betrieb, dass die Schneeräumung für die eigenen Mitarbeiter zu gefährlich gewesen sei. Doch die Richter sahen das anders: Fußgänger, die von Glätte wissen, könnten sich mit äußerster Vorsicht unfallfrei über das Grundstück bewegen. Zudem habe der Betrieb die Möglichkeit gehabt, gegenüber der Spedition eine telefonische Warnung auszusprechen. (AML) W

Alles fürs Handwerk

WERDE AUCH DU PROFIKUNDE. VORTEILE FÜR PROFIS WIE DICH. • persönliche Ansprechpartner • Flexible Bezahlung mit Kauf auf Rechnung • Vorbestellservice und schnelle Profi-Kasse • große Sortimentsauswahl auf Lager und online

LG Köln: Urteil vom 18. Dezember

a 2023, Az. 15 O 169/23 NDH 2/2024

33

Informiere Dich beim ProfiTeam im Markt oder unter hornbach-profi.de


Foto: Privat

Regionales

Lukas Kröhl hat seine Ausbildung erst mit Mitte 20 begonnen. Für ihn war klar, dass er nicht zu den üblichen Arbeitszeiten arbeiten möchte.

„Arbeitszeiten, die Spaß machen“ Sein Team soll Spaß bei der Arbeit haben und er will es auch: Bäckermeister Lukas Kröhl fängt an, wenn andere Kollegen schlafen gehen. MARTINA JAHN

m 7 Uhr startet in der Klosterbäckerei Schöningen die Produktion. Andere Bäcker denken zu dieser Zeit schon an den Feierabend, bei Lukas Kröhl und seinem Team geht es dann erst richtig los. „Wer hier arbeitet, soll Spaß haben und mit einem Lächeln kommen“, sagt der Bäckermeister. Seit einem Jahr führt der 28-Jährige die Klosterbäckerei mit einem reinen Bio-Sortiment. Von Tag eins an hat er sich für andere Öffnungszeiten als viele seiner Kollegen entschieden: Ab 13 Uhr öffnet der Laden am Produktionsstandort und an einigen Nachmittagen sind auch Verkaufswagen auf Wochenmärkten in der Region unterwegs.

U 34

„Was gibt es Schöneres, als am Nachmittag noch warmes Brot mit nach Hause zu bringen?“ Lukas Kröhl, Bäckermeister

Moderne Trends in das traditionelle Handwerk bringen „Dass ich mit diesen Zeiten ein Risiko eingehe, war mir von Anfang an bewusst“, sagt Kröhl. Doch er sei lange nicht der erste Bäcker gewesen, der auf dieses Konzept setzt. „Ich habe mich vorab informiert. Bei Kollegen in anderen Regionen funktioniert es in ähnlicher Form schon länger.“ Und auch in Schöningen sei die Idee aufgegangen. Lukas Kröhl ist der Überzeugung, dass Menschen für einen guten Job mehr brauchen als eine gute Bezahlung – das sei langfristig nicht der einzige Anreiz. Betriebe müssten umdenken, wenn sie gute Mitarbeiter und zufriedene Kunden haben wollen.

NDH 2/2024


Regionales

„Spaß, einen Lebensinhalt, Wertschätzung und Verantwortung – das möchte ich meinen Leuten geben“, sagt der Meister. In seinem Betrieb wolle er das gute traditionelle Handwerk, das er bei seinen Eltern gelernt hat, mit neuen Trends anreichern. Dazu zählen für ihn Rohstoffe aus regionaler Herkunft und die Zusammenarbeit mit der Gastronomie in der Umgebung. Aber auch die Nutzung von Social-Media-Kanälen wie Instagram und Tiktok – die er unter anderem gemeinsam mit einer Agentur bespielt.

Aus Kunden werden Mitstreiter Auch wenn die Strukturen in dem Betrieb zu Beginn für alle neu waren, hat das erste Jahr der Selbstständigkeit die Erwartungen des Bäckermeisters übertroffen. Mittlerweile ist das Team auf zwölf Personen gewachsen, begonnen hat er mit einem Bäcker in der Backstube, seinen Eltern im Hintergrund und ihm selbst als Produktionsleiter. Heute besteht ein Teil seines Teams aus überzeugten Kunden. „Sie haben einfach angefragt, ob sie auch hier arbeiten können“, sagt Kröhl. Die gute Laune der Mitarbeitenden stecke an, das spreche sich herum. Den Bäckermeister freut das doppelt, da er sich noch an seine Lehrzeit erinnert: „Durch die Arbeitszeiten in der Nacht war ich oft müde und erschöpft. Zudem war ich an den Wochenenden dann arbeiten, als meine Freunde Freizeit hatten. Das hat mein Privatleben eingeschränkt“, sagt er. Für ihn stand zwar fest, dass es der richtige Beruf ist – aber in anderen Strukturen und mit mehr Flexibilität. So muss in seinem Betrieb jeder alles können, damit die Abläufe nicht gefährdet seien.

Für nachhaltiges Engagement geehrt

„Spaß, einen Lebensinhalt, Wertschätzung und Verantwortung – das möchte ich meinen Leuten geben.“

ɓ ɓ ɓ ɓ

Lukas Kröhl, Bäckermeister

ɓ ɓ ɓ ɓ

Tischlerei Dein Freund Littwin Systemtechnik Zimmerei Diedrich Bestattungsinstitut Wellborg Wurst Stahlbau GmbH Stolberg Bedachungen Fliesenlegerbetrieb Tilution Malerunternehmen Eilhardt

„Die Vielfalt der ausgezeichneten Betriebe zeigt, dass Nachhaltigkeit nicht nur ein Ziel, sondern bereits gelebte Realität ist“, sagte der LHN-Vorsitzende Eckhard Stein. Das Handwerk in Niedersachsen spiele eine Schlüsselrolle in der Förderung nachhaltiger Praktiken. Es setze Maßstäbe für ökonomische, ökologische und soziale Nachhaltigkeit. (JA)

Abendbrotbäcker als Unternehmensmodell Die Freiheiten als Unternehmer nutzt Lukas Kröhl umfassend aus. Mittwoch bis Sonntag läuft die Produktion. Der Schwerpunkt liegt auf dem Brotsortiment, als „Abendbrotbäcker“ versteht sich die Klosterbäckerei. „Was gibt es Schöneres, als am Nachmittag noch warmes Brot mit nach Hause zu bringen?“, schwärmt er. Sein Konzept ist auf Familienfreundlichkeit ausgelegt – bei den Arbeits- und den Verkaufszeiten. Er selbst probiere gern neue Rohstoffe und Rezepte aus. „Scheitern gehört für mich dazu. Das finde ich wichtig, um dazuzulernen und mich weiterzuentwickeln“, betont Kröhl. Er sei überzeugt davon, dass ein kleines Sortiment mit klarer Deklaration, ein neues Arbeitszeitmodell und ein guter Draht zum Team nur in einem kleinen Betrieb gelingen können. W

NDH 2/2024

Handwerksbetriebe leisten einen wichtigen Beitrag auf dem Weg zur Klimaneutralität. „Das sorgt im positiven Sinne für Nachahmer und es steigert gleichzeitig die Attraktivität als Arbeitgeber für Fach- und Nachwuchskräfte“, sagte der niedersächsische Wirtschaftsminister Olaf Lies. Bei einem „Neujahrsfrühstück zur Nachhaltigkeit im Handwerk“ lobte er das Engagement der Betriebe, die bereits mit der „Nachhaltigkeits-Kennzeichnung“ der Landesvertretung der Handwerkskammern Niedersachsen (LHN) ausgezeichnet wurden. Insgesamt erhielten bislang 14 Betriebe aus unterschiedlichen Gewerken diese Kennzeichnung, darunter laut LHN zum Beispiel

35


Betrieb

Neun Irrtümer rund um die AU Corona, Grippe, banale Infekte: Die Krankheitswelle rollt. Grund genug, mit ein paar populären Irrtümern zum Thema Krankschreibung aufzuräumen.

D

ie Krankmeldung ist wahrscheinlich so alt wie der erste Arbeitsvertrag. Trotzdem existieren eine Reihe von Irrtümern rund um das Thema kranke Mitarbeitende. Joanna Zoglowek, Fachanwältin für Arbeitsrecht bei CMS Hasche Sigle, klärt auf.

Irrtum 1: Der Arbeitgeber darf eine AU erst nach vier Tagen verlangen Es stimmt zwar: Das Entgeltfortzahlungsgesetz sieht vor, dass erkrankte Arbeitnehmer am vierten Tag zum Arzt gehen müssen, um sich krankschreiben zu lassen. Tun sie das nicht, kann der Arbeitgeber die Fortzahlung des Lohns verweigern, bis die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorliegt. Aber: „Das Gesetz sieht ebenfalls ausdrücklich vor, dass Arbeitgeber schon früher die ärztliche Feststellung einer AU verlangen dürfen“, betont Zoglowek. Sie müssten dabei auch nicht alle Mitarbeitenden gleich behandeln: „Wenn es sachliche Gründe dafür gibt, darf eine solche Regel auch nur für einzelne Mitarbeiter gelten“, so die Anwältin. Ein sachlicher Grund könne beispielsweise darin bestehen, dass der Betreffende durch häufige Kurzerkrankungen aufgefallen ist.

