Song gegen die Sorgen
Wenn
Wenn
Nach einem Sommer mit viel Hitze erwarten manche hierzulande auch einen „heißen“ Herbst. Groß sind die Wut und das Unverständnis bei vielen Menschen, die unverschuldet in eine Notlage geraten sind. In Nie dersachsen gehen die Bäcker auf die Straße, um auf ihre existenzbedrohende Situation aufmerksam zu machen. Aber nicht nur die Bäcker, auch viele andere Gewerke sind betroffen. Betriebe, die im vergangenen Jahr noch kerngesund waren, stehen auf einmal mit dem Rücken zur Wand. Es gibt also Grund genug, wütend zu sein. Und es ist auch kein Wunder, dass diese Debatte in den Medien sehr emotional geführt wird. In so einer Situation, in der die Emotionen hochkochen, ist es wichtig, dass wir als Handwerksorganisation einen kühlen Kopf bewahren. Es hilft unseren Betrieben nicht, wenn wir anfangen, Politiker zu beschimpfen oder offene Briefe zu verschicken – auch wenn wir dafür vielleicht Beifall bekämen. Wir setzen auf den konstruktiven Dialog, auf sachorientierte Gesprä che auf allen Ebenen, in denen wir die Nöte und Sorgen unserer Betriebe schildern und entsprechende Hilfen einfordern. Auf Lan desebene übernimmt diese Aufgabe für uns die Landesvertretung der Handwerkskammern Niedersachsens. Ihre Hauptgeschäftsführerin, Dr. Hildegard Sander, trägt die Interessen des Handwerks in die Besprechungen mit der Landesregierung und hat so zum Beispiel in der Coronapandemie viel für die Friseur- und Kosmetikbetriebe erreicht. Auch in der jetzigen Krise hat sie einen kurzen Draht zur Politik. Von ihrem Einsatz berichtet sie in dieser Ausgabe. Auch wenn also nicht alles immer nach außen dringt, so passiert hinter
den Kulissen doch mehr, als es manchmal scheint. Und dabei geht es nicht um warme Socken und kaltes Duschen. Es geht um den Erhalt von Arbeits- und Ausbildungsplätzen. Es geht um die Existenz unserer Handwerksbetriebe und der Menschen, die davon leben. Und es geht um den Erhalt unseres sozialen und gesellschaftlichen Gleichgewichts. Das alles erreichen wir aber nicht mit Beschimp fungen, Drohungen und Schuldzuweisungen. Das schaffen wir nur mit besonnenem Verhalten, mit sachlichen Auseinandersetzungen und vor allem mit dem gemeinsamen Ziel, unser Land so gut wie möglich durch diese Krise zu bringen.
Viel Spaß beim Lesen wünscht Ihnen Ihr Eckhard Sudmeyer, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Braunschweig-Lüneburg-StadeAUS DER HANDWERKSKAMMER
„DieZeitdrängt“
Lage im Handwerk auch Thema Nummer 1 beim Ginkgofest der Kammer
SingengegendieSorgen
Wie die Betriebe mit der Krise umgehen
GrundzumFeiern
Wiegand wird 100 Jahre alt
BierbrauenunterFreunden
Stebner füllt Leidenschaft in Flaschen
DigitalesLernen
Digitale Lernangebote werden immer wichtiger
Energieversorger verlangt 50 Prozent Anzahlung – und ist kein Einzelfall
NeunfacheEnergiekosten?
Caterina Künne im Interview
Kostenrauf,Umsatzrunter
haben in Betrieben nachgefragt, wie sie die gegenwärtige Lage einschätzen
WasKundenwirklichwollen
legen Kunden vom Land wert?
Urteil:ArbeitszeiterfassungistPflicht
Ansage vom BAG. Aber sollten Unternehmer jetzt sofort handeln?
VorsichtvorDiskriminierung Worauf Sie bei Stellenausschreibungen und Bewerbungsverfahren achten sollten
WenigerFehler,wenigerKonflikte Theresa Lange setzt auf offene Gespräche BETRIEB
SoentlastenSieIhrTeam
Mitarbeitenden bei den Tankkosten helfen
Marketing-Booster
starke Ideen als Inspiration
Denschnapp‘ichmir...
bei der Tat erwischt – was ist erlaubt?
Betriebshund–eineguteIdee?
Betriebe berichten, wie sich ihre Kollegen mit vier Pfoten im Alltag schlagen
Pflichtangaben
Künne ist Chefin einer
Als
Und
Präsident Detlef Bade (v. links), ZDH-Präsident Hans Peter Wollseifer und Hauptgeschäftsführer Eckhard Sudmeyer.
ZDH-Präsident Hans Peter Wollseifer und Kammerpräsident Detlef Bade fordern schnelle Unterstützung.
VON SANDRA JUTSCHUnter dem Zeichen der angespannten Lage im Handwerk stand in diesem Jahr auch das Ginkgofest der Hand werkskammer Braunschweig-Lüne burg-Stade. Hans Peter Wollseifer, Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks, berich tete von den Ergebnissen einer aktuellen Betriebsumfrage: „Eine deutliche Mehrheit, nämlich 60 Prozent der Handwerksbetriebe, ist von Umsatzausfällen betroffen, die direkt oder indirekt auf den Ukraine-Krieg zurückzuführen sind. Im Mittel sind etwa 19 Prozent des erwarteten Umsatzes im bisherigen Kalenderjahr verloren gegangen.“
Wollseifer nannte auch die Forderungen der Handwerksorganisation an die Politik: „Schon seit Wochen dringen wir als Handwerksorganisation darauf, das Energiekostendämpfungsprogramm für energieintensive Handwerksbetriebe zu öffnen. Es ist daher ein richtiger und wichtiger Schritt, dass die Bundesregierung endlich angekündigt hat, dieses Programm branchenübergreifend für energieinten
„Wenn nicht bald etwas passiert, kann es für viele Betriebe, insbesondere die energieintensiven, zu spät sein.“
Detlef Bade, Präsident der Handwerkskammer Braunschweig-Lüneburg-Stade
sive und besonders betroffene Betriebe zu öffnen. Doch nun kommt es darauf an, dass es nicht bei einer Ankündigung bleibt, sondern diese Härte fallhilfe schnell so umgesetzt wird, dass betroffene Betriebe sie in diesem und im kommenden Jahr nutzen können.“
Auch Detlef Bade, Präsident der Handwerks kammer Braunschweig-Lüneburg-Stade, bestätigte den Ernst der Lage. „Wir nutzen im Moment jede Gelegenheit, um auf die Sorgen des Handwerks aufmerksam zu machen, auch das Ginkgofest“, sagte Bade. „Gemeinsam mit den anwesenden Handwerksvertretern aus unseren Gremien und Betrieben werden wir uns bei den Multiplikato ren aus Politik und Verwaltung für unterstützende Maßnahmen einsetzen und ihnen die aktuelle Situation im Handwerk aus erster Hand schildern.“
Detlef Bade mahnte auch an, dass nun schnellstmöglich Taten folgen müssten. „Wenn nicht bald etwas passiert, kann es für viele Betriebe, insbesondere die energieintensiven, zu spät sein. Die Zeit drängt.“ W
Die Energiekostenbelastung, die Lieferkettenprobleme und die Zukunft der dualen Berufsaus bildung standen im Vordergrund der politischen Gespräche zwischen Hand werkern und Abgeordneten in Lüneburg und Wolfsburg. Energieintensive Handwerksbe triebe wie Bäckereien oder Textilreiniger dürften bei den Entlastungspaketen nicht vergessen werden, so die Forderung an die Parlamentarier. Lieferverzögerungen bei Wärmepumpen und Wechselrichtern für Solaranlagen würden die Handwerksbe triebe aktuell bei der Umsetzung der Ener giewende ausbremsen. Hinzu kämen auch für kleine und mittlere Betriebe zusätzliche bürokratische Belastungen, da Auftraggeber Lieferkettennachweise durchreichen wür den. Im Rahmen der sogenannten Bildungs wende forderten die Handwerksvertreter mehr Wertschätzung für die duale Ausbil dung ein. Konkret seien mehr Berufsorien tierung an den Schulen, eine faire Lastenver teilung bei der überbetrieblichen Ausbildung und eine Gleichwertigkeit von Master und Meister erforderlich. Außerdem müsse eine hohe Qualität der Ausbildung an den Berufs schulen und die Finanzierung der Überbe
trieblichen Lehrlingsunterweisung (ÜLU) vor dem Hintergrund der ansteigenden Energiepreise nachhaltig gesichert werden.
Auf Einladung der Handwerkskam mer Braunschweig-Lüneburg-Stade, der IHK Lüneburg-Wolfsburg und regionaler Verbände kamen rund 40 Gäste aus der Region Lüneburg zum 19. Parlamentarischen Abend der Wirtschaft auf Gut Bardenhagen
zusammen. Die Unternehmer verschiede ner Branchen nutzten den Abend, um ihre Anliegen direkt mit den Bundestagsabge ordneten Michael Grosse-Brömer (CDU) und Anja Schulz (FDP) zu diskutieren. Aus dem Niedersächsischen Landtag nahmen die SPD-Abgeordnete Andrea Schröder-Eh lers und der Grünen-Abgeordnete Detlev Schulz-Hendel teil. In Wolfsburg nutzten rund 45 Unternehmerinnen und Unterneh mer die Gelegenheit, ihre Anliegen direkt mit der Politik zu besprechen. Mit dabei waren der Bundestagsabgeordnete Victor Perli (Die Linke) sowie die Landtagsabge ordneten Stefan Birkner (FDP), Christoph Bratmann(SPD), Gerald Heere (Bündnis 90/Die Grünen) und Oliver Schatta (CDU), der auch Kreishandwerksmeister in Braun schweig ist. W
Insbesondere die duale Berufsausbildung wurde viel diskutiert.
Das VW-Werk im Hintergrund: Die Wandergesellen in Wolfsburg.
Handwerkskammerpräsident Detlef Bade (fünfter von links) und Wolfsburgs Oberbürgermeister Dennis Weilmann (achter von rechts) begrüßten Mitte September die Gesellschaft der rechtschaffenen
fremden und einheimischen Maurer- und Steinhauergesellen auf dem Klieversberg bei Wolfsburg. „Wo Begegnung ist, da wächst Verständnis und damit die Chance zum Frieden“, lobt Detlef Bade
die globale Wanderschaft der Gesellen. Maurermeister Velten Huhnholz (Mitte) war selbst weltweit unterwegs – unter anderem in den USA und Australien – und ist Funktionär für das Netzwerk
Eine „Druckkündigung“ ermöglicht dem Arbeitgeber die Kündigung eines Arbeit nehmers ohne Vorliegen verhaltens- oder personen bedingter Gründe, wie sie das Kündigungsschutzgesetz verlangt. Die Vorausset zungen an diese Kündigung sind allerdings sehr streng: Der Druck, der den Arbeit geber zum Ausspruch einer Kündigung bewegt, muss von Dritten wie zum Beispiel Kollegen ausgeübt werden, die die Entlassung eines bestimmten Kollegen fordern und anderenfalls mit Eigen kündigungen drohen. Das Arbeitsgericht Nordhausen (Urteil vom 13.07.2022, Az.: 2 Ca 199/22) musste entschei den, ob ein solcher Druck in jedem Fall eine fristlose oder fristgemäße Kündigung gemäß § 626 BGB rechtferti gen kann.
Der Fall: Über eine
Kita-Leiterin kam es im Sep tember 2021 zu Beschwerden aus dem Team der Erzieher bei deren städtischem Arbeitgeber. Dieser führte zunächst ein Per sonalgespräch und veranstal tete einen Team-Workshop; ein darauf folgender Mediati onsversuch wurde ohne Erfolg abgebrochen. Anschließend führte der Arbeitgeber eine schriftliche Befragung unter den Teammitgliedern durch mit der Bitte, in Anbetracht der vorangegangenen Konflikte das Fehlverhalten der Kita-Lei terin zu benennen. Im März 2022 kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise fristgemäß.
Zu Unrecht, so das Arbeitsgericht Nordhausen und ließ die Begründung des Arbeitgebers, die Team mitglieder hätten massiven Druck ausgeübt und zu einem erheblichen Teil mit Eigenkün digung gedroht, nicht gelten.
Denn Voraussetzung für den Ausspruch einer Druckkün digung sei stets, dass sich der Arbeitgeber zunächst schützend vor den Arbeit nehmer stellt. Nur wenn auf diese Weise die Drohung nicht abgewendet werden kann und bei der Verwirklichung der Drohung schwere wirt schaftliche Schäden für den Arbeitgeber drohen würden, sei eine Druckkündigung sozial gerechtfertigt. Im zu entschei denden Fall sah das Gericht in diesem Punkt Versäumnisse im Verhalten des Arbeitgebers. Die zunächst durchgeführten Gespräche und eine geschei terte Mediation führen nach Auffassung des Gerichts zu keiner anderen rechtlichen Bewertung. Denn diese Maß nahmen hätten vor den Eigen kündigungsandrohnungen der anderen Mitarbeitenden statt gefunden. Die Rechtsprechung fordere dagegen ein „schüt
in Wolfsburg. Das Treffen in Wolfsburg ist eine Besonderheit, denn normalerweise tagen die „Rechtschaffenen“ in größeren Städten wie beispielsweise Hamburg oder Berlin.
zend vor den Arbeitnehmer Stellen“ zeitlich nach den erfolgten Drohungen. Zudem habe die suggestive Fragen beinhaltende Umfrage bei den Mitarbeitenden diese möglicherweise zu Eigenkün digungsandrohungen moti viert. Ein „wichtiger Grund“ im Sinne des § 626 BGB für den Ausspruch einer fristlo sen Kündigung liege ebenso wie eine soziale Rechtferti gung der Kündigung nach § 1 Abs. 2 KSchG nicht vor; der Arbeitgeber wurde im Ergeb nis zur Weiterbeschäftigung der Kita-Leiterin verurteilt.
Die Velpker Kindertagesstätte „Lummerland“ ist Landessieger beim Kita-Wettbewerb des Handwerks. Unter dem Motto „Kleine Hände, große Zukunft“ kamen Erzieherinnen und Erzieher mit Handwerksbetrieben zusammen, um Kindern zwischen drei und sechs Jahren Einblicke in die Vielfalt des Handwerks zu ermöglichen. Die gesammelten Eindrücke und Erfahrungen verarbeiteten die kleinen Handwerker in der Kita auf einem kreativen Poster, mit dem sie sich im Frühjahr bei dem Wettbewerb beworben haben. Eine Expertenjury mit Vertretern aus Handwerk und Frühpädagogik hat nun die schönsten und einfallsreichsten Arbeiten ausgewählt und insgesamt zehn Landessieger gekürt. Für Niedersachsen holte sich die Kita „Lummerland“ den Sieg und darf sich über ein Preisgeld von 500 Euro für ein Kita-Fest oder einen Projekttag zum Thema Handwerk freuen. Als Motiv für das Wettbewerbsposter haben die Kinder den Holzkreislauf gewählt: Es stellt das Leben der Bäume vom Ursprung bis zur Verarbeitung dar.
Die einzelnen Stationen haben die Kinder unter Berücksichtigung der Corona-Maßnahmen besucht. Eine davon war die Velp ker Tischlerei Meyer & Comp. GmbH, wo die Kinder unter der Anleitung von echten Handwerkern eigene Blumentöpfe aus Holz bauen durften. „Der Besuch beim Tischler hat die Kinder begeistert,“ sagt Erzieherin Doris Abraham, Initiatorin des
Projekts in der Kita. „Mit ihren eigenen Händen etwas zu schaffen, das Bestand hat, macht sie einfach glücklich.“ Finley (5) sieht das auch so: „Es hat richtig Spaß gemacht, etwas selber zu bauen.“ „Wir freuen uns über den Landessieger aus unserer Region und das große Engagement der Kita für das Handwerk“, sagt Detlef Bade, Präsident der Handwerkskammer Braunschweig-Lüneburg-Stade.
„Die intensive Beschäftigung mit dem Handwerk im Betrieb und in der Kita bietet Kindern spannende Erlebnisse, die ihre natürliche Neugier wecken. Gerade in unserer digitalisierten und akademisierten Welt legt diese Erfahrung einen Grundstein für ein positives Handwerksbild.“
Die Handwerkskammer hat Doris Abraham den Schmuckscheck über 500 Euro persönlich überreicht und die kleinen Nachwuchskräfte mit einem großen Bilderbuch über Handwerksberufe sowie Malbüchern überrascht.
Der Wettbewerb ist eine Initiative der Aktion Modernes Handwerk e.V. (AMH) und wird von Handwerkskammern, Kreishandwerkerschaften und Innungen bundesweit durchgeführt. Die 10. Wettbewerbsrunde wird im Oktober starten.
Mehr Infos für interessierte Kitas und Handwerksbetriebe: www.amh-online.de/ kita-wettbewerb
Die UnternehmerFrauen im Handwerk Arbeitskreis Uelzen/Lüchow-Dannenberg e. V. haben eine neue erste Vorsitzende gewählt. Brigitte Redlin folgt auf Tanja Neumann und ist für den Dachdeckerbetrieb Bade Dächer aus Bad Bevensen in der Personalverwaltung, im Büromanagement und als Kaufmännische Ausbilderin tätig. Für den Vorstand stehe nun viel Arbeit an, denn der Arbeitskreis Bad Bevensen richtet im Februar 2023 die Landesverbandstagung Niedersachsen aus. Die Unternehmerfrauen im Handwerk organisieren zudem fachspezifische Seminare, Vorträge und Workshops und setzen sich für die Anerkennung der Leistung von Unternehmerinnen und Unternehmerfrauen im Handwerk ein.
