Wie Betriebe Verantwortung übernehmen und profitieren
Strategien gegen Preisdrücker
Mit diesen Formulierungen können Sie kontern
129.Jahrgang
www.hwk-hildesheim.de
„Das Handwerk braucht positive Botschaften“
ZDH-Präsident Jörg Dittrich im Interview
Liebe Leserin, lieber Leser,
der indische Gelehrte und Freiheitskämpfer Mahatma Gandhi soll einmal gesagt haben „Sei du selbst die Veränderung, die du wünschst für diese Welt.“ Mit Blick auf die nachfolgenden Generationen können wir dieses Zitat auch als Aufforderung verstehen, jeden Tag selbst einen Beitrag für eine nachhaltige Zukunft zu leisten.
Wer nun vor allem an polarisierende Debatten, an ein vermeintliches Heizungsgesetz oder bürokratische Rechtsgrundlagen denkt, sieht nur die eine Seite der Medaille. Denn Nachhaltigkeit ist deutlich mehr, als nur die Frage nach dem Klimaschutz.
Deshalb haben die Vereinten Nationen insgesamt 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung formuliert, an denen alle Länder sich aktiv beteiligen sollen. Dabei geht es um eine Vielzahl an Herausforderungen: Die Bekämpfung von Armut, die Verbesserung der globalen Gesundheitsversorgung, Bildung, nachhaltiger Konsum und eben auch saubere Energien und Klimaschutz sind nur einige Beispiele. Auch das Handwerk bekannte sich 2020 zu den Zielen der UN.
Für Sie in den Betrieben bergen diese Ziele selbstverständlich Herausforderungen. Doch darüber hinaus müssen wir die Nachhaltigkeitsziele vor allem als Motivation und Chance begreifen. Viele Studien zeigen: Wer beim Thema Nachhaltigkeit ganzheitlich denkt, positioniert sich als attraktives Unternehmen und auch als attraktiver Arbeitgeber.
Und dennoch: Beim Thema Nachhaltigkeit denken viele zuerst an den Klimaschutz. Angesichts der in diesem Jahr verstärkten
Wetterextreme ist entschlossenes Handeln hier wichtig. Trotzdem möchte ich Sie ermutigen, sich auch mit den anderen 16 Zielen der Vereinten Nationen zu befassen. Denn rund 122 Mrd. Euro Umsatz in Norddeutschland – hier können Sie selbst einen entscheidenden Beitrag leisten, gemeinsam mit Ihrer Mitgliederorganisation!
Es geht nicht nur um Klimaschutz, sondern um eine umfassende, nachhaltige Entwicklung in allen Bereichen und auf allen Ebenen der Gesellschaft.
Wir möchten Ihnen mit dieser Ausgabe einen Überblick darüber geben, was Nachhaltigkeit eigentlich genau bedeutet und welche Beratungsangebote Ihre Handwerkskammer für Sie bereithält. Darüber hinaus haben wir mit zwei Betriebsinhabern gesprochen, die sich selbst dem Thema Nachhaltigkeit verschrieben haben und damit auch Inspiration für andere sein können.
Packen wir es an! Und bis dahin wünsche ich Ihnen viel Spaß beim Lesen,
Ihr
Yannik Herbst, Leitung Stabstelle Kommunikation
Für Ihr Handwerk lieber traditionelle oder digitale Lösungen? Wir bieten Ihnen beides!
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Chefredaktion:
Clemens Noll-Velten
(Chefredakteur, V.i.S.d.P.)
Tel. 0511 8550-2701
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Abo- und Vertriebsservice
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E-Mail: vertrieb@schluetersche.de
AUS DER HANDWERKSKAMMER
6 LegtWertaufNachhaltigkeit
In dieser Werkstatt wird jedes Holz verwendet
10 NachhaltigesWirtschaften
Unternehmen im Dialog
BETRIEB
14 SichernSieIhrenBetrieb!
Extreme Wetterereignisse und die Folgen
16 MehrYoutube,wenigerFacebook Azubis sind in sozialen Medien unterwegs
18 Weihnachtsgrüßeverschicken
Analoge Karten stechen heraus
20 Zahlungsausfällegestiegen
Fristen gerade jetzt nicht zu großzügig wählen
22 StrategiengegenPreisdrücker
Mit diesen Formulierungen kontern Sie
24 E-Rechnung
Antworten auf Leserfragen
26 HandwerkbrauchtpositiveBotschaften ZDH-Präsident Jörg Dittrich im Interview
29 KeingroßerBefreiungsschlag
Das Bürokratieentlastungsgesetz IV
30 Teamserfolgreichführen
Guter Teamgeist bringt Betrieb voran
32 PilotprojektzeigtErgebnisse
Arbeitnehmer und Betriebe sind mit Vier-Tage-Woche zufriedener
REGIONALES
34 Zukunftsfähigsein
Groß denken und mutig entscheiden
BETRIEB
36 UrteilzumFahrzeugleasing Steuervorteil durch Sonderzahlung gekippt
38 Biszu3.500EuroFörderungmöglich Für ein E-Lastenfahrrad
42 MehrErfolgdurchWeglassen Meister reduziert Angebot
BETRIEB PLUS
46 Taktisch,tüchtig,Toyota
Proace Max vs. Proace City
PANORAMA
48 WerkzeugfürLiebhaber
Aus der Scheune in die Welt
IMPRESSUM 50 Pflichtangaben
Aus der Scheune in die Welt
Die von Drechsler Matthias Fenner handgefertigten Werkzeuge sind beliebt von New York bis Sydney. Wie hat er sich international einen Namen gemacht? |48
Fotos: ZDH/Henning
Schacht
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Betriebsinhaber Stefan Schneider achtet bei seiner Arbeit auf die Schonung der Ressourcen.
„Nachhaltigkeit
ist keine Modeerscheinung!“
Stefan Schneider legt bei seiner täglichen Arbeit Wert auf einen ressourcenschonenden Einsatz von Material – und nutzt dabei auch bereits ausgemustertes Holz.
YANNIK HERBST
Wer die Tischlerei von Stefan Schneider in Alfeld besucht, wundert sich zunächst vielleicht über die vielen Hölzer und Baumschnitte, die sich in großer Zahl auf dem Firmengelände befinden. Das ungeschulte Auge würde nicht selten meinen „was soll man denn damit?“. Doch Tischlermeister Schneider weiß ganz genau, welche Möglichkeiten der Werkstoff Holz bietet. Für ihn geht es dabei auch um die Schonung von Ressourcen: „Nachhaltig heißt für mich und die Arbeit in meiner Tischlerei auch, dass sehr viel mit Hölzern gearbeitet wird, die ansonsten in den Hacker, die Papiermühle, die Spanplattenfertigung oder beim Nachbarn in den Ofen gelangt wären.“
„Alles, was sich noch verwerten lässt, verarbeite ich weiter“
Stefan Schneider, Betriebsinhaber der Tischlerei Stefan Schneider GmbH
Auch deshalb nutzt Schneider bei seinen Arbeiten eine Vielzahl von Material, welches viele andere nicht mehr verwenden würden – zu Unrecht.
Stefan Schneider hat sich mit seiner Tischlerei auf die Verwendung von ausgemustertem Holz spezialisiert. Dabei geht es ihm vor allem um den ressourcenschonenden Umgang mit einem der wertvollsten Rohstoffe der Natur. „Man sollte immer das ausnutzen, was da ist“, betont er. Gerade in einer Zeit, in der viel zu oft Materialien verschwendet und einfach weggeworfen werden, setzt Schneider auf einen bewussten Umgang mit den vorhandenen Ressourcen. Er sieht es als seine Aufgabe, auch Holz zu verarbeiten, das andere für unbrauchbar halten.
Fotos: HWK
In dieser Werkstatt wird Nachhaltigkeit großgeschrieben – jedes Stück Holz findet seine Verwendung.
So zum Beispiel auch, wenn in der Region Bäume gefällt werden, die sonst nur geschreddert oder verbrannt würden. „Ich nehme diese Bäume gerne an und mache daraus noch etwas Sinnvolles“, erklärt er.
Sein Verständnis für Holz und seine Herkunft ist dabei tief verwurzelt. Schneider erkennt am Holz, welche Witterungseinflüsse der Baum erlebt hat und wie und wo er gestanden haben könnte. „Das Holz erzählt seine eigene Geschichte“, sagt er. Einige der Hölzer, mit denen er arbeitet, stammen von Bäumen, die tausende Jahre alt sind. Diese besondere Verbindung zur Natur und der Respekt vor dem Rohstoff Holz sind für Schneider essenziell in seiner täglichen Arbeit.
Ein Beispiel für seine nachhaltige Herangehensweise ist die Verarbeitung von alten Bohlen aus einem Wehr, die aufgrund des Hochwassers im Dezember des vergangenen Jahres ausgetauscht werden mussten. Während andere diese Bohlen als unbrauchbar abgestempelt hätten, sieht Schneider darin noch großes Potenzial. „Alles, was sich noch verwerten lässt, verarbeite ich weiter“, betont er. Für ihn darf Holz auch zeigen, dass es schon einmal anders verwendet wurde: „So sieht man, dass der Baum nicht umsonst gestorben ist.“ An Qualität büßen die Arbeiten von Schneider dennoch nicht ein.
Der Betriebsinhaber ist sich der Problematik der Wegwerfgesellschaft bewusst und sieht hier dringenden Handlungsbedarf. Ein besonders prägnantes Beispiel für den verschwenderischen Umgang mit Ressourcen ist für ihn die Brücke in Gronau im Landkreis Hildesheim. Diese wurde falsch konstruiert, nun beginnen nach nur kurzer Zeit bereits erste Bau-
1000
TEILS über tausend Jahre alte Bäume werden bei der Tischlerei von Stefan Schneider für die Herstellung seiner Waren verwendet.
teile zu gammeln. „Dass diese Brücke jetzt komplett ersetzt werden soll, ist für mich hochproblematisch“, sagt Schneider. Er ist überzeugt, dass auch hier nachhaltiger gedacht werden müsste. „Teile der Brücke könnten erhalten oder anders verarbeitet werden.“
Bevor sich Schneider für das Tischlerhandwerk entschieden hatte, ist er der elterlichen Linie gefolgt und Fleischer geworden. Der Weg zum Tischlermeister mag auf den ersten Blick ungewöhnlich erscheinen, doch Schneider hat in der Arbeit mit Holz seine wahre Leidenschaft gefunden. Ihm liegt besonders am Herzen, den Menschen den Wert der Dinge wieder bewusst zu machen. „Man muss den Leuten zeigen, dass Materialien wie Holz etwas Kostbares sind, das man nicht einfach wegwirft.“
Neben seiner handwerklichen Arbeit engagiert sich Schneider auch in der Nachwuchsförderung. Beim Zukunftstag öffnet er regelmäßig seine Werkstatt für junge Schüler und beobachtet, wie viel Freude sie daran haben, mit Holz zu arbeiten. „Das Interesse am Handwerk ist bei vielen Schülern da, man muss es nur wecken“, meint er. Zusätzlich bietet er im Laufe des Jahres verschiedene Kurse an, in denen Interessierte beispielsweise lernen, selbst Messergriffe zu fertigen. „Es ist faszinierend zu sehen, wie viel Begeisterung man bei den Teilnehmern entfachen kann“, erklärt er stolz. Stefan Schneider lebt und arbeitet in der Überzeugung, dass Nachhaltigkeit im Handwerk keine Modeerscheinung ist, sondern die Grundlage für eine zukunftsfähige Gesellschaft: „Wir müssen wieder lernen, die Dinge zu schätzen und verantwortungsvoll mit ihnen umzugehen.“ W
In der großen Werkstatt der Segelmanufaktur Lishke, werden beinahe alle Überreste die sonst in den Müll landen, wiederverwertet.
Nachhaltigkeit im Segelmacherhandwerk
Der Hildesheimer Segelmacherbetrieb Segelmanufaktur Lishke setzt bei allen Prozessen auf Nachhaltigkeit – von der Energieproduktion bis zur Mitarbeiterbindung.
Seit 1989 steht die Segelmanufaktur Lishke für Qualität, Tradition und Innovation. Was 1989 als kleine Segelwerkstatt begann, ist heute ein führendes Unternehmen in der Herstellung von maßgeschneiderten Segeln, Sonnensegeln, Yachtsegeln und Veranstaltungszelten.
Doch Lishke hebt sich dabei auch durch sein ganzheitliches Engagement für Nachhaltigkeit ab – in ökologischer, sozialer und wirtschaftlicher Hinsicht.
„Nachhaltigkeit war für uns schon immer ein wichti-
ges Element unserer Arbeit“, erklärt Inhaber Ralf Kohrs. „Mit dem Neubau unserer Werkstätten haben wir einen weiteren Schritt getan, um unsere Umweltbilanz zu verbessern und gleichzeitig effizienter zu arbeiten.“ Die Zahlen untermauern die Ambitionen des Betriebs: Mit zwei Photovoltaikanlagen produziert das Unternehmen jährlich rund 55.000 kWh Solarstrom – weit mehr, als es selbst benötigt. Der überschüssige Strom wird ins Netz eingespeist, was nicht nur Kosten spart, sondern
auch einen erheblichen Beitrag zum Klimaschutz leistet. Darüber hinaus soll auch die Firmenwagenflotte elektrifiziert werden.
Nachhaltigkeit weit gedacht
Für Lishke bedeutet Nachhaltigkeit mehr als nur Umweltschutz. Das Unternehmen legt großen Wert auf soziale Verantwortung. Mit einer Frauenquote von 50 % in der Belegschaft setzt der Betrieb Maßstäbe bei der Gleichberechtigung am Arbeitsplatz. Darüber hinaus
engagiert sich der Betrieb in der Region und unterstützt soziale Projekte wie das Frauenhaus Hildesheim.
„Wir wollen nicht nur wirtschaftlich erfolgreich sein, sondern auch einen positiven Beitrag für die Gesellschaft leisten“, betont Kohrs. Dazu gehört auch, jungen Menschen Chancen zu bieten: Lishke ist ein anerkannter Ausbildungsbetrieb und setzt auf die Förderung des Segelmacherhandwerks, in dem nicht mehr viele Ausbildungsbetriebe in Deutschland existieren.
Die Gesundheit und das Wohlbefinden der eigenen Belegschaft spielen ebenfalls eine wichtige Rolle. Einmal wöchentlich wird eine Yoga-Einheit während der Arbeitszeit in der Nebensaison angeboten, und durch das Modell der 4-Tage-Woche können die Beschäftigten regelmäßig von verlängerten Wochenenden profitieren.
Bodo-Bags – Nachhaltigkeit zum Anfassen
Ein besonderes Beispiel für das nachhaltige Denken bei Lishke ist das Projekt Bodo-Bags. Dabei handelt es sich um ein Upcycling-Projekt, bei dem aus alten, ausgemusterten Segeln robuste und stilvolle Taschen gefertigt werden. Ralf Kohrs erklärt: „Für die Außenhülle unserer Taschen verwenden wir recyceltes Segeltuch, das bei uns normalerweise nicht mehr weiterverwendet werden könnte. Für das Innenfutter und die Innentaschen nutzen wir Tuchreste aus der Zeltproduktion. Sogar das Rückenpolster besteht aus aufgeschäumtem PVC, das bei der Herstellung von Schweißschablonen anfällt.“
Mit diesen Prinzipien gelingt es Lishke, den Abfall im Betrieb deutlich zu redu-
„Das würde uns ermöglichen, komplett auf fossile Energieträger zu verzichten und noch nachhaltiger zu arbeiten.“
Betriebsinhaber Ralf Kohrs, über weitere Projekte, um noch nachhaltiger zu arbeiten.
zieren und gleichzeitig langlebige Produkte zu schaffen, die den Alltag ihrer Nutzer bereichern. „Sind die Taschen wirklich nachhaltig? Absolut!“, betont Kohrs. „Wir setzen auf Materialien, die sonst im Müll landen würden, und tragen so zur Schonung wertvoller Ressourcen bei.“
Doch es geht nicht nur um das Material: Die Produktion der Taschen erfolgt unter fairen Arbeitsbedingungen und ausschließlich regional. Dies ist Teil von Lishkes ganzheitlichem Ansatz zur Nachhaltigkeit. „Wir legen großen Wert darauf, dass unsere Produkte nicht nur gut
Die Arbeitsplätze sind für eine optimale Körperhaltung im Boden verbaut.
für die Umwelt, sondern auch gut für die Menschen sind, die sie herstellen“, so Kohrs.
Ökologische Verantwortung fest im Blick
Die ökologische Verantwortung wird auch am Firmengelände sichtbar. Nur ein Drittel des Grundstücks ist versiegelt, der Rest ist begrünt, wodurch eine natürliche Regenwasserversickerung möglich ist. Zusätzlich wurden spezielle Ökopflaster verlegt, die ebenfalls zur Minimierung der Versiegelung beitragen. Die Dämmung des Gebäudes, der Einsatz von LED-Beleuchtung und die moderne Heiztechnik tragen dazu bei, den Energieverbrauch so gering wie möglich zu halten. Trotz dieser Erfolge plant Lishke bereits weitere Schritte: Der Umstieg auf eine strombasierte Infrarotheizung, die ausschließlich mit grünem Strom betrieben wird, steht kurz bevor. „Das würde uns ermöglichen, komplett auf fossile Energieträger zu verzichten und noch nachhaltiger zu arbeiten“, erklärt Kohrs. Eine solche Heizung würde zwar den Strombedarf des Unternehmens erhöhen, doch
die hohe Eigenproduktion von Solarstrom macht diese Entwicklung nicht nur möglich, sondern auch sinnvoll.
Nachhaltigkeit als Erfolgsmodell Lishke zeigt eindrucksvoll, dass Nachhaltigkeit nicht nur eine moralische Entscheidung, sondern auch ein wirtschaftliches Erfolgsmodell sein kann. Die Investitionen in nachhaltige Technologien und Verfahren haben sich bereits mehrfach ausgezahlt: Die Energiekosten sind gesunken, und der ökologische Fußabdruck des Unternehmens wurde erheblich reduziert. Darüber hinaus macht das Engagement für soziale und ökologische Projekte Lishke zu einem attraktiven Arbeitgeber und einem vertrauenswürdigen Partner in der Region.
„Wir möchten Vorreiter sein, wenn es um Nachhaltigkeit im Handwerk geht“, erklärt Kohrs. „Und wir hoffen, dass andere Betriebe unserem Beispiel folgen.“ Die Segelmanufaktur Lishke zeigt, wie Handwerk und Nachhaltigkeit Hand in Hand gehen können – ein Vorbild für viele. YANNIK HERBST W
Aus den ausgemusterten Segeln, werden stilvolle Taschen angefretigt.
Foto: HWK
Nachhaltigkeit bleibt ein zentraler Erfolgsfaktor für Unternehmen. Sie sorgt nicht nur für effizienteren Ressourceneinsatz und Kostensenkungen, sondern stärkt auch die Attraktivität als Arbeitgeber und verschafft langfristige Wettbewerbsvorteile.
Nachhaltiges Wirtschaften: Unternehmen in Dialog
Handwerkskammer, Stadt Hildesheim und HI-REG informieren am 27.11. ab 17:30 Uhr im gemeinsamen Austauschformat über die möglichen Handlungsfelder im betrieblichen Alltag.
YANNIK HERBST
Viele Jahre war das Thema Nachhaltigkeit absolut im Trend. Mit Verschiebung der inhaltlichen Debatten in Politik, Medien und Gesellschaft, hat die Relevanz von Nachhaltigkeit vermeintlich abgenommen. Doch dieser Schein trügt! „Unternehmen stehen vor der Herausforderung, ökologische Verantwortung mit strengen Auflagen zu verbinden. Strengere Regulierungen und wachsende Anforderungen machen nachhaltiges Handeln zur Pflicht“, erklärt Svenja Fuhrich, Fachbereichsleiterin Smart City bei der Stadt Hildesheim. Darüber hinaus sei es aus ihrer Sicht wichtig, nachhaltige Geschäftspraktiken als zukunftssicherndes Instrument zu verstehen, die auch beim Werben um Fachkräfte einen Wettbewerbsvorteil darstellen. Auch deshalb veranstaltet die Handwerkskammer gemeinsam mit der Stadt Hildesheim und der Wirtschaftsförderungsgesellschaft HI-REG eine Podiumsdiskussion zum Thema Nachhaltigkeit.