Irrtum 2: Der Arbeitgeber darf nicht nach Dauer und Diagnose fragen Keinen Tag warten darf hingegen die Krankmeldung: „Der Mitarbeiter muss seinen Arbeitgeber unverzüglich über eine Erkrankung und deren voraussichtliche Dauer informieren“, sagt Zoglowek. Daraus

36

folgt, dass der Arbeitgeber auch aktiv nach der Dauer fragen darf. Schließlich muss die Arbeit im Betrieb umorganisiert werden. Kniffliger ist die Frage nach der Diagnose, denn hier kann der Mitarbeitende die Auskunft verweigern. „Das heißt allerdings nicht, dass der Arbeitgeber nicht fragen darf“, so die Anwältin. Er sollte bei längerer Krankheit sogar nachfragen, ob es sich um dieselbe Erkrankung handelt. „Schließlich erlischt nach sechs Wochen die Pflicht zur Lohnfortzahlung“, so Zoglowek. Hier reicht aber auch schon ein Blick in die AU. In einem Fall müsse der Arbeitgeber sogar über die Diagnose informiert werden, ergänzt die Anwältin: „Das gilt, wenn besondere Schutzmaßnahmen für die anderen Mitarbeitenden ergriffen werden müssen – wie etwa während der Corona-Pandemie.“

Foto: Syda Productions - stock.adobe.com

KATHARINA WOLF

Kranke gehören ins Bett? Ja, wenn es die Genesung erfordert. Wer fitter ist, hat mehr Freiräume.

Irrtum 3: Der Arbeitgeber kann eine AU nicht anzweifeln Eine AU hat im Streitfall vor Gericht eine hohe Beweiskraft. „Doch es gibt Situationen, in denen der Arbeitgeber mit berechtigten Zweifeln diesen Beweiswert erschüttern kann“, sagt Zoglowek.

„Verreisen trotz Krankheit? Das ist erlaubt, wenn es die Genesung nicht behindert.“ Joanna Zoglowek, Fachanwältin für Arbeitsrecht

NDH 2/2024


Betrieb

Solche Zweifel entstehen, wenn eine Krankschreibung mehrere Tage rückdatiert oder das Verhalten des Mitarbeitenden zweifelhaft ist. „Das Bundesarbeitsgericht hat in einem aktuellen Urteil beispielsweise den Beweiswert einer AU als erschüttert angesehen, weil sich die Dauer der Krankschreibung genau mit der restlichen Arbeitszeit des Mitarbeiters nach der Eigenkündigung deckte“, erläutert die Anwältin. Wer skeptisch ist, ob ein Mitarbeitender wirklich arbeitsunfähig ist, kann über die Krankenkasse des Erkrankten den Medizinischen Dienst (MDK) einschalten. „Das bietet sich zum Beispiel an, wenn Mitarbeiter immer freitags und montags kurzerkrankt sind“, so Zoglowek. So eine Kontrolle durch den MDK habe „immer auch eine abschreckende Wirkung“.

Irrtum 4: Ein kranker Mitarbeitender muss immer erreichbar sein Der Kunde ruft an und der Einzige, der weiß, wie weit das Angebot ist, liegt krank zu Hause. Muss

NDH 2/2024

„Der Erkrankte muss unterlassen, was seine Genesung verzögert.“ Joanna Zoglowek, Fachanwältin für Arbeitsrecht

der Kranke für solche Rückfragen erreichbar sein? „Wer krank ist, hat nicht die Pflicht zu arbeiten“, stellt Zoglowek klar. Das gelte auch für die telefonische Erreichbarkeit oder das Beantworten von E-Mails. Allerdings: „Wenn es besonders dringlich ist und betriebliche Belange es erfordern, sollte der Arbeitnehmer – wenn möglich – auch ans Telefon gehen.“ Das gelte zum Beispiel, wenn dringende Informationen wie Passwörter gebraucht werden.

Irrtum 5: Der Arbeitgeber darf Mails des Erkrankten auf keinen Fall lesen Wer krank ist, kann in der Regel keine Mails beantworten. Es könnte aber sein, dass im Posteingang ein wichtiger Auftrag oder eine Rechnung liegen. Also einfach ins Postfach schauen? „Wenn die Mitarbeiter das Postfach auch für private Mails nutzen dürfen, darf der Arbeitgeber aus Datenschutzgründen nicht ohne Weiteres

37


Betrieb

Foto: CMS Deutschland

darauf zugreifen“, erklärt Zoglowek. Das gilt grundsätzlich auch für das Einrichten einer Abwesenheitsnotiz. Aber auch hier gibt es eine Ausnahme: Wenn ein Mitarbeitender selbst keine Notiz einrichten kann oder dringliche betriebliche Belange einen Zugriff erfordern, darf ins Postfach geschaut werden. „Auf der sicheren Seite ist der Arbeitgeber, wenn er die private Nutzung der Postfächer untersagt“, so die Anwältin. „Denn dann sollten sich nur betriebliche Mails im Posteingang befinden.“

Irrtum 6: Kranke müssen Aufgaben übernehmen, denen sie gewachsen sind Wer sich das Bein gebrochen hat, könnte doch im Büro arbeiten, statt sich zu Hause zu langweilen. Eine naheliegende Idee! Aber das kann der Arbeitgeber nicht ohne Weiteres verlangen. „Eine AU-Bescheinigung stellt eine vollständige Arbeitsunfähigkeit fest, sodass andere Aufgaben nicht übernommen werden müssen“, erklärt Zoglowek. Anders sieht es aus, wenn Sie als Arbeitgeber nach längerer Erkrankung ein Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) durchführen. „Im Rahmen eines BEM wird gemeinsam besprochen, wie die Wiederaufnahme der Arbeit laufen kann und auch, ob die Arbeitsaufgaben nicht sogar verantwortlich für die Erkrankung sind“, erläutert Zoglowek. In diesem Rahmen könnte der Arbeitnehmer auch andere Aufgaben übernehmen.

Irrtum 7: Ein kranker Mitarbeitender muss zu Hause im Bett liegen Wer krank ist gehört ins Bett und sollte sich besser nicht im Kino oder womöglich auf einer Party erwischen lassen. „Das ist ein weit verbreiteter Irrtum“, sagt Zoglowek. „Doch der Erkrankte muss unterlassen, was seine Genesung verzögert.“ Im Klartext: Wer hustet und fiebert, sollte im Bett bleiben. Wer aber schon fast wieder gesund ist, darf durchaus einen Spaziergang an der frischen Luft unternehmen. Mit einem gebrochenen Arm darf man ins Kino und bei einer psychischen Erkrankung können der Besuch einer Party oder eine Kurzreise sogar die Genesung fördern.

Irrtum 8: Wer schneller gesund wird, muss sich gesundschreiben lassen Nach drei Tagen ist die Erkältung abgeklungen, aber die Krankschreibung geht noch über die ganze Woche – braucht es da eine Gesundschreibung? „Nein“, sagt Anwältin Joanna Zoglowek. „Eine AU begründet kein Beschäftigungsverbot. Wer sich gut fühlt, darf ohne Weiteres wieder arbeiten gehen.“

38

Irrtum 9: Ein kranker Mitarbeitender darf nicht entlassen werden

„Wer sich beispielsweise verspätet krankmeldet, kann abgemahnt werden“, sagt Anwältin Joanna Zoglowek.

Wer krank ist, dem droht keine Kündigung? Auch das ist ein Irrtum. Mitarbeitende in einem Kleinbetrieb mit weniger als elf Beschäftigten genießen keinen allgemeinen Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz. Hier darf der Arbeitgeber ohne Vorhandensein von Gründen kündigen. Auch in größeren Betrieben können kranke Mitarbeitende entlassen werden. „Die Krankheit kann sogar der Kündigungsgrund sein“, erläutert Zoglowek. Allerdings muss der Arbeitgeber im Streitfall über eine negative Prognose belegen, dass der Mitarbeitende auch in Zukunft häufig krank sein wird. Häufiger ist der Umgang des Mitarbeitenden mit seiner Erkrankung der Kündigungsgrund: „Wer sich beispielsweise verspätet krankmeldet, kann abgemahnt werden“, sagt die Anwältin. Arbeitgebern rät sie, schriftlich klare Regeln festzulegen, wie eine Krankmeldung abzulaufen hat. „Wenn jemand mehrfach dagegen verstößt und bereits abgemahnt wurde, kann ein erneuter Verstoß eine verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen.“ W

„Eine AU begründet kein Beschäftigungsverbot. Wer sich gut fühlt, darf ohne Weiteres wieder arbeiten gehen.“ Joanna Zoglowek, Fachanwältin für Arbeitsrecht

NDH 2/2024


Anzeige

Betrieb

Gut gefunden werden? Ganz einfach.

