2 minute read
Besser spät als nie
Der Einbecker Esat Aygir hat das Handwerk erst auf den zweiten Blick für sich entdeckt - und nach dem Studienausstieg mit 44 seine Gesellenprüfung bestanden.
das schon etwas anderes, als wenn man 16 Jahre alt ist. Da ist man ganz anders gefordert. Für die Unterstützung während der Ausbildung bin ich André sehr dankbar“, sagt er. Für den Betriebsinhaber kommt es bei Fachkräften ohnehin fast ausschließlich auf den persönlichen Einsatz an. „Wir haben hier eine bunte Belegschaft. Die Kollegen kommen aus allen Teilen Europas von Portugal bis zur Ukraine, haben unterschiedlichste Lebensgeschichten. Das spielt für mich keine Rolle. Für mich zählt nur, dass wir gemeinsam anpacken und jeder seine Rolle im Team kennt.“
Social Media & Benefits
Von der Uni ins Handwerk: Nach dem angefangenen Medizinstudium sattelte Esat Aygir (links) noch einmal um und entschied sich für eine Ausbildung zum Elektroniker bei André Heise (rechts).
Gut Ding will Weile haben. Das gilt in manchen Fällen auch für das Handwerk. Und damit auch für Esat Aygir, der in diesem Frühjahr seine Gesellenprüfung zum Elektroniker abgeschlossen hat. „Ich habe nach meinem Abitur ein Medizinstudium in Göttingen aufgenommen. Allerdings konnte ich das Studium aus verschiedenen Gründen nicht zuende führen. Also musste ein Plan B her!“
Vom Fußballplatz ins Handwerk
Über den örtlichen Fußballverein lernt er Elektrotechnikermeister und Betriebsinhaber André Heise kennen, in dessen Betrieb Aygir im Zuge einer Hilfsarbeiter-Tätigkeit schon öfter eingesetzt war. „Esat und ich waren uns einig, dass eine Ausbildung der richtige Weg ist. Für mich war es überhaupt keine Frage, ihm 2020 einen Ausbildungsplatz zu geben“, erläutert Heise, der den 1988 gegründeten Betrieb seines Vaters übernommen und von sechs auf inzwischen 35 Mitarbeiter weiterentwickelt hat.
Für Aygir war die Ausbildung auch mit Abitur und Studium noch einmal eine besondere Herausforderung: „Wenn man mit vierzig Jahren wieder die Schulbank drücken muss, dann ist
Bei der Suche nach Auszubildenden und Fachkräften setzt Heise neben den Sozialen Medien auch auf einige Benefits. „Wir machen einiges, von Vermögenswirksame Leistungen bis zu Fahrrad-Leasing. Mir ist aber immer auch wichtig, dass der Leistungsbezug nicht verloren geht.“ Die geringe Fluktuation im Betrieb gibt Heise recht, dass er die richtigen Maßnahmen zur Fachkräftesicherungen ergreift. Und doch wird es auch für die Heise GmbH schwieriger, Ausbildungsplätze zu besetzen. „Aktuell haben wir keine Lehrstelle besetzt. Wir versuchen aber mit dem Einsatz der sozialen Medien uns noch besser online zu präsentieren.“ Die vielfältigen Zielgruppen von Studienaussteigern bis Geflüchteten hat Heise erkannt und möchte sie auch weiter für seinen Betrieb gewinnen.
Esat Aygir ist hingegen froh, dass er seinen Weg ins Handwerk gefunden hat. Bei der Frage nach den nächsten Karriere-Schritten ist er sich noch nicht sicher „Aktuell ist der Meister für mich kein Thema, da verbringe ich die Zeit aktuell viel lieber mit meiner Familie. Aber wie es so häufig ist: Sag niemals nie.“ YANNIK HERBST W
Fachkräfte gesucht oder Lehrstelle zu vergeben: Die Handwerkskammer bietet neben der Fachkräfte- und Lehrstellenbörse verschiedene Beratungsmöglichkeiten für Betriebe an. Die Ausbildungsplatzmatcher um Gruppenleiter Alexander Patzer stehen Interessierten telefonisch (05121 162-123) oder per Mail (matching@ hwk-hildesheim.de) zur Verfügung.
Handwerkspolitik auf einen Blick
Die Landtagsabgeordneten Andrea Prell und Markus Brinkmann (LK Hildesheim)haben sich im BBZ über die Herausforderungen des Südniedersächsischen Handwerks informiert. Neben einem Einblick in die Werkstätten wurde vor allem über die Berufsorientierung, die aktuell noch auslaufende Meisterprämie und die Finanzierung der ÜLU diskutiert.
In seinem Statement zur 200€-Soforthilfe für Studenten und Fachschüler ermahnte Präsident Roman die Politik, das auch Meisterschüler berücksicht werden sollten. Gleichwertigkeit dürfe nicht nur eine hohle Phrase sein.