„Nachhaltigkeit – nicht warten, starten!“
Unter diesem Motto veranstaltet die Handwerkskammer gemeinsam mit der Stadt Hildesheim und HI-REG eine Podiumsdiskussion zum Thema Nachhaltigkeit.
Unter dem Motto „Nachhaltigkeit – nicht warten, starten!“ sollen sich Betriebsinhaber mit den Diskussionsgästen zu den vielfältigen Chancen im Bereich Nachhaltigkeit austauschen und vernetzen können. Denn Nachhaltigkeit ist weit mehr als ein Trend.
Mit einer nachhaltigen Geschäftsstrategie sichern Betriebe sich langfristig wirtschaftliche Vorteile, indem sie Ressourcen effizienter nutzen, Kosten senken und zur Schonung der Umwelt beitragen. Durch nachhaltiges Handeln können außerdem die Anforderungen der Kunden erfüllt werden und Unternehmen können sich gleichzeitig als attraktiver Arbeitgeber positionieren. Dies stärkt die Bindung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und hilft bei der Rekrutierung neuer Fachkräfte.
„Der direkte branchenübergreifende Austausch bei diesem Thema kann viele neue Impulse bringen und dazu anregen, auch über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen“, erklärt Patrick Manns, Berater
Svenja Fuhrich, Sachbereichsleiterin Smart City, Stadt Hildesheim
Dr. Erwin Voß, Vorstand bei der SEHi Stadtentwässerung Hi.
für Innovation und Technologie* bei der Handwerkskammer. „Denn gerade beim Thema Nachhaltigkeit können wir viel voneinander lernen. Ich freue mich auf einen spannenden Austausch.“
Diskutieren Sie mit folgenden Gästen:
ɓ Mario Haas, Geschäftsführer der Fagus-GreCon Greten GmbH & Co. KG
„Nachhaltigkeit ist zentraler Bestandteil unseres Geschäftsmodells. Unsere Kunden, insbesondere internationale Brands, vertrauen auf uns, um ihre Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. Durch Innovationen in unseren Prozessen und unseren Produkten tragen wir dazu bei, Umweltbelastungen zu minimieren. Wir sehen Nachhaltigkeit nicht nur als ethische Verpflichtung, sondern auch als Wettbewerbsvorteil.“
ɓ Ulf Hennies, Geschäftsführer der Willi Hennies Recycling GmbH & Co. KG
„Die aktuelle Klimasituation zeigt uns, wie wichtig Kreislaufwirtschaft ist. Durch den Einsatz von Recyclingprodukten können wir erheblich CO2 einsparen und schonen natürliche Ressourcen. Unternehmen und Privatpersonen können hierdurch Ihren grünen Fußabdruck verbessern.“
ɓ Dr. Erwin Voß, Vorstand bei der SEHi Stadtentwässerung Hildesheim „Nachhaltige Wasser- und Abwasserwirtschaft muss Systeme und Praktiken einbeziehen und entwickeln, die darauf abzielen, Abwasser effizient zu behandeln und wiederzuverwenden, während Umweltauswirkungen minimiert werden.“
Jetzt anmelden:
Die Veranstaltung findet am 27.11. ab 17:30 in der Bischofsmühle in Hildesheim statt (Dammstraße
DIE Vereinten Nationen haben insgesamt 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung formuliert, an denen alle Länder sich aktiv beteiligen sollen.
32). Interessierte können sich unter www.hi-zukunft. de/nachhaltigkeit zur Veranstaltung anmelden. Im Zuge des Formats „Unternehmen im Dialog“ sollen in Zukunft auch Handwerksbetriebe die Möglichkeit erhalten, Ihre Erfahrungen einzubringen. Sie möchten dabei sein? Melden Sie sich: patrick.manns@ hwk-hildesheim.de. W
*) Die Beratungsstelle für Innovation und Technologie – Themenschwerpunkte Innovation, Umwelt, Energieeffizienz und Nachhaltigkeit wird gefördert durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages.
Info-Veranstaltung
HID-NACHHALTIGKEIT
ERFAHREN Sie von Experten in einer Podiumsdiskussion, warum Nachhaltigkeit für Ihr Unternehmen von entscheidender Bedeutung ist und wie Sie sicherstellen, dass Sie den nächsten Schritt in die richtige Richtung machen. Diskutieren Sie im Anschluss mit anderen Unternehmern und Unternehmerinnen, wie Sie nachhaltig agieren und gleichzeitig wettbewerbsfähig bleiben können.
ɓ am 27.11.2024 um 17:30 Uhr
ɓ in der Bischofsmühle in Hildesheim (Dammstraße 32)
Weitere Informationen und die Möglichkeit zur Anmeldung finden Sie unter:
www.hwk-hildesheim.de/hid-nachhaltigkeit oder www.hi-zukunft.de/nachhaltigkeit
Foto: Stadt Hildesheim
Mario Haas, GF der Fagus-GreCon Greten GmbH &Co. KG
Ulf Hennies, GF der Willi Hennies Recycling GmbH & Co. KG
Foto: Mario Haas
Foto: Ulf Hennies
Foto: Dr. Erwin Voß
Für eine nachhaltige Zukunft
Förderprojekt „Green Tec – Handwerk kann nachhaltig“ unterstützt Schülerinnen und Schüler bei der Berufsorientierung und informiert über Nachhaltigkeit und Berufe im Handwerk.
Die großen Ziele der Klimawende sind nicht zu schaffen ohne Handwerkerinnen und Handwerker, die sie vor Ort umsetzen. Von erneuerbaren Energien über Solar- und Windanlagen bis hin zu Wärmedämmung, Smart Home, energieeffizienten Sanierungen, Installation und Wartung von Wärmepumpen sowie E-Mobilität. Mit dem nun aufgelegten Förderprojekt „Green Tec*“ sollen Schülerinnen und Schüler der 9. und 10. Klassen die Gelegenheit bekommen, einmal in der Woche im Zuge einer halbjährlich stattfindenden Nachmittags-AG drei unterschiedliche Nachhaltigkeits-Handwerke kennenzulernen.
„Der praktische Einblick in das Thema Nachhaltigkeit und die Verknüpfung mit den dazugehörigen Handwerksberufen können jungen Menschen die Berufswahl erheblich erleichtern“, erklärt Aron-David Zgoll, Teamleiter Berufsorientierung bei der Handwerkskammer Hildesheim-Südniedersachsen. Die Berater der Handwerkskammer stehen den teilnehmenden Betrieben und Schülern während des Projekts für Gespräche zur Berufswahl zur Verfügung.
Startschuss in Holzminden
Gemeinsam mit der Projekt- und Servicegesellschaft mbH der Handwerkskammer Hannover und der Kreishandwerkerschaft Holzminden wird das neue Projekt zunächst über drei Halbjahre durchgeführt. Zum Start wurden hierfür zwei Schulen aus dem Landkreis Holzminden
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ZUM Start des Förderprojekts wurden zwei Schulen aus dem Landkreis holzminden ausgewählt. Die Zahl könnte sich bei erfolgreicher Umsetzung ausweiten.
ausgewählt, eine Ausweitung ist bei erfolgreicher Umsetzung denkbar.
Das Konzept des Projekts ist dabei recht einfach: In unterschiedlichen Praxismodulen können die Jugendlichen nicht nur einen Einblick in drei verschiedene Handwerksberufe erhalten, sondern erlernen auch Kompetenzen in der Nutzung der digitalen Medien. „Ziel soll es sein, dass die Schüler auch entsprechend über ihre Erfahrungen in den Betrieben berichten können. Und da ist der Einsatz der digitalen Medien natürlich besonders wichtig“, betont Zgoll. Auch in den Schulen soll zum Abschluss des Projekts über die Erfahrungen der Teilnehmer berichtet werden. Darüber hinaus werden neben einer Exkursion in das Solarforschungsinstitut Emmerthal-Ohrberg auch wichtige Grundlagen zum Thema Nachhaltigkeit vermittelt.
Für Ronald Tolle, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Holzminden, ist das Projekt ein Musterbeispiel für die Herausforderung, neue Herangehensweisen bei der Nachwuchsgewinnung zu entwickeln: „Es ist wichtig, junge Menschen für das Handwerk zu begeistern und gleichzeitig über die Wichtigkeit eines nachhaltigen Wirtschaftens zu informieren. Und wo kann das besser gelingen, als direkt im Betrieb? Ich bin froh, dass wir mit Green Tec ein tolles Projekt in unserer Region unterstützen dürfen.“
Green Tec soll Schülern sowie Eltern nachhaltige Berufe im Handwerk näher bringen. Foto:
Die Gebrüder Becker GmbH & Co. KG hatte am 24.10.2024 die Gelegenheit, zwei Schülerinnen willkommen zu heißen. Nach einer fundierten theoretischen Einführung konnten die beiden unter der Anleitung von einem Mitarbeiter ihre handwerklichen Fähigkeiten praktisch erproben. Im Fokus stand dabei die Anfertigung eines Solarkollektors zur Nutzung von Solarthermie. Die Schülerinnen erhielten nicht nur Einblicke in die Funktionsweise dieser nachhaltigen Technologie, sondern konnten auch aktiv am Bau mitwirken. Das Projekt verdeutlichte eindrucksvoll, wie praktische Erfahrungen das Verständnis für zukunftsorientierte Themen wie erneuerbare Energien fördern. YANNIK HERBST W
*) Das Projekt wird aus Mitteln der Fachkräftebündnisse (Europäischer Sozialfond) und der Agentur für Arbeit gefördert und ist deshalb für alle Beteiligten kostenfrei.
Mehr als Umweltschutz
Für Berater Patrick Manns
kommt
es beim Thema Nachhaltigkeit auf ganzheitliche Ansätze an.
Innovation und Nachhaltigkeit gehen bei vielen Vorhaben Hand in Hand. Auch deshalb berät Patrick Manns, Berater für Innovation und Technologie* bei der Handwerkskammer, genau zu diesem wichtigen Themengebiet. Wir haben mit ihm über aktuelle Fördermöglichkeiten und mögliche Maßnahmen in Betrieben gesprochen.
Herr Manns, die Relevanz von nachhaltigen Unternehmensstrategien wird regelmäßig beschrieben. Doch was genau bedeutet das für Handwerksbetriebe?
» Patrick Manns: Nachhaltige Unternehmensstrategien bedeuten für Handwerksbetriebe, dass sie ihre ökologischen, ökonomischen und sozialen Auswirkungen langfristig im Blick haben. Es geht nicht nur um Umweltschutz, sondern darum, Ressourcen effizient zu nutzen, Abfälle zu minimieren und regionale Materialien zu bevorzugen. Gleichzeitig ist es wichtig, wirtschaftlich stabil zu bleiben, faire Arbeitsbedingungen zu schaffen und in die Ausbildung junger Menschen zu investieren. Diese ganzheitliche Herangehensweise sichert nicht nur die Zukunft des Betriebs, sondern macht ihn auch für Kunden und Mitarbeiter attraktiver.
„Es geht nicht nur um Umweltschutz, sondern darum, Ressourcen effizient zu nutzen, Abfälle zu minimieren und regionale Materialien zu bevorzugen.“
Patrick Manns, Berater für Innovation und Technologie*
Wie können Sie Betriebe in ihrer Entwicklung und beim Erreichen ihrer Ziele konkret unterstützen, insbesondere wenn es um Nachhaltigkeit und Förderprogramme geht??
Nachhaltigkeit sollte als umfassendes Konzept verstanden werden.
Patrick
Manns, Berater für Innovation und Technologie*
» Patrick Manns: In meiner Funktion berate ich alle Betriebe, die in diesem Bereich Informationen benötigen. Neben Nachhaltigkeits-Checks unterstütze ich vor allem bei der Orientierung im Dschungel der Förderprogramme. Viele Betriebe wissen oft gar nicht, dass es für verschiedene Maßnahmen staatliche Förderungen gibt. Wir helfen ihnen dabei, die richtigen Programme zu finden und unterstützen sie bei der Beantragung.
Was sollten Betriebe beachten, wenn sie sich erstmals mit dem Thema Nachhaltigkeit beschäftigen?
» Patrick Manns: Wichtig ist, Nachhaltigkeit als umfassendes Konzept zu verstehen, das nicht nur Umweltschutz umfasst. Die UN hat mit den 17 Nachhaltigkeitszielen verdeutlicht, dass Nachhaltigkeit viele Aspekte beinhaltet. Neben dem effizienten Ressourceneinsatz gehört dazu auch, sich mit langfristiger Mitarbeiterbindung auseinanderzusetzen. Eine hohe Fluktuation kostet bei jedem Wechsel von Mitarbeitern Zeit und Geld – das ist alles andere als nachhaltig.
YANNIK HERBST
W
*) Gefördert durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages.
Foto: HWK
aPatrick Manns (05121 162-129) patrick.manns@hwk-hildesheim.de
Sichern Sie Ihren Betrieb!
Starkregen, Gewitter, Tornado: Extreme Wetterereignisse können auch Ihren Betrieb treffen. Gute Vorbereitung hilft, Schäden klein zu halten.
KATHARINA WOLF
Der Klimawandel sorgt dafür, dass immer häufiger extreme Wetterereignisse wie Stürme oder Starkregen auftreten. Überschwemmungen bedrohen längst nicht nur Häuser und Betriebe in Flussnähe. Die Schäden können vor allem für kleine und mittlere Betriebe existenzbedrohend sein. „In der ersten Hälfte dieses Jahres haben Extremwetterereignisse einen Schaden von fast 56,8 Milliarden Euro verursacht“, sagt Horst Bub von der Nürnberger Versicherung. Gute Vorbereitung und die richtige Absicherung könnten aber oft das Schlimmste verhindern.
Gefahrenanalyse und Schutzmaßnahmen
Gefahrenanalyse: Um die richtigen Vorsichtsmaßnahmen gegen Hochwasser ergreifen zu können, sollten Betriebe zunächst eine Gefahrenanalyse durchführen, sagt Bub. Liegt der Unternehmensstandort in einem Hochwasserrisikogebiet? Dann sollten Sie tätig werden.
Doch selbst wenn nicht: „Mittlerweile sind Naturgefahren wie Überschwemmungen und Starkregen nirgends mehr ausgeschlossen“, warnt der Experte. Deshalb sollten alle Unternehmen prüfen, auf welchen Wegen Wasser ins Gebäude gelangen kann.
Notfallplan: Im nächsten Schritt wird ein Notfallplan erstellt: „Betriebe sollten darin klar definieren, wer für welche Aufgaben zuständig ist, und Abläufe festhalten, etwa das Sichern von Dokumenten und Geräten“, rät Bub. Daten sollten nicht nur lokal abgespeichert, sondern zusätzlich auf einer Cloud oder auf Servern an einem anderen Ort gesichert werden.
Schutz vor Überschwemmung: Im Überschwemmungsfall sollte so wenig Wasser wie
möglich ins Gebäude eindringen. Gegen Wasser von außen helfen druckwasserdichte Fenster und Türen sowie Schwellen an Eingängen, sagt der Versicherungsexperte.
Zweites Problem: Hochwasser führt sehr häufig zu angestautem Abwasser in der Kanalisation, das durch Toiletten und Abwasseranschlüsse zurück ins Gebäude fließt. „Sogenannte Rückstauklappen und -ventile helfen, zurückgespültes Wasser aufzuhalten und eine Überflutung zu verhindern“, ergänzt Bub.
Verkehrssicherungspflicht bedenken
Betriebe haben eine sogenannte Verkehrssicherungspflicht. „Das bedeutet: Sie müssen mögliche Gefahrenquellen durch Vorkehrungsmaßnahmen beseitigen“, erläutert Bub. Dazu gehöre auch, die Außenbereiche zu pflegen, damit bei einem Sturm keine Bäume umfallen oder Äste herumfliegen. „Kommen Sie Ihrer Pflicht nicht nach und verletzen sich dadurch beispielsweise Kunden oder Lieferanten oder werden Autos beschädigt, haften Sie für die Folgen“, warnt Bub.
Versicherungen prüfen
Zur gründlichen Vorbereitung zählt auch, die abgeschlossenen Versicherungen zu prüfen: Was wird
Extremwetter kann verheerende Schäden anrichten. Mit einer Gefahrenanalyse, einem Notfallplan und Schutzmaßnahmen lässt sich das Ausmaß reduzieren.
„Mittlerweile sind Naturgefahren wie Überschwemmungen und Starkregen nirgends mehr ausgeschlossen.“
Horst Bub, Versicherungsexperte
Foto: Gina Sandersstock.adobe.com
im Schadensfall tatsächlich bezahlt? „Nur mit dem Baustein ,Weitere Naturgefahren‘ sind die Folgen von Extremwetterereignissen in der Gebäudeversicherung mitversichert“, betont Bub. Betriebe sollten ihre Policen gegebenenfalls ergänzen. Außerdem sollten sie darauf achten, dass die Deckungssumme ausreichend hoch ist.
Die Sorge, dass sich Betriebe in Flussnähe gar nicht mehr versichern können, möchte der Experte entkräften: „Rund 98 Prozent aller Adressen in Deutschland können in der Regel problemlos versichert werden.“ Allerdings kann es teurer werden: „Immobilien werden je nach Lage in sogenannte Gefährdungsklassen eingestuft“, erklärt er. „Steht das Gebäude beispielsweise an einem Fluss, sind die Beiträge meist höher.“
Betriebe sollten zudem prüfen, welche Kosten erstattet werden. Wichtige Punkte können sein:
ɓ Reparaturkosten oder Kosten für den Wiederaufbau des Gebäudes,
ɓ Kosten für das Aufräumen und Sichern der Schadenstätte,
ɓ Dekontaminations- und Entsorgungskosten von Erdreich, das beispielsweise mit Farben oder Ölen verschmutzt wurde.
„Rund
98 Prozent aller Adressen in Deutschland können in der Regel problemlos versichert werden.“
Horst Bub,
Versicherungsexperte
Schnelle Reaktion
Kündigen Meteorologen Hochwasser, Starkregen oder Sturm an, sollten Sie schnell reagieren. „Bei Hochwassergefahr Werkzeuge, technische Geräte und Dokumente wenn möglich in höhere Stockwerke bringen“, sagt Bub. Außerdem wichtig: „Alle Maschinen von der Stromversorgung trennen.“
Bei Sturmwarnung sollten Sie Gegenstände, die herumfliegen könnten, sicher fixieren. „Für Sturmschäden, die durch ihr Eigentum entstehen, haften Unternehmen“, sagt Bub.
Schadensfall eingetreten: Was tun?
Kommt es trotz aller Schutzmaßnahmen zu einem Schadensfall, sollten Betriebsinhaber alle Schäden gut dokumentieren. „Wichtig ist, Schäden schriftlich und mit Bildern an die Versicherung zu leiten“, sagt Bub. „Beschädigte Gegenstände sollten so lange aufbewahrt werden, bis der Fall bearbeitet wurde, um möglicherweise notwendige Gutachten zu ermöglichen.“ Insbesondere bei Großschäden kann es dauern, bis jeder Fall bearbeitet ist. Klären Sie, ob Ihre Versicherung in so einem Fall kurzfristig hilft und erste Vorschüsse zahlt. W
Mehr Youtube, weniger Facebook
Junge Leute sind in den sozialen Medien unterwegs – auch künftige Azubis. Doch Betriebe setzen bei der Suche offenbar häufig auf den falschen Kanal.
Das Ausbildungsjahr hat begonnen und viele Stellen sind noch unbesetzt – auch im Handwerk. Quer durch alle Branchen geben 44 Prozent der Unternehmen an, dass sie ihre Ausbildungsplätze im Ausbil-
dungsjahr 2023/24 nur anteilig oder überhaupt nicht besetzen konnten. Das ergab eine aktuelle Studie des IW Köln.
Ein Grund: Betriebe suchen auf den falschen Kanälen, so die Autoren. Sie
Youtube, Whatsapp, Tiktok und Snapchat spielen für Betriebe bei der Azubi-Suche keine große Rolle. Bei den Jugendlichen aber schon.
befragten 341 Betriebe und gut 1.700 Jugendliche danach, wo sie Ausbildungsplätze anbieten oder suchen. Dabei zeigte sich: Neben Online-Stellenanzeigen sind vor allem Social-MediaPlattformen beliebt. Ganz vorn lag bei beiden Gruppen Instagram: Mehr als die Hälfte der Jugendlichen und drei Viertel der Betriebe nutzen sie. Doch während über 70 Prozent der Unternehmen auf Facebook nach Azubis suchen, sind dort nur 25 Prozent der Jugendlichen für die Ausbildungsplatzsuche unterwegs. Erfolgreicher wäre die Suche für Betriebe, wenn sie
auf Youtube werben würden, ermittelte die Studie: Beinahe jeder zweite Jugendliche nutzt die Videoplattform für die Suche. Doch nicht einmal jedes fünfte Unternehmen ist dort mit Ausbildungsplatzangeboten präsent. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei Whatsapp, Tiktok und Snapchat.