Hier lesen Sie unsere Tipps für eine bessere Auffindbarkeit im Internet. Für kleine und mittelständische Unternehmen ist es wichtig, auf Suchmaschinen wie Google einfach gefunden zu werden. Denn

Strategie 2: die richtigen Plattformen bespielen

wenn Sie zuerst gefunden werden, ist die

Google, Google Maps, Facebook, Bing, Yahoo oder Yelp – die

Wahrscheinlichkeit hoch, dass der Interes-

Auswahl an Online-Verzeichnissen ist riesig. Für Sie ist entschei-

sent zu Ihrem Kunden wird. Wir verraten

auf denen auch Ihre potenziellen Kunden suchen. Denken Sie

Ihnen drei Strategien, mit denen Sie genau das erreichen können.

dend, möglichst die Plattformen mit Ihren Daten auszustatten, neben Suchmaschinen auch an Online-Verzeichnisse, Bewertungsportale, Kartendienste und Navigationssoftware.

Strategie 3: Strategie 1: vollständig, korrekt und immer gleich

Local Listing für Ihre Webseite nutzen Jemand sucht im Internet nach Ihren Produkten in Ihrer Nähe? Local Listing der Schlüterschen ist Ihr Instrument, mit dem Sie Ihr

Was nützt Ihnen das schönste Ladengeschäft, wenn Sie dort nicht

Unternehmen jetzt erscheinen lassen. Nicht nur Ladengeschäfte

gefunden werden? Oder falsche Öffnungszeiten im Internet

profitieren davon, sondern auch Dienstleister wie Fahrschulen,

stehen? „Vollständig und korrekt“ ist deshalb ein idealer Leit-

Friseure, Tankstellen, Restaurants, Steuerberater oder Arztpraxen.

spruch für Ihre Unternehmensdaten: Nichts ist ärgerlicher als

Übrigens: Sie benötigen nicht einmal eine eigene Website, um mit

unvollständige oder sogar fehlerhafte Angaben im Internet.

Local Listing zu starten, denn Onlineportale und Verzeichnisse listen Unternehmen unabhängig von einer Firmen-Website.

Stellen Sie sich vor, ein Kunde möchte Sie besuchen, findet

Allerdings: Eine Firmen-Website erhöht natürlich Ihre Auffindbar-

falsche Öffnungszeiten und steht bei Ihnen vor verschlossener

keit bei Suchmaschinen.

Türe. Vermutlich wird er nicht so schnell wieder zu Ihnen zurückkehren. Außerdem bringt es Suchmaschinen durcheinander, wenn

Probieren Sie es einfach mal selbst aus und suchen Sie Ihr

Sie Ihre Unternehmensdaten unterschiedlich schreiben. Heißt Ihre

Unternehmen im Internet: Finden Sie es schnell? Ist die Adresse

Bäckerei beispielsweise „Landbäckerei Schmidt Hannover“, dann

überall korrekt? Sind die Daten wie Website und Öffnungszeiten

sollten Sie das konsequent beibehalten und nicht abwechselnd

vollständig? Die Schlütersche unterstützt Sie gerne:

„Bäckerei Schmidt“ oder „Schmidt Hannover“ verwenden.

0800 66 11 600

einfach online erfolgreich einfach.schluetersche.de NDH 2/2024

Jetzt unverbindlich beraten lassen: 0800 66 11 600

39


Foto: auremar - stock.adobe.com

Betrieb

Bei Ihnen arbeiten Jung und Alt harmonisch zusammen? Dann zeigen Sie das auf Ihrer Über-uns-Seite!

Diese fünf Dinge gehören auf Ihre Über-uns-Seite! Was macht uns aus, wo kommen wir her, wo wollen hin? Die Über-unsSeite auf der Firmenwebsite bietet Platz für Fakten und Emotionen, mit denen Sie Kunden und Bewerber anziehen. KATHARINA WOLF

as findet sich auf der Seite „Über uns“ in Ihrem Webauftritt? Eine umfangreiche Firmenchronik, ein paar Worte zu Ihren Angeboten oder ein Sammelsurium von Inhalten, die woanders keinen Platz gefunden haben? „Die Seite ,Über uns‘ bietet Raum, Kunden und Bewerbern den Betrieb in einem Mix aus Fakten und Emotionen vorzustellen“, sagt Cornelia Gutmann, Marketing Managerin bei Coco, dem Marketing-System für kleine und mittelständische Betriebe. „Im Umkehrschluss bedeutet das: Die Inhalte sollten für diese Zielgruppen relevant sein.“ Doch was gehört nun dazu und was nicht? Die folgenden fünf Inhalte sollten auf jeden Fall dabei sein.

W

1. Profi-Fotos: Wie sieht’s im Betrieb aus und wer arbeitet dort? Ein Bild sagt mehr als tausend Worte – das gilt auch für Ihre Über-uns-Seite. „Professionelle Fotos aus Ihrem Betrieb schaffen Vertrauen und wecken positive Emotionen“, sagt Gutmann. Das gelte umso mehr, wenn Ihre Mitarbeitenden zu sehen

40

„Die Inhalte sollten für die Zielgruppen relevant sein.“ Cornelia Gutmann, Marketing Managerin

sind. „Schließlich sind sie es, die für Ihre Kunden arbeiten oder die neuen Kollegen werden sollen.“ Allerdings gibt es hier ein paar Stolpersteine: „Alle, die auf den Fotos zu sehen sind, müssen sich vorab damit einverstanden erklären“, sagt Gutmann. „Lassen Sie sich dieses Einverständnis schriftlich geben.“ Sie wollen den Einzelnen nicht zu sehr in den Fokus stellen, um Headhuntern nicht ihre Arbeit zu erleichtern? „Dann können Sie auch ein Gruppenfoto nutzen oder Arbeitssituationen abbilden, ohne Namen zu nennen“, so Gutmann. Ist Ihr Team besonders kamerascheu, müssen Sie allein ran. „Sie können den Fokus auch auf die Geschäftsführung, die Werkstatt oder den Betrieb legen“, meint die Expertin.

2. Alleinstellungsmerkmale: Was unterscheidet Sie von den anderen? Sie sind die Einzigen, die mit besonderen Techniken arbeiten oder Sie bieten einen außergewöhnlichen Service? Die Über-uns-Seite ist der Platz, um davon zu berichten. Allerdings: Halten Sie die Informationen kurz und übersichtlich“, sagt Gutmann. „Am besten

NDH 2/2024


Betrieb

verlinken Sie dann auf Ihre Angebotsseite, wo die Kunden ausführlichere Informationen und Beschreibungen finden können.“

Drei Fragen an ...

3. Werte: Wofür steht Ihr Betrieb?

... Nina Kükelhahn (Foto), Stilista – Ihre Frisöre, Hildesheim

Welche Punkte waren Ihnen bei der Gestaltung des „Über uns“ wichtig?

Nicht nur Emotionen, auch Fakten gehören auf Ihre Über-uns-Seite. „Hier ist es wichtig, Zahlen zu nennen, mit denen die Kunden sich ein Bild Ihres Betriebs machen können“, sagt Gutmann. Gleichzeitig können Sie mit Zahlen positive Emotionen erzeugen: „X Mitarbeitende kümmern sich um Ihr Anliegen, X Kunden haben wir mit unserer Lösung schon glücklich gemacht.“ Wichtig ist allerdings, dass Sie die Aktualität im Blick haben. Und: „Wenn Sie Zahlen nennen, dann sollten sie auch stimmten“, so Gutmann.

„Sie sollten nur wirklich wichtige Meilensteine aufgreifen oder die interessan­ testen Punkte der Firmen­ geschichte erzählen.“

5. Geschichte: Welche Meilensteine hat Ihr Betrieb bereits erlebt?

Cornelia Gutmann, Marketing Managerin

4. Zahlen und Fakten: Wie viele Kunden haben Sie im letzten Jahr glücklich gemacht?

Ihren Betrieb gibt es schon seit 1872 und Sie führen ihn in sechster Generation? Der Gründer war ein Wandergeselle, der der Liebe wegen im Ort geblieben ist und sich später als Meister selbstständig machte? Oder Sie sind vor Kurzem in neue Gebäude umgezogen, sodass Ihnen eine moderne Werkstatt zur Verfügung steht? Sie konnten eine wichtige Investition in eine neue Maschine tätigen oder haben das Firmengebäude energetisch saniert? Solche Meilensteine spiegeln die Werte eines Betriebes und machen sie greifbar, nicht nur für Kunden, sondern auch für künftige Mitarbeitende. „Bewerber, die Sicherheit suchen, spricht eine lange Betriebsgeschichte an, neue Firmengebäude signalisieren eine moderne Ausstattung der Arbeitsplätze“, erläutert Gutmann. Allerdings: „Sie sollten nur wirklich wichtige Meilensteine aufgreifen oder die interessantesten Punkte der Firmengeschichte erzählen“, rät sie. W

NDH 2/2024

» Nina Kükelhahn: Wir wollen damit in kurzen und präzisen Sätzen sagen, wer wir sind und was wir machen. Wichtig ist uns, dass dort nicht nur Infos über den Salon zu lesen sind, sondern auch über unsere Arbeitstechni­ ken und Produkte. Außerdem legen wir Wert darauf, dass Besucher der Seite finden, was sie suchen. Dazu gehören eine gute Menüführung und eine schlüssige Struktur. Auch professio­ nelle Fotos haben wir extra dafür machen lassen. Das wertet die Seite auf.