Weitere Informationen: www.ufh-uld.de
„Jedes Gramm kommt an“ heißt es im eigens komponierten Song der Bäckerei Hacke in Ahnsen. Die Bäckerei kämpft mit Preissteigerungen wie auch viele andere Handwerksbetriebe. Textilreinigung Kaiser aus Goslar sieht ebenfalls besorgt in die Zukunft und auch die Braunschweiger Konditorei Haertle hofft auf Maßnahmen.
Um auf die Not vieler Handwerksbetriebe aufmerksam zu machen, hat Bäcker meister Torsten Hacke einen eigenen Song für die sozialen Netzwerke komponieren lassen. Der Songtext fasst die Belastungen zusammen, die besonders die Lebensmittelhand werke zurzeit schwer beschäftigen: „Sorgen bereiten der Fachkräftemangel, die steigenden Rohstoff- und Energiepreise, Discounter- und Billigwaren“, erklärt der Betriebsinhaber der Bäckerei Hacke aus Ahnsen, mit Filiale in Meinersen. In den vergangenen Mona ten habe er bereits zehn Prozent seiner Kunden verloren. „Ich habe leider keine Wahl als die Preise zu erhöhen“, erklärt der Bäckermeister. Die Roh stoffpreise steigen laut Hacke unaufhörlich. Zucker, Saaten, Rapsöl und Butter kosten seit März bis zu 100 Prozent mehr. „Im Oktober steigt der Mehlpreis noch einmal um 60 Prozent“, sagt er. Das Sortiment habe er schon stark verknappt. Der Elektroofen in der Meinerser Filiale sei stillgelegt. Der große Gaso fen laufe anstatt fünfzehn nur noch dreimal am Tag. Denn die Entwicklung der Gaspreise bereitet eben falls große Sorgen: „Das Gas kostet bereits doppelt so viel, die Strompreisentwicklung ist noch nicht abzusehen.“ Torsten Hacke beschäftigt in seinem Familienbetrieb in vierter Generation 26 Mitarbei tende. Zusammen mit der Lohnkostenerhöhung komme er auf etwa 130.000 Euro Mehrkosten im Jahr. „Meine Rücklagen sind bald aufgebraucht, wir brauchen Hilfe“, appelliert der 56-Jährige.
„Sorgen bereiten der Fachkräftemangel, die steigenden Rohstoff- und Energiepreise, Discounterund Billigwaren.“
Torsten Hacke, Betriebsinhaber der Bäckerei Hacke
Die Musiker David Dewald, Mik Keil, Hannes Hacke und Joey Becker haben gemeinsam den Song für Bäcker Hacke produziert und aufgenommen. Die Auftragsproduktion des Betriebs soll auf die schwierige Lage der kleinen Handwerksbäckereien, aber auch auf die allumfassenden Sorgen im Handwerk aufmerksam machen. Der Songtext „trifft genau ins Schwarze“, wie es bei Instagram @hacketorsten heißt.
QR-Code scannen und Youtube-Video „Jedes Gramm kommt an“ anschauen: www.hwk-bls.de/JedesGramm
Die Textilreinigung Kaiser GmbH ist laut Inhaber Wolfgang Kaiser zurzeit noch durch den auslaufenden Jahresvertrag mit dem ansässigen Energieversorger geschützt. „Wie sich die Energiekostensteigerung genau auswirken wird, wissen wir erst zum Januar“, sagt der Textilreinigermeister. Im Goslarschen Betrieb werden pro Stunde etwa zwei Tonnen Wäsche gewaschen und auch wieder getrocknet. Die Bettwäsche und Handtücher seien insbesondere für Altenheime, Krankenhäuser und Hotels. Aber auch Berufskleidung und Leihwäsche werden in der Kaiser GmbH gereinigt. „Die Wäsche muss bei Temperaturen von 85 bis 90 Grad Celsius gewaschen werden. Für den gesamten Waschvorgang werden 600.000 Kilowattstunden im Monat benö tigt“, erklärt Wolfang Kaiser. Es seien aber nicht nur die steigenden Energiekosten, die den Betriebsinhaber sorgen. Die Baum wollpreise seien ebenfalls explodiert. Somit haben sich die Kosten für die Leihwäsche verdoppelt. „Wir haben keine andere Wahl, als die steigenden Kosten an den Kunden weiterzugeben“, sagt Kaiser. Durch die Coronapandemie hatte der Betrieb bereits hohe Einbußen: „Das darf sich nicht wie derholen“, betont der Meister.
Textauszug aus dem Song „Jedes Gramm kommt an“
In der Textilreinigung von Wolfgang Kaiser werden pro Stunde zwei Tonnen Wäsche gewaschen.
„Wir haben keine andere Wahl, als die steigenden Kosten an den Kunden weiterzugeben.“
„... von deinem Bäcker nebenan.
Alles hört zu. Lass Discounter einfach mal weg. Und jedes Gramm kommt an. Alles hört zu. Und gebt den Jungs, die Teig kneten, eure Moneten...“
Vierzig Prozent weniger Umsatz als noch im Jahr 2019 verzeichnet die Konditorei Haertle in Braunschweig. „Erst mussten wir wegen der Pandemie schließen, dann hatten wir sehr hohe Auflagen für die Widereröffnung unseres Cafés und nun steigen fast alle benötigten Rohstoffund Energiepreise immens“, beschreibt Michael Haertle die Situation. Etwa 100 Torten werden in der Backstube täglich hergestellt: Käse-Sahne, Erdbeertorte, Schwarzwälder-Kirsch oder die Haert le-Spezial-Torte mit Früchten und Scho kosoße stehen zum Verkauf. Noch musste der Betriebsinhaber keine Sortiments kürzungen vornehmen. „Die Herstellung besonders aufwändiger Torten werden wir allerdings einstellen müssen, sollten die Kosten weiterhin so stark steigen“, erklärt
WENIGER Umsatz als noch im Jahr 2019.
Michael Haertle. Der Preis für Butter und Sahne sei um 100 Prozent gestiegen. „Dazu kommen die anziehenden Perso nalkosten“, sagt der 56-Jährige. 38 Mit arbeitende zählt die Konditorei zurzeit. Vakante Stellen werden laut Betriebsinha ber nicht wiederbesetzt. „Es ist zu unge wiss, was noch alles auf uns zukommt“, erklärt er. W
„Erst mussten wir wegen der Pandemie schließen, dann hatten wir sehr hohe Auflagen für die Wiedereröffnung unseres Cafés und nun steigen fast alle benötigten Rohstoff- und Energiepreise immens.“
Michael Haertle, Betriebsinhaber der Konditorei HaertleEventuell muss das Sortiment gekürzt werden: Michael Haertle (rechts) und sein Sohn.
Frau Dr. Sander, Sie vertreten die Interessen des Handwerks auf Landesebene - auch, wenn es um die Energiekrise geht. Was heißt das konkret? Telefonieren Sie mit dem niedersächsischen Wirtschaftsminister und schildern ihm die Probleme des Handwerks?
» Dr. Hildgard Sander: Wir stehen im intensiven Austausch mit Wirtschaftsminister Althusmann, Umweltminister Lies und den Fachebenen in den Ministerien. In den regelmäßig tagenden Run den der Staatskanzlei unter Leitung des Ministerpräsidenten Weil machen wir die Herausforderungen für das Handwerk sehr deutlich – auch gemeinsam mit der Verbandsseite. Die Politik weiß genau, wie stark unsere Betriebe belastet sind. Wir haben alle Hebel in Bewe gung gesetzt, um auf die explodierenden Energiepreise aufmerksam zu machen. Dabei nutzen wir mit Unterstützung der Handwerkskam mern auch direkte Betriebsbefragungen und machen diese öffentlich.
Teilen Sie den Eindruck, dass das Handwerk bei den bisherigen Maßnahmen und Entlastungen nicht genug berücksichtigt wurde?
» Dr. Hildgard Sander: Bis vor kurzem – ja. Fakt war: Das einzige Zuschussprogramm, was bislang energieintensive Unternehmen unterstützt, war das bundesweite Energiekostendämpfungspro gramm. Die Rahmenbedingungen dieses Programmes haben das Handwerk bis dato weitestgehend unberücksichtigt gelassen. Dies lag vor allem an den Grundvoraussetzungen einer Förderung: Die Zuge hörigkeit zu einer energie- und handelsintensiven Branche gemäß KUEBLL-Anhang (Leitlinien für Klima-, Umweltschutz- und Ener giebeihilfen), der das Handwerk nicht angemessen erfasst. Dafür habe ich kein Verständnis und habe das auch geäußert.
Am 28. September wurde nun seitens des Bundes ein wirt schaftlicher „Abwehrschirm“ angekündigt, der auch Handwerks betriebe entlasten soll. Darin ist u.a. die Einführung einer Stromund Gaspreisbremse vorgesehen. Zusätzlich sind Härtefallhilfen für betroffene Betriebe geplant. Noch ist aber vieles unklar, sodass wir die Entwicklung im Auge behalten und weiterhin auf die Berücksich tigung besonders belasteter Handwerksbetriebe hinwirken werden.
Welche Ziele stehen für Sie mit Blick auf die Energiekrise bei Ihren Gesprächen mit der Landesregierung im Vordergrund? Wofür treten Sie ein?
» Dr. Hildgard Sander: Priorität für uns hat nun die schnelle, direkte
»
Dr. Hildegard Sander, Hauptgeschäftsführerin der Landesvertretung der Handwerkskammern Niedersachsen (LHN)
und unbürokratische Umsetzung der im Rahmen des Abwehrschirms der Bundesregierung angekündigten Maßnahmen. Das bedeutet, dass vor allem die Energiepreise für die Betriebe wieder auf einem bezahlbaren Level liegen müssen. Energieintensive Betriebe dürfen durch die hohen Energiekosten nicht in eine existenzbedrohende Notlage gebracht werden.
Es steht natürlich außer Frage, dass der Verbrauch für Gas sowie für Strom in einer gemeinsamen Anstrengung auch von den Betrieben gesenkt werden muss. Hierzu ist es maßgeblich, dass alle zur Verfügung stehenden Instrumente genutzt und von der Politik unterstützt werden. Dazu zählen zum Beispiel Energiebe ratungen für die Betriebe seitens der Kammern und Verbände. Das Umweltministerium hat uns gegenüber bereits Interesse an einem Gespräch dazu signalisiert.
Trotz der aktuellen Probleme müssen wir aber auch an der weiteren Verbesserung der Rahmenbedingungen für alle Betriebe arbeiten. Wir haben auf Landesebene einiges erreicht, wie etwa die verbesserte ÜLU-Förderung, die Meistergründungs- und Anerkennungsprämie, die Innovationsförderung oder auch die Nachfolgemoderation.
Diese Gespräche laufen ja weitgehend hinter den Kulissen, sodass viele Handwerker gar nicht wissen, dass ihre Interessen sehr wohl vertreten werden. Was passiert sonst noch, was nicht nach außen dringt - gibt es weitere Arbeitskreise oder Initiativen, die sich mit der Energiekrise beschäftigen und an denen Sie für das Handwerk beteiligt sind?
Dr. Hildgard Sander: Seit dem Sommer beteiligen wir uns intensiv an den von der Staatskanzlei eingerichteten Arbeitsgruppen zur Bewältigung der Energiekrise. Dies hat politischen Druck mit Blick auf den angekündigten Abwehrschirm auch für die Bundesebene erzeugt. Zum Beispiel hat das Land Niedersachsen im August eine Bundesratsinitiative auf den Weg gebracht, in dem ein niedrigschwel liges, branchenoffenes Zuschussprogramm mit einer Förderung von bis zu 500.000 Euro je betroffenem Unternehmen vorgeschlagen wurde. Gleichzeitig hat die niedersächsische Staatskanzlei im Rah men der Kampagne „Gemeinsam durch die Energiekrise“ auf die Notwendigkeit von regionalen Härtefallfonds hingewiesen. Wir erwarten, dass Bund und Land sich vertrauensbildend zusammen finden und für die Betriebe schnell handeln.
100 Jahre Autohaus Wiegand in Schöppenstedt – als freie Werkstatt in die Zukunft.
VON CHRISTIANE BARTELSie war eine der ersten Frauen, die im Kraftfahrzeuggewerbe die Meister schule in Niedersachsen absolviert hat: Andrea Wiegand hatte an der Abendschule gelernt und bestand 1987 die Prüfung zur Kraftfahrzeugmechanikermeis terin. „Das war damals noch eine größere Besonderheit als heute“, sagt die Handwer kerin. Für sie hatte dieser Beruf aber nie zur Diskussion gestanden. Ihre Eltern führten die Autowerkstatt Wie gand in Schöppenstedt, so wie vor ihnen die Großeltern. „Ich bin in der Werkstatt aufgewachsen und früh an die Autos her angeführt worden“, sagt Andrea Wiegand. Nach der Schule habe sie im elterlichen Betrieb gelernt und ihn 1991 schließlich übernommen. Damals war der Betrieb noch Vertragswerkstatt von Volkswagen. Nach einer Umstruk turierung endete der Werkstattvertrag und seit 1998 führt Andrea Wiegand den Betrieb als freie Werkstatt weiter. „Wir reparie ren alle Marken, genauso wie Motorräder und Trecker“, erzählt sie. Die Meisterin beschäftigt sieben Angestellte, darunter zwei Auszubildende.
Kinder, Günter Wiegand, lernte ebenfalls das Kraftfahrzeugmechanikerhandwerk und übernahm die Werkstatt später. 1961 zog der Betrieb von der Braunschweiger Straße in die Neue Straße um, um dem gestiege nen Platzbedarf Rechnung zu tragen. Um technisch auf dem neuesten Stand zu sein, wurde stetig in den Betrieb investiert. Auch ein Autohaus mit Neuwagenverkauf gehörte damals dazu – heute ist es verpachtet.
Die Handwerkskammer Braunschweig-Lüneburg-Stade gratuliert zum Jubiläum und wünscht weiterhin viel Erfolg:
Andrea Wiegand, Geschäftsführerin und eine der ersten Frauen, die 1987 im Kraftfahrzeuggewerbe die Meisterschule in Niedersachsen absolviert hat.
Wer auf dem Werk stattgelände nicht fehlen darf, sind Andrea Wie gands Hunde. Ein bis zwei Hunde begleiten sie und eine Mitarbeiterin eigentlich immer im Büro. Neben dem Gebäude befinden sich dann noch Zwinger mit ihren zahl reichen Europäischen Schlittenhunden. „Mein Hobby sind Schlitten hunderennen“, erzählt Andrea Wiegand. Dazu fährt sie mit ihren Hun den in den Harz oder nach Schweden. Trainiert wird unter anderem im nahen Gelände. „Die Hunde müs sen richtig rennen und am besten auf Erde oder Sand.“ Ihr Vorteil sei, dass sie dabei den Kopf frei bekomme.
Gegründet wurde die Werkstatt für Autos und Motorräder am 18. September 1922 von Georg Wiegand. Eines seiner vier
Wie es mit dem Betrieb weitergeht, steht noch nicht fest. „Erstmal feiern wir mit unseren Kunden das 100-jährige Jubiläum.“ Mittelfristig sei sie aber auf der Suche nach Jemandem, der in ihren Betrieb einsteigt, um ihn zu übernehmen. W
Eggers Landmaschinen GmbH & Co. KG, Suhlendorf, 10.02.2022
Kraftfahrzeugmechanikermeister Werner Kudla, Cremlingen, 11.07.2022
50-JÄHRIGE SELBSTSTÄNDIGKEIT
Kraftfahrzeugmechanikermeister Werner Kudla, Cremlingen, 11.07.2022
Friseurmeisterin Iris Schneider, Lüdersburg, 13.01.2022
Tischlermeister Bernd Horstmann, Tostedt, 03.07.2022
Tischlermeister Joachim-Christoph Inselmann, Tostedt, 20.09.2022
Ihr Betrieb feiert Jubiläum? Stellen Sie einen Antrag bei 25, 40, 50 oder 75 Jubeljahren auf eine Urkunde. Ab 100-jährigem Jubiläum oder einem Meisterjubiläum von 50 oder 60 Jahren möchte die Handwerkskammer darüber hinaus einen Artikel in Form eines Porträts im Norddeutschen Handwerk veröffentlichen, aber auch digital auf Homepage oder in Social-Media-Kanälen der Handwerkskammer berichten. Einige wichtige Informationen sind für die Antragsstellung einer Urkunde notwendig und können online über ein entsprechendes Formular übermittelt werden.
Web: www.hwk-bls.de/ehrungen
Mail: ehrungen@hwk-bls.de
Kraftfahrzeugmechanikermeister Werner Kudla, Cremlingen, 14.05.2021
Schornsteinfegermeister Helmut Klimsa, Apensen, 04.05.2022
„Das war damals noch eine größere Besonderheit als heute.“
In der Privatbrauerei Stebner wird seit 2019 die Leidenschaft zum Bier in Flaschen abgefüllt.