„Unternehmen und Jugendliche verpassen sich auf Social-Media-Plattformen zu häufig“, sagt Studienautor Dirk Werner. „Dabei liegt gerade im digitalen Raum großes Potenzial für beide Seiten.“ (KW) W
Neuer UFH-Bundesvorstand gewählt
Beim Bundeskongress der Unternehmerfrauen im Handwerk (UFH) in Bingen wurde Katja Lilu Melder zur Vorsitzenden gewählt. Sie tritt ihr Amt mit einem neu formierten Bundesvorstand an.
Katja Lilu Melder ist neue Bundesvorsitzende der Unternehmerfrauen im Handwerk (UFH). Sie übernimmt das Amt von Tatjana Lanvermann, die den Verband drei Jahre lang geführt hatte und nicht mehr zur Wahl antrat. Was sind die Ziele der neuen Bundesvorsitzenden?
„Ich möchte den Verband in eine neue Generation führen. Dazu gehört für mich, junge Mitglieder sichtbar zu machen und neue Handwerkerinnen für die UFH zu begeistern“, sagt Melder. Um das zu erreichen, will sie die Social-Media-
Präsenz des Verbandes verstärken und enger mit anderen Verbänden wie den Junioren des Handwerks oder den Fachverbänden und Innungen zusammenarbeiten. Auch in der politischen Arbeit sollen die Frauen im Handwerk laut Melder sichtbarer werden. Melder ist Geschäftsführerin von BMG Santec, einem Betrieb für Abbruch und Gefahrstoffsanierung mit 80 Mitarbeitenden in Hamm. Die 41-Jährige ist Metall- und Schweißwerkmeisterin sowie Beton- und Abbruchtechnikermeisterin.
Wie die bisherige Bundesvorsitzende stellten sich auch die bisherigen Vorstandsmitglieder nicht mehr zur Wahl. Neu wählten die Delegierten: ɓ Stellvertretende Bundesvorsitzende: Silke Gräfin Falco di Torre Pellice, Friseurmeisterin und
ɓ Pressesprecherin: Cornelia Lutz, UFH-Fördermitglied und Angestellte bei der GHM München
ɓ Schriftführerin: Jeannette Peters, Changemanagerin mit dem Schwerpunkt Nachfolge (Arbeitskreis Dortmund)
ɓ Kooptiertes Mitglied ist Carola Zarth, Präsidentin der Handwerkskammer Berlin. (JA) W
Foto: Martina
Jahn
Die neue UFH-Bundesvorsitzende Katja Lilu Melder
Mit einem einfachen Bewerbungsprozess zu neuem Personal
Zu umständlich, zu langsam, nicht mobil möglich: Laut einer Befragung des Unternehmens Softgarden1 haben schon mehr als die Hälfte aller Jobsuchenden den Bewerbungsprozess aus diesen Gründen abgebrochen. Dabei sollte ihnen in Zeiten, in denen Fachkräfte und Auszubildende Mangelware sind, die Bewerbung so einfach wie möglich gemacht werden.
Ideal: ein kurzer, digitaler Bewerbungsprozess, in dem Interessierte mit wenigen Klicks Informationen über sich liefern und schnell Kontakt zum Betrieb aufnehmen können.
Abschied vom klassischen Anschreiben So ist es vor allem für jüngere Bewerber eine Last, ein ausführliches Anschreiben zu formulieren und verschiedene Unterlagen zusammenzustellen. Eine Studie hat gezeigt: Viele Kandidaten würden sich ohne die Notwendigkeit eines Anschreibens öfter auf ausgeschriebene Stellen bewerben, als sie es letztlich tun. Denn gerade junge Jobsuchende haben Probleme damit, sich einem zukünftigen Arbeitgeber prägnant und aussagekräftig vorzustellen. Hinzukommt, dass viele Bewerber ein Anschreiben aus Textbausteinen zusammensetzen oder im schlimmsten Fall nur die Adresse austauschen.
Kurz, knackig, online Große Chancen auf Bewerbungen haben Sie, wenn Sie Ihren zukünftigen Mitarbeitenden eine Onlinebewerbung ermöglichen – auf Ihrer Webseite oder Ihren Social-Media-Kanälen. Gerade Angehörige der Generationen Y und Z erledigen viele Angelegenheiten bevorzugt online. Was viele potenzielle Kandidaten abschreckt: ein langer Fragebogen. So gaben bei einer Umfrage des Unternehmens Softgarden 45 Prozent der Befragten an, sie würden maximal zehn Minuten mit der Dateneingabe in Bewerbungssysteme beschäftigt sein wollen.1
Digitalisieren Sie also Ihren Bewerbungsprozess und stellen Sie darin eine Auswahl an Fragen zusammen, die dem Bewerber das Beantworten möglichst leicht macht – im Idealfall als Multiple
Schnell muss es gehen, unkompliziert soll es sein: Damit Jobsuchende nicht aus dem Bewerbungsprozess aussteigen, sollte dieser möglichst kurz sein.
Choice. Gleichzeitig sollten Ihnen die Fragen einen guten ersten Eindruck von den Kandidaten ermöglichen.
Schnell reagieren
Haben Sie Bewerbungen erhalten, sollten Sie schnell darauf reagieren. Ein bis zwei Wochen sind dafür eine gute Zeit. Warten Sie länger, riskieren Sie, dass die Kandidaten die lange Antwortdauer als Desinteresse wahrnehmen und sich anderweitig orientieren. Zudem ist eine schnelle Reaktion auf die Bewerbung ein Zeichen dafür, dass Sie gut organisiert sind.
Die Lösung für einen digitalen Bewerbungsprozess Einen einfachen, schnellen und digitalen Bewerbungsprozess bietet Ihnen die Lösung der Schlüterschen zusammen mit „handwerk.com“. Diese Lösung ermöglicht Interessenten eine unkomplizierte Bewerbung. Jobsuchende stellen ihre Qualifizierung und Motivation über einen kurzen Fragebogen dar. Über die individuell auf Ihren Betrieb zugeschnittenen Fragen geben sie die wichtigsten Eckpunkte zu ihrer Person und ihren Fähigkeiten an – das spart sowohl den Bewerbenden als auch Ihnen Zeit. Anschließend landen die Antworten samt Kontaktdaten in Ihrem E-Mail-Postfach.
Sparen Sie sich Zeit und machen Sie für Ihre Bewerber den Ablauf so einfach und unkompliziert wie möglich!
Verschicken Sie Weihnachtskarten an Kunden, Geschäftspartner und Lieferanten? Damit liegen Sie richtig, sagt ein Kommunikationsexperte.
BIRGIT GREUNER
Eine optisch ansprechende Karte mit einem wohldurchdachten Text vom eigenen Handwerker: Die sticht in unserer digitalen Welt hervor und ist deshalb sehr effektvoll, betont Andreas Franken, Geschäftsführer der Akademie für Management-Kommunikation und Redenschreiben in Bonn. „In den vergangenen Jahren entscheiden sich zwar immer mehr Betriebe für eine E-Mail“, stellt er fest, „die wird aber auch schnell weggeklickt.“
Weihnachtsgruß handschriftlich signiert Ihre Weihnachtskarten müssen Sie nicht von Hand schreiben. „Sie dürfen sie auch am Computer entwerfen und ausdrucken, z. B. auf Einlegeblättern“, betont Franken. Dann ist es aber am besten, entweder hand-
„Eine ansprechende Karte sticht in unserer digitalen Welt hervor.“
Andreas Franken, Kommunikationsexperte
schriftlich zu signieren oder eine farbige, qualitativ hochwertig eingescannte Unterschrift einzufügen. Der Text sollte einen Bezug zum Betrieb haben und nicht nur die üblichen Phrasen enthalten.
„Steigen Sie zum Beispiel mit einem Zitat ein, das die eigene Botschaft transportiert“, schlägt er vor. „Vielleicht wollen Sie ja einen Unternehmenswert wie Qualität, Innovationskraft oder Nachhaltigkeit betonen. Zu solchen Schlagworten gibt es viele gute Sprüche in einschlägigen Datenbanken wie Zitate.de.“ Ein passender Auftakt kann auch ein weihnachtliches Rezept oder eine Geschichte aus dem vergangenen Jahr sein. Darauf folgt ein kurzer Absatz, in dem Sie die Verbindung zwischen dem Einstieg und Ihrem Betrieb herstellen. „Selbstverständlich ist es möglich, über Jahre hinweg beim gleichen Schema
Eine Weihnachtskarte vom Handwerksbetrieb fällt stärker auf als eine Mail. Somit ist sie viel wirksamer.
zu bleiben“, ist Franken überzeugt. „Nach und nach freuen sich die Empfänger auf Ihr nächstes Zitat, Ihr nächstes Rezept oder Ihre nächste Geschichte.“
Stammkunden und Geschäftspartner
Damit Sie Ihren Aufwand in Grenzen halten, überlegen Sie gut, welche Adressaten Sie auswählen. „Konzentrieren Sie sich am besten auf langjährige Stammkunden und auf vielversprechende Kontakte aus dem aktuellen Jahr“, sagt er. Wichtige Lieferanten und Geschäftspartner berücksichtigen Sie selbstverständlich auch. „Starten Sie ruhig einheitlich, passen Sie den folgenden Absatz aber an die jeweilige Adressatengruppe an“, betont er. Nur dann wird Ihre Karte persönlich und treffend.
Beispiel-Text für Kunden: Ein Unternehmer könnte beispielsweise als einheitlichen Start für den Text der Weihnachtskarten das Zitat des US-amerikanischen Humoristen Kin Hubbard auswählen: „Der sicherste Weg, Ihr Geld zu verdoppeln, ist, es einmal zu falten und dann in die Tasche zu stecken.“ Dann könnte er bei den Karten für die Kunden folgendermaßen fortsetzen: „Dennoch haben wir dieses Jahr kräftig in unsere neue Lagerhalle investiert. Damit die Ersatzteile, die Sie benötigen, noch sicherer vorrätig und Ihre Reparaturen noch schneller erledigt sind. Falls bei Ihnen 2025 wieder etwas ansteht, melden Sie sich gern.“
Beispiel-Text für Lieferanten und Kooperationspartner: Diese Variante für Lieferanten könnte lauten: „Damit wir Ihre Lieferungen noch schneller verarbeiten und Ihre Rechnungen noch früher begleichen können. Auch 2025.“ Und an die Kooperationspartner würde er formulieren: „Damit Sie noch mehr Produkte bei uns einlagern können und diese noch schneller zurückerhalten. Falls Sie 2025 wieder etwas haben, melden Sie sich gern.“
Richtiger Zeitpunkt Absenden sollten Sie Ihre Post etwa zwei Wochen vor Heiligabend. „Wenn Sie Ihre Karte zu spät verschicken, geht sie leicht im finalen Weihnachtstrubel unter“, rät Franken. Entscheiden Sie sich außerdem nicht gerade für einen Freitag, um zu vermeiden, dass Ihre Sendung am Wochenende liegenbleibt.
Und was vermeiden Sie bei Ihrem weihnachtlichen Gruß tunlichst? „Text und Design dürfen zwar auffällig, aber nicht aufdringlich sein“, empfiehlt Franken. „Eine Weihnachtskarte ist eben kein Werbeschreiben, sondern ein PR-Instrument, mit dem Sie sich in Erinnerung rufen oder Ihr Image pflegen.“ Vermeiden Sie auch eine zu herzliche oder zu geschwollene Ausdrucksweise, die heutzutage schnell altbacken wirkt. Und da sich immer weniger Menschen als tief gläubig betrachten, passen Sie außerdem auf mit religiösen Aussagen wie beispielsweise: „Wir erwarten die Ankunft des Herrn“. W
„Eine Weihnachtskarte ist eben kein Werbeschreiben, sondern ein PR-Instrument, mit dem
Sie sich in Erinnerung rufen oder Ihr Image pflegen.“
Andreas Franken, Kommunikationsexperte
Ein Zeichen von Dankbarkeit
Anstatt auf E-Mails setzt Tina Hermann (Foto) von Dachbau Hermann in Dohnsen auf Weihnachtskarten und -briefe. Ihre Beweggründe schildert die kaufmännische Angestellte des Betriebs hier.
Welche Art von Weihnachtsgrüßen versenden Sie an Ihre Kunden?
»Tina Hermann: Alle Kunden, mit denen wir im Kalenderjahr zu tun hatten, erhalten von uns eine Weihnachtskarte – klassisch per Post. Inhaltlich bedanken wir uns für die Zusammenarbeit und wünschen den Familien der Kunden frohe und besinnliche Festtage sowie ein gutes neues Jahr. Die Karten unterschreiben mein Mann als Inhaber und ich persönlich. Das ist für uns ein Zeichen von Dankbarkeit und Wertschätzung gegenüber unseren Kunden: Sie beauftragen uns und wir dürfen für sie arbeiten – das ist für uns nicht selbstverständlich.
Schicken Sie Geschäftspartnern die gleiche Weihnachtspost wie Kunden?
»Hermann: Nein. Geschäftspartner wie Architekten, Ingenieure oder Lieferanten erhalten einen Brief. Dieser hat ebenfalls ein weihnachtliches Motiv und ein passendes Zitat. In dem Brief lassen wir das Geschäftsjahr Revue passieren und erwähnen auch Krisen und Themen, die vor unserer Tür oder woanders in der Welt passieren. Denn diese Themen beschäftigen uns auch in der Geschäftswelt.
Verzichten Sie ganz auf elektronische Post zum Jahresende?
»Hermann: Wir verschicken keine klassischen Weihnachtswünsche per E-Mail, da wir uns auf Karten und Briefe festgelegt haben. Aber wir ergänzen Ende November unsere Signatur um einige weihnachtliche Grüße und ein Dankeschön sowie Wünsche zum neuen Jahr. Wichtig ist uns besonders, darin zu erwähnen, wann unser Betrieb über die Feiertage geschlossen hat und unter welchen Notfallnummern Kunden uns dennoch erreichen können. Das ist aus unserer Sicht ein wichtiger Service. (JA)
Foto: lichtfaenger
Zahlungsausfälle sprunghaft gestiegen
Die Creditreform beobachtet unter deutschen Unternehmen zunehmend krisenhaftes Zahlungsverhalten. Großzügige Zahlungsfristen seien jetzt besonders risikoreich.
Zahlungsausfälle haben im ersten Halbjahr 2024 teils sprunghaft zugenommen. Das ist ein Ergebnis des Zahlungsindikators 2024, den die Creditreform Wirtschaftsforschung herausgibt. Das durchschnittliche Forderungs-
volumen sei auf 23.600 Euro gestiegen – 1.700 Euro mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland zeige sich laut der Erhebung zu rund 1,02 Millionen Unternehmen in Deutschland im
Die Strategie großzügigerer Zahlungsfristen birgt laut Creditreform viele Risiken.
ersten Halbjahr 2024 weiterhin schwach.
Der durchschnittliche Zahlungsverzug sei zwar von knapp 10,8 Tagen in 2023 auf 8,8 Tage in 2024 gesunken. Lieferanten und Kreditgeber hätten ihren Kunden aber auch längere Zahlungsfristen eingeräumt. Laut Creditreform betrugen die Zahlungsfristen bei den unternehmensnahen Dienstleistungen im ersten Halbjahr 2024 knapp 32 Tage, im ersten Halbjahr 2023 waren es knapp 29 Tage. Kleinunternehmen mit maximal 50 Mitarbeitenden stellten mit gut einem Viertel lediglich
einen kleineren Anteil der Außenstände.
Die Strategie großzügigerer Zahlungsfristen berge viele Risiken. Sie führe zu Zahlungsausfällen, weil Außenstände möglicherweise gar nicht mehr beglichen werden könnten. Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Creditreform Wirtschaftsforschung, resümiert: „Die Daten der ersten sechs Monate zeigen deutlich krisenhafte Veränderungen im Zahlungsverhalten.“ Der Höhepunkt sei vermutlich noch nicht erreicht und eine weitere Verschlechterung zu erwarten. (BG) W
Keine Einsicht in die eigene Steuerakte
Wer seinen Steuerberater haftbar machen will, darf nicht auf Hilfe vom Finanzamt hoffen. Akteneinsicht in die eigene Steuerakte ist in solchen Fällen tabu.
Der Fall: Ein Ehepaar beauftragt einen Steuerberater mit der Steuererklärung. Das Finanzamt schickt den Steuerbescheid an den Steuerberater. Das Ehepaar nimmt den Bescheid erst zur Kenntnis, als dieser bestandskräftig ist. In dem Bescheid entdeckt das Paar Hinweise auf Rückfragen, über die es vom Steuerberater nicht informiert wurde. Da der Steuerberater ihnen dazu keine Auskunft gibt, beantragt das Paar beim Finanzamt Akteneinsicht und zugleich Auskunft über die eigenen Daten gemäß der
Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Sie wollen die Angaben prüfen, um den Steuerberater gegebenenfalls in Regress zu nehmen. Das Finanzamt lehnt den Antrag ab, das Ehepaar klagt dagegen. Das Urteil: Der Bundesfinanzhof (BFH) bestätigt das Finanzamt zumindest teilweise in seiner Auffassung. Ein Finanzamt sei nicht dazu verpflichtet, Steuerzahler bei Schadenersatzfällen gegen Steuerberater durch nachträgliche Akteneinsicht zu unterstützen. Akteneinsicht in die Steuerakten gebe es
nur für Steuerzwecke. Anders entschied der BFH über den Auskunftsanspruch des Ehepaars: Das Finanzamt müsse dem Paar gemäß Paragraf 15 DSGVO Auskunft über alle personenbezogenen Daten erteilen. Einsicht in die Akten wird das Paar so allerdings
auch nicht erhalten. Denn der BFH stellte klar, dass sich dieser Anspruch nur auf die personenbezogenen Daten bezieht, nicht auf Kopien ganzer Dokumente. (JW) W
aBFH: Urteil vom 7. Mai 2024, Az. IX R 21/22
Akteneinsicht in die Steuerakte erteilt das Finanzamt ausschließlich für Steuerzwecke.
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Preisdrücker sind gar nicht immer gegen Sie und Ihr Angebot. Vielleicht haben Sie sie einfach noch nicht von Ihren Qualitäten überzeugt.
Strategien gegen Preisdrücker
Zu teuer, kein Budget, die anderen sind billiger – diese drei typischen Preisdrücker-Einwände begegnen Handwerkern oft. Mit diesen Formulierungen können Sie kontern.
KATHARINA WOLF
Preisverhandlungen gehören für Maler Torsten Rabenstein zum Tagesgeschäft. „Die Kunden machen sich oft keine Gedanken, welche Kosten bei uns anfallen, und haben deshalb völlig falsche Vorstellungen, welches Budget sie brauchen“, sagt der Geschäftsführer von Maler Steto im ostfriesischen Berumbur. „Ich erkläre dann, wie sich die Preise zusammensetzen.“ Doch wenn Kunden nicht verstehen, dass der Betrieb auch gestiegene Material oder Lohnkosten weitergeben muss? „Dann kann ich nicht einfach Rabatte ein
räumen“, sagt Rabenstein. Er könne ohne Übertreibung sagen, dass er mit seinem Team im obersten Drittel im Markt mitspielt. „Und diese Qualität hat auch ihren Wert“, sagt der Geschäftsführer selbstbewusst. Im Zweifel müsse der Kunde einen anderen Betrieb suchen. Wie Handwerksunternehmer mit Kunden umgehen, die Preise drücken wollen, weiß Verkaufstrainer Oliver Schumacher. Er gibt Tipps, wie Sie bei Rabattforderungen oder Einwänden Ihren Preis durchsetzen können.