Bekommen Sie Rückmeldung von Kollegen und Kunden? » Kükelhahn: Auch wenn die Seite schon ein paar Jahre besteht, bekommen wir immer wieder positive Rückmeldungen. Zum einen von Kunden, die sich vor ihrem Besuch bei uns auf der Seite informieren. Zum anderen von Geschäftspartnern, die betonen, dass ihnen die Übersichtlichkeit und Freundlich­ keit der Seite auffällt.

Wie sind Sie auf die Idee mit den Referenzkunden gekommen? » Kükelhahn: Wir haben uns überlegt, dass das eine schöne Idee für eine Win­win­Situa­ tion sein könnte: Unsere zufriedenen Kunden geben ein Statement ab, das wir gern und stolz auf unserer Seite veröffentlichen. Dass viele unserer Kunden auch Betriebe haben, spielt uns in die Karten. Für ihre Unterneh­ men ist es schön, dass andere potenzielle Kunden ihre Firmennamen bei uns lesen können. Ich habe schon oft gehört, dass Neukunden sich die Bewertungen vor dem Besuch bei uns durchlesen. (JA)

Foto: Privat

Was treibt Sie an? Welche Werte liegen Ihnen am Herzen? Wie möchten Sie wahrgenommen werden? Nutzen Sie die Möglichkeiten der Über-uns-Seite und lassen Sie Kunden und Bewerber daran teilhaben. So erhöhen Sie die Chance, Aufträge und Bewerbungen zu erhalten, die zu Ihrer Firmenphilosophie passen. „Nachhaltigkeit, Kundenorientierung oder Familienfreundlichkeit lassen sich nicht nur in Texten, sondern auch in Icons und kurzen Stichworten darstellen“, sagt Gutmann. Auch Siegel, Preise oder andere Ehrungen können auf der Über-uns-Seite ihren Platz finden. „Allerdings sollten diese Auszeichnungen aktuell sein“, betont die Expertin. „Bester Arbeitgeber 2006? Das ist zu lange her.“

41


Betrieb

Höhere Umsätze, schnell mehr Liquidität oder ein neues Produkt? Die Jobs-to-bedone-Methode bringt Ihre Ziele mit den Wünschen Ihrer Kunden in Einklang. KATHARINA WOLF

as wollen Kunden wirklich? Ein Produkt, zum Beispiel eine neue Heizung? Oder eine Dienstleistung wie eine Wartung aller Fenster? Weder noch, sagt Peter Rochel, Gründer der Beratungsgesellschaft Oberwasser Consulting. „Die Kunden wollen sich zu Hause behaglich fühlen.“

W

Was ist die Jobs-to-be-done-Methode? Rochel ist Experte für die sogenannte Jobs-to-be-done-Methode (JTBD), die er seit 2006 in Unternehmen vieler Branchen umsetzt. Diese Marketingstrategie geht davon aus, dass Kunden nicht in erster Linie ein Produkt oder eine Dienstleistung kaufen, sondern dass sie einen Job zu erledigen haben, also am Nutzen des Angebots interessiert sind. Wer eine Bohrmaschine kauft, will nicht in erster Linie eine Bohrmaschine besitzen oder hat Spaß daran, Löcher in die Wände zu bohren. Er will ein Bild oder ein Regal aufhängen. Diesen Job will er mithilfe der Bohrmaschine erledigen. Die Idee ist, den Kunden diesen Nutzen gezielt anzubieten. Doch eignet sie sich auch fürs Handwerk? „Die Jobs-to-be-done-Methode kann jeder Betrieb anwenden, egal ob Konzern oder soloselbstständiger Handwerker“, sagt Rochel. „Der Kern ist, einen konsequenten Perspektivwechsel vorzunehmen und zu verstehen, welchen Job die Kunden von meiner Dienstleistungen oder meinem Produkt erledigt haben wollen.“ Oder anders ausgedrückt: „Was muss passieren, damit der Kunde sagt: Wie geil ist das denn?“

Frage, ob die Kunden ihn tatsächlich brauchen oder wollen. Wie aber findet man das heraus? Zunächst müsse ein Unternehmen sein eigenes Ziel klären, sagt Rochel. „Was soll erreicht werden? Brauche ich schnell Liquidität? Will ich meine Umsätze langfristig erhöhen? Will ich neue Kundengruppen erschließen? Oder ein neues Produkt in den Markt bringen?“ Ein Beispiel: Rochel beriet einen Heizungsbauer, dessen Betrieb trotz hoher Auslastung in Liquiditätsprobleme kam. „Das Ziel war also, schnell an Geld zu kommen.“ Eine kurze Bestandsaufnahme zeigte: Das ließ sich am besten über den kurzfristigen Verkauf teurer moderner Heizungssysteme erreichen. Die Monteure allerdings, die die Heizungen einbauen konnten, waren auf Monate ausgelastet. „Die Aufgabe lautete also: Welches Angebot ist so attraktiv, dass Kunden jetzt eine teure Heizung bezahlen, sie aber erst in drei Monaten bekommen – und was muss ich dabei unbedingt beachten, damit die Kunden langfristig begeistert sind und mir das Ganze nicht um die Ohren fliegt?“, berichtet Rochel.

Foto: Drobot Dean - stock.adobe.com

Was wollen Ihre Kunden wirklich?

Was muss passieren, damit Ihre Kundin total begeistert ist?

Schritt 2: Die Jobs verstehen In einem Workshop klärte Rochel mit dem Betrieb die verschiedenen möglichen Nutzen, die ein Kunde mit einer neuen Heizung verbindet: „Welchen Job soll eine neue Heizung erledigen, außer einfach die Wohnung zuverlässig warm zu bekommen?“

Schritt 1: Das Ziel klären und Annahmen formulieren

„Die JTBD-Methode passt für jeden Betrieb.“

Im Zentrum der Jobs-to-be-done-Methode stehen der Nutzen, den das Angebot bieten kann, und die

Peter Rochel, Marketingexperte

42

NDH 2/2024


Betrieb

Der Job oder der Nutzen eines Angebots könne sehr unterschiedlich sein, sagt der Marketingexperte: funktional, emotional oder sozial. Beim Beispiel neue Heizung überwiegt der funktionale Nutzen: ein zuverlässig warmes Haus. Ein zusätzlicher funktionaler Nutzen ergibt sich, wenn die Heizung besonders effizient arbeitet, also am Ende Kosten spart. Es kann auch einen emotionalen Nutzen geben: Wenn die neue Heizung erneuerbare Quellen nutzt, schütze ich das Klima und kann deswegen ein gutes Gewissen haben. Der soziale Nutzen könnte wiederum darin bestehen, von den anderen als besonders umweltbewusst und fortschrittlich wahrgenommen zu werden.

Der Betrieb nahm zudem an, dass Kunden, die eine neue Heizung brauchen, eigentlich nicht auf sie warten wollen. Schließlich könnte sie die alte Anlage im ungünstigsten Moment im Stich lassen. „Also kam ein Check-up für die alte Heizung mit ins Angebot und die Garantie, im Havariefall innerhalb von zwölf Stunden das Haus warm zu bekommen und innerhalb von einer Woche die neue Heizung zu installieren“, so der Marketingexperte. Die dreimonatige Wartezeit sollte außerdem mit der Möglichkeit einer Großbestellung und daher niedrigeren Anschaffungskosten erklärt werden.

Schritt 4: Kunden befragen Peter Rochel, Marketingexperte

„Wir haben in unserem Workshop die Annahme getroffen, dass die Kunden vor allem Heizkosten sparen wollen. Wenn dieser Nutzen erfüllt ist, darf die Heizung auch mehr kosten. Es muss nur absehbar sein, dass sie sich amortisiert“, sagt Rochel. Dann galt es, Hindernisse zu identifizieren, die den Kunden vom Kauf abhalten. „Moderne Heizungsanlagen sind teuer, werden aber vom Staat bezuschusst. Allerdings haben nur wenige Menschen Zeit und Lust, sich damit auseinanderzusetzen und verschieben eine Kaufentscheidung. Deshalb wurde ein Fördermittelservice mit ins Angebot aufgenommen und den Kunden die höchstmögliche Fördersumme garantiert“, berichtet Rochel.