VON ASTRID BAUERFELDVier Freunde und ein Kasten Bier: So starteten Bastian Jonas, Robin Hepner, Malte Timmer mann und Jens Metzger in ihr Abenteuer Betriebsgründung und kauften 2019 die Stebner Privatbrauerei in Braun schweig. Inzwischen haben die vier viele Rezepte ausprobiert, das Angebot stets erweitert, in eine Abfüllanlage investiert, sie bieten Biertastings an und sind mit Schank wagen auf Events unterwegs. „Manchmal braucht man neben verlässlichen Partnern, Vertrauen und Startkapital einfach den nöti gen Mut“, erklärt Betriebsführer Bastian Jonas. Das Vorhaben eine Brauerei führen zu wollen, sei tatsächlich während eines Treffens unter Freunden mit einem Kasten Bier entstanden. Was jedoch zum Zeitpunkt der Gründung Ende 2019 niemand wissen konnte: Die weltweite Pandemie brachte im Folgejahr fast alles zum Erliegen. „Wir konn ten weder auf Events ausschenken noch Tas tings anbieten“, erinnert sich Robin Hepner. Zu dieser Zeit mussten staatliche Hilfen in
Anspruch genommen, aber insbesondere andere Ideen her und umgesetzt werden. Produktionsleiter Jens Metzger füllte also jede Flasche einzeln ab, damit das Craftbeer schnellstmöglich in den Handel kommen konnte. 60 Flaschen pro Stunde habe er damals inklusive Etikettierung geschafft. Die angeschaffte Anlage fülle heute 600 Stück ab. Ins Portfolio wurde zusätzlich Gin auf genommen, auch ein Weihnachtsbier gibt es im Angebot. „Unsere Biertastings sind lange im Voraus ausgebucht“, sagt Bastian Jonas. Aber dabei wollen es die Freunde nicht belassen: Als Zehnjahresplan haben sie sich vorgenommen, weitere lukrative Handelspartner zu finden, zwanzig Mit arbeitende zu beschäftigen und mit ent sprechenden Weiterbildungen auch aus bildungsberechtigt zu werden. „An Ideen und Konzepten für die Zukunft mangelt es uns nicht“, betont Robin Hepner. W
„Manchmal braucht man neben verlässlichen Partnern, Vertrauen und Startkapital einfach den nötigen Mut.“ Bastian Jonas, BetriebsführerFotos: Bauerfeld
Nicht zuletzt durch die Corona-Pandemie spielen digitale Lernangebote im Handwerk eine immer größere Rolle.
VON JESSICA RIECHERSE-Learning bietet gegenüber dem klassischen Präsenzunterricht vor allem mehr Flexibilität: Die Teilnahme am Unterricht ist von jedem Ort mit Internetzugang möglich. Das spart Zeit und Kosten für lange Anfahrtswege und ermöglicht eine bessere Vereinbarkeit mit dem Beruf und der Familie. Auch mit Blick auf die innerbetrieblichen Abläufe, lassen sich digitale Weiterbildungen in der Regel deutlich einfacher in den Arbeitsalltag integrieren.
Beim digitalen Lernen geht es aber nicht nur um eine Verlagerung des Unterrichts in den virtuellen Raum. Auch der klassische Präsenzunterricht lässt sich durch den Einsatz digitaler Tools weiterentwickeln und bietet Lehrkräften wie Lehrgangsteilnehmenden somit verbesserte Lehr- und Lernmöglichkeiten. Judith Kraus, Abteilungsleiterin Bildungsmarketing, gibt im Gespräch einen Ausblick, welche Chancen und Potenziale digitales Lernen bietet, für wen es sich eignet und welche Angebote die Handwerkskammer in diesem Bereich bietet.
Judith Kraus, Abteilungsleiterin Bildungsmarketing der Handwerkskammer Braunschweig-Lüneburg-Stade
» Judith Kraus: Neben der Zeit- und Kostenerspar nis, die gerade bei den mitunter langen Anfahrts wegen in unserem großen Kammerbezirk relevant ist, nutzen wir das digitale Lernmanagementsystem ILIAS, das viele weitere Vorteile bereithält: Es dient als Plattform, auf der sämtliche Unterrichtsmate rialien in digitaler Form bereitgestellt werden und bietet einen Raum, um sich mit den Lehrkräften und anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmern auszu tauschen. Zusätzlich bieten wir hierüber verschie dene Selbstlernmodule an, die die Teilnehmenden zeitunabhängig in Eigenregie absolvieren können. Das bietet nochmal mehr Flexibilität und Unter stützung beim Lernen.
Aber auch für Arbeitgeberinnen und Arbeitge ber bieten digitale Weiterbildungsangebote große Chancen. In der heutigen Zeit, in der das Thema Weiterbildung einen wichtigen Baustein mit Blick auf die Arbeitgeberattraktivität und Mitarbeiter bindung darstellt, können Betriebe diesen Anfor derungen leichter nachkommen: Die Teilnahme
an digitalen Kursen erfolgt in der Regel berufsbegleitend, also parallel zur eigentli chen Arbeit, und nimmt dank des Wegfalls der Anfahrtswege auch deutlich weniger Zeit in Anspruch. Unterm Strich bedeutet das für den Betrieb weniger Fehlzeiten bei gleichzeitig motivierten und qualifizierten Mitarbeitenden.
Im Handwerk spielt das praktische Arbeiten eine sehr wichtige Rolle. Wie lassen sich praktische Inhalte digital vermitteln?
» Judith Kraus: Im Bereich des E-Lear nings gibt es verschiedene Lernformen: Neben unseren Online-Kursen, die aus schließlich digital stattfinden, bieten wir mit unseren Blended Learning Kursen auch eine moderne, hybride Lernform an, die die Vorteile aus beiden Lernwelten – Digi tal- und Präsenzunterricht – miteinander kombiniert.
Bei Blended Learning findet der Großteil des Unterrichts zu festen Zeiten im digitalen Klassenzimmer statt. Um die Lehrgangsabschnitte abzurunden und die Praxisteile zu unterrichten, finden meist alle sechs bis acht Wochen einzelne Prä senztage oder auch Präsenzwochen in den Werkstätten unserer Technologiezentren statt. Wir legen also im digitalen Unterricht die theoretischen Grundlagen und vertiefen diese dann in unseren Praxisphasen in den Werkstätten.
Das heißt, es können beispielsweise auch Meistervorbereitungskurse in
» Judith Kraus: Auf jeden Fall! Ende August ist unser erster hybrider Meistervorberei tungslehrgang im Elektrohandwerk gestartet und ab 2024 möchten wir einen Meister vorbereitungslehrgang in diesem Format im Installateur- und Heizungsbauerhand werk durchführen. Dabei ist mir wichtig zu betonen, dass wir nicht einfach nur den Unterricht ins Digitale verlagern. Wir erarbeiten zusammen mit unserer Medien pädagogin Ricarda Heil und Frank Goeke als IT-Fachkraft sowie den Lehrkräften ein individuelles Unterrichtskonzept. Dabei liegt der Fokus auf der zielgruppen- und mediengerechten Aufbereitung der Inhalte. Um unsere Lehrkräfte bei dieser Transfor mation bestmöglich zu unterstützen, führen wir entsprechende Weiterbildungen in den Bereichen Methodik und Didaktik durch, damit schließlich alle fit für den digitalen Unterricht sind.
Wie wird sich das Thema digitales Lernen in der Handwerkskammer weiterentwickeln?
» Judith Kraus: Auf der einen Seite werden wir unsere digitalen Angebote im Fort- und Weiterbildungsbereich weiter ausbauen. Auf der anderen Seite werden wir den Einsatz digitaler Tools im Präsenzunterricht wei terentwickeln. Beispiele hierfür sind die Nutzung von VR-Brillen, die Einführung digitaler Klassenbücher oder die Bereit stellung der Skripte als beschreibbare PDF-Dateien. W
DER AUSBILDER*INNEN
07.11.2022 - 10.12.2022
Präsenz in Stade zzgl. Online 16.01.2023 - 24.03.2023 Online/Braunschweig
15.01.2024 - 05.04.2024 Online/Braunschweig 20.01.2025 - 28.03.2025 Online/Braunschweig
BETRIEBSWIRT*IN (HWO)
04.11.2022 - 27.09.2024
Überwiegend online zzgl. Präsenz in Hamburg
14.04.2023 - 14.03.2025
Überwiegend online zzgl. Präsenz in Osnabrück
GEPRÜFTE*R FACHMANN*FRAU
FÜR KAUFMÄNNISCHE BETRIEBSFÜHRUNG (HWO) 15.04.2024 - 08.11.2024 Online/Braunschweig
GEPRÜFTE*R KAUFMÄNNISCHE*R FACHWIRT*IN (HWO) 17.12.2022 - 12.01.2024
Überwiegend Online zzgl. Präsenz in Stade
ELEKTROTECHNIKER*IN
SCHWERPUNKT ENERGIE- UND GEBÄUDETECHNIK TEILE I UND II DUAL
03.06.2024 - 31.03.2027 Online/Braunschweig
Ansprechpartner in Braunschweig: Holger Holz - van Hettinga Tel. 0531 1201-413
Ansprechpartner in Lüneburg: Thorsten Lange Tel. 04131 712-453
Stade:
MEISTERVORBEREITUNG INSTALLATEUR- UND HEIZUNGSBAUERHANDWERK TEILE I UND II
17.05.2024 - 20.03.2027 Online/Braunschweig
Weitere Lehrgänge sind laufend in Planung www.hwk-bls.de/elearning
Anfang August hat Hermann Strathmann einen neuen Liefervertrag für Strom geschlossen, mit der Enercity AG in Hannover, seinem langjährigen Versor ger. Die Laufzeit: zwei Jahre. Der Preis: 300.000 Euro pro Jahr, das Dreifache der bisherigen Kosten.
Dennoch hatte das Angebot für ihn einen Vor teil: „Das ist ein Festpreis, mit dem ich zwei Jahre kalkulieren kann“, sagt Strathmann, Chef der Uhe Feinmechanik GmbH im niedersächsischen Hem mingen. Nur einen Haken gab es: Das Unternehmen sollte eine Anzahlung leisten – 150.000 Euro sofort auf ein Enercity-Konto, für Lieferungen ab 2023.
In Versorgungssicherheit investiert Strathmann hat die 150.000 Euro überwiesen. „Sonst hätte ich diese Konditionen nicht bekom men“, berichtet er. Und ohne Strom für die Metall bearbeitung läuft wenig in dem 36-Mann-Betrieb. Eigentlich wollte Strathmann von dem Geld eine neue Maschine anschaffen. Nun hat er den Betrag in seine Versorgungssicherheit investiert.
„Ich kann Enercity sogar verstehen“, sagt der Unter nehmer. „Die Versorger müssen beim Stromeinkauf in Vorleistung gehen, das führt aktuell bestimmt zu Liquiditätsproblemen.“ Dennoch mache er sich Sor gen: „Was machen andere Handwerksunternehmen,
„Mit diesem Preis kann ich planen. Und ich kann ihn wahrscheinlich weitergeben.“ Hermann Strathmann, Unternehmer
die keine Rücklagen haben? Die Kollegen sollten wissen, dass das auf sie zukommen kann.“
Tatsächlich ist die Uhe GmbH kein Einzelfall: Mal geht es um die Stromversorgung, mal um Gas lieferungen, mal um 20 Prozent, mal um 50 Prozent. Das Gewerk scheint dabei keine Rolle zu spielen. Die Enercity AG begründet Anzahlungen von 50 Prozent so: Der Versorger müsse „enorme Geldsummen zur Risikoabsicherung vorhalten und bis zur Belieferung binden“, schreibt das Unternehmen in einer Stel lungnahme. Welche Kunden solche Anzahlungen leisten müssen, „hängt vom Beschaffungsmodell ab“. Die Kunden hätten die Wahl: Bei Festpreisverträgen würden Anzahlungen sofort fällig, bei sogenannten „Tranchenverträgen“ erst bei Order der Tranchen. Nur bei kurzfristigen Spotmarktverträgen gebe es keine Anzahlung. Bei Spotmarktverträgen gibt es aber auch keine garantierten Preise.
Energieexperte: „Es ist legal“ „Enercity ist nicht der einzige Versorger, der das macht, und es ist legal“, berichtet indes FrankPeter Ahlers, Umweltberater und Energieexperte der Handwerkskammer Hannover. „Wir reden bei Sonderverträgen von Geschäftsbeziehungen zwi schen Unternehmen. Da besteht im Grundsatz Ver tragsfreiheit.“ Für die betroffenen Betriebe bedeutet das, „jeder Unternehmer muss selbst entscheiden, welche Konditionen und Risiken er eingeht“.
Alternativen für den Notfall: Grund- und Ersatzversorgung
Ahlers weiß, dass solche Risiken für Handwerks betriebe derzeit sehr schwer zu kalkulieren sind. Doch zumindest gebe es noch Alternativen, betont der Berater, „auch wenn sie nicht attraktiv sind“. Er spricht von dem Ausweg, der allen Handwerks betrieben offensteht, wenn sonst nichts mehr geht: die Grund- und Ersatzversorgung.
Die Grundversorgung gebe es für Betriebe mit einem Verbrauch von maximal 10.000 Kilowatt
Frank-Peter Ahlers, Umweltberater und Energieexperte der Handwerkskammer Hannover
stunden im Jahr. Allen anderen stünde die Ersatzversorgung offen. Allerdings seien die Preise in beiden Varianten nicht verhandelbar. „In der Grund versorgung kann der Anbieter den Preis monatlich neu kalkulieren und anpassen. Dafür können die Kunden jederzeit kündigen.“ In der Ersatzversor gung gelte der festgelegte Preis zwar dauerhaft. Doch nach drei Monaten ende der Anspruch auf Ersatzversorgung. In der Zeit „muss der Geschäftskunde eine andere Alternative finden – aber das sollte möglich sein“, betont Ahlers.
Hermann Strathmann traf die Entscheidung im August: „Das Risiko weiterer Preiserhöhungen wollte ich nicht eingehen“, berichtet der Unternehmer. „Mit diesem Preis kann ich planen. Und ich kann ihn wahrscheinlich an meine Kunden weitergeben, die auch Planungssicherheit wollen.“ W
„Enercity ist nicht der einzige Versorger, der das macht, und es ist legal.“
Teures Angebot: 1,1 Millionen statt 120.000 Euro pro Jahr für Strom und Gas. Auf solche Forderungen kann sich Bäckerei-Chefin Caterina Künne nicht einlassen: „Wenn wir das auf die Preise umlegen, bleiben die Kunden weg.“
Manche Betriebe werden 2023 das Doppelte oder Dreifache für Energie zahlen, andere sehr viel mehr. Woher kommen die Unterschiede?
Caterina Künne, Chefin einer Bäckerei in Hannover, kennt die Antwort.
JÖRG WIEBKING
Caterina Künne (38) führt mit ihrem Mann eine Bäckerei in Hannover: 60 Mitarbei ter, sieben Filialen, ein Familienbetrieb in dritter Generation. Sie kümmert sich seit zwölf Jahren um die Finanzen und damit auch um die Energiekosten. Jetzt ist sie in allen Medien präsent – seit sie das Angebot eines Energieversor gers für eine extreme Preiserhöhung erhalten hat.
Frau Künne, wie hoch werden Ihre Energiekosten 2023 sein?
» Caterina Künne: Wenn ich das Angebot unter schrieben hätte, das wir im August bekommen
Caterina Künne, Bäckerei-Chefin
haben, dann wären es 1,1 Millionen Euro. Das ist mehr als das Neunfache von dem, was wir bisher zahlen. Wir haben in den letzten Jahren immer zwischen 120.000 und 130.000 Euro für Gas und Strom bezahlt, 2022 werden wir uns auch in dieser Spanne bewegen – wenn wir nicht noch kurzfristig eine Kündigung bekommen.
Das Neunfache ist heftig. Woran liegt das? Andere berichten vom Doppelten oder Dreifachen.
» Künne: Das habe ich mich auch gefragt und mich ein bisschen umgehört, auch in anderen Gewerken.
„Wie sollen wir diese Mehrkosten auf unsere Preise umlegen?“
Es liegt daran, dass Kunden mit hohem Verbrauch bisher Sonderkonditionen hatten. Diese Sonder konditionen gibt es jetzt nicht mehr, die bekommt anscheinend niemand mehr. Deswegen schlägt das bei uns und bei den anderen energieintensiven Betrieben so stark durch.
Wenn zum Beispiel ein Betrieb mit Sonder konditionen bisher 5 Cent pro Kilowattstunde Strom bezahlt hat und ein anderer mit gerin gem Verbrauch bei 25 Cent lag, dann zahlen demnächst beide vielleicht 50 Cent. Für den einen ist das eine Verdopplung, für den anderen eine Verzehnfachung. Unterschiede scheinen eher davon abzuhängen, bei welchem Versorger man ist und ob man bereit ist, sich auf Risiken wie kurze Kündigungsfristen oder Preisänderungen einzulassen.
Aber Sie haben das Angebot noch nicht unterschrieben?
» Künne: Nein, das geht gar nicht. Wie sollen wir diese Mehrkosten auf unsere Preise umlegen? Dann bleiben die Kunden weg.
Wie geht es jetzt weiter?