Fotos: Malerbetrieb Steto
| Gille, erstellt mit KI Midjourney
Einwand 1: „Dafür ist mein Budget zu klein“ „Wenn ein Kunde behauptet, kein entsprechendes Budget zu haben, bedeutet das noch lange nicht, dass er nicht über ausreichende finanzielle Mittel verfügt“, sagt Schumacher. Schließlich würde kein Kunde in Preisverhandlungen mit dem Satz einsteigen: „Wir haben genug Geld – was können Sie uns anbieten?“
Deshalb sollten Sie sich die Frage stellen, ob der Kunde doch über mehr Geld verfügt, es aber nicht ausgeben möchte. „Bieten Sie deshalb nicht reflexartig einen Rabatt an“, so Schumacher. „Denn wollen Kunden wirklich etwas haben, dann finden sie immer Mittel und Wege, um es zu finanzieren.“ Schweigen Sie doch erstmal einen Moment. Vielleicht rudert der Kunde von selbst von seiner Rabattforderung zurück. Tut er das nicht, könnten Sie etwas provokant fragen: „Heißt das, dass sinnvolle Lösungen unter keinen Umständen infrage kommen, wenn sie außerhalb Ihres Budgets liegen?“
Einwand 2: „Das ist mir zu teuer“
Eine typische Reaktion: Sie kommen mit einem Preis, der Kunde antwortet: „Zu teuer.“ Aber stimmt das auch? „Ein Angebot ist nicht zwangsläufig zu teuer, nur weil der Kunde es behauptet“, sagt Schumacher. Sein Rat: „Gehen Sie eher davon aus, dass dem Kunden die vorgestellte Lösung und der erwartete Nutzen zu gering erscheinen.“ Deshalb sollten Sie ihm diese klar vor Augen führen, statt auf seine Rabattforderung einzugehen. Diese Formulierungen schlägt Schumacher vor:
ɓ Ist es nicht besser, jetzt etwas mehr zu investieren, um mittelfristig von der guten Qualität zu profitieren und weniger Folgekosten zu haben?
ɓ Vielleicht erscheint der Preis auf den ersten Blick hoch. Ich fasse gerne für Sie zusammen, was Sie dafür alles bekommen.
Rabenstein, Geschäftsführer Maler Steto, Berumbur
ɓ Ich kann Ihnen gerne einen Rabatt geben. Soll ich dafür Posten A oder B aus dem Angebot rausrechnen?
ɓ Ja, es ist etwas hochpreisiger. Deswegen sitzen wir ja hier zusammen, denn Sie wollen doch etwas sehr Gutes?
Einwand 3: „Beim Kollegen ist das billiger“ Haben Sie viel mit professionellen Einkäufern zu tun? Diese bräuchten oft intern gute Argumente, warum sie eine Leistung zu einem höheren Preis bei Ihnen und nicht beim günstigeren Wettbewerber eingekauft haben, gibt Schumacher zu bedenken. Also haken sie nach und fordern einen Rabatt. Aber auch Privatkunden sammeln gern mehr als ein Angebot ein, um sich zu orientieren. Hier helfen folgende Formulierungen weiter, meint der Verkaufsexperte:
ɓ Es mag sein, dass es günstigere Mitbewerber gibt. Aber das ist der kalkulierte Preis und die Leistung ist diesen auch wert.
ɓ Darf ich Ihnen kurz aufzeigen, was uns entscheidend von unseren Mitbewerbern abhebt?
ɓ Oh, das ist interessant. Haben Sie schon rausgefunden, woran sie sparen, um solche Preise machen zu können? Denn auch sie können nicht vom Verschenken leben.
Kunden sollten Angebote prüfen Kommt bei seinen Kunden der Einwand, der Wettbewerber sei billiger, rät Malermeister Torsten Rabenstein, genau hinzuschauen. „Die Kunden sollten nicht Äpfel mit Birnen vergleichen, sondern auf die Details achten und die Angebote prüfen.“ Dennoch möchten viele Kunden ein bisschen feilschen. In solchen Fällen bietet Rabenstein zwei Prozent Skonto an, wenn die Rechnung innerhalb von fünf Tagen bezahlt wird. Die Kunden nähmen das Angebot in der Regel an: „Davon haben wir schließlich beide etwas: Wir bekommen unser Geld schnell und der Kunde kann ein bisschen sparen.“ W
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Die E-Rechnungspflicht kommt: Ab 2025 müssen Handwerksbetriebe in der Lage sein, E-Rechnungen von anderen Unternehmen anzunehmen, auszulesen und zu archivieren.
E-Rechnung: Antworten auf Leserfragen
Gilt die Pflicht zur E-Rechnung auch für Betriebe mit wenig Umsatz?
Gibt es eine brauchbare kostenlose Software? Und wie viel Digitalisierung muss sein? Hier sind Antworten.
ANNA-MAJA LEUPOLD
Ab dem 1. Januar 2025 kommt die Empfangsverpflichtung bei der E-Rechnung. Das bedeutet auch für Handwerksbetriebe, dass sie in der Lage sein müssen, elektronische Rechnungen von anderen Unternehmen anzunehmen, auszulesen und zu archivieren. Viele Betriebe stecken aktuell noch in den Vorbereitungen. In den letzten Wochen sind viele Leserfragen bei uns in der Redaktion einge-
gangen. Wir haben deshalb beim Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) nachgefragt.
1. Trifft die Pflicht zur E-Rechnung auch Betriebe mit wenig Umsatz?
Zum Empfang von E-Rechnungen sind alle Betriebe und Unternehmen ab 2025 verpflichtet. „Dazu gehört auch die Pflicht, diese elektronischen Rechnungen revisionssicher archivieren zu kön-
Foto: Gille, erstellt mit KI
nen“, erklärt Simone Schlewitz, Referatsleiterin im Bereich Steuer- und Finanzpolitik beim ZDH. Die Ausstellungsverpflichtung im B2B-Bereich wiederum – also der Versand von E-Rechnungen – greift erst ab 2027 für Unternehmen mit einem Vorjahresumsatz von mehr als 800.000 Euro und ein Jahr später auch für alle anderen Unternehmen. „Für Kleinunternehmer ist im Jahressteuergesetz 2024 allerdings eine Ausnahme vorgesehen“, so die ZDHSteuerexpertin: „Betriebe mit einem Jahresumsatz von weniger als 25.000 Euro sollen auch künftig keine elektronischen Rechnungen an Geschäftspartner verschicken müssen.“
Bislang war das anders geplant: Laut Wachstumschancengesetz wären Kleinunternehmer ab 2028 verpflichtet gewesen, im B2B-Bereich elektronische Rechnungen zu verschicken. Der Bundestag ist von dieser Regelung mittlerweile abgerückt und hat die Ausnahme von der Ausstellungspflicht für Kleinunternehmer bereits im Jahressteuergesetz 2024 beschlossen. Die Entscheidung des Bundesrats über dieses Gesetz steht allerdings noch aus, die Abstimmung darüber findet im November statt.
2. Gibt es eine „brauchbare“ kostenlose E- Rechnungssoftware, die Betriebe nutzen können?
„Betriebe mit einem Jahresumsatz von weniger als 25.000 Euro sollen auch künftig keine elektronischen Rechnungen an Geschäftspartner verschicken müssen.“
Simone Schlewitz, ZDH
Inzwischen gibt es auch kostenfreie Tools im Internet, mit denen sich E-Rechnungen visualisieren, also für das menschliche Auge lesbar machen lassen. Doch bilden diese Tools den jeweils aktuellen Stand der Technik ab?
Eine Empfehlung für eine bestimmte kostenlose E-Rechnungssoftware kann der ZDH nicht aussprechen, aber einen Verweis auf den aus Bundesmitteln finanzierten Quba-Viewer geben. Die Forderung aus dem Handwerk nach einem kostenfreien staatlichen Tool zum Auslesen von E-Rechnungen bleibt daher aktuell, wie auch die ZDH-Referatsleiterin bestätigt. Die Bundesregierung hatte dies zuletzt zwar abgelehnt, aber der ZDH befindet sich zu dem Thema auch weiterhin im Austausch.
3. Kosten für die Archivierung von E-Rechnungen: Können Betriebe das steuerlich geltend machen?
„Ja“, sagt Schlewitz. „Handwerksbetriebe können alle Ausgaben als Betriebsausgaben geltend machen, die mit der Umstellung auf die E-Rechnung verbunden sind.“
Die ZDH-Referatsleiterin fügt hinzu: „So wie alle anderen steuerrelevanten Daten müssen auch elektronische Rechnungen revisionssicher gespeichert werden.“ Daher sei für Betriebe auch künftig ein Archivsystem wichtig, das GoBD-konform ist –also den Grundsätzen „zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff“ entspricht.
4. E-Rechnungspflichten: Wie viel Digitalisierung muss sein?
Es reicht aus, wenn sich die Betriebe zum 1. Januar 2025 auf das Pflichtprogramm beschränken und sich auf den Empfang, das Auslesen und Archivieren von E-Rechnungen vorbereiten.
„Betriebe sind aber gut beraten, die Umstellung auf die E-Rechnung als Anlass zu nehmen, um die Digitalisierung im Betrieb weiter voranzutreiben. Das kann die betriebsinternen Prozesse deutlich effizienter und schlanker gestalten“, sagt Schlewitz.
„Zum Beispiel können sich die Betriebe für das Komfort-Programm entscheiden und die Eingangsrechnungen automatisiert weiterverarbeiten“, erläutert die ZDH-Mitarbeiterin. Es sei beispielsweise möglich, E-Rechnungen nach der inhaltlichen Prüfung automatisiert in die Buchhaltung einzulesen, zur Zahlung anzuweisen und zu archivieren. „Das birgt ein enormes Einsparpotenzial für Betriebe, sodass mehr Zeit für das Kerngeschäft bleibt“, betont Schlewitz. W
Midjourney
Im Gespräch: ZDH-Präsident Jörg Dittrich
„Das Handwerk braucht positive Botschaften“
Den Wandel aufzeigen, Wertschätzung einfordern und die Zukunftsaussichten im Auge behalten: Wie das Handwerk sich aufstellen muss, um wettbewerbsfähig zu bleiben. ZDH-Präsident Jörg Dittrich im Interview.
STEFAN BUHREN UND MARTINA JAHN
Welche Konsequenzen haben die Ergebnisse der ostdeutschen Landtagswahlen für das Handwerk? Muss sich das Handwerk anders aufstellen?
» Jörg Dittrich: Wir sind die Interessenvertretung des Handwerks, keine Partei. Daher steht es uns nicht an, zu werten, wer wen wählt. Doch wir grenzen uns klar von antidemokratischen Positionen, Rassismus, Hass und Hetze ab. Es darf nicht schleichend zur Normalität werden, dass dies in unsere Gesellschaft getragen und so die Grundprinzipien unserer Demokratie und sozialen Marktwirtschaft zerstört werden. Gerade als Exportnation sind wir auf diese Offenheit angewiesen: Wenn Parteien an
„Viele Handwerkerinnen und Handwerker sind
emotional betroffen.“
Jörg
Dittrich, ZDH-Präsident
den extremen Rändern den Euro infrage stellen oder eine protektionistische Wirtschafts- und Handelspolitik verfolgen, schadet das der Wirtschaft und damit unseren Betrieben. Unsere Aufgabe als Interessenvertretung ist es, den Diskurs auf handwerksrelevante Themen zu lenken und dafür Lösungen zu fordern. Das ist keine Wahlempfehlung, sondern eine Notwendigkeit, wenn parteipolitische Positionen wirtschaftsschädigend sind – und damit nicht im Interesse unserer Betriebe und Beschäftigten.
Viele Themen sind emotional besetzt.
» Dittrich: Das stimmt, viele Handwerkerinnen und Handwerker sind emotional betroffen und äußern
Fotos: ZDH/Henning Schacht
in Veranstaltungen ihren Unmut lautstark, weil sie eine andere Politik wollen. Aber es muss uns als Handwerksorganisation um die Inhalte gehen, die wir – Innungen, Kreishandwerkerschaften, Kammern, Zentralfachverbände – versuchen müssen, möglichst geschlossen im Sinne des Handwerks durchzusetzen. Wir fordern Respekt von der Politik, diesen sollten wir dann ihr gegenüber auch selbst zeigen. Das bedeutet nicht, dass wir in der Sache nicht knüppelhart sein dürfen. Immer dort, wo die Schmerzschwelle für unsere Betriebe und Beschäftigen überschritten wird, müssen wir auf Verbesserungen dringen.
Vieles basiert auf Glauben, nicht Fakten …
» Dittrich: … weil häufig Ängste dahinterstehen. Ob die geopolitische Entwicklung oder die Digitalisierung – viele fürchten, dass die Zukunft schlechter wird, besonders in einer alternden Gesellschaft. Wenn die Mehrheit älter ist, hat das natürlich Einfluss auf die Stimmung im Land. Ich sehe uns in der Verantwortung, der nächsten Generation auch Zuversicht mitzugeben.
Dann können Sie aber nicht die schlechte Lage des Handwerks beklagen – und gleichzeitig den Nachwuchs animieren, als Fachkraft in diese Branche zu kommen!
» Dittrich: Tatsächlich ist es so, dass wir keinen Nachwuchs gewinnen werden, wenn wir immer nur sagen, wie schwierig die Lage im Handwerk ist. Wir müssen die aktuellen Schwierigkeiten und den Wandel aufzeigen und gleichzeitig klarmachen, dass das Handwerk in der langen Perspektive zu den Gewinnern gehört. Beispielsweise schafft das Ziel der CO₂-Einsparung im Handwerk Arbeit, es wirkt wie eine Arbeitsbeschaffung für das Handwerk. Wer sonst soll den Umbau von Heizungen oder die Installation von PV-Anlagen bewältigen? Unsere Aufgabe als Handwerksorganisation ist es, berechtigte Kritikpunkte aufzugreifen und zu vermitteln, ohne dabei die generell positiven Zukunftsaussichten des Handwerks aus den Augen zu verlieren.
Auch wenn Fachkräfte fehlen?
» Dittrich: In Zukunft wird sicherlich niemand mehr um eine Lehrstelle betteln. Selbst wenn jeder Betrieb in die Schule geht, um dort Azubis zu finden, wird es rein zahlenmäßig nicht reichen. Der demografische Wandel erfordert, dass wir uns verstärkt um Zuwanderer, Schul- oder Studienabbrecher, Menschen mit schwierigem Lebensweg kümmern müssen. Hier muss die Politik für die entsprechenden Rahmenbedingungen sorgen und mit Förderung und Wertschätzung unterstützen.
„Unsere Aufgabe als Handwerksorganisation ist es, berechtigte Kritikpunkte aufzugreifen und zu vermitteln, ohne dabei die generell positiven Zukunftsaussichten des Handwerks aus den Augen zu verlieren.“
Jörg Dittrich, ZDH-Präsident
Was kann die Handwerksorganisation tun, um Jugendliche zu motivieren?
» Dittrich: Wir setzen auf positive Botschaften und auf Vorbilder im Handwerk. Und darauf, uns in der Politik Gehör zu verschaffen. Bei der Wachstumsinitiative waren wir damit erfolgreich. Da stehen Punkte drin, die von uns kommen, etwa die Praxischecks: Diese sollen nun nach dem Beschluss der Bundesregierung im Rahmen der „Wachstumsinitiative“ auf alle Bundesministerien ausgedehnt werden. Und wir setzen zudem zur Motivierung von Jugendlichen vor allem auch auf unsere Imagekampagne. Mit der haben wir es geschafft, dem Handwerk wieder mehr Bekanntheit und Wertschätzung zu verschaffen.
Kritiker sagen, da müsse sich zum Beispiel etwas an der Lohnhöhe tun.
» Dittrich: Da halte ich gegen: Die Löhne im Handwerk sind gestiegen und wir bieten sowohl Sicherheit als auch Perspektive. Es gibt viele Beispiele, warum Menschen lieber in kleinen Betrieben als in Konzernen arbeiten. Nicht ohne Grund sprechen wir von der Handwerksfamilie. Das hat eine große Anziehungskraft und viele ziehen daraus auch Zuversicht. Das wollen wir für die Imagekampagne nutzen. Und im Zentrum unserer Kampagne steht die Zuversicht. Ich halte das für eine starke Botschaft, wenn eine ganze Branche, das Handwerk, für eine positive Zukunft steht.
Wenn die Mitt- und Endfünfziger vor der eigenen Betriebsübergabe stehen und die schlechte Lage beklagen, laufen sie Gefahr, keine Nachfolge zu finden. Gerade sie müssten doch Lust am Unternehmertum versprühen!
» Dittrich: Ich sehe das genauso. Wir Menschen werden älter, was gut ist. Aber wenn einige mit Ende 50 beschließen, teils auch aus Frustration, genug gearbeitet zu haben, und früher in Rente gehen wollen, ist vielen vermutlich nicht bewusst, wie viele Jahre den meisten noch vergönnt sind. In deren 70ern sind dann die finanziellen Reserven aufgebraucht. Aber es müssen dann immer noch ein oder zwei weitere Lebensdekaden finanziell gesichert sein. Mit einem zu frühen Ausstieg laufen sie Gefahr, später in die Altersarmut zu gleiten.
Viele verpassen den richtigen Zeitpunkt, um eine Betriebsübergabe einzuläuten?
» Dittrich: Es gibt leider Betriebe, die den richtigen Zeitpunkt verpassen. Ich habe mit 55 bei mir im Betrieb den Prozess begonnen und meinem Neffen Anteile übertragen, da war er gerade mal 28 Jahre. Aber auf was hätte ich denn warten sollen? Bis er
Auf der persönlichen Wunschliste ganz oben: die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit
40 ist? Er hat seine Ausbildung und seinen Meister gemacht, ist mit 21 Jahren in Verantwortung gekommen und hat sich bewährt. Weiß ich denn, ob er in 10 oder 20 Jahren noch Lust darauf hat? Unternehmer müssen selbst Lust auf ihre Arbeit und den Generationswechsel vermitteln, sonst wird die Nachfolge nicht gelingen.
Wäre da nicht die Bürokratie.
» Dittrich: Leider! Umfragen besagen, dass knapp 80 Prozent der Meisterabsolventinnen und -absolventen nicht in die Selbstständigkeit gehen wollen. Und von denen wiederum geben etwa 35 Prozent als Grund dafür die überbordende Bürokratie, die „Angst vor Formularen“ an. Hier muss die Politik dringend mutiger und entschlossener agieren. Die bisherigen Bürokratieentlastungsgesetze sind in den Betrieben nicht als Entlastung spürbar.
Mit der Nachhaltigkeitsberichterstattung klopft das nächste Bürokratiemonster an der Tür.
» Dittrich: Ja, das ist ein Beispiel dafür, dass Regelungen völlig an der Realität vorbeigehen und mehr Schaden anrichten, als dadurch an Nutzen im Sinne der angestrebten Ziele erreicht wird. Ursula von der Leyen will die Bürokratie um 35 Prozent reduzieren und das KMU-Entlastungspaket der EU sollte eigentlich verhindern, dass Offenlegungspflichten unsere Betriebe zusätzlich belasten. Kleine und mittlere Unternehmen könnten geschützt werden, wenn Großunternehmen nicht verpflichtet wären, Daten der Lieferkette bei kleinen Betrieben einzufordern. Ein freiwilliger Nachhaltigkeitsberichtsstandard, der gerade entwickelt wird, könnte hier Abhilfe schaffen und ein Chaos wie beim Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz verhindern.
„Umfragen
besagen, dass knapp 80 Prozent der Meisterabsolventinnen und absolventen nicht in die Selbstständigkeit gehen wollen. Und von denen wiederum geben etwa 35 Prozent als Grund dafür die überbordende Bürokratie an.“
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Wenn Sie eine Wunschliste hätten: Was sollte die Bundesregierung im Sinne des Handwerks umsetzen?
» Dittrich: Die Überschrift lautet: Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit. Wenn es dem Handwerk mit seinen 5,6 Millionen Beschäftigten und deren Angehörigen in Stadt und Land gut geht, dann macht das auch etwas mit der Stimmung, dann lässt sich diese drehen. Und wo muss Politik ansetzen, damit die Wirtschaft wieder in Schwung kommt?
Natürlich bei einer Energiepolitik, die Antworten gibt, woher 2030 eine grundlastfähige Energie zu einem wettbewerbsfähigen Preis herkommt. Dann bei einem Bürokratieabbau, der spürbar Freiräume schafft. Zudem wird das Thema der Lohnzusatzkosten immer brisanter, denn es drohen heftige Steigerungen der Sozialabgaben in der Pflege- und Kranken-, aber auch in der Rentenversicherung.
Wo soll die Finanzierung herkommen?