NDH 2/2024

Foto: Peter Rochel

Schritt 3: Annahmen treffen

Üblicherweise folgen jetzt bei der Jobs-to-be-doneMethode vertiefte Kundeninterviews. „Dabei geht es nicht darum, einen Fragebogen auszufüllen, sondern ohne Suggestion die Kunden intensiv nach ihren Erwartungen an das Produkt oder die Dienstleistung zu befragen“, sagt Rochel. Das sei nicht einfach, professionelle Hilfe deshalb angeraten. Die Schwierigkeit bestehe darin, den emotionalen oder sozialen Nutzen herauszufinden, weil er den Kunden oft gar nicht bewusst ist. Deshalb sei die Fragetechnik entscheidend. Ziel der Interviews ist herauszufinden, ob der Nutzen, den der Betrieb in seiner Annahme vorausgesetzt habe, auch tatsächlich dem Bedürfnis der Kunden entspricht – und welche Bedürfnisse sie außerdem haben. „So werden die blinden Fle-

43


Betrieb

cken ausgeleuchtet, an denen der Betrieb sonst nur Vermutungen anstellt und vielleicht von völlig falschen Annahmen ausgegangen ist“, erklärt Rochel. Der Marketingexperte empfiehlt, nicht die Lieblingskunden zu befragen, sondern Erst- oder ehemalige Kunden, um wirklich Neues zu erfahren. In der Regel seien zehn gut einstündige Interviews nötig, allerdings ergebe sich oft schon nach fünf bis sieben Gesprächen ein Muster. Im Fall des Heizungsbauers war allerdings dafür keine Zeit. „Wir haben das Angebot gestrickt und er ist dann gleich los damit zu den Interessenten“, berichtet Rochel. Mit durchschlagendem Erfolg: „Der Inhaber war fassungslos, weil alle drei Kunden, mit denen er am ersten Tag sprach, sofort unterschrieben.“

Schritt 5: Auswerten und das Angebot anpassen Den Interviews folgt eine Auswertung und die Anpassung an die Kundenbedürfnisse. „Die müssen gar nicht unbedingt mit dem Angebot zu tun haben, können aber trotzdem kaufentscheidend sein“, so Rochel. Wenn Kunden beispielsweise Wert auf eine saubere Wohnung legten, könnten die eingebauten Heizungen noch so gut sein, „wenn die Handwerker dann einen Saustall hinterlassen, gibt es für diesen Betrieb keine Weiterempfehlung“.

„Am Anfang kostet es Zeit und ist anstrengend, aber mit Übung und Praxis läuft es irgendwann automatisch.“ Peter Rochel, Marketingexperte

Aufschlussreich können die Interviews auch für das schriftliche Angebot sein: Welche Informationen wünscht sich der Kunde? „Wenn ich weiß, was den Kunden wichtig ist, schreibe ich das vorn ins Angebot, zum Beispiel eine Garantie, dass am Ende alles wieder ordentlich hinterlassen wird“, sagt Rochel. Mit den üblichen „Material- und Preislisten“ könnten die meisten Kunden ohnehin nichts anfangen. „Dann schauen sie am Ende nur auf die Zahl rechts unten, weil sie sonst nichts verstehen, und versuchen den Preis zu drücken.“

Schritt 6: Dranbleiben Kundenwünsche verändern sich, die Situation des Betriebs kann sich von einem Tag auf den anderen drehen wie etwa in der Corona-Krise. „Die Jobsto-be-done-Methode ist nicht etwas, das man nur einmal ausprobiert und dann nicht mehr braucht“, sagt Rochel. Man müsse dranbleiben und üben, um immer wieder den Perspektivwechsel in die Kundensicht zu vollziehen. „Am Anfang kostet es Zeit und ist anstrengend, aber mit Übung und Praxis läuft es irgendwann automatisch“, ist Rochel überzeugt. W Wer mal reinhören möchte: In seinem Pod-

w cast berichtet Peter Rochel ausführlich über den Fall des Heizungsbauers: svg.to/obcopo

Drei Fragen an ...

Wie konkret sind die Vorstellungen Ihrer Kunden, wenn sie zu Ihnen kommen? » Daniel Schulze: Das ist sehr unterschiedlich. Manche Kunden haben ganz konkrete Vorstellungen. Das ist immer eine Herausforderung. Denn zum einen ist es oft schwer, ein Projekt genauso umzusetzen, damit es letztendlich auch den Vorstellungen des Kunden entspricht. Zum anderen lassen sich manche Wünsche nicht oder nur schwer umsetzen. Das gilt insbesondere in Fällen, wenn Kunden

44

mit Bildern kommen, die sie auf Instagram entdeckt haben. Andere Kunden kommen zu mir, weil sie in ihrem Zuhause etwas verändern möchten oder ein konkretes Problem haben, für das sie eine Lösung suchen. Solche Kunden sind meist sehr offen für Vorschläge und ich kann meine Kreativität mehr einbringen.

Wie finden Sie im Beratungsgespräch heraus, was Ihre Kunden wollen? » Schulze: Ich unterhalte mich zunächst mit ihnen, im Gespräch lässt sich schon viel herausfinden. Außerdem zeige ich meinen Kunden Materialien, die für das Projekt infrage kommen könnten. Ich beobachte dann genau, wie sie auf den Stoff, die Tapete oder den Teppich reagieren. Daran lässt sich oft auf Anhieb

erkennen, ob ein Material infrage kommt oder nicht. Am wichtigsten sind jedoch die Termine vor Ort. Ich besuche die Kunden immer zu Hause und schaue mir die Situation an. Nur so kann ich wirklich herausfinden, was sie brauchen und was sich wirklich umsetzen lässt.

Und wann sind Kunden aus Ihrer Erfahrung besonders zufrieden mit dem erledigten Auftrag? » Schulze: Wenn ein Auftrag so ausgeführt wird, dass er die Erwartungen der Kunden erfüllt, sind sie erfahrungsgemäß besonders zufrieden. Große Zufriedenheit stelle ich aber auch fest, wenn ein Auftrag aus Sicht der Kunden einwandfrei läuft – also wenn er termingerecht fertig wird, das Arbeitsergebnis eine gute Qualität hat und wenn die Baustelle nach Abschluss der Arbeiten sauber ist. (AML)

NDH 2/2024

Foto: Priavat

... Daniel Schulze (Foto), Raumausstattermeister aus Oldenburg


Foto: drizzd - Fotolia.com

Betrieb

Lkw-Maut: Was Sie prüfen sollten Sie haben Ihre Fahrzeuge abgelastet, damit Ihre Firmenwagen unter das Gewicht von 7,5 Tonnen fallen? Dann kann es sein, dass Sie jetzt Lkw-Maut zahlen müssen.

Seit dem 1. Dezember 2023 gibt es neue Mauttarife für Fahrzeuge ab 7,5 Tonnen. In diesem Zusammenhang weist der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) auf eine wichtige Neuerung für Handwerksbetriebe hin: Für die Zuordnung von Fahrzeugen zu einer Gewichtsklasse sei nach den neuen Regeln die „technisch zulässige Gesamtmasse“ ausschlaggebend und nicht mehr das „zulässige Gesamtgewicht“. Die Folge für manche Handwerksbetriebe: Sie könnten nun eventuell unter

Eine rein rechtliche Ablastung sei unter „F.2: Im Zulassungsmitgliedsstaat zulässige Gesamtmasse in kg“ eingetragen und nicht unter „F.1: Technisch zul. Gesamtmasse in kg“.

die Mautpflicht fallen, wenn sie abgelastete Fahrzeuge im Fuhrpark haben. Durch die Ablastung hätten Betriebe in der Vergangenheit die zulässige Gesamtmasse von Fahrzeugen reduziert, um unter die Grenze von 7,5 Tonnen zu kommen, erläutert der ZDH. Diese Maßnahme sei in den Fahrzeugpapieren vermerkt: Eine rein rechtliche Ablastung sei unter „F.2: Im Zulassungsmitgliedsstaat zulässige Gesamtmasse in kg“ eingetragen und nicht unter „F.1: Technisch zul. Gesamtmasse in kg“.

Mit einem Eintrag unter F.2. könnten einzelne Betriebe nach den neuen Regeln in die Mautpflicht fallen, wenn sie die Grenze von 7,5 Tonnen erreichen oder überschreiten. Konkret bedeutet das: Seit 1. Dezember 2023 müssten sie bei Fahrten auf mautpflichtigen Strecken die Lkw-Maut entrichten. Tipp: Betriebe, die über abgelastete Fahrzeuge im angesprochenen Gewichtsbereich verfügen, sollten laut ZDH schnellstmöglich klären, ob sie nach den neuen Regeln unter die Mautpflicht fallen. (AML) W

Strauss Workwear jetzt mieten. Ab sofort erhalten Sie ausgewählte Strauss Kollektionen im komfortablen DBL Mietservice. Ausstatten, holen, waschen, reparieren, bringen – alles inklusive. Fragen Sie gleich Ihr individuelles Angebot an: dbl.de/strauss-mieten

NDH 2/2024 Berufskleider-Leasing GmbH DBL – Deutsche tel: +49 800 310 311 0 | info@dbl.de | dbl.de/strauss-mieten

45


Foto: Stellantis

BetriebPLUS

Stellantis will seine Position im Nutzfahrzeugmarkt mit neuen Services und einer komplett überarbeiteten Transporter-Palette ausbauen.