» Künne: Unser Vertrag läuft bis zum Jahresende. Seit Juni suchen wir nach einem neuen, bezahlbaren Angebot und wir suchen weiter. Wir arbeiten seit vielen Jahren mit freien Energieberatern zusammen. Solche Energieberater bündeln die Nachfrage ihrer Kunden und suchen nach günstigen Angeboten der Versorger. Die kaufen teilweise direkt an den Energiebörsen ein, wenn die Kurse dort günstig sind. Da kommt es manchmal einfach auf den richtigen Tag an. Wenn die Preise stark schwanken, kann man so seinen Bedarf für ein Jahr zu einem guten Kurs decken. Nur dass die Preise derzeit höchstens mal leicht nach unten gehen und dann wieder anziehen. Es ist total verrückt, wie sich die Gas- und Strom preise an den Börsen entwickeln.
Sie suchen seit Juni nach einem neuen Angebot, waren die Preise da nicht noch günstiger?
» Künne: Doch, wir hatten im Juni das Angebot eines Versorgers zum Dreifachen unseres aktuel len Preises.
Warum haben Sie nicht zugegriffen?
» Künne: Weil das Angebot mit einem Sonderkün digungsrecht verbunden war. Die hätten uns von heute auf morgen kündigen oder die Preise belie big erhöhen können. Wir hätten keine Planungs sicherheit gehabt, hätten keine Preise kalkulieren können … Das Risiko war mir zu hoch. Es ist so schon schwer genug einzuschätzen, wie sich das
„Wenn ich das Angebot unterschrieben hätte, wäre das mehr als das Neunfache von dem, was wir bisher zahlen.“ Caterina Künne, Bäckerei-Chefin
Konsumverhalten meiner Kunden entwickeln wird, wenn sie demnächst weniger im Portemonnaie haben, weil sie selbst höhere Energie-Abschläge zahlen müssen.
Wenn Ihr Vertrag Ende 2022 ausläuft und Sie bis dahin keinen neuen haben, bleibt Ihnen noch die Grund- oder Ersatzversorgung. Die ist auch nicht gerade preiswert.
» Künne: Das stimmt, wir könnten dann in die Ersatz- oder Grundversorgung wechseln und werden nicht von heute auf morgen ohne Gas und Strom dastehen. Aber die ist nur ein absoluter Notnagel, denn da habe ich das gleiche Problem wie mit den anderen Angeboten, die wir bisher bekommen haben: zu teuer, zu riskant, nicht planbar … Wir sind doch keine Tankstelle, die für ihre Waren jeden Tag neue Preise kalkulieren kann. Das machen die Kunden nicht mit.
Worauf warten Sie dann?
» Künne: Auf eine politische Lösung. Wir sehen doch, dass es so nicht geht, dass das Handwerk und der Mittelstand das nicht stemmen können. Dass hier Betriebe und Arbeitsplätze auf dem Spiel stehen. Deswegen gehen wir auf die Straße und ich hoffe, dass die Bäcker nicht nur im Norden demons trieren, sondern im ganzen Land, auch im Süden. Wir müssen gemeinsam klarmachen, um was es jetzt geht.
Wie müsste so eine Lösung aussehen?
» Künne: Ich glaube nicht, dass es ohne eine staat liche Deckelung der Energiekosten geht. Ich meine eine Deckelung für alle. Es gibt ja auch Forderungen nach Ausgleichszahlungen für betroffene Betriebe. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass der Staat das für alle Betriebe bezahlen kann. Und wie soll ten auch die Regelungen für solche Zahlungen aussehen: Müssen die Betriebe dann erst wieder wie bei Corona Umsatzeinbrüche prognostizieren, um einen Fixkosten-Zuschuss zu bekommen? Das wäre ziemlich unsinnig, weil das Problem nicht die Fixkosten sind, sondern die laufenden Energiekos ten. Das lässt sich einfach nicht prognostizieren. Oder sollen wir diesmal vielleicht erst Hilfe bekom men, wenn wir Verluste machen und eine drohende Insolvenz nachweisen können? Das funktioniert nicht! Wenn ich Verluste mache, ist es zu spät. Also bleibt nur eine Deckelung der Energiepreise …
»
Künne: Das ist nach meiner Einschätzung der einzige Weg, Insolvenzen zu verhindern. In ande ren EU-Staaten geht das doch auch. Da muss jetzt schnell etwas passieren. W
Die Mehrheit der Betriebe meldet laut einer Umfrage Umsatzausfälle und steigende Energiekosten. Wir haben nachgefragt, wie sie die Lage einschätzen. Nicht überall ist die Stimmung gedämpft.
MARTINA JAHN UND JÖRG WIEBKINGMehr als 1.000 Bäcker und ihre Mitarbeitenden haben Mitte Septem ber in Hannover gegen die hohen Energiekosten und die Energiepoli tik der Bundesregierung demonstriert. Die Betriebe könnten die steigenden Kosten nicht vollständig an die Kunden weitergeben, erklärte Mitinitiator und Bäckermeister Axel Oppenborn aus Hannover. Des wegen forderten die Bäcker Ausgleichszahlungen für die Mehrkosten.
Die Folgen des russischen Angriffskriegs in der Ukraine treffen allerdings nicht nur die Bäcker. Das zeigt eine Umfrage des deutschen Hand werks (ZDH), an der sich Anfang September fast 4.200 Unternehmen beteiligten: ɓ 60 Prozent der Befragten berichteten von Umsatzausfällen infolge des Ukrainekriegs.
Durchschnittlich seien rund 19 Prozent des für 2022 erwarteten Umsatzes verloren gegangen.
Am häufigsten meldeten die Lebensmittelhandwerke, das KfzHandwerk und die persönlichen Dienstleistungsgewerke Rück gänge – vor allem eine Folge zunehmender Kaufzurückhaltung der Konsumenten.
Die steigenden Beschaffungs und Energiekos ten führten zu Stornierungen, insbesondere in den Bauhauptgewerken, und zu Engpässen in Produktion und Auftragserbringung.
Nur 4 Prozent der Befragten gaben an, dass sie ihre gestiegenen Kosten umfassend an ihre Abnehmer weitergeben können, 70 Prozent immerhin anteilig. Die Erhöhungen gar nicht weitergeben kann ein Viertel der Befragten. W
60PROZENT der Betriebe haben mit Umsatzausfällen zu kämpfen.
„Man kann nicht sagen, dass durchgängig alle Betriebe Probleme mit den Energiekosten haben. So hat ein großer Teil der Tischlereien Holzheizungen, so wie wir auch. Gas hat noch maximal die Hälfte der Betriebe. Auch beim Strom haben ganz viele Kollegen schon vor längerer Zeit investiert, zum Beispiel in LEDBeleuchtung und in Photovoltaik.
Kollegen mit einem sehr großen Maschi nenpark haben Großverbraucherkonditionen.
Für diese Betriebe wird es deutlich schwieri ger und teurer. Kollegen mit gemischter Fer tigung haben einen nicht so hohen Verbrauch und keine Sonderkonditionen. Die merken die Preiserhöhungen für den Strom kaum stärker als die Verbraucher.
Für Glas, Holz und Platten geben wir viel mehr aus als für Energie und die Preissteige rungen sind gravierender. Diese Verteuerung bereitet den Betrieben viel mehr Probleme als die Steigerung der Energiekosten.
Beim Material geben wir Tischlereien Preiserhöhungen automatisch weiter, wenn wir nicht durch langfristige Verträge gebunden sind. Genauso müssen wir die steigenden Energie kosten einpreisen. Dazu sind jetzt alle Kollegen aufgefordert: Wir müssen die Preise erhöhen, wenn wir überleben wollen.
Aktuell können wir noch die alten Auf träge abarbeiten, aber es kommen keine gro ßen neuen. Gleichzeitig beklagen sich Generalunternehmer, dass sie von den Tischlern keine Angebote auf ihre Anfragen erhalten. Was damit zu tun hat, dass die Tischler Angebote abgeben sollen, die erst in einem Jahr anstehen. Dafür können die Betriebe derzeit keine Einkaufs preise kalkulieren und geben deswegen keine Angebote ab.
Die Lieferanten vermelden deutliche Rück gänge in den Orderbüchern. Da wird es span nend, ob die Preise, die ja exorbitant erhöht wurden, jetzt auch wieder sinken.“
„Ich kann im Moment noch gar nicht sagen, was bei den Energiepreisen auf uns zukommt, wenn der Vertrag mit dem Versorger endet. Bis jetzt haben sie nur angekündigt, dass es teurer wird. Die Preise im Einkauf sind deutlich gestiegen. Alleine die Waschmittelpreise haben sich verdop pelt. Auch der Anstieg der Kraftstoffpreise spielt eine wichtige Rolle, weil wir unsere Aufträge bei vielen Kunden abholen und die saubere Wäsche ausliefern.
Wir haben jetzt die Preise im Mittel um 20 bis 25 Prozent erhöht, weil zusätz lich zu den inflationären Kosten aller Betriebsmittel der gesetzliche Mindestlohn gestiegen ist. Das ist in dieser Zeit ein echtes Problem und verschärft die Lage für die Betriebe. Denn wir haben einen Lohnkostenanteil von 50 Prozent.
Wir arbeiten viel für Hotels, Gastronomie, Praxen, Pflegeeinrichtungen, Hand werksbetriebe und Gebäudereiniger. Die Reaktionen auf die Preiserhöhungen waren überwiegend verständnisvoll. Einige müssen jetzt kalkulieren, ob sie uns weiter beauftragen können. Das betrifft zum Beispiel die Gebäudereiniger, die selbst Ver träge mit langen Laufzeiten haben und die Erhöhungen nicht einfach weitergeben können. Echte Bauchschmerzen habe ich bei der anderen Hälfte, bei den Privatkun den. Die wissen selbst noch nicht, wie hoch ihre Energieabschläge demnächst sein werden. Bereits jetzt spüren wir eine Zurückhaltung bei den Aufträgen.
Ich fürchte, dass unsere Auslastung rapide sinken wird. Dann können wir das Personal nicht komplett halten. Und wie sollen wir die hohen Fixkosten aus Investitionen und Mieten dann bezahlen? Das könnte schnell zum Ende unseres Betriebs führen.“
„Beides gleichzeitig – das geht nicht“
„Ich habe während der Lockdowns CoronaSoforthilfe bekommen. Einen großen Teil soll ich bis Juni 2023 zurück zahlen. Alleine meine Energiekosten sind aber so stark gestiegen, dass kaum noch etwas übrig bleibt. Wenn ich die Soforthilfe wirklich zurückzahlen soll, muss ich Insolvenz anmelden. Energiekosten und Rückzahlung gleichzeitig – das geht einfach nicht.
Dabei weiß ich noch nicht einmal, wie sich mein Umsatz die nächsten Monate entwickeln wird. Vor der Pandemie war ich gleichmäßig ausgelastet. Seit ein paar Wochen werden die Lücken in meinem Terminkalender immer größer. Die Kunden halten sich zurück, weil alles teurer wird.
Große Energieeinsparungen sind in einem Salon leider auch nicht möglich. Wir können nicht bei 19 Grad arbeiten, das machen die Kunden nicht mit. Das Licht dimmen oder ausschalten ist auch nicht möglich, wir brauchen diese extreme Helligkeit für unsere Arbeit.
Notfalls würden mir schon ein Vergleich und ein Teilerlass der CoronaHilfen weiterhelfen. Aber ich denke auch, dass ich ein Recht auf einen Ausgleich für mei nen Unternehmerlohn im Lockdown habe. Wenn ich als Unternehmer selbst für mich entscheiden kann, dann ist das mein Risiko. Dazu stehe ich. Aber ich durfte nicht arbeiten, das war nicht meine Entscheidung – und von irgendetwas musste ich leben.“
„Wir müssen die Preise erhöhen, um zu überleben“
Matthias Winter, Landesinnungsmeister des Tischlerverbands Bremen/Niedersachsen
„Die Energiepreise spielen für uns keine so große Rolle wie in anderen Gewerken. Wir haben keinen so hohen Stromverbrauch und jetzt endlich auch eine Photovoltaikanlage. Wir sind so aufgestellt, dass es für unsere Kunden durch die Mehrkosten nicht zu teuer wird.
Materialengpässe wie vor einem Jahr gibt es auch nicht mehr. Nach heutigem Stand scheint das Material auch in Zukunft verfügbar. Das ist auch gut so, denn die Auftragslage ist wirklich sehr gut. Wenn wir jede Baustelle wie geplant umsetzen könnten, wären wir schon jetzt für sechs bis sieben Monate ausgelastet.
Eine Zurückhaltung der Kunden spüren wir jedenfalls nicht. Wir haben den Vorteil, dass wir viele energetische Sanierungen machen, da ist die Nachfrage enorm und reißt nicht ab.
Natürlich sehen wir, dass die Aufträge für Neubauten eingebrochen sind. Wir wissen, dass viele Zimmerer und Dachdecker wegen der Stornierungen zu kämpfen haben und sich nach anderen Aufträgen umsehen müssen. Das könnte zu einem Preiswettbewerb führen, auch wenn wir mit der energetischen Sanierung und dem hochwertigen ökologischen Holzbau einen anderen Markt bedienen. Aber wir sind optimistisch und hoffen, dass alle so vernünftig sind, zumindest kostendeckend zu arbeiten.“
„Die meisten Fliesenleger und Natur steinbetriebe erbringen ihre Leistungen auf Baustellen und haben direkt keinen hohen Verbrauch. Aber es gibt auch Kol legen mit Ausstellungsflächen, großen Maschinen oder Hallen. Ich schätze, das sind rund 20 bis 30 Prozent und da spielen die Heiz und Stromkosten natürlich eine wichtige Rolle.
Marko Faber, Landesinnungsmeister des Metallhand werks in Sachsen-Anhalt
„Vor einem Jahr lag unser Energiekostenanteil am Umsatz bei vier bis sechs Prozent. Jetzt sind es zehn Pro zent und die nächste Erhöhung wird wohl Anfang Dezember kommen. Betriebe, die Metall selbst thermisch bearbeiten müs sen, liegen sogar schon bei 20 Prozent. So langsam bekommen unsere Betriebsinhaber Panik.
Preisbindung für Energiepreise ist in Metallbetrieben eher die Ausnahme. Das war bisher kein Problem, jetzt schon. Manche Betriebe mussten in die Grundversor gung wechseln, weil ihr Versorger den Vertrag gekündigt hat. Vom Grundversorger bekommen sie zwar Strom, aber der ist teuer, und der Anbieter kann die Preise jederzeit anpassen.
Wir sind Fenster und Fassadenbauer. Das bedeutet riesige Glasfronten und viel Aluminium. Beides wird energieintensiv produziert. Aluminium ist ungefähr 50 Prozent teurer als im Vorjahr. Glas ist um rund 30 Prozent teurer – plus weitere Energiekostenzuschläge.
Wir müssen die Preise erhöhen, wo es geht. Aber die ersten Stornierungen sind schon passiert. Andere Kunden schieben ihre Projekte erst einmal ins kommende Jahr. Und es gibt öffentliche Aufträge, die wir vor dem Juni 2022 angenommen haben – für die gibt es keine Preisgleitklausel, also zahlen wir die Mehrkosten.
Wir merken bereits jetzt, wie angespannt die Liquidität und die wirtschaftliche Situation unserer Betriebe ist, und die Kosten steigen unaufhaltsam weiter. Das wird nicht mehr lange gut gehen, dann sind Betriebsschließungen oder Insolvenzen programmiert. Meine Sorge ist, dass die Kunden handwerkliche Leistungen nicht mehr finanzieren und bezahlen können.“
Was alle betrifft, sind die gestiegenen Materialpreise. Fliesen und Verlegematerial haben meist weite Transportwege und bei den Fliesen machen die Energiekosten ein Drittel der Herstellungskosten aus. Aktu ell spricht man von circa zehn Euro mehr Energiekosten bei der Produktion eines Quadratmeters Fliesen. Noch können wir diese Preissteigerungen weitergeben. Für einen Teil der Kunden sind solche Investi tionen in ihr Zuhause sogar eine Möglich keit, das Geld vor der Inflation zu retten. Aber niemand weiß, wie lange das noch möglich ist. Einige Kollegen haben bisher viele große Objekte gemacht und viele Mitarbeiter. Wenn es weniger Neubauten gibt, werden sie sich den Renovierungen und Sanierungen zuwenden. Dann wird der Wettbewerb für alle noch härter.
Trotz der Probleme müssen wir auf passen, dass wir nicht zu schwarzsehen. Wir sind Unternehmer – und haben immer einen Plan B. Krisen sind immer schmerz haft, sind aber auch Chancen: Wir müssen die großen Herausforderungen lösungsorientiert anpacken, nicht nur wir Unter nehmer, sondern auch die Gesellschaft. Was ist zum Beispiel mit dem Bildungs wesen, dem Klimaschutz, der Digitalisie rung? Vieles muss schneller vorangehen. Wir müssen als Gesellschaft endlich den Mut haben, große Entscheidungen zu tref fen und Veränderungen zu akzeptieren.“
Das Handwerk begrüßt die Pläne der Bundesregierung für eine Gaspreisbremse, sieht aber auch noch viele Fragezeichen.
Als „ein gutes Signal“ hat Hans Peter Wollseifer die erste Ankündigung der Bundesregie rung für eine Gaspreisbremse Ende September bezeichnet. Das Handwerk habe eine solche „Preisbremse“ schon Wochen zuvor vorgeschlagen, betonte der ZDHPräsident in einem Statement kurz vor Redakti onsschluss. Jetzt komme es „vor allem auf die konkrete und schnelle Umsetzung“ an. „Hier sehen wir aktuell noch viele
Fragezeichen“, betont Woll seifer. Zudem müsse klar sein, dass energieintensive Betriebe „weiter dringend gezielte und direkte Härtefallhilfen brauchen“, um Insolvenzen zu verhindern.