» Dittrich: Die Diskussion über die Finanzierung der Sozialversicherung ist schwierig, aber unvermeidbar, wenn wir die Sozialsysteme funktionsfähig halten wollen. Vorschläge in diesem Bereich stoßen schnell auf den Vorwurf des Sozialabbaus. Wir müssen jedoch die Lohnzusatzkosten senken, da sie Betriebe und Beschäftigte stark belasten. Vielleicht braucht es auch unpopuläre Maßnahmen. Aktuell jedoch wird schon reflexartig jeder Vorschlag dazu sofort wieder kassiert. Dabei gefährdet ein „Weiter-so“ die Zukunft unserer Sozialsysteme noch viel mehr.
Der geforderte große Wurf blieb bei allen Reformen immer aus.
» Dittrich: Ich befürchte, die große Reform wird wohl ausbleiben. Aber wir können es uns nicht leisten, keinen Schritt zu gehen. Wir stehen im globalen Wettbewerb und können nicht einfach verlangen, dass das Spiel abgepfiffen wird, nur weil uns in der 70. Minute die Luft ausgeht. Die Amerikaner und Chinesen werden weiterspielen. Daher müssen wir uns anstrengen, wieder fitter zu werden, wir müssen ins Trainingslager gehen, damit wir im Wettbewerb mithalten können.
Sehen Sie bei der Bundesregierung eine echte Handlungsfähigkeit?
» Dittrich: Es wird auf jeden Fall höchste Zeit, dass die Regierung handelt. Die Landtagswahlen im September haben davor zu einem monatelangen Stillstand geführt, eigentlich seit Ende Mai des Jahres. Dass laut Umfragen der Ampel-Regierung nur noch die wenigsten zutrauen, das Ruder herumzureißen, sehe ich als einzige Chance, uns allen noch das Gegenteil zu beweisen. W
„Kein großer Befreiungsschlag“
Der Bundesrat hat dem Bürokratieentlastungsgesetz zugestimmt: Es enthält auch Neuerungen, die dem Handwerk zugute kommen – viele sind es allerdings nicht.
Nach dem Bundestag hat nun auch der Bundesrat das Bürokratieentlastungsgesetz (BEG IV) verabschiedet. Mit dem Gesetz sollen Abläufe vereinfacht und verschlankt werden, heißt es in der Gesetzesbegründung.
BEG IV: Was haben Bundestag und Bundesrat beschlossen?
Zu den beschlossenen Erleichterungen gehören laut Bundesregierung unter anderem:
ɓ Kürzere Aufbewahrungsfristen für Buchungsbelege: Diese müssten nun nur noch acht statt zehn Jahre aufbewahrt werden.
ɓ Digitale Arbeitsverträge: Künftig könnten Arbeitgeber auch per EMail über die wesentlichen Bedingungen der Arbeitsverträge informieren.
ɓ Mehr digitale Rechtsgeschäfte: In einigen Rechtsbereichen genügt fortan die Text statt der Schriftform, sodass eine EMail, SMS oder MessengerNachricht dann ausreichen.
ɓ Zentrale Vollmachtsdatenbank für Steuerberater: Damit würden Arbeitgeber entlastet, weil sie ihrem Steuerberater keine schriftlichen Vollmachten mehr für die jeweiligen Träger der sozialen Sicherung ausstellen müssen.
ɓ Digitale Steuerbescheide: Künftig soll es den Steuerbehörden ermöglicht werden, Steuerbescheide und andere Steuerverwaltungsakte digital zum Abruf bereitzustellen.
Bürokratieentlastung? Das sagt das Handwerk
Und wie kommt das BEG IV im Handwerk an? „Der große Befreiungsschlag bleibt aus“, erklärte ZDHGeneralsekretär Holger Schwannecke anlässlich der Verabschiedung im Bundestag. Das Bürokratieentlastungsgesetz erweise sich trotz richtiger Ansätze und Ergänzungen „insgesamt als zu zögerlich, um spürbare Entlastungseffekte in der Breite des Handwerks zu erzielen“. Positiv hob er zwar hervor, dass der Bund den teilweisen Wegfall der anlassunabhängigen mutterschutzrechtlichen Gefährdungsbeurteilung von Arbeitsplätzen oder der Anpassung der Bagatellgrenze bei der Künstlersozialversicherung beschlossen habe.
Kürzere Aufbewahrungsfristen: Buchungsbelege müssen Betriebe laut Bürokratieentlastungsgesetz künftig nur noch acht Jahre aufbewahren.
„Das BEG IV erweist sich insgesamt als zu zögerlich, um spürbare Entlastungseffekte in der Breite des Handwerks zu erzielen.“
Holger Schwannecke, ZDH-Generalsekretär
Angesichts künftiger Neubelastungen – wie zum Beispiel der absehbaren Nachhaltigkeitsberichterstattungspflichten – könne das BEG IV nur ein Zwischenschritt sein, stellte Schwannecke klar. Der ZDHGeneralsekretär wies darauf hin, dass das Handwerk bereits praxisnahe Vorschläge zum Bürokratieabbau gemacht habe. Konkret bedürfe es „jährlicher Entlastungspakete, der verbindlichen Formulierung einer echten NettoEntlastung und mehr wirksamer Ausnahmen für Handwerk und Mittelstand“, forderte er. Zu einer ähnlichen Einschätzung wie der ZDH kommt auch das Institut der Deutschen Wirtschaft: Das BEG IV sei „kein großer Befreiungsschlag“. Die einzige „größere“ Maßnahme sei, dass Steuerbelege nicht mehr zehn Jahre aufbewahrt werden müssen. Positiv sei zudem, dass Arbeitsund Mietverträge künftig digital abgeschlossen beziehungsweise gekündigt werden können.
BEG IV: Wie geht es jetzt weiter?
Das Bürokratieentlastungsgesetz muss noch im Bundesgesetzblatt verkündet werden und tritt größtenteils nach der Verkündung in Kraft. (AML) W
Foto: Andrey
Teams erfolgreich führen
Immer authentisch sein, Vertrauen statt Kontrolle oder Mitarbeitermotivation – solche Ideen für Mitarbeiterführung sind populär. Aber sind sie auch erfolgreich?
KATHARINA WOLF
Mythos 1: Der Chef muss immer authentisch sein
Authentizität gilt als Schlüssel für gelungene Führung. Unsinn, meint Bernd Geropp, Coach für Führungskräfte in kleinen und mittleren Unternehmen. „Als Führungskraft spielen Sie eine Rolle – die des Chefs. Und so sollten Sie sich auch verhalten.“
Gute Führung bedeute nicht, immer zu zeigen, wie es einem gerade geht, so Geropp. „Wer denkt, dass er sich nicht verstellen darf, um authentisch zu sein, begeht einen Denkfehler.“
Er nennt ein Beispiel: Schon morgens ist die Laune schlecht, weil Sie im Stau standen oder andere Kleinigkeiten schiefgegangen sind. „Wie verhalte ich mich dann authentisch im Betrieb?“, fragt Geropp. Die negativen Gefühle direkt ans Team weiterzureichen, sei ein Fehler. „Im Betrieb bin ich Chef, ich reiße mich also zusammen. Zu meiner Rolle gehört, für gute Stimmung zu sorgen und ansprechbar für meine Mitarbeitenden zu sein.“
Gute Führung basiere auf Werten und Überzeugungen, die sich im Verhalten des Chefs widerspiegeln. „Diese Werte muss ich für mich selbst herausfinden und meine Rolle daran ausrichten“, betont Geropp. „Erst dann bin ich im richtigen Sinne authentisch.“
Bernd Geropp, Coach
Foto: Geropp Leadership GmbH
Mythos 2: Die Chefin muss ihre Mitarbeitenden motivieren
„Gute Mitarbeiter brauchen Sie nicht zu motivieren“, sagt Geropp. „Sie sind von sich aus, also intrinsisch, motiviert.“ Ein Fehler vieler Chefs sei, das Team zu demotivieren. Mangelnde Wertschätzung, unklare Abläufe, widersprüchliches Verhalten – so würden auch die motiviertesten Teammitglieder frustriert, betont der Coach. Dagegen helfe dann auch kein höheres Gehalt oder ein Lob. Drei Aufgaben habe eine Führungskraft, um intrinsisch motivierte Mitarbeitende bei der Stange zu halten, so Geropp:
ɓ Sie geben der Arbeit einen Sinn.
ɓ Sie geben ein Ziel vor, aber nicht den detaillierten Weg.
ɓ Sie sorgen dafür, dass der Mitarbeitende besser werden kann.
Mythos 3: Vertrauen ist besser als Kontrolle Gute Mitarbeiter möchten Vertrauen und brauchen keine Kontrolle? Falsch, meint Geropp und nennt ein Beispiel: „Sie haben einen zeitkritischen Auftrag und fordern mehr Anstrengung und Überstunden. Doch wenn Ihr Mitarbeiter dann die Arbeit tatsächlich in der knappen Zeit schafft, nehmen Sie das
Es läuft gut im Team? Dann haben Sie Ihr Führungshandwerk gelernt!
kaum zur Kenntnis, weil Sie im Kopf schon wieder woanders sind.“
In einem solchen Fall brauche und erwarte der Mitarbeitende aber Kontrolle: „Wie wollen Sie sonst ein Feedback geben?“, fragt Geropp. „Und selbst wenn Sie volles Vertrauen in einen Mitarbeiter haben, sollten Sie seine Ergebnisse zumindest hin und wieder kontrollieren. Schließlich tragen Sie nach wie vor die Gesamtverantwortung.“ Auch hier gelte: Kontrollieren Sie aber nur Ergebnisse, nicht den Weg.
Wichtig: Kontrollen sollten berechenbar und vorhersehbar sein, rät der Coach. „Am besten, Sie sprechen Sie Kontrollschritte ab, wenn Sie die Aufgabe übergeben. Der eine braucht mehr, der andere weniger Kontrolle.“ Verboten ist, zwischendurch nachzufragen – auch wenn es gut gemeint ist.
Mythos 4: Remote führen ist unmöglich Führen aus der Ferne – das kann nicht klappen, denken Sie? „Ich würde sagen: Wer nicht remote führen kann, kann gar nicht führen“, so Geropp. Denn entscheidend sei nicht, wie oft sich Team und Chef persönlich treffen, sondern der Austausch und das Interesse des Chefs an seinen Mitarbeitenden.
„Als Führungskraft muss ich umdenken: Mehr telefonieren als direkt sprechen. Meine Leute auf der Baustelle nach Vorankündigung besuchen, wenn sie morgens nicht vom Betrieb, sondern von zu Hause aus starten“, erläutert Geropp. „Kontakt zu halten, kommt gut an, denn den Mitarbeitenden ist klar: Der Chef hat wenig Zeit. Sie wissen es zu schätzen, wenn er sie ihnen widmet.“
Mythos 5: Führung kann man nicht lernen
Zur Führungskraft muss man geboren sein, das ist nur etwas für Alpha-Tiere – glauben Sie das auch? „Führung kann man lernen“, ist hingegen Bernd Geropp überzeugt. Viel wichtiger sei die Frage: Will ich das auch?
Denn der Wechsel in eine Führungsposition hat seiner Ansicht nach viele Konsequenzen: „Ich muss damit leben, nicht mehr Teil des Teams zu sein“, sagt er. Man müsse bereit sein, sich unbeliebt zu machen – etwa weil eine unpopuläre Entscheidung durchgesetzt werden muss. Und nicht zuletzt müsse eine Führungskraft bereit sein, Konflikte anzusprechen und sachlich auszutragen.
„Es ist nicht das Ziel, beliebt zu sein und für Harmonie zu sorgen“, sagt der Coach. Ziele seien ein fairer Umgang, eine offene Kommunikation und verlässliche Entscheidungen. Wer dies für sich akzeptiere, könne Führung lernen. „Letztlich ist gute Führung auch ein Handwerk.“ W
„Als Führungskraft spielen Sie eine Rolle –die des Chefs.“
Bernd
Geropp, Coach
Guter Teamgeist bringt Betrieb voran
Respekt und Wertschätzung für das Team stehen im Arbeitsalltag für das Unternehmerpaar Nowack stets obenan. „Uns ist die Art und Weise, wie wir mit unserem Team zusammenarbeiten, schon immer sehr wichtig“, betont Dietrich Nowack. Gemeinsam mit seiner Frau Astrid führt er seit 1995 die Dietrich Nowack Malermeister GmbH im niedersächsischen Schöningen in zweiter Generation. 16 Gesellen und 4 Azubis profitieren von regelmäßigen Feedbackgesprächen, gemeinsamen Events sowie Lob und Anerkennung durch ihre Chefs. Dazu gibt es Oster- und Weihnachtsgeschenke sowie auch mal „einen Obolus in Form von Geld oder Material“.
Der Umgang auf Augenhöhe zahle sich aus: „Zum Beispiel in Form einer langjährig guten Zusammenarbeit mit vielen Mitarbeitern“, freut sich der Inhaber. „Zwei Kollegen sind schon seit über 40 Jahren bei uns und andere seit über 25 Jahren.“ Der gute Zusammenhalt im Team wirke sich auch positiv auf das Arbeitsergebnis aus. „Wir wissen genau, wer welche Aufgaben in welcher Kolonne besonders effektiv bearbeiten kann und in welcher Kombination es auch menschlich am besten passt“, sagt er.
„Die Mitarbeitenden können mit allen wichtigen Anliegen zu uns kommen“, erzählt Astrid Nowack, „auch wenn das natürlich einiges an Zeit kostet.“ Die Verwaltungsfachwirtin ist als Quereinsteigerin zuständig für das Büro und die Betreuung der Auszubildenden. „Aber diese Zeit nehmen wir uns gerne“, resümiert sie. „Und wenn es in einer Kolonne kriselt“, wirft der Chef ein, „dann berichten die Mitarbeiter uns von solchen Problemen. Beim nächsten Mal können wir das bei der Kolonnenplanung berücksichtigen.“ Ein weiterer Baustein für gelungene Mitarbeiterkommunikation sei das „Du“ im Betrieb, das die Nowacks großschreiben. Lediglich die Azubis müssten den Chef während der Ausbildungszeit siezen. „Das gehört für mich einfach dazu“, erklärt der Unternehmer. „Aber die frischen Gesellen freuen sich, wenn wir nach der Prüfung dann per Du sind.“ (BG)
Weniger Stress, mehr Bewegung: Wer nur vier Tage die Woche arbeitet, ist zufriedener.
Wissenschaftlich belegt: Mit
Vier-Tage-Woche zufriedener
Das deutschlandweite Pilotprojekt zur Arbeitszeitverkürzung legt erste Ergebnisse vor: Mitarbeiter haben weniger Stress und schlafen besser. Und auch die Betriebe profitieren.
KATHARINA WOLF
Weniger Arbeit, weniger Stress, gleiche Produktivität: Die Vier-TageWoche sorgt für mehr Zufriedenheit bei Arbeitnehmern, ohne die Wirtschaftlichkeit der Betriebe zu gefährden. Das ist das zentrale Ergebnis einer Studie der Universität Münster, die den sechsmonatigen Pilotversuch zur Vier-Tage-Woche in Deutschland wissenschaftlich begleitet hat.
45 Unternehmen aller Branchen und Größen haben sich an dem Versuch beteiligt. Ziel war zu klären, wie die Vier-Tage-Woche Arbeitgeberattraktivität, Mitarbeitergesundheit und Produktivität beeinflusst. Nun haben die Initiatoren des Projekts rund um die Agentur Interprenör erste Ergebnisse vorgelegt.
90 Prozent der Mitarbeitenden sagten, die VierTageWoche habe ihr allgemeines Wohlbefinden verbessert.
Fitnesstracker zeigten mehr Bewegung und besseren Schlaf
Und die lassen aufhorchen: 90 Prozent der Mitarbeitenden in den beteiligten Unternehmen sagten, die Vier-Tage-Woche habe ihr allgemeines Wohlbefinden verbessert. So berichteten sie von weniger Stress und Burnout-Symptomen. Fitnesstracker, getragen von Testpersonen, zeigten, dass diese sich mehr bewegten und länger schliefen als eine Kontrollgruppe, die fünf Tage die Woche arbeitete. So sorgte die Vier-TageWoche für durchschnittlich 38 Minuten mehr Schlaf, mehr Schritte am Tag und weniger Stressminuten pro Tag. Auch der Krankenstand sei gesunken, allerdings nur leicht, ermittelten die Wissenschaftler.
Alle Betriebe im Pilotversuch hatten die Arbeitszeit um mindestens 10 Prozent verkürzt, 38 Prozent
sogar um 20 Prozent. Dabei waren die Unternehmen frei, wie sie die Vier-Tage-Woche umsetzten: Die Mehrheit (85 Prozent) gewährte einen freien Tag pro Woche an einem festgelegten oder rotierenden Tag. 60 Prozent der beteiligten Betriebe führten die verkürzte Arbeitszeit für alle Mitarbeitenden ein. Größere Unternehmen beschränkten sich auf bestimmte Mitarbeitende oder Teams.
„Die Vier-Tage-Woche führte zu einer signifikant positiven Veränderung der Lebenszufriedenheit, die sich hauptsächlich durch die zusätzliche Freizeit ergab“, erklärte die Leiterin der Studie Julia Backmann bei der Vorstellung der Ergebnisse und belegte dies mit Zahlen: Hatten vor dem Projekt 64 Prozent der Mitarbeitenden den Wunsch, mehr Zeit mit der Familie zu verbringen, waren es nach der Einführung der Vier-Tage-Woche nur noch 50 Prozent.
Optimierte Prozesse und mehr Effizienz sorgten für gleichbleibende Produktivität Um die verkürzte Arbeitszeit nicht mit mehr Überstunden auszugleichen, gingen die Unternehmen unterschiedliche Wege: Jeweils über 60 Prozent reduzierten Ablenkungen und optimierten Prozesse, gut die Hälfte der Unternehmen veränderte die MeetingKultur, indem sie beispielsweise die Frequenz und die Länge der internen Treffen verringerte. Ein Viertel der Teilnehmenden führte neue digitale Werkzeuge ein, um die Effizienz weiter zu steigern.
„Die VierTageWoche führte zu einer signifikant positiven Veränderung der Lebenszufriedenheit, die sich hauptsächlich durch die zusätzliche Freizeit ergab.“
Julia Backmann, Universität Münster
Dadurch konnte die Produktivität in den Unternehmen gehalten werden oder sogar steigen. Es hätten sich leichte Steigerungen in den finanziellen Leistungskennzahlen wie Umsatz und Gewinn gezeigt, so Backmann. Auch Geschäftsführer und Mitarbeitende berichteten von einer verbesserten Produktivität.
Um passende Arbeitszeitmodelle und optimierte Prozesse zu erarbeiten, konnten die teilnehmenden Unternehmen an bis zu 15 Online-Workshops teilnehmen. Netzwerktreffen ermöglichten persönlichen Erfahrungsaustausch.
Unternehmen warben mit der Vier-TageWoche erfolgreich um neue Fachkräfte
Ob sich die Vier-Tage-Woche auch auf die Gewinnung neuer Mitarbeitender auswirkte, konnten die Wissenschaftler nicht eindeutig belegen. Zwar seien die Mitarbeiterzahlen in den beteiligten Betrieben während des Projekts gestiegen. Unklar sei, ob dies allein der verkürzten Arbeitszeit zuzurechnen sei. Dass einige der Unternehmen offensiv mit der Vier-Tage-Woche geworben hätten, werteten die Forscher als starkes Indiz.
Ein positives Fazit der Vier-Tage-Woche zogen daher nicht nur Mitarbeitenden, sondern auch die Betriebe: Mehr als 70 Prozent wollen sie fortsetzen, indem sie entweder die Testphase verlängern oder die verkürzte Arbeitszeit dauerhaft einführen. W
Testphase beendet – die VierTageWoche bleibt
Seit Januar ticken die Uhren in der nordrheinwestfälischen Schreinerei Mostert anders: Ab Donnerstagabend ist dort Wochenende.
Inhaber HannsGeorg Mostert (Foto) hat mit seinem Betrieb an dem bundesweiten Pilotprojekt zur VierTageWoche teilgenommen. Und er zieht durchweg eine positive Bilanz. „Wir lassen das weiter so laufen und kehren nicht zur FünfTageWoche zurück“, steht für den Schreinermeister fest.