Transporter-Offensive Mit „Pro One“ will Stellantis seine Nutzfahrzeug-Sparte stärken. Der Fokus: Elektro-Transporter, mehr Services und mehr Konnektivität. KEVIN SCHMIDT

Mehr Reichweite und weiterhin Brennstoffzellen-Varianten

U

nter dem Motto „Pro One“ will Stellantis seine Position im globalen Nutzfahrzeuggeschäft stärken. Damit die „Pro One“-Nutzfahrzeugstrategie des französisch-italienischen Konzerns auch sofort mit Leben gefüllt wird, präsentierte Stellantis für alle Marken jetzt auch ein komplett überarbeitetes Transporter-Portfolio. Mit „Pro One“ hat sich Stellantis hehre Ziele gesetzt. So möchte der Konzern die branchenweit breiteste Produktpalette in Sachen Transporter, Pick-ups und Mikromobilität anbieten. Relevante Ansätze für die Kunden dabei: ɓ die Weiterentwicklung der elektrischen Antriebsstränge ɓ die digitale Vernetzung der Produktpalette ɓ der Fokus auf den Ausbau der Servicestützpunkte und Dienstleistungen zum Beispiel im Bereich Financial Services und Ladeleistungen sowie ɓ die Reduzierung von Aus- und Umbauzeiten durch digitale Schnittstellen für Aus- und Umbauer

46

Mit „Pro One“ hat sich Stellantis hehre Ziele gesetzt.

Dass Stellantis seinen Ankündigungen schnell Taten folgen lassen möchte, unterstrich der Konzern jetzt wie gesagt in Form einer komplett überarbeiteten Produktpalette. Denn die Stellantis-Transporter aller Marken erhalten jetzt ein deutliches Update. Und das optisch wie technisch und in allen Segmenten – vom Kompakttransporter (Citroën Berlingo, Fiat Doblo, Opel Combo, Peugeot Partner) über die mittelgroßen Nutzfahrzeuge (Citroën Jumpy, Fiat Scudo, Opel Vivaro, Peugeot Expert) bis hin zu den großen Transportern (Citroën Jumper, Fiat Ducato, Opel Movano, Peugeot Boxer). Ein wesentlicher Fokus dabei: die Optimierung der elektrischen Antriebsstränge. Bereits seit 2021 bietet Stellantis in jeder Transporterbaureihe auch einen vollelektrischen Antrieb an. Die überarbeiteten Elektro-Transporter, jetzt im Rahmen des „Commercial Vehicles Ambition Day“ vorgestellt, sollen vor allem mit größerer Reichweite überzeugen.

NDH 2/2024


BetriebPLUS

So solle die jetzt präsentierte zweite Generation des Elektroantriebs bei den Kompakt-Transportern bei weiterhin 50 kWh großer Batterie eine Reichweite von bis zu 330 Kilometern ermöglichen. Die mittelgroßen Elektro-Transporter von Stellantis kommen weiter mit 50 oder 75 kWh großen Batterien, die Reichweite liegt jetzt bei maximal 350 Kilometern. Und bei den großen elektrischen Transportern von Citroën, Fiat, Opel und Peugeot sorgt eine 110-kWh-Batterie für eine Reichweite von jetzt bis zu 420 km. Dabei lädt die Batterie der großen Transporter bei Schnellladung mit 150 kW von 0 auf 80 Prozent in weniger als einer Stunde. Zur weiteren Effizienzsteigerung setzt Stellantis künftig zumindest in seinen Kompakttransportern auch auf das Thema Wärmepumpe. Darüber hinaus setzt Stellantis auch in Zukunft auf Brennstoffzellen-Transporter. Die zweite Generation der mittelgroßen Transporter mit Brennstoffzellenantrieb, die Mitte 2024 auf den Markt kommen soll, bietet eine Reichweite von bis zu 400 Kilometern. Dabei will es Stellantis aber nicht belassen: Der Brennstoffzellen-Antrieb soll ebenfalls ab Mitte 2024 auch in den großen Transportern zu haben sein, dann mit bis zu 500 Kilometern Reichweite. Um Transportermodelle mit Verbrennungsmotor auch in Zeiten der Elektromobilität länger nutzen zu können, setzt Stellantis in Zukunft auch

auf die Elektrifizierung vorhandener Diesel- oder Benziner-Transporter. Eine entsprechende Kooperationsvereinbarung mit dem Umrüstungsspezialisten Qinomic hatte das Unternehmen bereits Ende 2022 unterzeichnet.

Um Transportermodelle mit Verbrennungsmotor länger nutzen zu können, setzt Stellantis auch auf die Elektrifizierung vorhandener Diesel- oder BenzinerTransporter.

Mehr Vernetzung für die Stellantis-Transporter Wichtiges weiteres Thema im Stellantis-Nutzfahrzeuggeschäft: die Fahrzeugvernetzung. Der Konzern plant, nur noch komplett vernetze Fahrzeuge auszuliefern, die ab 2026 mit Over-the-Air-Updates auf aktuellem Stand gehalten werden können. Diese Konnektivität soll neue Servicepakete ermöglichen, die auch auf mehr Effizienz beim Kunden ausgerichtet sind. Darunter fallen Dienstleistungen wie die digitale Wartungsüberwachung (Predictive Maintenance), Eco-Drive-Coaching, Lademanagement-Software sowie Echtzeit-Fahrerwarnungen. Ziel soll es sein, Ausfallzeiten von Flotten zu verringern und die Gesamtbetriebskosten zu senken. Das Plus an Digitalisierung zeigt sich übrigens auch im Interieur der neuen Stellantis-Transporter: Im überarbeiteten Cockpit der Nutzfahrzeuge thront jetzt ein bis zu 10 Zoll großer Infotainment-Touchscreen, außerdem halten Digitalinstrumente Einzug in die Palette. Dazu gibt es überarbeitete Assistenzsysteme. Voll-LED-Schweinwerfer sind jetzt immer Standard. W

Mit dem Proace Max dringt Toyota in Europa erstmals in das Segment der großen Nutzfahrzeuge vor. Er kommt im Verlauf des Jahres 2024 mit Diesel- und Elektroantrieb auf den Markt und wird – baugleich mit Citroen Jumper, Fiat Ducato, Opel Movano und Peugeot Boxer – von Stellantis zugekauft. Bereits heute hat Toyota mit dem mittelgroßen Proace und dem kompakten Proace City zwei Transportermodelle auf Stellantis-Basis im Programm. Mit dem Proace Max rundet Toyota sein Angebot im Bereich der leichten Nutzfahrzeuge nach oben ab. Er wird in je drei Längen (5,41 und 5,99 sowie 6,36 Meter) und Höhen (2,25 und 2,52 sowie 2,76 Meter) angeboten. Toyota bietet den Proace Max auch als batterieelektrische Variante mit

NDH 2/2024

272 PS, 110-kWh-Akku und 420 Kilometern Reichweite (WLTP) an. An der Schnellladesäule sind maximal 150 kW Ladeleistung möglich (AC: 11 kW). Der vollelektrische Proace Max hat ein maximales Ladevolumen von 17 Kubikmetern, eine Nutzlast von bis zu 1.500 Kilogramm und eine maximale Zuglast von 2.400 Kilogramm. Außerdem ist der Proace Max mit einem Dieselmotor und einem Sechsgang-Schaltgetriebe oder einer Achtgang-Automatik erhältlich. Die Motorleistung variiert je nach Modell zwischen 120 PS und 180 PS. Die Dieselvariante des Proace Max hat ein Maximalvolumen von 17 Kubikmetern, eine Nutzlast von bis zu 1.425 Kilogramm und eine maximale Zuglast von 3.000 Kilogramm.

Foto: Kevin Schmidt

Weltpremiere: Toyota präsentiert den Proace Max

Der Proace Max verfügt über einen Seitenwind-Assistenten, der das Fahrzeug bei starkem Wind stabilisiert. Das Cockpit enthält in den Comfort-Modellen volldigitale 7-Zoll-Farb-Kombiinstrumente und einen 10-Zoll-Touchscreen.

Kleinere Proace mit Updates Analog zu ihren Stellantis-Geschwistern (siehe oben) erhalten auch der kompakte Proace City und der mittelgroße Proace neue Technik und ein modernisiertes Gewand. Was für die E-Versionen ebenfalls mehr Reichweite bedeutet. (KS) W

47


Fotos: Denny Gille (3), Hansjörg Hörseljau, Marleaux (2)

Panorama

Tiefe Töne sind seine Leidenschaft: Gerald Marleaux baut seit seiner Jugend E-Bässe. Seine Marke Marleaux Bassguitars steht für Qualität und Innovation.