Neben einer Strom preisbremse für den „Basis verbrauch“ von KMU hatte die Regierung Pläne für eine Gaspreisbremse vorgestellt. Details dazu soll eine Experten kommission bis Mitte Oktober
ausarbeiten, allerdings anhand von „Leitlinien“ der Regierung: ɓ Sie solle die Preise „zumin dest für einen Teil des Verbrauchs auf ein Niveau“ bringen, welches private Haushalte und Betriebe „vor Überforderung schützt“.
Sie solle „Anreize zur Reduktion des Gasver brauchs“ enthalten.
Geplant ist eine zeitliche Befristung mit der Möglich keit einer Verlängerung.
ɓ
Zudem solle die Gaspreis bremse „handhabbar“ und „zeitlich schnell umzuset zen“ sein.
Zudem sollen Unternehmen, „die nicht in ausreichendem Ausmaß von der Strom und Gaspreisbremse erfasst werden“, Liquiditäts und Eigenkapitalhilfen zur Verfü gung stehen. Auch eine „Rege lung für Härtefälle“ will die Regierung schaffen. (JW) W
Im kommenden Jahr steigen die Sozialversicherungsbeiträge für Besserverdiener. Auch Selbstständige zahlen dann mehr für Kranken- und Rentenversicherung.
Selbstständige und Beschäftigte mit höheren Einkommen müssen sich auf höhere Sozialabgaben in 2023 einstellen. Das liegt an der turnusmäßigen Erhöhung der Bezugsgröße und der Beitragsbemessungsgrenzen für Sozialversicherungen. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat einen Referentenentwurf mit den für 2023 geplanten Werten veröffentlicht: ɓ Für Selbstständige steigt die Bezugsgröße für die Festsetzung des Mindestbeitrags in der gesetzlichen Krankenversicherung
ɓ
und des Rentenversicherungsbeitrags: im Westen auf 3.395 Euro monatlich (2022: 3.290 Euro), im Osten auf 3.290 Euro (2022: 3.150 Euro).
Die Beitragsbemessungsgrenze für die Krankenund Pflegeversicherung wird 2023 auf bundeseinheitlich 4.987,50 Euro im Monat angehoben (2022: 4.837,50 Euro).
ɓ
Die Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung und in der Arbeitslosenversicherung steigt 2023 in den alten Bundesländern
auf 7.300 Euro im Monat (2022: 7.050 Euro), in den neuen Bundesländern auf 7.100 Euro (bisher: 6.750 Euro).
Hintergrund: Überschreitet ein Einkommen die Beitragsbemessungsgrenze, so fallen für den Einkommensteil oberhalb der Grenze keine Sozialabgaben an. Steigen Bezugsgröße und Beitragsbemessungsgrenze, dann steigt der versicherungspflichtige Einkommensanteil.
Zugleich steigt 2023 die allgemeine Jahresarbeitsentgeltgrenze: Versicherte,
die von der gesetzlichen in eine private Krankenversicherung wechseln wollen, müssen mindestens 66.600 Euro im Jahr ver dienen (2022: 64.350 Euro).
(JA) W
Was erwartet ländliche Kundschaft von Handwerkern? Ein Handwerksinstitut hat dazu 130 Kunden aus der Region Odenwald befragt. Würden Sie bei ihnen punkten?
Im Zuge des Forschungsprojekts „Konzeption und Erprobung von handwerk lichen Dienstleistungen im ländlichen Raum“ hat das Insti tut für Betriebsführung im DHI e. V. (ITB) 130 Handwerkskun
den im Odenwald nach ihren Bedürfnissen befragt. Ihre Ant worten sollen unter anderem der Entwicklung von Dienst leistungsinnovationen dienen. Das DHI hat die Befragungsergebnisse zusammengefasst.
Ganz oben in der Rangliste, was Kunden bei der Aus wahl ihres Handwerksbetriebs wichtig ist, stehen nicht etwa möglichst gute Internet bewertungen, sondern viel persönlicher die Empfehlun gen aus dem Bekannten und Freundeskreis. Sie nahmen für 30 Prozent der Befragten den höchsten Stellenwert ein. 24 Prozent der Befragten wähl ten (dagegen) die zeitliche Verfügbarkeit des Betriebs als wichtigstes Kriterium. Firmen, die ausreichend Kapazitäten haben, etwa weil sie besonders effektiv oder personalstark
sind, dürften bei diesen Kun den einen Vorteil haben.
20 Prozent legten vor allem Wert auf eine gute Kommunikation. Die sollte laut Befragung schnell, ausführlich und verständlich sein. Gut organisierte Betriebe, die schnell und klar kommunizieren, dürften diese Kunden leicht gewinnen.
Für 17 Prozent ist die räumliche Nähe ein entscheidendes Kriterium.
Der günstigste Preis oder die Bewertungen im Internet hingegen spielten mit 4 und 3 Prozentpunkten eine untergeordnete Rolle. (DEG) W
Bewerber, die eine Absage erhalten haben und bei einer Stellenbesetzung diskriminiert werden, können auf Entschädigung klagen – und das kann teuer werden.
KATHARINA WOLFDas Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verbietet Benachteiligungen wegen ethnischer Herkunft, Geschlecht, Religion oder Weltanschauung, Behinderung, Alter oder sexueller Identität.
„In Paragraf 2 ist dabei ausdrücklich das Einstellungsverfahren für abhängige Beschäftigung als Anwendungsgebiet des Gesetzes genannt“, sagt Ina Jähne, Fachanwältin für Arbeitsrecht aus Hannover. Was also müssen Arbeitgeber berücksichtigen – und welche Strafen können drohen?
Ina Jähne beantwortet die wichtigsten Fragen.
Wie kann ich Stellenanzeigen diskriminierungsfrei formulieren?
Um schon in der Stellenanzeige die Diskriminie rungsfalle zu vermeiden, ist Sorgfalt bei der For
mulierung wichtig – vor allem, wenn es um die Eigenschaften geht, die ein Bewerber mitbringen soll. „Gerade im Handwerk, wo viel körperlich gearbeitet wird, sollten Arbeitgeber Formulie rungen vermeiden, die auch nur einen Hauch von Diskriminierung enthalten können“, sagt Jähne und nennt ein Beispiel: Ein Betrieb suchte einen „körperlich voll belastbaren“ Mitarbeiter. „Von Seiten des Betriebes ist das verständlich. Es diskriminiert aber mittelbar alle behinderten Bewerber“, so Jähne. Sie rät in so einem Fall zu unverfänglicheren Formulierungen wie „flexibel und belastbar“.
Eine weitere Falle kann sich bei Diskriminierung wegen des Alters auftun. Stel lenanzeigen, in denen Bewerber mit ein bis zwei Jahren Berufserfahrung gesucht werden, könn
„Vorsicht ist im Handwerk bei den Themen Alter und Behinderung geboten.“ Ina Jähne, Fachanwältin
ten ältere Bewerber diskriminieren, so Jähne. Besser sei es in diesem Fall, einfach Berufserfahrung als Kriterium zu nennen. Ebenfalls diskriminierend ist die Formulierung „junges Team“, wie das Landesarbeitsgericht Nürnberg entschied.
Relativ einfach kann Diskriminierung wegen des Geschlechts oder der sexuellen Identität vermieden werden: „Hier reicht die Angabe m/w/d nach dem Jobtitel, um niemanden zu benachteiligen“, sagt die Arbeitsrechtlerin.
Sollte ich im Ablehnungsschreiben einen Grund nennen?
Wenn ein Bewerber nicht überzeugt oder ein anderer einfach besser ins Unternehmen passt, muss er eine Absage erhalten. „Hier reichen ein einfacher Satz, dass sich der Arbeitgeber für jemand anderen entschieden hat, und ein freundlicher Wunsch für die Zukunft“, sagt Jähne. „Nennen Sie keinen Grund, denn das kann diskriminierend sein.“
Muss ich jetzt damit rechnen, dass jeder abgelehnte Bewerber eine Entschädigung will?
Wer mehr als eine Bewerbung auf eine offene Stelle bekommt, muss Bewerbern absagen. „Damit ein Verfahren wegen Diskriminierung beginnt, muss ein abgelehnter Bewerber erstmal klagen“, sagt Jähne. „Das ist in der Praxis nur ein Bruchteil der Fälle.“ Vor allem in Branchen, in denen wie im Handwerk ein Mangel an Arbeitskräften besteht, fänden abgelehnte Bewerber auch woanders einen Job. „Vorsicht ist im Handwerk vor allem bei den Themen Alter und Behinderung geboten, denn diese beiden Bewerbergruppen finden unter Umständen nicht leicht eine Stelle“, so die Anwältin.
Wie kann ich beweisen, dass ich bei der Stellenbesetzung nicht diskriminiert habe? Der schlimmste Fall ist eingetreten – Sie haben eine Stelle besetzt und ein abgelehnter Bewerber hat Sie wegen Diskriminierung verklagt.
„Es ist nicht einfach zu beweisen, dass nicht diskriminiert wurde“, sagt Jähne. „Die Daten der anderen Bewerber unterliegen dem Datenschutz. Sie können sie also nicht in aller Ausführlichkeit vor Gericht ausbreiten und erklären, warum Sie sich wie entschieden haben.“ Bleibt nur, die objektiven Kriterien der Stellenbesetzung hervorzuheben, die der abgelehnte Bewerber nicht erfüllt hat.
Allerdings komme es vor Gericht immer auf den Einzelfall an, betont Jähne. So wurde die For
„Damit ein Verfahren wegen Diskriminierung beginnt, muss ein abgelehnter Bewerber erstmal klagen. Das ist in der Praxis nur ein Bruchteil der Fälle.“
Ina Jähne, Fachanwältin
mulierung „junges, dynamisches Unternehmen“ anders als das „junge Team“ nicht als diskriminierend gewertet.
Steht diskriminierten Bewerbern eine Entschädigung zu?
Das AGG regelt in Paragraf 15 Ansprüche von Bewerbern, die aufgrund von Diskriminierung eine Arbeitsstelle nicht bekommen haben.
„Zunächst müssen die Kosten ersetzt werden, die dem Bewerber durch die Bewerbung entstanden sind. Das kann von Porto über Fahrtkosten bis hin zum Ersatz für Urlaubstage gehen, die der Bewerber beim aktuellen Arbeitgeber nehmen musste“, erläutert Ina Jähne.
Darüber hinaus steht dem diskriminierten Bewerber eine Entschädigung zu. „Eine solche Entschädigung kann bis zu drei BruttoMonats gehälter der versagten Stelle betragen. Das gilt, wenn der Arbeitgeber nachweisen kann, dass der Bewerber auch in einem benachteiligungs freien Verfahren die Stelle nicht bekommen hätte“, erläutert Jähne. Gibt es diese Gründe nicht, kann die Entschädigung auch höher ausfallen.
Was ist, wenn sich jemand nur bewirbt, um hinterher zu klagen?
Es kommt vor, dass sich jemand nur auf eine Stelle bewirbt, um bei Ablehnung wegen Diskriminierung zu klagen. „Hier hat aber das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass soge nannte rechtsmissbräuchliche Bewerbungen keinen Anspruch auf Entschädigung erwirken können“, stellt Jähne klar. Ob allerdings eine solche ProformaBewerbung vorliegt, müsse der Arbeitgeber beweisen. „Auch hier kommt es auf den Einzelfall an“, sagt Jähne. Indizien könnten sein:
ɓ
Der Bewerber verdient in seiner aktuellen Stelle mehr als in der zu besetzenden.
Die Arbeitsbedingungen, zum Beispiel Arbeitszeiten und Kündigungsschutz, sind in der aktuellen Stelle besser.
Die Bewerbung ist schlampig und enthält geforderte Unterlagen nicht.
Der Bewerber stellt Forderungen, um eine Absage zu provozieren.
Der Bewerber erfüllt die geforderten Grundqualifikationen nicht.
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„Auch hier gilt: Diese rechtsmissbräuchlichen Bewerbungen kommen vor allem in Branchen vor, in denen es schwer ist, eine Stelle zu bekom men“, betont Jähne. „Im Handwerk dürfte das eher nicht der Fall sein.“
Themen ansprechen, bevor Probleme ent stehen: Das ist die tägliche Praxis von Malermeisterin Theresa Lange. Seitdem sie sich die Geschäftsführung des Maler betriebs Dornieden in Stockhausen mit ihrem Vater teilt, hat sich die Kommunikation verändert. „Wir reden jetzt deutlich mehr – sowohl wir beide miteinander als auch mit den Mitarbeitern“, sagt Lange.
Fehlerquote auf Baustellen minimiert
Zu der Kommunikationsstrategie der 25jährigen Unternehmerin gehört, dass sie sich täglich auf den Baustellen blicken lässt. „Ich fahre jeden Tag raus
und gucke, was die Gesellen machen.“ Das sei nicht als Kontrollfunktion gedacht, sondern ihre Art zu zeigen, dass sie für das Team da ist. „Fast täglich klären wir vor Ort Fragen oder ich unterstütze bei kleinen Entscheidungen“, sagt die Handwerkerin.
Die Begegnungen auf den Baustellen haben noch etwas Positives: „Wir haben die Fehlerquote verringert.“ Dadurch, dass die Gesellen ihre Fragen loswerden und nicht einfach weiterarbeiten, wie sie meinen, entstünden Probleme oft erst gar nicht. Der zweite Nebeneffekt: „Manchmal ergeben sich spon tan Gespräche mit Mitarbeitern. Einige Dinge, auch persönlicher Natur, würde ich vielleicht sonst nicht
„Je nach Stimmung erkenne ich schnell, wenn etwas nicht stimmt.“
Theresa Lange, Malermeisterin
erfahren“, sagt die Meisterin, die sich die Baustellen mit ihrem Vater aufgeteilt hat.
Feste Routinen morgens und abends Die acht Gesellen können auch jeden Morgen mit ihr ins Gespräch kommen, wenn sich das Team auf dem Hof trifft. „Morgens teilen wir die Teams ein und besprechen, was ansteht“, sagt Lange. Die persönliche Begrüßung ist ihr wichtig: „Je nach Stimmung erkenne ich schnell, wenn etwas nicht stimmt, und kann direkt reagieren“, betont die Unternehmerin, die sich um die Personalführung und um Mitarbeitergespräche kümmert.
Dass eine offene Kommunikation ein wichtiger Grundstein in der Unternehmensführung ist, hat die Meisterin im Laufe der Zeit gelernt und in der Praxis immer wieder angewendet. Auch deshalb habe ihr Vater den Bereich Personal gern an sie abgegeben. Die Mitarbeiter wissen inzwischen, dass ihre Tür für betriebliche und persönliche Gespräche offen steht. Mit dieser Strategie fährt Lange gut: Konflikte inner halb des Teams werden offen an sie herangetragen und manches Mal habe sie unproblematisch eine Lösung für ein Problem gefunden.
Etwas lockerer geht es abends zu, wenn alle Fahrzeuge wieder auf den Hof des Malerbetriebs fahren, der sich auf Raumgestaltung spezialisiert hat. „Da gibt es mal ein Eis oder wir grillen gemeinsam“, berichtet die Malermeisterin. Zudem werten sie den Tag aus und planen die Baustellen weiter. „Wir haben die Erfahrung gemacht, dass dieses Zusammentref fen für alle ein wichtiger Tagesabschluss ist.“ Für die junge Chefin ist das auch ein wichtiger Baustein in Sachen Mitarbeiterbindung – denn es geht um Zuhören und Wertschätzung der Arbeitsleistung des Teams.
Selbstbewusst auftreten und Rückgrat beweisen Nicht nur im Umgang mit dem Team, sondern auch mit Kunden und Lieferanten setzt Theresa Lange auf offene Gespräche. Schon als Gesellin war sie mit dem Firmenchef auf Baustellen unterwegs und hat sich vieles abgeschaut. Seitdem sie Meisterin ist, hat ihr Vater sie bei Kunden und Geschäftspartnern vor gestellt. Ihr Einstieg als Mitgeschäftsführerin haben beide als Prozess wahrgenommen.
„Ich bin in meine Aufgabe Schritt für Schritt hereingewachsen“, betont Lange. Dabei sei ihr immer wichtig gewesen, dass sie als Frau keine Son derrolle einnimmt und nicht anders behandelt wird als ihre männlichen Kollegen. Dennoch stellt sie fest: „Als Frau muss man sich leider noch immer stärker als Männer mit Können und Wissen beweisen.“ Das ist aus ihrer Sicht schade und traurig zugleich: Denn nicht nur in ihrer Branche fehle der Nachwuchs. W
„Als Frau muss man sich leider noch immer stärker als Männer mit Können und Wissen beweisen.“ Theresa Lange, Malermeisterin
Im ersten Halbjahr 2022 erwirtschafteten die Betriebe des Bauhauptgewerbes mit 20 und mehr Beschäftigten ein Umsatzplus von knapp 21 Prozent im Vergleich zum Vorjah reszeitraum. Die Umsätze verteilen sich laut statistischem Landesamt wie folgt auf die verschiedenen Bausparten:
Im Wohnungsbau lag das Umsatzplus mit 1,44 Milliarden Euro bei 19,7 Prozent.
Der gewerbliche Hochbau erwirtschaftete 1,17 Milliarden Euro – eine Steigerung um 24,4 Prozent.