Das wichtigste Fazit des Betriebsinhabers: „Meine Mitarbeitenden sind ausgeruhter und konzentrierter bei der Arbeit“, sagt Mostert. Zudem seien sie zufrieden mit dem Modell und freuten
sich über den freien Freitag. Allein das sei ein wichtiger Grund für den Unternehmer, an dem Modell festzuhalten.
An einem Freitag im Monat kommt dennoch das ganze Team zum TeamTag. Das wollten alle beibehalten und profitieren jetzt „von der absoluten Ruhe im Betrieb“. Kein Kunde, kein Lieferant und kein Telefonklingeln. Das gesamte Team schätze es, dass sie sich gemeinsam Zeit für die Weiterentwicklung nehmen, sagt Mostert.
„Wenn ich mein Team vergrößern wollen würde, könnte ich die VierTageWoche gut als Aufhänger nutzen“, betont der Handwerksmeister. Er habe einige Bewerbungen bekommen, nur weil er das Arbeitszeitmodell anbietet.
Nach einem Dreivierteljahr bekommt der Unternehmer noch immer Nachfragen von Kunden aufgrund der Vier
TageWoche. „Mich überrascht, dass sich viele Kunden wohlwollend dafür interessieren und fragen, wie das im Team funktioniert“, betont er. Dadurch habe der Betrieb seinen Ruf als attraktiver Auftragnehmer und auch Arbeitgeber in der Region stärken können.
Das Jahr 2024 sei ohnehin ein Jahr großer Veränderungen in der Schreinerei: „Wir haben große Maschinen angeschafft und haben uns um neue digitale Anwendungen gekümmert“, berichtet Mostert. Sein Ziel sei dabei immer eine Effizienzsteigerung. Doch wenn viele Veränderungen zusammenkommen, sei eine echte Messung in Zahlen und Fakten schwierig. „Ich gehe davon aus, dass es im kommenden Jahr ruhiger wird“, sagt der Unternehmer. Dann werde er auch in der Bilanz ein Fazit der VierTageWoche ziehen können. (JA) Foto: Intuitive Fotografie Köln
Hat gelernt, auch mal groß zu denken – und das mit Erfolg: Torben Meier, Inhaber der Dachdeckerei und Zimmerei Meier in Lengede.
Zukunftsfähig ist, wer groß denkt und mutig entscheidet
Arbeite ich im Betrieb oder am Betrieb? Diese Frage hat sich Torben Meier lange vor der Übernahme des Familienbetriebs gestellt. So ist er strategisch vorgegangen, damit die Firma ohne ihn läuft.
Dass Torben Meier das Geld für den Familienbetrieb am Schreibtisch verdienen will, hat er frühzeitig bewusst entschieden. Ein paar Jahre nach der Meisterschule sei er noch ab und zu auf den Baustellen gewesen, berichtet der Inhaber der Dachdeckerei und Zimmerei Meier in Lengede. „Dann habe ich mir die Frage gestellt, ob ich den Betrieb weiterentwickeln und aufbauen möchte oder handwerklich weiter mitarbeiten will“, sagt der Unternehmer. Der Wunsch, sich mehr aus dem Tagesgeschäft herauszuziehen, hat überwogen.
Damit das gelingen konnte, hat der Unternehmer einige Weichen gestellt. Diese drei Faktoren waren ihm besonders wichtig.
„Ich habe mir die Frage gestellt, ob ich den
Betrieb
weiterentwickeln möchte oder handwerklich mitarbeiten will.“
Torben Meier, Inhaber
Fehler machen, Erfahrungen sammeln „Ich musste erst lernen, wie man ein Unternehmen entwickelt und was es braucht, erfolgreich zu sein“, sagt Meier. Geholfen habe ihm, dass sein Vater ihm als Nachfolger alle Freiheiten gelassen hat. „Er war immer ruhig und besonnen und hat mir nicht reingeredet.“ Trotzdem habe er auf seine Erfahrung vertrauen und zurückgreifen können. Auch die Unterstützung seiner Frau, die das Büro leitet, die Familie managt und Entscheidungen mit ihm gemeinsam trifft, sei für die Weiterentwicklung des Unternehmens fundamental wichtig gewesen. Eine wichtige Erkenntnis aus dem Übernahmeprozess: Ein Betrieb mit seinen Mitarbeitenden braucht Regeln und Grenzen. Welche das sein soll-
Foto: Hendrik Meier
MARTINA JAHN
ten, war Torben Meier zu Beginn nicht klar. „Da habe ich auch immer wieder Fehler gemacht. Doch die waren notwendig, um voranzukommen“, betont der Dachdecker- und Zimmerermeister.
Ein wichtiges Learning aus seiner Sicht: Nur mit Mitarbeitenden, die den Weg des Wandels mittragen, wird ein Betrieb zukunftsfähig. „Wer diesen Weg nicht mitgehen will, muss gehen“, sagt Meier. Diese Entscheidungen seien für den Handwerksmeister oftmals hart und schmerzhaft gewesen. Auf lange Sicht aber seien sie ein wichtiges Signal für das bestehende Team gewesen.
Größer denken, mehr erreichen
Torben Meier war auch klar, dass der Betrieb mit damals 17 Mitarbeitenden nur bestehen kann, wenn er zukunftsweisende Investitionen tätigt. So wurde nicht mehr in alte Gebäude investiert: „Ein neuer Standort musste her. Gebaut haben wir dann in einem Gewerbegebiet um die Ecke – mit Solaranlage und einer völlig neuen Infrastruktur“, berichtet der 47-Jährige.
Auch das war eine Entscheidung mit Weitblick: „Ich habe gelernt, groß zu denken und mutig zu sein“, sagt Meier. Heute ist der Betrieb mit 30 Mitarbeitenden so aufgestellt, dass er die Gebäude entweder selbst nutzen oder einzeln weitervermieten kann. „Wenn man nicht nur an morgen, sondern weiter denkt, entstehen neue Ideen – und das hat auch etwas mit Nachhaltigkeit zu tun“, ist der Handwerksunternehmer überzeugt.
Ähnlich wie bei dem Aufbau des neuen Firmengeländes ist Meier auch die Investition in Maschinen, Werkzeuge und den Fuhrpark angegangen. Das alles habe auf den Wert des Unternehmens eingezahlt.
Aufgaben abgeben, strategisch denken Damit der Betrieb auch ohne ihn läuft, hat Meier nach und nach Verantwortung abgegeben. Dafür hat er einen Meister eingestellt, der die Baustellen leitet, Aufträge schreibt und sich um die Teams kümmert. Eine weitere Meisterstelle soll in naher Zukunft besetzt werden. „Ich will mich weiter aus dem Tagesgeschäft rausziehen, dafür brauche ich Unterstützung“, betont der Dachdecker- und Zimmerermeister. Stolz sei er auf die Leistung des gesamten Teams, das motiviert nach vorn schaut und ihm für andere Aufgaben Kraft gibt. Aktuell ist der Betrieb laut Meier so aufgestellt, dass er fast alleine läuft. „Weil jeder mitzieht und auch unangenehme Entscheidungen mitgetragen werden“, betont der Unternehmer. Kredite seien fast bezahlt, der Wert habe sich gesteigert und neue Unternehmenswerte seien fest etabliert. Für Torben Meier ist das eine Bestätigung dafür, dass es sich gelohnt hat, am Betrieb zur arbeiten und ihn vom Schreibtisch aus in die Zukunft zu lenken. W
„Ich musste erst lernen, wie man ein Unternehmen entwickelt und was es braucht, um erfolgreich zu sein.“
Torben Meier, Inhaber
Namen und Nachrichten
Härtelt-Dören wiedergewählt Manuela Härtelt-Dören (Foto) wurde auf der Mitgliederversammlung des Zentralverbands des Deutschen Friseurhandwerks erneut zur Präsidentin des Verbandes gewählt. Die Friseurmeisterin aus Göttingen tritt damit ihre zweite Amtszeit an. Sie forderte die Delegierten auf, den Zusammenhalt der Branche zu fokussieren. Ihre Hauptziele: der Kampf für faire Wettbewerbsbedingungen, insbesondere durch die Bekämpfung von Schwarzarbeit, die Verbesserung der Berufsbildung und die Gleichstellung von beruflicher und akademischer Bildung. (JA)
NBank-Beirat neu besetzt
Den Vorsitz des Beirates der NBank hat die Hauptgeschäftsführerin der Landesvertretung der Handwerkskammern Niedersachsen (LHN), Hildegard Sander, Ende Oktober übernommen. Der Beirat ist eine Plattform für den Austausch mit der gesamten niedersächsischen Wirtschaft und unterstützt unter anderem in den Bereichen Infrastruktur, Wirtschafts und Arbeitsmarktförderung. (JA)
Gebrauchte E-Pkw stark nachgefragt Niedersachsens Gebrauchtwagenmarkt zeigte sich im September weiterhin dynamisch. Laut KfzGewerbe NiedersachsenBremen weise die Monatsbilanz der KBALänderstatistik ein Plus von 4,1 Prozent für Verbrenner auf. Auf weiterhin niedrigem Niveau stünden hohe Pluszahlen für Elektromobilität – mit 28,7 Prozent plus für vollelektrische Gebrauchte (BEV) und 43,6 Prozent plus für PluginHybride (PHEV). Hybride ohne Stecker nahmen um 52 Prozent zu.
Das Jahreszwischenergebnis zeige für alle Antriebsarten Steigerungen zum Vorjahr: So gebe es ein Plus von 6,7 Prozent für 302.128 Benziner, 1,5 Prozent mehr für 177.358 Diesel, 73,1 Prozent plus für 14.366 BEV und 54,9 Prozent plus für 10.604 PHEV. (BG)
Foto: Petra A. Killick
Steuervorteil durch Sonderzahlung gekippt
Der Bundesfinanzhof hat das Steuersparmodell „Dezember-Leasing“ für Firmenwagen gekippt. Es drohen satte Steuernachzahlungen auf Sonderzahlungen.
JÖRG WIEBKING
Sie ermitteln Ihren Gewinn per EinnahmenÜberschussRechnung und planen, noch zum Jahresende einen neuen Firmenwagen zu leasen? Vorsicht: Der Bundesfinanzhof hat die Vorteile des bisher beliebten „DezemberLeasings“ deutlich eingeschränkt: Wer den Wagen nicht dauerhaft zu mehr als 50 Prozent nutzt, bekommt Probleme.
Der Fall: Extrem viele Betriebsfahrten –aber nur im ersten Monat Ein Unternehmer least einen Firmenwagen über drei Jahre. Der Leasingvertrag sieht keine Übernahme des Wagens nach dem Ende der Laufzeit vor. Der Leasingzeitraum beginnt am 1. Dezember. In diesem Monat leistet der Unternehmer eine Leasingsonderzahlung in Höhe von rund 36.500 Euro zuzüglich Umsatzsteuer. Der Unternehmer nutzt das Auto auch privat und führt ein Fahrtenbuch. Im Dezember nutzt er das Fahrzeug zu rund 71 Prozent beruflich. In dieser Höhe setzt er in seiner EinnahmenÜberschussRechnung die Sonderzahlung im Anschaffungsjahr als Betriebsausgabe an.
Nach einer Betriebsprüfung kommt das Finanzamt zu einem anderen Ergebnis: Denn über die gesamten 36 Monate betrachtet liegt der betriebliche Anteil der Nutzung bei durchschnittlich nur rund 12 Prozent.
Deswegen verteilt das Finanzamt den betrieblichen Anteil der Leasingsonderzahlung rückwirkend auf die vollen 36 Monate Laufzeit.
Für den ersten Monat erkennt es nur 1/36 als Betriebsausgaben an – ganze 720 Euro. Dagegen klagt der Betroffene.
Das Urteil: Die Nutzung während der gesamten Dauer entscheidet Der Bundesfinanzhof entscheidet zugunsten des Finanzamts. Der volle Betriebsausgabenabzug für die Sonderzahlung schon im Anschaffungsjahr komme aus zwei Gründen nicht infrage:
1 Der Unternehmer hatte keine Übernahme des Leasingfahrzeugs vereinbart. Daher sei er nicht wirtschaftlicher Eigentümer des Wagens. Folglich handele es sich nicht um notwendiges Betriebsvermögen.
2 Dennoch hätte der Unternehmer die Leasingsonderzahlung in voller Höhe ansetzen dürfen, wenn er den Wagen dauerhaft zu mehr als 50 Prozent betrieblich genutzt und den Privatanteil nach der 1ProzentMethode versteuert hätte. Da die betriebliche Nutzung
Sie ermitteln Ihren Gewinn per Einnahmen-Überschuss-Rechnung und planen, noch zum Jahresende einen neuen Firmenwagen zu leasen? Vorsicht: Der Bundesfinanzhof hat die Vorteile des bisher beliebten „Dezember-Leasings“ deutlich eingeschränkt!
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Bundesfinanzhof fällt Urteil zum Fahrzeugleasing.
des Fahrzeugs nur rund 12 Prozent betrug, komme diese Regelung nicht infrage (Urteil vom 12. März 2024, Az. VIII R 1/21).
Tipp: Sprechen Sie mit Ihrem Steuerberater Wer die Anschaffung eines Leasingfahrzeugs für seinen Betrieb plant, sollte vorher unbedingt mit seinem Steuerberater sprechen:
ɓ Wie hoch wird die voraussichtliche betriebliche Nutzung des Fahrzeugs über den gesamten Zeitraum sein?
ɓ Beträgt die betriebliche Nutzung mindestens 10 Prozent? Dann könnte eine ver
Wer die Anschaffung eines Leasingfahrzeugs für seinen Betrieb plant, sollte vorher mit seinem Steuerberater sprechen.
tragliche Vereinbarung zur Übernahme des Wagens nach dem Ende der Leasingdauer sinnvoll sein.
ɓ Liegt die betriebliche Nutzung voraussichtlich bei maximal 50 Prozent? Dann wäre ein Fahrtenbuch sinnvoll. Denn das Finanzamt würde nach dem BFHUrteil die Anwendung der 1ProzentRegelung ablehnen und die Privatfahrten schätzen, wenn kein Fahrtenbuch vorliegt.
ɓ Ist die volle Absetzbarkeit einer Leasingsonderzahlung im Anschaffungsjahr unter diesen Umständen noch sinnvoll? W
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Bis zu 3.500 Euro Förderung möglich
Handwerksbetriebe, die ein E-Lastenfahrrad anschaffen, können dafür jetzt bis zu 3.500 Euro vom Bund erhalten. Der Förderantrag muss allerdings zum richtigen Zeitpunkt erfolgen.
Neue Bundesförderung für E-Lastenräder: Handwerker, die künftig Lasten mit dem Fahrrad zum Kunden oder zur Baustelle transportieren wollen, können sie jetzt beantragen.
Die Bundesförderung für E-Lastenfahrräder ist zurück – seit dem 1. Oktober können Handwerksbetriebe wieder Förderanträge beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) stellen, wenn sie ein E-Lastenfahrrad anschaffen. Alle wichtigen Informationen zu dem Förderprogramm hat die Behörde unter www.bafa.de in einem Merkblatt zusammengestellt. Hier sind Antworten auf die fünf wichtigsten Handwerkerfragen.
1. E-Lastenradförderung: Wer ist antragsberechtigt?
Antragsberechtigt sind demnach private Unternehmen und freiberuflich Tätige, die E-Lastenfahrräder für den gewerblichen Transport von Gütern nutzen möchten. Als Güter gelten der Behörde zufolge Sachen, die von Unternehmen in Industrie, Gewerbe, Handel oder im Dienstleistungsbereich transportiert werden. Keinen Anspruch auf die Förderung haben Unternehmen, die sich in einem Insolvenzverfah-
Das BAFA weist darauf hin, dass der Förderantrag zwingend vor der Bestellung des E-Lastenfahrrads gestellt werden muss.
ren befinden oder die Insolvenz beantragt haben. Privatpersonen sind ebenso ausgeschlossen.
2. Wann müssen Betriebe den Förderantrag stellen?
Das BAFA weist darauf hin, dass der Förderantrag zwingend vor der Bestellung des E-Lastenfahrrads gestellt werden muss. Vor Antragstellung dürften sich Handwerksbetriebe lediglich ein Angebot einholen. Eine Bestellung vor dem Zuwendungsbescheid führe zur Ablehnung der Förderung.
3. Wie hoch ist die Förderung?
Die Förderung deckt 25 Prozent der Anschaffungskosten – die maximale Fördersumme ist pro Fahrrad allerdings auf 3.500 Euro gedeckelt. Hinweis: Bei der Förderung handelt es sich um eine Projektförderung. Zu den förderfähigen Kosten zählen daher nicht nur Kosten für das Fahrrad, sondern alle projektbezogenen Ausgaben. Dazu gehören zum Beispiel auch die Aufwendungen für Sicherheitsausstattung wie Fahrradhelme und Sicherheitsschlösser, Akkus und GPS-Tracker.
4. Was sind die Fördervoraussetzungen?
Förderfähig ist die Anschaffung von fabrikneuen E-Lastenfahrrädern. Diese müssen laut BAFA ein zulässiges Gesamtgewicht von mindestens 170 Kilogramm haben und mehr Volumen aufnehmen können als ein herkömmliches Fahrrad. Erforderlich sei zudem, dass die E-Lastenräder über eine fest verbaute Transportvorrichtung verfügen und serienmäßig hergestellt sind. Die Nenndauerleistung dürfe höchstens 250 Watt aufweisen, müsse fortschreitend verringert werden und beim Erreichen von 25 km/h sowie beim Aussetzen des Tretens in die Pedale unterbrochen werden.
5. Welche E-Lastenräder sind förderfähig?
Das BAFA hat eine Positivliste mit allen förderfähigen Modellen veröffentlicht – sie ist unter dem Reiter „Publikationen“ zu finden. Die Behörde weist allerdings in einem Merkblatt darauf hin, dass durchaus E-Lastenräder förderfähig sind, die bislang nicht auf der Positivliste stehen, sofern die technischen Fördervoraussetzungen erfüllt werden. (AML) W
Nachträglicher Wechsel möglich?
Rolle rückwärts nach der Betriebsprüfung: Um Steuernachzahlungen zu vermeiden, will ein Unternehmer die Gewinnermittlung nachträglich ändern. Geht das?
Der Fall: Ein thüringisches Unternehmen verzichtet seit Jahren auf sein Recht zur Einnahmen-ÜberschussRechnung und erstellt stattdessen Bilanzen. Während einer Betriebsprüfung fallen Bilanzierungsfehler auf. Das Finanzamt ändert bereits bestandskräftige Steuerbescheide gemäß Paragraf 173 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung wegen neuer Tatsachen. Dagegen legt der Unternehmer Einspruch ein.
Gleichzeitig beantragt er, den Gewinn der betreffenden Jahre rückwirkend per Einnahmen-ÜberschussRechnung zu ermitteln, um Steuernachzahlungen zu vermeiden. Das Finanzamt lehnt das ab, da die Bescheide ursprünglich ohne einen Vorbehalt der Nachprüfung ergangen waren.
Das Urteil: Das Finanzgericht Thüringen gibt dem Unternehmer Recht. Wenn das Finanzamt bestandskräf-
Wie Currywurst, nur gesünder
Mach deine Mitarbeiter zufriedener, gesünder und dein Unternehmen attrativer. Wie?
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Ansage des Finanzgerichts: Ändert das Finanzamt einen bestandskräftigen Steuerbescheid, darf der Unternehmer ebenfalls neu entscheiden.
tige Steuerbescheide ändere, habe auch der Unternehmer die Möglichkeit, erneut über
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die Gewinnermittlungsart für die betreffenden Steuerjahre zu entscheiden (Urteil vom 31. August 2022, Az. 4 K 599/21).
Tipp: Abschließend wird der Bundesfinanzhof (BFH) über diesen Fall entscheiden (Az. X R 1/23). Betroffene Handwerksbetriebe können in ähnlichen Fällen Einspruch gegen solche Steuerbescheide einlegen und das Ruhen des Einspruchsverfahrens bis zur Entscheidung des BFH beantragen. (JW) W
Foto: Firn -
Mehr Geld für Ihre Minijobber
Wer die Verdienstgrenze im Minijob überschreitet, riskiert die Sozialversicherungspflicht. Doch diese fünf Extras werden nicht angerechnet.
Ein Deutschlandticket für Minijobber dürfen Sie zahlen, ohne dass es auf die Verdienstgrenze angerechnet wird.