Satte Sounds aus heimischen Hölzern Marleaux Bassguitars baut im Harz E-Bässe für Profis weltweit. Dabei ist Gerald Marleaux stets auf der Suche nach Alleinstellungsmerkmalen. DENNY GILLE

C

lausthal-Zellerfeld im Januar. Abseits der Hauptstraßen sind die Wege schneebedeckt. An einer Kreuzung liegt ein Haus mit dunkelbrauner Holzfassade, die typisch für die Region ist. Auf den ersten Blick vermutet man hier kein Unternehmen, das sein Geld vor allem im internationalen Geschäft verdient. Über eine Stahlgittertreppe geht es ins Obergeschoss. Schon betritt man die Welt von Marleaux Bassguitars. Dass hier in aufwendiger Handarbeit Premiuminstrumente gebaut werden, verraten schon die hölzernen Montagetische, Fertigungsschablonen und diverse Holzbearbeitungsgeräte. Ein Dutzend halbfertiger Elektro-Bässe steht vor einer Wand mit Bildern von Musikern und eingerahmten Musikmagazinen. Dahinter liegt das Büro von Gerald Marleaux. Er telefoniert – auf Englisch; das kennt er gar nicht mehr anders. Der Anruf kommt aus Südkorea. „Inzwischen ist der größte Teil unserer Kunden international“, erzählt Marleaux. Seine E-Bässe gehen an Musiker in Europa, Amerika, Asien, Aus-

48

„Inzwischen ist der größte Teil unserer Kunden international.“ Gerald Marleaux, Bassbauer

tralien. Das Vertriebsnetz des fünfköpfigen Betriebs erstreckt sich über knapp 30 Händler auf drei Kontinenten. Angefangen hat der Unternehmer ganz klein. Als Schüler spielte er Bass in einer Schulband. Seinen Mangel an Geld glich er damals mit Spaß am Basteln aus: „Meinen ersten Bass habe ich mir mit Teilen vom Tischler selbst zusammengedengelt“, berichtet Marleaux. Es folgten der zweite, dritte und vierte Bass. „Meine Instrumente wurden immer besser und ich wurde von Musikern aus dem Publikum bei Auftritten darauf angesprochen“, erinnert er sich. Das wurden seine ersten Kunden. Fachlich lernte er nebenbei viel bei einem Streichinstrumentenbauer und absolvierte eine Lehre bei einem Kunsttischler. 1990 machte sich Marleaux als Zupfinstrumentenmacher für E-Bässe selbstständig. „Damals hatte ich das Gewerbe vor allem angemeldet, um bessere Einkaufspreise und Zugriff auf Teile zu bekommen, die Gewerbekunden vorbehalten waren“, erinnert er sich. Heute fertigt Marleaux Bassguitars rund 150 Bässe jährlich. Die Preise für ein Instrument star-

NDH 2/2024


Panorama

Fertigungsdetail am Spock: der schwebende Saitenhalter aus einem Holz-Edelstahl-Laminat

Zwei Eigenentwicklungen: Der Contra mit hohlem Korpus (oben) und die neueste Entwicklung Spock

ten beim günstigsten Vier-Saiter bei 3.400 Euro und können für den teuersten Serien-Bass mit sieben Saiten schon mal die 10.000-Euro-Marke überschreiten.

Wettbewerb ist Ansporn Wie groß ist der Wettbewerb im Bereich Edelbässe? Klein sei er nicht. „In jedem Land gibt es gute Premiumhersteller“, sagt Marleaux. Zum Glück seien die wenigsten Bassisten streng markentreu: Da dürften gerne die Instrumente von einem halben Dutzend verschiedener Hersteller an der Wand hängen. „Für mich sind die Mitbewerber ein zusätzlicher Ansporn, Alleinstellungsmerkmale zu kreieren“, erzählt der Unternehmer. Und Alleinstellungsmerkmale haben die Bassbauer einige zu bieten. Das beginnt schon bei der Wahl des Holzes. Marleaux hat nicht nur klassische Exoten wie Ebenholz und Palisander im Angebot. „Wir arbeiten am liebsten mit regionalen Hölzern und haben das auch als Marke angemeldet“, berichtet er. Für einige seiner Kunden sei das Regio Tone Wood sogar ein Hauptgrund für eine Bestellung bei den Niedersachsen. Über eine Kooperation mit den niedersächsischen Landesforsten gelangt Marleaux an das Holz. „Wir suchen die Stämme, die gar nicht in den Handel gehen, weil sie für die Forstwirtschaft nicht zu gebrauchen sind: charaktervolles Holz mit Knollen zum Beispiel.“ Gute heimische Klanghölzer gebe es zuhauf: Ahorn, Esche, Pappel, Kastanie, Linde, Birke. Sie lagern in einem Raum neben der Werkstatt im Erdgeschoss. Marleaux zieht ein Brett hellen Ahorns aus einem Regal. Er schlägt es mit dem Finger an und es erklingt nicht nur ein kurzes dumpfes „Pock“, sondern ein warmer Ton, der kurz nachschwingt. „Gutes Tonholz muss resonant sein“, erklärt der Instrumentenbauer. Kunden, die zur Holzauswahl den Firmensitz besuchen, dürfen die Klopfprobe selbst machen. „Ein Kunde aus Usbekistan ist für

NDH 2/2024

„Meinen ersten Bass habe ich mir mit Teilen vom Tischler selbst zusammengedengelt.“ Gerald Marleaux, Bassbauer

Marleaux im Holzlager. Hier warten viele heimische Hölzer auf ihren Einsatz.

die Holzauswahl extra eingeflogen – und später kam er noch einmal, um seinen Bass abzuholen.“ Einige beliebte Eigenentwicklungen hat die Harzer Bassmanufaktur auch im Angebot: Mit dem Soprano hätten sie als Erste einen E-Bass im Kleinformat entwickelt, dessen Bauart inzwischen Hersteller weltweit kopieren würden. Das Instrument spiele sich wie ein Bass und klinge wie eine Gitarre. Eine andere Entwicklung ist der Contra, ein E-Bass, der nicht den üblichen massiven Korpus hat, sondern einen Hohlraum ähnlich einem Kontrabass. „Da kam die Initialidee von einem sehr guten Kunden“, sagt Marleaux. In zwei Jahren Entwicklungszeit sei ein sehr beliebtes Instrument entstanden, von dem das Unternehmen jeden Monat einige Exemplare baut. Der Einstiegspreis: 8.500 Euro.

Durchstarten in unendliche Weiten Abgespaced ist die jüngste Entwicklung der Bassbauer: Der E-Bass „Spock“ geht auf eine Kooperation mit der Technischen Universität Clausthal zurück. Die hatte mithilfe von Naturfasern einen neuen Polymerwerkstoff entwickelt. In einem vom Bundeswirtschaftsministerium geförderten Projekt entstand ein neuartiges, futuristisches Bassdesign, das klanglich und optisch das Beste aus der Materialentwicklung hervorbringen sollte. Einige schlaflose Nächte hätte das Vorhaben den Bassbauer zwar gekostet. „Aber am Ende ist ein toller Bass entstanden, in dem sich alle Materialien klanglich ergänzen. Er ist super leicht und die Lichtdurchlässigkeit des Korpus erzeugt interessante optische Effekte“, erklärt Marleaux. Nachdem die erste Charge zur Einführung 2023 direkt ausverkauft war, hat er das Modell gerade auf der größten Musikmesse in den USA vorgestellt und aus dem Stand einen Award gewonnen. Eine Idee für eine Weiterentwicklung hat der umtriebige Bassbauer auch schon: „Eigentlich muss da noch Licht rein.“ W

49


Impressum

Panorama

Organ der Handwerkskammern 129. Jahrgang Herausgeber: Schlütersche Fachmedien GmbH Ein Unternehmen der Schlüterschen Mediengruppe Postanschrift: 30130 Hannover Adresse: Hans-Böckler-Allee 7, 30173 Hannover Tel. 0511 8550-0 www.schluetersche.de, www.handwerk.com

W VIER FRAGEN AN

Redaktion: Irmke Frömling (Chefredaktion, V.i.S.d.P.) Tel. 0511 8550-2455 irmke.froemling@schluetersche.de

Firmenname Farbenfroh Webseite www.farbenfroh-malermeisterin.de Ort Bilshausen Gewerk Maler- und Lackiererhandwerk Mitarbeiterzahl 3 Funktion Inhaberin

Denny Gille, Tel. 0511 8550-2624 denny.gille@schluetersche.de Martina Jahn, Tel. 0511 8550-2415 martina.jahn@schluetersche.de Anna-Maja Leupold, Tel. 0511 8550-2460 anna-maja.leupold@schluetersche.de Content Management: Torsten Hamacher, Tel. 0511 8550-2456 torsten.hamacher@schluetersche.de

1. Was sind Ihre Pluspunkte als Arbeitgeber?

Antje Todt, Tel. 0511 8550-2550 antje.todt@schluetersche.de

Mir sind Offenheit und Transparenz wichtig. Meine Mitarbeiterinnen wissen deshalb zum Beispiel, wie sich der Stundenverrechnungssatz zusammensetzt.