Im gewerblichen Tiefbau lag der Anstieg bei 16,3 Prozent auf 1,48 Milliarden Euro.
Der öffentliche Hochbau erhöhte mit 324 Millionen Euro seinen Umsatz um 33,2 Prozent.
Der Straßenbau verzeichnete bei knapp 779 Millionen Euro eine Steigerung von 21,4 Prozent.
In dem Zeitraum arbeiteten mit 66.798 Personen etwa sieben Prozent mehr Menschen im Bauhauptgewerbe als im ersten Halbjahr 2021. (JA)
„Die umfassende Unter stützung seitens des Bundes begrüßen wir“, sagt Hildegard San der (Foto), Haupt geschäftsführerin der Landesvertretung der Handwerkskammern
Niedersachsen (LHN). „Jetzt gilt es, dass die angekündigten Maßnahmen schnell, direkt und bürokratiearm im Sinne unserer Handwerksbetriebe umgesetzt werden!“ Damit reagiert Sander auf das Ende September beschlossene Eckpunktepaket mit Unterstützungsmaßnahmen für Betriebe. Bis zu 200 Milliarden Euro sollen dafür zur Verfügung gestellt werden. Beschlossen wur den auch die Einführung einer Strom- und Gaspreisbremse sowie Härtefallhilfen. Diese könnten den energieintensiven Branchen im Handwerk helfen, sagt Sander. (JA)
„Finanzhilfen müssen schnell ankommen“Foto: Lena Schöning Fotografie
Für die tägliche Fahrt zur Arbeit: Ein Fahrtkostenzuschuss mit 15 Prozent Pauschalversteuerung bringt mehr als eine Lohnerhöhung.
Die hohen Spritpreise belasten alle – auch Ihre Mitarbeitenden. Fünf Tipps, wie Sie Ihr Team steuerfrei bei den Fahrtkosten unterstützen.
JÖRG WIEBKING
Viele Mitarbeitende im Handwerk sind auf das Privatauto angewiesen, um täglich zur Arbeit zu kommen. Dafür können Arbeitnehmer zwar eine Ent fernungspauschale als Werbungskosten beim Finanzamt geltend machen: 30 Cent pro Entfer nungskilometer zwischen Wohnung und Arbeits platz, ab dem 21. Kilometer sogar 38 Cent. Die durchschnittlichen Kosten pro Kilometer deckt
Arbeitgeber können Mitarbeitenden bei den Fahrtkosten helfen.
das jedoch nicht – und noch weniger angesichts der aktuellen Spritpreise. Zudem wirkt sich der kleine Steuervorteil erst mit Zeitverzug aus: beim nächsten Lohnsteuerjahresausgleich.
Als Arbeitgeber können Sie Ihren Mit arbeitenden jedoch sofort bei den Fahrtkos ten unter die Arme greifen – steuergünstiger als eine Lohnerhöhung und teilweise sogar umweltfreundlich.
1. Steuerfrei: Fahrtkostenzuschuss mit Pauschalversteuerung
Als Arbeitgeber dürfen Sie Ihren Mitarbeitenden einen Fahrtkostenzuschuss in Höhe der steuerlichen Entfernungspauschale spendieren: 30 Cent pro Entfernungskilometer für Fahrten von der Wohnung zum Arbeitsplatz und 38 Cent ab dem 21. Entfernungskilometer.
Wenn Sie diesen Tankkostenzuschuss zusätz lich zum Lohn zahlen und pauschal mit 15 Prozent versteuern, müssen Ihre Mitarbeitenden dafür keine Steuern und Sozialabgaben zahlen.
Außerdem können sie dann immer noch die Entfernungspauschale in der Steuererklärung steuerlich geltend machen.
Beispiel: Ein Geselle fährt im Durchschnitt an 21 Tagen im Monat jeweils 25 Kilometer zur Arbeit. Sein Chef zahlt einen Fahrtkostenzuschuss von 7,90 Euro pro Tag (20 Kilometer x 30 Cent und 5 Kilometer x 8 Cent). Das sind im Monat 165,90 Euro steuer- und beitragsfrei. Zusatzkosten für den Arbeitgeber: die Pauschalsteuer in Höhe von 27,12 Euro (15 Prozent plus Kirchensteuer).
Auch den Minijobbern in Ihrem Team können Sie den Fahrtkostenzuschuss problemlos zahlen: Wenn Sie die Pauschalsteuer übernehmen, handelt es sich bei dem Zuschuss nicht um steuerpflich tigen Arbeitslohn. Dadurch kommen geringfügig Beschäftigte nicht über die Minijob-Grenze von 450 Euro (ab 1. Oktober: 520 Euro).
2. Tankgutschein als Gehaltsextra Alternativ oder auch zusätzlich zum Fahrtkosten zuschuss können Sie Ihrem Team Tankgutscheine zukommen lassen. Gibt es so einen Gutschein zusätzlich zum Lohn, dann ist er bis zu einer Grenze von 50 Euro pro Mitarbeitendem und Monat steuer- und abgabenfrei.
Vorsicht: Behalten Sie die 50-Euro-Grenze im Auge, wenn Sie schon andere Gutscheine spen dieren, zum Beispiel für das Fitnessstudio. Denn Gutscheine gelten als Sachbezüge und dürfen pro Monat in der Summe die 50-Euro-Grenze nicht überschreiten, sonst sind sie komplett steuerpflichtig.
3. Jobticket gilt auch bei Privatfahrten Seit 2019 dürfen Arbeitgeber ihren Mitarbeiten den einen steuerfreien Zuschuss für Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln zwischen Wohnung und Arbeitsplatz leisten. Zu diesem Zweck können Sie entweder einen Zuschuss zu den Öffis zahlen oder Sie kaufen die Tickets selbst und geben sie kostenlos an Ihr Team ab.
Das gilt für Einzelfahrscheine, Mehrfahrtenkarten, Zeitkarten wie Wochen-, Monats- und Jah
Auch Tickets mit Freifahrtberechtigungen wie zum Beispiel die Bahncard 100 sind als Jobtickets nutzbar.
reskarten und Ermäßigungskarten wie die Bahn card 25 und 50.
Ihre Mitarbeitenden können das Jobticket im öffentlichen Personennahverkehr auch privat nut zen. Nur bei Fahrten in Fernzügen und Fernbussen ist die steuerfreie Nutzung auf Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsplatz beschränkt.
Wenn Sie ein Jobticket zusätzlich zum Lohn gewähren, ist es steuer- und sozialversicherungs frei. Nachteil: Der Zuschuss mindert die steuerlich abzugsfähige Entfernungspauschale Ihrer Mitarbei tenden. Oder Sie führen als Arbeitgeber pauschal 25 Prozent Lohnsteuer auf ein Jobticket ab – dann können Mitarbeitende die Entfernungspauschale doch steuerlich absetzen.
Alternativ gibt es beim Jobticket die Mög lichkeit der Gehaltsumwandlung. Steuer- und bei tragsfrei ist es dann, wenn Sie es als Arbeitgeber pauschal mit 25 oder 15 Prozent versteuern. Bei der 25-Prozent-Lösung kann der Mitarbeitende zudem die Entfernungspauschale voll von der Steuer abset zen. Bei der 15-Prozent-Lösung mindert der Jobticket-Zuschuss diese Entfernungspauschale.
4. Das Luxus-Jobticket: Bahncard 100 Auch Tickets mit Freifahrtberechtigungen wie zum Beispiel die Bahncard 100 sind als Jobtickets nutzbar.
Bevor Sie Mitarbeitenden jedoch eine Bahn card 100 spendieren, sollten Sie mit Ihrem Steuer berater sprechen. Immerhin kostet die Bahncard 100 2. Klasse 4.144 Euro.
Mit der Karte können deren Nutzer dann zwar ein Jahr lang so ziemlich alle Züge, Busse und Bahnen bundesweit beruflich und privat nutzen. Damit aber diese Öffi-Variante des Firmenwagens für Mitarbeitende vollständig steuer- und beitrags frei bleibt, müssen die Gesamtkosten aller Fahrten zur Arbeit und aus betrieblichen Gründen höher sein als der Preis der Bahncard 100. Je geringer der Anteil für Fahrten zur Arbeit und die betriebliche Nutzung ist, desto höher fallen Lohnsteuer und Sozialbeiträge aus.
5. Betriebliches Fahrrad oder E-Bike: kostenlose Privatnutzung Spritkosten könnten Mitarbeitende auch sparen, indem sie auf ein Fahrrad umsteigen. Als Arbeitgeber dürfen Sie Ihrem Team betriebliche Fahrräder und E-Bikes steuer- und beitragsfrei zur privaten Nutzung überlassen. Voraussetzung: Sie spendieren das Rad zusätzlich zum Lohn – und falls es sich um ein Elektrofahrrad handelt, darf es nicht schneller als 25 Kilometer pro Stunde sein.
Auch dann können Ihre Mitarbeitenden Wer bungskosten für die Entfernungspauschale steuer lich absetzen. W
Steuererleichterungen für Betriebe
Weniger Steuervorauszahlungen, Stundung und ein Erlass von Steuern: So will Niedersachsen Betrieben in der Energiekrise helfen. Was machen die anderen Länder?
Das Land Niedersachsen will den von der Energiekrise betroffenen Unternehmen „mit steuerlichen Erleichterungen entgegenkommen“. Konkret nennt das Niedersächsische Finanzministerium: ɓ die Herabsetzung der Vorauszahlungen auf die Einkommen- und Körperschaftsteuer,
die Stundung oder den Erlass fälliger Steuern,
den Verzicht auf Vollstreckungsmaßnahmen und Säumniszuschläge.
Das Ministerium empfiehlt „wesentlich betroffenen“ Betrieben, sich mit ihrem
Finanzamt in Verbindung zu setzen. Die Finanzämter würden „schnell“ und „mit Augenmaß“ entscheiden und ihren Ermessensspielraum „verantwortungsvoll” aus schöpfen.
Und was ist mit den anderen Bundesländern? Der Zentralverband des Deut schen Handwerks (ZDH) weist darauf hin, dass diese steuerlichen Möglichkeiten allen Unternehmen in allen Bundesländern zur Verfügung stehen. Niedersachsen habe in seinem Erlass lediglich die Finanzämter zu Augenmaß und Schnelligkeit bei solchen Anträgen aufgefordert.
Der ZDH geht davon aus, „dass auch in den anderen Bundesländern eine vergleichbare Behandlung von eingehenden Anträgen erfolgt, ohne dass öffentlich darauf hingewiesen wird“. Der Verband empfiehlt Handwerks-
betrieben, solche Anträge mit Unterstützung eines Steuerberaters zu stellen. (JW) W
w
Alle Infos zur Energiekrise im Ticker auf handwerk.com: www.svg.to/ekrise
Erst wegen Corona, dann wegen des Kriegs in der Ukraine, jetzt wegen der hohen Energiepreise: Das vereinfachte Kurzarbeitergeld wird erneut verlängert.
Der erleichterte Zugang zum Kurzarbeitergeld wird noch mals verlängert – bis Ende dieses Jahres. Grund dafür ist
die schwierige Situation, in die viele Betriebe wegen der hohen Energiepreise geraten sind, teilt
rium mit. Eingeführt wurden die Regelungen wegen der Corona-Krise und dann wegen des Ukrainekriegs verlängert. Konkret bedeutet das:
Die Zahl der Beschäftigten, die vom Arbeitsausfall betroffen sein müssen, bleibt von einem Drittel auf zehn Prozent abgesenkt.
Die Beschäftigten müssen vor Gewährung des Kurzarbeitergelds weiter hin keine Minusstunden aufbauen. Weitere pandemiebedingte Sonderregeln waren bereits
zum 30. Juni dieses Jahres ausgelaufen.
Die Verordnung gilt für neue Anträge auf Kurzarbeitergeld, aber auch für Betriebe, die bereits jetzt in Kurzarbeit sind und diese verlängern müssen. Zudem hat die Bundesregierung die Möglichkeit, den vereinfachten Zugang zum Kurzarbeitergeld per Verordnung bis Mitte 2023 zu verlängern.
Arbeitgeber können die Anträge über ihre zuständige Agentur für Arbeit stellen. (KW) W
Am 1. Oktober ist der gesetzliche Mindestlohn gestiegen – und Sie müssen die Arbeitszeit Ihrer Minijobber nicht anpassen. Die dynamische Minijob-Grenze macht es möglich.
Seit 2013 liegt die Verdienstgrenze für Minijobber unverändert bei 450 Euro im Monat. Der gesetzliche Mindestlohn wurde im gleichen Zeitraum mehrfach angehoben. Bei jeder Mindestlohnerhöhung drohte Betrieben deshalb bisher die Mindestlohnfalle – zumindest dann, wenn sie Minijobbern den gesetzlichen Mindestlohn zahlten. Das Problem: Arbeitgeber mussten bei jeder Erhöhung kontrollieren, ob die Arbeitszeiten noch passten und sie eventuell verringern. Wer das versäumte, riskierte einen Verstoß gegen das Mindestlohngesetz. Dieses Risiko besteht nicht mehr, seit am 1. Oktober 2022 der gesetzliche Mindestlohn gestiegen ist. Denn Arbeitgebern kommt eine Neuerung zugute.
Zeitgleich zur Mindestlohnerhöhung auf 12 Euro wird auch die Minijob-Grenze auf 520 Euro im Monat angehoben. Diese neue Verdienstgrenze ist allerdings kein fixer Wert mehr wie bislang – durch eine gesetzliche Änderung wurde sie dynamisiert.
Laut Minijob-Zentrale ist die neue MinijobGrenze nun am Mindestlohn ausgerichtet und orientiert sich an einer wöchentlichen Arbeitszeit von zehn Stunden zu Mindestlohnbedingungen. Das bedeutet: Erhöht sich künftig der Mindestlohn, steigt auch die Minijob-Grenze.
Dynamische Minijob-Grenze: So wird sie bei Mindestlohnerhöhungen berechnet Wie die Verdienstgrenze für Minijobber bei Mindestlohnerhöhungen angepasst wird, hat der Bund gesetzlich festgelegt. Die Formel für die Berechnung ist in § 8 Abs. 1 SGB IV nachzulesen:
Geringfügigkeitsgrenze = (Mindestlohn x 130) / 3. Das Ergebnis wird dann auf volle Euro aufgerundet.
Damit lässt sich auch die neue Minijob-Grenze ermitteln, die seit dem 1. Oktober 2022 gilt: 12 Euro Mindestlohn x 130 / 3 = 520 Euro im Monat.
Der Minijob-Zentrale zufolge hat die Dynamisierung der Minijob-Grenze einen Vorteil für Arbeitgeber: Bei einer Mindestlohnerhöhung
Die Minijob-Grenze steigt auf 520 Euro und wird dynamisch: Das kommt Arbeitgebern zugute, die Minijobber beschäftigen.
müssen sie jetzt nicht mehr die Arbeitszeit ihrer Beschäftigten reduzieren. Auch Minijobber profitieren von der Änderung, denn bei einer Mindestlohnerhöhung können sie nun einen höheren Verdienst erzielen.
2022 wurde der Mindestlohn bereits zweimal angepasst, die Minijob-Grenze wurde bei diesen Erhöhungen aber nicht angepasst. Dadurch sank die maximale Arbeitszeit, die Minijobber pro Monat arbeiten dürfen.
ɓ
Bei der Mindestlohnerhöhung zum 1. Januar 2022 wurde die Lohnuntergrenze zunächst um 22 Cent auf 9,82 Euro angehoben. Minijobber durften deshalb nur noch 45,825 Stunden pro Monat arbeiten, Ende 2021 waren noch maximal 46,875 Stunden im Monat erlaubt.
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Die zweite Mindestlohnerhöhung gab es zum 1. Juli 2022; seither liegt der Mindestlohn bei 10,45 Euro pro Stunde. Seither dürfen Minijobber pro Monat maximal 43,062 Stunden arbeiten.
Seit dem 1. Oktober 2022 haben sich nun sowohl Mindestlohn als auch die Minijob-Grenze geändert. Erlaubt sind nun bis zu 43,33 Stunden pro Monat. (AML)
Arbeitgebern kommt eine Neuerung zugute.
haben Lust auf
Lassen Sie sich von diesen Ideen der Zimmerei Nordmann inspirieren.
DENNY GILLEEgal ob kleiner Handwerksbetrieb oder riesiger Großkonzern – gutes Marketing hat immer dasselbe Ziel: Aufmerksamkeit erzeugen. Wenn das gelingt, finden sich nicht nur leichter Kunden für starke Dienstleistun gen, sondern auch Nachwuchs- und Fachkräfte für den Betrieb. Wie hebt man sich von einem Wett bewerb ab, der online wie offline alle Basics des Marketings beherrscht und auf Social Media ebenso präsent ist wie in den Suchmaschinen?
Die Zimmerei Nordmann weiß, wie man in die Köpfe potenzieller Kunden in der Region gelangt. Der 14-köpfige Betrieb aus dem niedersächsischen Friesoythe hat digital und analog eine Reihe von Marketing-Ideen umgesetzt, die sich vom üblichen Werbeeinerlei deutlich abheben. Dazu zählen zum Beispiel diese Marketing-Booster:
Die Zimmerei Nordmann hat ein eigenes lebens großes – und lebendiges – Maskottchen erfunden, das Werbung für das Handwerk machen soll. Sein
Jens Nordmann, Geschäftsführer, über das FirmenMaskottchen Nordi
Name: Nordi. „Wir wollten einfach einen sympa thischen Botschafter für das Handwerk haben“, erzählt Geschäftsführer Jens Nordmann. Mit dem über zwei Meter großen, stets lächelnden Bären in Zimmermannskluft und passendem Hut präsentiert der Betrieb sich selbst und sein Handwerk. „Nordi ist bei Scheckübergaben und Firmenveranstaltungen dabei und lockert unsere Social-Media-Aktivitäten auf“, erklärt der Unternehmer. Das Maskottchen ist zur zentralen Figur vieler Werbemaßnahmen des Betriebs geworden. Künftig soll sich Nordi auch an Schulen vorstellen und dort für die Zimmerei und ihr Handwerk werben.