Im Minijob gelten strenge Verdienstgrenzen: Aktuell liegen sie bei 538 Euro. Wird diese Summe überschritten, greift die Sozialversicherungspflicht. Doch es gibt Ausnahmen. Diese fünf Extras können Sie Ihren Minijobbern zukommen lassen, ohne die Verdienstgrenze zu reißen.
1. Deutschlandticket
Ihr Minijobber pendelt zur Arbeit? Dann unterstützen sie ihn mit einem Deutschlandticket. Wie die Minijob-Zentrale auf ihrer Homepage schreibt, können Arbeitgeber diese Fahrkarte für den Nahverkehr komplett oder teilweise übernehmen, ohne dass die Summe auf die Verdienstgrenze angerechnet wird. Zu beachten ist, dass der Zuschuss oder die Bereitstellung des Tickets wirklich zusätzlich zum laufenden Verdienst erfolgt.
2. Zuschläge für Arbeit am Sonn- und Feiertag oder nachts
Ihre Minijobberin arbeitet viel an Sonn- und Feiertagen oder nachts? Dann können Sie steuerfreie Zuschläge zahlen. Diese bleiben, so die Minijob-Zentrale, sozialversicherungsfrei. Allerdings nur, wenn der Grundverdienst, auf dessen Grundlage sie berechnet werden, 25 Euro pro Stunde nicht übersteigt.
In Ihrem Betrieb gibt es eine Prämie für gute Ideen? Davon können auch Ihre Minijobber profitieren.
Ausnahme: Wenn die Zuschläge während einer Krankheit oder Mutterschutzzeit weitergezahlt werden, sind sie steuer- und beitragspflichtig, so die Minijob-Zentrale. Es müssen also die üblichen Abgaben auf den höheren Verdienst gezahlt werden. Auf die Beschäftigung wirke sich die Zahlung jedoch nicht aus: Auch wenn die Verdienstgrenze überschritten wird, bleibt es bei einem Minijob.
3. Jubiläumszuwendungen
Treue kann belohnt werden, auch bei Minijobbern! Jubiläumszuwendungen zählen laut MinijobZentrale grundsätzlich nicht zum regelmäßigen Verdienst im Minijob. Schließlich werden sie in der Regel weder vertraglich zugesichert noch wiederkehrend ausgezahlt. Beitragsfrei ist die Jubiläumszuwendung jedoch nicht. Arbeitgeber zahlen die üblichen Abgaben an die Minijob-Zentrale. Achtung: Andere Einmalzahlungen wie Urlaubs- oder Weihnachtsgeld werden in der Regel auf die Verdienstgrenze angerechnet. Bei ihnen handelt es sich um jährlich wiederkehrende Zuwendungen. Zudem steht ihre Auszahlung zum Zeitpunkt der Berechnung des regelmäßigen Verdienstes bereits fest.
4. Prämien für Verbesserungsvorschläge In Ihrem Betrieb gibt es eine Prämie für gute Ideen, die in die Tat umgesetzt werden? Davon können auch Ihre Minijobber profitieren. Laut Minijob-Zentrale zählen sie wie Jubiläumszuwendungen in der Regel nicht zum regelmäßigen Verdienst.
5. Inflationsausgleichsprämie
Noch bis 31. Dezember 2024 können Arbeitgeber die steuerfreie Inflationsausgleichsprämie zahlen. Diese freiwillige Sonderzahlung ist bis zu einem Gesamtbetrag von 3.000 Euro steuer- und beitragsfrei – und das gilt laut Minijob-Zentrale auch für Minijobber. Die Prämie kann also zusätzlich zum monatlichen Verdienst ausgezahlt werden, ohne dass sie bei der Berechnung der Verdienstgrenze berücksichtigt werden muss.
Übrigens: Minijobber, die mehrere Jobs ausüben, können die Inflationsausgleichsprämie von jedem ihrer Arbeitgeber erhalten. (KW) W
Sanierungsarbeiten in einem Altbau: Ist hier Asbest zu finden oder nicht?
Gefahrstoffverordnung novelliert
Die Novelle der Gefahrstoffverordnung hat den Bundesrat passiert. Das Baugewerbe sieht im Beschluss eine verpasste Chance und warnt vor den Folgen.
Grünes Licht für die Novelle der Gefahrstoffverordnung: Knapp zwei Monate nach dem Beschluss der Bundesregierung hat auch der Bundesrat zugestimmt. Aus Sicht des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe (ZDB) geht der Beschluss zwar in „die richtige Richtung – aber nicht weit genug“.
Noch vor der Bundesratssitzung am 18. Oktober hatte sich der ZDB für Änderungen am Verordnungstext stark gemacht. Er plädierte dafür, dass Bauherren zu einer anlassbezogenen, zweistufigen Erkundung vor Beginn der Beauftragung verpflichtet werden. Diesem Vorschlag ist der Bundesrat nicht gefolgt. Der ZDB wertet die Entscheidung der Länderkammer deshalb „als
verpasste Chance, den größtmöglichen Schutz für Mensch und Umwelt zu erreichen“.
„Beim Umgang mit Asbest sind besondere Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten und Dritter unumgänglich“, stellt ZDB-Hauptgeschäftsführer Felix Pakleppa klar. Deswegen fordere das Baugewerbe schon lange, die Bauherren dazu zu verpflichten, bei Asbestverdacht eine Erkundung vor Beauftragung und Beginn der Tätigkeiten durchzuführen. „Zu dieser Empfehlung ist auch der Nationale Asbestdialog gekommen, der darüber seit vielen Jahren berät“, sagt Pakleppa.
Wichtig sei eine faire Aufgabenverteilung im Umgang mit Asbest. „Die
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anlassbezogene Beprobung durch den Bauherren würde nicht nur die Bauabläufe für Mensch und Umwelt sichern, sondern auch die Angebotserstellung für alle an der Sanierungsmaßnahme beteiligten Gewerke vereinfachen“, sagt Pakleppa. Er geht davon aus, dass so Verzögerungen oder gar Stilllegungen der Bauarbeiten verhindert werden könnten. Pakleppa zufolge bedeutet der Bundesratsbeschluss, dass jeder involvierte Unternehmer weiterhin eine Beprobung durchführen muss –auch wenn es sich um ein und dieselbe Baumaßnahme handelt. „Es werden Kosten für den Veranlasser entstehen; Nachtragsforderungen, Streitigkeiten zwischen Auftraggeber und Auftrag-
nehmer sowie Verzögerungen der Baumaßnahmen sind zu erwarten“, warnt er.
Wie geht es weiter?
Positiv ist aus Sicht von Pakleppa der Entschließungsantrag zu bewerten, den der Bundesrat gefasst hat. Darin fordern die Länder die Bundesregierung auf, „baldmöglichst“ die „Anzeigen, Anerkennungen und Todesfälle von mit Asbest in Zusammenhang stehenden Berufskrankheiten (…) vorzulegen und auf Basis dieser Daten zu bewerten, ob und in welchem Rahmen eine anlassbezogene Erkundung durch die Veranlasser zur Erfüllung der Ziele der Verordnung angezeigt ist“. Pakleppa hofft, dass die Empfehlung der Länder umgesetzt wird. (AML) W
Aus der grauen Masse vergangener Aufträge heben sich immer solche ab, die besonders gut liefen. Ein guter Anhaltspunkt, um für sich die passende Spezialisierung zu finden.
Mehr Erfolg durch Weglassen
Mit einer Reduzierung seines Angebots hat dieser Meister Abläufe, Erträge und Zufriedenheit verbessert. Wie sein Betrieb vorging, lädt zum Nachmachen ein.
Mehr Spaß an der Arbeit, mehr wirtschaftlicher Erfolg, weniger Druck und unangenehme Gespräche. Dieser Lohn winkt, wenn man nicht etwa immer mehr anbietet, sondern den Mut hat, Leistungen wegzulassen.
Michael Zimmermann, Inhaber von Zimmermann Bedachungen, ist diesen Weg der Spezialisierung gegangen. „Früher haben wir alles angeboten, was die Ausbildung hergibt“, sagt der Dachdeckermeister und Vizepräsident des Deutschen Dachdeckerhandwerks. „Das macht mehr oder weniger Spaß und ist mehr oder weniger erfolgreich“, urteilt er heute. Jedes Handwerk sei so umfangreich geworden, dass man nicht jede Leistung seines Gewerks gleich gut erbringen kann. Wer zu viele Leistungen anbietet, sei kein Spezialist, sondern Generalist. Durch Fokussierung könnten Handwerksbetriebe ihren Ertrag steigern sowie bei Kunden
„Früher haben wir alles angeboten, was die Ausbildung hergibt.“
Michael
Zimmermann, Dachdeckermeister
und Mitarbeitenden die Zufriedenheit erhöhen, ist der Unternehmer überzeugt. Bei ihm habe das zum Erfolg geführt. Wo fing der Unternehmer an?
„Wir haben uns die Frage gestellt: Warum klappt manches gut und warum ist anderes so zäh und unangenehm?“, berichtet Zimmermann.
Der Wunschkunde im Zentrum
Zäh und unangenehm waren für den Betrieb und seine Teammitglieder Aufträge, in denen es von den Kunden kaum Wertschätzung für die erbrachte Leistung gab und die aufgrund fehlender Routinen nur mühsam erfüllt werden konnten.
Aufbauend auf dieser Erkenntnis begannen Zimmermann und sein Team den Weg zur Spezialisierung mit einer gründlichen Analyse des Kundenstamms. „Wir haben einen Kundenavatar gebaut“, erklärt er. Jeder Mitarbeitende nannte dazu drei Kunden, mit denen die Zusammenarbeit
Foto: Gille, erstellt mit KI Midjourney
DENNY GILLE
besonders gut lief, und drei, bei denen das Gegenteil der Fall war. Aus den Gemeinsamkeiten der „guten“ Kunden wurde ein Kundenavatar gebildet, der aus den Erfahrungswerten der Dachdecker eine Art Ideal beschreibt. Das Ergebnis: Der ideale Kunde für Zimmermann Bedachungen ist ein Privatkunde zwischen 30 und 60 Jahren, berufstätig, gut situiert und bereit, für gute Qualität einen angemessenen Preis zu zahlen.
Leistungen auf dem Prüfstand Nach der Kundenanalyse identifizierte das Unternehmen seine erfolgreichsten Leistungsbereiche: Mit welchen Projekten hat es in der Vergangenheit zuverlässig auskömmliche Gewinne gemacht? „Das war die energetische Dachsanierung für Privatkunden“, sagt Zimmermann. Diese Leistung deckte sich mit dem zuvor identifizierten Wunschkunden.
Heute liegt der Fokus des Betriebs auf der energetischen Dachsanierung, energieeffizienten Dachfenstern, Wohnraumerweiterung mit Fertiggauben und Photovoltaikanlagen. „Wir bieten die komplette Bandbreite für sanierungswillige Kunden“, sagt Zimmermann. „Wir führen Energieberatungen durch, schreiben Förderanträge und erstellen individuelle Sanierungspläne.“
Um sich voll auf die Spezialisierung im Bereich der energetischen Dachsanierung zu fokussieren, mussten andere Bereiche weichen. Beispiele: „Wir machen keinen Neubau mehr. Wir arbeiten nicht für Architekten und Bauträger. Wir bauen keine IndustrieHallendächer mehr. Und Reparaturen bieten wir nur noch für unsere Bestands und Wartungskunden an“, fasst Zimmermann zusammen.
Vier Vorteile der Spezialisierung
Seine Spezialisierung bietet dem Betrieb folgende Vorteile.
ɓ Wirtschaftlicher Erfolg: Durch die Fokussierung seien die Erträge des Unternehmens gestiegen.
ɓ Kundenzufriedenheit: Durch die Auswahl passender Kunden, mit denen der Betrieb auf einer Wellenlänge ist, gebe es kaum noch unangenehme Gespräche.
ɓ Mitarbeiterzufriedenheit: Die Spezialisierung führe zu weniger Überforderung und einem verbesserten Krankenstand.
ɓ Größere Effizienz: „Durch Standardisierung werden Baustellen schneller abgeschlossen“, sagt Zimmermann.
Praktische Umsetzung der Spezialisierung
Die Fokussierung auf weniger Leistungen erlaubt es dem Betrieb, gezielt eine beherrschbare Menge an Formularen und Konfiguratoren auf der Website
Michael Zimmermann, Dachdeckermeister
anzubieten, mit denen potenzielle Kunden vorqualifiziert werden. Auf der Website erhalten Interessenten einen Überblick über die möglichen Leistungen sowie einen groben Investitionsrahmen – entsprechend ihrer individuellen Angaben. „Wenn unsere Preisangabe in ihr Budget passt, führen wir das erste Beratungsgespräch“, erklärt Zimmermann. Diese Methode führe zu einer hohen Abschlussquote. Zudem ermögliche die Spezialisierung standardisierte, aufeinander aufbauende Leistungen. „Bei der energetischen Dachsanierung bieten wir optional ein umfassendes Sanierungspaket an“, sagt Zimmermann. Das kann verschiedene Dämmvarianten, neue Dachfenster, SonnenschutzSysteme und Photovoltaik sowie neue Fertiggauben beinhalten. Bei den angebotenen Systemen beschränkt sich der Betrieb auf eine Auswahl von wenigen Anbietern. „Das erleichtert uns die Lagerhaltung und Bestellung. Und unser Team ist dadurch routiniert in der Verarbeitung“, berichtet Zimmermann.
Regelmäßige Überprüfung des Leistungsportfolios
Der Unternehmer betont, dass Betriebe ihr Leistungsportfolio regelmäßig auf den Prüfstand stellen sollten. „Auch wir hatten dazu kürzlich wieder ein Meeting. Wir wollen die Angebote auf unserer Website weiter verschlanken. Was wir nur im Paket anbieten wollen, soll nicht länger als Einzelleistung aufgeführt werden“, berichtet er. Zum Beispiel Zimmererarbeiten: „Ich soll nur den Dachstuhl machen und ein anderer Dachdecker das Dach decken? Nein, danke. Solche Anfragen wollen wir vermeiden.“
Über die Spezialisierung in Kombination mit der Vorqualifizierung auf seiner Website habe Zimmermann es geschafft, Angebote teilautomatisiert erstellen zu können. Denn die schriftlich eingetragenen Angaben der Kunden würden dem Betrieb ein recht genaues Bild vom Auftrag geben. Mit standardisierten Leistungstexten, die den Kundenutzen in den Vordergrund stellen, und den passenden sauber kalkulierten Standardleistungen ließe sich schnell ein Angebot erstellen. Michael Zimmermann plant, die Angebotserstellung weiter zu automatisieren.
Sein Ziel: „Ich will erreichen, dass ein Angebot schneller geschrieben ist, als der Kunde Zeit braucht, es zu lesen.“
Meister teilen Wissen
Michael Zimmermann betreibt mit Dachdeckermeister KarlHeinz Krawczyk den DachdeckerPodcast für selbstständige Handwerker und Unternehmer. Mit ihren Kernthemen von Digitalisierung bis Organisation richten sie sich an eine breite Zuhörerschaft von Handwerksunternehmern – über das Dachdeckerhandwerk hinaus. W
Schwachstelle Rücken: Im Handwerk sind arbeitsbedingte Beschwerden weit verbreitet und betrieblicher Gesundheitsschutz ist deshalb sehr wichtig.
Halten Sie Ihr Team fit
Wer ein älter werdendes Team fit halten möchte, kommt am Gesundheitsschutz nicht vorbei. Ein Mediziner gibt Tipps und verrät, warum er individuelle Lösungen empfiehlt.
BIRGIT GREUNER
Der demografische Wandel stellt Deutschland vor viele Herausforderungen: Die Bevölkerung wird älter und damit steigt auch der Altersdurchschnitt in vielen Handwerksbetrieben. Das wiederum beeinflusst das Krankheitsgeschehen. Laut einer repräsentativen IKKclassicStudie fallen ältere Beschäftigte im Handwerk in der Regel zwar seltener aus als jüngere, dafür aber länger. Am stärksten bilde sich diese Entwicklung bei den Muskel und Skeletterkrankungen ab. Letztere seien eine der Hauptursachen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit unter Handwerkern – neben HerzKreislauf und Atemwegserkrankungen. Ein systematisch betriebenes Gesundheitsmanagement könne sowohl die gesundheitlichen Risiken im Arbeitsumfeld minimieren als auch die gesundheitsförderlichen Ressourcen gezielt stärken.
Präventionskultur schaffen
Unabhängig von Alter, Geschlecht und Gesundheit der Mitarbeitenden sollte der betriebliche Gesundheitsschutz in jedem Unternehmen möglichst umfassend umgesetzt werden. Das betont Professor Volker Harth, Vizepräsident der Deut
Volker Harth, Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin und Leiter des Ambulanzzentrums Arbeitsmedizin im Universitätsklinikum HamburgEppendorf
Scheere
Foto: DGAUM/Jürgen
schen Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin (DGAUM). Der Arbeitsmediziner spricht als Leiter des Ambulanzzentrums Arbeitsmedizin im Universitätsklinikum HamburgEppendorf (UKE) aus eigener Erfahrung. „Wichtig ist es, in einem Unternehmen eine Präventionskultur zu schaffen“, sagt Harth. „So können die Themen Sicherheit und Gesundheit in den Arbeitsalltag integriert und ihnen ein angemessener Stellenwert eingeräumt werden.“ Dies verbessere die Gesundheit des Arbeitnehmers und sichere dem Unternehmen zugleich die immer wichtiger werdende Arbeitskraft. Wer für seinen Betrieb effektive Lösungen suche, könne diese in Zusammenarbeit mit den zuständigen Berufsgenossenschaften, Krankenkassen und Rentenversicherungen erarbeiten und umsetzen.
Keine allgemeingültige Lösung
Kernpunkt des Gesundheitsschutzes sei die Gefährdungsbeurteilung. „Auf dieser Grundlage müssen für jeden Arbeitsplatz Maßnahmen zum Gesundheitsschutz abgeleitet werden“, beschreibt Harth. „Aber es gibt dabei keine allgemeingültige Lösung für alle Mitarbeitenden. Die Betriebe sollten vielmehr die Maßnahmen zum Gesundheitsschutz individuell auf
jede einzelne Person und ihre gesundheitliche Situation anpassen – in Form einer Individualprävention je nach Gewerk, Arbeitsplatz und Erkrankungen.“
Dazu gehöre beispielsweise die ergonomische Anpassung eines Arbeitsplatzes an die individuelle Körpergröße.
Bei der Auswahl von Schutzmaßnahmen sei in jedem Fall die Maßnahmenhierarchie nach dem sogenannten STOPPrinzip zu beachten. Das S steht für Substitution, das T, O und P für technische, organisatorische und persönliche Maßnahmen. Diese Maßnahmengruppen sollten in der festen Reihenfolge angewendet werden.
Was Handwerksbetriebe tun können Harth fügt an: „Arbeitgeber müssen auf Grundlage der Gefährdungsbeurteilung regelmäßig die arbeitsmedizinische Vorsorge veranlassen. Ein Arbeitsmediziner berät dann zu allen Präventionsmaßnahmen am Arbeitsplatz.“ Arbeite ein Arbeitnehmer regelmäßig eine Stunde oder mehr am Tag sonnenexponiert, könne der Arzt ihn unter Berücksichtigung des individuellen Hauttyps beraten und sonnenexponierte Hautareale auf Veränderungen hin untersuchen. Hierbei stelle die Arbeitsmedizinische Regel (AMR) 13.3 des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) eine wichtige gesetzliche Grundlage dar.
Gesundheitsschutz:
„Die Betriebe sollten die Maßnahmen zum Gesundheitsschutz individuell auf jede einzelne Person anpassen.“
Volker Harth, Arbeitsmediziner
Wiedereingliederung: Pflicht und Chance Wichtig sei der Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz auch bei wieder einzugliedernden Mitarbeitern. Wenn der Arbeitnehmer mehr als sechs Wochen am Stück oder wiederholt an insgesamt mehr als 30 Werktagen arbeitsunfähig war, muss der Arbeitgeber ein Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) veranlassen.
„Ziel sollte es sein, dass der Arbeitnehmer möglichst zeitnah wieder im Betrieb mitarbeiten kann –entsprechend seinen krankheitsbedingten Möglichkeiten“, erklärt Harth. „Hatte ein Dachdecker einen Bandscheibenvorfall, kann er möglicherweise keine körperliche Arbeit mehr auf dem Dach verrichten.“ Dann könne aber in Absprache der Arbeitsplatz organisatorisch und/oder räumlich umgestaltet werden. Umschulungen und die Verwendung neuer technischer Hilfsmittel – wie zum Beispiel einer Drohne –könnten sogar dazu führen, dass der Betroffene weiterhin Dachinspektionen vornehmen oder Aufmaße erstellen kann.