Regionalredaktionen (verantw. f. Kammerseiten) Braunschweig-Lüneburg-Stade: Astrid Bauerfeld Hannover: Peter Karst Hildesheim-Südniedersachsen: Ina-Maria Heidmann Magdeburg: Burghard Grupe Oldenburg: Heiko Henke Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim: Sven Ruschhaupt Ostfriesland: Jörg Frerichs

2. Wie rekrutieren Sie Nachwuchskräfte für Ihren Betrieb? Nicht aktiv. Bislang sind meine Mitarbeiterinnen alle über Instagram auf meinen Betrieb aufmerksam geworden und haben sich initiativ beworben.

3. Wie würden Sie Ihren Führungsstil beschreiben? Locker und freundschaftlich. Außerdem ist mir ein respektvoller Umgang wichtig.

Verkauf: Tanja Ehlerding (Anzeigenleitung) Tel. 0511 8550-2647 tanja.ehlerding@schluetersche.de

4. Was tun Sie, damit Ihre Mitarbeiter sich wohlfühlen? Wir machen zusammen Ausflüge und gehen mit dem Team auch mal feiern. Außerdem frühstücken wir gemeinsam regelmäßig oder grillen.

Anna Dau (Regionalverkauf BraunschweigLüneburg-Stade, Hannover, HildesheimSüdniedersachsen, Magdeburg) Tel. 0511 8550-2484 anna.dau@schluetersche.de

W MEIN LIEBLINGSPROJEKT

Kai Burkhardt (Key Account Manager Automotive) Tel. 0511 8550-2566, kai.burkhardt@schluetersche.de

Druckunterlagen: anzeigendaten-ndh@schluetersche.de Tel. 0511 8550-2522

Wenn Nadja Gilhaus diese Jacke trägt, wird sie garantiert angesprochen, denn „sie ist wirklich außergewöhnlich“. Inspiriert wurde sie in Hongkong auf einer Dienstreise. In einem Schaufenster habe sie eine Jacke mit diesem Schnitt gesehen und fotografiert. „Zum Kaufen war sie mir zu teuer.“ Nachdem sich die Maßschneiderin selbstständig gemacht hatte, wollte sie sie für sich nachnähen. „Sie ging mir lange nicht aus dem Kopf“, sagt Gilhaus. Um eine hohe Widerstandsfähigkeit zu erzeugen, entschied sie sich für ein Wollgeorgette. „Bei den Rüschen habe ich viel probiert,

Abonnement-Service: vertrieb@schluetersche.de Tel. 0511 8550-8822 Erscheinungsweise: monatlich Bezugspreis: Jahresabonnement: ¤ 46,00 inkl. Versand und MwSt. Studierende ¤ 28,00 Einzelheft ¤ 1,50 zzgl. Versandkosten Für die in der Handwerksrolle eingetragenen Handwerker ist der Bezugspreis durch den Mitgliedsbeitrag abgegolten. ISSN 0029-1617 Druck: Dierichs Druck+Media GmbH & Co. KG, Kassel

50

Foto: Privat

Diese Jacke erzählt eine Geschichte

Derzeit gültige Anzeigenpreisliste: Mediadaten 2024

Genderneutrale Sprache Die Publikation richtet sich, sofern nicht ausdrücklich etwas anderes angegeben ist, an alle interessierten Personen, unabhängig vom Geschlecht. Wir bemühen uns um eine geschlechterneutrale Sprache, weisen aber darauf hin, dass wir in bestimmten Fällen wegen der besseren Lesbarkeit und Verständlichkeit nur die männliche Form verwenden. Gleichbehandlung ist uns wichtig, Diversität nehmen wir als Chance für die Zukunft wahr.

Foto: Privat

Tamina Beckerat

Jörg Wiebking (Redaktionsleiter) Tel.0511 8550-2439 joerg.wiebking@schluetersche.de

bis sie die richtige Breite und Form hatten“, berichtet die Obermeisterin in Northeim.

Mindestens 30 Stunden Zeit hat sie in ihr Lieblingsstück investiert. (JA)

NDH 2/2024


Anzeige

Mit einem einfachen Bewerbungsprozess zu neuem Personal Schnell muss es gehen, unkompliziert soll es Zu umständlich, zu langsam, nicht mobil möglich: Laut einer

sein: Damit Jobsuchende nicht aus dem

Befragung des Unternehmens Softgarden1 haben schon mehr als

Bewerbungsprozess aussteigen, sollte dieser

die Hälfte aller Jobsuchenden den Bewerbungsprozess aus

möglichst kurz sein.

diesen Gründen abgebrochen. Dabei sollte ihnen in Zeiten, in denen Fachkräfte und Auszubildende Mangelware sind, die Bewerbung so einfach wie möglich gemacht werden.

Choice. Gleichzeitig sollten Ihnen die Fragen einen guten ersten Eindruck von den Kandidaten ermöglichen.

Ideal: ein kurzer, digitaler Bewerbungsprozess, in dem Interessierte mit wenigen Klicks Informationen über sich liefern und

Schnell reagieren

schnell Kontakt zum Betrieb aufnehmen können.

Haben Sie Bewerbungen erhalten, sollten Sie schnell darauf reagieren. Ein bis zwei Wochen sind dafür eine gute Zeit. Warten

Abschied vom klassischen Anschreiben

Sie länger, riskieren Sie, dass die Kandidaten die lange Antwort-

So ist es vor allem für jüngere Bewerber eine Last, ein ausführ-

dauer als Desinteresse wahrnehmen und sich anderweitig

liches Anschreiben zu formulieren und verschiedene Unterlagen

orientieren. Zudem ist eine schnelle Reaktion auf die Bewerbung

zusammenzustellen. Eine Studie hat gezeigt: Viele Kandidaten

ein Zeichen dafür, dass Sie gut organisiert sind.

würden sich ohne die Notwendigkeit eines Anschreibens öfter auf ausgeschriebene Stellen bewerben, als sie es letztlich tun. Denn

Die Lösung für einen digitalen Bewerbungsprozess

gerade junge Jobsuchende haben Probleme damit, sich einem

Einen einfachen, schnellen und digitalen Bewerbungsprozess

zukünftigen Arbeitgeber prägnant und aussagekräftig vorzustel-

bietet Ihnen die Lösung der Schlüterschen zusammen mit

len. Hinzukommt, dass viele Bewerber ein Anschreiben aus

„handwerk.com“. Diese Lösung ermöglicht Interessenten eine

Textbausteinen zusammensetzen oder im schlimmsten Fall nur

unkomplizierte Bewerbung. Jobsuchende stellen ihre Qualifizie-

die Adresse austauschen.

rung und Motivation über einen kurzen Fragebogen dar. Über die individuell auf Ihren Betrieb zugeschnittenen Fragen geben sie

Kurz, knackig, online

die wichtigsten Eckpunkte zu ihrer Person und ihren Fähigkeiten

Große Chancen auf Bewerbungen haben Sie, wenn Sie Ihren

an – das spart sowohl den Bewerbenden als auch Ihnen Zeit.

zukünftigen Mitarbeitenden eine Onlinebewerbung ermöglichen

Anschließend landen die Antworten samt Kontaktdaten in Ihrem

– auf Ihrer Webseite oder Ihren Social-Media-Kanälen. Gerade

E-Mail-Postfach.

Angehörige der Generationen Y und Z erledigen viele Angelegenheiten bevorzugt online. Was viele potenzielle Kandidaten

Sparen Sie sich Zeit und machen Sie für Ihre Bewerber den Ablauf

abschreckt: ein langer Fragebogen. So gaben bei einer Umfrage

so einfach und unkompliziert wie möglich!

des Unternehmens Softgarden 45 Prozent der Befragten an, sie würden maximal zehn Minuten mit der Dateneingabe in Bewerbungssysteme beschäftigt sein wollen.1 Digitalisieren Sie also Ihren Bewerbungsprozess und stellen Sie darin eine Auswahl an Fragen zusammen, die dem Bewerber das Beantworten möglichst leicht macht – im Idealfall als Multiple

Für weitere Informationen QR-Code scannen. 1) https://go.softgarden.com/de/study/bewerbungsreport-recruitingprozesse/


RÜCKENWIND FÜR SELBSTSTÄNDIGE

Mit unserem Business-Kredit • Schnelle Kreditentscheidung • Freie Verwendung • Kostenlose Sonderzahlungen möglich • Persönlicher Ansprechpartner vor Ort

#chefsein targobank.de/geschaeftskunden


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.