Die Zimmerei Nordmann hat ihr eigenes Bier herausgebracht. „Nordisch Premium“ heißt die Hausmarke des Unternehmens – nur echt mit Wap pen und Konterfei des Chefs. Tatsächlich sei das Bier laut Jens Nordmann nicht nur ein umgelabeltes Pils, sondern es werde nach einzigartiger Rezeptur speziell für die Zimmerer gebraut. „Deswegen müs
„Wir wollten einfach einen sympathischen Botschafter für das Handwerk haben.“
sen wir auch recht viel davon abnehmen“, erklärt Nordmann. Das Bier wird verkauft, im Rahmen von Social-Media-Aktionen verschenkt, als Präsent an Kunden abgegeben und es wurde auch schon für eine Spendenaktion genutzt. „In der Aktion konnten Kunden für 25 Euro einen Kasten Nordisch Premium kaufen. Wir haben den kompletten Betrag dann gespendet“, erklärt Nordmann.
3. Vielfältige und ausgefallene Werbeartikel Mancher Handwerksbetrieb nutzt bereits Kugel schreiber oder Feuerzeuge mit eigenem Firmen namen und -logo. Nordmann geht da noch wei ter: Passend zum eigenen Bier gibt es nicht nur einen schicken hölzernen Bierträger, sondern auch Untersetzer und Kaffeetassen der Marke Nordisch Premium. Briefe kommen nicht nur in Umschlä gen mit Nordmann-Branding zu den Kunden, auch lacht von den individuellen Briefmarken ein fröh liches Maskottchen den Empfänger an. Bei seinen Werbemitteln denkt der Betrieb immer auch an die Kleinen: Eine Plüschversion von Maskottchen Nordi erfreut junge Handwerksbegeisterte ebenso wie die Gummitiere, deren Verpackung die NordiFigur ziert.
4. Professionelles Marketing mit fester Verantwortlichkeit
Unternehmer im Handwerk haben alle Hände voll zu tun. Unter allen dringenden Aufgaben kann manch weniger Dringliches untergehen; nicht selten geht das zulasten des Marketings. Der Zimmerei Nord mann kann das nicht passieren. Seit September 2021 wird sie im Büro von Rebecca Oldenburg unter stützt, die insbesondere das Marketing des Betriebs verantwortet. Sie koordiniert die Einsätze von Mas kottchen Nordi, ist für die Social-Media-Profile zuständig und entwickelt Ideen für neue Aktionen und Projekte.
5. Ein eigenes Kinderbuch für die Kleinen Das Kinderbuch „Nordi, der Zimmermann“ im kompakten Pixibuchformat gehört zu den neuesten Marketing-Projekten des Betriebs. Idee und Texte stammen von Marketing-Mitarbeiterin Rebecca Oldenburg. Das Buch zeigt das typische Arbeits feld eines Zimmermanns und des Unternehmens anhand von Maskottchen Nordi. „Wir haben uns Dinge herausgepickt, die den Beruf zeigen und die auch uns als Firma auszeichnen“, sagt Oldenburg.
6. Aktiv auf die Presse zugehen
Klar können Handwerksbetriebe warten, bis Repor ter oder Zeitungsredakteure zufällig auf sie aufmerk sam werden. Oder man beschleunigt die Sache und meldet sich selbst bei Zeitungsredaktionen und Co. So wie die Zimmerei Nordmann: Macht das Unternehmen eine spannende Aktion oder hat eine ungewöhnliche Idee ins Leben gerufen, informiert Rebecca Oldenburg Medien darüber und bietet den Betrieb für Berichterstattungen an.
7. Online-Tugenden pflegen
Die vielen besonderen Aktionen des Unternehmens sind zur Ergänzung des Marketings sinnvoll – ihre volle Wirkung entfalten sie natürlich nur, wenn die Grundlagen stimmen. Dazu hat die Zimmerei Nord mann eine aussagekräftige Website, die stets aktuell gehalten wird, und Social-Media-Auftritte, auf denen ständig etwas Neues passiert. Auf Instagram hat der Betrieb inzwischen 3.800 Follower, die den Zim merern eine große Reichweite für ihre Neuigkeiten verschaffen. Dafür muss der Kanal laufend bespielt werden. „Wir versuchen, einmal am Tag eine Instagram-Story zu machen“, erklärt die Marketing-Mit arbeiterin Rebecca Oldenburg. Zusätzlich posten die Zimmerer zwei- bis dreimal die Woche etwas aus dem Betrieb: zum Beispiel über Mitarbeiter und Projekte oder Fachliches aus dem Handwerk. W
„Wir versuchen, einmal am Tag eine InstagramStory zu machen.“ Rebecca Oldenburg, MarketingMitarbeiterin
Würden Sie Einbrecher und Diebe gewähren lassen? Eine Abreibung hätte mancher Täter schließlich verdient. Wie darf man sich wehren?
DENNY GILLEWenn jemandem Unrecht widerfährt, ist unser Sinn für Gerechtigkeit nicht weit. Das kann doch nicht sein, dass Täter andere schädigen und damit ungeschoren davon kommen! Wie weit darf man gehen, um sein Hab und Gut zu schützen? Folgende vier Szenarien ordnet Rechtsanwältin Sonka Mehner rechtlich ein. Mehner ist Fachanwältin für Strafrecht und Vizepräsidentin des Deutschen Anwaltvereins (DAV).
Szenario 1: auf eigene Faust Einbrecher verschaffen sich Zugang zur Bau stelle oder zum Betrieb. Zum Glück haben Überwachungskameras die Täter gefilmt. Darf der Betrieb die Aufnahmen im Internet veröffentlichen, in der Hoffnung auf Hilfe von der Netzgemeinde?
„Dabei würde es sich um eine missbräuchliche Veröffentlichung von Videoaufnahmen handeln“, erklärt die Strafrechtlerin von Mehner, Okcu & Coll. Da auch Straftäter Persönlichkeitsrechte haben, die durch das unerlaubte Hochladen von Videomaterial verletzt würden, müsste der Betrieb grundsätzlich mit Sanktionen rechnen. „Der Grund der Veröf fentlichung würde in solch einem Fall sicherlich zu berücksichtigen sein: Er kann sich strafmildernd auswirken oder zu einer Einstellung des Verfahrens führen“, sagt Sonka Mehner.
Sie nennt noch einen zweiten Grund, warum die private Veröffentlichung von Überwachungsvideos eine schlechte Idee ist: „Das kann den Ermitt lungen schaden“, warnt die Rechtsanwältin. Denn häufig handle es sich bei solchen Einbrüchen um Fälle organisierter Kriminalität. „Ein im Internet veröffentlichtes Überwachungsvideo könnte die Tätergruppe warnen und die Ermittlungsarbeiten
„Versteckte Glasscherben oder einen Stromzaun ohne Hinweise halte ich für grenzwertig.“ Sonka Mehner, Rechtsanwältin
erschweren, weil die Gruppe untertaucht“, sagt Mehner.
Die Strafrechtlerin empfiehlt: „Haben die Über wachungskameras eine Straftat gefilmt, sollte man das Material der Polizei übergeben.“ Die könne es auswerten, zur Ermittlung nutzen und es im Rahmen einer Öffentlichkeitsfahndung gegebenenfalls immer noch veröffentlichen.
Szenario 2: Ein Wachhund, der Ernst macht Beschützt ein Wachhund das Betriebsgelände und trifft auf einen Einbrecher, kann das für den Ein dringling unangenehme Konsequenzen haben. Was droht dem Hundehalter, wenn sein Wachhund einen Einbrecher verletzt?
So ein Fall kann vor Gericht enden und für den Halter möglicherweise auch teuer werden, sagt Strafrechtlerin Sonka Mehner. Denn auch ein Hundebiss bei einem Einbruch falle grundsätzlich unter § 833 Bürgerliches Gesetzbuch: die Tierhal terhaftung. Die spricht demjenigen, dem Schaden durch ein Tier entstanden ist, Schadenersatz von dessen Halter zu. „Auch ein Wachhund auf einem Unternehmensgelände muss so gesichert sein, dass er niemandem Schaden zufügt, egal ob jemand das Gelände berechtigt oder unberechtigt betritt“, sagt Mehner.
Ein Gerichtsurteil müsse aber nicht automa tisch zugunsten eines geschädigten Einbrechers gehen. Eine gut sichtbare Warnung könne den Unterschied machen: „Lasse ich einen Hund auf dem Unternehmensgelände frei laufen, sollten Schilder zum Beispiel mit der Aufschrift ‚Achtung: Freilaufen der Hund‘ darauf hinweisen“, erklärt die Strafrecht lerin. Denn betritt ein Einbrecher ein Gelände trotz der Kenntnis, dass dort ein Hund frei herumläuft, könne vor Gericht das sogenannte Mitverschulden greifen. „Die Haftung des Tierhalters kann dann gegen null reduziert sein, weil das widerrechtliche Eindringen die Haftung wahrscheinlich überwiegt“, erklärt die Anwältin.
Szenario 3: Den Betrieb mit Fallen sichern Stacheldraht am Tor, auf die Mauer geklebte Glas scherben oder gar Elektrozäune: Dürfen Unterneh mer ihr Gelände mit Methoden sichern, die andere verletzen können?
„Fakt ist, dass man als Unternehmer eine Ver kehrssicherungspflicht trägt“, sagt Sonka Mehner. Dazu gehörten einfache Dinge wie Schneeschippen sowie Sicherungsmaßnahmen für das Betriebsgelände. „Sie dürfen Dritten keine Falle stellen, in denen andere sich verletzen können“, betont die Strafrechtlerin. Natürlich dürfe man sich ein zäunen, eventuell auch Stacheldraht nutzen, „ver steckte Glasscherben oder einen Stromzaun ohne
Sonka Mehner, Rechtsanwältin
Hinweise halte ich dagegen für grenzwertig“, sagt die Rechtsanwältin.
Wenn beispielsweise Elektrizität verwendet wird, müsse das etwa durch Warnschilder gekenn zeichnet sein und der Zaun müsse so angelegt sein, dass sich rechtmäßig verhaltende Personen oder Kinder sich nicht verletzen könnten. Bei der Installation von Sicherheitseinrichtungen solle man vom schlimmstmöglichen Unfallszenario ausgehen – im Elektrobeispiel etwa von einem Kontakt durch eine Person mit Herzschrittmacher. „Wenn Dritte zu Schaden kommen, wird man sich verantworten müssen“, mahnt Mehner.
Die Strafrechtlerin rät eher zu ungefährlichen Schutzmaßnahmen wie einer Videoüberwachung oder Alarmanlagen: „Bei der Mehrheit von Fällen von Einbrüchen in Unternehmen, mit denen wir uns beschäftigt haben, hatte die Mehrheit der Betriebe gar keine ausreichende Alarm- oder Videotechnik installiert.“
Szenario 4: Flucht und Verfolgung
Ein Dieb flieht mit entwendetem Werkzeug von der Baustelle. Darf ein Handwerker ihn gewaltsam stoppen?
Hier greift laut Sonka Mehner das Jedermanns recht der vorläufigen Festnahme nach § 127 StPO: Jedermann ist befugt, einen auf frischer Tat ertapp ten Täter vorläufig festzunehmen. „Dieses Recht hält vor, bis die Polizei eintrifft und der Täter übergeben werden kann“, erläutert die Anwältin.
Grundsätzlich müsse bei der vorläufigen Fest nahme die Verhältnismäßigkeit der gewählten Mittel gewahrt werden. „Gewaltsam“ sei im Beispiel das Stichwort, das den Unterschied zwischen Recht und Unrecht machen könne. Die vorläufige Festnahme dürfe wie auch die Notwehr oder Nothilfe nicht mit allen Gewaltmitteln durchgesetzt werden. „Gewaltanwendung kann gerechtfertigt sein, ich muss aber immer das mildeste Mittel anwenden“, so Mehner. Das reine Festhalten sei Gewalt auf sehr niedriger Ebene.
Im Beispiel des wegrennenden Diebes wäre es laut der Strafrechtlerin wohl noch angemessen, den Täter zu Fall zu bringen, um ihn zu stoppen, wenn er anders nicht mehr erreicht werden kann – auch wenn er das Diebesgut bereits fallengelassen hat. „Ihm dafür aber von hinten auf den Kopf zu schla gen oder ihn zu verprügeln, wäre nicht im Sinn des Gesetzes“, stellt sie klar.
Ob der Täter das eigene Werkzeug, das des Chefs oder eines Dritten entwendet hat, spiele bei der rechtlichen Bewertung des Einschreitens keine Rolle. Anderen zu helfen ist erlaubt: „Dafür gibt es den Nothilfeparagrafen: § 32 StGB“, sagt Mehner. W
„Gewaltanwendung kann gerechtfertigt sein, ich muss aber immer das mildeste Mittel anwenden.“
Digitale Anwendungen anstatt Termin bei der Physiotherapie? Ein Mediziner verrät, welche Möglichkeiten es gibt und für wen sich die eignen.
Ob Rückentraining in 30 Tagen, Übungen gegen Rückenschmerzen oder Hilfe bei der Körperhaltung – mittlerweile gibt es unzählige Apps für die Rückenfitness. Die meisten davon sind kostenlos im App- oder Playstore verfügbar, andere gibt es nur auf Rezept vom Arzt.
Apps auf Rezept: Kontrolle der Trainingsergebnisse fehlt oft Seit etwa zwei Jahren haben Mediziner die Möglichkeit, ihren Patienten digitale Gesundheitsanwendungen zu verschreiben. Das Bundes-
institut für Arzneimittel und Medizinprodukte führt ein Verzeichnis mit allen zertifi zierten Produkten, für die die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten übernehmen. Dort sind auch einige Apps und Webanwendungen für die digitale Rückenfitness gelistet.
„Die Entwicklung steckt zwar noch in den Kinderschuhen, sie bietet aber Chancen“, sagt Orthopäde Dr. Marcus Hausdorf, stellvertretender Landesvorsitzender für Niedersachsen im Berufsverband für Orthopädie und Unfallchirurgie (BVOU).
Apps seien grundsätzlich ein gutes Mittel zur Selbsthilfe, da Patienten damit zu Hause eigenständig ihre Rückenmuskulatur trainieren können. Allerdings fehle bei den meisten Anwendungen eine ärztliche Kontrolle der Übungsumsetzung und Trainingsergebnisse. „Deshalb sind die Apps immer nur so gut wie die Anwender“, betont Hausdorf.
Doch nicht bei allen Apps auf Rezept fehlt die Kontrolle. Das Projekt „Herodikos“ gehe einen anderen Weg, sagt der Orthopäde. Bei der Appgestützten Bewegungsthera
pie trainierten die Patienten nach einem festen Therapie konzept alleine zu Hause. Die Ergebnisse würden dann regelmäßig von Ärzten für Orthopädie und Unfallchirur gie kontrolliert. „Das ist eine gute Sache, da Trainingsfehler so noch korrigiert werden können“, erläutert der Ortho päde. Er weist darauf hin, dass nicht alle gesetzlichen Krankenkassen die Kosten für diese Therapie überneh men. Auf www.herodikos.de sind alle Kassen aufgeführt, die bei dem Projekt mitmachen – darunter sind vor allem Betriebskrankenkassen
aus Süddeutschland, aber beispielsweise auch die AOK Niedersachsen und die Tech niker Krankenkasse.
Für wen sich die Apps auf Rezept eignen
Für hohe Chancen auf Behandlungserfolg beim Training per App sollten Patienten laut Hausdorf idealerweise folgende Voraussetzungen erfüllen:
1 technikaffin sein,
2 ausreichend Motivation mitbringen, ihre Rückenmuskulatur regelmäßig eigenverantwortlich zu trainieren, 3 eine gewisse Grundfitness haben, damit sie körperlich in der Lage sind, die Übungen auch auszuführen.
„Das schränkt die Zahl der Patienten ein, die sich für eine App-gestützte Therapie eignen“, sagt der Orthopäde.
Apps aus dem Netz: Gut oder lieber Finger weg? Auch in den Stores von Apple und Android sind viele Apps verfügbar, mit denen Hand werker zum Teil sogar kosten frei ihren Rücken trainieren können. „Im Gegensatz zu den Medizinprodukten sind diese Anwendungen nicht zertifiziert“, erläutert Haus dorf. Schlecht seien sie des halb nicht unbedingt, es gebe durchaus gute Angebote. Für Laien sei es allerdings schwer herauszufinden, welche Apps fachlich gut sind und ob sie auch bei dem jeweiligen Rückenleiden helfen.
Dem Orthopäden zufolge eignen sich die frei verfügbaren Apps deshalb vor allem für Handwerker, die keine ernsthaften Beschwerden haben und bei denen der Rücken höchstens ab und zu mal zwickt: „Sport, wie zum Beispiel regelmäßiges Training im Fitnessstudio, hilft in solchen Fällen aber genauso gut“, meint Hausdorf.