Ein erfolgreiches BEM sei nicht nur in Zeiten des Fachkräftemangels zur Erhaltung der betrieblichen Ressourcen dringend erforderlich. „Arbeit ist ein hochgradig integrativer und sinnstiftender Faktor. Sie wirkt sich deshalb auch positiv auf die Gesundheit der Betroffenen aus“, resümiert Harth. W
Gymnastikstunden für ein Tischlerei-Team
Vor zwei Jahren hatte Kai Wehrhahn (Foto) die Idee, seinen acht Mitarbeitern und zwei Azubis ein besonderes Angebot zu machen: ein Gymnastikkurs im Betrieb während der Arbeitszeit. „Mein Team und ich werden immer älter“, erzählt der 57-jährige Geschäftsführer der Tischlerei Wehrhahn in Bad Münder. „Ein Großteil ist zwischen 45 und 50 Jahre alt. Der eine hat Probleme am Knie, der andere regelmäßig Nackenschmerzen. Die Beschwerden werden nicht weniger.“ Ihm sei damals klar geworden: „Wir sollten gemeinsam etwas für unsere Gelenkigkeit tun und brauchen ein individuelles Angebot.“
Möglichkeiten. Der Trainer machte den Vorschlag, einmal die Woche eine Gymnastikstunde im Betrieb durchzuführen. „Alle Mitarbeiter waren damit einverstanden und es konnte losgehen“, erzählt Wehrhahn. Die Kosten für dieses Angebot übernahm die Tischlerei.
Im Gespräch mit einem befreundeten Personal Trainer erörterte Wehrhahn die
Vor Beginn des Kurses füllte jeder einen Fragebogen aus – zum Status quo der eigenen Gesundheit und zu den Erwartungen. „Zehn Wochen lang haben wir jeweils eine Stunde unter Anleitung Dehn- und Kräftigungsübungen gemacht. Jeder musste sich ein bisschen anstrengen und auch etwas schwitzen – die Dosis passte insgesamt aber sehr gut“, beschreibt Wehrhahn. „Zum Abschluss des Kurses gab es erneut eine Umfrage, um festzustellen, wie das Training den Mitarbeitern gefallen hat.“ Die Ergebnisse seien durchweg erfreulich ausgefallen –ein Zeichen für Wehrhahn, weiterzumachen.
Zwecks Kostenübernahme von weiteren Kursen fragte er bei mehreren Krankenkassen an. „Da lief ich aber erstmal gegen verschlossene Türen“, sagt er. Eine Krankenkasse förderte schließlich ein Antistress-Seminar, das auch im Betrieb stattfand. Und wieder war das ganze Team bereit. „Manch nervenaufreibende Situation meistern wir jetzt besser. So ist es beispielsweise von Vorteil, wenn man sich bewusst macht: Der Stress, den ich mit einem Kunden habe, mache ich mir im Grunde selbst.“ Gehe man solche Fälle bewusst entspannter an, sei es oft einfacher, konstruktive Lösungen zu finden.
Das nächste Gesundheitsangebot in der Tischlerei Wehrhahn: wieder ein Gymnastikkurs im Wochentakt – diesmal zum Teil bezuschusst von einer Krankenkasse. „Und obwohl der neue Kurs außerhalb der Arbeitszeit stattfindet, sind wieder alle dabei“, berichtet der Chef mit Stolz. (BG)
Foto: Denny Gille
Taktisch, tüchtig, Toyota: Proace Max vs. Proace City
Toyota will mit dem Proace Max und dem Proace City neue Maßstäbe im LCV-Segment setzen. Vom großen Kastenwagen bis zum kompakten Stadtflitzer. Wer kann auf der Testfahrt überzeugen?
JASMIN APITZSCH-KRAUSE
Die Nachfrage nach leichten Nutzfahrzeugen (LCV) steigt in Europa stetig.
Toyota bringt mit der Modellpflege der ProaceReihe gleich zwei interessante Kandidaten ins Rennen: den neuen Toyota Proace Max und den kompakteren Toyota Proace City. Beide Modelle sprechen unterschiedliche Zielgruppen an und bieten verschiedene Vorteile. Doch welches Modell ist die bessere Ergänzung für den Fuhrpark? Wir haben die beiden Fahrzeuge getestet.
Toyota Proace Max – der Gigant für Profis Mit dem Toyota Proace Max erweitert Toyota seine Flotte in das Segment der großen LCVs bis 3,5 Ton
Technische Daten Proace Max
ɓ Segment: Großer Transporter (LCV)
PROZENT Akkukapazität können dank Schnellladefunktion in nur 55 Minuten erreicht werden.
nen und positioniert sich direkt gegen Schwergewichte wie den VW Crafter oder den Mercedes Sprinter. Besonders beeindruckend: Der Max ist mit einer Vielzahl an Aufbauten und Ausführungen erhältlich – von der Kastenwagenvariante bis hin zum Pritschenfahrzeug.
Größe und Flexibilität
Der Proace Max bietet drei Längen (5,41 m, 6,00 m und 6,36 m) und zwei Radstände. Damit setzt er in puncto Flexibilität Maßstäbe. Mit einer maximalen Zuladung von 1.460 Kilogramm und einem Ladevolumen von bis zu 17 Kubikmetern lässt er keine Wünsche offen. Der Elektromotor mit 279 PS
ɓ Karosserie: Kastenwagen (in verschiedenen Längen und Höhen erhältlich)
ɓ Länge: 5,41/6,00/6,36 m (je nach Version)
ɓ Breite: 2,05 m (ohne Außenspiegel)
ɓ Höhe: 2,52 bis 2,76 m (je nach Dachaufbau)
ɓ Radstand: 3,45/4,04 m
ɓ Ladevolumen: Bis zu 17 m³ | geeignet für bis zu 5 Europaletten
ɓ Zuladung: Bis zu 1.460 kg
ɓ Elektromotor: 272 PS, 110kWhBatterie, Reichweite bis zu 420 km
ɓ Versicherung: Typklasse HP 20 | TK 23 | VK 24
Beim Testdrive in Amsterdam standen verschiedene Versionen der Toyota-Proace-Reihe zur Verfügung.
sorgt für nahezu lautlosen Vortrieb, was besonders im städtischen Lieferverkehr ein großer Vorteil ist. Trotz seiner beeindruckenden Größe und einem Gewicht von fast 2.800 Kilogramm fährt sich der Proace Max komfortabel, wenn auch etwas schwerfällig. Die Reichweite der elektrischen Version liegt je nach Ausstattung zwischen 360 und 537 Kilometer, was für viele Unternehmen ausreichend ist. Besonders beeindruckend ist die Schnellladefunktion, die den Akku in nur 55 Minuten auf 80 Prozent bringt.
Fazit: Proace Max
Der Proace Max ist ein echtes Arbeitstier, das vor allem durch seine Vielseitigkeit und die große Anzahl an Aufbauten überzeugen will. Mit Preisen ab 41.470 Euro ist er im Vergleich zu Konkurrenten wie dem VW Crafter oder dem Mercedes Sprinter zudem günstiger, bietet aber dennoch vergleichbare Leistung und Ausstattung. Abzüge gibt es allerdings für die Materialqualität im Innenraum.
Toyota Proace City – der City-Kurier Im direkten Vergleich wirkt der Toyota Proace City fast schon kompakt. Doch genau hier liegt seine Stärke: Als kleinerer Bruder des Max zielt er vor allem auf den städtischen Bereich und kleinere Unternehmen ab. Besonders beliebt ist der Proace City in der VersoVersion, die sich auch an Familien richtet.
Größe und Wendigkeit
Mit einer Länge von knapp 4,75 Metern ist der Proace City ideal für den urbanen Verkehr. Trotz seiner kompakten Abmessungen bietet er in der L2Version viel Platz, sowohl für Passagiere als auch für Ladung. Der Kofferraum fasst bis zu 1.050 Liter, bei umgeklappten Sitzen stehen bis zu 3.500 Liter Ladevolumen zur Verfügung.
Der elektrische Proace City überzeugt mit einem 136PSMotor und einer Reichweite von bis zu 465 Kilometern. Der Verbrauch liegt bei 20 kWh auf 100 Kilometer, was ihn zu einem effizienten und umweltfreundlichen Begleiter macht. Allerdings ist das Fahrgefühl etwas träger, besonders bei höheren Geschwindigkeiten, was auf das hohe Leergewicht und die Nutzfahrzeugauslegung des Fahrwerks zurückzuführen ist. Doch genau wie beim Proace Max ist sportliches Fahrverhalten hier nicht das Ziel.
Fazit: Proace City
Der Toyota Proace City kann eine gute Wahl für Unternehmen und auch für Familien sein. Im urbanen Umfeld zeigt der kompakte Japaner mit viel Platz, dass Flexibilität und Wendigkeit zu seinen Stärken gehören. Mit einem Einstiegspreis von 24.835 Euro für die HybridVersion bietet er ein gutes PreisLeistungsVerhältnis. W
Produziert wird der Proace Max von Stellantis. Ähnlichkeiten mit Fiat Ducato, Peugeot Boxer, Citroën Jumper oder Opel Movano sind also durchaus kein Zufall.
Foto: Arnau Puig
Das digitale Kombiinstrument bietet einen übersichtlichen Informationsgehalt.
Foto: Arnau Puig
Hinzu kommt ein großer Touchscreen in der Mitte des Armaturenbretts.
Foto: Arnau Puig
Bis zu 17 Kubikmeter Frachtgut lassen sich ins Heck des Proace Max einladen.
Foto: Arnau Puig
Werkzeug für Liebhaber: Aus der Scheune in die Welt
Die handgefertigten Werkzeuge von Drechsler Matthias Fenner sind beliebt von New York bis Sydney. Wie hat er sich international einen Namen gemacht?
DENNY GILLE
Alte Gemäuer zwischen Wäldern und Feldern: Den Landkreis Lüchow-Dannenberg bringt man eher mit Tradition, Ruhe und Beschaulichkeit in Verbindung –weniger mit globalem Handel. Hier im Örtchen Lichtenberg, in einer von wildem Wein behangenen roten Backsteinscheune, betreibt Drechsler Matthias Fenner sein Handwerk für einen internationalen Kundenstamm. „Meine Kunden kommen zu 80 Prozent aus den USA und Großbritannien“, berichtet Fenner. Australien und Neuseeland zählten auch dazu, und gute 15 Prozent Deutschland und Europa.
Der erste Ritterschlag
Seine Werkstatt verbindet Tradition und Moderne. Ein neues anthrazitfarbenes Scheunentor und farblich passend eingefasste Fenster verleihen dem alten Backsteinbau moderne Lebendigkeit. Die Symbiose aus Alt und Neu setzt sich in den hellen Innenräumen der Werkstatt fort. Eine moderne Kopierdrehmaschine, ein 3D-Drucker, eine alte
„Meine Kunden kommen zu 80 Prozent aus den USA und Großbritannien.“
Matthias Fenner, Drechsler
Drehmaschine für Metall und manch anderes Maschinenbauschätzchen sind im Einsatz, um vor allem eines herzustellen: edle Handwerkzeuge für den Markt von Werkzeugenthusiasten.
Fenner fertigt Ahlen, Anreißmesser, Klüpfel, Feilenhefte und auch Schraubendreher. Sein Anspruch: das Werkzeug aus bloßem Holz, Metall und Werkzeugstahl komplett in eigener Fertigung herstellen. Die Qualität überzeugt manch bekannten Händler: „Dass Dictum meine Werkzeuge haben wollte, war ein großer Ritterschlag für mich“, berichtet der Unternehmer. Seit drei Jahren sind seine Werkzeuge im Katalog des Werkzeughändlers gelistet.
Zum Drechslerhandwerk kam Fenner über Umwege. „Nach der Schule bin ich für fünf Jahre in den Rettungsdienst gegangen. Dann hatte ich genug gesehen für ein Seelenleben“, berichtet der 37-Jährige. Es folgten Stationen als Lkw-Fahrer, Bäcker und Baumaschinenführer. Seine Erfüllung fand er darin noch nicht. „In meiner Familie hatten viele etwas mit Holz gemacht. So kam ich schließlich
Fotos:
Denny
Gille
Matthias Fenner an einem Pantographen. Mit dieser Kopierfräse stellt er Brandstempel her.
Per Kopierdrehmaschine fertigt Fenner seine Werkzeughefte in Serie. Die Schablonen kommen aus seinem 3D-Drucker.
zum Drechslerhandwerk“, erinnert er sich. 2016 hat er sein Unternehmen in Vollzeit gegründet. Auf Arbeiten vor allem für Tischlereien folgte im selben Jahr die allmähliche Spezialisierung auf Werkzeug. „Ein Werkzeugproduzent brauchte vernünftige Feilenhefte für seine Geschäftspartner und sich“, sagt Fenner. Also begann er, Feilenhefte zu fertigen. Es folgten Anreißmesser und Ahlen und sein Einstieg in die Metallbearbeitung.
Angefangen hat der Drechsler in seiner Heimat zwischen Wuppertal und Düsseldorf. 2019 dann der Schock: Als das Dorf Flandersbach in ein reines Wohnquartier umgewandelt werden sollte, seien Unternehmen systematisch vergrämt worden. Bundesweit suchte er eine neue Werkstatt und schrieb Gemeinden mit Leerstand an. Der Landkreis Lüchow-Dannenberg war der erste, der ihm den Weg bereiten wollte. „Anfang April 2020 wurde die Bauanfrage beschieden, dann habe ich gekauft und bin im Mai umgezogen“, erinnert sich Fenner. Bis das Bauamt dann sicher war, dass er die denkmalgeschützte Scheune zu einer nutzbaren Werkstatt herrichten durfte, vergingen allerdings doch einige Monate der Unsicherheit. „Die Handwerkskammer Braunschweig-Lüneburg-Stade hat mich dabei unermüdlich unterstützt und mir viel Arbeit mit den Behörden abgenommen“, lobt der Handwerker.
Instagram hilft beim Vertrieb
Der wichtigste Vertriebskanal von Matthias Fenner ist Instagram in Kombination mit dem Webshop auf seiner Website. Sein Content kommt gut an unter den internationalen Werkzeugenthusiasten: 15.000 Follower hat Matthias Fenner Toolworks versammelt. Seine Strategie? „Ich zeige einfach regelmäßig meine neuesten Werkzeuge.“ Rund 1.750 Posts aus Bildern und Videos zeugen von seiner Arbeit. Über einen Link gelangen Besucher zu seiner Website und weiteren Shops, die die Werkzeuge des Drechslers führen.
Auszug aus der Arbeit des Unternehmers. Die Werkzeuge entstehen in Handarbeit, individuelle Hölzer sind möglich.
Was ist das Besondere an seinen Arbeiten? „Das beginnt bei der Holzauswahl“, erzählt der Drechsler. Viele ausgefallene Sorten finden sich in seinem Lager. Häufig verwendet er Nussbaum. „Der ist bei uns handverlesen von einem kleinen Händler aus Süddeutschland.“ Das Holz stamme von wildwachsenden Bäumen frei von forstwirtschaftlicher Geradlinigkeit. Das sorge für eine einzigartige Maserung.
„Das Schönste an meinem Handwerk ist: Ich darf etwas schaffen, das bleibt.“
Matthias Fenner, Drechsler
So fertigt der Drechsler sein Werkzeug Eine Bohrahle zum Vorbohren von Schraub- und Nagellöchern entsteht zum Beispiel in folgenden Schritten: Erst dreht Fenner das Heft vor. Dann wird die Zwinge aus Messing, Titan oder Neusilber angefertigt und eingepasst. Das montierte Heft wird dann noch einmal fein überdreht und geschliffen. Und was hat es mit dem 3D-Drucker auf sich? Den verwendet der Drechsler einmal, um Kopierschablonen seiner Heftformen für die Kopierdrehmaschine zu erstellen, und außerdem für ein zusätzliches Produkt: „Ich nutze den 3D-Drucker, um Brandstempel herzustellen“, sagt er.
Stolz und Stecknadeln
Was plant der Unternehmer für die Zukunft? Gesundes Wachstum. Am liebsten hätte Fenner einen Azubi, um sein Handwerk weiterzugeben. „Ein großer Fachkräftemagnet ist mein Standort allerdings nicht. Realistischer ist wohl, dass ich stärker automatisieren werde“, schätzt der Drechsler. 700 bis 800 Werkzeuge entstehen aktuell jährlich in seiner Werkstatt. „Am Anfang haben viele gesagt: Ich glaube, damit wirst du baden gehen“, erinnert er sich. Davon ist Matthias Fenner Toolworks weit entfernt. An einer Wand in der Werkstatt hängt eine große Weltkarte. Rund 200 Stecknadeln stecken in ihr: eine für jeden Ort, in den der Werkzeugmacher schon geliefert hat. „Das Schönste an meinem Handwerk ist: Ich darf etwas schaffen, das bleibt“, sagt Fenner. Weltweit. W
Wahlniedersachse: Matthias Fenner vor seiner Werkstatt in Lichtenberg
Impressum
Organ der Handwerkskammern
129. Jahrgang
Herausgeber: Schlütersche Fachmedien GmbH Ein Unternehmen der Schlüterschen Mediengruppe
Jahresabonnement: ¤ 46,00 inkl. Versand und MwSt. Studierende ¤ 28,00
Einzelheft ¤ 1,50 zzgl. Versandkosten Für die in der Handwerksrolle eingetragenen Handwerker ist der Bezugspreis durch den Mitgliedsbeitrag abgegolten.
ISSN 0029-1617
Druck:
Dierichs Druck+Media GmbH & Co. KG, Kassel Genderneutrale Sprache
Die Publikation richtet sich, sofern nicht ausdrücklich etwas anderes angegeben ist, an alle interessierten Personen, unabhängig vom Geschlecht. Wir bemühen uns um eine geschlechterneutrale Sprache, weisen aber darauf hin, dass wir in bestimmten Fällen wegen der besseren Lesbarkeit und Verständlichkeit nur die männliche Form verwenden. Gleichbehandlung ist uns wichtig, Diversität nehmen wir als Chance für die Zukunft wahr.
W VIER FRAGEN AN
Nina Sebert
Firmenname Sebert’s Hausschlachtewaren
Webseite www.fleischerei-sebert.de
Ort Göttingen
Gewerk Fleischermeisterin
Mitarbeiterzahl 37 Funktion Geschäftsführerin
1. Was sind Ihre Pluspunkte als Arbeitgeber? Wir sind ein gut funktionierendes Team mit kurzen Kommunikationswegen, bieten arbeitnehmerfreundliche Öffnungszeiten, kostenfreies Essen und Mitarbeiterrabatte.
2. Wie rekrutieren Sie Nachwuchskräfte für Ihren Betrieb? Durch Aushänge in unseren Filialen, Schülerpraktika und Schulklassen im Betrieb.
3. Wie würden Sie Ihren Führungsstil beschreiben? Offen, locker und kooperativ.
4. Haben Sie als Chefin eine Marotte? Bei uns ist jeder Tag anders. Da können sich Marotten gar nicht so schnell einschleichen. Aber vielleicht sehen unsere Mitarbeiter das auch anders.
W MEIN LIEBLINGSPROJEKT
Wenn ein Wiesel grinsend grillt
Hühner, Roboter, Piraten: Seit 31 Jahren entwirft und produziert Stefanie Ludwig Maskottchen in Handarbeit. Die komplexen Formen aus Schaumstoff und Bezug schafft die Damenschneidermeisterin mit Hochleistungsklebern und Nähmaschine. „Ganz wichtig sind die geerbten IngenieurGene und meine Berufserfahrung“, verrät die Inhaberin der „Kostümwerkstatt“ in Hagen am Teutoburger Wald.
Aktuell hat sie mit ihrem Team ein heißes Werk geschaffen: das BBQ Wiesel zur GrillWM 2024 – für ein gleichnamiges Team grillbegeisterter Herren. „Innerhalb von drei Wochen war das Wiesel fertig“, sagt Ludwig –mit aufwendigen Details wie dem flammenbesetzten Umhang, dem Steak auf der Grillgabel und einem breiten Grinsen. (BG)
Foto: Martina Jahn
Foto: Stephanie Ludwig
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