Handwerkern, die ernsthafte Rückenprobleme haben, empfiehlt er hingegen einen Besuch beim Arzt. „Durch eine genaue Diagnostik lässt sich herausfinden, was das Kernproblem ist und wie es sich lösen lässt.“ Unter Umständen kann dabei herauskommen, dass Rückensport bei der Problemlösung hilft. Doch Training per App kommt nach Einschätzung des Orthopäden mitunter auch mal nicht infrage. „Je schlechter der Gesundheitszustand eines Patienten ist, desto wichtiger ist die Kontrolle des Trainings durch einen Physiotherapeuten oder Arzt“, betont Hausdorf. Er weist daraufhin, dass ein falsches Training gegebenenfalls zu einer Verschlechterung der Beschwerden führen kann oder dass muskuläre Ungleichgewichte verstärkt werden.
Rückenfitness per App: Was können Handwerker erreichen?
Durch App-gestütztes Trai ning lassen sich laut Haus dorf primär Rückenprobleme beheben, die eine muskuläre Ursache haben. „Einen
Große Auswahl: In den App-Stores gibt es viele Apps zum Rückentraining. Doch nicht alle sind aus medizinischer Sicht empfehlenswert.
Bandscheibenvorfall und auch eine Skoliose bekommt man also nicht mit einer digitalen Anwendung weg“, betont der Orthopäde. Das
seien strukturelle Probleme, die häufig zusätzlich auch noch anders behandelt wer den müssen.
Dr. Marcus Hausdorf, Orthopäde„Die Apps sind immer nur so gut wie die Anwender.“
Auf dem bfp FORUM diskutierten Fuhrparkentscheider über Trends, informierten sich über Praxislösungen und testeten Fahrzeuge.
Nach zwei Jahren Corona-Pause startete das bfp FORUM am neuen Standort Hannover wieder durch. Besuche rinnen und Besucher konnten sich informieren, qualifizieren, die Zukunft erfahren und netzwerken. Sie profitierten vom umfang reichen Fachprogramm, von der Ausstellung mit mehr als 80 Anbietern, die das gesamte Spektrum der betrieblichen Mobilität abdeckten, sowie von Testfahrten mit den neuesten Fahrzeugmodellen. Unter der Schirmherrschaft von Hannovers Ober bürgermeister Belit Onay (Bündnis 90/Die Grünen) standen aktuelle Mobilitätstrends und speziell die E-Mobilität im Fokus der Veranstaltung.
Krisen beeinflussen Mobilität Belit Onay besuchte die Veranstaltung am zwei ten Tag persönlich: „Wir freuen uns sehr, dass das bfp FORUM Hannover als Standort ausgewählt hat.“ Corona, Energie- und Klimakrise sorgten für Veränderungen und Herausforderungen, die beson
ders auch die Mobilität beeinflussten, betonte Onay. „Hannover ist mittendrin im Wandel zur New Mobi lity. In puncto Ladeinfrastruktur ticken die Uhren hier deutlich schneller als in anderen Städten. Wir haben jetzt mehr als 700 Ladepunkte, sind damit auf Platz 1.“ Dies sei jedoch nur ein Zwischenstand zum weiteren Ausbau, so der Oberbürgermeister weiter.
Zum Thema E-Mobilität konnten sich die Besuche rinnen und Besucher nicht nur informieren und qualifizieren, sondern auch neueste Elektroautos erfahren, wie zum Beispiel exklusiv den neuen VW ID.Buzz. Sie testeten die Fahrzeuge im Rahmen von Fahrten rund um Hannovers Messegelände sowie im benachbarten ADAC-Fahrsicherheitszentrum. Zu den über 80 Ausstellern auf dem bfp FORUM 2022 zählten auch namhafte Automobilhersteller und -importeure, die ihre flottenrelevanten Modelle mit nach Hannover auf das Messegelände brachten.
„Wir haben in Hannover mehr als 700 Ladepunkte, sind damit auf Platz 1.“
Belit Onay, Oberbürgermeister von Hannover
Dazu gehörte auch der neue Nissan X-Trail, der erst kurz vor dem bfp FORUM der Presse vorgestellt wurde.
Vollelektrische Luxuslimousinen und innovative Start-ups Begutachten konnten die Besucher auch den Prototyp Nio ET7, eine 5,10 Meter lange vollelektrische Luxuslimousine, die Ende des Jahres in Deutsch land auf den Markt kommen soll. Weiterhin den bZ4x, das erste vollelektrische Auto von Toyota, das ebenfalls auf dem bfp FORUM zu sehen war. Außerdem präsentierten zahlreiche Start-ups ihre innovativen Zukunftsvisionen der betrieblichen Mobilität.
Antworten auf die sich verändernden Arbeitsmodelle und neue Ideen zur Mitarbeiter gewinnung gaben zahlreiche Aussteller sowie die Mini-Seminare der bfp Akademie.
Ein besonderes Highlight waren die ausgestell ten Wohnmobile, die für ruhige Kundengespräche von Ausstellern kostenfrei als Besprechungsraum gebucht werden konnten. Diese Firmenwagen nutzen manche Unternehmen, um digitale Noma den als Mitarbeiter zu gewinnen.
Zukunftsweisende Diskussionen, Vorträge und Fortbildungsangebote Begleitet wurde das bfp FORUM von einem umfang reichen Fachprogramm. Darunter die ausgebuchten Mini-Seminare der bfp Akademie, die Antworten, Tipps und Lösungen zu aktuellen Themen der betrieblichen Mobilität gaben, wie zum Beispiel zur E-Mobilität, zu öffentlichen Ausschreibungen, zur Kostenoptimierung und zu Rechtsthemen.
So nutzten viele Fuhrparkverantwortliche die Möglichkeit, sich auszutauschen und zu lernen, wie sie – trotz Lieferschwierigkeiten in der Automobilund Werkstattbranche – ihre Mitarbeiter mobil halten können. Und sie diskutierten auch darüber, wie sie ihre Verhandlungsposition gegenüber den Autoherstellern und Leasingunternehmen weiter optimieren können.
Branchenexperte Stephan Lützenkirchen moderierte auf der Bühne drei zentrale Podiumsdiskussionen. Im Fokus: Elektrifizierung der Fuhrparks sowie alternative Mobilitätsangebote, Lieferschwierigkeiten von Automobilherstellern und -importeuren sowie betriebliche und urbane Mobilität der Zukunft. (RED) W
w Einen ausführlichen Bericht zum bfp FORUM lesen Sie in unserem digitalen Magazin: svg.to/fupafomag
Fahren bis in die Grenzbereiche: Bei gutem Wetter hatten die Teilnehmer im Fahrsicherheitszentrum reichlich Gelegenheit, den Fahrzeugen auf den Zahn zu fühlen.
Ins rechte Licht gerückt: Hersteller waren mit unterschiedlichen Modellen nach Hannover gekommen.
Erfahrungen sammeln: Auf dem ADAC-Testgelände hatten die Teilnehmer dank Nassgleitflächen oft alle Hände voll zu tun.
Ein Highlight unter den Testwagen war der nagelneue ID.Buzz von VW.
Das
Oskar ist ganz neu im Betrieb Herden & Köllner Haustechnik. „Der Welpe kann noch nicht lange genug alleine zu Hause bleiben, deshalb musste er mit in den Betrieb“, berichtet Inga Köllner, die den SHKBetrieb zusammen mit ihrem Mann in Han nover führt. Dort hat Oskar schnell eine Aufgabe gefunden: die Demontage.
Wenn Köllner das Kommando „Schreddern“ ruft, darf er im Büro Kartons auseinandernehmen. „Meistens klappt das ganz gut, wir trainieren aber noch regelmäßig in der Hundeschule“, berichtet die 46Jährige. Wenn der MagyarVizslaWelpe gerade nicht im Blickfeld seiner Besitzerin ist, macht er sich ab und zu an wichtigen Unterlagen oder Ord nern zu schaffen. „Deshalb ist es manchmal richtig anstrengend mit ihm“, meint Köllner. Doch trotz des gelegentlichen Schabernacks beobachtet sie schon nach wenigen Wochen positive Verände rungen im Team. Dazu gehört zum Beispiel, dass Oskar sich bei Gesprächen als Eisbrecher erweist: „Wenn unsere Mitarbeiter den Hund streicheln, erzählen sie schon mal private Dinge, über die sie früher kein Wort verloren hätten“, sagt Köllner. Auch ihr Alltag hat sich durch den Hund verändert: Ihre Mittagspausen verbringt sie jetzt regelmäßig an der frischen Luft und geht eine Runde im Wald spazieren: „Das tut mir gut und entstresst mich.“
Ärger auf der Baustelle? Hund muntert Handwerker wieder auf!
Auch bei Energietechnik Packmohr in Wrestedt hat ein Vierbeiner für positive Veränderungen gesorgt: Labrador Coco verstärkt seit knapp drei Jahren das Team. Wie alle Mitarbeiter hat auch der Hund einen festen Aufgabenbereich. Nachzu lesen ist das auch auf der Website des Handwerksbetriebs: Coco ist dort als „FeelGoodManager“ und „AntiStressTherapeut“ aufgeführt. Während der Arbeitszeit ist der Labrador zwar meist im Büro
von Chefin Anja Packmohr zu finden. Er kümmert sich aber um alle im Team: Zum Beispiel begrüßt er abends die Handwerker, die von der Baustelle zurück in den Betrieb kommen. „Die freuen sich immer auf den Hund und streicheln ihn erstmal“, berichtet Packmohr.
Bei diesem Begrüßungsritual sind oft Cocos besondere Fähigkeiten gefragt: „Wenn die Mitarbeiter mal Stress mit Kunden hatten, dann schafft sie es schnell, sie auf andere Gedanken zu bringen“, sagt die Chefin. Nach einer kurzen Streicheleinheit sei der Ärger meist nur noch halb so schlimm. Auch die Mitarbeiter im Büro muntert Coco regelmäßig auf. Für diese Dienste revanchieren sich die Kollegen regelmäßig: „Unsere
„Ember weiß genau, wie sie die Kollegen dazu bringt, ihr in der Küche die Dose mit den Leckerlis zu öffnen.“
Jürgen Hoppe, Tischlermeister
Mitarbeiter versorgen Coco im Pausenraum gern mit kleinen Apfelstückchen“, sagt Packmohr. Für das Füttern gibt es Regeln: „Coco darf nichts vom Tisch bekommen, sondern muss auf ihrem Platz liegen“, erläutert die Unternehmerin.
Kontrollfreak weiß genau, wo die Leckerlis versteckt sind Regeln gibt es auch für das Team der Tischlerei Hoppe und Bürohündin Ember. „Wenn unsere Mit arbeiter ins Büro kommen, sollen sie nicht sofort auf sie reagieren und sie streicheln“, sagt Tischlermeis ter Jürgen Hoppe aus Rinteln. Trotzdem dauert es dann meist nicht lange, bis sie Ember das Fell krau len. Jedes Mal beobachtet der Unternehmer dabei das gleiche Phänomen: „Den Mitarbeitern huscht dann immer ein Lächeln ins Gesicht.“ Er ist davon überzeugt, dass seine Mitarbeiter ihm damit keinen Gefallen tun wollen, sondern dass das Lächeln von innen kommt.
Ember ist in solchen Momenten ganz friedlich –doch sie kann auch anders: „Unsere Hündin ist ein kleiner Kontrollfreak, der im Betrieb auf alles und jeden aufpasst“, sagt Hoppe. Stößt Ember auf Unre gelmäßigkeiten, zum Beispiel auf Passanten, die drau ßen vorbeigehen, bellt sie schon mal lautstark. Für die Mitarbeiter im Büro sei das manchmal anstrengend.
Wenn die Hündin Aussichten auf ein Leckerli hat, verlässt sie schon mal das Büro: „Ember weiß genau, wie sie die Kollegen dazu bringt, ihr in der Küche die Dose mit den Leckerlis zu öffnen“, berichtet der Chef. Die Küche ist ganz nah an der Werkstatt, doch dorthin verirrt sich die Hündin nie freiwillig. „Nach Feierabend hat Ember einmal die Werkstatt inspiziert, das hat ihr aber nicht gut gefal len“, erläutert Hoppe. Aus Altersgründen hat er die Hündin mittlerweile in Teilzeit geschickt, sodass sie nur noch halbtags im Betrieb ist.
Junger Hund zeigt Chef-Qualitäten Noch ganz am Anfang seiner Handwerkskarriere steht Labradoodle Cooper. Seit Jahresanfang gehört der Junghund zum Team von Zweirad Calmer in Georgsmarienhütte. Trotzdem benimmt er sich schon fast wie ein Chef: „Morgens dreht der Hund eine Runde durch den Betrieb und begrüßt jeden Mitarbeiter persönlich“, berichtet Jennifer Calmer, die den Betrieb zusammen mit ihrem Mann führt.
Das kommt mittlerweile bei allen gut an: „Die Mitarbeiter freuen sich, wenn sie Cooper sehen“, so die 28Jährige. Doch das war nicht immer so. „Anfangs waren einige Mitarbeiter dem Hund gegenüber eher skeptisch“, erinnert sich Calmer. Dass erste Ängste verflogen sind, liege auch daran, dass es jetzt klare Regeln für Cooper gibt und er sich meist an sie hält. So dürfe er sich während der Ladenöffnungszeiten
nur im Büro oder hinter dem Verkaufstresen aufhal ten – ansonsten muss er an die Leine.
Calmer hat aber auch viel getan, damit das Mit einander von Mensch und Tier im Betrieb gut klappt: „Anfangs habe ich mir bewusst Zeit genommen, um den Mitarbeitern das Verhalten von Cooper zu erläu tern“, sagt die Verkaufsleiterin. Mittlerweile wissen alle im Team, wie sie den Hund am besten berühren und seine Körpersprache deuten.
Nach knapp neun Monaten mit Hund im Betrieb zieht Calmer ein positives Zwischenfazit: „Cooper hat es geschafft, das Klima im Betrieb nochmal deutlich zu verbessern“, freut sie sich. W
„Morgens dreht der Hund eine Runde durch den Betrieb und begrüßt jeden Mitarbeiter persönlich.“
Jennifer Calmer, Zweirad Calmer
Organ der Handwerkskammern
127. Jahrgang
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ISSN 0029-1617
Druck: Dierichs Druck+Media GmbH & Co. KG, Kassel
Genderneutrale Sprache
Die Publikation richtet sich, sofern nicht ausdrücklich etwas anderes angegeben ist, an alle interessierten Personen, unabhängig vom Geschlecht. Wir bemühen uns um eine ges chlechterneutrale Sprache, weisen aber darauf hin, dass wir in bestimmten Fällen wegen der besseren Lesbarkeit und Verständlichkeit nur die männliche Form verwenden. Gleichbehandlung ist uns wichtig, Diversität nehmen wir als Chance für die Zukunft wahr.
Firmenname Die Kosmetikpraxis Hannover Webseite www.kosmetikpraxis-hannover.de Ort Hannover Gewerk Gesundheits- und Körperpflege Mitarbeiterzahl 3 Funktion Inhaberin
1. Was war Ihre wichtigste Entscheidung als Unternehmer?
Die Entscheidung, die Kosmetikpraxis im Corona-Lockdown zu übernehmen.
2. Was bieten Sie Kunden, das Ihre Mitbewerber nicht haben?
Wir sehen Hautpflege im Ganzen, dabei sind innere Faktoren, Angewohnheiten sowie das Pflegesystem wichtig. Für attraktive Haut gibt es keine schnelle Lösung.
3. Welches Ziel wollen Sie als Unternehmerin noch erreichen?
Die Etablierung des neuen Firmennamens in Hannover und über seine Grenzen hinaus und etwas Innovatives in der Beautybranche entwickeln.
4. Was war Ihre härteste Bewährungsprobe?
Knapp acht Monate Lockdown, zwei Wasserschäden und eine andauernde Inflation und Energiekrise – wir sind krisenfest!
Früher Abend im niedersächsischen Cremlingen: Als ein Auto im Ortsteil Weddel in die Ladenscheibe der Dorfbäckerei fährt, spricht sich das schnell herum – und Tischlermeister Karsten Paelecke reagiert prompt. Es ist zwar kurz nach Feierabend, aber „ich habe sofort meine Mitarbeiter alarmiert und den Anhänger mit Werkzeug startklar gemacht“, berichtet der Handwerker.
Nach einem Anruf bei Bäckermeister Christian Vahldiek ist klar, dass eine neue Ladenfront hermuss. Und das möglichst schnell, damit er nachts backen und den Laden am nächsten Tag öffnen kann. Also entfernen der Tischler
meister und sein Team die alten Glasteile und bauen ein Proviso rium aus Holz. „Mit Spanplatten haben wir die Ladenfront abge dichtet und eine abschließbare Tür eingebaut“, berichtet Paelecke. Bis in den späten Abend hinein dauern die Aufräum- und Reparaturarbeiten.
Reinhild Vahldiek und ihr Mann sind dankbar für diese
schnelle Hilfe: Die Tischler standen schon im Laden, während die Polizei noch die Details des Unfalls aufschrieb, berichtet sie. „Die spon tane Hilfsbereitschaft hat uns überwältigt. Ohne den Einsatz hätten wir wahr scheinlich tagelang schließen müssen“, betont Reinhild Vahldiek. (JA)
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